SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen – Manuskriptdienst Die
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SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen – Manuskriptdienst Die Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes Von den Anfängen bis zur Bundesliga Autoren: Eduard Hoffmann und Jürgen Nendza Redaktion: Udo Zindel Regie: Felicitas Ott Sendung: Freitag, 23. August 2013, 8:30 Uhr, SWR2 Wissen Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Wissen/Aula (Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr) sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für 12,50 € erhältlich. Bestellmöglichkeiten: 07221/929-26030 SWR 2 Wissen können Sie ab sofort auch als Live-Stream hören im SWR 2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml Manuskripte für E-Book-Reader E-Books, digitale Bücher, sind derzeit voll im Trend. Ab sofort gibt es auch die Manuskripte von SWR2 Wissen als E-Books für mobile Endgeräte im so genannten EPUB-Format. Sie benötigen ein geeignetes Endgerät und eine entsprechende "App" oder Software zum Lesen der Dokumente. Für das iPhone oder das iPad gibt es z.B. die kostenlose App "iBooks", für die Android-Plattform den in der Basisversion kostenlosen Moon-Reader. Für Webbrowser wie z.B. Firefox gibt es auch so genannte Addons oder Plugins zum Betrachten von E-Books. http://www1.swr.de/epub/swr2/wissen.xml Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de 1 MANUSKRIPT Musik Preußische Marschmusik Zitator: „Meine Damen und Herren! Die Zeit ist gekommen, die Notwendigkeit liegt vor, einen wohlorganisierten und Achtung gebietenden Deutschen Fußball-Bund ins Leben zu rufen. Analog den Turnern, Radfahrern und Schwimmern wollen wir durch einheitliches Zusammenstreben (…) unserem Fußballsport das Ansehen und die Achtung verschaffen, die ihm in hohem Maße gebührt.“ Sprecher: Es war der 28. Januar 1900: Im Restaurant Mariengarten eröffnete Johannes Kirmse, der Vorsitzende des Verbandes Leipziger Ballsportvereine, den ersten allgemeinen deutschen Fußballtag. 36 Delegierte, die insgesamt 86 Fußballclubs aus dem ganzen Deutschen Reich vertraten, waren in Leipzig zusammen gekommen. Sie gründeten den bis heute bestehenden DFB. Atmo: Fußballstadion Ansage: Die Geschichte des Deutsche Fußball-Bundes – Von den Anfängen bis zur Bundesliga. Eine Sendung von Eduard Hoffmann und Jürgen Nendza. Sprecher: Seit mehr als einem Jahrhundert gehört der Deutsche Fußball-Bund zu den einflussreichsten Verbänden Deutschlands. Und das trotz seiner lange Zeit beharrlichen national-konservativen und frauenfeindlichen Ideologie, von den Anfängen in der Kaiserzeit bis ins 21. Jahrhundert. Mitte des 19. Jahrhunderts hatten englische Gentlemen den Fußballsport aus ihrer Heimat nach Deutschland gebracht. Sie hielten sich in Handelszentren wie Berlin, Residenzstädten wie Braunschweig oder Modebädern wie Bad Cannstatt auf und pflegten dort ihr gewohntes Fußballspiel. Ihrem Beispiel folgend gründete der Braunschweiger Turnlehrer Konrad Koch 1874 dann den ersten deutschen Schüler- Fußballverein. Der 2008 verstorbene Fußballchronist Hans Dieter Baroth erzählte: O-Ton – Hans Dieter Baroth: In der Anfangsphase war es so, dass es Bürgersöhne waren, deswegen sind ja die ganz alten Vereine alle aus angesehenen Stadtteilen, der VFB Stuttgart, die Stuttgarter Kickers, das waren alles sehr noble Vereine, wo die aufsässigen Kinder des Bürgertums den Mannschaftssport prägten. Sprecher: Bis zum Ersten Weltkrieg spielten vor allem wohlhabende Bildungsbürger, Kaufleute und Angestellte Fußball. Sie hatten genügend Freizeit und konnten sich das kostspielige Sportvergnügen leisten. Arbeitern wurde in vielen Vereinen noch die 2 Mitgliedschaft verweigert. Doch im deutschen Kaiserreich blieb Fußball eine Randsportart und die Spieler wurden häufig angefeindet. Schülern, die in der Öffentlichkeit beim Kicken erwischt wurden, drohte Arrest. Das Spiel galt der Obrigkeit lange Zeit als zu exotisch, zu rau und jugendgefährdend. Vor allem die einflussreiche Deutsche Turnerschaft machte Front gegen das neue Spiel. Fußball sei „englisches Unkraut“, „undeutsch“ und gehöre „ausgemerzt“. Der angesehene Stuttgarter Turnlehrer Karl Planck schimpfte noch 1898, Fußball sei eine Zitator: „englische Krankheit, ein dem Hundstritt abgeschautes, widernatürliches Spiel, das den Menschen zum Affen erniedrigt“. Sprecher: Diese Vorwürfe waren eine schwere Bürde für die gesellschaftliche Anerkennung des jungen Sports, vor allem aber auch für den neu gegründeten bürgerlichen Deutschen Fußball-Bund, erklärt der Fußballhistoriker