Neue Forschungen Zum Rammelsberg Im Rahmen Des Vorhabens „Altbergbau 3D
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Katharina Malek/Hans-Georg Dettmer/Wilhelm Hannemann/Astrid Schmidt-Händel/ Georg Drechsler/Jessica Meyer Neue Forschungen zum Rammelsberg im Rahmen des Vorhabens „Altbergbau 3D. Ein interdisziplinäres Projekt zur Erforschung des montanhistorischen Erbes im Harz“ Einführung Der Harz und der Rammelsberg (Abb. 1) zählen zu den bedeu- tendsten Montanregionen Europas. Spätestens seit der Bronze- New research on the Rammelsberg in zeit wurden dort Rohstoffe gewonnen und verhandelt. Dieser connection with ‘Altbergbau 3D: Bedeutung trug die UNESCO 1992 Rechnung, als sie den Ram- An interdisciplinary project exploring the melsberg, wo der Metallerzbergbau mindestens tausend Jahre lang nahezu ununterbrochen stattgefunden hatte, zusammen mit history and heritage of mining in the Harz’ der Altstadt von Goslar zum Kulturerbe der Menschheit erhob und dieses 2010 um die frühneuzeitliche Oberharzer Wasserwirt- The first half of the project, which will receive full funding of almost schaft erweiterte. half a million euros from the Federal Ministry of Education and Re- Im Jahr 2017 wurden unter der Federführung der Arbeitsstel- search over its three-year duration, is concerned with the mine wor- le Montanarchäologie des Niedersächsischen Landesamtes für kings of the Rammelsberg. The aim is to gain an in-depth understan- Denkmalpflege beim Bundesministerium für Bildung und For- ding of developments in mining over the centuries by combining a schung (BMBF) Gelder für ein auf drei Jahre ausgelegtes inter- high-resolution 3D model with an archaeological and historical in- disziplinäres Projekt erfolgreich beantragt. Ziel dieses Projektes vestigation of mining. The affiliated partners are the mining archae- ist es zum einen, ausgewählte Grubenräume des Rammelsberges ology division of the Lower Saxony State Office for Cultural Heritage, zu erforschen und zum anderen, Bergbaumodelle in die zu er- the Institute of Geotechnical Engineering and Mine Surveying of stellenden digitalen Modelle dieser Grubenräume einzubinden. Clausthal University of Technology and the WORLD CULTURAL Die Verbindung des hochaufgelösten georeferenzierten 3D-Mo- HERITAGE RAMMELSBERG - Museum & Visitors Mine. These dells mit detaillierter archäologischer Befundaufnahme unter partners are supported by the Foundation Mines of Rammelsberg, Tage und zielgerichteten historischen Recherchen lässt ein besse- Historic Town of Goslar and Upper Harz Water Management System res Verständnis dieser Grubenräume in ihrem zeitlichen und his- as well as Bergbau Goslar GmbH as the former owner of the Ram- torischen Kontext erwarten. melsberg mine. Drei Grubenräume (Abb. 2) werden einer genaueren Betrach- The interdisciplinary studies focused on three mine workings linked tung unterzogen. Sie wurden ausgewählt unter dem Aspekt der to ore mining and drainage: the Alte Abbau, a large cavity with an räumlichen Verortung im über- und untertägigen Kontext sowie elongated drift, the Feuergezäher Gewölbe, one of the oldest medieval der thematischen Schwerpunktsetzung auf den Erzabbau und wheelhouses in existence, and the Altes System, a mine drainage area die Wasserhaltung. Dabei werden als Nebenaspekte von Seiten that developed over centuries. der Ingenieurwissenschaften gleichzeitig neue Lösungsansät- A structure-from-motion process was applied to create a 3D model, ze bei Problemen von untertägigen 3D-Aufnahmen erarbeitet, with tachymetrically measured polygonal chains connecting to refe- aus archäologischer Sicht erfolgt eine ausführliche Dokumenta- rence above ground. The 3D model produced was then used to under- tion des Istzustandes, während die genaue Sichtung der histo- take a thorough study of the archaeology of the mine that will observe rischen Quellen wahrscheinlich deren Neubewertung zur Folge structures from inaccessible perspectives in a wider context than the haben wird. situation on site allows. The findings will be correlated with the ex- Projektpartner sind das Landesamt, das WELTKULTURERBE tensive historic mine plan and initial results from the revision of nu- RAMMELSBERG – Museum & Besucherbergwerk und das Insti- merous written sources in the course of the project. tut für Geotechnik und Markscheidewesen der Technischen Uni- versität Clausthal. Ferner unterstützen die Stiftung Welterbe im 2 Der Anschnitt 72, 2020, H. 1–2 Abb.1: Der Rammelsberg. (© Foto: Jessica Meyer/TU Clausthal) Abb. 2: Übersicht der ausgewählten Grubenräume im Digitalen Oberflächen Modell (DOM): grün = Roedersystem; hellblau = Radstuben Altes System; rot = Feuergezäher Gewölbe; dunkelblau = Rathstiefster Stollen; orange = Alter Abbau. (© Grafik: Wilhelm Hannemann und Katharina Malek; Grundlage DOM: LGLN/NLD) Der Anschnitt 72, 2020, H. 