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AUSGEWÄHLTE ASPEKTE

DER PLANUNG UND UMSETZUNG – EINE THEMATISCHE QUERSCHNITTSANALYSE DER SIEDLUNGEN DER 1990ER JAHRE

— 84 — DIE UNTERSUCHTEN WOHNSIEDLUNGEN DER

1990ER JAHRE SIND wirksam und flexibel genug oder zu rigide?; Quar- tiersentwicklung: Soziale Mischung – Starke Akteure SEHR HETEROGEN. – Sozialer Zusammenhalt – Beteiligung – Bildung von Nachbarschaften gewachsen oder aktiv unterstützt?

Diese Themenbündel decken wichtige Themen ab, In der thematischen Querschnittsanalyse werden die bei der Planung neuer Stadtquartiere heute be- folgende Themen – gegliedert in sechs „Cluster“ – rücksichtigt werden sollten und zu denen eine weitere in den Mittelpunkt gestellt: Raum: Leitbild der Eu- städtebauliche Debatte geführt werden sollte. Um Er- ropäischen Stadt – Bauliche Dichte – Parks, Plätze, kenntnisse zu verschiedenen Themen der Planung und Gärten; Programm: Zentrenbildung – Nutzungsmi- Umsetzung der Wohnsiedlungen zu gewinnen, werden schung – Ausstattung mit öffentlichen Infrastruk- die Beispielprojekte einer thematischen Querschnitts- turen; Vernetzung: Vernetzung mit dem Kontext analyse unterzogen. Dabei stehen nicht die einzelnen – Mobilität: Stellplätze und ÖPNV-Anbindung; Wohnsiedlungen im Vordergrund, sondern spezifische Umsetzung: Entstehung und Planungsprozess der Themen, die in den Siedlungen in unterschiedlicher Siedlung – Finanzierung – Trägerschaft – Instru- Ausprägung auftreten. Mit Blick auf den Erkenntnisge- mente der Umsetzung – Planungsinstrumente winn für die heutige Praxis wurden relevante Themen

Lage der untersuchten Siedlungen in

KAROW NORD FRANZÖSISCH- BUCHHOLZ

Reinickendorf SIEDLUNG FALKENHÖH FALKENSEE PARKSTADT

Spandau LANDSBERGER TOR STAAKENER FELDER ELDENAER - STRASSE

BIESDORF-SÜD - - RUMMELSBURGER BUCHT

Tempelhof- RUNGIUSSTRASSE Schöneberg

Steglitz- Treptow-Köpenick Neukölln

PARKSIEDLUNG SPRUCH GARTENSTADT RUDOWER FALKENBERG FELDER

KIRCHSTEIGFELD

— 85 — Die Siedlung Kirchsteigfeld bei Potsdam (2017) ausgewählt, die im folgenden Kapitel untersucht und mit prägnanten Beispielen aus den Siedlungen veran- schaulicht werden. Dabei werden sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede der Siedlungen herausgearbeitet.

Eine zentrale Erkenntnis dieser Analyse ist, dass die Wohnsiedlungen – obwohl sie in einem sehr kur- zen Zeitraum auf den Weg gebracht wurden – sehr heterogen sind. Sie begegneten den damaligen He- rausforderungen auf unterschiedliche Art und Wei- se. Themenübergreifende Erkenntnisse und Wech- selwirkungen werden in Kapitel 7 dargestellt.

6.1 DIE EUROPÄISCHE STADT – Darüber hinaus rückte seit Mitte der 1990er Jah- DAS ÜBERGEORDNETE STÄDTEBAULICHE LEITBILD re der „Stadtbürger“ auch als Adressat in den Fokus des Siedlungsbaus. Der traditionalistisch anmuten- Mit dem Siedlungsbau der 1990er Jahre wurde das Ziel de kleinteilige Städtebau und die architektonische verfolgt, ein traditionelles Bild der Vorstadt aufzugrei- Ausgestaltung sollten ein Bild der „bürgerlichen fen. Dieses sollte sich bewusst von den damals heftig Stadt“ erzeugen, was vor allem in den Wohnsiedlun- diskutierten Strömungen – der „zynischen Haltung“ – gen -Nord und Kirchsteigfeld gelang, die vom unterscheiden, die „Stadtränder aus Gewerbebrachen, Großinvestor Groth und Graalfs realisiert wurden. Kleingärten, Hochspannungsleitungen, Tankstellen Das Idealbild des gelungenen Städtebaus orientiert sich und Einkaufszentren“ als „neuen Realismus im Städte- an den traditionellen Formen und Bildern der euro- bau“ verherrlicht1. Die neuen Vorstädte sollten laut den päischen Stadt sowie an den Siedlungen der 1920er „Zehn Thesen zur Vorstadt“ von Hans Stimmann nach Jahre. Auch wirtschaftlich hatte dieser Schwenk von eher „traditionellen städtebaulichen Mustern“ ent- der Mieter- zur Bürgerstadt eine Relevanz, sollte doch worfen werden, um eine ausufernde, unkontrollierte dadurch die Wohneigentumsquote gesteigert werden. Suburbanisierung zu verhindern. Als zentrale Elemente wurden „Straßen und Plätze als Grundgerüst für Identi- Karow-Nord tät und Orientierung“ definiert. Als ein Grund für diese Die beiden von Groth und Graalfs realisierten Wohn- Haltung gilt die Ablehnung der Großsiedlungen der siedlungen Karow-Nord im Berliner Bezirk Pankow 1960er und 1970er Jahre in Ost und West. Klaus Keller, und Kirchsteigfeld in Potsdam stellen die zentralen der mit für die Konzeption der Ausstellung „Stadt Haus Beispiele für Wohnsiedlungen dar, die das städtebau- Wohnen“ der Senatsverwaltung für Bauen und Woh- liche Leitbild der Europäischen Stadt verfolgen und nen verantwortlich war, schrieb zur Suche nach einem zumindest formal auch umgesetzt haben. Der Investor geeigneten Leitbild im Katalog: „Den hier Verantwort- hat bei beiden Siedlungen in Planung und Realisierung lichen ging es in erster Linie darum, dass das Modell einen hohen Anspruch verfolgt und damals bereits auf des neuen Wohnungsbaus – in Gestaltung und Ideolo- bekannte Namen der postmodernen und neo-traditio- gie – weit genug weg von der ,Platte’ war.“ Hinzu kam, nalistischen Architekturszene sowie während der IBA dass die rigiden Bedingungen der Wohnbauförderung 1987 erprobte Kooperationen gesetzt, um die Vorhaben darin resultierten, dass eine sehr homogene Archi- umzusetzen. John Ruble, einer der Architekten von tektur entstand, da die Größe und Ausstattung der Karow-Nord beschreibt die beiden Wohnsiedlungen als Wohnungen förderrechtlich strikt vorgegeben waren. „Schwestern“: Beide möchten Stadt genannt werden,

1 Vgl. Stimmann, H. (1994, 25. Aprilb). Die Veränderung der Peripherie - Ein Balanceakt. Stadtbauwelt, 5(121), 583–587...

— 86 — Städtebaulicher Ent- wurf von Karow-Nord - Moore, Ruble, Yudell

Karow-Nord: Hofsituation möchten in Bezug auf gemeinschaftliche Qualitäten reicher sein als Orte, die normalerweise mit den Be- griffen Suburb oder Gartenstadt bezeichnet werden.2

Karow-Nord war die erste der geplanten neuen Vor- städte und sollte ein Praxis-Prüfstein für das neue Leitbild darstellen.3 In der Entwurfsphase der Sied- lung Karow-Nord war das Leitbild der Vorstadt je- doch nur rudimentär vorhanden. Anhand der Dis- kussion zu dem Projekt wurden die Gestaltleitlinien für die Berliner Vorstädte mit entwickelt, die in Hans Stimmanns Thesen mündeten.4 Erste Entwürfe für das Gebiet Karow-Nord wurden in einem Workshop- verfahren mit sieben Architekturbüros entwickelt, die Weiterbearbeitung erfolgte durch das Büro Moore/ Dichte innerhalb des Gebietes differenziert und es Ruble/Yudell aus Santa Monica, Kalifornien, die zu wurden verschiedene Gebäudetypen genutzt. Zwischen den zentralen Köpfen der architektonischen Postmo- den Randflächen und dem Zentrum variierte die Dichte derne zählten. Als Besonderheit des Entwurfes galt, zwischen 0.4 und 1.0 GFZ, umgesetzt wurde sie durch dass „der Platz als städtebauliches Strukturelement (...) Gebäudetypen wie Reihenhäuser, Stadtvillen und eine in einer maßstäblich geometrischen Form mit relativ Blockrandbebauung. Die hohe städtebauliche Quali- geschlossenen Platzwänden“5 wiederentdeckt wur- tät und der innovative Charakter des Gebietes konnten de. Besondere Alleinstellungsmerkmale wurden in damals vor allem realisiert werden, weil die Bauher- Karow-Nord durch Details wie die geneigten Dächer ren Interesse daran hatten und weil alle beteiligten geschaffen. Wichtige Gestaltungselemente wie z.B. Planer*innen aus verschiedenen Büros und aus der die Fassadengestaltung, die Gestaltung von Eingangs- Verwaltung mit großem persönlichen Einsatz daran bereichen oder Vorgärten wurden zudem durch eine arbeiteten, „gute“ Pläne für das Gebiet zu entwickeln.6 Gestaltungssatzung festgelegt. Um die neue Siedlung mit dem Bestand im Umfeld zu verbinden, wurde die Vgl. Hoffmann, K-D, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Interview 43025 2 Vgl. Ruble, J. (2001). Kirchsteigfeld and Karow Nord. UC Berkley Pla- ces, 14(2), 64–65. Abgerufen von https://placesjournal.org/assets/ legacy/pdfs/kirchsteigfeld-and-karow-nord.pdf 3 Berning, M., & Braum, M. (2003). Berliner Wohnquartiere: ein Führer durch 70 Siedlungen. Berlin: Reimer.S. 283 4 Vgl. Hoffmann, K-D, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Interview 43025 5 Berning, M., & Braum, M. (2003). Berliner Wohnquartiere: ein Führer durch 70 Siedlungen. Berlin: Reimer. S. 284

— 87 — Karow-Nord: Nebenstraße

Aufgegriffen wurde das Bild der traditionellen vor- städtischen Strukturen in der Siedlung durch eine Reihe von städtebaulichen und architektonischen Gestaltungselementen. Wichtige Elemente waren:

» Eine Parzellierung wurde gestalterisch angedeu- tet, um eine direkte Zuordnung von Haustür und Adresse zu ermöglichen.

» Haupt- und Nebenstraßen wurden differenziert und hierarchisiert und es wurden Dramaturgie und Rhythmus zwischen öffentlichen Gebäuden, Wohn- und Geschäftshäusern und öffentlichen Räumen Städtebaureformbewegung New Urbanism – nicht entwickelt. zuletzt, weil Moore/Ruble/Yudell im Congress for the New Urbanism eine wichtige Rolle spielten.9 » In ruhigen Nebenstraßen säumten Vorgärten die Durch gestalterische Elemente wird in Karow-Nord Wohnhäuser. und im Kirchsteigfeld in erster Linie ein Image der „bürgerlichen Stadt“ geschaffen, vor allem, weil die » Wohn- und Geschäftshäuser bzw. gewerblich ge- meisten Bewohner*innen Mieter*innen sind und die nutzte Erdgeschosszonen kennzeichnen zentrale Trägerschaft der Projekte in der Hand weniger gro- Orte in der Siedlung. ßer Gesellschaften liegt. Das Bild des ‚Stadtbürgers‘, der sich aufgrund des sich in seinem Besitz befinden- den Wohneigentums in besonderem Maße mit der Schlussfolgerungen: Stadt identifiziert – ein zentraler Gedanke, der dem Bau von „Townhouses“ in der Mitte im Zuge Hohe Qualität wegen der städtebaulichen Struktur des Planwerks Innenstadt (1996) zugrunde lag10 – und Nutzungsmischung konnte durch die Vorstädte nicht eingelöst werden.

Der Siedlung Karow-Nord kann durchaus attestiert Implantat in Suburbia werden, dass „ein neues Leitbild der Vorstadt“ umge- setzt worden ist – angesichts der „relativ geschlossenen Karow-Nord wirkt heute mit seinen vergleichsweise städtebaulichen Raumfolgen mit starker Durchgrü- dichten Strukturen innerhalb seiner Umgebung wie nung sowie kleinteiligen Bauformen“.7 Die städtebau- ein Implantat: „Es ist von Dichte und Dimensionie- liche Qualität der Wohnsiedlungen kann heute als rung her dem Stadtrand nicht angemessen: zu klein gut bezeichnet werden. Dazu tragen – auch aus Sicht für echte Urbanität, zu klobig für eine Gartenstadt.“11 eines der Architekten von Karow-Nord, John Ruble Dieses Defizit ist jedoch weniger der Siedlung selbst – vor allem die Nutzungsstrukturen bei, die vielen anzulasten als der Tatsache, dass die Umgebung Schulen und Kindergärten, die öffentlichen Grünflä- nicht – wie ursprünglich geplant – ebenfalls mit ver- chen sowie die gewerblich nutzbaren Räume.8 Ka- gleichsweise dichten, vorstadtähnlichen Strukturen row-Nord gilt auch heute noch als Vorzeigeprojekt der in Europa nicht unumstrittenen US-amerikanischen 9 Vgl. Steutville, R. (2002, 1. April). New Urbanism makes inroads in . Abgerufen 23. April, 2018, von https://www.cnu.org/pu- blicsquare/new-urbanism-makes-inroads-germany 7 Berning, M., & Braum, M. (2003). Berliner Wohnquartiere: ein Führer 10 Vgl.: Stimmann, H. (2009d). Planwerk Innenstadt, ab 1996. In durch 70 Siedlungen. Berlin: Reimer. S. 285 AIV zu Berlin (Hrsg.), Berlin und seine Bauten Teil I: Städtebau (S. 8 Vgl. Ruble, J. (2001). Kirchsteigfeld and Karow Nord. UC Berkley Pla- 428–429). Berlin: DOM Publishers. ces, 14(2), 64–65. Abgerufen von https://placesjournal.org/assets/ 11 Hesse, Markus/Wolf, Ulrike: Die „neue Vorstadt” – Urbanisierung legacy/pdfs/kirchsteigfeld-and-karow-nord.pdf der Peripherie durch Dichte. In: Raumplanung 118, 2005, S. 17-21

— 88 — bebaut wurde, sondern angesichts der abnehmen- Wohnsiedlungen qualifiziert. Die realisierten Siedlun- den Nachfrage mit Einfamilienhäusern. Die Sied- gen zeigen unterschiedliche Wege auf, wie die Leit- lung ist also nach wie vor nicht wirklich in die Um- bilder umgesetzt und somit interpretiert werden. Die gebung integriert. Einzelhandel und Gastronomie Debatte, die sich in Veranstaltungen, aber auch zahlrei- trifft aufgrund der nicht vorhandenen Nutzer*innen chen Publikationen und Ausstellungen wiederspiegelt, im Umfeld nicht auf die notwendige Kaufkraft. hat zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Gestaltung von neuen Wohnsiedlungen geführt. Dieses Die Verwendung traditionalistischer städtebaulicher durchaus konfliktreiche „Abarbeiten“ an städtebau- Formen war in den 1990er Jahren nicht unumstritten. lichen Fragen ist ein wichtiger Gewinn des Siedlungs- So schrieb Felix Zwoch in der Stadtbauwelt: „Es scheint, baus in den 1990er Jahren. Auch heute sollte eine daß sich das Strickmuster von Block und Hof, von Stra- wohnungspolitische Debatte wieder verstärkt nicht nur ße und Platz als allgemein gültiges Entwurfsprinzip zu Quantitäten und Kosten geführt werden, sondern durchgesetzt hat. Das verwundert bei so unterschied- ebenso zu gestalterischen und funktionalen Qualitä- lichen Standorten (...). Mehr noch, das immer gleiche ten. Diese Faktoren bestimmen zu einem Großteil mit, Muster täuscht darüber hinweg, dass wohl in allen ob sich ein neues Quartier als zukunftsfähig, nach- Neubaugebieten nirgendwo Stadt entstehen wird, dass haltig und attraktiv erweisen wird. Sie entscheiden, ob alle Entwürfe mit vertrauten Formen lediglich Stadt die Stadt qualitätvoll weitergebaut wird oder ob über spielen. Weder gibt es städtische Mischung noch städ- Jahrzehnte hinweg Folgeprobleme und auch -kosten tische Dichte. Stattdessen Siedlungen im historischen aufgrund städtebaulicher Mängel zu erwarten sind. Kleid.“12 Schon damals wurde beklagt, dass das mit den traditionellen städtebaulichen Strukturen einher- Eine große Sorgfalt bei der Planung schafft langfristig gehende Urbanitätsversprechen nicht einzulösen sei. Qualität. Welche Bilder von Stadt dabei als Vorbild Dieter Hoffmann-Axthelm schrieb in derselben Aus- dienen, ist zu diskutieren! gabe der Zeitschrift: „Wie immer das ästhetische Ideal aussieht, das man sich auf die Fahne schreibt, Vorstadt, Karow-Nord ist ein Beispiel dafür, dass städtebau- Gartenstadt oder was immer, funktional handelt es liche und architektonische Qualität und Sorgfalt bei sich schlicht um neue Wohnsiedlungen, die nur nicht der Planung, etwa in Form von Farbkonzepten und mehr in Großwohnanlagen oder Zeilenbauten errich- Gestaltungsrichtlinien trotz aller Kritik an tradi- tet werden, sondern in städtischen Formen, in Formen, tionellen städtebaulichen Formen wichtig sind, um die Stadt spielen, z.B. Blockbildung, viergeschossige Quartiere mit einem hohen Identifikationspotenzial geschlossene Bebauung, Straßen und Plätze, aber an zu schaffen. Die in der Planungsphase höheren Kos- der Funktion Schlafstadt nichts ändern können.“13 ten für gestalterische Qualität erscheinen als gute Investition in zukunftsfähige Quartiere. Ob da- durch langfristig Kosten gespart werden, weil nach- Lessons learned: trägliche weniger Probleme gelöst werden müssen, kann hier nicht abschließend geklärt werden. Ein Leitbild hilft bei der Diskussion von Qualitä- Städtebauliche Strukturen, die traditionelle Bil- ten und Gestaltungsansätzen für neue Quartiere der von Stadt aufgreifen, erscheinen prinzipiell ge- eignet identitätsbildend zu wirken und einen Wie- Die generelle Diskussion zu den Leitbildern der dererkennungswert des Quartiers zu schaffen. „Neuen Vorstadt“ und der „Europäischen Stadt“ hat in den 1990er Jahren die Debatte um den Bau neuer

12 Zwoch, F. (1994, 25. März). Unstete Gleichzeitigkeit oder rasender Stillstand? Stadtbauwelt, 121(12). S. 581 13 Hoffmann-Axthelm, D. (1994, 25. März). Welche Stadterweiterung. Stadtbauwelt, 12(121), S. 599

— 89 — Hohe Geschossigkeit in attraktiver Wasserlage: Rummelsburger Bucht

Hohe bauliche Dichte: Französisch Buchholz

Überzeugende städtebauliche und gestalterische 6.2 DIE BAULICHE DICHTE – EIN ZENTRALER FAK- Qualitäten werden als wichtige Faktoren für eine TOR FÜR DIE WAHRNEHMUNG/QUALITÄT DER Identitätsbildung in neuen Stadtquartieren genannt. WOHNSIEDLUNGEN DER 1990ER JAHRE Diese wiederum soll die Identifikation der Bewoh- ner*innen mit ihrem Stadtquartier fördern.14 Mit der Siedlungsentwicklung der 1990er Jahre war die Herausforderung verbunden, neue Bilder und Die Entwicklung einer ortsspezifischen Gestaltungs- Vorstellungen von Dichte und Urbanität in peri- sprache muss jedoch nicht zwangsläufig traditionel- pheren Lagen der Stadt zu schaffen. Gegenüber le Bilder und Gestaltungselemente aufgreifen. Heute den Großwohnsiedlungen der 1960er/70er Jah- können hierfür andere Elemente herangezogen wer- re aus Ost und West herrschte große Skepsis.15 den, die Identität für viele verschiedene Menschen schaffen. Welche Bilder und Geschichten genutzt Die dort realisierten städtebaulichen Strukturen des werden, um die Idee eines attraktiven und zukunfts- sozialen Wohnungsbaus – als Schreckensbilder galten fähigen Quartiers zu vermitteln und wie sich das etwa das Märkische Viertel in oder die gestalterisch ausdrückt, ist zu prüfen und durch ge- in West-Berlin sowie Marzahn und Hel- eignete Entwurfsverfahren zu entwickeln. Wie da- lersdorf im Ostteil der Stadt – sollten nicht reprodu- mals schon kann hier erneut der Blick ins Ausland ziert werden. Eine hohe bauliche Dichte gepaart mit helfen, etwa in Städte wie Kopenhagen, Zürich oder den städtebaulichen Prinzipien der Moderne galt als Wien, die in den vergangenen Jahren viel Erfahrung Grund des „Übels“ der stigmatisierten Gebiete.16 Ein mit dem Bau neuer Stadtquartiere gesammelt haben. Gegenmodell sollte durch das Leitbild der Vorstadt

15 Vgl.: Stimmann, Hans: Suburbaner Raum: Von den Großsiedlun- 14 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. (2018, gen zu neuen Vorstädten. In: AIV zu Berlin (Hg.): Berlin und seine 22. März). Gartenstadt des 21. Jahrhunderts: Leitlinien für die Pla- Bauten Teil I: Städtebau. Berlin 2009, S. 419-44 nung neuer und (zu) ergänzender Stadtquartiere. [Dokumentation]. 16 Vgl.: Stimmann, H. (2009c). Suburbaner Raum: Von den Groß- Abgerufen 22. März, 2018, von http://www.stadtentwicklung.berlin. siedlungen zu neuen Vorstädten. In AIV zu Berlin (Hrsg.), Berlin und de/wohnen/wohnungsbau/download/gartenstadt/gartenstadt_er- seine Bauten Teil I: Städtebau (S. 419–444). Berlin: DOM Publishers; kenntnisse.pdf Polinna, C. (2017). Sozialer Massenwohnungsbau in Berlin West. In H. Bodenschatz, & K. Brake (Hrsg.), 100 Jahre Groß-Berlin / Band 1: Wohnungsfrage und Stadtentwicklung (S. 94–107). Berlin: Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte.

— 90 — Parksiedlung Spruch: Gleich- mäßige Dichte (2017)

Französisch Buchholz: Unter- schiedliche Dichte

Britzer Damm: Nachbarschaftlicher Charakter im Quartier entworfen werden, im Rahmen dessen eine erhöhte bauliche Dichte dem traditionellen Bild der europäi- schen Stadt entsprechend realisiert werden sollte. In » Chamissoplatz/Kreuzberg: 2,2-3,5 den „Zehn Thesen zur ‚Vorstadt’“ von Hans Stimmann heißt es zum Thema Dichte: „Um den komplexen An- » Arnimplatz/: 2,0-3,9 (nach Sanie- spruch des Städtischen zu erfüllen, ist eine Dichte von rung, jedoch vor Nachverdichtung seit der Wende) 1,2 GFZ als unterste Grenze Voraussetzung. Dichte ist eine Bedingung für eine positive Energiebilanz, einen » : 1,0 wirtschaftlichen Betrieb des Öffentlichen Nahver- kehrs, für die Möglichkeit zum Verzicht auf das Auto, » Hufeisensiedlung: 0,4 für eine wohnungsnahe Konsumentenversorgung und damit insgesamt für eine stadtökologische Bilanz.“17 » Gropiusstadt: 0,2-1,9 Die Dichte wurde also nicht nur mit städtebaulich-ge- stalterischen Argumenten begründet, sondern auch » Märkisches Viertel: 1,1 mit verkehrlichen, ökologischen und ökonomischen.

Zum Vergleich und zur besseren Einschätzung der Wohnsiedlungen der 1990er Jahre lohnt es, Beispiele aus den 1990er Jahren zeigen, dass das Ziel die Dichte bzw. GFZ unterschiedlicher Quartie- der Dichte von 1,2 nur in wenigen Fällen erreicht wurde: re in Berlin aus anderen Epochen zu betrachten:18 » Wasserstadt Rummelsburger Bucht: 0,8-3,0 17 Stimmann, H. (1995). Wohnungsbau für die Großstadt. In Senats- (durchschnittlich 1,6) verwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.), Stadt Haus Woh- nung (S. 20–28). Berlin: Ernst & Sohn Verlag. S. 20 » Neu-Karow: 1,0 18 Berning, M., & Braum, M. (2003). Berliner Wohnquartiere: ein Führer durch 70 Siedlungen. Berlin: Reimer. » Französisch Buchholz: 1,1

— 91 — Karow Nord: Die Dichte und die Geschossigkeit wurden inner- halb des Quartiers differen- ziert und wie geplant realisiert.

Aufgrund der sich radikal verändernden Nachfrage und dem daraus resultierenden planerisch-rechtlichen Umsteuern im Verlauf der Umsetzung der Siedlungen aus den 1990er Jahren19 weichen in vielen Beispielen die geplante Dichte und die realisierte Dichte voneinander ab. In den verschiedenen Wohnsiedlungen entstanden unterschiedliche Ausprägungen und Qualitäten von Dichte, die sich wie folgt gruppieren lassen können:

» Gleichmäßige Dichte (z.B. Kirchsteigfeld, Park- siedlung Spruch) Die Dichte und Gebäudehöhen orientieren sich mit drei bis fünf Geschossen am

Ideal der Vorstadt, ein zusammenhängendes Stadt- -Süd: Als Blockrand- quartier mit relativ gleichmäßiger Dichte wurde bebauung geplant, mit Einfa- milienhäusern umgesetzt errichtet.

» Fragmentierte Dichte (z.B. Französisch-Buchholz) » Gefühlte Dichte (z.B. Falkenberg, Britzer Damm) In Quartieren wie Französisch Buchholz wurde das Mittlere Gebäudehöhen erlauben in Beispielen wie Ideal der Vorstadt mit einer vergleichsweise hohen Falkenberg und Britzer Damm geringere Abstands- Dichte in eine Umgebung, die von niedriger Dichte flächen. In Verbindung mit einer differenzierten geprägt ist, d.h. größtenteils Einfamilienhäuser, im- Freiraumprogrammierung aus privaten und öf- plementiert. Dadurch entstanden an vielen Stellen fentlichen Bereichen entstand so eine spezifische starke räumliche Kontraste und Brüche, die ver- Qualität von Dichte und ein nachbarschaftlicher hindern, dass das Quartier als zusammenhängende Charakter. Einheit wahrgenommen wird. » Differenzierte Dichte (z.B. Karow-Nord, Altglie- 19 Vgl. hierzu v.a. Kapitel 3 dieser Studie nicke und Staakener Felder) In vielen Siedlungen der 1990er Jahre wie z.B. Karow-Nord, Altglienicke und Staakener Felder wurde die Dichte innerhalb der Gebiete differenziert gestaltet. So wurden über gezielte Verdichtungen Zentren ausgebildet,

— 92 — Altglienicke: Ein Hochhaus ist kein Garant für Urbanität

DICHTE AN SICH IST KEIN QUALITÄTSMERKMAL – FÜR URBANE QUARTIERE IST EINE HOHE DICHTE VORAUSSETZUNG.

etwa über Hochpunkte an einem zentralen Platz Wenn man von der Anzahl der geplanten und der in Altglienicke. Mit niedrigeren Dichten wurden realisierten Wohnungen Rückschlüsse auf die Dich- Übergänge zur offenen Landschaft oder zur umlie- te zieht, wird deutlich, dass es besonders eklatante genden Bebauung geformt. Abweichungen in den folgenden Siedlungen gibt20:

» Geplante Dichte (z.B. Karow-Nord, Kirchsteigfeld) » Biesdorf Süd: 5.000 Wohneinheiten geplant Die beiden Siedlungen Karow-Nord und Kirch- 1.350 Wohneinheiten realisiert steigfeld wurden durch den Großinvestor Groth + Graalfs „aus einem Guss“ und als erste große Woh- » Eldenaer Straße: 2.700 Wohneinheiten geplant nungsbauprojekte in der Nachwende-Boomphase 1.300 Wohneinheiten realisiert realisiert. Deshalb konnte die anvisierte Dichte und Zahl von Wohnungen hier nahezu 1:1 umgesetzt » Gartenstadt werden. Falkenberg: 1.500 Wohneinheiten geplant 200 Wohneinheiten realisiert » Verlorene Dichte (Biesdorf) Im Verlauf des Umset- zungsprozesses, der von einer dramatisch falsch einge- » Landsberger Tor: 1.600 Wohneinheiten geplant schätzten Nachfrage ausging, ist die angestrebte hohe 1.200 Wohneinheiten realisiert bauliche Dichte „verloren“ gegangen. Die geplante Blockrandbebauung wurde durch Einfamilienhäuser » Parkstadt ersetzt, andere städtebauliche Faktoren, etwa die Di- Falkensee: 1.500 Wohneinheiten geplant mensionen der zentralen Grünfläche, wurden nicht an 840 Wohneinheiten realisiert diese Veränderungen angepasst. Die Siedung Biesdorf Süd steht beispielhaft dafür, dass die geplante bauliche » Rudower Felder: 2.600 Wohneinheiten geplant Dichte nicht erzielt werden konnte, weil von den ur- 1.600 Wohneinheiten realisiert sprünglichen Planungszielen abgewichen wurde.

