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… und der Zukunft zugewandt …

SA 9. NOV 2019 | Spartacus

FR 29. NOV 2019 | 19.30 Uhr SA 30. NOV 2019 | 19.30 Uhr KULTURPALAST

TSCHAIKOWSKI ›Manfred‹-Sinfonie h-Moll PROKOFJEW Violinkonzert Nr. 2 g-Moll CHATSCHATURJAN Auszüge aus dem Ballett ›Spartacus‹ DMITRIJ KITAJENKO | Dirigent SERGEJ KRYLOV | Violine DRESDNER PHILHARMONIE

Tickets 39 | 34 | 29 | 23 | 18 € [email protected] dresdnerphilharmonie.de

9 € Schüler, Studenten © Klaus Rudolph PROGRAMM

17.00 Uhr, Konzertsaal Musik – Demokratie – Europa

Harald Muenz (* 1965) [ funda'men de'nit ] per dieci voci, für zehn Stimmen, para diez voces, for ten voices, pour dix voix auf Textauszüge aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (1949) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2000), eingerichtet vom Komponisten (2019)

Stefan Beyer (* 1981) »Vi« für Vokalensemble und Elektronik (2019)

Hakan Ulus (* 1991) »Auslöschung II« für zehn Stimmen (2019)

Chatori Shimizu (* 1990) »Rightist Mushrooms« für zehn Stimmen (2019)

Fojan Gharibnejad (* 1995) Zachary Seely (* 1988) »hēmi« für zehn Sänger (2019)

Olaf Katzer | Leitung AUDITIVVOKAL DRESDEN

Die fünf Werke entstanden im Auftrag von AUDITIVVOKAL DRESDEN und erklingen als Urau˜ührungen. PROGRAMM

18.30 Uhr, Konzertsaal I have a dream Kurzeinführung: Zeitzeugen im Gespräch mit Jens Schubbe (1942 – 2013) Sinfonie »In memoriam Martin Luther King« (1969/70) Sehr langsam – Schnell – Ruhige Halbe (in der Art eines Chorals) – Tempo I Schnell und rigoros – Langsam – Ruhig ießend – Tempo I

Jonathan Stockhammer | Dirigent Dresdner Philharmonie

20.00 Uhr, Konzertsaal Musik und Lesung

Paul-Heinz Dittrich (* 1930) Kammermusik II

Wolfgang Hilbig (1941 – 2007) Lyrik aus dem Band »Stimme Stimme«

Georg Katzer (1935 – 2019) »La fabbrica abbandonata« III (Die verlassene Fabrik) nach Texten von Wolfgang Hilbig für Sprecher, Sopran, Ensemble und elektronische Klänge (2010)

PAUSE PROGRAMM

Wilfried Jentzsch (* 1941) »Tamblingan« für elektroakustische Klänge und Video (2009)

Friedrich Goldmann (1941 – 2009) a quattro für 16 Spieler (1989) Moderato – Lento assai – Allegro – Moderato – Lento – Lento assai – Moderato

Jonathan Stockhammer | Dirigent Catriona Bühler | Sopran Peter Schweiger | Sprecher Collegium Novum Zürich

22.30 Uhr, Foyer, 1. Obergeschoss Film

Frank Schleinstein (1955 – 2017) »Zeit-Klänge: Klang-Szenen: Skizzen zu « (Dokumentarlm, Deutscher Fernsehfunk 1991) JENS SCHUBBE

… und der Zukunft zugewandt …

Graffito am Berliner Schlossplatz 2008

Vor zwei Jahren entbrannte der sogenannte DDR hat es einen vergleichbaren Auf- »Dresdner Bilderstreit« am Vorwurf, dass schrei nie gegeben, obwohl sie tatsächlich von den Verantwortlichen des Albertinums in ziemlicher Gründlichkeit und von we- die zwischen 1945 und 1990 im Osten nigen Ausnahmen abgesehen ins Abseits Deutschlands entstandene Kunst ins gedrängt wurde. Warum blieb der Protest Depot entsorgt und damit eine ganze aus? Und warum verschwand diese Musik kunstgeschichtliche Epoche ausgeblendet so weitgehend aus den Konzertsälen? würde. Bezogen auf die Musik aus der

4 Verglichen mit der bildenden Kunst und der Literatur blieb der avancierten Musik aus der DDR »zu Lebzeiten« eine wirk- liche Breitenwirkung versagt. Als sich um 1970 eine insbesondere aus den Meister- klassen von Rudolf Wagner-Regeny und Mit dem Ende der DDR änderten sich die hervorgegangene Generation Strukturen des Musiklebens grundlegend. von jüngeren Komponisten Freiräume Viele der Protagonisten der ostdeutschen erkämpfte, die einengende Doktrin des komponierenden Avantgarde waren nicht Sozialistischen Realismus hinter sich ohne weiteres in der Lage, sich den neuen ließ und internationale Strömungen des Spielregeln geschmeidig anzupassen. aktuellen Komponierens adaptierte, Aufträge und Aufführungen blieben aus, entstanden mit Festivals wie der Musik- zumal das Wohlwollen, das Komponisten Biennale und den DDR-Musiktagen aus dem Osten zuvor etwa auf den spezielle Foren, die der zeitgenössischen Festivals in Donaueschingen und Witten Musik gewidmet waren. Täglich war im bis 1989 entgegengebracht wurde, nun Programm von Radio DDR II vor Mitter- nicht mehr ohne weiteres vorausgesetzt nacht eine Stunde der zeitgenössischen werden konnte. Als 1992 mit Armin Köhler Musik reserviert. Damit hatte sie zwar ein Ostdeutscher künstlerischer Leiter eine gewisse Präsenz, freilich bevorzugt der Donaueschinger Musiktage wurde, innerhalb der für sie reservierten Nischen, hatte dieser verdienstvolle Mann peinlich wo sie von der relativ kleinen Gemeinde darauf zu achten, dass ihm nicht etwa der Interessierten rezipiert werden konnte. der Vorwurf gemacht werden konnte, Komponisten aus der ehemaligen DDR über Gebühr zu protegieren.