Arthur Heinrich: O-Ton – Arthur Heinrich: Der Fußball war eindeutig eine Importware, er kam aus England, England galt wie Frankreich als Erzfeind, als Hauptkonkurrent für die weltmachtpolitischen Ambitionen des Kaiserreichs. Man versuchte sich gesellschaftlich dadurch zu etablieren, dass man gesagt hat, es stimmt alles so gar nicht. Wir sind deutsch, wir sind deutschnational. Der Fußball ist ein deutsches Spiel. Musik: Militärmarsch Sprecher: Den Durchbruch zur gesellschaftlichen Anerkennung des Fußballspiels und des DFB schafften die Vereinsfunktionäre aber erst durch den strategisch raffinierten Schulterschluss mit dem damals gesellschaftsprägenden Militär. O-Ton – Arthur Heinrich: Diese Kooperation zwischen Fußball und Militär, die ist völlig problemlos eigentlich für die Fußballer und für die Militärs, weil es keine ideologische Differenzen gibt zwischen beiden. Man ist national orientiert, man hat sich den politischen Zielen des Kaiserreichs als Fußballer verschrieben, jedenfalls auf der Führungsebene, und das kann man für diese Zeit auch runter verfolgen bis auf die Vereinsebene. Sprecher: Deutsche Militärs waren von dem neuen Sport bald angetan und beide Seiten sahen Parallelen zwischen kriegerischer und fußballerischer Kampfkunst. Der Schriftführer des DFB, Walter Sanss, erklärte 1908 die Grundfeste des Fußballspiels so: Zitator: „Wie zwei gerüstete Heere ziehen die Spielparteien auf dem Spielfeld gegeneinander zum Angriff und Verteidigung. Ein jeder hat den Platz, auf welchen er gestellt ist, mit dem Aufgebot aller körperlichen und geistigen Mittel und Kräfte zum Vorteil seiner Partei auszufüllen und alles zu tun, um seinen Leuten, seiner Farbe, den Sieg zu sichern“. 3 Sprecher: Soldatische Tugenden wie Ausdauer, Kampfkraft, Entschlossenheit – und zugleich Gehorsam und Unterordnung – wurden auch von Fußballern erwartet. 1910 wurde der Fußballsport in die Ausbildungspläne der Armee aufgenommen. Dem Deutschen Fußball-Bund war es gelungen, das Spiel im Zeichen von Nationalismus und Vaterlandskult zu etablieren. Zu dieser Zeit liefen die Vorbereitungen auf den Ersten Weltkrieg bereits auf Hochtouren. Auf deutschen Werften lief ein Panzerkreuzer nach dem anderen vom Stapel, Stahlwerke produzierten Kanonen. Aber das Militär beklagte das Fehlen einer kriegstauglichen Jugend. Noch 1913 galt nur die Hälfte aller im Kaiserreich Gestellungspflichtigen als für den Militärdienst geeignet. Um ihre Tauglichkeit zu verbessern, hatte sich 1911 der paramilitärische „Jungdeutschlandbund“ gegründet, ein Dachverband deutschnationaler Vereinigungen, zu denen federführend auch die Deutsche Turnerschaft gehörte. Mit Liegestützen und Klimmzügen, mit Geländeläufen und Gymnastik sollte die Jugend stark und willig gemacht werden für die Schützengräben und den Kampf Mann gegen Mann. Auch der DFB schloss sich dem „Jungdeutschlandbund“ an. Die Fußballer sahen ihr Spiel als “maßgebliche militärische Vorbereitung der Jugend“. Zitator: „Jetzt hat auch der Sport bei uns seine Daseinsberechtigung bewiesen“, Sprecher: verkündet Oberleutnant Dietrich von Hülsen im Jahre 1912. Zitator: „Er ist Eigentum der Nation geworden. Dies gilt insbesondere vom Fußballsport. Ich halte ihn für eine der besten, der segensreichsten Betätigungen zum Heile der Wehrkraft unserer Nation.“ Sprecher: Geradezu vorbildlich fand die Militärführung auch die streng hierarchischen Verbandsstrukturen des Deutschen Fußball-Bundes. Kriegsminister Erich von Falkenhayn lobte im DFB-Jahrbuch 1913: Zitator: „Als besonderen Vorzug bei Ihrem Sport schätze ich die Erziehung zur selbstlosen Opferwilligkeit des einzelnen … und ebenso die Unterwerfung unter die Anordnungen des Parteiführers, des Schiedsrichters und in größeren Verhältnissen des Bundesvorstandes. Das sind disziplinfördernde Eigenschaften, deren eifrige Weiterpflege von Ihrer Seite dem Heeresersatz zum Vorteil gereichen werden.“ Atmo: Aufmarschierende Soldaten, Gleichschritt, Flugzeuge, Maschinengewehr Sprecher: Der Forderung nach einer Erziehung zur selbstlosen Opferwilligkeit folgte bald die Katastrophe des Ersten Weltkriegs. Der DFB feierte das Gemetzel anfangs noch als 4 „Riesenländerspiel“. In Reih und Glied marschierten sportgestählte Fußballer in ihren Untergang – im Trommelfeuer, in Grabenkämpfen, in Gas- und Bombenkrieg. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde dem Deutschen Reich von den Siegermächten die alleinige Kriegsschuld zugesprochen. Der Versailler Vertrag und die enorm hohen Reparationsforderungen der Alliierten bedeuteten eine schwere wirtschaftliche und psychologische Bürde für Deutschland.