20 Werte für die Dichte der Siedlungen. Darüber hinaus ist zu berück- sichtigen, dass die Werte für die realisierten Wohnungen Momentauf- nahmen sind, da in mehreren Gebieten weitere Wohnungen fertigge- stellt werden (Rummelsburger Bucht, Gartenstadt Falkenberg)

— 93 — DICHTE- RUNGIUSSTRASSE STAAKENER FELDER MATRIX GFZ: 0,96 *1 GFZ: 0,2 - 1,5 *2

ALTGLIENICKE LANDSBERGER TOR SIEDLUNG FALKENHÖH (BB) GFZ: 0,8 - 1,5 *4 GFZ: 1,11 *1 GFZ: 0,65 *5

KAROW-NORD RUMMELSBURGER BUCHT / ALT-STRALAU GFZ: 1,0 *1 GFZ: 1,6 (0,8 bis 3,0) *1

— 94 — G PARKSIEDLUNG SPRUCH GARTENSTADT FALKENBERG RUDOWER FELDER GFZ: 0,55 *1 GFZ: 0,6 (EH) *1 GFZ: 1,0 *1 0,55-0,85 (GW)

FALKENSEE PARKSTADT (BB) KIRCHSTEIGFELD (BB) ELDENAER STRASSE GFZ: 0,6 - 1,4 *3 GFZ: 1,0 (0,6 - 1,2) *6 GFZ: 0,6 - 3,0 *2

ALT-BIESDORF GFZ: 0,1 - 2,0 *2 Die bauliche Dichte der Siedlungen wurde im Rahmen dieses Gutachtens nicht neu berechnet. Für diese Dar- stellung wurden verschiedene Quellen herangezogen. Da die Berechnungsmethode je nach Quelle varieert (mit oder ohne Erschließungsflächen) sind die Angaben nur bedingt vergleichbar.

Quellen: 1 Berning, Braum, Giesecke, Lütke Daldrup, Schulz: Berliner Wohnquartiere; Berlin, 2003 2 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen: Städtebauliche Dichte (GFZ) 2015; FIS-Broker 3 Stadt Falkensee: Bebauungspläne F15, F16, F26, F28; Geoportal Falkensee (http://www.geoportal-falkensee.de) 4 Tibbe in: Stadtbauwelt 94/12 Heft 121; S.649 5 Bauwelt 1995 Heft 41, S.2390 6 Röhrbein: Wohnen nach 1990 in Potsdam: Das Kirchsteig- feld, (www.architektursalon-kassel.de/richard_1.htm)

— 95 — INNERHALB EINES GUT ERSCHLOSSENEN STADTGEBIETES BESTEHT

Vor allem in den Entwicklungsgebieten, deren Umsetzung HEUTE DIE VERPFLICHTUNG, aufgrund der sich verändernden Rahmenbedingungen abgebrochen wurde (vgl. Kapitel 3.2) wurden dramatisch EINE HOHE BAULICHE DICHTE weniger Wohnungen realisiert als ursprünglich geplant und haben sich auch die städtebaulichen Typen am UMZUSETZEN. stärksten verändert – von einer vergleichsweise kompak- ten städtisch-vorstädtischen Bebauung mit geschlossenen Blockrändern zu einer suburbanen mit offenen Einfami- Nutzer*innen für eine Einzelhandels- und Gastronomie- lien- oder Reihenhausstrukturen. Dadurch ist es zu einer nutzung in Erdgeschosszonen (vgl. 5.4). Selbst die bau- weitreichenden Veränderung des Gesamtcharakters der lich dicht realisierten Wohnsiedlungen der 1990er Jahre Siedlungen gekommen, die nicht reversibel ist – Nachver- wie Landsberger Tor oder Altglienicke bieten kaum die dichtung beispielsweise erscheint kaum möglich – und die gewünschte Urbanität, Vitalität und Lebendigkeit einer eine Reihe von weiteren Problemen nach sich zieht (vgl. „Vorstadt“ oder „Stadt“ – u.a. weil es im Quartier nur Kapitel 6). Besser stehen die Wohnsiedlungen da, die bei wenig Arbeitsplätze gibt, die für eine ganztägige Bele- Einbruch der Nachfrage zunächst nicht weiter gebaut und bung sorgen, oder weil Nutzungen fehlen, die Menschen erst in den letzten Jahren oder heute komplettiert wurden, von außen in das Quartier bringen. Die Betrachtung etwa die Gartenstadt Falkenberg oder die Siedlung Lands- der Wohnsiedlungen der 1990er Jahre zeigt deutlich, berger Tor. Hier wurden die dichten baulichen Struktu- dass nicht nur die bauliche Dichte allein, sondern auch ren „mit Verspätung“ weitgehend wie geplant realisiert. weitere sozio-ökonomische sowie städtebaulich-räum- liche Faktoren für das Entstehen bzw. Nicht-Entstehen von Urbanität relevant sind, etwa aktive Erdgeschoss- Schlussfolgerungen zonen und Nutzungsmischung, fußgängerfreundliche öffentliche Räume, die nicht von Autos dominiert wer- Ideal der Dichte wurde hochgehalten, aber selten erreicht den, die Anwesenheit von vielfältigen Bevölkerungs- gruppen, die mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen Die bauliche Dichte war ein wichtiges Thema bei der das Quartier auf vielfältige Weise und zu verschiedenen Planung der Wohnsiedlungen der 1990er Jahre. Mit einer Tageszeiten beleben, etc. (vgl. hierzu Kapitel 6 und 7). baulichen Dichte von 1.2 GFZ wurde die Hoffnung ver- knüpft, dass dann eine entsprechende Bevölkerungsdich- Differenzierte Dichte innerhalb der Gebiete te entstehen würde, die eine kritische Masse für einen leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr, soziale Infra- Einen städtischen, abwechslungsreichen Charakter haben strukturen oder für Einzelhandel sichern würde. Mit die- die Wohnsiedlungen, in denen die Dichte innerhalb des ser baulichen Dichte wurde also der Anspruch verbunden, Gebietes differenziert wurde. In Siedlungen wie Altglie- zumindest eine vorstädtische Urbanität in den Wohnsied- nicke und Karow-Nord wurden Plätze oder Hauptstraßen lungen zu erreichen. Dieses planerische Ideal wurde lange durch eine höhere Bebauung oder einzelne Hochpunkte hochgehalten, aber in der Umsetzung selten erreicht. akzentuiert und so als Zentrum markiert21. An den Über- gängen zur landschaftlich geprägten Umgebung oder zu Dichte allein ist kein Garant für Urbanität Gebieten mit einer niedrigeren Dichte wurden die Dichte und die Geschosszahlen reduziert oder weniger kom- Trotz der Realisierung vergleichsweise hoher baulicher pakte Bautypen realisiert. So wird die Siedlung in ver- Dichten bzw. einer Dichte, die nah an dem proklamier- schiedene Teilgebiete mit eigenem Charakter unterteilt. ten Wert von 1.2 GFZ liegt, etwa in den Wohnsiedlungen Karow-Nord (1.0 GFZ) oder Landsberger Tor (1.1 GFZ), stellten sich nicht automatisch oder erst mit jahrelan- ger Verspätung die gewünschten Effekte einer leben- 21 Da keine differenzierten Berechnungen der Dichte in den Gebieten digen, urbanen Vorstadt ein. Die Dichte allein erzeugt vorliegen, müssen sich die Gutachter*innen auf ihren Augenschein offenbar nicht aus sich heraus eine kritische Masse an verlassen bzw. die Gebäudehöhe als Indikator für Dichte heranziehen.

— 96 — Lessons Learned

Die bauliche Dichte ist ein wichtiger Faktor für die Qualität von Quartieren – aber nur im Zu- sammenspiel mit anderen Komponenten!

Dichte an sich ist kein Qualitätsmerkmal. Um lebendige negativen Assoziationen mit Wohnhochhäusern am und urbane Quartiere zu schaffen, ist eine hohe Dich- Stadtrand verknüpft werden und durch welche gestal- te eine zentrale Voraussetzung. Sie muss jedoch durch terischen oder organisatorischen Maßnahmen (Con- andere Komponenten ergänzt werden, v.a. durch aktive cierge-Service) diese gemindert werden können. Hier Erdgeschosszonen und Nutzungsmischung. Auch mit lohnt der Blick in neue Quartiere z.B. in der Schweiz, anderen Faktoren nachhaltiger Quartiersentwicklung wo etwa im Zwicky Areal oder im Hunziker Areal steht Dichte in einer engen Wechselbeziehung (vgl. Kapi- am Rande Zürichs mit hoher Dichte und überdurch- tel 7): Sie ist Voraussetzung für die Anbindung an einen schnittlich tiefen Gebäudetypen experimentiert wird leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr, gleichzeitig und große Qualitäten durch gemeinschaftlich nutz- ist eine Erschließung durch diesen eine Voraussetzung bare Atrien und Laubengänge geschaffen werden.23 für eine hohe bauliche Dichte. Diese enge Verknüpfung des Themas Dichte – und hier v.a. eine Dichte, die min- Bei veränderter Nachfrage in Bezug auf die Dichte und destens bei einer Geschossflächenzahl von 1.2 liegt, die die städtebaulichen Strukturen flexibel bleiben! in den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre oft nicht er- reicht wurde – mit vielen anderen Faktoren zeigt, wie Angesichts der knapper werdenden zur Verfügung ste- wichtig diese für das Entstehen von lebendigen, viel- henden Baugebiete ist die Bedeutung der Diskussion um fältigen Quartieren ist. Gerade bei großen neuen Stadt- die bauliche Dichte eines Quartiers – und somit um die quartieren und in einem baulich heterogenen Umfeld Anzahl von Wohnungen und Bewohner*innen bzw. die erscheint eine Differenzierung der Dichte innerhalb eines Größe von gewerblich nutzbaren Flächen – nicht zu unter- Baugebietes sinnvoll, um zentrale Bereiche auch städte- schätzen. Im Rückblick auf die Umsetzungsgeschichte baulich zu akzentuieren und um auf den baulichen Be- der Wohnsiedlungen der 1990er Jahre lässt sich fest- stand im Umfeld des Quartiers reagieren zu können. halten, dass es vor allem an den gut an den öffentlichen Nahverkehr angebundenen Standorten – Biesdorf-Süd Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Dichte (U-Bahnlinie 5) und Eldenaer Straße (Ringbahn) – wichtig im (öffentlichen) Empfinden häufig mit der Geschossig- gewesen wäre, eine höhere Dichte zu realisieren. Oder an- keit vermischt wird. Wohnsiedlungen wie die Gropi- gesichts der rapide wegbrechenden Nachfrage die Bebau- usstadt oder das Märkische Viertel werden als „dichter“ ung zunächst ruhen zu lassen, um bei einer steigenden wahrgenommen, als sie faktisch sind, weil Hochhäu- Nachfrage dann wieder lageadäquat bauen zu können. ser die Wahrnehmung dominieren und mit negativen Bei der Realisierung neuer Quartiere sollte mit Priorität Assoziationen von segregierten, sozio-ökonomisch an städtebaulich sinnvollen Planungszielen festgehalten benachteiligten Wohnsiedlungen verknüpft sind.22 werden, anstatt übereilt eine Anpassung an den Markt durchzuführen, die später möglicherweise bedauert wird. Deutlich wird, dass die Dichte im Zusammenhang mit der Geschossigkeit betrachtet werden muss, da diese offenbar stärker die Wahrnehmung einer Siedlung sei- 23 Vgl. Boudet, D. (Hrsg.). (2017). Wohngenossenschaften in Zürich – tens der Nachfrager*innen beeinflusst, als die tatsäch- Gartenstädte und neue Nachbarschaften. Zürich: Park Books. liche bauliche Dichte. Hier wäre etwa zu prüfen, welche

22 Vgl. dazu auch Roskamm, N. (2016). Bauliche Dichte – Eine Be- griffsbestimmung. Bauwelt, 12(2016), 24–27.

— 97 — Welche Dichte kann und muss Berlin sich leisten? 6.3 PARKS, PLÄTZE, GÄRTEN – PLANUNG UND GESTALTUNG VON FREIRAUMSTRUKTUREN Grundsätzlich sollte nicht vor einer hohen baulichen Dichte zurückgeschreckt werden. Gerade bei landes- Öffentliche Plätze, Parks und Grünflächen spielen in eigenen Grundstücken sollten möglichst viele Men- allen Quartieren eine wichtige Rolle und wurden oft schen von diesem öffentlichen Gut profitieren können. aufwendig geplant. In den „Zehn Thesen zur ‚Vor- Gut erschlossene, städtebaulich geeignete Flächen stadt’“ heißt es zu den Frei- und Grünräumen: „Das müssen ihrem Potenzial entsprechend genutzt wer- Bild der neuen Vorstädte ist im öffentlichen Raum den. Die Diskussion um die bauliche Dichte ist zu- durch intensive Baumpflanzungen, Parkanlagen, dem in die Debatte um einen schonenden Umgang mit Spielplätze und Sportflächen geprägt. Die Gestaltung der begrenzten Ressource „Fläche“ einzuordnen. Aus und Bepflanzung erfolgt nach Kriterien städtischer Gründen von Nachhaltigkeit und Ökonomie besteht Gartenarchitektur, die aktuelle ökologische Forde- innerhalb eines gut erschlossenen Stadtgebietes heute rungen einbezieht.“24 Die Konzeption von Grün- und fast eine „Verpflichtung“, eine hohe bauliche Dich- Freiflächen folgte in einem Großteil der Wohnsied- te umzusetzen. Untermauert und legitimiert werden lungen einer „grünen Gestaltungskette“, die aus sollte eine hohe Dichte jedoch von einer hohen städ- den in den Thesen genannten Bausteinen (Garten, tebaulichen und gestalterischen Qualität sowie von einer funktionalen Diversität, um die Entstehung von monotonen und monofunktionalen und somit 24 Stimmann, H. (1995). Wohnungsbau für die Großstadt. In: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.), Stadt Haus wenig nachhaltigen Wohngebieten zu vermeiden. Wohnung (S. 20–28). Berlin: Ernst & Sohn Verlag. S. 21

Quartiersplatz in Kirchsteigfeld

Biesdorf-Süd Kirchsteigfeld

Rudower Felder HugenottenplatzHugennotenplatz - - FranzösischFranzösisch Buchholz Buchholz

Größe der öffentli- chen Freiräume

Parkanlage im Quartier „Rudower Felder“

— 98 — FREIRAUMVERSORGUNG Freiraumbestand Freiraumversorgung privat öffentlich Wald hoch versorgt Siedlungsnahe Freiräume mittel schlecht versorgt

KAROW NORD Wohnungsnahe Freiräume gering gering versorgt FRANZÖSISCH- BUCHHOLZ nicht versorgt

Keine Daten Keine Daten SIEDLUNG FALKENHÖH FALKENSEE PARKSTADT Die dargestellten Daten basieren auf der Karte Versorgung mit öffentlichen, wohnungsnahen Grünanlagen 2016

LANDSBERGER TOR Diese Karte ermittelt auf Grundlageverschiedender Daten den STAAKENER Versorgungsgrad (m² / Einwohner) von Wohnblöcken mit ELDENAER öffentlichen, wohnungsnahen Grünanlagen unter Berück- FELDER STRASSE sichtigung vorhandener privater und halböffentlicher Freiräume.

Quelle: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen BIESDORF-SÜD "Umweltatlas Berlin / Versorgung mit öffentlichen, wohnungsnahen Grünanlagen 2016". RUMMELSBURGER BUCHT

RUNGIUSSTRASSE

PARKSIEDLUNG SPRUCH GARTENSTADT RUDOWER FALKENBERG FELDER

ALTGLIENICKE

KIRCHSTEIGFELD

Freiraumversorgung der untersuchten Siedlungen Freiraumbestand Freiraumversorgung

Planung für den öffentlichen Park in Altglienicke

Grünraum zwischen den Wohnzeilen mit Sportplatz in Altglienicke

Grünzug in Altglienicke

— 99 — Planung für den öffentli- chen Park in Biesdorf Süd

Vorgarten, Platz, Park und Landschaftsraum) bestand. wurde. Im Entwicklungsgebiet Biesdorf-Süd wurden 18,5 Es entstanden traditionelle Typen von urbanen Frei- Hektar Frei- und Grünflächen geplant. Hier sollte ur- räumen wie Stadtplätze und Höfe (Kirchsteigfeld, sprünglich ein kompaktes Stadtquartier mit 5.000 Woh- Karow Nord, Rudower Felder) sowie Parks und Grün- nungen realisiert werden. Entwürfe und Skizzen für die züge (Biesdorf-Süd, Altglienicke, Falkensee). Planung (Verfasser: Bernd Albers und Dieter Kienast) zeigen einen städtisch anmutenden Park, der von einem Einen harten Schlüsselfaktor für die Planung von in Schlangenlinien verlaufenden Weg und organisch Plätzen, Parks und Gärten bildeten – wie auch heu- geformten Wasserbecken sowie umfangreichen, un- te – die „Grünflächenrichtwerte“ für die Freiraum- regelmäßig angeordneten Baumpflanzungen am Rand versorgung der Wohnsiedlungen.25 Diese Richtwerte gegliedert ist.27 Realisiert wurde innerhalb des Sied- regeln das Maß und die Versorgung der Siedlungen lungsbereiches letztendlich nur eine von zwei Ahornrei- mit ausreichend großen wohnungsnahen und sied- hen gesäumte Wiese mit am Rande verlaufenden (Rad-) lungsnahen Freiräumen. Für die Versorgung der Be- Wegen und einem zentral gelegenen Kinderspielplatz.28 völkerung mit Freiflächen wurden Mitte der 1990er Jahre in Berlin folgende Richtwerte angestrebt: Als Grund für die Errichtung eines solch großen Wohn- gebietes auf den großflächigen Brachen in unmittelbarer » wohnungsnaher Freiraum: 6 m² pro Einwohner, Nähe zu den Großsiedlungen Marzahn und Hellers- » siedlungsnaher Freiraum: 7 m² pro Einwohner. dorf wurde u.a. die Nähe zu den Erholungsgebieten wie dem Park des Schlosses Biesdorf, der Biesdorfer Höhe, Diese damals – und auch heute noch – geltenden der Wuhle und den Biesdorfer Seen genannt.29 Die Grünflächen-Richtwerte stammten noch aus dem neu gestalteten Grünflächen im Entwicklungsgebiet Jahr 1973, sie folgen deshalb möglicherweise noch sollten die vorhandenen Frei- und Landschaftsräume, anderen städtebaulichen Leitbildern, etwa dem Leit- v.a. den Biesdorfer See und das Wuhletal, miteinan- bild der aufgelockerten und gegliederten Stadt.26 der verknüpfen.30 Die Ausstattung mit Grünräumen in der Umgebung war also nicht unerheblich und In einigen Wohnsiedlungen entstanden großzügige und wurde schon 1995 als „umfangreich“31 beschrieben. prägende Grünzüge bzw. Parks, u.a. in Biesdorf-Süd und in Altglienicke die Altglienicker Aue, deren Ge- Aus heutiger Perspektive erscheinen diese Grünräu- staltung häufig im Rahmen von landschaftsarchitekto- me recht eintönig, es fehlt ihnen eine Zonierung oder nischen oder landschaftsplanerischen Konzepten von eine Gliederung durch verschieden nutzbare Räume. namhaften Landschaftsarchitekturbüros festgelegt Im Ergebnis sind diese großen Grünflächen wenig

27 Vgl. Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.). 25 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. (2013). Ver- (1995). Stadt Haus Wohnung : Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin. sorgung mit öffentlichen, wohnungsnahen Grünanlagen. Abgerufen Berlin: Ernst & Sohn. S. 318, 322 22. November, 2018, von http://www.stadtentwicklung.berlin.de/ 28 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. (2007a). Städtebau- umwelt/umweltatlas/da605_01.htm licher Entwicklungsbereich Biesdorf-Süd. Bilanz der Entwicklung. 26 Generell gehen die Richtwerte auf die Empfehlungen der Ständigen 29 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. (2007). Berliner Ent- Konferenz der Gartenbauamtsleiter beim Deutschen Städtetag wicklungsgebiete. Eine Bilanz. S. 10 von 1973 zurück. Diese orientieren sich an den Berechnungen des 30 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Berliner Stadtbaurates Martin Wagner aus dem Jahr 1915. Vgl. Dazu (1995). Projekte der räumlichen Planung. Fortschreibung. S. 50 auch Schöbel-Rutschmann: Qualitative Freiraumplanung. Perspekti- 31 Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.). (1995). ven städtischer Grün-und Freiräume aus Berlin. Dissertation an der TU Stadt Haus Wohnung : Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin. Berlin: Berlin, Berlin 2003 Ernst & Sohn. S. 316

— 100 — Realisierung: Park mit Spielplatz in Biesdorf-Süd

belebt. Nachdem die bauliche Dichte des Projektes Zentrumsbereich mit Nahversorgungseinrichtungen an die geringere Nachfrage angepasst und der Bau- ausgearbeitet werden.32 Geplant war, dass die Platzflä- typ von Geschoßwohnungsbau zu Einfamilienhäu- che durch zwei bauliche Elemente strukturiert wird: sern modifiziert wurde, hätte aus heutiger Perspektive durch den U-Bahnhof sowie ein weiteres Gebäude, auch eine Anpassung von Gestaltung und Größe der das als „Gemeinde- oder Quartierszentrum“ genutzt Grünfläche vorgenommen werden sollen. In die Pla- werden sollte.33 Die U-Bahn wurde bekanntermaßen nungen mehrerer Wohnsiedlungen (u.a. auch Rudower bislang nicht gebaut, der Platz für U-Bahnausgänge Felder oder Falkenhöh) wurde offenbar rein quantita- etc. nicht benötigt. Auch das Quartierszentrum wurde tiv nicht miteinbezogen, dass sie am Rande der Stadt nicht realisiert. Hier konnte die ursprünglich anvi- dicht neben großzügigen Landschaftsräumen lagen sierte Aufenthaltsqualität also nicht erreicht werden. (zur Vernetzung der Siedlungen in Bezug auf Wege- Sollten die U-Bahn-Planungen doch noch umgesetzt verbindungen etc. siehe Kapitel 5.5). Deshalb erscheint werden, wird sich die Situation auf dem Platz deut- das Verhältnis von Frei- und Grünräumen in einzelnen lich ändern, auch angesichts des dann voraussichtlich Wohnsiedlungen zur Bebauung sowie zu den Land- zunehmenden Fuß- und Radverkehrs. Die Größe des schaftsräumen aus heutiger Sicht nicht ausgewogen. Platzes könnte dann eine Chance darstellen, um ihn zu einem intermodalen Knoten weiterzuentwickeln. Auch Plätze in einigen Wohnsiedlungen werden heute als groß und überdimensioniert wahrgenommen, so dass man sich als Fußgänger*in „verloren“ vorkommt. 32 Vgl. o. A. (1995, 25. März). Rudower Felder. Stadtbauwelt „Berlin 1994“, 121(1995), 642–643. Beispiele für groß und „überdimensioniert“ wirkende 33 Vgl. Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.). Plätze sind der Hugenottenplatz in Französisch - (1995). Stadt Haus Wohnung : Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin. holz, und der Ehrenfelder Platz in Altglienicke. Mit Berlin: Ernst & Sohn. S. 354-355 diesen sehr großen Parks und Plätzen sind ein hoher Pflegeaufwand und somit hohe Kosten verbunden. Ein weiteres Beispiel für einen heute sehr groß wirkenden Platz ist der Lieselotte-Berger-Platz (Rudower Felder). Dieser wurde vor allem deshalb mit großen Dimensio- nen entworfen, weil dort eine Haltestelle der Verlän- Lieselotte-Berger-Platz (Ru- dower Felder): ohne U-Bahnhof gerung der U-Bahnlinie 7 zum Flughafen BER/Schö- wirkt der Platz sehr groß nefeld geplant war. Der Platz sollte als repräsentativer

Grünzug am Hirtengra- ben im Kirchsteigfeld

— 101 — Private Gärten und halb- öffentliche Flächen in der Gartenstadt Falkenberg

Private Terrassen mit darunterliegenden Park- garagen im Kirchsteigfeld

Über die öffentlichen Grün- und Freiflächen hi- Schlussfolgerungen naus haben die Wohnsiedlungen der 1990er Jah- re verschiedene Lösungsmöglichkeiten entwi- Grundsätzlich spielten Planung und Realisierung ckelt, dem Bedürfnis der Bewohner*innen nach von öffentlichen und auch privaten Grün- und Frei- privatem Freiraum entgegenzukommen: flächen in den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre eine große Rolle. Es wurden traditionelle Typen von » Im Kirchsteigfeld gibt es für einige Wohnungen Frei- und Grünflächen wie Parks und Plätze geplant hochgelegene Terrassen, die als privater Freiraum und umgesetzt. Diese funktionieren gut, wenn die dienen. Prägend für die Siedlung ist zudem der in Siedlung mit städtebaulichen Typen bebaut wurden, Ost-West-Richtung verlaufende Grünzug entlang wie in den Rudower Feldern oder in Karow-Nord. des Hirtengraben, der das Gebiet in zwei Teile teilt. Diese Freiraumtypen entsprechen in Bezug auf ihre » In Altglienicke wurden öffentliche Freiräume in Größe und die vorhandenen Angebote jedoch in vielen Zeilenzwischenräumen angelegt, die den Wohnun- Fällen nicht den heutigen, jeweils spezifischen Nut- gen in den angrenzenden Zeilen durch Hecken, Zu- zungsanforderungen. Vor allem bei einer Verände- gänge etc. relativ klar zugeordnet sind. Hier haben rung gesamtstädtischer oder anderer Planungsziele sich Grünräume mit vielfältigen Aneignungspoten- (keine U-Bahnanbindung, Reduzierung der Anzahl zialen entwickelt, die einen lebendigen Charakter der Wohnungen, drastische Veränderung der Bau- haben. typen) wären Anpassungen auch in der Gestaltung und Größe der öffentlichen Räume sinnvoll gewesen. » In der Gartenstadt Falkenberg wurde eine ausdif- Die Erwartungen von Bewohner*innen an das Vor- ferenzierte Mischung aus kleinteiligen privaten, handensein privater Freiräume steigen, je wei- halböffentlichen und öffentlichen Freiräumen ge- ter der Wohnort vom Zentrum entfernt ist. Vie- schaffen, die es ermöglichten, vielen Wohnungen le Wohnsiedlungen besitzen eine große Anzahl zumindest kleine eigene Freiflächen zuzuordnen. privater Gärten, gleichwohl sie in unmittelbarer Wirkliche Privatsphäre entsteht in diesen Räumen räumlicher Nähe zum Landschaftsraum liegen. jedoch nicht, da sie von vielen Seiten und von oben einsehbar sind. Aufgaben von öffentlichen Freiräumen

» In Biesdorf-Süd haben die Einfamilienhäuser infol- Für alle Grünflächen gilt es, Aufgaben und Nutzungs- ge der nachfragebedingten Reduzierung der bauli- programme zu definieren. Vor allem für die größeren, chen Dichte sämtlich private Gärten. Auch deshalb übergeordneten Grünflächen ist es wichtig, beson- werden die zentralen Grünflächen nicht intensiv dere Aufgaben (Radschnellweg, klimatische Aus- genutzt und erscheinen überdimensioniert. gleichsflächen etc.) zu formulieren, damit diese nicht

— 102 — HIER MÜSSEN INTELLIGENTE, ÜBERZEUGENDE LÖSUNGEN GEFUNDEN WERDEN, DIE IN FLEXIBLEN FORMEN VON ANEIGNUNGSFÄHIGEN UND GEMEINSCHAFTLICH NUTZBAREN GRÜNRÄUMEN LIEGEN.