5 Wir meinen, dass es nunmehr, im Abstand einer Generation, höchste Zeit ist, die avancierte Musik aus der DDR, bzw. von So geriet beispielsweise ein Komponist Komponisten, die in der DDR sozialisiert wie Paul-Heinz Dittrich, der in der DDR wurden, erneut zu befragen. Warum? zu den profiliertesten Vertretern seiner Darauf konnte man am Karfreitag dieses Zunft gehörte, allmählich ins Abseits. Jahres in der Berliner Gethsemanekirche Zwar komponierte er unermüdlich weiter, eine Antwort finden. Dort erlebte die aber Aufführungen oder gar Aufträge Markus-Passion von Christfried Schmidt ergaben sich immer seltener. ihre Uraufführung – 45 Jahre, nachdem Wenn zumal die vor 1989 entstandene sie im Jahr 1974 komponiert wurde. Der Musik aus den Konzertsälen weitgehend mittlerweile 86-jährige Komponist war verschwand, spielt aber auch ein anderes anwesend und konnte zutiefst beglückt Phänomen hinein, das nicht nur die die Standing Ovations des die Kirche bis Musik aus der DDR betrifft: Zwischen auf den letzten Platz füllenden Publikums dem das ewig gleiche Repertoire in einer entgegennehmen. Was für eine Musik! Endlosschleife reproduzierenden Klassik- Hoch expressiv, von Abgründen durch- Betrieb und den auf das aktuelle Musik- furcht, von glühender Intensität getragen, schaffen fokussierten Foren der zeitge- in jedem Moment wahrhaftig, sich niemals nössischen Musik öffnet sich gleichsam anbiedernd und doch unmittelbar ergrei- ein Meer des Vergessens, in das immer fend. Mit diesen Eigenarten berührt sich mehr Musik driftet. Im Zusammenspiel die Markus-Passion mit mancher Musik, mit den spezifischen Entwicklungen des die damals von avancierten Komponisten Musiklebens nach der Wende erfasste der DDR geschaffen wurde. Mit ihrer dieses Vergessen die Musik aus der DDR Musik reagierten sie – wie vermittelt mit besonderer Gründlichkeit. auch immer – auf Wirklichkeit und zwar bis in die innersten Zellen des die Musik konstituierenden Materials hinein. Gerade dadurch aber wurden die Voraussetzungen geschaffen, diesen Werken über die Kon-

6 Kammermusik II, mit der wir das dritte texte ihrer Entstehungszeit hinaus Kapitel des Thementages einleiten, in Gültigkeit zu bewahren. Insofern war diese dem mehrere Geschichten erzählt werden: Kunst, anders als der Staat, in dem sie wandte sich 2010 rückbli- entstand, »der Zukunft zugewandt« und ckend einer Erzählung von Wolfgang erklärt sich jener keineswegs in einem Hilbig aus dem Jahr 1971 zu und entwarf nostalgischen Sinne der Nationalhymne mit »Die verlassene Fabrik« eine Apoka- der DDR entlehnte Titel dieses Themen- lypse in sächsischer Industrielandschaft. tages. Dessen Programm spannt einen Der Dresdner Wilfried Jentzsch hatte die weiten Bogen: Er wird eröffnet mit fünf DDR schon in den frühen 1970er Jahren neuen Werken von Komponistinnen und verlassen und ging seinen ganz eigenen Komponisten der jungen und mittleren künstlerischen Weg. Friedrich Goldmanns Generation, die durch die spezifische »Sonata a quattro« schließlich führt in Formulierung der an sie vergebenen das Wendejahr 1989, in jene Zeit, in der Aufträge dazu angehalten wurden, sich auch das ihm gewidmete Filmportrait künstlerisch mit bestimmten aktuellen Frank Schleinsteins entstand. Themenfeldern auseinanderzusetzten. Sodann gibt es eine Wiederbegegnung mit der Sinfonie »In memoriam Martin Luther King«, die 1972 von der Dresdner Philharmonie uraufgeführt wurde und einen großen Skandal entfachte, so ver- störend wirkte sie damals. Dieser Skandal stand am Anfang einer höchst spannenden Phase in der Musikgeschichte der DDR, in der in dichter Folge Werke von beacht- licher Qualität entstanden. Dazu zählt Paul-Heinz Dittrichs radikale und wilde

7 TOBIAS SCHICK

Neue Vokalmusik für einen europäischen Dialog

Europäisches Zentrum der Künste, der Sächsischen Akademie der Künste und »Zum Glück chaotisch! Europa wirkt oft der Dresdner Philharmonie Kompositions- unentschieden und fragil« – so schrieb die aufträge vergeben, die den Themenkom- Wochenzeitung DIE ZEIT im Juni dieses plex von »Musik – Demokratie – Europa« Jahres und kehrte somit ein hartnäckiges auf höchst unterschiedliche und facetten- Vorurteil in sein Gegenteil um. Gerade reiche Weise aufgreifen und – indem sie seine Unordnung und Kleinteiligkeit sei nicht nur dessen inhaltliche, sondern Europas große Stärke, insofern sie eine auch strukturelle, soziale oder klangliche Vielfalt an Lösungen wirtschaftlicher und Dimensionen reflektieren – nicht nur die politischer Probleme entstehen ließen, Vielfalt möglicher Herangehensweisen, so lautete eine Grundthese des Artikels. sondern die Vielfalt Europas selbst unmit- Weder ein bloßes Nebeneinander von telbar sinnfällig machen. heterogenen Meinungen noch Abschottung Das Werk [ funda'men defi'nit ] von Harald und nationale Sonderwege, sondern erst Muenz etwa trägt nicht nur durch seine der offene und unvoreingenommene Vielsprachigkeit dem europäischen Austausch ist dazu geeignet, die Vielfalt Gedanken Rechnung, sondern entfaltet Europas fruchtbar zu machen – dieser das Spannungsverhältnis von Individuum Idee ist auch das Programm des Ensembles und Gruppe sowohl musikalisch als auch AUDITIVVOKAL DRESDEN verpflichtet. szenisch und reflektiert dadurch den An mehrere im Rahmen eines internationa- Modellcharakter, den das Gebilde »Chor« len Kompositionswettbewerbs ausgewählte Komponistinnen und Komponisten wurden von AUDITIVVOKAL DRESDEN in Zusammenarbeit mit Hellerau –

