Menschenrechte für Menschenaffen

Dieter Birnbacher

1. Alte und neue Argumente für und gegen Tierrechte

Wilhelm Dietler: Gerechtigkeit gegen Thiere (1787) postuliert moralische Tierrechte auf

– humane Tötung – Schutz vor Jagd zu Vergnügungszwecken – Schutz vor Tierquälerei

1 . Alte und neue Argumente für und gegen Tierrechte

Karl Christian Friedrich Krause, System der Rechts- philosophie (1820 – 1830), Kapitel "Recht der Thierheit im Verhältnisse zu dem Rechte der Menschheit":

postuliert juridische Tierrechte auf

– leibliches Wohlbefinden – Schmerzlosigkeit – die "erforderlichen Lebensmittel"

1. Alte und neue Argumente für und gegen Tierrechte

Henry S. Salt, Animals' rights considered in relation to social progress (1892)

Leonard Nelson, Kritik der praktischen Vernunft (1917)

Albert Schweitzer, Kultur und Ethik (1923)

Tom Regan, The case for (1983)

1. Alte und neue Argumente für und gegen Tierrechte

Einwände gegen die Zuschreibung von moralischen Rechten an Tiere:

1. Tiere können etwaige Rechte nicht kennen und geltend machen.

2. Tiere können mit dem Menschen keinen gerechtigkeitsfundierenden Vertrag schließen.

1. Alte und neue Argumente für und gegen Tierrechte

3. Tiere gehören nicht zur menschlichen Gemeinschaft.

4. Tierrechte würden die Wertabstufung zwischen Menschen und Tier einebnen.

1. Alte und neue Argumente für und gegen Tierrechte

Direkter Speziesismus: Gattungsunterschied ist für sich genommen normativ bedeutsam.

Indirekter Speziesismus: Mit der Gattungszugehörigkeit variierende Merkmale sind normativ bedeutsam, z. B. Leidensfähigkeit, Empathiefähigkeit usw.

Offene Frage: Gattungsspezifische oder individuelle Differenzierung?

2. Was bedeutet "Recht" in "Rechte für Tiere"?

Korrespondierende Pflichten anderer

Recht Negative Pflicht Positive Pflicht

Freiheitsrecht Nichthinderung Ermöglichung der Wahrnehmung Anspruchsrecht Unterlassung von Leistung Zumutungen 2. Was bedeutet "Recht" in "Rechte für Tiere"?

Notwendige Bedingungen der Zuschreibung von moralischen Rechten Erlaubnis Fähigkeiten, Pflichten zu haben

Freiheitsrechte Handlungsfähigkeit ( liberty) Entscheidungsfähigkeit

Anspruchsrecht (claim Leidensfähigkeit (auch nur right) potentiell) Fähigkeit, Bedürfnisse zu haben (auch nur potentiell)

2. Was bedeutet "Recht" in "Rechte für Tiere"?

Vollkommene Pflichten Unvollkommene Pflichten

gelten ausnahmslos gelten nicht ausnahmslos konkrete Ausführung nicht konkrete Ausführung freigestellt freigestellt

Nutznießer nicht freigestellt Nutznießer freigestellt

In der Regel abwägbar nur unbeschränkt abwägbar gegen andere vollkommene Pflichten

2. Was bedeutet "Recht" in "Rechte für Tiere"?

Besonderheiten von Rechten:

- Emphase

- Advokatorische Funktion

3. Abstufungen

Rechte müssen auf einer Wertbasis beruhen, die so weithin Zustimmung findet, dass sie unter allen Verständigen unbestritten ist.

Recht, von (unkompensierter) Leidenszufügung verschont zu bleiben?

Recht, von (unkompensierter) anderweitiger Schädigung verschont zu bleiben?

Recht auf Leben? 3. Abstufungen

Die "five freedoms" des Farm Council

1. Freedom from hunger and thirst 2. Freedom from discomfort 3. Freedom from pain, injury or disease 4. Freedom to express normal behaviour 5. Freedom from fear and distress.

3. Abstufungen

Deutsches Tierschutzgesetz § 3:

Es ist verboten,

... ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen.

4. Selbstbewusste Tiere

Näheverhältnis zwischen Menschenaffen und Menschen:

- Werkzeugherstellung und -gebrauch

- Empathie

- Altruismus

- Sprachliche Bezugnahme auf sich selbst

- Leiden unter dem Verlust Nahestehender 4. Selbstbewusste Tiere

Welche Menschenrechte?

- Recht auf Leben

- Recht auf körperliche Unversehrtheit

- Recht auf Freiheit

4. Selbstbewusste Tiere

Menschenrechte für Menschenaffen - Anfänge der Anerkennung

- Rechtlich anerkannt in Neuseeland

- Ein argentinisches Gericht akzeptierte 2014 eine Habeas-Corpus-Petition zugunsten der Orang-Utan- Frau Sandra

5. Klagerechte für Tiere?

Vorstöße in Richtung Zuerkennung subjektiver Rechte an Tiere und andere Naturwesen

Clarence Morris, USA 1964

Christopher Stone, USA 1972

Albert Brunois, Frankreich 1984

Peter Saladin/Jörg Leimbacher, Schweiz 1986

5. Klagerechte für Tiere?

Verwaltungsgericht Hamburg zur "Robbenklage" von 1988:

"Der deutschen Rechtsordnung ist es fremd, die Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu haben, auf Tiere zu übertragen. ... Auch das Tierschutzgesetz statuiert den Schutz des Tiers als eines Mitgeschöpfs nur als sittliche Pflicht des Menschen, nicht aber als Recht des Tiers. … Für eine Ergänzung dieser Regelung im Wege richterlicher Rechtsfortbildung ist kein Raum; sie verstieße gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz, dass der Richter an das Gesetz gebunden ist."