„überflüssig“ und überdimensioniert erscheinen. In Denn dabei geht es insgesamt um einen verantwor- Quartieren, die über einen großen Anteil an priva- tungsvollen Umgang mit den zur Verfügung stehen- ten Grünräumen verfügen, werden über diese Flächen den Flächen und um eine ausgewogene Balance von viele Aufgaben abgedeckt. Auf der anderen Seite gilt Bebauung, Freiflächen und Straßen. Zu klären ist, wie es zu verhindern, dass Freiflächen privatisiert und in das Verhältnis von Bebauung und Freiflächen auszu- den privaten Kontext verdrängt werden – sei es, um gestalten ist – auch angesichts eines in Zukunft even- Fläche oder um Ressourcen für Instandhaltung und tuell wieder abnehmenden Wohnflächenkonsums Pflege zu sparen. Gemeinschaftlich nutzbare Grünräu- pro Kopf. Die vorhandenen Grünflächenrichtwerte me sollten immer ein Grundgerüst für ein funktionie- gilt es angesichts der aktuellen Herausforderungen rendes Stadtquartier bilden und übernehmen immer zu überprüfen. Denkbar wäre hier eine größere Fle- eine wichtige Rolle für informelle Bildung, Austausch xibilität, die es erlaubt, in Quartieren am Rand der und das Zusammentreffen vielfältiger gesellschaft- Stadt mit größeren angrenzenden Landschaftsräumen licher Gruppen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass kleinere Pocket-Parks zu planen. Vielfältig nutzbare Grünflächen auch eine ökologische Funktion haben kleinere Grünflächen, die intensiv gepflegt werden, und für Artenvielfalt, Regenwasserversickerung oder könnten hier eine qualitativ hochwertigere Grünver- klimatischen Ausgleich eine erhebliche Rolle spielen. sorgung bieten, als extensiv nutzbare große Parks. Bei der Planung der Grün- und Freiflächen in neuen Quartieren gilt es zudem die Lage in der Stadt zu be- Lessons Learned rücksichtigen. Sind in unmittelbarer Nähe Parks und Landschafträume vorhanden, sollte es in den neu- Verantwortungsvollen Umgang mit zur en Quartieren Priorität haben, hier eine gute Ver- Verfügung stehenden Flächen umsetzen netzung herzustellen, Parks und Grünflächen in den Quartieren können dann eventuell kleiner ausfallen. Sorgfältig geplante öffentliche Frei- und Grünräume sind auch in Zukunft wichtig als Grundgerüst neuer Nach heutigen Kriterien der nachhaltigen Stadtent- Stadtquartiere. Die Balance zwischen Bebauung und wicklung ist der großzügige private Freiraum am Stadt- Freiräumen ist jedoch angesichts der knapper werden- rand in den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre für neue den Flächen für neue Quartiere auf der einen sowie Stadtquartiere kaum zu argumentieren und zukunfts- der wachsenden Ansprüche an Frei- und Grünräume – fähig. Denn damit geht nicht nur ein hoher Flächenver- Stichworte sind hier Anpassung an den Klimawandel, brauch einher, sondern aufgrund der daraus resultie- Flächengerechtigkeit für nachhaltige Mobilität, Ge- renden geringen Dichte besteht auch die Gefahr, dass meinschaftsflächen für Sport, Spiel, gemeinschaftliches eine „kritische Masse“ an Bewohner*innen für einen Gärtnern etc. – auf der anderen Seite gut auszutarieren. leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr, für soziale Infrastrukturen oder für eine Nahversorgung fehlt.

— 103 — Dennoch ist privates Grün ein Wunsch vieler Men- Neue Freiraumtypen entwickeln, die zum Le- schen, der in seiner Wirkungsmacht nicht unterschätzt ben in der äußeren Stadt passen werden darf. Dieser Wunsch kollidiert mit wirtschaft- lichen Vorstellungen und dem städtebaulichen Leit- Mit dem Blick auf den Bau neuer Quartiere heute ist bild von kompakten, urbanen Quartieren mit kurzen zu klären, ob die Planung von traditionellen öffentli- Wegen. Wie in verdichteten Siedlungsstrukturen der chen Freiraumtypen noch zeitgemäß ist. Werden nicht Bedarf an privatem Freiraum gedeckt und trotzdem vielmehr andere Bilder und Vorstellungen von öffent- der Flächenverbrauch eingeschränkt werden kann, lichen Freiräumen benötigt, die stärker auf die – zu ist eine Herausforderung. Hier müssen intelligente, identifizierenden – Spezifika von neuen Quartieren in überzeugende Lösungen gefunden werden, die viel- der äußeren Stadt sowie auf Flächenknappheit bzw. leicht nicht im eigenen Garten für alle, sondern in Flächenkonkurrenzen reagieren? Und die in stärkerem anderen flexiblen Formen von aneignungsfähigen Umfang auf Fragen der sich verändernden Mobilität, und gemeinschaftlich nutzbaren Grünräumen liegen. von öffentlichen Räumen als Orten der informellen Dies könnten beispielsweise Gemeinschaftsgärten mit Bildung oder der sozialen Vereinzelung in Folge des eigenen Beeten, Sitzgelegenheiten, Grillplätzen und demografischen Wandels etc. Antworten finden? In Spielgeräten in Hofbereichen oder auf Dächern sein. diesem Zusammenhang wäre die Multikodierung und Überlagerung von Nutzungen zu diskutieren. Es ist zu Privates Grün in neuen Quartieren – gute prüfen, welche Aufgaben halböffentliche bzw. einge- Lösungen abseits des privaten Gartens finden schränkt zugängliche Freiräume wie Schrebergärten, Sportplätze, Schulhöfe übernehmen können, so dass sie Die Größe und Qualität von öffentlichen und privaten vielfältig nutzbar und zugänglich sind sowie soziale In- Freiräumen hängt von den Wohnformen und Bautypen teraktion bzw. kollektives Zusammensein in größerem im Quartier ab, die mit mehr oder weniger wohnungsbe- Maße zulassen, als das private Freiräume ermöglichen. zogenen Freiräumen ausgestattet sein werden. Als These kann hier gelten, dass wenn es einen größeren Anteil pri- vater, wohnungsbezogener Freiräume gibt, der Anteil öf- 6.4 NUTZUNGSMISCHUNG UND AUSSTATTUNG MIT fentlicher Freiräume insgesamt kleiner dimensioniert sein ÖFFENTLICHEN INFRASTRUKTUREN SOWIE ZENTREN- kann. Terrassen und Balkone können beim Wunsch nach BILDUNG eigenem Grün zu einem gewissen Grad Abhilfe schaffen. Der von der Wohnung getrennte Schrebergarten eig- Der Unterschied zwischen einer Siedlung und einem net sich nur teilweise als Ausgleichsmöglichkeit, da hier Stadtquartier kann zu einem großen Teil dadurch eine exklusive und relativ stark reglementierte Nutzung begründet werden, dass es in einem Stadtquartier des Gartens durch wenige Pächter*innen den Kern des eine vielfältige Nutzungsmischung sowie Räume mit Konzepts bildet. Als weitere Alternative rückt deshalb ins zentralen Qualitäten gibt, in denen sich verschiedene Blickfeld, andere Möglichkeiten der Aneignung von Grün- Nutzungen, eine überdurchschnittliche bauliche Dich- und Freiflächen zu schaffen, die traditionelle Formen von te, eine Haltestelle des öffentlichen Nahverkehrs oder öffentlichen Räumen und Grün in der Stadt erweitern und städtebaulich markante Situationen wie Plätze, Hoch- infrage stellen. Viele Menschen wünschen nicht mehr den häuser etc. finden. In den „Zehn Thesen zur ‚Vorstadt’“ perfekt gestalteten Park, sondern Flächen, die weniger werden zur Nutzungsmischung und zur Zentrenbil- intensiv gepflegt sind, dafür aber mehr Freiheit und ein dung in den neuen Vorstädten erstaunlicherweise keine breiteres Nutzungsspektrum ermöglichen. Community besonders dezidierten Vorschläge gemacht. Dort heißt Gärten oder Orte wie der Mauerpark zeigen, dass öffent- es lediglich, dass Plätze (und Straßen) als Grundgerüst liche Räume an Bedeutung gewinnen, deren Nutzungs- für Identität und Orientierung fungieren und dass Plät- zuweisung nur zu einem geringen Grad formalisiert ist. ze und Blockecken bewusst durch Schulen und Kinder- Vergleichbare Flächen in neuen Quartieren zu schaffen, tagesstätten akzentuiert werden sollen. deren Nutzung nicht vorprogrammiert ist, kann ein spannender Ansatz für die neuen Wohnsiedlungen sein.

— 104 — Entfernung THEMATISCHE KARTEN Entfernung

500m 500m1.000m 1.000m2.000m 2.000m

FRANZÖSISCH- KAROW NORD Zentrenstruktur BUCHHOLZ Zentrenstruktur

Ortsteilzentrum Fachmarkt- Ortsteilzentrum Fachmarkt-agglomeration Stadtteilzentrum agglomeration FALKENSEE Stadtteilzentrum PARKSTADT SIEDLUNG FALKENHÖH Hauptzentrum Hauptzentrum Zentrumsbereichkern Zentrumsbereichkern LANDSBERGER TOR STAAKENER FELDER ELDENAER STRASSE

BIESDORF RUMMELSBURGER SÜD BUCHT

RUNGIUSSTRASSE

PARKSIEDLUNG SPRUCH GARTENSTADT FALKENBERG

RUDOWER ALTGLIENICKE FELDER

KIRCHSTEIGFELD

Entfernung Zentrenstruktur Entfernung der unter- suchten Siedlungen zu den naheliegenden Zentren

Um einen „hohen Grad an Funktionsmischung“ zu sich jedoch fast durchweg auf die Bewohner*innen- erreichen, sollen 20 Prozent der Geschossflächen für schaft der Siedlung und reicht damit nur für ein be- Arbeitsplätze ausgewiesen werden.34 Zu Einzelhandel grenztes Einzelhandels- und Dienstleistungsange- und Nahversorgung werden keine Aussagen getroffen. bot. Das gilt insbesondere für die Halbinsel Stralau, wo weder Durchgangsverkehr noch Frequenzkund- Die in den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre ge- schaft vorhanden sind. Demgegenüber reicht die planten und die letztendlich umgesetzten Konzepte Nachfrage auf der Rummelsburger Seite zumindest von Nutzungsmischung sind sehr unterschiedlich: für einzelne wenige Angebote.

» Geringe Nutzungsmischung: Symptomatisch ist, » Dienstleistungen statt Einzelhandel: In vielen dass es etwa in der Rummelsburger Bucht nur eine Wohnsiedlungen wie Landsberger Tor und Fran- äußerst gering ausgeprägte Funktionsmischung zösisch Buchholz sind in den Erdgeschosszonen gibt, obwohl angesichts der Größe des Gebietes so- Flächen für Einzelhandel und Gewerbe vorgesehen wie Bewohner*innenzahl und –struktur eine hohe und baulich angelegt. Die Realität zeigt jedoch, Kaufkraft zu erwarten ist. Darüber hinaus könnten dass sich anstelle von Einzelhandel vorrangig die attraktive Lage am Wasser und die städtebau- personenbezogene Dienstleistungen angesiedelt liche Situation eine hohe Aufenthaltsqualität und haben, die auf lokale Bedürfnisse eingehen: Tierärz- Chancen für Einzelhandel und Gastronomie ermög- te, Versicherungsagenturen, Pflegedienste, Reini- lichen. Der potenzielle Kundenkreis beschränkt gungen, Friseure etc. Auch wenn diese Nutzungen zweifelsohne wichtig sind, tragen sie nur sehr be- 34 Vgl. Stimmann, H. (1995). Wohnungsbau für die Großstadt. In dingt zu einem „urbanen“ Lebensgefühl bei. Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.), Stadt Haus Wohnung (S. 20–28). Berlin: Ernst & Sohn Verlag. S. 20-22

— 105 — Sportverein nutzt Erdgeschossflä- chen in der Siedlung Landsberger Tor

Leerstand von Einzelhandelsflä- chen in der Siedlung Landsberger Tor

Kindertagesstätte am Die „Grundschule im Panketal“ zentralen Platz in der in Karow-Nord am Stadtplatz bil- Siedlung Landsberger Tor det eine Mitte des Quartiers

» Sozialer Wohnungsbau kontra Nutzungsmischung: richtungen vorzufinden sind (Falkensee). Diese zie- Im sozial geförderten Wohnungsbau war Nutzungs- hen kontinuierlich einen großen Teil der Kaufkraft mischung im Erdgeschoss durch die Förderbedin- aus den Gebieten ab und tragen dazu bei, dass sich gungen – dort sollten auch Wohnungen errichtet dort keine überlebensfähige Einzelhandelsstruktur werden, mit vorgeschriebenen geringen Raumhö- entwickeln kann.36 hen – kaum möglich (Beispiel Kirchsteigfeld und Karow-Nord).35 In der Realität ist zu beobachten, dass nur wenige » Nutzungsmischung in der Siedlung konterkariert Wohnsiedlungen als gute Beispiele für eine funktio- durch Einkaufszentren in der Umgebung: Im Kirch- nale Mischung gelten können. Vor allem hinsichtlich steigfeld sollte der vorgesehene Einzelhandel im der Arbeitsplätze – abgesehen von Arbeitsplätzen in Erdgeschoss in der Siedlung den lokalen Bedarf sozialen Einrichtungen und im Einzelhandel – blie- abdecken. In der Siedlung Falkensee war sogar vor- ben die Wohnsiedlungen weit hinter den Erwartun- gesehen, dass die Einzelhandelsflächen den Bedarf gen zurück. Es wurden keine geeigneten Instrumen- über die Siedlung hinaus bedienen. In beiden Fällen te gefunden, die gewünschte Vielfalt zu erzielen. wurden diese Konzepte durch die Ansiedlung von Grundvoraussetzung für Nutzungsmischung ist großen Einkaufszentren „auf der grünen Wiese“ eine kritische Masse an potenziellen Nutzer*in- konterkariert, das Stern Center Potsdam (Kirch- nen, die sich im Einzugsbereich aufhalten. Deut- steigfeld) und das B5 outlet Center, wo Angebote lich wird darüber hinaus, dass Nutzungsmischung des täglichen Bedarfs sowie gastronomische Ein- dann gut funktioniert, wenn es ein Zentrum gibt, an dem sich verschiedene Nutzungen konzentrieren

35 Vgl. Hoffmann, Klaus-Dieter, Senatsverwaltung für Stadtentwick- 36 Vgl. Emenlauer, Rainer, ProStadt GmbH, Interview 42943 lung und Wohnen, Interview 43025

— 106 — und das auch städtebaulich-räumlich etwa durch einen Platz oder eine Hauptstraße gekennzeich- net ist. In den Wohnsiedlungen sind heute ver- schiedene Typen solcher Zentren zu beobachten:

» Kristallisationskerne an sozialen Infrastruktu- » Einzelhandelszentrum am Hauptplatz: ren: In Karow-Nord, aber auch am Britzer Damm In den Rudower Feldern hingegen ist es gelungen, und in Altglienicke konnte es gelingen, einen ein vergleichsweise breites Spektrum an Geschäf- Kristallisationskern für gemischte Nutzungen zu ten, Dienstleistern und soziale Infrastruktur (v.a. schaffen. Hier bilden Kinderbetreuungseinrichtun- Gymnasium) an einem zentralen Platz (Liselot- gen und Schulen zentrale Orte des Austauschs und te-Berger-Platz) zu konzentrieren. Miteinanders und wirken zentrums- und identi- Als Anker dient ein Vollsortiment-Supermarkt. tätsbildend.37 Ob sich diese positive Wirkung der Erfolgsfaktoren sind unter anderem die Angebots- sozialen Infrastrukturen entfalten kann, hängt lücken in den umliegenden Einfamilienhausgebie- stark von der Lage im Quartier und der Kopplung ten und die insgesamt ansprechende räumliche mit zentrumswirksamen städtebaulichen Struk- Anordnung am Platz. turen wie Plätzen, Hauptstraßen, Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs etc. ab. Schlussfolgerungen

» Einzelhandel in der Kiste: In Biesdorf Süd Die Wohnsiedlungen der 1990er Jahre werden heute entstand ein Einzelhandelskern am U-Bahnhof weniger nutzungsgemischt und „urban“ wahrgenom- Elsterwerdaer Platz, der von übergeordneter Be- men, als ursprünglich geplant war – von einem vor- deutung und als Stadtteilzentrum ausgewiesen ist.38 städtischen Charakter kann in vielen Fällen kaum die Das Gewerbe befindet sich hier jedoch isoliert in Rede sein. Arbeitsplätze – gefordert waren ursprüng- einer „Box“, d.h. in einem städtebaulich nicht in die lich in den Thesen von Hans Stimmann ja immerhin 20 Siedlung integrierten Einkaufszentrum. Das Bies- Prozent der GFZ – wurden kaum geschaffen. Im Sied- dorf-Center wird nicht nur von Bewohner*innen lungsbau der 1990er Jahre konnten hohe Ansprüche an der Siedlung, sondern auch angrenzender Stadtbe- Nutzungsmischung, die mit dem Leitbild der Vorstadt reiche frequentiert. Auf die Siedlung direkt wirkt es verbunden waren, nicht umgesetzt werden. Das lag sich nicht belebend aus. auch daran, dass die Vorstellungen von Nutzungsmi- schung nichts mit der Ökonomie der Nutzungen zu tun » Markthalle als Urbanitätsversprechen: Am Lands- hatten und idealisiert waren. So konnte bestenfalls die berger Tor wurde mit einer neuen Markthalle damals Nahversorgung gesichert werden. Wenn man jedoch ein hoher Anspruch an ein urbanes Stadtquartier von den überzogenen Erwartungen absieht, lässt sich formuliert und auch baulich umgesetzt. Das mit einer sagen, dass in einem Großteil der Beispiele gute Wohn- Markthalle assoziierte Urbanitätsversprechen konnte siedlungen mit bewohner*innenorientierten Dienstleis- jedoch nicht eingelöst werden. Obwohl das Umfeld tungen und sozialen Infrastrukturen entstanden sind. dicht bebaut ist, reicht die kritische Masse an poten- ziellen Nutzer*innen nicht für umfangreichere und differenzierte Nutzungen aus. Die Markthalle steht leer bzw. wird in Teilen anderweitig genutzt.

37 Vgl. Bohne, Rainer, SRL, Interview 42944 38 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. (2011). Stadtentwicklungsplan Zentren 3 [Stadtentwicklungsplan]. Abb. 3. Abgerufen 22. November, 2018, von https://www.stadtentwick- lung.berlin.de/planen/stadtentwicklungsplanung/download/zent- ren/2011-07-31_StEP_Zentren3.pdf

— 107 — Zentrenbildung und Infrastruktur MM TUREN Britzer Damm

Karow-Nord

Biesdorf Center Rudower Felder U

Biesdorf-Süd

Legende

Infrastruktur Nahversorgung Ladengewerbe (Einzelhandel, Dienstleistung, Gastronomie)

Fachmarkt Ärztehaus Infrastruktur Soziales

Kirche Kindertagesstätte Seniorenpflege /-wohnen Jugendzentrum Infrastruktur Bildung

Schule Bibliothek

Infrastruktur Öffentliche Dienstleistung Siedlung Falkenhöh Bürgeramt

— 108 — IN EINEM GROSSTEIL DER BEISPIELE SIND GUTE WOHNSIEDLUNGEN MIT Bauliche Voraussetzungen für vielfältige BEWOHNERORIENTIERTEN Erdgeschossnutzungen DIENSTLEISTUNGEN UND Wie am Landsberger Tor sind in einigen Wohnsiedlun- gen die Erdgeschosszonen heute primär durch haus- SOZIALEN INFRASTRUKTUREN haltsnahe Dienstleistungen geprägt. Die vorhandenen ENTSTANDEN. Einzelhandelsstrukturen können vielerorts kaum den alltäglichen Bedarf der Nahversorgung decken. Selbst wenn also die baulichen Voraussetzungen für Einzelhandel durch entsprechend ausgestaltete Erd- geschosszonen vorhanden sind, ist hierdurch keines- wegs eine vielfältige und attraktive Nutzungsmischung gewährleistet. Wohnsiedlungen wie Karow-Nord und Einzelhandel am Li- die Rudower Felder können als Beispiel dafür gel- selotte-Berger-Platz, ten, dass Nutzungsmischung dadurch gefördert wird, Rudower Felder dass es eine gute Verbindung von Raumproportion, Plätzen und öffentlichen Räumen mit Aufenthalts- qualität sowie Nutzungsprogrammierung gibt.

Personenbezogene Dienstleistungen – Anker der Nutzungsmischung in den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre

Personenbezogene Dienstleistungen hingegen haben ein Interesse an den spezifischen, wohnungsnahen Lagen. Tierarztpraxen, Pflegedienste, Friseure etc. sind Nutzungen, die in einem Großteil der Wohn- siedlungen in den Erdgeschossen zu finden sind. Sie tragen dazu bei, dass Wege für alltägliche Dienst- leistungen kurz sind und dass z.B. auch ältere, pfle- gebedürftige Bewohner*innen möglichst lange in der angestammten Umgebung verbleiben können.

Ansprüche an Urbanität in Wohnsiedlungen am Rand der Stadt

Die Wohnsiedlungen werfen darüber hinaus die Frage Leerstehende bzw. auf, inwiefern der Anspruch an Urbanität überall in der untergenutzte Markt- Stadt aufrechterhalten werden sollte. Gerade Zielgrup- halle Landsberger Tor pen, die bewusst an den Stadtrand ziehen und die dortige durchgrünte Ruhe suchen, erwarten kein innerstädtisches Leben. Voraussetzung ist jedoch, dass das Wohnungsan- gebot und die städtebauliche Qualität im Umkehrschluss auch die Vorzüge randstädtischen Lebens bieten. Es gilt, „tote“ anonyme Siedlungen und Räume zu vermeiden, ein Mindestmaß an Nahversorgung zu gewährleisten und gleichzeitig die Vorzüge der Randlage herauszuarbeiten.

— 109 — Lessons learned ÖV-Haltestellen und attraktiven öffentlichen Räumen kombinieren Ansätze für Nutzungsmischung in der Zukunft entwickeln Einzelhandelszentren für die Daseinsvorsorge in Wohnsiedlungen und Quartieren haben eine größere Angesichts der Veränderungsprozesse im Einzel- Chance zu funktionieren, wenn sie an den Verkehrs- handel und in der Nahversorgung wird sich das, was knotenpunkten des Quartiers angesiedelt werden, wir heute unter einem Zentrum oder einem lokalen an den Orten mit der stärksten Laufkundschaft, mit Nahversorgungsschwerpunkt verstehen, in Zukunft einer hohen Frequenz von potenziellen Kund*innen. verändern. Deswegen muss auch für neue Quartiere Das muss nicht zwangsläufig das geografische „Zen- definiert werden, welche Art von Zentrenbildung und trum“ des Gebietes sein. Durch die Anbindung an Nutzungsmischung angestrebt werden soll. Offen ist, Verkehrsknoten bzw. einen leistungsfähigen ÖPNV welche Art des Einzelhandels in neuen Stadtquartie- vergrößert sich die Nachfrage durch Pendler*innen ren noch bleibt, wenn zukünftig der auf den Alltag und Kundschaft aus anderen Wohnsiedlungen und und auf Effizienz ausgerichtete Versorgungseinkauf im Quartieren. Ein attraktives Angebot an öffentlichen Internet und mit Lieferdiensten erledigt wird. Freizeit- Plätzen mit Aufenthaltsqualität kann die Verweildauer orientierter Erlebniseinzelhandel wird sich in solchen in den Quartierszentren erhöhen und Orte für Be- Quartieren kaum ansiedeln lassen, es sein denn an gegnung schaffen. Eine räumliche Konzentration von auch für andere Nutzer*innen interessanten Lagen, vielfältigen, zentrumsaffinen Nutzungen – nicht nur etwa an Wasserlagen oder am Park. Als sehr sinnvoll Einzelhandel, sondern auch personenbezogene Dienst- erscheint es dagegen, zukünftig mehr auf personen- leistungen, Gastronomie, Gesundheits- und soziale bezogene Dienstleitungen bei der Planung der neuen Nutzungen, Bücherei, Kultur etc. – an einem Platz mit Stadtquartiere zu setzen. Ergänzende Konzepte könn- Aufenthaltsqualität und mit einem ÖPNV-Haltepunkt ten Ideen entwickeln, wie Nutzungen wie Pflegediens- kann zusätzlich helfen, eine kritische Masse an Nut- te, Musikschulen, Gesundheits- und Wellnesseinrich- zer*innen anzuziehen sowie Synergieeffekte zwischen tungen oder Fahrradwerkstätten, Abholstationen für den verschiedenen Funktionen auszulösen. So kann es solidarische Landwirtschaft, Tausch- und Teilcafés etc. gelingen, in den Quartieren neue Mitten zu schaffen. soziale Funktionen für Austausch und Kommunikation Im Einzelfall muss ermittelt werden, welche Angebo- übernehmen können. Solche Nutzungen bieten das te und Infrastrukturen angemessen und zeitgemäß Potenzial, sich mehr als heute zu sozialen Treffpunk- sind (Schule, etc.) und durch welche Nutzungen und ten und „Ankernutzungen“ im Quartier entwickeln zu Einrichtungen sich auch ein Mehrwert für Bewoh- können. Letztlich muss das Angebot an zusätzlichen ner*innen anderer Quartiere entwickeln könnte. Nutzungen auf den Bedarf vor Ort abgestimmt sein, um Leerstände und Verwahrlosung (inklusive Billigläden) Nutzungsmischung durch Manage- zu vermeiden. Darüber hinaus sollten Möglichkeiten mentstrukturen unterstützen geprüft werden, wie weitere gewerbliche Mischnutzun- gen (z.B. Handwerk, Werkstätten, Ateliers) in neuen Die Betrachtung der Wohnsiedlungen der 1990er Jah- Wohnsiedlungen zu integrieren sind. Entsprechende re hat gezeigt, dass Festschreibungen und bauliche Ansätze sind in den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre Setzungen, also entsprechend gestaltete Erdgeschoss- kaum zu finden. Kern einer Belebung der Quartiere zonen in zentralen Lagen, nur bedingt helfen eine in den Tagesstunden ist jedoch, dass sich in den Ge- Nutzungsmischung zu gewährleisten. Unterstützend bieten auch Betriebe mit Arbeitskräften ansiedeln, notwendig erscheinen Prozesse und Ansätze, die viel- weswegen in neuen Quartieren immer auch gewerb- fältige Akteurs- und Nutzungsstrukturen ermöglichen lich nutzbare Flächen ausgewiesen werden sollten. und fördern. Das können etwa nutzer*innen- bzw.

Zentrumsaffine Nutzungen konzentrieren und mit

— 110 — bewohner*innengetragene Strukturen oder ein Nach- in den baulichen Kontext bedacht werden, etwa wie die barschaftsmanagement sein. Da sich gerade im Bereich neuen Vorstädte auf den sie umgebenen Landschafts- von Nutzungen, die für aktive Erdgeschossnutzungen bzw. Siedlungsraum treffen sollten und welche Schnitt- stehen, z.B. Handel, personenbezogene Dienstleistun- stellen und Verbindungen es geben sollte. In den „Zehn gen, gemeinschaftliche und gemeinwohlorientierte Thesen zur ‚Vorstadt’“ sind keine eindeutigen Aussagen Nutzungen, starke Transformationsprozesse vollzie- zur Einbindung in den Kontext zu finden. Dort wird hen und neue Nutzungen oft ausgetestet und erprobt gefordert, dass die neuen Vorstädte jeweils eine „städ- werden müssen, erscheinen hier eine Flexibilität für tebauliche Einheit“ bilden sowie ein überschaubares Nutzungsänderungen sowie Modelle einer Querfinan- und planerisch begrenztes Projekt sein sollen. Dabei zierung angebracht (nicht unbedingt nur zwischen sollen die Vorstädte einen „Bezug zu den historischen Wohnen und Gewerbe, sondern auch zwischen fi- Spuren und vorhandenen Nutzungen“ herstellen, ur- nanzkräftigen und weniger finanzkräftigem Gewer- sprüngliche Parzellierung und Bebauung sollen in den be bzw. Dienstleistungen). Um diese komplexen und Entwurf einfließen.40 Wie die Siedlung direkt auf ihr sehr ortspezifischen Fragen im konkreten Quartier zu Umfeld treffen soll, wird nicht weiter ausgeführt. steuern, erscheint es geboten, Managementstruktu- ren einzurichten, die koordinierend wirken können. Vor allem in den Wohnsiedlungen in randstädtischer Lage wurden die Schnittstellen zwischen Siedlung und angrenzenden Landschaftsräumen unterschiedlich aus- 6.5 VERNETZUNG MIT DEM UMFELD gestaltet:

Besonders prägend für die meisten Wohnsiedlungen Positives Beispiel ist die Siedlung Landsberger Tor. der 1990er Jahre ist die Lage am Übergang von Sied- Hier wurde die Kante zum Grünzug „Wiesenpark“ lungs- zu Landschaftsräumen. Viele Standorte der an der Wuhle landschaftsarchitektonisch gestaltet, neuen Vorstädte lagen auf der „grünen Wiese“, außer- u.a. durch „Aussichtsterrassen“, die einen bewusst halb von bestehenden Siedlungsstrukturen. Grund gestalteten Übergang zwischen Siedlung und Land- für die Standortwahl der Vorstädte war die Verfüg- schaft, zwischen gestaltetem und nicht gestaltetem barkeit von Flächen: landeseigene Flächen und gro- Naturraum ermöglichen. In die angrenzende, eher ex- ße Konversionsflächen konnten schnell für den Bau tensiv gestaltete Wiese sind kleinere gestaltete Ele- von Wohnungen aktiviert werden. Problematisch mente eingebettet, etwa ein Spielplatz, wodurch zum war, dass diese Standorte häufig nicht in bestehende Landschaftsraum an der Wuhle vermittelt wird. Im Infrastruktur- und Versorgungsnetze eingebunden Quartier selbst gibt es mit dem Altlandsberger Platz waren, wie den Öffentlichen Nahverkehr oder Nah- einen grünen Stadtplatz, der durch eine kleine Al- versorgungsstandorte. Schon 1994 kritisierte Dieter lee mit dem Grünzug Wiesenpark verbunden ist. Hoffmann-Axthelm, dass die neuen Siedlungen nicht mit dem Rest der Stadt verbunden seien: „Aber er- Fließende Übergänge zwischen gestalteten Grünflä- gibt das schon etwas anderes, ein Weiterbauen der chen und ungestalteten Landschaftsräumen sind auch Gesamtstadt, das die Stadt im Blick hat und nicht nur in der Siedlung Rudower Felder zu finden. Diese Sied- den neuen Standort? Wo liegt die jeweilige Fläche im lung stand aufgrund der unmittelbaren Grenzsituation Gesamtzusammenhang Berlins? Was leistet sie für in besonderem Maße dafür, einen Entwicklungszusam- den Zusammenhang? Wird innerhalb des Stadtge- menhang mit dem Land herzustellen. Ge- bietes Vernetzung erzeugt (...)? Die neuen Wohnbau- danke war zudem, Nahversorgungsdefizite im Rudo- flächen stellen angesichts solcher Fragen allesamt das wer Süden über entsprechende Angebote in der neuen Schulbeispiel richtiger Politik am falschen Ort dar.“39 Siedlung auszugleichen, also auch eine funktionale Auch auf kleinräumiger Ebene musste eine Einbindung 40 Stimmann, H. (1995). Wohnungsbau für die Großstadt. In Senats- 39 Hoffmann-Axthelm, D. (1994, 25. März). Welche Stadterweiterung. verwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.), Stadt Haus Woh- Stadtbauwelt, 12(121), 598–603. S. 599 nung (S. 19–21). Berlin: Ernst & Sohn Verlag.