8 Partiturseite aus [ funda'men defi'nit ] von Harald Muenz

9 Gibt es einen gemeinsamen, kollektiven Erfahrungsschatz, der die Länder Europas trotz ihrer Pluralität miteinander ver- für soziale Gruppierungen im Großen bindet? Diese Frage wird in Stefan Beyers haben könnte. Die iranische Komponistin Komposition »Vi« aufgeworfen, welche Fojan Gharibnejad und der US-amerika- ihren Ausgang in Perotins berühmter nische Komponist Zachary Seely, die sich Komposition »Viderunt omnes« nimmt, auf »neutralem« europäischen Boden in einem »kulturellen Herzstück Europas«, trafen, während ihre Herkunfts- das oftmals als Gründungsdokument länder in einem konfliktreichen Verhältnis einer später so vielfältigen und reich ver- zueinander stehen, schildern in ihrer zweigten mehrstimmigen europäischen gemeinsamen Dialogkomposition »hēmi« Kunstmusik angesehenen wurde und eine Art »Außensicht« auf Europa, betonen auch in seinem späteren Verlauf durch die aber zugleich gegenüber einem (allzu) Vertonung eines Ausschnitts aus einem einfachen Verstehen die unauflösliche revolutionären Gedicht von Ferdinand Vieldeutigkeit der Musik. Der japanische, Freiligrath aus dem Jahr 1848 auf eine in Dresden lebende Komponist Chatori wichtige Station des Wegs zu demokrati- Shimizu hingegen spricht sich in Musik scher Freiheit und Selbstbestimmung in und Wort mit unmissverständlicher Deut- Europa verweist. Höchst unterschiedliche lichkeit gegen ausgrenzende und rassisti- kulturelle Sphären treten auch in Hakan sche Parolen aus. »Rightist Mushrooms« Ulus’ Komposition »Auslöschung II« übersetzt die willkürliche Hervorhebung miteinander in Beziehung. Sein Rekurs eines Vornamens in Musik und macht sie auf Thomas Bernhards gleichnamigen somit sinnlich erfahrbar. Roman als Plädoyer gegen einen einengen- den Traditionalismus verbindet sich auf faszinierende Weise mit kompositorischen Strategien, die von der jahrhundertealten Tradition der Koranrezitation inspiriert sind. So entsteht ein neuartiges Gebilde, gleichsam jene »Einheit in Vielfalt«, die der Komponist auch als Motto des euro- päischen Zusammenlebens betrachtet.

10 Bilden die Werke des heutigen Konzerts nur ein buntes, aber unzusammen- hängendes Kaleidoskop? Ein Bild Europas mit seinem vermeintlich bloßen Neben- einander individueller Positionen? Oder gibt es darüber hinaus etwas Verbinden- des? Vielleicht könnte dieses in der Offen- heit und Freiheit zu finden sein, die die jeweiligen Werke in unterschiedlicher Weise ausprägen, in ihrem produktiven Spannungsverhältnis zwischen Indivi- duum und Gemeinschaft, zwischen klang- licher wie sozialer Heterogenität und Homogenität, in ihrem gegen allzu einfache Antworten gerichteten Charakter des Suchens. Fühlen auch Sie sich einge- laden, die einzelnen Werke miteinander in Beziehung zu setzen und ihren klang- lichen, kulturellen oder semantischen Assoziationen und Spuren nachzuhören.

11 KOMMENTARE UND PORTAITS

Harald Muenz

Harald Muenz () mit dem Ensemble Sprechbohrer (Sigrid und Georg Sachse)

[ funda'men defi'nit ] geht davon aus, dass mit Text ist vielmehr sprachkritisch. Die musikalische Ensemblearbeit womöglich Sapir-Whorf-Hypothese stellt fest, dass eine Schule der Gesellschaft bilden könnte. Sprache nicht allein Ausdruck unseres Sie könnte Modell sein für eine Gruppe Denkens und Fühlens ist, sondern prägnanter und hochspezialisierter Indi- sprachliche Formulierungen ihrerseits viduen, die sowohl einzeln hervortreten unser Fühlen und Denken beeinflussen als auch sich dem Wohl eines übergrei- und prägen können. Ich ziele auf zur fenden Ganzen unterordnen können. Selbstverständlichkeit geronnene Dem üblichen »Vertonen« von Texten Wahrnehmung(en) und möchte sie noch stehe ich grundsätzlich skeptisch gegen- über. Mein kompositorischer Umgang

12 einmal in klanglicher Art und Weise neu erfahr-/wahrnehmbar, sicht-/hör- und reflektierbar machen. Insofern wird die artikulatorische Struktur einer Textvor- lage, also der Sprach-Klang selber (auch Harald Muenz, geb. 1965 in Schwäbisch mehrsprachig) zu meinem Material, das Hall, studierte Komposition bei Helmut auf vielfache Weise kompositorisch ab- Lachenmann, Johannes Fritsch, Clarence geklopft, seziert, geschichtet und immer Barlow, Krzysztof Meyer, Hans-Ulrich wieder anders differenziert wird. Musi- Humpert und Martin Redel, außerdem kalisch-phonetische Qualitäten wie Arti- am Detmolder Tonmeisterinstitut sowie kulation, Rhythmus, Prosodie werden in Italienisch und Phonetik (Georg Heike) den Fokus genommen, Sprache und Spre- an der Kölner Universität. Muenz widmet chen selber musikalisch gehandhabt, zur sich besonders Sprachkomposition, Ars eigentlichen Musik – und konventionelles Acustica und Instrumentalmusik mit und Singen wird zugleich zum Grenzfall. Da im ohne Live-Elektronik. Mit Sigrid und Georg menschlichen Miteinander das meiste – Sachse bildet er das Trio sprechbohrer, das sogar Musik – mit Hilfe von Sprache ver- Sprechkunst aus musikalischer Perspektive mittelt wird, ist für mich Alltags- au¢ührt. Seit 2005 pendelt Muenz als Sprechen eine universale Form von Musik, spartenübergreifender Künstler zwischen die genuin (zu) allen Menschen gehört. Köln und London, wo er Komposition am Die Schönheit mancher Texte des Grund- Centre for Contemporary Music Practice gesetzes oder der EU-Grundrechtecharta der Brunel University unterrichtet. liegt für mich in ihrer unumwundenen Schnörkellosigkeit. Formulierungen wie »Frauen und Männer sind vor dem Gesetz gleich.« oder »Die Kunst ist frei.« sind an Klarheit und visionärem Potential kaum zu überbieten.