1–2 3 Harz, die als Trägerin des Oberharzer Bergwerksmuseums in Clausthal-Zellerfeld die betreffenden Bergbaumodelle zur Ver- fügung stellt, sowie die Bergbau Goslar GmbH die Arbeiten. Das Ministerium fördert das Vorhaben im Rahmen der eHerita- ge-Richtlinie mit rund einer halben Million Euro. Startpunkt für das Projekt war Frühjahr 2018.1 Die Erzlagerstätte Die geologischen Gegebenheiten am Rammelsberg unterschei- den sich wesentlich von denen des Ober- und Mittelharzes: Die Blei-Zink-Kupfer-Erz-Lagerstätte entstand unter submarinen Verhältnissen vor rund 380 Mio. Jahren durch Exhalation und gleichzeitige Sedimentation. Es handelt sich dabei um zwei gro- ße linsenförmige Erzteppiche, das Alte Lager und das Neue La- ger (Abb. 3). Diese Bezeichnungen beschreiben keine geologische Zeiteinstufung, sondern gehen auf die Entdeckungs- und Ab- baugeschichte zurück. Nach der variszischen Faltung strich das Alte Lager auf einer Länge von etwa 600 m zu Tage aus und er- Abb. 3: Schematische Darstellung der Geologie des Rammelsberges. (Bear- reichte eine Teufe von 300 m mit einer Mächtigkeit von ca. 15 m. beitung: Georg Drechsler nach Weichmann 2001, S. 120 unten) Es begründete die über Jahrtausende währende Abbautradition am Rammelsberg. Das untertägig verborgene Neue Lager wur- de erst 1859 entdeckt und unter Verhieb genommen. Mit etwa 27 Millionen Tonnen Gesamtroherzgehalt in seiner engräumig kom- pakten Form war die Lagerstätte eine der größten ihrer Art welt- ser nach über Tage abfließen. Zu diesem Zeitpunkt waren noch weit.2 Die Einstellung des Abbaubetriebes 1988 fand jedoch nicht keine Teufen erreicht, die den Einsatz aufwändiger technischer aus wirtschaftlichen Gründen statt, sondern wegen der Erschöp- Hilfsmittel erforderlich gemacht hätten. Das änderte sich, als die fung der Lagerstätte. Gruben – wohl zu Beginn des 13. Jahrhunderts – nach unterhalb der Rathstiefsten-Sohle ausgriffen. Die Hebung durch Muskel- kraft stellte wieder nur eine unzulängliche Zwischenlösung dar, Historischer Überblick zumal mittlerweile durch Raubbau das Gebirge so zerklüftet ge- wesen ist, dass das Niederschlagswasser, welches aufgrund kli- Über das (Ober-)Harzer Montanwesen entstand über Jahrhun- matischer Veränderungen nun auch in größeren Mengen anfiel, derte hinweg eine umfangreiche Literatur, und auch zum Unter- den Abbau in den tieferen Bauen bald zum Erliegen brachte. Um harz – dem Revier rund um den Rammelsberg – wurde in jün- 1300 waren die Wässer bis auf die Sohle der Strecke Trostesfahrt, gerer Zeit zu unterschiedlichen Themen publiziert.3 Trotz der rund 42 m unter der Rathstiefsten-Sohle, aufgegangen, und der neuen Erkenntnisse, die in den letzten Jahrzehnten von histo- Anstieg setzte sich fort. Spätestens Ende der 1350er Jahre waren rischer und montanarchäologischer Seite beigetragen wurden, die Gruben bis zum Rathstiefsten abgesoffen. Die Gewinnung bleiben wesentliche Fragen nach wie vor unbeantwortet. Dazu war nur noch in den Bereichen oberhalb möglich, wo Nachlese- gehören solche nach dem Alter, der Funktion und der Nutzung bergbau betrieben wurde. Ebenso wurden die Halden am Berg- von Grubenräumen, über deren Klärung sich möglicherweise hang durchgeklaubt, die auf diese Weise wohl gleich mehrfach Aufschlüsse zu Betriebsabläufen und Besitzstrukturen erschlie- ihre Lage veränderten. ßen lassen. Für eine Annäherung an historische Sachverhalte zum Rammels- berg ist noch immer das Werk von Wilhelm Bornhard4 unver- Ausgewählte Grubenräume 1: Der Alte Bau zichtbar, das seit Jahrzehnten Autoren eine solide Grundlage für deren eigene Arbeiten bietet. Die Fülle des historischen Quellen- Bei der Auswahl der Grubenräume (Abb. 4) für das Projekt spiel- materials, dessen detaillierte Analyse für seine Rammelsberg-Ge- ten zwei wesentliche bergmännische Arbeiten die Hauptrolle: schichte zweifellos zu umfangreich und zu weitläufig gewesen die Wasserhaltung und die Erzgewinnung. wäre, sowie der Zuwachs an montanarchäologischen Erkennt- Den ältesten erhaltenen baulichen Nachweis einer systemati- nissen seit den 1990er Jahren lassen es jedoch sinnvoll erschei- schen Wasserhaltung im Rammelsberg bildet der vermutlich in nen, Teilaspekte dieser Geschichte neu zu betrachten. die Mitte des 12. Jahrhunderts zu datierende, rund einen Kilome- So ist nicht genau bekannt, wann der Übergang vom Tagebau ter lange Rathstiefste Stollen. Erstmals schriftlich erwähnt wurde zum Tiefbau stattfand, und auch über die Art der Wasserhe- er 1271 als „Aghetucht“ in der sogenannten Bergordnung Her- bung lassen sich nur Vermutungen anstellen. Für das Mittelal- zog Albrechts, in deren 29. Artikel der Berggerichtsbezirk an- ter ist der Einsatz von Wasserknechten und auch von Haspeln hand mehrerer Grenzpunkte umrissen wird: „Der verfestete anzunehmen. Durch die Intensivierung des Bergbaus und das Mann soll Frieden haben von dem