— 111 — Kante zum Wiesen- Plötzlicher Übergang zum Land- park Landsberger Tor schaftsraum: Staakener Felder

Verknüpfung zwischen Bestandsgebieten und Neubau- quartier herzustellen. Die südliche Gebäudekante, die wenige Meter vor der Landesgrenze nach Brandenburg liegt, wurde geschwungen ausgeführt, daran angren- zend befindet sich ein Grünzug, der in die Felder nörd- lich von Schönefeld übergeht. Landschaftsarchitekto- nisch gestaltete Flächen gehen hier fast unmerklich in ungestaltete bzw. landwirtschaftliche Flächen mit Feld- wegen über, Siedlung und Grün sind eng miteinander verknüpft. Gerade in den Siedlungen mit einer unmit- Britzer Damm: Das telbaren Nähe zu einem Landschaftsraum wurden also Potenzial des Kanals wurde nicht genutzt die Chancen genutzt, spezifische grüne Lebensumfeld- qualitäten zu entwickeln und besondere Charakteristi- ka des Wohnens am Rand der Stadt herauszuarbeiten. Einige Wohnsiedlungen, etwa das Kirchsteigfeld, wurden quasi als „Bastionen der Innenstadt am Stadt- Solche Möglichkeiten des Übergangs wurden leider rand“ gedacht. Das impliziert das Problem und erzeugt nicht in allen Siedlungen entwickelt, die an Land- die Nebenwirkung, dass sie kaum mit den bestehen- schaftsräume angrenzen. In den Siedlungen Britzer den Siedlungs- als auch Landschaftsräumen vernetzt Damm und Staakener Felder ist der Übergang ein- wurden. Sie wurden bewusst homogen und selbst- fach nicht gestaltet, Grundstücksgrenzen bilden eine bezogen entwickelt, als eigenständiges Quartier. harte Kante. So hätte man sich bei der Siedlung Britzer Aus dieser Problematik heraus ergeben sich – nicht Damm, die auf ihrer Nordseite an den Teltowkanal an- nur – stadt- und landschaftsgestalterische Proble- grenzt, vorstellen können, dass diese in irgendeiner me. Die fehlende sozialräumliche Anbindung führt Weise auf die Wasserlage reagiert und dass die Ge- dazu, dass nicht bereits bestehende Nachbarschaf- bäude zumindest Fenster zum Kanal haben. Positiv ten ergänzt, sondern neue Nachbarschaften zunächst in Bezug auf die Vernetzung mit der Umgebung bei räumlich abgetrennt und isoliert entstanden sind. diesem Beispiel ist jedoch die Durchwegung durch die Ursache dafür waren häufig Sachzwänge bzw. räum- ganze Siedlung entlang einer zentralen Achse, die das liche Gegebenheiten vor Ort. Die Folge ist jedoch, dass Gebiet an den Britzer Damm mit seinem umfangrei- Verflechtungen, Synergieeffekte und Bezüge aus- chen Nahversorgungsangebot und den Haltestellen des bleiben bzw. sich nur extrem langsam entwickeln. Busverkehrs verbindet. Vernetzung mit dem Kontext kann also auf vielfältige Weise geschehen. Auch in der Erschwert wurde die Vernetzung einer Siedlung mit Siedlung Staakener Felder betritt man die angrenzen- dem Kontext auch, wenn neue Wohnungen zwar den Wiesen an der Stieglake über Trampelpfade, einen in Nachbarschaft zu bestehenden Quartieren rea- vermüllten Wendehammer und heruntergetretene lisiert wurden, die Gebäude aber nicht an die Sied- Zäune, nicht jedoch über einen gestalteten Übergang. lungsstruktur im Bestand anknüpfen. So wird die

— 112 — Siedlung vielleicht dem Anspruch an eine effizi- der Umgebung stattfinden würde. Diese Anpassung ente Flächennutzung gerecht, schafft aber städ- ist selten eingetreten, was an Beispielen wie Franzö- tebauliche Kanten und Brüche zum Kontext. sisch Buchholz noch heute deutlich zu sehen ist.

Im Ergebnis fehlen Bezüge zu den angrenzenden Nach- Die mangelnde Verknüpfung eines neuen Stadt- barschaften, die neue Siedlung wird als Fremdkörper quartiers mit angrenzenden Landschaftsräumen wie wahrgenommen. Auch zeigt die Parksiedlung Spruch, z.B. am Britzer Damm oder den Staakener Feldern dass es möglich ist, höhere Dichten als im direkten Um- kann auch als verpasste Chance interpretiert werden, feld zu erzielen und dennoch die dortige Bautypologie denn die Nähe zu Landschafts- und Naherholungs- (Mehrfamilienhäuser in offener Bauweise, leicht unre- räumen ist eine wichtige Qualität des Wohnens in gelmäßig angeordnet) aufzugreifen. Als negatives Bei- der äußeren Stadt. In diesen Wohnsiedlungen war spiel kann die Eldenaer Straße gelten, wo es ebenfalls zudem zu beobachten, dass Verbindungen – wenn aufgrund der wegbrechenden Nachfrage nicht gelang, sie nicht geplant und gestaltet wurden – von den mit der Umgebung vergleichbare Dichten zu realisie- Bewohner*innen selbst hergestellt wurden (durch ren. Hier entstand mit der Neubebauung des Schlacht- Trampelpfade, geöffnete und heruntergetretene hofes vielmehr ein Bereich einer gefühlten „inneren Zäune etc.). Geplante und gestaltete Lösungen wä- Peripherie“ – aus heutiger Sicht eine vertane Chance ren hier sicherer, schöner und ggf. barrierefreier. angesichts der hervorragend angebundenen Lage. Gleiches gilt für die stadt- und sozialräumliche An- bindung an bestehende Quartiere. Gleichwohl stellt Schlussfolgerungen sich bei Wohnsiedlungen, die direkt an Bestandsge- biete anknüpfen, die Frage, wie ein geeigneter städte- Beim Wohnungsbau in der äußeren Stadt spielt die baulicher Übergang geschaffen werden kann. Förder- stadt- und landschaftsräumliche Einbettung eine lich für eine sozialräumliche und nachbarschaftliche zentrale Rolle. In einigen Beispielen, u.a. Landsber- Anbindung sind städtebaulich behutsame Übergänge ger Tor und Rudower Felder, konnten spannende und und Funktionen im neuen Quartier, die auch Bewoh- richtungsweisende Möglichkeiten entwickelt wer- ner*innen der umliegenden Bereiche nutzen, etwa den, die aufzeigen, wie der Übergang von vorstäd- soziale Infrastrukturen oder Sporteinrichtungen. tisch-gestalteten zu landschaftlich-ungestalteten Flächen angelegt werden kann. So gelang es, eine besondere Qualität des Wohnens in der städtischen Lessons learned Peripherie – die Nähe zu größeren Grün- und Land- schaftsräumen – besonders herauszuarbeiten. Vernetzung braucht integriertes Planen

In anderen Wohnsiedlungen ist eine Vernetzung mit Zukünftig sollte bei der Errichtung neuer Quartiere dem Kontext nur bedingt gelungen, etwa im Kirch- auf eine maximale Vernetzung zum siedlungs- und steigfeld, in Karow-Nord oder in Französisch Buchholz. landschaftsräumlichen Kontext geachtet werden. Schnittstellen zwischen Siedlung und Umfeld wur- Dies erfordert eine Zusammenarbeit auf verschiede- den in vielen Fällen nicht gedacht. Ein Grund für die nen Ebenen der Verwaltung, zwischen den Senats- wenig vernetzte Planung und Gestaltung war der hohe verwaltungen für Stadtentwicklung und Wohnen Bau- und Umsetzungsdruck von Wohnungen damals. sowie Umwelt, Verkehr und Klima, zwischen Haupt- Es bestand kaum Zeit für eine räumliche Verknüpfung verwaltung und den Bezirken und in einem regio- bzw. es wurde erwartet, dass die benachbarte klein- nalen Denken zwischen Berlin und Brandenburg. teilige Siedlungsstruktur (bspw. Einfamilienhäuser) sich im Lauf der Zeit „automatisch“ nachverdichten würde und somit eine „städtebauliche Vernetzung“ mit

— 113 — DURCH FREIRAUMPLANERISCHE ELEMENTE, DURCH BILDUNGS- UND SPORTEINRICHTUNGEN ODER EINZELHANDEL GILT ES, EINE ENGE VERKNÜPFUNG ZWISCHEN ALTEN UND NEUEN QUARTIEREN HERZUSTELLEN.

Anbindung an das Umfeld Von reinen Wohnsiedlungen zu gezielt durchmischten Stadtquartieren kommen z.B Falkenhöh Die neuen Stadtquartiere sollten städtebaulich mit dem Siedlungsraum vernetzt und integriert geplant und ge- baut werden. Nur durch eine baulich-physische Vernet- zung können die neuen Quartiere auch als Ergänzung und Erweiterung der bestehenden Siedlungsstruktur verstanden werden – worunter ein Mehrwert der neuen z.B Landsberger Tor Quartiere verstanden werden kann. Durch verschiede- ne Elemente – aus dem Bereich der Freiraumplanung, aber auch durch Bildungs- und Sporteinrichtungen, durch Unternehmensstandorte oder Einzelhandel – gilt es, eine enge Verknüpfung zwischen alten und neuen Quartieren herzustellen. So kann Segregation zwischen alteingesessenen und neuen Bewohner*innen gemin- z.B Falkenberg dert und die Akzeptanz neuer Quartiere gesteigert werden. Damit ein solches Zusammenwachsen gelingt, muss es auch durch städtebauliche Voraussetzungen wie Blick- und Wegbeziehungen gefördert werden. Planungsrechtlich müssen hier die Möglichkeiten aus- getestet und gegebenenfalls ausgeschöpft werden, die z.B Staakener sich etwa durch die Baukategorie des Urbanen Gebie- Felder tes in der Baunutzungsverordnung ergeben. Darüber hinaus ist die Durchmischung von Quartieren durch eine gezielte Planung von „neuen Mitten“ und durch die Einbindung von Akteuren aus dem Einzelhandel zu steuern.

— 114 — THEMATISCHE KARTEN Liniennetz des Entfernungen zu Haltestellen des schienengebundenen Öffentlichen Nahverkehrs ERREICHBARKEITEN Verkehrs S-Bahn 0 - 300m Regionalbahn U-Bahn 300 - 500m S-Bahn 500 - 1.000m Tram Diese Karte zeigt die den U-Bahn Regional-, Siedlungen nahe liegenden 33 min Haltestellen des ÖPNV. Tram Fern- & Bushaltestellen werden nur im FRANZÖSISCH- Lieferverkehr Falle einer fehlenden Bus BUCHHOLZ KAROW-NORD übergeordneten Erreichbarkeit 35 min angezeigt.

45 min 45 min Zentren und Reisezeiten FALKENSEE mit öffentlichen Verkehrsmitteln PARKSTADT SIEDLUNG FALKENHÖH City Ost (Alexanderplatz) 23 min 44 min City West (Bhf. Zoologischer Garten) 45 min LANDSBERGER TOR 17 min 56 min City Potsdam (Alter Markt) 27 min ELDENAER STAAKENER STRASSE FELDER

BIESDORF SÜD 23 min RUMMELSBURGER BUCHT 15-25 min

34 min RUNGIUSSTRASSE 51 min PARKSIEDLUNG SPRUCH 40 min GARTENSTADT FALKENBERG

RUDOWER ALTGLIENICKE FELDER 40 min 27 min 45 min KIRCHSTEIGFELD

Entfernungen der Siedlungen zu Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs

6.6 MOBILITÄT: STELLPLÄTZE UND ÖPNV-ANBINDUNG und Bürgersteig gegliedert sein.41 Hinweise auf Halte- stellen des öffentlichen Nahverkehrs, auf Radwege, Die Verkehrserschließung galt bereits für die Wohn- Fahrradstellplätze oder andere Angebote zur Förde- siedlungen der 1990er Jahre als zentraler Aspekt der rung einer nachhaltigen Mobilität sowie des Fußver- Entwicklung neuer Stadtquartiere. Die Anbindung kehrs gab es zumindest in den Thesen noch nicht. der Siedlung an das übergeordnete Netz in Berlin (bzw. Potsdam im Fall des Kirchsteigfeldes) sowie Nur wenige Wohnsiedlungen sind heute befriedigend die Feinverteilung im Gebiet selbst sowie der ruhen- an einen leistungsfähigen – d.h. schienengebunde- de Verkehr waren Themen, die in der Planungspha- nen oder mit hoher Frequenz fahrenden – öffentlichen se intensiv diskutiert wurden. In den „Zehn Thesen Nahverkehr angebunden. Ein zentraler Grund für die zur ‚Vorstadt’“ heißt es hierzu, dass die Dichte der Sie mangelhafte Anbindung liegt darin, dass die Standort- Wohnsiedlungen dlungen so hoch sein müsse, dass wahl der Vorstädte nicht in erster Linie ein Ergebnis ein wirtschaftlicher Betrieb des öffentlichen Nahver- der ÖPNV Erreichbarkeit war, sondern das Resultat der kehrs möglich sei, so dass die Bewohner*innen auf das Verfügbarkeit von öffentlichem Boden und Flächen in Auto verzichten können. Die damals noch laut Stell- der Gesamtstadt. In vielen Siedlungen, die nicht von platzverordnung erforderlichen 0,5 Stellplätze pro vornherein an einen leistungsfähigen Haltepunkt des Wohnung sollten nicht in den Blockinnenbereichen, öffentlichen Nahverkehrs angebunden waren, konn- sondern im Straßenraum ausgewiesen werden. Dabei ten die Stadtplaner*innen die Verkehrsplaner*innen sollte auf eine „Senkrechtaufstellung, die den Stra- nicht von der Notwendigkeit eines guten ÖV-Anschlus- ßenraum ästhetisch in einen Parkplatz“ verwandelt, ses überzeugen. Zu dominant war offenbar noch die verzichtet werden. Grundsätzlich wurden Straßen als zentrales räumliches Gliederungselement für die Vor- städte betrachtet; sie sollten in Fahrbahn, Bordstein 41 Stimmann, H. (1995). Wohnungsbau für die Großstadt. In Senats- verwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.), Stadt Haus Woh- nung (S. 20–28). Berlin: Ernst & Sohn Verlag. S. 20f.

— 115 — U-Bahn in nächster Nähe: Biesdorf-Süd

Vorstellung, dass man hier Geld einsparen könnte, weil direkt ins Berliner Zentrum fährt, sondern man nach ohnehin alle Haushalte über private Autos verfügten. 10. bzw. 20 Minuten Fahrzeit in die S- bzw. U-Bahn Die Bewohner*innen vieler Wohnsiedlungen der 1990er umsteigen muss. Jahre sind dementsprechend auch heute noch stark ab- hängig vom eigenen Auto, was die Siedlungen gestalte- » Die volkswirtschaftliche Krise Anfang der 2000er risch stark prägt und wodurch ein Übergang zur stärke- Jahre verhinderte den Bau der S-Bahn Haltestelle ren Nutzung postfossiler Mobilität erschwert wird. „Karow Nord“.

Die Anbindung der Wohnsiedlungen der 1990er » Besonders absurd erscheint die Situation in der erfolgte in verschieden Ausprägungen: Siedlung Rudower Felder: Hier wurde eine U-Bahn- verlängerung vom Endpunkt der U-Bahnlinie 7 » Nur wenige Standorte – allen voran die Siedlungen in bis zum Flughafen Schönefeld geplant, Biesdorf-Süd (an den U-Bahnhöfen Elsterwerdaer aber nicht realisiert. Die U7 sollte ursprünglich die Platz bzw. Biesdorf Süd) sowie die Bebauung des Innenstadt mit dem Flughafen BER verbinden und ehemaligen Schlachthofes Eldenaer Straße – sind wäre damit zur längsten Berliner U-Bahn-Strecke sehr gut an den schienengebundenen öffentlichen geworden – was verkehrstechnisch als bedenk- Nahverkehr angebunden. Aus heutiger Sicht wur- lich bezeichnet wurde. Schließlich entschlossen den gerade hier die in diesen Gebieten vorhande- sich Berliner Politik und Verwaltung gegen die U7 nen Potenziale für eine hohe bauliche Dichte nicht Anbindung des BER und für die Anbindung des ausgeschöpft, denn hier wurden nach Einbrechen Flughafens durch eine S-Bahn und Regionalbahn. der Nachfrage deutlich weniger Wohnungen als Die U7 wurde nicht verlängert, die Rudower Felder ursprünglich geplant realisiert. Die Rummelsburger bekamen keinen U-Bahn-Halt. Der zentrale Platz Bucht liegt zwar in der Nähe des S- und Regional- wirkt auch deshalb heute überdimensioniert, weil bahnhofs Ostkreuz, des S-Bahnhofs Nöldnerplatz er den U-Bahnhof beherbergen sollte und für Ein- und der Tramlinie 21, doch die fußläufige Entfer- und Ausgänge Flächen vorgehalten wurden. nung zu den Stationen ist aus vielen Teilbereichen des Gebietes groß. Eine optimale Anbindung an den öffentlichen Nahver- » Dort wo neue Anbindungen an einen schienengebun- kehr konnte bis auf Biesdorf-Süd also in keiner Siedlung denen leistungsfähigen Nahverkehr realisiert wurden, der 1990er Jahre realisiert werden. Aus dieser Tatsache etwa in Französisch Buchholz, haben sich die Wahl- resultierte eine starke Abhängigkeit der Wohnsied- möglichkeiten in Bezug auf die Mobilitätsform deut- lungen vom privaten Automobil. Das führte dazu, dass lich verbessert. Die dort verkehrende Tramlinie 50 die öffentlichen Räume in den Siedlungen der 1990er gilt jedoch als nicht besonders attraktiv, weil sie nicht Jahren visuell und funktionell deutlich vom Automobil

— 116 — Staakener Felder: Parksiedlung Spruch: Tiefgaragen bieten Autos dominieren den unterirdisch Platz für Autos, erfordern öffentlichen Raum aber wenig attraktive Einfahrten

geprägt sind – sowohl vom ruhenden als auch vom flie- wurde sie als sinnvoll erachtet, letztendlich begnügte ßenden Verkehr. Aufgrund der überwiegend peripheren man sich in vielen Wohnsiedlungen jedoch mit einer Lagen sowie der damals noch vorherrschenden Selbst- Anbindung über den motorisierten Individualverkehr. verständlichkeit des Besitzes von mindestens einem Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für privaten Auto pro Haushalt wurde die Daseinsberech- viele andere Aspekte der Entwicklung und Gestaltung tigung von Stellplätzen vielerorts nicht hinterfragt. der Siedlungen, denn vor allem die Anbindung über das Auto ist deshalb zur Selbstverständlichkeit geworden. So In den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre sind im Um- wirken sich die Stellplätze sehr stark auf die Proportio- gang mit Stellplätzen vielfältige Lösungen entstanden. nen der Straßenquerschnitte und somit auf die Qualität des öffentlichen Raums aus. Auch die Tiefgaragenein- » Die Straßenräume sind überwiegend von Geh- fahrten wirken als visuelle und psychologische Barriere steigen und parkenden Autos geprägt, etwa in den im Straßenraum und mindern die Aufenthaltsqualität. Staakener Feldern. Stellplätze haben in ihren verschiedenen Konfigurationen – ob in Form von Längs-, Tief- oder Querparken – eine » In der Parksiedlung Spruch wurden Tiefgaragen an- geheime Gestaltungsmacht. Sie wirken sich stark auf gelegt, die die Zahl der sichtbaren Autos im öffent- den Gesamtcharakter der Wohnsiedlungen aus. Für das lichen Raum reduzieren. Die Straßen werden nun Parken wurden gewaltige Flächen und dementsprechend jedoch durch die langen Ein- und Ausfahrten mit auch finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt. Rampen und Betonwänden beeinträchtigt. Anbindung – ein ökonomischer Faktor » In anderen Wohnsiedlungen wurde versucht, die Autos gezielt aus dem Straßenraum heraus zu hal- Das Thema Stellplätze und Umgang mit dem motori- ten: Im Kirchsteigfeld wurden in Teilbereichen der sierten Individualverkehr berührt nicht nur gestalte- Siedlungen die Erdgeschosszonen auf der Innenhof- rische Fragen in den Wohnsiedlungen und den Quar- seite für Stellplätze „geopfert“. tieren, sondern ist auch ein „harter“ ökonomischer und ökologischer Faktor, der über die Nachhaltigkeit sowie über die Vermarktungsfähigkeit eines Quartiers Schlussfolgerungen mitbestimmt. Es entstehen – nicht nur – gestalterische Probleme, wenn Planer*innen von den Bewohner*in- Stellplätze dominieren den öffentlichen Raum nen der Quartiere erwarten, kaum Autos zu nutzen und zu besitzen und die Wohnsiedlungen dement- Das Thema Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sprechend mit einem geringen Stellplatzschlüssel wurde in den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre noch versehen, und wenn gleichzeitig keine leistungsstar- mit einer geringen Dringlichkeit gesehen: Prinzipiell ke ÖPNV-Anbindung der Siedlung realisiert wird.

— 117 — EINE GUTE ANBINDUNG AN DAS ÖPNV-NETZ IST EINE GRUND-BEDINGUNG DAFÜR, DEN PRIVATEN AUTOVERKEHR REDUZIEREN UND ÖFFENTLICHE RÄUME ATTRAKTIVER FÜR FÜSSGÄNGER UND RADFAHRER GESTALTEN ZU KÖNNEN.

Lessons learned einer breiteren Akzeptanz bei. Werden diese neuen Quartiere und Wohnungen nicht schnell mit leis- Integrierte Siedlungs- und Verkehrsentwicklung tungsfähigen, komfortablen und sicheren Angeboten als höchste Priorität beim Bau neuer Quartiere des Umweltverbundes verknüpft, besteht die Ge- fahr, dass das Wachstum Berlins zu einer Zunahme Ein primär auf eine autogerechte Anbindung aus- des Autoverkehrs führt und dass auf das Auto aus- gerichtetes Mobilitätskonzept für Stadtquartiere ist gerichtete Mobilitätsmuster zementiert werden. heute nicht mehr zeitgemäß und widerspricht den Kernforderungen an eine nachhaltige Stadtentwick- Mobilitätskonzepte als Voraussetzung für lung bzw. Zielen, die für Berlin beispielsweise in der den Bau neuer Quartiere begreifen Berlin Strategie 2.0 dargestellt sind.42 Zentrales Ziel muss es sein, die integrierte Siedlungs- und Ver- Stadtentwicklung und Verkehr. Gebraucht werden kehrsentwicklung konsequent weiterzuführen, d.h. Mobilitätskonzepte für die neuen Quartiere, die Quartiere, die neu entstehen oder stark nachverdich- darlegen, wie die Anbindung funktioniert und wie tet werden, schnell und effektiv an den öffentlichen nachhaltige Mobilitätsformen von Anfang an eine Nahverkehr und an andere Formen der nachhaltigen tragende Rolle in den Quartieren spielen, um zu Mobilität anzubinden. Eine leistungsfähige ÖPNV vermeiden, dass sich eine Orientierung aufs eigene Anbindung ist eine Kernvoraussetzung für eine ins- Auto aus Mangel an Alternativen „einschleift“. Priori- gesamt nachhaltige Entwicklung der Quartiere, denn tät sollten Quartiere erhalten, die über bestehende eine sehr gute Anbindung an das ÖPNV-Netz ist eine ÖPNV-Trassen angebunden werden können. Gleich- Grundbedingung dafür, den privaten Autoverkehr re- zeitig gilt es zu berücksichtigen, dass der Lebensstil duzieren und öffentliche Räume anders und attrakti- vieler Menschen, die in der äußeren Stadt wohnen, ver für Fußgänger und Radfahrer gestalten zu kön- stärker als in der inneren Stadt auf das Auto aus- nen. Viele der heute geplanten neuen Stadtquartiere gerichtet ist. Für viele Herausforderungen im Feld liegen nicht an verkehrsgünstigen – schienengebun- der nachhaltigen Mobilität, der Mischnutzung oder denen – Standorten. Dadurch bedarf es zusätzlicher der Umsetzung des Leitbildes der „Stadt der kurzen Infrastrukturmaßnahmen und neuer Straßen. Es Wege“ müssen hier innovative planerische Ideen und entstehen mehr Autoverkehr und damit verbundene Ansätze entwickelt werden, um eine nachhaltige Ent- zusätzliche Umweltbelastungen, Feinstoff und Lärm. wicklung der neuen Quartiere erzielen zu können.

Eine ÖPNV-Anbindung hingegen trägt erheblich Schulterschluss der Akteure zur Realisierung eines zur Attraktivität der Wohnsiedlungen und damit zu leistungsfähigen ÖPNV fördern

Planung, Finanzierung und Bau von leistungs- 42 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. (2016). starken ÖPNV Anbindungen der neuen Quartiere BerlinStrategie 2.0 – Mehr Berlin wagen! [Strategie]. Abgerufen 29. August, 2018, von http://stadtentwicklung.berlin.de/planen/stadtfo- betreffen viele Akteure: Die Stadt, die Wohnungs- rum/download/5stadtforum/SenStadtUm_BerlinStrategie2.0.pdf baugesellschaften, die BVG, aber auch private

— 118 — ES SOLLTE SELBSTVERSTÄNDLICH WERDEN, DASS DIE NEUEN QUARTIERE ALS MODELL- PROJEKTE EINER POSTFOSSILEN MOBILITÄT GEPLANT UND REALISIERT WERDEN.

Projektentwickler*innen. Erforderlich erscheint des- halb ein politischer Schulterschluss für die Planung und infrastrukturelle Anbindung neuer Quartiere. Bei dem Berliner Modell der kooperativen Bauland- entwicklung, das die Finanzierung und die Planung von neuen Wohnbauprojekten zwischen Senat, Be- Anbindung an den ÖPNV zirk und Projektentwicklern regelt, spielt das Thema verkehrliche Anbindung bislang nur eine untergeord- nete Rolle. Hier sollte geprüft werden, inwiefern pri- vate Projektentwickler*innen zukünftig in den Aus- und Neubau der Netze einbezogen werden können.

Nicht nur Baukosten, sondern auch Betriebskosten berücksichtigen (und bereitstellen)

Für den Bau der neuen Quartiere ist zu beden- ken, dass ein Tramlinienausbau weniger kostet als S-Bahn und U-Bahn Ausbau. Wichtig ist für die Planung und den Bau der neuen Quartiere * durchschnittliche Reisezeit zum Zentrum nicht nur die „Hardware“ der Infrastruktur, son- dern auch die „Software“. Denn langfristig ist zu gewährleisten, dass eine neue Tramlinie mit einer hohen Frequenz und verlässlich fährt.

Rad- und Fußverkehr sowie intermodale Hubs stärken

Biesdorf-Süd Aktuell und zukünftig gewinnt das Fahrrad an Bedeutung, durch die Elektromobilität steigt die Reichweite und auch E-Lastenräder rücken als Al- ternative zum Auto ins Blickfeld. Radschnellwege bieten die Möglichkeit, auch größere Distanzen zu Französisch-Buchholz überwinden. In den neuen Quartieren – aber auch in den Bestandssiedlungen aus den 1990er Jahren – braucht es neue Radwege, um Verknüpfungen und Schnellwegeverbindungen zum nächsten Knoten- punkt des öffentlichen Nahverkehrs anzubieten. Diesen „Missing Link“ zwischen neuen Quartieren

— 119 — Städtebauliche und sozialräumliche Defizite durch Bau- stopp in der Park- stadt Falkensee.

Durch Baustopp in der Parkstadt Falkensee sind Reserveflächen für den Weiterbau entstanden.