13 Stefan Beyer

Die Komposition »Vi« ist entscheidend entsprechen, liegen die (theoretischen, geprägt von einem kulturellen Herzstück nicht erklingenden) Grundtöne besonders Europas, der Musik Notre-Dames. Als tief, zwischen 20 und 2 Schwingungen Prolog und Epilog wird sprachlich auf pro Sekunde. Trotz dieser harmonischen Pérotins »Viderunt omnes« (»Vi-« und »-s«) und intonatorischen Komplexität sind hingedeutet. Ein großer Teil der Partitur sämtliche Akkorde für sich genommen erklingt auf dem Vokal »i« und setzt wie »spektral rein« und wirken konsonantisch. ein Echo das kurze musikhistorische Zitat Die fünfzehn Akkorde erklingen je nur des Anfangs fort. Zum Ende der Kompo- einmal und folgen als harmonische sition hin erscheint ein Textausschnitt Progression aufeinander. Als Konstruktions- aus dem revolutionären Gedicht »Die prinzip enthält dabei jeder Akkord aus Todten an die Lebenden« von Ferdinand dem ihm vorangehenden einen Einzelton Freiligrath aus dem politisch bedeutsamen in unveränderter Intonation. Während Jahr 1848. diese eine klingende Frequenz dieselbe Im Mittelpunkt stehen fünfzehn zehn- bleibt wie im Akkord zuvor, wird ihre Posi- stimmige Obertonakkorde. Jedem tion auf der Obertonreihe anders definiert: Ensemblemitglied ist stets sein eigener Der Ton wird spektral umgedeutet. Auf Ton zugeordnet. Intonation und harmoni- diese Weise ergibt sich von Akkord zu sche Struktur dieser spektralen Akkorde Akkord eine harmonische Modulation in sind komplex, denn die Entsprechungen abstrakte, weit entfernte Stimmungsräume. der einzelnen Töne reichen bis zum 256. Oberton, einem sehr hohen Bereich, in dem ein Halbtonschritt gut und gerne sechzehnfach geteilt ist. Damit die konkreten, erklingenden Tonhöhen noch dem menschlichen Stimmumfang

14 Stefan Beyer

Die zehnstimmige Intonation mit ihren Stefan Beyer, geboren in Braunschweig, feinsten Justierungen wäre ohne techni- lebt und arbeitet in . Künstlerische sche Hilfsmittel sängerisch nicht realisier- Ausbildung in Leipzig und Göteborg. 2008 bar. Deswegen trägt jedes Ensemble- Erstes Staatsexamen im Fach Schulmusik, mitglied einen In-Ear-Kopµörer. Für jede 2011 Konzertexamen im Fach Komposition. gesungene Tonhöhe im Werk wurde eine »digitale Stimmgabel« programmiert: perfekt gestimmte sogenannte Sinustöne (die dem Ein- und Ausschwingvorgang einer tatsächlichen Stimmgabel nachemp- funden wurden). Jedes Ensemblemitglied startet seine »digitale Stimmgabel« selbst und kann auf diese Weise die komplexe Intonation im zehnstimmigen Kontext steuern.

15 Hakan Ulus

»Nach und nach müssen wir alles ablehnen, nach und nach gegen alles sein, um ganz einfach an der allgemeinen Vernichtung, die wir im Auge haben, mitzuwirken, das Alte auflösen, um es am Ende ganz und gar auslöschen zu können für das Neue. Das Alte muß aufgegeben werden, vernichtet werden, so schmerzhaft dieser Prozess auch ist, um das Neue zu ermöglichen, wenn wir auch nicht wissen können, was das Neue Hakan Ulus sei, aber, daß es sein muß wissen wir, es gibt kein Zurück. Natürlich Der Titel des Werks bezieht sich auf den haben wir, wenn wir so denken, alles Alte im Jahr 1986 entstandenen Roman gegen uns und also haben wir Alles gegen »Auslöschung« von Thomas Bernhard. uns. Das darf uns aber nicht hindern, Wie in vielen von dessen Romanen ist die unsere Idee, das Alte gegen das von uns Überwindung des Herkunftskomplexes gewünschte Neue einzutauschen, zu- das Hauptthema: Den Provinzialismus nichte zu machen. Alles aufgeben, alles auslöschend, ist es ein Plädoyer für den abstoßen, alles auslöschen letzten Endes.« Kosmopolitismus. Das demokratische Mo- (Thomas Bernhard) ment liegt sowohl hier, als auch direkt in der kompositorischen Struktur begründet.

16 In den sogenannten Bernhard-Blöcken werden Textfragmente aus dem Roman verwendet, wobei nicht Textverständ- nis, sondern die innermusikalische Kraft Hakan Ulus (*1991 in Buxtehude) der Texte von Bedeutung ist. Sie tragen ist ein deutscher Komponist. die Vortragsbezeichnung »so schnell wie Kompositionsstudium bei Ernst Helmuth möglich«, »unverständlich«, »zischend«, Flammer, Adriana Hölszky, Claus-Ste¢en »undeutlich«, »atemlos«, »fragil«. Der Text Mahnkopf und Tristan Murail an der löst sich in Klang auf. Die große innere Universität Mozarteum Salzburg und Angespanntheit der Textfragmente ist ge- der Hochschule für Musik und Theater paart mit den sogenannten geheimnisvollen Leipzig. Als Stipendiat der Internationalen Buchstaben des Koran (hurūf¹ muqatta ¹¹ a), Akademie (IEMA) welche dieselbe Energie aufweisen. Die absolvierte er auch einen Master in musikalischen Energien Bernhardscher Zeitgenössischer Komposition an der Texte und der Koranrezitation sind also Hochschule für Musik und darstellende die wichtigsten Einflüsse für das Werk. Kunst Frankfurt. Derzeit ist er Doktorand »Auslöschung II« ist auf drei Ebenen als und Lehrbeauftragter an der University of Polywerk konzipiert: Es ist Teil meines Hudders¥eld in Großbritannien (bei Aaron Bernhard-Zyklus, welcher aus den vier Cassidy und Liza Lim). Werken »Beton« (2017/18) für Frauen- stimme mit Klangobjekten, vier Klarinetten und Elektronik, »Auslöschung« (2019) für Bass mit Klangobjekten, »Auslöschung II« für 10 Stimmen und »Karōshi« für Sopran mit Klangobjekten besteht. Dieser Vokal- zyklus ist wiederum Teil des größeren Polywerks »Hajj«, das noch im Entstehen begriffen ist.