Geschosswoh- nungsbau an der Eldenaer Straße.

und bestehenden S- und U-Bahnhaltepunkten zu 6.7 FLEXIBILITÄT UND ANPASSUNGSFÄHIGKEIT schließen, erfordert geeignete Mobilitätskonzepte DER WOHNSIEDLUNGEN mit ortsspezifischen Lösungen. An den Verkehrs- knoten und in den Quartieren braucht es Mobili- Die Vorgeschichte der 1990er-Jahre-Siedlungen reicht tätshubs – Fahrradparkhäuser und -abstellplätze, zeitlich zum Teil weit zurück. In West-Berlin wur- Ausleihstationen für Lastenräder, Reparatur- und den einige bereits vor der Wende projektiert, nach Servicemöglichkeiten und selbstverständlich auch der Wende hat die Berliner Stadtplanung dann auch Car-Sharing-Angebote. Die öffentlichen Räume in in großem Umfang den Ostteil der Stadt in die Pla- den neuen Stadtquartieren sollten flexibel gestaltet nung neuer Stadtquartiere einbezogen. Als die Ein- sein, so dass im Laufe der Jahrzehnte, wenn der Be- wohner*innenentwicklung in der Stadt hinter den darf an Autos abnimmt, beispielsweise aus Parkplatz- Erwartungen zurückblieb, traf dies die neuen Stadt- streifen Abstellmöglichkeiten für Fahrräder oder quartiere mit voller Wucht. In dem dann entspannte- Grünstreifen entstehen können. Fuß- und Radver- ren Marktumfeld vermochten viele Wohnsiedlungen kehr sollten Vorrang haben und die Gestaltung sollte dem veränderten gegenüber Wettbewerbsdruck oft darauf ausgerichtet sein, dass Aufenthaltsqualität nicht vollumfänglich zu bestehen. Die Kombination und Sicherheit v.a. für Fußgänger*innen hoch ist. aus Randlagen und standardisierten Wohnungsan- Selbstverständlich sollte es werden, dass die neuen geboten (vgl. Kap. 3.2) mit meist innenstadtähnlicher Quartiere als Modellprojekte einer nachhaltigen, Geschossigkeit traf nur bedingt auf Akzeptanz. Zu groß postfossilen Mobilität geplant und realisiert werden. war die Auswahl an zentraleren Lagen bzw. günstigen Eigenheimstandorten am Stadtrand oder im Umland. Frühe Siedlungen konnten bei der Realisierung Vor- gaben an Dichte und städtebauliche Struktur eher

— 120 — 5.000 Geplante WOHNEINHEITEN Wohneinheiten 2.500 3.000 5.000 Realisierte 2.888 Wohneinheiten 2.300 Keine Daten über realisierte k.A. Wohneinheiten

KAROW NORD 1 Einheit = 100 Wohneinheiten 1.500 FRANZÖSISCH- k.A. 1.400 BUCHHOLZ 1.450 SIEDLUNG 2.300 1.600 FALKENHÖH 1.300 1.200 FALKENSEE PARKSTADT 731 k.A. 5.400 2.500 LANDSBERGER TOR STAAKENER FELDER ELDENAER STRASSE BIESDORF-SÜD 5.000 RUMMELSBURGER 1.350 272 BUCHT 272

525 RUNGIUSSTRASSE 500 1.500 2.300 200 1.600 2.800 PARKSIEDLUNG 2.765 SPRUCH GARTENSTADT RUDOWER FALKENBERG FELDER ALTGLIENICKE 2.500 2.433 KIRCHSTEIGFELD

Wohneinheiten Verhältniss von geplanten und realisierten Wohneinheiten in den untersuchten Siedlungen

erfüllen, wenngleich das noch keine Vermietung sich keine abgeschlossene Einheit bildete. Umgekehrt gewährleistete. Spätere Quartiere traf die sich ab- bieten diese Wohnsiedlungen bei erneutem Nachfrage- schwächende Nachfrage umso stärker. Es stellte anstieg Reserveflächen für den Weiterbau. Gleiches gilt sich die Frage, welche Möglichkeiten es im Rahmen für Siedlungen wie Karow-Nord oder Landsberger Tor/ der Planung der Wohnsiedlungen gab, damit um- Eisenacher Straße, in denen nur einzelne eingestreute zugehen. Zahlreiche Faktoren waren abzuwägen. Grundstücke bzw. Baufelder am Rand betroffen waren. War die Realisierung einer Siedlung noch nicht be- gonnen (z.B. Buch IV und V), konnte die Planung In der Parkstadt Falkensee (Baujahre 1993-1995) wurden eher zurückgestellt werden. War sie bereits begon- von den ursprünglich geplanten rd. 1.500 WE nur rd. nen, blieben die Varianten Baustopp und Liegen- 840 WE realisiert. Die alleinige Bauherr*in, die städ- lassen, Umplanung oder „Augen zu und durch“. tische Wohnungsbaugesellschaft Degewo, entschied sich während der Realisierung für Planänderungen, die Baustopp und Liegenlassen: letztendlich zu Baustopps in einigen Bauabschnitten führten. Während die Reihenhaussiedlung planmä- Eine Entwicklung wurde vollständig oder teilweise ge- ßig gebaut wurde, waren für den östlichen Teilbereich stoppt und Baufelder fielen brach. In Siedlungen wie Geschosswohnbauten geplant. Die veränderte Markt- Französisch-Buchholz, Falkensee, Teilen der Rummels- situation veranlasste die Bauherr*in 2005 zu einer burger Bucht, der Siedlung Falkenhöh oder der Neuen kleineren Parzellierung, einige Bauabschnitte blieben Gartenstadt Falkenberg führte der Stopp zu gewissen unvollendet. Neben den Baustopps gab es Umplanun- Fragmentierungen und teils fehlenden Übergängen gen von Geschosswohnungen zu Einfamilienhäusern. sowohl innerhalb der Siedlungen wie auch an deren Rändern. Die hieraus entstehenden städtebaulichen und sozialräumlichen Defizite wirkten dort beson- ders gravierend, wo sich das neue Quartier kaum in sein Umfeld einbettete und durch den Stopp auch in

— 121 — Umplanung zum Ein- familenhausstandort. Townhouses Schlachthof- gelände Eldenaer Straße.

Reihenhäuser in Biesdorf-Süd.

Einfamilien- haussiedlung in Biesdorf-Süd nach Umplanung.

Umplanung: auch bei den Reihenhäusern (Baubeginn 1997) blieb es bei einzelnen Blöcken (u. a. Bouwfonds Deutsch- Die ausbleibende Nachfrage betraf vor allem Geschoss- land GmbH, Wohnungsbaugesellschaft Hohenschön- wohnungen mit durchschnittlichen Standardqualitä- hausen, NCC Immobilien GmbH, Stadthaus GmbH). ten. Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern hingegen Selbst Reihenhäuser wurden in dieser Lage nicht war stabiler. Um einen Baustopp (in Teilen) zu vermei- ausreichend angenommen. Neben dem unwirtschaft- den, wurden Wohnsiedlungen wie die Rummelsburger lichen Ausstieg aus der Entwicklungsmaßnahme, Bucht, das Schlachthofgelände Eldenaer Straße oder u. a. durch die Refinanzierung von Vorleistungen in Biesdorf-Süd in Einfamilienhausstandorte umgeplant. die öffentliche Infrastruktur (Verlängerung der U5, Dies erlaubte einerseits eine Weiterentwicklung der S-Bahn), forcierte auch die Umstellung der Wohn- Siedlung, führte aber andererseits neben zeitlichen raumförderung auf Eigenheime im Rahmen der „Eigen- Verzögerungen auch zu Abstrichen bei der ursprüng- tumsstrategien 2000“ des Berliner Senats eine Um- lichen städtebaulichen Zielsetzung und zu Einbußen planung und Weiterentwicklung des Gebiets. Später bei der Wirtschaftlichkeit (z.B. überdimensionierte wurden weite Teile mit freistehenden Einfamilien- Straßen und Freiräume, geringere Geschossfläche). häusern bebaut, andere Baufelder für Geschosswoh- nungen werden erst jetzt sukzessive entwickelt. Auf dem Alten Schlachthofgelände wurden rd. 1.300 von ursprünglich geplanten rd. 2.300 WE realisiert. „Augen zu und durch“ Das Gebiet war schon damals infrastrukturell her- vorragend erschlossen, inklusive S-Bahn Anbin- Wohnsiedlungen wie das Landsberger Tor/Eise- dung. In den Jahren 1996-2006 haben die Bauher- nacher Straße oder Altglienicke wurden trotz ren GSW und GEHAG die Pläne an die veränderte der Marktveränderungen weitgehend wie ge- Marktlage angepasst. Da ein abrupter Ausstieg aus plant fertiggestellt, wenngleich es auch dort ein- der Entwicklungsmaßnahme unwirtschaftlich für zelne Brachen bzw. Umplanungen gab. die Stadt gewesen wäre, wurde die Realisierung in Die Planungen für das Gebiet Altglienicke sahen Form von Townhouses an die Nachfrage angepasst. eine Bebauung von rd. 2.500 WE vor. Durch die plan- mäßige Ausführung 1992 bis 1998 konnten 2.433 In Biesdorf-Süd sollten ursprünglich 5.000 WE bis WE realisiert werden. Begleitet wurde das Projekt 2010 gebaut werden. Mit zunächst nur 1.350 WE fiel durch ein verwaltungsinternes Koordinierungsins- der Umfang deutlich geringer aus. Eine Einstufung trument, dem sog. Leitplan. Die eigens für diesen des Gebiets als städtebauliche Entwicklungsmaß- Zweck gegründete LEITPLAN GmbH Altglienicke nahme im Jahre 1993 sollte die Umsetzung beschleu- sorgte für eine abgestimmte Entwicklung des Gebiets nigen. 1996 wurden die Teilbereiche unterschiedlich mit vereinfachten und beschleunigten Prozessen. priorisiert und zeitlich gestaffelt. Von den Geschoss- Die unterschiedlichen Strategien wurden entweder wohnungen wurden nur erste Gebäude fertiggestellt, einzeln für ein gesamtes Gebiet oder parallel je nach

— 122 — Diskrepanz zwischen Planung (Rot) und Realisierung (Beige)

Teilgebiet Parkstadt Biesdorf-Süd Falkensee

Baufeld angewendet. Das Vorgehen war v.a. von den mit einer hohen Lagegunst (zentral, attraktiv, gut an bisherigen Vorleistungen und finanziellen Zwängen den ÖPNV angebunden, Infrastruktur erreichbar) (z.B. Entwicklungsgebiete, fortgeschrittene Finanzie- die besten Entwicklungschancen gehabt. Erst mit rung durch Private), aber auch den Marktaussichten dem Wachstum der Stadt haben sich Lagebewertun- der Wohnsiedlungen und von der städtebaulichen gen verändert. So zeigt die Entwicklung der 1990er Planung abhängig. Teils erlaubte diese in sich abge- Jahre, dass einst weniger angenommene Lagen unter schlossene Quartiere innerhalb der Siedlungen für eine erneuten Phasen einer Marktanspannung relativ an spätere Entwicklung abzukoppeln, ohne dass dies die Attraktivität gewinnen können. Siedlungen wie die Gesamtqualität des neuen Quartiers erheblich beein- Rummelsburger Bucht oder das Schlachthofgelände flusste (z.B. Gartenstadt Falkenberg, Rudower Felder). Eldenaer Straße zählten damals in der Wahrnehmung eher zum Stadtrand bzw. einer „inneren Peripherie“. Heute gelten sie als zentral und sind hochbegehrt. Schlussfolgerungen

Planmäßige Ausführung Mit praktisch allen Varianten der Anpassung waren in Altglienicke - zwischen Einbußen - sowohl für die bauliche Umsetzung als auch 1992 und 1998 entstan- den 2.433 Wohnungen. für Prozesse - verbunden. Ursache waren nicht zuletzt Sachzwänge (z.B. rechtliche Bindungen, Finanzierung, Erschließung in Etappen). Es fehlte in den meisten Wohnsiedlungen der 1990er Jahre an zielgerichteten Möglichkeiten einer phasenhaften und flexiblen An- passung an veränderte Marktbedingungen, die von Beginn an mitgedacht wurden. Die Erfahrungen zei- gen, dass hierin eine der größten Herausforderungen für die Wohnsiedlungen und alle damit verbundenen Fragen der Planung und Projektentwicklung bestand – von der Stadttechnik bis zur Abwicklung von Pro- jektgesellschaften. Insbesondere die Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen entpuppten sich – neben allen Vorteilen – im Hinblick auf die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit teils als schwerfällige Hypothek mit hohem rechtlichem und finanziellem Aufwand.

Zunächst stellt sich die Frage nach einer Priorisierung neuer Standorte. Die Stadtquartiere in den 1990er Jahren waren das Ergebnis einer Priorisierung. Deren Volumen hatte sich jedoch gemessen an der tatsäch- lichen Marktentwicklung als zu hoch herausgestellt. Sie wurden daher mehr oder weniger parallel voran- gebracht. Aus Marktsicht hätten die Wohnsiedlungen Wohnungsbau in Altglienicke.

— 123 — Lessons learned: Die Akteurskonstellation hat entscheidenden Ein- fluss auf die Flexibilität. Einzeleigentümer*innen Prioritäten setzen, Lage berücksichtigen können am ehesten partiell und hintereinander pla- nen ohne Abhängigkeiten von anderen (Bsp. Kirch- Die Stadt hat sich weiterentwickelt und das Lage- steigfeld), bei wechselseitiger Planung mit mehreren gefüge hat sich verschoben. Auch Wohnsiedlungen Akteuren ist eine Planungsänderung schwieriger. wie die Rudower Felder oder Karow-Nord mit zeit- weise hohen Wohnungsleerständen werden unter den Zu prüfen wäre darüber hinaus, wie viel Potenzial und heutigen Marktanspannungen gut angenommen. Je Flächen in den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre noch größer der Nachfragedruck, desto höher ist die Kom- für den Bau neuer Wohnungen steckt. In einer Ber- promissbereitschaft bei der Standortwahl. Einer der gung dieser Potenziale könnte eine Win-Win-Situation besten Schutzmechanismen gegenüber zyklischen liegen: Neuer Wohnraum könnte geschaffen werden Marktschwankungen und gleichzeitig Garant für die und die Qualität der Siedlungen selbst würde gestei- Akzeptanz auch dichterer Quartiere ist eine mög- gert, etwa weil die Zahl der Bewohner*innen steigen lichst hohe Attraktivität einer Siedlung. Hierzu zählt und sich somit die kritische Masse für Einzelhandels- in hohem Maße auch ihre Lage. Um zum einen auch nutzungen verbessern würde oder weil Brach- und bei möglichen Marktveränderungen robust aufge- Restflächen städtebaulich gefasst werden würden. stellt zu sein und zum anderen die Ansprüche an eine urbane Dichte realisieren zu können, sollten daher diejenigen Standorte, die die höchste Lagegunst bie- 6.8 UNTERSCHIEDLICHE AKTEURSKONSTELLATIONEN – ten, mit Priorität entwickelt werden. Faktoren wie UNTERSCHIEDLICHE VOR- UND NACHTEILE Eigentumsverhältnisse, rechtliche oder technische Fragen sollten dem möglichst nachgeordnet werden. Bei der Entwicklung von Wohnsiedlungen kommt es zu einer Vielzahl an Entwicklungsaufgaben. Hier- Flexible Lösungen anstreben zu zählen Aufgaben der Steuerung, der Planung, der Umsetzung und anschließend der Bewirtschaftung. Auch innerhalb der Gebiete sollten gewisse Spielräu- Im Zeitverlauf umfasst dies zum Beispiel Bodenneu- me für flexible Anpassungen der Planung bestehen. ordnung, Grundstücksverkäufe, Wettbewerbe, Pla- Entsprechende Ansätze stellen jedoch hohe Anforde- nungsgrundlagen, Bürger*innenbeteiligung, techni- rungen. Zum einen gilt es, einen in sich stimmigen sche Infrastruktur, Erschließung, Projektentwicklung, Städtebau zu entwickeln, der bedarfsweise auf Teile der Bau, Vermarktung etc. Es entsteht ein außerordentlich Umsetzung (zunächst) verzichten oder diese zurück- komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Ak- stellen kann. Zum anderen besteht der Anspruch an teure und Zuständigkeiten sowohl auf horizontaler eine hohe Flächeneffizienz. Hier gilt es abzuwägen. (zwischen verschiedenen Organisationseinheiten) als Gleichzeitig bedeutet dies Herausforderungen sowohl auch auf vertikaler (innerhalb einer Organisations- auf ressortübergreifender Ebene als auch in den Quar- einheit) Ebene. Wie diese organisiert und umgesetzt tieren selbst. So bedarf es einer ressortübergreifenden werden, stellt eine der Herausforderungen bei der gemeinsamen Priorisierung und Abstimmung mit Planung und Realisierung von Wohnsiedlungen dar. anderen Fachplanungen (u.a. Verkehr, Infrastruktur, Anforderungen der Wohnungsbauförderung). Eben- Die neuen Stadtquartiere der 1990er Jahre wurden in so müssen Stadttechnik, Verkehr oder Infrastruktur ganz unterschiedlichen Akteurskonstellationen rea- auf neuen Wohnbauflächen zumindest teilweise par- lisiert. Die Bandbreite reicht von treuhänderischen zellierbar und sukzessive zu realisieren sein. Flexible Entwicklungsträgern in Verbindung mit Investor*in- Detaillösungen, wie zum Beispiel das gezielte Frei- nen (z.B. Eldenaer Straße, Biesdorf-Süd, Rummelsbur- halten von einzelnen Grundstücken durch Zwischen- ger Bucht), großen Einzelinvestoren (z.B. Parkstadt nutzungen (z.B. gemäß Amsterdamer Ansatz) sind aus Falkensee, Siedlung Falkenhöh, Biesdorf-Süd, Kirch- den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre nicht bekannt. steigfeld), ARGEs von Unternehmen (z.B. Französisch

— 124 — Kleinteiligkeit trotz hoher Dichte in der Gartenstadt Falkenberg.

Buchholz, Karow-Nord) bis zu genossenschaftlichen Träger*innen in überschaubarer Größenordnung (z.B. Britzer Damm, Gartenstadt Falkenberg). Die Gründe für die Vielzahl an Akteuren und Konstellationen lag Unterschiedli- zum einen an der hohen Anzahl an Vorhaben, die eine che Gebäude- Entwicklungsträger*in allein kaum zu stemmen in der typen und Dächerformen, Lage war. Zudem diente die Verteilung auf mehrere Karow-Nord. Akteure auch der Risikominimierung. Die verschiede- nen Akteursgruppen unterscheiden sich nicht zuletzt in ihrer Zielsetzung sowie ihren Rahmenbedingungen und Sachzwängen. So müssen institutionelle Entwick- ler*innen z.B. stärker renditeorientiert vorgehen und ihre Entscheidungsträger*innen agieren oft weit weg von den Gegebenheiten vor Ort. Bei privaten Ein- zelunternehmen ist das Vorgehen abhängig von der Unternehmensphilosophie und ihren Verwertungsin- Karow-Nord: Im Jahr 1992 wurde für das Gebiet Ka- teressen. Bleiben sie zum Beispiel Bestandshalter*in- row-Nord ein städtebaulicher Rahmenvertrag auf- nen und haben daher ein langfristiges Interesse? Sind gesetzt. Dieser regelte den Bau von 5.000 Wohnun- sie im Eigentumssegment tätig und ihr Interesse gilt gen durch die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) aus der neben einer zügigen Vermarktung auch einem lang- privaten Unternehmensgruppe Groth & Graalfs, der fristig guten Ruf in der Region? Oder veräußern sie die städtischen Gemeinnützige Heimstätten AG (Gehag), Wohnungen im Blockverkauf an institutionelle An- Wohnungsbaugesellschaft Weißensee (WBG) und leger*innen? Entsprechend groß ist die Bandbreite des Süba. Hauptinvestor war Groth & Graalfs. Planung Akteursspektrums und ihrer Herangehensweisen. und Realisierung wurden sehr zügig umgesetzt. Neue Gartenstadt Falkenberg: Die Flächen in direk- Biesdorf-Süd: Mit Ausnahme von zwei größeren Flä- ter Nachbarschaft der von Bruno Taut entworfenen chen im Besitz von Investor*innen befand sich der Gartenstadt Falkenberg gehören bereits seit Beginn Großteil des Gebiets von Biesdorf-Süd im Besitz der des 20. Jh. der Berliner Bau- und Wohnungsgenos- öffentlichen Hand. Im Jahr 1994 wurde die „Deutsche senschaft von 1892. Die Planung für die Neue Gar- Bau- und Grundstücks-AG (BauGrund)“ als treuhän- tenstadt Falkenberg wurde bereits 1992 mit einem dische Entwicklungsträgerin des Landes Berlin be- städtebaulichen Wettbewerb beschlossen. Zu Beginn auftragt. Ab 1997 hat diese Grundstücke veräußert. hat jedoch lediglich das Petruswerk 50 Eigenheime Die Baufelder wurden über Investor*innenenbie- errichtet. Erst 2010, als die Trendwende am Markt terverfahren vergeben. Die Opus GmbH und Rewe abzusehen war, griff die 1892 eG die Planungen wie- AG waren mit dem Bau eines Stadtteilzentrums mit der auf. Seitdem baut sie dort in verschiedenen Ab- Handel beauftragt, sprangen jedoch im Jahr 1998 schnitten sehr erfolgreich neben einzelnen Reihen- aufgrund von Marktunsicherheiten ab. 1999 wurde häusern zur Miete vor allem Mehrfamilienhäuser. der Zuschlag an die Grundstücksentwicklungsgesell- schaft H. H. Göttsch KG in Zusammenarbeit mit der Projektentwicklungsgesellschaft Elsterwerdaer Platz Schlussfolgerungen mbH vergeben. Während die ersten Bewohner*innen bereits ihre Häuser bezogen, war der Baubeginn für Mit jeder Akteurskonstellation sind spezifische Vor- das Handelszentrum für das Jahr 2000 geplant. Der und Nachteile verbunden. So liegen z.B. bei Entwick- Bau einer ersten von insgesamt fünf geplanten Kin- lungsgesellschaften hohe rechtliche und finanzielle dertagesstätten begann 2000. 2007 hat der Senat das Sachzwänge vor. Eine große Einzelinvestor*in kann Entwicklungsrecht für Biesdorf-Süd aufgehoben. einerseits eine gebündelte Steuerung aus einer Hand bieten und partiell und flexibler reagieren, bedeutet

— 125 — Großförmige Struktur in Altglienicke.

Breite Straßen und gleichförmige Gebäude- fassaden in der Siedlung Landsberger Tor.

Wiederholung städtebaulicher Struktur und architektoni- scher Elemente, Rummelsber- ger Bucht.

Gleichförmige Gebäudekörper und lange Sichtachsen in der Siedlung Falkenhöh. aber andererseits auch eine hohe Abhängigkeit von Klare Aufgabenteilung und Zuständigkeiten definieren einem „Player“ (Qualität, Finanzkraft etc.). Han- delt dieser innovativ und vorausschauend, kann dies Die Erfahrungen zeigen, dass im Idealfall möglichst vie- ein Gewinn sein (z.B. Karow-Nord, Kirchsteigfeld), le Vorteile spezifischer Akteure genutzt werden sollten. kommt es zu Defiziten, konzentrieren sich diese aber So haben sich klare und gebündelte Zuständigkeiten, im Negativfall. Die Genossenschaften in den Sied- auch bei Verwaltung und Politik generell bewährt. Für lungen 1990er Jahre wiederum boten beispielsweise eine zügige und integrierte Umsetzung bedarf es einer eine vergleichsweise große Nähe zu Nachfragebedürf- ressortübergreifenden und konzertierten Steuerung. nissen, was sich in ihren Wohnsiedlungen bis heute Auf der Eigentümer*innenseite trägt eine Akteursviel- zeigt. Auch führen dort kurze Entscheidungswege und falt dann zu lebendigen und vielfältigen Quartieren kaum konkurrierende Interessen innerhalb der Ge- bei, wenn die unterschiedlichen Akteure aktiv eigene nossenschaft zu einer sehr hohen Anpassungsfähig- Ansätze einbringen und umsetzen (können). Hier be- keit. Ähnlich verhält es sich bei anderen Akteuren, darf es nicht zuletzt flexibler Verfahren (z.B. Wettbe- deren interne Struktur überschaubar und agil ist. werbe, Konzeptvergaben, Anhandgaben). Gleichwohl sind mit einer Vielzahl an Bauherr*innen auch Nach- Lessons learned: teile verbunden. So steigt in der Regel die Rentabilität einer Investition, je höher die standardisierte Stück- Befindet sich eine Fläche im Eigentum des Landes Berlin, zahl ist. Auch kann es zu längeren Entwicklungszei- stellt sich zunächst die Frage nach der Organisations- ten und aufwendigeren Abstimmungen kommen. form für Steuerung, Planung und Realisierung. In den untersuchten Wohnsiedlungen der 1990er Jahre wurden 6.9 STÄDTEBAULICHE UND ARCHITEKTONISCHE hierfür u.a. Entwicklungsgesellschaften eingerichtet. Der UMSETZUNG Vorteil liegt zum einen in der gebündelten Zuständig- keit und den umfangreichen Steuerungsmöglichkeiten. Die Planung neuer Stadtquartiere stand damals wie Zum anderen kann eine solche Treuhänder*in als eigene heute vor der Herausforderung, ein neues Stück Stadt Organisationseinheit meist etwas agiler handeln als eine zu schaffen, das langfristig hohe Qualitäten bie- Verwaltung und eine bündelnde Funktion auch z.B. für tet und eine Bereicherung für die Stadt darstellt. Bei die beteiligten Fachressorts und Bauherren bilden. Gleich- den Siedlungen der 1990er Jahre war es das Ziel, ge- zeitig sind hiermit Risiken verbunden. Hierzu gehören mischt genutzte dichte Vorstädte bzw. Wohnsied- beispielsweise hohe Vorleistungen der öffentlichen Hand. lungen zu schaffen. Sie sollten Quantitäten schaffen, Auch unterliegen die entsprechenden Projekt- bzw. Ent- nicht aber die Fehler der Großsiedlungen bege- wicklungsgesellschaften in hohem Maße den Vorgaben hen oder den monostrukturellen Siedlungsbau der und Rahmenbedingungen seitens Politik und Verwaltung. 1920er Jahre kopieren. In seinen Thesen formulierte

— 126 — THEMATISCHE KARTEN Verfahren

INSTRUMENTE Städtebauliche Machbarkeitsstudie

Städtebauliches Gutachterverfahren

Städtebaulicher Wettbewerb

KAROW NORD Qualitätsichernde FRANZÖSISCH- Instrumente BUCHHOLZ Städtebauliches Konzept

Städtebaulicher FALKENSEE Rahmenplan PARKSTADT SIEDLUNG FALKENHÖH Gestaltungs- richtlinien LANDSBERGER TOR STAAKENER Rechtsverbindliche FELDER Instrumente ELDENAER STRASSE Städtebauliche BIESDORF-SÜD Entwicklungsmassnahme RUMMELSBURGER Städtebaulicher BUCHT Vertrag

RUNGIUSSTRASSE

PARKSIEDLUNG SPRUCH

GARTENSTADT RUDOWER FALKENBERG FELDER ALTGLIENICKE

KIRCHSTEIGFELD

Instrumente zu VerfahrenPlanung und Realisierung Qualitätsicherndeder Rechtsverbindliche Instrumente Instrumente untersuchten SIedlungen Städtebauliche Städtebauliches Städtebauliche

Hans Stimmann damals u.a. das Ziel, eine archi- in die Umgebung weiter hemmt. Beispiele hierfür tektonische Differenzierung zur Identifikation der finden sich in weiten Teilen der Siedlung Falken- Bewohner*innen mit ihrem Gebäude (bis maximal höh, in Teilen von Altglienicke, in der Rummelsbur- vier Geschosse plus Dachgeschoss) zu erzeugen. ger Bucht oder in Teilen der Parkstadt Falkensee. Aus den Wohnsiedlungen ist eine große Bandbrei- te an städtebaulichen und architektonischen Lö- Andere Wohnsiedlungen der 1990er Jahre legen städ- sungen hervorgegangen. Sie lassen sich grob auf tebaulich Wert auf Kleinteiligkeit bzw. heterogenere zwei Ebenen beziehen: Städtebau und Architektur Einheiten. Wenngleich sich auch diese neuen Siedlun- zum einen, Gestaltung der Fassaden, Erdgeschoss- gen nicht immer auf ihre Umgebung beziehen, bilden zonen und hausnahen Bereiche zum anderen. sie in sich stärker den Charakter von Unverwechsel- barkeit und Individualität. Hierzu zählen beispiels- Städtebauliche Umsetzung weise die Neue Gartenstadt Falkenberg, Karow-Nord, das Kirchsteigfeld oder die Parksiedlung Spruch. In vielen der Siedlungen sind, gemäß dem Anspruch an die damaligen neuen Vorstädte, großförmige Struk- Architektonische Umsetzung und hausnaher Bereich turen entstanden. Vielfach handelt es sich um die Wiederholung gleichförmiger städtebaulicher For- Neben dem Städtebau haben die architektonische Ge- men, Raumstrukturen und Gebäudetypen mit brei- staltung und die Gestaltung des hausnahen Bereichs ten Straßen, langen Sichtachsen und gleichförmigen entscheidenden Einfluss auf die Aufenthaltsquali- Gebäudefassaden. Es gibt kaum identitätsstiftende tät, die Nutzungsqualität und die Identitätsbildung Mikronachbarschaften, in denen mehrere Aufgän- im Quartier. Hier handelt es sich um die Räume, die ge ein Cluster bilden, die aufeinander bezogen sind, Bewohner*innen und Nutzer*innen auf Augenhöhe kommunikationsfördernde Räume schafft und Ano- wahrnehmen, erleben und nutzen. Auch hier zei- nymität mindert. Auch sind Orte für unterschiedliche gen die Wohnsiedlungen der 1990er Jahre eine große Milieus nicht zu erkennen und die Wohnsiedlungen Bandbreite. Verschiedene Siedlungen, wie die Garten- unterbrechen häufig die umgebende Siedlungs- stadt Falkenberg, das Kirchsteigfeld oder die Sied- struktur, was die sozialräumlichen Verflechtungen lung Falkenhöh bieten nicht nur unterschiedliche

— 127 — Hausnahe sichere Nutzungsqualitäten Spielmöglichkei- im hausnahen, halb- ten in Altglienicke. öffentlichen Bereich, Gartenstadt Falkenberg.