17 Chatori Shimizu

»Rightist Mushrooms« wurde in Dresden, Regensburg, Straßburg, Bordeaux und Auvillar komponiert. In den letzten Jahren war ein massiver Zustrom von Flüchtlingen und Migranten nach Europa zu beobachten. Nachrichtenorganisationen wie die BBC berichteten auf reißerische Weise, dass »Muhammad« zu einem der Chatori Shimizu beliebtesten Namen für Neugeborene in ganz Europa geworden sei. In Dresden ausspielt – erst recht, wenn es sich bei den habe ich Kundgebungen erlebt, die die Attackierten um Neugeborene handelt. Einwanderungspolitik der EU scharf Ihr die Zukunft zu rauben, der Jugend die kritisierten und die Abschiebung der Neu- Chancen wegzunehmen, ist alles, was es ankömmlinge, auch der in Deutschland braucht, um eine Gruppe von Menschen geborenen, forderten. In demokratischen zu zerstören. Meine Komposition ist eine Gesellschaften ist ein offener Dialog über Darstellung der heutigen Welt, in der politische Fragen von entscheidender kleine Brocken an Informationen aus dem Bedeutung und Kritik an der Regierungs- Kontext gerissen und in verzerrter Weise politik sollte nicht eingedämmt, sondern dargestellt werden. frei geäußert werden. Ich stelle mich jedoch entschieden gegen jedwede Rede, die Menschengruppen gegeneinander

18 Chatori Shimizu wurde 1990 in Osaka, Japan geboren und studierte am Kunitachi College of Music (Tokio) Computermusik und an der Columbia University (New York) Klangkunst. Er wurde mit Stipendien und Preisen wie dem Arima Preis (2014), dem Columbia University Fellowship (2014-2016), dem 1. Preis des Malta International Composition Competition (2016) und dem Mitsubishi Foundation Fellowship (2017) ausgezeichnet. Seine Musik wird u.a. vom Shanghai Philharmonic Orchestra, dem Ensemble Linea, dem Mivos Quartett und dem Ensemble Multilatérale aufgeführt. Derzeit studiert er Komposition an der Hochschule für Musik bei Mark Andre und Franz Martin Olbrisch.

19 Fojan Gharibnejad Zachary Seely

Abolition Affirmation Despot Existenz

Was sagen Sie zu dem Gesicht des Seins? Die Wahl des Körpers als Ausdrucksmittel Der schwarze Nachthimmel sitzt sanft in ist ein Versuch, sich mit etwas Unter- der weichen Hand der Zeit und sticht das drücktem zu befassen. Ich bin daran inte- Herz der Macht. Ich bin Fojan Gharibnejad, ressiert, das Thema des physischen und gemacht aus Fleisch und Blut. Ich bin emotionalen Schmerzes in das aktuelle schwarz. Ich bin geboren und aufgewach- Wechselspiel der menschlichen Intersub- sen in 35°41'39.8"N, 51°25'17.44"E und lebe jektivität zu bringen. derzeit in 51°20'22.63"N, 12°22'16.64"E. Die Komposition, die Performance sollte Der Körper eines Künstlers wird von der sich selbst einer Reihe an Interpretationen Verpflichtung heimgesucht, sich selbst öffnen. Das Gefühl der Präsenz kann sich auszustellen, um in der Lage zu sein, etwas nur durch den Klang einstellen. Dem zu sein. Klang kommt eine Schlüsselrolle in der Veränderung der wahrgenommenen Realität zu, während er zugleich die Vor- stellungskraft und Fantasie anregt. Ich komponiere Identität… Ich performe Subjektivität… Ich diskutiere Gender und provoziere Sexualität.

20 Zachary Seely (*1988) ist ein New Yorker Komponist, Dirigent und Gitarrist, der derzeit in Leipzig lebt. Er studierte Komposition in New York, Leipzig und Bowling Green, u.a. bei Arthur Kampela, Claus-Ste¢en Mahnkopf, Elainie Lillios und Annette LeSiege, Dirigieren in Strasbourg, Paris und New York, u.a. bei Jean-Philippe Wurtz, Léo Warynski Fojan Gharibnejad und Thomas Carlo Bo sowie klassische Gitarre und Musikpädagogik. Seine Kompositionen wurden in Europa und den USA aufgeführt. Er erhielt zahlreiche Preise und Stipendien, darunter ein Sächsisches Landesstipendium. Außerdem nahm er aktiv an verschiedenen renommierten Festivals und Meisterkursen für teil. 2017 dirigierte er das Ensemble des Zentrums für Gegenwartsmusik der Hochschule für Musik und Theater Leipzig und das Ensemble Voix Nouvelles in Royaumont (Frankreich).Im Jahr 2014 gründete er das Ensemble Contemporary Insights, um die Arbeit lebender Interpreten und Komponisten zu fördern. Er hat zahlreiche Werke Zachary Seely für Kammerensemble dirigiert und uraufgeführt.

21 JENS SCHUBBE

Skandal und Fanal Friedrich Schenkers Sinfonie »In memoriam Martin Luther King«

Es muss hoch her gegangen sein im damals noch ganz jungen Dresdner Kultur- palast, als am 14. Januar 1972 Friedrich Schenkers Sinfonie »In memoriam Martin Luther King« von der Dresdner Philharmonie unter Leitung von uraufgeführt wurde. Zeitzeugen berichten, dass im Publikum schon während der Aufführung zunehmende Unruhe herrschte und viele Besucher das Auditorium verließen. Die Majorität der im Saal Geblieben reagierte nach Ende der Aufführung derart ablehnend auf die Novität, dass der Komponist sich dazu hinreißen ließ, seine Rockschöße in Rich- tung Publikum zu lüften. Der Skandal zeigte publizistische Wirkung. Über- blickt man die Kritiken von damals, so sehen die meisten Rezensenten das Werk kritisch. Friedbert Streller empfiehlt dem Komponisten gar »die Zusammenarbeit mit einer sozialistischen Brigade – bei Friedrich Schenker in den 1970er Jahren Auftragswerken eine berechtigte Forde- rung, die schon manchen Komponisten

22 zu neuem Nachdenken über Konzeption und Gestaltung anregte und ihn zu besseren und wirksamere künstlerischen Lösungen inspirierte.« Es gibt aber auch einen Beitrag von Gottfried Schmiedel, Friedrich Schenker war damals gerade der sich vehement für das Werk und die 30 Jahre alt. Er hatte in den frühen 1960er Ausführenden einsetzte. Unter den vielen Jahren in Berlin Posaune und Komposi- zumeist kritischen Zuschriften aus dem tion (bei Günter Kochan) studiert und Publikum, die an die Presse und die Phil- war seit 1964 Solo-Posaunist im Rundfunk- harmonie gerichtet waren, fand sich als Sinfonieorchester Leipzig. 1970 hatte er bemerkenswerter Kontrapunkt auch fol- gemeinsam mit dem Oboisten Burkhard gendes Schreiben, verfasst am 19. Januar Glaetzner die Gruppe Neue Musik »Hanns 1972 von Maria und Andreas Zweynert Eisler« gegründet, ein Ensemble, das fort- und adressiert an Kurt Masur: »Als An- an über nahezu ein Vierteljahrhundert rechtsinhaber für die Philharmonischen Pionierarbeit auf dem Gebiet der Neuen Konzerte möchte[n] wir Ihnen und Ihren Musik leisten sollte. Es war einiges in Musikern herzlich für Ihren unbeirrbaren Bewegung im Bereich der zeitgenössischen Einsatz für die Neue Musik und Neu- Musik der DDR in jener Zeit. Die Urauf- schöpfungen der jungen Komponistenge- führung der Sinfonie »In memoriam neration der DDR danken. Anlaß ist uns Martin Luther King« entstammt jener das mehr als enttäuschende Verhalten Phase des Au¿ruchs, die damals einsetzte des Publikums bei der Uraufführung und die eine ganze Reihe von beachtlichen der Sinfonie von Friedrich Schenker im Werken hervorbrachte. 5. Philharmonischen Konzert. Es tut uns leid, daß die Besucher Ihre Mühe sowie das Suchen der Künstler nach neuen Aus- sageformen nicht zu schätzen geschweige zu unterstützen wissen. Dabei identi- fizieren wir uns keineswegs mit jeder Musikaussage. Es wird sich auch hier wie überall nur das Gültige durchsetzen. Wir bitten Sie herzlich, an Ihrem Vorhaben festzuhalten, jeweils auch neue Musik zur Kritik zu stellen.«

23 Aus der Distanz eines halben Jahrhun- derts wird erkennbar, wo die musikge- schichtlichen Bezugspunkte Schenkers Die Ermordung des amerikanischen liegen, und es wird klar, dass er keines- Bürgerrechtlers Martin Luther King im wegs bilderstürmend auf Provokation Jahr 1968 hat sicher den entscheiden- aus war, sondern dass das Verstörende den Impuls zur Komposition des Werkes seiner Musik vor allem in ihrer expres- vermittelt und die Auswahl der einbezo- siven Wucht begründet liegt, die dem genen Materialien motiviert. Man greift Hörenden buchstäblich zu Leibe rückt. aber zu kurz, wenn man das Werk nur Die raue, eruptive Gestik seiner Musik als Zeugnis des Protestes gegen diesen knüpft am ehesten bei Paul Dessau an, Mord und die Rassendiskriminierung in etwa seiner Orchestermusik Nr. 2 »Meer einem fernen Land begreift. Als Schenker der Stürme« aus dem Jahr 1967. Damit an der Sinfonie arbeitete, erinnerte man aber bewegt er sich in der Tradition des sich noch gut daran, dass Martin Luther deutschen Expressionismus, die Dessau, King 1964 spontan Ost-Berlin besucht vermittelt über Schönberg und Leibowitz, und in zwei Predigten in der Marien- und unter neuen gesellschaftlichen Bedin- Sophienkirche vor tausenden Menschen gungen fortschrieb. Die Sinfonik Karl die Vision einer die Grenzen der gesell- Amadeus Hartmanns könnte einem eben- schaftlichen Systeme, der Rassen, so in den Sinn kommen wie die Musik Religionen und Ideologien übergreifenden Bernd Alois Zimmermanns. Beide Kom- Humanität entworfen hatte. Ganz in ponisten hat Schenker zutiefst verehrt. diesem umfassenden Sinne rebelliert Schenkers Musik gegen Gewalt, Unfreiheit und Inhumanität – nicht im plakativ programmatischen Sinne, sondern indem die Elemente, Gestalten und Strukturen des musikalischen Kunstwerkes vom Furor dieses Bekenntnisses ergriffen und durchglüht werden.