Grüne Wegever- bindungen an der Siedlungskante in der Siedlung Staakener Felder.

Gebäudetypen, sondern vor allem sehr differenzierte Schlussfolgerungen: Qualitäten und Nutzungsoptionen im Erdgeschoss und im hausnahen Bereich. Dies führt dazu, dass Menschen Ein heterogener, kleinteiliger Städtebau und eine diese Flächen nutzen und beleben. Es wird aber auch architektonische Vielfalt fördern Nutzungsqualitäten deutlich, dass vielfältige architektonische Lösungen in den Wohnsiedlungen und damit die Identifizie- und ein gelungener hausnaher Bereich mit vielfältigen rung der Bewohner*innen mit ihrem Wohnstandort. Nutzungsmöglichkeiten auch dort noch identitätsför- In einigen 1990er-Jahre-Siedlungen haben ein spe- dernd wirken kann, wo der Städtebau dies noch hemmt. zifischer Städtebau und architektonische Elemente So wirken beispielsweise in Altglienicke großzügi- dazu beigetragen, dass unverwechselbare Quartiere ge private Freiflächen (inkl. Gärten im Erdgeschoss), entstanden sind. Es ist hier gelungen, einen Massen- autofreie grüne Wegeverbindungen und hausnahe charakter zu vermeiden und Nachbarschaftsbildung (auch spontane) Spielmöglichkeiten und umfangrei- und Belebung zu fördern (vgl. Kap. 5.5.1). Als unter- che Freiräume innerhalb der Siedlung einem Massen- stützend erweisen sich ein vielfältiger und identitäts- charakter entgegen. Dort entstehen Aneignungs- und bildender Städtebau, abwechslungsreiche Architektur Kommunikationsräume für die Bewohner*innen. Auch und konkrete Nutzungsoptionen am Haus und im in der Siedlung Staakener Felder ist es z.B. trotz nur hausnahen Bereich (z.B. Eingangsbereich mit Abstell- geringer Differenzierung im Städtebau durch Gliede- fläche und Bank zum Verweilen, halbprivate Grün- rungen und Höhenabstufungen zwischen öffentlichem, und Freiflächen mit Spielmöglichkeiten im hausnahen halbprivatem und privatem Raum gelungen, eine teils Bereich, Fläche zum Rad reparieren in Eingangsnähe sehr hohe Privatheit und gute Nutzungsmöglichkeiten etc.). Hinzu kommen, wo möglich, Erdgeschosse mit zu erreichen. Ähnliches gilt für die Rudower Felder. weiteren Nutzungsmöglichkeiten außer Wohnen.

Für den öffentlichen Raum wenig belebend wirkt Lessons learned: hingegen eine strikt auf das Blockinnere orien- tierte Öffnung von Gebäuden und hausnahem Be- Robuste Lösungen mit Überraschungs- reich. Sie schirmen sich von der Umgebung ab. So momenten ermöglichen wirken beispielsweise Straßenzüge der ersten Bau- abschnitte in der Rummelsburger Bucht (Haupt- Beim Städtebau gilt es Lösungen zu finden, die ro- straße) anonym, Menschen sind dort kaum sichtbar. bust für Veränderungen und Anpassungen sind und Gleiches gilt beispielsweise für die Teile der Was- gleichzeitig die beschriebenen identitätsbildenden serstadt Oberhavel (u.a. Havelspitze, Maselake). Qualitäten schaffen. Die Planung sollte bereits die Grundzüge eines stärker gewachsenen Städtebaus vor- geben, der die Entstehung von Clustern und Mikro- nachbarschaften fördert. Lange, gleichförmige Sicht- achsen wirken anonymer als beispielsweise versetzte und mit Entdeckungs- und Überraschungsmomenten versehene Wohnsiedlungen, die Rückzugsorte und Nischen für unterschiedliche Zielgruppen bieten.

— 128 — Anonymer Straßenzug in der Wasserstadt Oberhavel.

Kleinteilige Struktur durch vielfältige Architektur schaffen

Die konkrete Umsetzung ist immer auch abhän- gig von der Bauherr*in und ihrer Fähigkeit, sich in die Sichtweise der zukünftigen Nutzer hineinzu- denken oder den Austausch noch in der Planungs- phase zu suchen. Das Risiko einer standardisierten und monostrukturierten Gestaltung ist umso höher, je weniger Bauherr*innen und Architekt*innen eine große Anzahl an Wohneinheiten errichten. Aller- dings zeigen Wohnsiedlungen wie das Kirchsteig- feld, Karow-Nord, die Gartenstadt Falkenberg oder der Britzer Damm, dass selbst bei einzelnen größeren Investoren kleinteilige Strukturen geschaffen werden Innenhof mit beschränkter Aufenthaltsqualität in der können, wenn diese sie bewusst umsetzten. So hat Wasserstadt Oberhavel. die Groth Gruppe im Kirchsteigfeld aus diesem Grund insgesamt rund 80 Architekt*innen eingebunden.

Die Aufteilung der Baufelder sollte so erfolgen, dass sie eine Vielfalt an Bauherr*innen und architekto- Erlebbare und aneignungsfähige woh- nischen Lösungen im Gesamtgebiet fördert. Dies nungsnahe Flächen schaffen bedeutet nicht, dass einzelne Projekte nicht auch blockweise entstehen können. Gerade bei gemein- Mindestens ebenso wichtig wie die Planung stellt schaftsorientierten oder anderen spezifischen Kon- sich die konkrete Umsetzung auf Ebene der Blöcke zepten, aber auch aus Wirtschaftlichkeitsgründen und Gebäude dar. Hier eröffnen sich sehr umfassen- kann dies zum Teil sinnvoll sein. Aber auch dort de Möglichkeiten, Räume für die Alltagsnutzung zu sollte ein Beitrag zu vielfältigen Lösungen im Quar- gestalten und anzubieten. Dazu zählen sämtliche tier erkennbar sein und sie sollten immer wieder Tätigkeiten im Alltag (vom Fahrrad abschließen über durch kleinteilige Parzellen unterbrochen werden. Müll wegbringen, Kinder spielen, Paket deponieren, ausruhen, auf Bank verweilen etc.) bis hin zu Or- Für heutige Entwicklungen gilt es, einen ausgewoge- ten für sonstige Treffoptionen (z.B. Grillen, Kinder- nen Weg für eine nachhaltige Mischung zu erzielen. geburtstag draußen, Yoga im Freien). Dort, wo diese Hunderte Wohnungen aus einer Hand sollten ver- Orte im Alltag angenommen werden, fördert es Bele- mieden werden. Dort, wo dies dennoch erforder- bung und Identität mit der Nachbarschaft. Die Er- lich ist, gilt es Wege zu finden, um eine Vielfalt (z.B. fahrungen zeigen, dass selbst ein groß strukturierter Fassaden, Gebäudetypologien, Freiräume, Wohnungs- Städtebau durch eine gelungene Gestaltung des un- grundrisse) sowie eine gestalterische und nutzungs- mittelbar erlebbaren Raums aus der Fußgängerpers- spezifische Differenziertheit zu gewährleisten. pektive in hohem Maße kompensiert werden können.

Kleinteiligkeit vs. Gleichförmigkeit

Kirchsteigfeld Landsberger Tor

— 129 — 6.10 BILDUNG VON NACHBARSCHAFTEN DURCH In Wohnsiedlungen der 1990er Jahre zeigt sich eine STÄDTEBAULICHE ELEMENTE große Bandbreite an städtebaulich-räumlichen Struktu- ren und architektonischen Lösungen, die – teils un- Als große neue Stadtquartiere standen die Wohngebie- bewusst – eine Nachbarschaftsbildung mit fördern. te der 1990er Jahre vor der Herausforderung, sich zu Dazu zählt beispielsweise Orten des Zusammenlebens zu entwickeln, in denen Nachbarschaften entstehen können. In der Planung » die Anordnung von Wohngebäuden, sodass kleinere und Umsetzung der Wohnsiedlungen fand das Thema Cluster entstehen (z.B. Parksiedlung Spruch, Ka- Nachbarschaftsbildung – wie es bundesweit damals row-Nord, Kirchsteigfeld, Gartenstadt Falkenberg), dem Zeitgeist entsprach – wenig Beachtung. Nur in einzelnen Siedlungen wurde es als gesondertes Aufga- » die Gliederung der privaten, halb-öffentlichen und benfeld behandelt. Nach den damals vorherrschenden öffentlichen Räume (z.B. Neue Gartenstadt Falken- Vorstellungen war die Entstehung von Nachbarschaf- berg, Karow-Nord), ten als soziales Gebilde mehr oder weniger selbster- füllendes Ergebnis einer fachgerechten Planung. » identitätsbildende baulich-räumliche Elemente, wie z.B. individuell gestaltete Block-Innenhöfe und Grundvoraussetzung für die Entstehung einer Nachbar- unterschiedlich gestaltete Parks (z.B. Karow-Nord, schaft ist die räumliche Nähe von Menschen in einer Staakener Felder), Wohnumgebung.43 Für viele Menschen sind soziale und nachbarschaftliche Kontakte im Wohnquartier » Gestaltung der hausnahen Freiflächen für viel- ein Grundbedürfnis und ein wichtiges Kriterium für fältige Nutzungsmöglichkeiten (z.B. Parksiedlung Wohn- und Lebensqualität.44 Was eine „gute“ Nach- Spruch) sowie barschaft ausmacht, lässt sich jedoch nicht pauschal sagen. Die Anforderungen der Menschen unterschei- » Freiräume und Orte, die Aneignungs- und Kommu- den sich stark und hängen vor allem von der Lebens- nikationsmöglichkeiten bieten (z.B. Altglienicke, phase und individuellen Präferenzen ab. Die Spanne Neue Gartenstadt Falkenberg, Britzer Damm/Run- reicht von einem unverbindlichen Nebeneinander, giusstraße) (siehe auch Kap. 5.4.3). über freundlich-distanzierten Umgang und gelegent- liche Unterstützung im Alltag bis hin zu gemeinsamer Freizeitgestaltung und freundschaftlichen Kontakten. Die Parksiedlung Spruch wurde beispielsweise bewusst in insgesamt neun kleine Nachbarschaften gegliedert. In der Fachliteratur hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, Jedes Nachbarschafts-Cluster besteht aus sechs bis 11 dass baulich-räumliche Bedingungen und sozialräum- Wohngebäuden, die jeweils um einen autofreien Wohn- liche Gegebenheiten in Wohnquartieren für die Bildung hof, an dem sich die Hauseingänge befinden, gruppiert sozialer Beziehungen hinderlich oder aber förderlich sein sind. Die einzelnen Cluster sind durch Wohnwege und können. Es ist möglich, das Nachbarschaftsverhalten in Trampelpfade stellenweise miteinander verbunden. In Wohngebieten durch die baulich-räumliche Struktur zu den rückwärtigen Bereichen grenzen private Gärten der beeinflussen. So können die räumliche Struktur und Ge- Erdgeschoss-Wohnungen jeweils an einen halböffent- staltung des Wohnumfeldes zur Nutzung des öffentlichen lichen Grünzug, teils mit Spielflächen oder Biotopen Raums und zur Aneignung des Wohnumfeldes anregen gestaltet. Entstanden ist ein kleinteiliges, überschau- und die Kontaktaufnahme von Nachbar*innen erleichtern. bares Wohngebiet. Die Freiflächen in den Wohnhöfen bieten vielfältige Nutzungsoptionen wie z.B. spielen 43 Siebel, W. (2009). Ist Nachbarschaft heute noch möglich? In D. Ar- oder Fahrrad reparieren, und fördern die soziale Inter- nold (Hrsg.), Nachbarschaft (S. 7–13). München: Callwey Verlag. S.11 aktion einer überschaubaren Anzahl an Nachbar*in- 44 vgl. Rohr-Zänker, R., & Müller, W. (1998). Die Rolle von Nachbar- schaften für die zukünftige Entwicklung von Stadtquartieren. Expertise nenn. Aufgrund der modularen Bauweise ist die Vielfalt im Auftrag der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raum- an Gebäudetypen groß. Kein Wohnhof gleicht des- ordnung. Oldenburg: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung. halb dem anderen, sodass ein heterogenes Ensemble

— 130 — Stelltafel mit Lageplan und Informationen zum archi- tektonischen Konzept in der Parksiedlung Spruch.

Wohnhöfe in der Parksied- lung Spruch.

entstanden ist. Hierdurch entfaltet sich ein Charakter der Unverwechselbarkeit und stärkt damit die Identi- fikation der Bewohner*innen mit dem Wohnstandort.

In Karow-Nord war die Unterstützung sozialer Be- ziehungen und die Schaffung einer identitätsstiften- den Umgebung Bestandteil der Planung. In bewuss- zum Einkaufen hier vorbeikommen. Der Ort hat sich ter Abkehr von den Großwohnsiedlungen der 1960er aufgrund der Lage und Eigenschaften zu einem Treff- und 1970er Jahre war es das Ziel, ein Wohnquartier zu punkt für Kinder, Jugendliche und Familien aus der schaffen, das „eine intersoziale und intergenerative Siedlung entwickelt und wirkt kommunikationsför- Nutzung gewährleistet.“ Dies sollte durch leitende cha- dernd. Zudem bietet der Platz durch Sitz- und Abstell- rakteristische Gestaltungsprinzipien wie die klare Glie- möglichkeiten ein gewisses Maß an Aneignungsmög- derung und Gestaltung von privaten und öffentlichen lichkeiten. So treffen sich Schulkinder hier nach der Räumen gesichert werden. In Karow-Nord und bei- Schule und deren Eltern kommen nach Schulschluss spielsweise auch in der Siedlung Staakener Felder sind dazu, um sich mit anderen Eltern auszutauschen. die Räume so gegliedert, dass ein hohes Maß an Privat- heit und gleichzeitig vielfältige Nutzungsmöglichkei- ten für Bewohner*innen und Nutzer*innen entstanden Schlussfolgerungen sind. In einigen Wohnsiedlungen wie z.B. Staakener Felder, Neue Gartenstadt Falkenberg, sind die privaten, Die Herausforderungen, vor denen neue Wohnsiedlun- halb-öffentlichen und öffentlichen Bereiche in kommu- gen im Hinblick auf eine Nachbarschaftsentwicklung nikative Block-Innenbereiche, Gemeinschaftsflächen stehen, sind vielfältig. Die Siedlungen unterscheiden teils mit Spielgeräten, Bänken und Ruhebereichen so- sich hinsichtlich der Bewohner*innenstruktur und ihrer wie Freiflächen unterteilt. Anforderungen an eine intakte Nachbarschaft. Nach- Dies ist durch städtebauliche und gestalterische Ele- bar*innen, die wenig Zeit in ihrem Quartier verbrin- mente wie Bepflanzungen, Höhenunterschiede oder gen, erleben das dortige Miteinander zum Beispiel weit Durchwegungen gelungen. Großer Wert wurde in weniger intensiv als solche, deren Aktionsradius sich einigen Siedlungen auf die Vielfalt in Bezug auf Grö- zu einem großen Anteil auf das Quartier konzentriert. ße und Charakter von Plätzen und Höfen innerhalb Nachbar*innen ähnlicher Milieus werden Nutzungs- einer Siedlung gelegt, um die Identifikation der Be- konflikte leichter zu vermeiden wissen als solche, deren wohner*innen mit ihrem direkten Wohnumfeld zu Gewohnheiten und Alltagsabläufe diametral entgegen- erhöhen und Orientierung zu geben (z.B. individuell laufen. Es hat sich gezeigt, dass eine intakte Quartiers- gestaltete Innenhöfe in Staakener Felder, Karow-Nord). entwicklung und ein nachbarschaftliches Miteinander durch geeignete Rahmenbedingungen befördert werden In der Siedlung Britzer Damm/Rungiusstraße hat sich kann. Dabei ist auf eine Balance zwischen dem Anteil ein öffentlicher Spielplatz zu einem zentralen Kommu- privater Freiflächen und öffentlich nutzbarer Freiflächen nikationsort entwickelt. Der Platz liegt im Zentrum zu achten, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass auch der Siedlung an der Hauptachse und Wegkreuzung, private Gärten der Pflege nachbarschaftlicher Beziehun- sodass Nachbar*innenn auf dem Weg nach Hause oder gen und als Kommunikations- und Trefforte dienen.

— 131 — Unterschiedliche Gestaltung der Innenhöfe, Staakener Felder.

Zonierung der Blockinnenbereiche in priva- te Gärten und kommunikative Gemeinschafts- flächen, Gartenstadt Falkenberg.

Spielplatz an den Haupt- wegen: Zentraler Treff- punkt im Quartier Runguis- straße/ Britzer Damm.

Lessons learned:

Identität durch überschaubare und ab- Bedarfe der Nutzer*innen konzeptionell berücksichtigen wechslungsreiche Quartiere schaffen Der Nutzen einer intakten Nachbarschaft in der Stadt- Überschaubare Nachbarschafts-Cluster bilden für die entwicklung steht außer Frage. Je nach Haushaltstyp, Bewohner*innen einen direkten Bezugsraum, mit dem Alter und Milieu sind die Anforderungen an Nach- sie sich leichter identifizieren als mit einem großen barschaft sehr unterschiedlich. Die entsprechende Kontinuum. Eine höhere Identität hat zahlreiche Vor- Konzeptentwicklung entlang der Bedarfe sollte fester teile. Sie fördert u.a. die soziale Kontrolle und die Acht- Bestandteil der Konzeption und Planung eines neuen samkeit im Umgang mit anderen Bewohner*innen, der Stadtquartiers sein. Das können beispielsweise Quar- Bausubstanz und dem Wohnumfeld. Hierzu tragen eine tierskonzepte für Jung und Alt sein, die auf abnehmen- klare innere Gliederung z.B. durch eine Strukturierung de Unterstützungssysteme in der Familie und Armut in private, halb öffentliche und öffentliche Bereiche und im Alter abzielen, kreative Milieus in Verbindung mit deren ausgewogene Verteilung sowie die sorgfältige Arbeitsräumen oder Nachbarschaften zur gezielten För- Gestaltung der jeweiligen Übergangszonen bei. Auch derung von Integration. Diese und weitere Anforderun- ein „Abwechslungsreichtum in Grund- und Aufriss“ gen haben sich gegenüber den 1990er Jahren verändert. erleichtert ein Zurechtfinden und fördert gleichzeitig den individuellen Charakter eines Quartiers.45 Zufällige Gleichwohl kann es durch eine entsprechende bau- Begegnungen können so befördert und Räume für ge- liche Planung keine Garantie für funktionierende meinsame Aktivitäten zur Verfügung gestellt werden. Nachbarschaften geben. Nachbarschaft lässt sich nicht verordnen, planen oder gar erzwingen. Wenn 45 Vgl. Schnur, O. (2000). Nachbarschaft, Sozialkapital & Bürger- die entsprechenden Rahmenbedingungen jedoch engagement: Potenziale sozialer Stadtentwicklung. Arbeitsberichte nicht vorhanden sind, ist die Wahrscheinlichkeit, Humboldt Universität zu Berlin, 48, S.44 dass sie sich positiv entwickeln, umso geringer.

— 132 — FINANZIERUNG frei öffentlich finanziert gefördert 15% 20%

85%

80% KAROW NORD FRANZÖSISCH- BUCHHOLZ 25% k.A. 39,6% 75% FALKENSEE SIEDLUNG PARKSTADT FALKENHÖH 26% 60,4% 21% LANDSBERGER TOR 74% STAAKENER 25% FELDER ELDENAER 79% STRASSE BIESDORF-SÜD 75% 10,4% RUMMELSBURGER BUCHT

89,6% 100% RUNGIUSSTRASSE k.A. 37% k.A. PARKSIEDLUNG SPRUCH 26,5% 63% GARTENSTADT RUDOWER FALKENBERG FELDER ALTGLIENICKE 35% 73,5%

KIRCHSTEIGFELD 65%

Finanzierung

Finanzierung der unter- suchten Siedlungen

6.11 ERFOLGREICHE QUARTIERSENTWICKLUNG DURCH Baufelder wurden nie realisiert. Eigentumsformen VIELFÄLTIGE EIGENTUMSFORMEN, BAUHERR*INNEN UND spielten fast nur in Form von Eigenheimen in einigen BAUTYPOLOGIEN Wohnsiedlungen eine Rolle. Das galt jedoch vor allem bei marktbedingten Umplanungen (vgl. Kap. 5.4.1). Bei den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre stand Eigentumswohnungen gab es kaum, Ausnahmen waren der Mietwohnungsbau im Mittelpunkt. Hauptbau- z.B. einzelne Objekte in der Rummelsburger Bucht. herr*innen des Mietwohnungsbaus waren private Unternehmen und städtische Wohnungsunterneh- Die Siedlungen richteten sich an ein breites Publi- men. Genossenschaften waren nur als Entwickler*in kum, das kaum näher spezifiziert wurde. Sowohl die eigener Grundstücke vorhanden. Der Schwerpunkt Konzepte als auch die Öffentlichkeitsarbeit sprach auf Mietwohnungen hatte sowohl mit planerischen zwar von verschiedenen Zielgruppen, diese wur- Zielsetzungen zu tun (Mieterstadt Berlin) als auch den jedoch fast ausschließlich nach unterschied- mit Finanzierungsmodellen (z.B. Fonds und ande- lichen Altersgruppen und Haushaltstypen unter- re institutionelle Anleger*innen). Entsprechend der schieden. Die Differenzierung erfolgte vor allem damaligen Förderpolitik (vgl. Kap. 3.2.1.2) waren die anhand unterschiedlicher Wohnangebote, darunter Mietwohnungen zu einem hohen Anteil öffentlich zum Beispiel Reihenhäuser für Familien und kleine- gefördert. Bei mehr als der Hälfte der untersuchten re Geschosswohnungen für ältere Menschen. „Durch Wohnsiedlungen lag er bei über 50 %, teilweise bis eine Mischung verschiedener Wohnungstypen – Ei- zu 100 %. Ziel des Landes war es, auch freifinanzier- genheime, Miet- und Eigentumswohnungen – ent- ten Wohnungsbau zu integrieren. Die Resonanz der steht eine heterogene Bevölkerungsstruktur.“46 Bauherr*innen hierauf war jedoch gering, viele dieser 46 Unternehmensgruppe Groth + Graalfs. (1993). Kirchsteigfeld Projekt Potsdam Brandenburg. Berlin, S 12.

— 133 — DURCH EINE MISCHUNG VERSCHIEDENER WOHNUNGS- TYPEN - EIGENHEIME, MIET- UND EIGENTUMSWOHNUNGEN - ENSTEHT EINE HETEROGENE BEVÖLKERUNGSSTRUKTUR.

Erst in den Gebieten mit späteren Umplanungen voneinander getrennt in unterschiedlichen Baufel- sind konkretere Zielgruppen benannt. In der Rum- dern angeordnet. Vereinzelt wurden Sonderwohn- melsburger Bucht sollte u.a. eine mittelständische, formen integriert (z.B. Seniorenwohnheim Siedlung junge, stadtverbundene Klientel von der Abwande- Falkenhöh, Betreutes Wohnen Parkstadt Falkensee). rung in das Umland abgehalten werden. Mit einem spezifischen Wohnangebot (Stadthäuser am Was- In der Talsohle (2007) des Wohnungsmarktes stan- ser) versprach man sich den Zuzug von „aktiven, den z.B. in den Wohnsiedlungen Rudower Felder, nachbarschaftsorientierten und engagierten jun- Karow-Nord und Altglienicke zwischen 10 und 24 % gen Paaren und Familien (…), die viel zum Auf- der Wohnungen leer.48 bau einer Community im neuen Kiez beitragen“47. Die Wohnangebote waren in der Regel räumlich 48 Drews, B. (2008). Problemlagen und Vermietungsstrategien für Siedlungen der neunziger Jahre. Eine exemplarische Analyse der 47 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. (2007b). Städtebaulicher Berliner Siedlungen Karow-Nord. vhw Forum Wohnen und Stadtent- Entwicklungsbereich Rummelsburger Bucht. Bilanz der Entwicklung. wicklung, 2, S. 100.

Vermarktungsexposé für die Siedlung Falkenhöh. Copy- right: Herlitz Falkenhöh AG

Wohnung in der Neuköll- ner Siedlung Rudower Felder.

Überwiegend kleine Geschoss- wohnungen in der Rotunde in der Siedlung Falkenhöh.

— 134 — Angebotsmieten 2016 THEMATISCHE KARTEN 2 MIETPREISE 2016 nettokalt in Euro/m Nach Postleitzahlen Nach Siedlungen 12 und mehr 7,37 11 - 12 10 - 11 09 - 10 08 - 09 * Auf der Ebene der sehr kleinen 7,30 Siedlungen lagen keine Einträge in 07 - 08 der Preisdatenbank für 2016 vor. 8,39 06 - 07 Aus diesem Grund sind Mieten im KAROW NORD bis 06 Planungsraum ausgewiesen FRANZÖSISCH- Keine Angaben BUCHHOLZ Quelle: Quelle: Wohnmarktreport 2017 Berlin Preisdatenbank 2016 8,00 CBRE, Berlin Hyp Empirica GmbH 8,05 FALKENSEE PARKSTADT SIEDLUNG FALKENHÖH 7,37 7,59 LANDSBERGER TOR 11,13 STAAKENER FELDER ELDENAER STRASSE 10,83* 10,5012,75 BIESDORF SÜD ALT-STRALAU RUMMELSBURGER BUCHT

8,21*

RUNGIUSSTRASSE

9,00

PARKSIEDLUNG 9,00 SPRUCH 7,69 6,63

RUDOWER GARTENSTADT FALKENBERG FELDER ALTGLIENICKE

7,61

KIRCHSTEIGFELD

Angebotsmieten 2016

Angebotsmieten in den untersuch- ten Siedlungen und Berlin 2016

Der Leerstand lag über dem gesamtstädtischen Wert. im gesamtstädtischen Vergleich (leicht) überdurch- Er spiegelt wider, dass die Wohnungsbestände im schnittlich von sozialer Benachteiligung betroffen.50 Vergleich zur Gesamtstadt unterdurchschnittlich gut angenommen waren (vgl. auch Kap. 3.2.). Dies Schlussfolgerungen resultierte zum einen aus der peripheren Lage vie- ler Wohnsiedlungen. Zudem konzentrierte sich der Durch die unterschiedlichen Wohnangebote in den Leerstand auf bestimmte Wohnungsgrößen (ins- Siedlungen konnten unterschiedliche Zielgruppen besondere Wohnungen mit 3 oder mehr Zimmern), erreicht werden. Im Hinblick auf eine langfristige die in vielen Wohnsiedlungen überdurchschnittlich Attraktivität und Nachhaltigkeit als Wohnstandort häufig im Angebot waren (vgl. auch Kap. 3.2.).49 sollten aus heutiger Sicht weitere Potenziale ausge- schöpft werden. Der damalige Zeitgeist, Zielgruppen Die soziostrukturelle Situation und Entwicklung der nur sehr unspezifisch zu unterscheiden, ist überholt. Siedlungen der 1990er Jahre ist damals wie heute weit- Lebensstile und Milieus sind weitaus komplexer. Neue gehend unauffällig (vgl. ausgewählte Sozialindikatoren Stadtquartiere können erheblich gewinnen, wenn 2007 und 2015 in nachfolgender Tabelle). Mit einer Aus- sie diese unterschiedlichen Bedürfnisse berücksich- nahme sind die Werte des Status-Index 2015, in dem tigen und integrieren. Sie werden vielfältiger, spre- Arbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit, Transfer- chen mehr Bevölkerungsgruppen an und sind damit bezug und Kinderarmut berücksichtigt werden, mittel auch robuster gegenüber Marktentwicklungen. bis hoch und in der Dynamik (Veränderung Status über 2 Jahre) stabil bis positiv. Lediglich das Spandauer Gebiet Staakener Felder sowie die Neuköllner Wohn- 50 Bei allen drei Siedlungen ist zu berücksichtigen, dass die Pla- nungsräume größer als die Siedlungen sind. Um die Auffälligkeiten in siedlungen Rungiusstraße und Rudower Felder sind einzelnen Siedlungen erklären zu können, wäre eine tiefergehende Betrachtung der Siedlungen erforderlich. Dies ist nicht Bestandteil 49 Vgl. ebenda. der vorliegenden Untersuchung.