24 Partiturseite, 2. Satz, rhythmisches Unisono

25 Eine Art orchestrales Rezitativ in rauer, dissonanter Klanglichkeit eröffnet das Werk, dann ertönt als Kanon zwischen Flöten/Violinen und Trompeten der in extrem angespannte Lagen gepresste Luther-Choral »Ein feste Burg ist unser Schenker bedient sich in seiner Sinfonie Gott« – die für das Werk zentrale melodi- eines breiten Spektrums kompositorischer sche Gestalt. Wenn die Energien dieses Mittel und eines ebenso vielgestaltigen tumultosen Beginns abebben, öffnet sich Fundus an heterogenen musikalischen der Raum für ein zartes Oboenthema, Materialien. Da findet sich motivisch- das für den Fortgang wichtig sein wird, thematische Arbeit ebenso, wie Choral- ebenso wie das auf das B-A-C-H-Motiv bearbeitung und Passacaglia einbezogen anspielende Choralfragment, das hier im werden. Es gibt dodekaphon gearbeitete Pianissimo anklingt und eingangs dem Partien, aleatorische Passagen, aber auch Luther-Choral voranging. Wenn man in Idiome und Praktiken des Jazz spielen Begriffen der Formenlehre reden wollte, eine Rolle. Dabei erliegt Schenker nie der könnte die ruhige Episode den Seitensatz Gefahr des Eklektischen, sondern zumal repräsentieren, während die anschließen- die historisch konnotierten Materialien, de, dynamisch erneut angespannte Partie wie sie Jazz und Choral darstellen, setzen als Schlussgruppe diese Exposition ein bestimmtes expressives Potential beschließt. Der folgende ausgedehnte frei, bringen Subtexte in die Musik ein, Komplex ließe sich als eine reich geglie- verleihen ihr Welthaltigkeit. derte Durchführungsparaphrase interpre- Die beiden ungefähr gleich langen Sätze tieren, die das Klangbild zunächst punk- sind thematisch eng verbunden und tualistisch aufsplittet, im Laufe der Zeit durch Vorwegnahmen und Rückblenden aber auch weiträumigen Melodiezügen miteinander verklammert, unterscheiden und lyrischer Emphase Raum gibt. Der sich aber in ihrer Faktur. letzte Teil des Satzes gleicht einem von Wetterleuchten durchzuckten Schatten der Exposition: Der Choral kehrt wieder, aber in zurückgenommener, fahler Klang- lichkeit, gefolgt von Reminiszenzen an den Werkbeginn. Wie Blitze sind Antizi- pationen der Initialgestalt des zweiten Satzes in den Choral eingestreut.

26 Attacken – eine der berührendsten Partien des Werkes. Zur Vielstimmigkeit aufgefächert gewinnt der Gesang an Kraft Der zweite Satz wirkt gemessen an der und steuert auf einen geradezu Mahler- sinfonisch durchgearbeiteten Textur schen Durchbruch zu, ehe er abrupt zum des ersten flächiger, collageartiger, fügt Schweigen gebracht wird. Im letzten Komplexe unterschiedlicher Faktur großen Teil des Werkes werden Jazz- mosaikartig aneinander. Der Beginn intonationen und Choral gekoppelt und wird von wild exaltierten Jazz-Intona- führen das Werk in mehreren Steigerungs- tionen bestimmt, die das Orchester zum wellen zur am Schluss in Klang gebrannten rhythmischen Unisono versammeln. Geste des Widerstands. Dann erscheint der Seiten- satz des Eröffnungssatzes gleich einem Cantus firmus Hier sind von beiden Seiten der Mauer über wirbelnden Begleit- Gottes Kinder. Und keine durch Menschen- figuren. Eine Art Passacaglia hand gemachte Grenze kann diese Tatsache schließt sich an. Die Reprise auslöschen. Ohne Rücksicht auf die des Jazz-Motivs gefolgt von Schranke der Rasse, des Bekenntnisses, Klangflächenschichtungen der Ideologie oder Nationalität gibt es eine beschließt den ersten großen untrennbare Bestimmung: Es gibt eine Abschnitt. gemeinsame Menschlichkeit, die uns für die Ganz anders erscheinen die Leiden untereinander empndlich macht. In zentralen Partien: Ein diesem Glauben können wir aus dem Berg expressiver instrumentaler der Verzwei«ung einen Stein der Ho˜nung Gesang des Solo-Cellos, schlagen. In diesem Glauben werden wir später fortgesetzt von der miteinander arbeiten, miteinander beten, Solo-Violine entfaltet sich miteinander kämpfen, miteinander leiden, und widersteht gleichsam miteinander für die Freiheit aufstehen in der gewaltlos den wie Gewehr- Gewissheit, dass wir eines Tages frei sein schüsse dreinfahrenden werden. … Halleluja!

Martin Luther King am 13. September 1964 in Ost-Berlin

27 Die Sinfonie »In memoriam Martin FRIEDRICH SCHENKER Luther King« ist ein Bekenntniswerk im * 23. Dezember 1942 in Zeulenroda, Thüringen † 8. Februar 2013 in Berlin besten Sinne, durchglüht vom unbeding- ten Willen zur Wahrhaftigkeit. Friedrich Sinfonie »In memoriam Schenker hat sein letztes, kurz vor seinem Martin Luther King« Tod entstandenes Werk »Ästhetik des Widerstands« genannt. ENTSTEHUNG Dieser Ästhetik folgt sein gesamtes Œuvre, 1969/70 die Sinfonie »In memoriam Martin Luther URAUFFÜHRUNG King« ist ihr Fanal. 14. Januar 1972 im Dresdner Kulturpalast mit der Dresdner Philharmonie unter Leitung von Kurt Masur ZULETZT VON DER DRESDNER PHILHARMONIE GESPIELT 14. Juni 1982 unter Leitung von BESETZUNG 3 Flöten (3. auch Piccolo), 3 Oboen (3. auch Englischhorn), 3 Klarinetten (2. auch Es- Klarinette, 3. auch Bassklarinette), 3 Fagotte (3. auch Kontrafagott), 4 Hörner, 4 Trompeten, 2 Cornets à pistons, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagwerk (Vibraphon, Xylophon, Glockenspiel, 3 Bongos, 3 Tom-Toms, 3 Gongs (hoch, mittel, sehr tief), 3 Becken, ein Paar Becken, 3 Triangel, Röhrentrommel, Rührtrommel, Kleine Trommel, Große Trommel, Holztrommel, Maracas, Tamtam), Klavier, Celesta, Streicher SPIELDAUER ca. 35 Minuten