— 135 — Eine Garantie dafür, dass die Bewohner*innen zuziehen, Lessons learned: die vorher als Zielgruppe definiert wurde, gibt es nicht. Es ist nur möglich, über eine gezielte Angebotsstruktur und Vielfalt als Antwort auf Komplexität von Le- die Berücksichtigung spezifischer Anforderungen von bensstilen und Milieus berücksichtigen Zielgruppen eine gewünschte Bewohner*innenzusam- mensetzung zu erreichen. Für die Planung ist es daher Neue Stadtquartiere können erheblich gewinnen, wenn wichtig, vorab Zielgruppen und die entsprechenden An- sie die unterschiedlichen Bedürfnisse der künftigen forderungen an Objekt (Bautypologie, Wohnungsgrund- Bewohner*innen an ihr neues Wohnquartier berück- risse etc.) und Umfeld (z.B. Infrastruktur) zu kennen. Die sichtigen. Für die Planung ist es hierfür wichtig, vorab Erfordernisse überschneiden sich stark mit den Anforde- Zielgruppen und die entsprechenden Anforderungen rungen an eine architektonische Vielfalt. Die spezifischen an Wohnung, Wohngebäude und Umfeld zu kennen. Anforderungen sind empirisch belegbar. Entsprechend Auf dieser Basis kann eine Konzeption für das Quartier der Ergebnisse ist eine Konzeption möglich. Zu berück- entwickelt werden. Eine große Vielfalt an Wohnange- sichtigen ist bei der Planung, dass sich die Anforderun- boten, Bauherr*innen und Bautypologien spielt dabei gen der Bewohner*innen im Lebenszyklus verändern. eine herausragende Rolle, um der Vielfalt an Lebens- stilen, Milieus und Einkommensgruppen gerecht zu werden. Das geht über eine reine Differenzierung der Typologien der 1990er Jahre deutlich hinaus. Urba- nität und Vielfalt entsteht durch eine Mischung an Bauherr*innen wie z.B. Wohnungsbaugesellschaften,

*Die Siedlungen der 1990er Jahre liegen i.d.R. innerhalb eines größeren Planungsraums, sodass teilweise auch Daten aus benachbarten Woh- nungsbeständen einfließen. Der Planungsraum Pillnitzer Weg ist überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit/ Transferabhängigkeit betroffen. Die sozialen Problemlagen konzentrieren sich hier auf Siedlungen der 1960er bis 1980er Jahre.

Index Indikatoren (2015): Index Indikatoren (2008): Status 1: Arbeitslosigkeit: Anteil der Arbeitslosen nach SGB II und III an Status 1: Arbeitslosigkeit: Arbeitslose insgesamt in % der 18-60 Jähri- den 15- bis unter 65-Jährigen in Prozent am 31.12.2014 gen Einwohner am 31.12.2006 Status 4: Kinderarmut: Anteil der Kinder und Jugendlichen unter 15 Status 5: Nicht-erwerbsfähige Empfänger*innen von Existenzsiche- Jahren in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II an den unter 15- Jähri- rungsleistungen in % der EW unter 15 Jahren am 31.12.2006 gen in Prozent am 31.12.2014

— 136 — Informations- tafel des Stadt- teilladens im Kirchsteigfeld.

private Bauträger*innen, Genossenschaften, Bau- gruppen und sonstigen Initiativen sowie die Integra- Anlaufstelle in tion alternativer und innovativer Wohnangebote (z.B. Karow-Nord - das Stadtteilzentrum. Clusterwohnen, Hausgruppen etc.). Entsprechende Ansätze sind heute weit entwickelt und professionell verfügbar. Sie sollten fester Bestandteil bei der Pla- 6.12 GEBIETSENTWICKLUNG DURCH „KÜMMER*IN“ nung und Umsetzung neuer Stadtquartiere sein. Durch ihre Impulse und Beiträge sind sie wesentlicher Faktor Es gibt vielfältige Möglichkeiten, Nachbarschaftsbil- für Vielfalt und Nachhaltigkeit. Das gilt nicht nur für dung zu unterstützen und nachbarschaftliche Kontakte die gebaute Umgebung, sondern auch im Hinblick auf zu fördern. Neben städtebaulichen und gestalterischen weiche Maßnahmen im Zusammenleben. Zusätzlich Rahmenbedingungen für eine kommunikationsfreundli- ist dies eine der wichtigsten Stellschrauben, um einem che Raumstruktur trägt auch „die Vermittlung von Kon- Massencharakter und Anonymität entgegenzuwir- takten und nachbarschaftlichen Aktivitäten durch Ge- ken und Identifikation mit dem Quartier zu fördern. meinwesenarbeit“51 etwa durch ein Stadtteilmanagement oder eine Kümmer*in zur Nachbarschaftsbildung bei. Nachbarschaftsentwicklung durch die Zu- sammenarbeit mit „Pionieren“ fördern In zwei der untersuchten Wohnsiedlungen wurde zum Zeitpunkt der Realisierung bzw. Fertigstellung Eine weitere Steuerungsmöglichkeit besteht über Be- eines Großteils des Wohngebietes sowie dem Zuzug legungskonzepte, die als essenziell für den sozialen der ersten Bewohner*innen ein Stadtteilmanagement Zusammenhalt gelten. Sie beziehen sich insbesondere installiert (Karow-Nord und Kirchsteigfeld). Die In- auf Cluster innerhalb der Siedlung, um eine räumliche itiative ging in beiden Siedlungen von dem Haupt- Nähe z.B. ähnlicher Milieus und Haushalte in gleichen investor, der Unternehmensgruppe Groth + Graalfs, Lebensphasen zu ermöglichen. Denkbar ist auch eine aus.52 Ziel war es, einen nachhaltig funktionierenden Nachbarschaftsentwicklung durch die Zusammen- Stadtteil zu schaffen. Dies bedurfte nach Einschätzung arbeit mit „Pionieren“. Pioniere können genossenschaft- des Investors frühzeitiger Interventionen, um Vanda- liche Hausprojekte, Mieter*innengruppen, Baugrup- lismus, Anonymität und damit verbundene Negativ- pen etc. sein, die wichtige Impulse für die Entstehung tendenzen abzuwenden. Hintergrund war die Wert- einer lebendigen Nachbarschaft geben können. stabilität der Siedlung als Bestandteil eines Fonds. In Kirchsteigfeld gab es das Stadtteilmanagement bis zu Frühe Einbindung der (künftigen) Bewohner*innen dem Verkauf an eine andere Unternehmensgruppe, in in den Gebietsentwicklungsprozess gewährleisten Karow-Nord ist das Stadtteilmanagement noch aktiv. Die Finanzierung erfolgte über Ausschüttungen aus Dieser Ansatz impliziert auch eine frühzeitige Beteiligung einem Fonds. Das Stadtteilmanagement existiert noch der zukünftigen Bewohner*innen. Es entsteht Nachbar- heute und wird von der allod Vermietungsgesellschaft schaft, wenn sie von Beginn an in den Gebietsentwick- finanziert. Aktuell verfügt das Stadtteilmanagement lungsprozess eingebunden und ihnen Möglichkeiten der Mitgestaltung eingeräumt werden. Auch gemeinsame 51 Vgl.Rohr-Zänker, R., & Müller, W. (1998). Die Rolle von Nachbarschaf- Projekte wie z.B. ein Spielplatzbau mit (künftigen) Bewoh- ten für die zukünftige Entwicklung von Stadtquartieren. Expertise im Auftrag der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumord- ner*innen lässt Nachbarschaft entstehen. nung. Oldenburg: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung. 52 Klaus Groth, Interview 43067

— 137 — über etwa 100.000 Euro jährlich (exkl. Personalkos- Schulen, Kitas, Bibliothek etc. teil. Das Stadtteilmanage- ten), die in Form von Zuwendungen für Sportver- ment ist Koordinator und verfügt über finanzielle Mittel, eine, soziale Einrichtungen und Aktivitäten vor Ort um schnell kleinere Aktivitäten und Maßnahmen finan- zur Verfügung stehen. Das Stadtteilmanagement zieren zu können. Das Stadtteilmanagement nimmt als verfügt über zentral gelegene und sichtbare Räum- Interessenvertretung der Bewohner*innen und Gewerbe- lichkeiten an der Hauptachse des Quartiers. treibenden an der Bezirksverordnetenversammlung teil.

Aufgabe des Stadtteilmanagements in Karow-Nord war Im Kirchsteigfeld hat der Hauptinvestor Groth-Gruppe es anfangs, durch Vernetzung von Bewohner*innen, Ver- großen Wert darauf gelegt, dass die soziale Jugend- und einen und Institutionen sowie begleitende Aktivitäten Bildungsinfrastruktur sowie Gemeinbedarfseinrich- den Aufbau einer neuen Nachbarschaft zu unterstützen. tungen wie eine Bibliothek und ein Gemeindehaus als „Menschen fühlen sich in ihrem Stadtteil wohl, wenn sie Orte der Begegnung fertig gestellt sind, wenn die ersten sich ihre Umwelt, ihr Zuhause angeeignet haben“, sagt Bewohner*innen zuziehen. Als deutlich wurde, dass ins- die Stadtteilmanagerin Doris Ardusch.53 Ob dies gelänge, besondere ältere Kinder und Jugendliche sich im öffent- hänge aus ihrer Sicht von der Kommunikation zwischen lichen Raum aufhalten und erste Zeichen von Vandalis- Bewohner*innen, Vereinen, Institutionen und Kirchen mus zu erkennen waren, hat Groth einen Jugendbetreuer ab. Nur dann könne ein Gefühl von Heimat entstehen. engagiert und finanziert. Mithilfe von Sportangeboten Zu Beginn spielte der Abbau von Vorurteilen insbeson- (z.B. Boxen) ist es gelungen, den Jugendlichen alter- dere bei Alt-Karowern gegenüber Neubewohner*innen native Beschäftigungsmöglichkeiten aufzuzeigen. eine zentrale Rolle. Das Stadtteilmanagement über- nahm eine wichtige Vernetzungsfunktion. Es brachte z.B. Neubewohner*innen mit bestehenden Vereinen in Schlussfolgerungen Kontakt und unterstützte die Neugründung von Ver- einen. Während in der Anfangszeit das Ankommen Um das Entstehen einer intakten Nachbarschaft nicht von Neubewohner*innen im Mittelpunkt stand, ist es dem Zufall zu überlassen, zeigen die Wohnsiedlun- heute die Unterstützung von Älteren und Familien, die gen Karow Nord und Kirchsteigfeld, dass eine Küm- auf Unterstützung angewiesen sind. Zu den Aufgaben mer*in die Nachbarschaftsbildung positiv beeinflussen zählt darüber hinaus auch die Herausgabe einer Mie- kann. Die Ansätze haben sich in beiden Siedlungen terzeitung „Karow Nord“, die Organisation von Aus- bewährt. Ein solcher Akteur, wie z.B. ein Stadtteil- flügen, die Aufnahme und auch Beseitigung von alltäg- management, kann eine wichtige Vernetzungsfunk- lichen Problemen im Wohngebiet wie z.B. Graffitis. tion übernehmen, eine frühe Rückkopplung mit den (zukünftigen) Bewohner*innengruppen sicherstellen Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit ist die Interes- und zu einer positiven Gebietsentwicklung beitragen. senvertretung der Bewohner*innen und Gewerbetrei- Bei neuen Wohnsiedlungen sollte von Beginn geprüft benden vor Ort. Das Stadtteilmanagement hat zu diesem werden, ob eine entsprechende Begleitung sinnvoll Zweck einen Arbeitskreis auf Kiezebene (Runder Tisch) ist und wenn ja, wie sie umgesetzt werden sollte. Es initiiert. An dem monatlich tagenden Gremium neh- liegen bundesweit sehr umfangreiche und gut doku- men soziale Träger, Gewerbetreibende, das Bezirksamt, mentierte Erfahrungen mit entsprechenden Ansätzen vor. Wichtig ist auch hier, dass es keine Pauschallö- sungen gibt, sondern diese auf die spezifischen Rah- 53 Klar, A. (2009, 31. Januar). „Erst haben sie nur gewohnt, jetzt leben sie hier“. Berliner Morgenpost. Abgerufen von https://www. menbedingungen vor Ort ausgerichtet sein müssen. morgenpost.de/printarchiv/immobilien/article103835976/Erst-ha- ben-sie-nur-gewohnt-jetzt-leben-sie-hier.html

— 138 — Lessons learned:

Gemeinsam den neuen Stadtteil gestalten Organisationsstruktur und Finanzierung klären

Die Nachbarschaftsbildung und die Gebietsentwicklung Es braucht eine Organisationsstruktur vor Ort und in einem neuen Stadtquartier kann durch einen Akteur eine oder mehrere Personen, die die Aufgaben ei- wie z.B. ein Stadtteilmanagement oder eine Kümmer*in ner Kümmer*in bzw. Stadtteilmanagements aus- positiv beeinflusst werden. Aufgabe kann es beispiels- füllen. Für die Verankerung vor Ort bieten sich z.B. weise sein, neue Bewohner*innen zu begrüßen und zu Wohnungsunternehmen, Projektentwickler*in- vernetzen, zu aktuellen Entwicklungen im Quartier zu nen, Entwicklungsgesellschaft oder die Kommu- informieren, das Zusammenleben aktiv mitzugestal- ne an. Gleichzeitig ist eine zuverlässige Finanzie- ten, den neuen Wohnort im stadträumlichen Bewusst- rung von Personal- und Sachkosten zu sichern. sein verankern, Raum für Austausch und Begegnung zu schaffen sowie zwischen Bewohner*innen und ver- Kooperationen mit Bewohner*innen schiedenen Akteuren zu vermitteln. Impulse können und Akteuren vor Ort etablieren in verschiedenen Bereichen wie z.B. Wohnen, Bildung, Freizeit, Kultur, lokale Ökonomie gesetzt werden. Ein Stadtteilmanagement kann nur in Kooperation mit Bereits mit Beginn der Planung eines neuen Quartiers anderen Akteuren, die vor Ort tätig sind, erfolgreich sollte geprüft werden, ob eine Begleitung sinnvoll ist sein. Wichtige Partner sind – je nach Quartier – z.B. und wenn ja, wie und durch wen sie umgesetzt wird. Wohnungseigentümer*innen, Schulen, Bibliotheken, Verschiedene Punkte sind dabei zu berücksichtigen. Freizeit- und Kultureinrichtungen, Seniorentreffs, Unter- nehmen etc. Ist das Stadtteilmanagement von Beginn an An Gegebenheiten vor Ort anknüpfen vor Ort, muss die Zusammenarbeit mit künftigen Part- ner*innen mitgedacht werden. Nicht zuletzt bedarf es Eine Kümmer*in bzw. Stadtteilmanagement sollte einer begleitenden Aktivierungsstrategie zur Einbindung stets auf die spezifischen Rahmenbedingungen vor der (künftigen) Bewohner*innen, sodass deren Bedarfe Ort ausgerichtet sein. So lag bei der Entwicklung von und Wünsche berücksichtigt werden können. Die Ver- Karow-Nord ein besonderes Augenmerk auf der Ver- mittlungs- und Anlauffunktion für Bewohner*innen und knüpfung des neuen Stadtteils und seinen neuen Be- Akteure sollte auch baulich, z.B. in Form eines Stadtteil- wohner*innen mit den umliegenden Wohngebieten büros oder Gemeinschaftshauses etc. verankert und die von Alt-Karow (Vereinsleben verbinden, Vorbehalte Verortung bereits in der Planung mitgedacht werden. und Ängste bei Alt-Karowern nehmen etc.), wäh- rend in Kirchsteigfeld der Fokus auf der Schaffung von Freizeitangeboten für Jugendliche und deren Be- gleitung lag, um z.B. Vandalismus vorzubeugen.

— 139 — 7

REFLEXION DER PLANUNG UND DER WOHNSIEDLUNGEN DER 1990ER JAHRE

— 140 — Berlin miteinbezogen werden und werfen komplexe Fragen auf: Wie kann angesichts des – berechtigten – Wunsches von Teilen der Bevölkerung nach mehr Mitwirkung in der Planung auf der einen sowie einer Anhand der Ergebnisse, die durch die thematische zunehmenden „Nicht in meinem Hinterhof-Haltung“ Querschnittsanalyse gewonnen wurden, werden in (NIMBYism) auf der anderen Seite dennoch eine zügige diesem Kapitel Wechselwirkungen, Synergien und Planung und Umsetzung von neuen Quartieren mög- Konflikte, die zwischen den Themen existieren, be- lich werden? Welche positiven Effekte der Digitalisie- nannt und beschrieben. Bei der Analyse wurde deut- rung lassen sich in den neuen Quartieren nutzen, etwa lich, dass auf der einen Seite Synergien bestehen die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten? Und können, dass sich also einzelne Themen positiv ver- wie gehen Planer*innen mit den negativen Effekten stärken. Ebenso können zwischen einzelnen Themen um, etwa dem sich abzeichnenden Bedeutungsverlust auch Konflikte identifiziert werden bzw. negative des stationären Einzelhandels? Wie kann angesichts Wirkungen, die sich kumulieren. Einzelne Themen- abnehmender Flächenreserven der öffentlichen Hand paarungen, die eine besondere Relevanz für den Bau sichergestellt werden, dass bezahlbarer Wohnraum neuer Stadtquartiere haben, werden im Folgenden entsteht und dass bei der Vergabe von Flächen auch gegenübergestellt. Dabei ist zu beachten, dass vie- gemeinwohlorientierte Akteure zum Zuge kommen? le Aussagen nie für alle Wohnsiedlungen gleicher- maßen gelten. Die Wohnsiedlungen der 1990er Jahre In diesem abschließenden Kapitel werden wichtige sind trotz vieler Gemeinsamkeiten sehr heterogen. Erkenntnisse aus der Analyse der Wohnsiedlungen der 1990er Jahre miteinander in Wechselbeziehung Generell kann festgehalten werden, dass sich die gesetzt und vor dem Hintergrund heutiger Rahmen- planerischen Ziele der 1990er von heutigen Zielen bedingungen betrachtet. Daraus werden jeweils Fra- nicht eklatant unterscheiden. Gewandelt haben sich gestellungen abgeleitet, zu denen die Autor*innen jedoch politische, wirtschaftliche und gesellschaft- der Studie Vertiefungs- und Diskussionsbedarf se- liche Rahmenbedingungen, in deren Kontext Politik, hen und aus denen sich für die Berliner Verwaltung Verwaltung, Planer*innen und Zivilgesellschaft han- und Politik Handlungsempfehlungen in Hinblick deln. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang etwa auf die neuen Stadtquartiere entwickeln lassen. die verstärkte Bedeutung (informeller) Bürger*innen- beteiligungsverfahren, zunehmende Dynamiken und Internationalisierungstendenzen auf den Immobilien- märkten, die zunehmende Brisanz des Klimawandels und der immer notwendiger werdende verantwortungs- volle Umgang mit Ressourcen (Flächen, Energie, Bau- stoffe etc.), die in alle Lebensbereiche hineinwirkende Digitalisierung oder der demographische Wandel, der nicht nur die Alterung, sondern auch eine Diversifizie- rung der Gesellschaft infolge von Migration und sich wandelnden Lebensstilen beinhaltet. All diese – und sicher noch darüber hinaus gehende – Faktoren müs- sen in die Planung und den Bau neuer Quartiere in

— 141 — 7.1 VERNETZUNG MIT DEM UMFELD – BAULICHE DICHTE – Generell gilt es, ein neues Leitbild1 für das Wohnen PLANUNG UND GESTALTUNG VON FREIRAUMSTRUKTUREN: am Stadtrand zu entwickeln und die dafür notwen- WAS IST DAS BILD VON WOHNEN AM STANDRAND? digen Qualitäten nicht nur in Bezug auf Faktoren wie Dichte, Bautypen Ausstattung und Gestaltung Die Lage der Quartiere am Stadtrand steht in einer von Frei- und Grünräumen, sondern auch Nutzungs- engen Wechselwirkung mit der für die Wohnsiedlun- mischung, Gestaltung von Verkehrsräumen, etc. zu gen der 1990er Jahre durchschnittlichen Dichte (um definieren. Zentrale Erkenntnis aus der Untersuchung 1,0 GFZ) und führt zu besonderen Anforderungen, der Wohnsiedlungen der 1990er Jahre ist, dass es die an wohnungsnahe Grünflächen gestellt werden. damals wie heute unterschiedliche (Leit-)Bilder und Verkürzt gesagt ist das Wohnen im dichten Geschoss- Vorstellungen über ein wünschenswertes Leben am wohnungsbau ohne eigenen Garten am Rand der Stadtrand gab. Und dass die gebauten Manifeste des Stadt aus Sicht der Nachfrager*innen stigmatisiert, Leitbildes „Neue Vorstadt“ – die hier betrachteten das Wohnen in einer wenig dichten Bauform, etwa in Siedlungen der 1990er Jahre – sich damals wie heute Einfamilien- oder Reihenhäusern mit eigenen Gar- als sehr hilfreich erweisen, die Umsetzung des Leit- ten positiv besetzt. Nachfrager*innen wünschen bildes in die Realität zu erproben, zu beurteilen und sich – wenn sie den Stadtrand als Wohnort wählen, zu analysieren. Eine solche theoretisch und praktisch nicht-städtisches Wohnen im Einfamilienhaus – mit geführte Leitbilddebatte um nachhaltiges, bezahl- den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre sollten – so die bares Wohnen in der Außenstadt Berlins erscheint Vorstellungen der Planer*innen damals – (vor)städ- äußerst wichtig und notwendig, um planerische städ- tische, kompakte Wohnformen geschaffen werden. tebauliche Ziele zu erarbeiten und mit Fachleuten, der Bevölkerung und Investor*innen zu diskutieren. Diese Verknüpfung von hoher baulicher Dichte am Stadt- rand und geringer Wohnqualität gilt es in neuen Quar- Zu diesem Themenkomplex stellen sich für uns vertie- tieren aufzulösen. Über verschiedene Mittel – u.a. auch fend die folgenden Fragen: die qualitätvolle Gestaltung von Freiräumen – gilt es, mit hohen Dichten positive Assoziationen zu verbinden und » Wie kann ein zukunftsfähiges, positives Bild von das „Schreckbild“ einer hohen Dichte Richtung Urbanität, Leben und Arbeiten in neuen Quartieren in der Lebendigkeit und Nachhaltigkeit umzudeuten. Es müssen Außenstadt aussehen? Welche städtebaulichen neue und interessante Bautypen entwickelt werden, die Qualitäten und Alleinstellungsmerkmale werden dicht sind und in denen die einzelnen Wohnungen keinen hierfür definiert – auch in Abgrenzung zur Innen- eigenen Garten haben, die aber dennoch als attraktiv wahr- stadt? genommen werden. Großzügige Terrassen oder Balkone sowie aneignungsfähige Grünflächen (Gemeinschafts- » Wie kann eine breite fachöffentliche und öffent- gärten) können hier eine Lösung sein, ebenso wie archi- liche Diskussion um ein entsprechendes Leitbild tektonische Lösungen, die das Wohnen im Geschosswoh- qualifiziert werden? Durch Tagungen, Symposien nungsbau attraktiv machen. Überzeugungsarbeit für einen und Publikationen? Durch Modellprojekte oder dichten Geschosswohnungsbau am Stadtrand können auch eine Bauausstellung? die Träger*innen leisten: Genossenschaften, die gemein- wohlorientiert bauen, die Wohnungen zur Kostenmiete vermieten und die darüber hinaus attraktive Angebote für ein gemeinschaftliches Miteinander machen, können ein 1 Die planungstheoretische Debatte zum Thema Leitbilder kann weiterer Faktor sein, der urbanes Wohnen am Stadtrand aufgrund ihrer großen Breite an dieser Stelle nicht wiedergegeben attraktiv macht. Auch hier lohnt der Blick in die Schweiz, werden. Verwiesen wird jedoch auf die wichtige Literatur zu Thema, wo durch Genossenschaften auch in komplizierten La- u.a. Becker, H., Jessen, J., & Sander, R. (Hrsg.). (1999). Ohne Leitbild? Städtebau in Deutschland und Europa. Stuttgart: Krämer. u. a. Konter, gen, etwa am Rand der Stadt wie auf dem Hunziker Areal E. (1998). Leitbilder – wozu? Versuch einer Klarstellung. In Arbeits- oder dicht neben Bahntrassen wie auf dem Zwicky Areal kreis Stadterneuerung an deutschsprachigen Hochschulen (Hrsg.), attraktive und nachgefragte Quartiere entstanden sind. Jahrbuch Stadterneuerung 1997 (S. 53–60)

— 142 — 7.2 VERNETZUNG MIT DEM UMFELD – MOBILITÄT: STELL- getätigt werden. Häufig – sowohl damals wie heute – ist PLÄTZE UND ÖPNV-ANBINDUNG – PLANUNG UND GESTAL- dabei ein fast als banal zu bezeichnendes Dilemma der TUNG VON FREIRAUMSTRUKTUREN Stadtentwicklung zu beobachten: Die meisten alten wie neuen Stadtquartiere wurden und werden da gebaut, Ohne öffentlichen Nahverkehr entstehen am Stadtrand wo Flächen verfügbar sind, aber keine gute Anbindung vielfältige Folgeprobleme. Die Anbindung von Quar- vorhanden ist. Nicht adäquat erschlossene Standorte tieren am Standrand, die nicht gut mit ihrem Umfeld gehören der öffentlichen Hand oder können zu akzep- vernetzt sind, an einen leistungsfähigen öffentlichen tablen Preisen erworben werden, wohingegen sehr gut Nahverkehr (Straßenbahn, U- oder S-Bahn, gegebe- erschlossene, in den Kontext eingebundenen Flächen nenfalls Expressbus in hoher Frequenz) ist eine zen- bereits durch anderen Nutzungen belegt sind. Hier gilt trale Voraussetzung für viele weitere Faktoren, die es sorgsam abzuwägen, inwiefern solche vorhandenen mit einem attraktiven und qualitätvollen Quartier Nutzungen – häufig sind das gewerblich genutzte Flä- verbunden sind: Die ÖV-Anbindung ist auf Makro- chen, Kleingärten oder zu Logistik- und Transportzwe- ebene ganz zentral für eine gesamtstädtische Erreich- cken genutzte Flächen etwa der Bahn – Bestandsschutz barkeit und Anbindung des Gebietes, für die Chance, genießen sollen oder einer Wohn- und Quartiersnut- am städtischen Leben mit Arbeits-, Bildungs-, Kul- zung weichen müssen. Wenn durch schlecht angebun- turangeboten etc. teilzunehmen, und um dem Ge- dene neue Quartiere auf der „grünen Wiese“ nicht die fühl vorzubeugen, „abgehängt“ zu sein. Umliegende Probleme von Morgen geplant werden sollen, gilt es und angrenzende Quartiere werden bei einer gu- zudem, das Berliner Netz des schienengebundenen öf- ten ÖPNV-Anbindung des neuen Quartiers weniger fentlichen Nahverkehrs mit Vorrang in die äußere Stadt durch zusätzlichen Durchgangsverkehr belastet. – und in das Brandenburger Umland – auszudehnen.

Aber auch auf Mikroebene, im Quartier selbst, kann Zu diesem Themenkomplex stellen sich eine ÖPNV-Anbindung vielfältige positive Effekte er- für uns vertiefen die folgenden Fragen zeugen und negativen Auswirkungen vorbeugen: Es für die Praxis neuer Stadtquartiere: werden weniger Stellplätze benötigt, was sich posi- tiv auf die Qualität des öffentlichen Raumes in den » Wer muss die entstehenden Kosten für eine Aus- Straßen auswirkt, denn diese werden weniger durch dehnung des schienengebundenen öffentlichen parkende Autos dominiert. Durch weniger Autoverkehr Nahverkehrs in die Außenstadt und die Stadtregion steigt die Sicherheit für andere Verkehrsteilnehmer*in- zur nachhaltigen Anbindung der Quartiere (vor-) nen, insbesondere für Fußgänger*innen und Rad- finanzieren? fahrer*innen. ÖPNV-Haltestellen können sich in den Quartieren zu Kristallisationspunkten, zu Orten mit » Welche anderen – potenziell schnellere – Mobili- zentralen Qualitäten entwickeln. Hier kann – abhän- tätslösungen kann es geben, um schlecht erschlos- gig von der Größe neuer Stadtquartiere – eine kritische sene Standorte für neue Quartiere an vorhandene Masse für Einzelhandel oder andere publikumsaffi- Trassen und Nahverkehrsknoten anzubinden? ne Nutzungen in den Erdgeschosszonen entstehen.

Quintessenz der Analyse ist: Die neuen Stadtquartiere bedürfen einer sehr guten Verkehrsgunst und Erreich- barkeit! Verkehrsgunst beinhaltet die schienengebun- dene Anbindung, d.h. S-Bahn, U-Bahn oder Tram oder eine Busanbindung mit hoher Frequenz. Die Wohn- siedlungen der 1990er Jahre haben gezeigt, dass mit der Standortwahl der neuen Quartiere schon enorme Wei- chenstellungen für eine Vielzahl von anderen Faktoren

— 143 — 7.3 NUTZUNGSMISCHUNG UND AUSSTATTUNG MIT ÖFFENT- Voraussetzungen geschaffen werden. Das sind in ers- LICHEN INFRASTRUKTUREN SOWIE ZENTRENBILDUNG – ER- ter Linie öffentlich nutzbare Erdgeschosse, aber auch FOLGREICHE QUARTIERSENTWICKLUNG: WIE LASSEN SICH Flächen für Gemeinschaftsräume in den Gebäuden. ATTRAKTIVE URBANE QUARTIERE AUCH MIT WENIG EINZEL- Wichtig erscheint darüber hinaus, dass es Menschen HANDEL GESTALTEN? und Managementstrukturen gibt, die sich um das Zu- sammenwirken dieser Angebote kümmern, die Syner- Nutzungsmischung sollte aufgrund der starken Trans- gien entdecken und fördern, die „kuratierend“ wirken. formationsprozesse im Einzelhandel nicht ausschließ- Erdgeschossnutzungen, die für das Quartier als wichtig lich über klassische Einzelhandelsangebote gedacht erachtet werden (Bäckereien, Gastronomie), brauchen werden. Angesichts der zunehmenden Bedeutung des zumindest in der Startphase Netzwerke und speziel- Online-Handels wird der Einzelhandel als Leitfunk- le Mietmodelle (z.B. Umsatzmiete), die ein Überleben tion für eine Zentrenbildung im Quartier an Bedeutung auch mit zunächst wenig Kundschaft ermöglichen. verlieren2. Deshalb sollten Ideen entwickelt werden, welche anderen Nutzungen diese Rolle übernehmen Darüber hinaus spielen soziale Infrastrukturen eine können. Denn Stadtquartiere brauchen „Mitten“, die große Rolle für die Quartiersentwicklung, denn sie der Daseinsvorsorge, der Vitalität und Lebendigkeit können mit Blick auf die Erfahrungen der 1990er Jahre dienen und Identität schaffen. Angesichts der altern- ebenfalls zur Zentrenbildung und zu einer positiven den Gesellschaft, eines sich verändernden Konsumver- Quartiersentwicklung beitragen. Auch hier besteht haltens und einer zunehmenden Service-Orientierung eine Wechselwirkung mit der baulichen Dichte, denn können personenbezogene Dienstleistungen einen nur bei einer ausreichend hohen Bewohner*innenzahl wichtigen Baustein für solche Mitten bilden und zur können auch soziale Infrastrukturen realisiert werden. Quartiersentwicklung beitragen. Einrichtungen wie Pflegedienste, Friseure und Wellnessangebote, Reini- Zu diesem Themenkomplex stellen sich für uns gungen, Tierarztpraxen etc. nutzen heute schon viele vertiefend die folgenden Fragen für die Praxis neuer Erdgeschosszonen in den Wohnsiedlungen der 1990er Stadtquartiere: Jahre. Die Analyse der Siedlungen der 1990er Jahre hat jedoch auch gezeigt: Bauliche Voraussetzungen » Was bedeuten die Veränderungen von Einzelhan- wie eine lichte Raumhöhe und planerische Nutzungs- dels- und der Dienstleistungsstrukturen im Zuge zuweisungen reichen alleine für die Bildung und den der Digitalisierung für die Nahversorgung in neuen Betrieb von kleinen Zentren oder Mitten nicht aus. Stadtquartieren? Welche anderen Nutzungen kön- nen zentrenbildend wirken und lokale Treffpunkte Weitere Impulswirkungen für die Bildung von Quar- im Sinne von „Tante-Emma-Läden 2.0“ bilden? tierszentren sind denkbar, wenn man Trends hin zu mehr gemeinschaftlichen Nutzungen, der engen räum- » Wird für attraktive Nahversorgungsstrukturen in lichen Verknüpfung von Wohnen und Arbeiten oder aus den neuen Quartieren eine frühzeitige Einbindung dem Bereich der Sharing-Economy weiterentwickelt: des Einzelhandels benötigt? Unterstützung im Alter, Concierge-Service, Wasch- maschinenraum, Werkraum, Tauschbörse, Fahrradre- paraturstation, Lastenradverleih, Co-Working-Spaces, etc.. Zentral für die Möglichkeit, solchen Nutzungen in den Quartieren Raum zu geben ist, dass dafür bauliche

2 Amt für Stadtentwicklung Zürich, Synergo, & Urban Catalyst GmbH. (2017, Dezember). Handel im Wandel – Szenarien für den Detailhandel und die Auswirkungen auf die Stadt Zürich [Bericht]. Abgerufen 15. August, 2018, von https://www.stadt-zuerich.ch/prd/de/index/stadt- entwicklung/stadt-der-zukunft/handel-im-wandel/Szenarien.html

— 144 — 7.4 UNTERSCHIEDLICHE AKTEURSKONSTELLATIONEN – ER- wie Kleinteiligkeit, Vielfalt, Nachbarschaftsbildung FOLGREICHE QUARTIERSENTWICKLUNG DURCH VIELFALT: und Identität können auch bei großen neuen Wohn- QUANTITÄTEN SCHAFFEN / QUALITÄTEN GEWÄHRLEISTEN siedlungen zu einer nachhaltigen Qualität führen.

Das Ergebnis aus Planung und Umsetzung in einer Zu diesem Themenkomplex stellen sich für uns die Siedlung ist – neben fixen Rahmenbedingungen – folgenden Fragen für die Praxis neuer Stadtquartiere: maßgeblich dadurch bestimmt, welche Möglichkeiten und Sachzwänge die Akteure haben, welche Ziele sie » Welcher Akteursgruppen bedarf es, um die gesetz- verfolgen und welche Prioritäten sie setzen. Die Band- ten Ziele in Bezug auf eine erfolgreiche Quartiers- breite der Akteure und der Akteurskonstellationen in entwicklung zu erreichen? den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre ist groß. In der Regel steigt mit der Vielfalt an Akteuren (zumindest » Welche Akteure kommen dafür in Betracht? hinsichtlich Bauherren, Architekt*innen und Planer*in- nen) auch die Chance auf vielfältige Lösungen und » Welche Steuerungs- und Organisationsformen sind abwechslungsreiche Quartiere. Je größer eine Siedlung, hierfür geeignet? Wo liegen potenzielle Chancen desto wichtiger wird diese Vielfalt. Gleichzeitig kann und Risiken? eine hohe Anzahl an Akteuren aber auch die Flexibili- tät z.B. von Anpassungen in der Planung beeinträchti- » Welche Formen der Qualitätssicherung sind für gen, den Abstimmungsaufwand erhöhen und Kosten Planung und Bau neuer Stadtquartiere geeignet? steigen lassen. Demgegenüber sind Wohnsiedlungen mit einzelnen Hauptinvestor*innen einfacher in der Steuerung und Abstimmung. Von Nachteil kann jedoch 7.5 FLEXIBILITÄT UND ANPASSUNGSFÄHIGKEIT DER WOHN- die hohe Abhängigkeit von der Herangehensweise und SIEDLUNGEN –AKTEURSKONSTELLATIONEN – STÄDTEBAU- den Lösungen einer einzelnen Bauherr*in sein. Die LICHE UND ARCHITEKTONISCHE UMSETZUNG: PHASEN- großen Wohnsiedlungen der 1990er Jahre Karow-Nord, HAFTE ENTWICKLUNG PRÜFEN ZUGUNSTEN EINER HOHEN Kirchsteigfeld, die mit nur einem Hauptinvestor reali- FLEXIBILITÄT UND AKZEPTANZ siert wurden, zählen zu den anspruchsvollsten großen Wohnsiedlungen der damaligen Zeit. Ausschlaggebend Eine der größten Herausforderungen für alle größe- war u.a. das Vorgehen der Groth Gruppe, eine hohe An- ren Wohnsiedlungen der 1990er Jahre war die Frage zahl an Architekt*innen einzusetzen und den Städte- nach einer Anpassungsfähigkeit bei Veränderungen bau bewusst an gewachsenen Qualitäten zu orientieren. der marktseitigen Rahmenbedingungen. In beinahe jedem Fall führte der Markteinbruch zu mehr oder Der Anspruch an ein hohes Neubauvolumen einer- weniger drastischen Einbußen für das neue Quartier seits und langfristige Qualitäten andererseits birgt und dessen Wirtschaftlichkeit. Steuerungsmöglich- zunächst einen Zielkonflikt. Menge scheint im Wider- keiten bestehen auf verschiedenen Ebenen. Im Vorfeld spruch zu Qualität zu stehen. Das gilt umso mehr, können noch stärkere Prioritäten zwischen verschie- je größer der finanzielle Druck ist im Hinblick auf denen Neubaustandorten gesetzt werden. Generell preiswerten Wohnraum und knappe öffentliche Kas- sollten solche Standorte mit Priorität behandelt wer- sen. Wenngleich sich in Wohnsiedlungen der 1990er den, die über die höchste Lagegunst und die beste Jahre hierfür auch Bestätigungen finden, trifft es doch schienengebundene ÖPNV-Anbindung verfügen. nicht auf alle zu. Zwar führen die o.g. Zwänge zu be- stimmten Kompromissen. Entscheidender als die Bei dem Bau neuer Stadtquartiere sollten in regel- Frage nach der Menge, sind jedoch Fragen der Kon- mäßigen Abständen (z.B. jeweils nach 500 bis 1.000 zeption, Planung, Umsetzung und Gestaltung. Eine Wohneinheiten) Akzeptanz und ggf. erforderliche behutsame Entwicklung, eine zügige und reibungs- Anpassungen überprüft werden. Wo möglich, gilt es, lose Planung und Baurechtschaffung und die kon- Möglichkeiten einer phasenhaften Entwicklung zu sequente Beachtung zentraler Qualitätsmerkmale prüfen. Das bedeutet, (juristisch, technisch, finanziell

— 145 — etc.) mögliche Ausstiegspunkte zu schaffen, bei denen Potenziale zur Risikominimierung bei der Entwicklung Änderungen in der Planung vorgenommen werden neuer großer Stadtquartiere. So wurden entsprechen- können oder die Planung vorübergehend zurückge- de Ansätze bei den Wohnsiedlungen der 1990er Jahre stellt werden kann. Der eventuelle Aufwand hierfür auch im Zuge von Umplanungen erarbeitet und teils ist dem Risiko gegenüberzustellen und abzuwägen. erfolgreich umgesetzt (z.B. Rummelsburger Bucht). Ebenso sind Organisationsstruktur, Akteurskonstel- lation und Planung daraufhin zu hinterfragen, ob sie Zu diesem Themenkomplex stellen sich für uns die Möglichkeiten bieten, auf Veränderungen flexibel zu folgenden Fragen für die Praxis neuer Stadtquartiere: reagieren. Das schließt auch eine Masterplanung und die Frage der Körnigkeit und Größe von Parzellierun- » Welche Bevölkerungszusammensetzung ist in den gen und Bebauungsplänen ein. Für den Städtebau sind neuen Stadtquartieren anvisiert? Wege zu identifizieren, wie er robust für Anpassun- gen und gleichzeitig identitätsstiftend sein kann. » Welche Zielgruppen, Haushalts- und Einkommens- gruppen, Lebensstile und Milieus sollen erreicht Zu diesem Themenkomplex stellen sich für uns die werden? folgenden Fragen für die Praxis neuer Stadtquartiere: » Welche spezifischen Anforderungen müssen hier- » Welche Vor- und Nachteile sind mit der Prioritäten- für berücksichtigt werden? setzung von Neubaustandorten verbunden?

» Sind neue Standorte künftig ausreichend an das 7.7 BILDUNG VON NACHBARSCHAFTEN – PLANUNG UND GE- öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen? STALTUNG VON FREIRAUMSTRUKTUREN – STÄDTEBAULICHE UND ARCHITEKTONISCHE UMSETZUNG: NACHBARSCHAFTS- » Wo liegen Risiken in der Umsetzung? Welche Stra- ENTWICKLUNG INTEGRIEREN tegien der Risikominimierung sind möglich? Um den Aufbau von nachbarschaftlichen Strukturen und sozialen Netzwerken zu unterstützen, können 7.6 ERFOLGREICHE QUARTIERSENTWICKLUNG UND RISIKO- personelle und finanzielle Ressourcen in Form eines MINIMIERUNG DURCH BILDUNG VON NACHBARSCHAFTEN: Stadtteilmanagements wichtige Impulse setzen. In den MILIEUS ALS WICHTIGER BESTANDTEIL DER PLANUNG 1990er Jahren haben die Investor*innen der Wohnsied- lungen Karow-Nord und Kirchsteigfeld den Mehrwert Eine der Kernfragen beim Bau neuer Wohnquartiere ist eines Stadtteilmanagements vor Ort erkannt und in die nach einer Bewohner*innenzusammensetzung, in beiden Wohnsiedlungen zu einem frühen Zeitpunkt der Nachbarschaften funktionieren und lebenswerte Stadtteilmanagements eingesetzt und finanziert. Die Stadtteile entstehen. Oftmals wird der Begriff „sozia- Aufgaben und Zielsetzungen waren jeweils unter- le Mischung“ als normatives Leitbild verwendet. Eine schiedlich und leiteten sich von der Situation vor Ort Definition dessen, was als soziale Mischung gilt, bleibt ab. Entsprechende Ansätze fordern einen gewissen meist aus. Konzepte zu Milieus und Nachbarschafts- Aufwand und einen angemessenen Stellenwert eines bildung waren in den 1990er Jahren nicht Bestandteil solchen Stadtteilmanagements, bieten aber hohe Poten- der Planung. Lediglich aus den Förderbedingungen und ziale und Chancen für die Quartiersentwicklung. den verschiedenen Angebotssegmenten folgten be- stimmte Rahmenbedingungen für den Zuzug bestimm- Nachbarschaftsbildung benötigt auch Orte. In den ter Haushalte. Die Tatsache, dass die Sozialstruktur in 1990er-Jahre-Wohnsiedlungen sind insbesondere im den Wohnsiedlungen insgesamt unauffällig ist, zeigt, öffentlichen Raum nachbarschaftsfördernde Freiräu- dass sich dennoch stabile Quartiere entwickelt ha- me entstanden (z.B. Grünzug in Altglienicke, hausna- ben. In weitergehenden Konzepten zur Herausbildung he EG-Bereiche in den Staakener Feldern). Teils er- unterschiedlicher Milieus liegen jedoch erhebliche füllt auch die soziale Infrastruktur diesen Zweck (z.B.

— 146 — Karow-Nord, Kirchsteigfeld). Bundesweit sind zahlrei- fördern. Das kann durch ein Angebot an Wohnungen in che hervorragende Beispiele einer nachbarschaftsför- den neuen Stadtquartieren realisiert werden, das in den dernden Frei- und Grünraumplanung erprobt. Gleiches benachbarten nachgefragt wird, wie beispielsweise al- gilt für Infrastruktureinrichtungen als Kristallisa- tengerechtes Wohnen oder große Familienwohnungen. tionsorte im Quartier. Nachbarschaftsentwicklung als Thema in die Planung zu integrieren, bedeutet eine Neben diesen positiven Effekten liegt es in der Natur Querschnittsaufgabe. Sie erfordert eine konsequente der Sache, dass die meisten Neubauvorhaben i.d.R. Planung und ressortübergreifende Zusammenarbeit. für die umliegenden Anwohner auch mit Nachteilen verbunden sind. Dort wo der Blick verbaut wird, wo Zu diesem Themenkomplex stellen sich für uns die Natur und Ruhe neuen Wohnsiedlungen weichen, wo folgenden Fragen für die Praxis neuer Stadtquartiere: der Kampf um Stellplätze höher wird und wo An- wohner*innen Veränderungen fürchten, ist auch » Welche Rolle sollen nachbarschaftliche Strukturen Konfliktpotenzial vorhanden. Im Umfeld von neuen im zukünftigen Quartier spielen? Stadtrandsiedlungen haben Bewohner*innen oftmals auch Vorbehalte gegenüber einer Geschossigkeit, die » Welche Anknüpfungspunkte gibt es vor Ort? sie gemessen an der vorhandenen Siedlungsstruk- tur als zu hoch empfinden. Hier liegt ein Zielkon- » Welche räumlichen und organisatorischen Voraus- flikt, den es offen und transparent zu erläutern gilt. setzungen braucht es dafür? Zu diesem Themenkomplex stellen sich für uns die folgenden Fragen für die Praxis neuer Stadtquartiere: 7.8 MEHRWERT – VERNETZUNG MIT DEM UMFELD: HÖHERE AKZEPTANZ IM UMFELD DURCH ZUSÄTZLICHE INFRASTRUKTUR » Welche Vor- und Nachteile sind durch den Bau neu- ers Stadtquartiere für die angrenzenden Bestands- Der größte Mehrwert der Wohnsiedlungen der 1990er quartiere zu erwarten? Jahre für die Gesamtstadt bzw. die Stadtregion besteht in der Schaffung von Wohnraum. Diese ureigenste Ziel- » Welche Möglichkeiten für Synergien gibt es zwi- setzung eines jeden neuen Stadtquartiers stellt zugleich schen neuen und Bestandsquartieren? seinen wichtigsten Beitrag zur Gesamtstadt dar. Dort, wo zusätzlich Infrastruktur entsteht – von Versorgung über soziale Infrastruktur bis zu neuen Verkehrsver- bindungen – bildet auch diese für das Umfeld einen Mehrwert. So nutzen zahlreiche umliegende Quartie- re die Infrastruktur der Wohnsiedlungen der 1990er Jahre. Umgekehrt würde die Infrastruktur in den neuen Wohnsiedlungen ohne diese Nutzer*innen oftmals nicht die Schwelle der Rentabilität erreichen. In einigen Fällen reicht die Nachfrage dennoch nicht aus. Um so- wohl für die neuen Wohnsiedlungen als auch für deren Umgebung einen Mehrwert zu schaffen, ist ausschlag- gebend, dass sich neue Angebote in die vorhandene An- gebotsstruktur einpassen zu diese sinnvoll ergänzen. So vorhandene Lücken geschlossen und unnötige Kon- kurrenz vermieden werden. Durch ein das Angebot im Bestandsquartier ergänzendes Wohnungsangebot kön- nen die Wohnungsbaugesellschaften für die existieren- den Gebiete einen Mehrwert schaffen und Akzeptanz

— 147 — ANHANG

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— 150 — VERZEICHNIS DER WORKSHOP-TEILNEHMER*INNEN Sabrina Böttcher; Ref. Wohnungsneubau I Petra Nickel; Ref. Expertinnen und Experten Wohnungsneubau I Johanna Hoffert; Ref. Wohnungsneubau Dr. Paola Alfaro d‘Alençon; Urban Research Laboratory TU Berlin I Christoph Schiebe; Ref. Wohnungsneubau I Daniel Thomas; I Prof. Dr. Harald Bodenschatz; Assoziierter Prof. Center for Ref. Wohnungsneubau I Dr. Rainer Johann; Projektleitung des Metropolitan Studies Berlin I Dr. Rainer Bohne; Vereinigung für Gutachtens I Takis Sgouros; Projektleitung des Gutachtens Stadt-, Regional- und Landesplanung SRL I Klaus Theo Brenner; Brenner · Krohm · Architekten PartG mbB Berlin I Dr. Rainer ABBILDUNGSVERZEICHNIS Emenlauer;ProStadt GmbH Berlin I Günter Fuderholz; Ehem. Deckblatt Foto:Dirk Laubner; Plan: Quelle unbekannt I S. 4 Abteilungsleiter SenStadt (Wohnen) I Burkhard Horn; Ehem. Foto: Dirk Laubner; oben: Bauwelt 41, Heft 42/43, November Abteilungsleiter SenStadt (Verkehr) I Dr. Bernd Hunger; GdW, 1995. S.2380; unten: Bauwelt 41, Heft 42/43, November 1995. Bundesverband dt. Wohnungs- und Immobilienuntern I Jutta S.2380 I S.14 Foto: Dirk Laubner; oben:Senatsverwaltung für Kalepky; Freischaffende Architektin Berlin I Rainer Kieschke; Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Groth Gruppe, Prokurist Projektleiter Technische Abteilung Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, S.338; unten: I Prof. Urs Kohlbrenner; Stadtplaner und Architekt Berlin I Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): Friedmann Kunst; Ehem. Abteilungsleiter SenStadt (Verkehr) Stadt-Haus-Wohnung. Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, I Ulla Luther; Freischaffende Architektin und Stadtplanerin Berlin I S.26 Foto: Dirk Laubner; links: Spinadel, Laura Patricia: Berlin I Prof. Hildebrand Machleidt; Büro für Städtebau und Wohnen im Tiergarten – Projekt an der Rauchstraße, in: Bau- Stadtplanung Berlin I V.-Prof. Miller Stevens; Stadt Land Fluss form 104/1984, S. 18; rechts: Senatsverwaltung für Bau- und Büro für Städtebau und Stadtplanung Berlin I Reiner Nagel; Wohnungswesen: Stadt Haus Wohnung. Wohnungsbau der 90er Bundesstiftung Baukultur, Potsdam I Wulf Schulgen; Ehem. Jahre in Berlin. Berlin 1995, S. 128 I S.27 links: Cordelia Polinna; Abteilungsleiter SenStadt (Wohnen) I C. Dogan Yurdakul; rechts: Bundesarchiv Bild 183-1987-0128-310, Foto: Link, Hu- Gesellschaft für Planung Berlin I Prof. Klaus Zillich; Ehem. bert. 1. Januar 1987. I S.28 Pirovano, Carlo (Hg.): La riconstruzio- Professor für Architektur und Städtebau TU Berlin ne della citta. Mailand 1985, S. 106.I S.29 links: Spinadel, Laura Patricia: Wohnen im Tiergarten – Projekt an der Rauchstraße, Vertreterinnen von Wohnungsbaugesellschaften und in: Bauform 104/1984, S. 18.; rechts: Internationale Bauaus- Wohnungsbaugenossenschaften stellung Berlin: Project Report. Berlin 1991, S. 17 I S.30 oben: Stefan Keim; Beamten-Wohnungs-Verein zu Köpenick eG, Wernicke, Ulf: Olympia 2000 in Berlin – Der Beitrag zur Stadt- Vorstand I Jacqueline Brüschke; Degewo AG, Bereich bauWerk entwicklung. Stadtbauwelt 115 (25.09.1992), S. 2031; unten: I Dirk Seubert; Degewo AG, Bereich bauWerk I Dr. Wolfgang Stadtbauwelt 121, 25. März 1994, S. 588-589 I S.31 Senatsver- Wagner; GESOBAU AG, Leiter der Abteilung Portfoliomanagement waltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz: Projekte der I Nancy Baltruschat; GEWOBAG, Abteilungsleitung räumlichen Planung. Berlin 1993, S. 32 Senatsverwaltung für Neubau I Klaus Feldhaus; GEWOBAG, Abteilungsleitung Bau- und Wohnungswesen: Stadt Haus Wohnung. Wohnungs- Bestandsinvestition I Petra Hildebrand; Stadt und Land mbH, bau der 90er Jahre in Berlin. Berlin 1995, S. 128 I S.34-35 UC WoBeGe Geschäftsführung I Carsten Hartweg; Stadt und auf Grundlage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Land mbH, Immobilienentwicklung und Marketing I Thomas Wohnen I S.37 oben: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Bestgen; UTB Projektmanagement GmbH, Geschäftsführer I Wohnen (www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/planwerke/ Lutz Keßels; WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH, pix/innere_stadt/download/planwerk_innenstadt_19990518. Bereichsleiter Quartiersentwicklung jpg); unten: Cordelia Polinna I S.38 oben: Cordelia Polinna; unten: empirica/UC I S.39 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Vertreterinnen und Vertreter der Senatsverwaltung für Wohnen, www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/wohnungs- Stadtentwicklung und Wohnen bau/de/schwerpunkte/standorte.shtml I S.40 Foto: Dirk Laub- Katrin Lompscher; Senatorin I Dr. Jochen Lang; AbtL ner; oben: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hg.) Wohnungswesen, Wohnungsneubau, Stadterneuerung I (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Der Wohnungsbau der 90er Jahre Joachim Sichter; RefL IV A Wohnungsneubau I Grit Schade; in Berlin, S.299 I S.41 links: Statistisches Landesamt Berlin Bran- Wohnungsbauleitstelle I Thorsten Wilhelm; RefL II A - Innere denburg, eigene Berechnungen (empirica); rechts: Statistisches Stadt und Hauptstadtangelegenheiten I Michael Künzel; RefL Landesamt Berlin Brandenburg, SenStadtWohn. IA23, eigene I B - FNP und stadtplanerische Konzepte I Mike Petersen; Berechnungen (empirica) I S.42 links: Statistisches Landesamt Ref. Wohnungsneubau I Klaus-Dieter Hoffmann; Ref. Berlin Brandenburg, eigene Berechnungen (empirica); rechts: Wohnungsneubau I Gerald Schulze; Ref. Wohnungsneubau I Statistisches Landesamt Berlin Brandenburg (empirica) I S.43

— 151 — Ring Deutscher Makler (RDM), eigene Berechnungen (empirica) (abgebildet in Projektbroschüre „Falkensee Baufelder“, ohne I S. 44 oben links und rechts empirica/UC; unten: Statistisches Datum) I S.77 oben und mitte: empirica/UC; unten: Dirk Laubner Landesamt Berlin Brandenburg, SenStadtWohn. IA23 (empirica) I S.78 oben: empirica/UC; unten: Senatsverwaltung für Bau- und I S. 45 empirica/UC I S.46 empirica/UC I S.47 empirica/UC I S. 48 Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Der Woh- empirica UC I S.49 empirica UC I S.50 empirica/UC I S.51 empi- nungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin I S.79 oben und mitte: rica/UC I S.52 Foto: Dirk Laubner; oben: Senatsverwaltung für empirica/UC; unten: Geoportal Berlin, Digitale farbige Orthopho- Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. tos 2018 (DOP20RGB) https://fbinter.stadt-berlin.de/fb/index. Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin. S.258; unten: jsp?Szenario=luftbild I S. 80 oben: empirica/UC; unten: Quelle Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): unbekannt I S. 81 oben und mitte: empirica/UC; unten: Dirk Stadt-Haus-Wohnung. Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, Laubner I S.82 oben: empirica/UC; unten: Senatsverwaltung für Berlin. S.253 I S.54 oben: empirica/UC; unten: Senatsverwaltung Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. für Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Woh- Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin. S.382 I S.83 nung. Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin I S.55 oben und mitte: empirica/UC; unten: Dirk Laubner I S.84 Foto: oben und mitte: empirica/UC; unten: Dirk Laubner I Dirk Laubner; unten: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungs- S.56 oben: empirica/UC; unten: Senatsverwaltung für Bau- und wesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Der Wohnungsbau der Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Der Woh- 90er Jahre in Berlin, Berlin S.322; oben: Senatsverwaltung für nungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin S.318 I S.57 oben und Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. mitte: empirica/UC; unten: Dirk Laubner I S.58 oben: empirica/ Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin S.318 I S.86 UC; unten: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hg.) empirica/UC I S.87 oben: Senatsverwaltung für Bau- und Woh- (1994): Wohnungsbau für Berlin. Wettbewerbe und Realisierun- nungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Der Wohnungs- gen 1988-1994, Berlin S.173 I S.59 oben und mitte: empirica/ bau der 90er Jahre in Berlin, Berlin. S.293; mitte: empirica/UC I UC; unten: Dirk Laubner I S.60 oben: empirica/UC; unten: Bauwelt S.88 empirica/UC I S.90 empirica/UC I S.91 Dirk Laubner I S.92 12, Heft 13, April 1994. S.645 I S.61 oben und mitte: empirica/ oben: Dirk Laubner; mitte: empirica/UC I S.93: empirica/UC I S.98 UC; unten: Geoportal Berlin, Digitale farbige Orthophotos 2018 rechts: empirica/UC I S.99 mitte: Senatsverwaltung für Bau- und (DOP20RGB) https://fbinter.stadt-berlin.de/fb/index.jsp?Szena- Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Der Woh- rio=luftbild I S.62 oben: empirica/UC; unten: Herlitz Falkenhöh nungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin; unten: empirica/UC GmbH (abgebildet in deren Vertriebsbroschüre „Falkenhöh I S.100: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hg.) aktuell“, 1994) I S.63 oben und mitte: empirica/UC; unten: Dirk (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Der Wohnungsbau der 90er Jahre Laubner I S. 64 oben: empirica/UC; unten: Senatsverwaltung für in Berlin, Berlin S.322 I S.101 empirica/UC I S.102 empirica/UC I Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. S.106: empirica/UC I S.109 empirica/UC I S.112 oben links: Dirk Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin I S.65 oben und Laubner; rechts: empirica/UC I S.116 empirica/UC I S.117 empiri- mitte: empirica/UC; unten: Dirk Laubner I S.66 oben: empirica/ ca/UC I S.120 empirica/UC I S.122 empirica/UC I S.123 empirica/ UC; unten: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hg.) UC I S.125 empirica/UC I S.126 empirica/UC I S.128 empirica/UC (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Der Wohnungsbau der 90er Jahre I S.129 empirica/UC I S.131 empirica/UC I S.132: empirica/UC I in Berlin, Berlin I S.67 oben und mitte: empirica/UC; unten: Dirk S.134 links: Herlitz Falkenhöh AG; rechts: empirica/UC I S.137 Laubner I S.68 oben: empirica/UC; unten: Senatsverwaltung für empirica/UC I S.140 Foto: Dirk Laubner; oben: Senatsverwaltung Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. für Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Woh- Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin S.292 I S.69 nung. Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, S.388; unten: oben und mitte: empirica/UC; unten Dirk Laubner I S.70 oben: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): empirica/UC; unten: Bauwelt 41, Heft 42/43, November 1995. Stadt-Haus-Wohnung. Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, S.2380 I S.71 oben und mitte: empirica/UC; unten: Dirk Laubner Berlin. S.382 I I S.72 oben: empirica/UC; unten: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Der Woh- KARTEN UND DIAGRAMME nungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin. S.325 I S.73 oben und Urban Catalyst: Jan Dubsky und Philip Schläger mitte: empirica/UC; unten: Dirk Laubner I S.74 oben: empirica/ (S.4, 6, 22, 23, 25, 53, 85, 94-95, 98, 99, 105, 108, 114, 115, UC; unten: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen 119, 121, 123, 127, 129, 133, 135) (Hg.) (1995): Stadt-Haus-Wohnung. Der Wohnungsbau der 90er Jahre in Berlin, Berlin. S.258 I S.75 oben und mitte: empirica/ UC; unten: Dirk Laubner I S.76 oben: empirica/UC; unten: Degewo

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