28 Fieberphantasie Paul-Heinz Dittrichs Kammermusik II

durch. Im Jahr 1958 wurde er auf Ver- mittlung Finkes als Meisterschüler bei Als die Kammermusik II 1974 urauf- Rudolf Wagner-Régeny an der Berliner geführt wurde, war Paul-Heinz Dittrich Akademie der Künste angenommen, der ein Mann von Mitte Vierzig und hatte entscheidende Wendepunkt in seinem einen ziemlich steinigen Weg hinter und Leben: »Hier bei ihm kam ich zum ersten noch vor sich. Dittrich stammte aus dem Mal in direkte Berührung mit neuer Musik; kleinen erzgebirgischen Ort Gornsdorf, ich lernte Partituren von Schönberg, ein paar Kilometer südlich von Berg und Webern kennen und hörte zum gelegen. Erste musikalische Grundlagen ersten Mal die frühen Werke von Hanns wurden im häuslichen Kreis und im Eisler ... Namen wie Henze, Nono, Boulez, privaten Unterricht unter den schwierigen Stockhausen, Ligeti tauchten auf, und Bedingungen der Nachkriegszeit gelegt. meine Arbeiten standen fortan natürli- Gegen den Willen der Mutter – der Vater cherweise auch im Zeichen dieser neuen war im Krieg gefallen – begab sich Dittrich Klangwelt. Diese Anregungen verdanke 1951 nach Leipzig, um sich für die Auf- ich ihm. Und systematisch begann ich nahme zum Musikstudium zu bewerben. bei ihm mit dodekaphonischen, streng Mit Erfolg: Für fünf Jahre studierte er seriellen Studien anhand des Lehrbuches bei Fidelio F. Finke Komposition. Dieses von Josef Rufer, ›Komposition mit zwölf Studium vermittelte ihm zwar solide Tönen‹. Ich begriff Zusammenhänge, die handwerkliche Grundlagen, aber mit der für mich bis dahin nicht bestanden hat- internationalen Welt der Neuen Musik ten, die nicht nur künstlerischer, sondern kam er in Leipzig in den frühen 1950er auch gesellschaftlicher Natur waren.« Jahren kaum in Berührung. Nach Ab- schluss des Studiums schlug sich Dittrich in verschiedenen musikpraktischen, redaktionellen und pädagogischen Berufen

29 Paul-Heinz Dittrich und Paul Dessau, vermutlich in den 1970er Jahren

Jahren auch in der DDR zuteilwurde, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Freilich bekam die Kompositionen, die Verhältnisse für ihn schwierig blieben »im Zeichen dieser neuen Klangwelt« und er sich immer wieder Anfeindungen entstanden, damals kaum jemand zu und Angriffen ausgesetzt sah. Gehör. Einzig das 1960/61 entstandene Sowohl der Werktitel »Kammermusik II« Bläserquintett Pentaculum wurde 1967 als auch den Begleittext, den Paul-Heinz in Schwerin uraufgeführt. Erst ab 1970 Dittrich zu seiner Komposition verfasst mehrten sich dann die Aufführungen hat, geben sich sehr sachlich: »Die UA war – sowohl in der DDR (im Zeichen einer am 15. Mai 1974 in der Staatsoper Berlin. etwas liberaleren Kulturpolitik), vor Interpreten: das Aulos-Trio Leipzig. Die allem aber auch im westlichen Ausland. Elektronische Realisation fand im Experi- Dittrich gehörte in den 1970er und 1980er mentalstudio für Elektronische Musik bei Jahren zu den meistgespielten Kompo- Radio Polski in Warszawa statt. Das Werk nisten bei den Wittener Tagen für neue besteht aus zwei getrennten Ebenen: Kammermusik. Die allmähliche Anerken- nung, die seinem Schaffen seit den 1970er

30 einmal das Ensemble, bestehend aus den drei Instrumentalisten, zum anderen aus keineswegs gegenseitig aus, sondern es dem elektronischen Teil des Tonbandes, kommt zu neuen, interessanten Klang- welches durchgängig zur gesamten konstellationen, einerseits angeregt Komposition läuft. Das elektronische von den Instrumentalisten und ander- Material resultiert ausschließlich aus seits ausgehend von der Elektronik. Die den drei Klangbereichen der , des Partitur ist exakt notiert, lässt aber auch Violoncellos und des Pianos. Es wurde im dem improvisatorisch-virtuosen Spiel Studio umgewandelt und als selbständige der Interpreten Raum. Als musikalischer Klangebene dem instrumentalen Teil Baustein wurde mehrfach in verschiedenen der Komposition gegenübergestellt. Der Transpositionen B-A-C-H verwendet, elektronische Teil verschmilzt teilweise nicht zuletzt als Hommage auf den großen mit dem instrumentalen Teil, bzw. es Thomaskantor aus Leipzig.« werden Strukturen aus dem elektronischen Man könnte angesichts dieser Worte eine Teil direkt von den Instrumenten über- abstrakte Studie für elektronische und nommen oder kontrapunktiert. instrumentale Klänge erwarten. Dabei Aufgabe war es nicht, das traditionelle bescheidet sich die Kammermusik II aber Ensemblespiel, wie es das Trio vorgibt, zu keineswegs. Die voneinander isolierten übernehmen, sondern eigentlich vielmehr oder miteinander verschränkten instru- zwei klangverschiedene Ebenen einander mentalen und elektronischen Klänge gegenüberzustellen und sich durch- weisen allenthalben über sich hinaus. Das dringen zu lassen. Durch zwei an sich ergibt sich aus dem ständigen Wechsel- verschiedene Klangebenen, unähnlich spiel zwischen unverstelltem instrumen- von ihrer Produktion her, entsteht in talem Spiel, dem Abdriften dieses Spiels der Klangumwandlung eine homogene ins Extrem (der Lage, der Dynamik, des Verbindung. Das elektronische und das Tempos, der Farbe – und daraus resultie- instrumentale Material schließen sich rend: der Gestik), der Verfremdung der Instrumentalklänge durch die gelegentli- che Mikrophonierung und ihrer weit- gehenden Denaturierung, die sie durch die elektronische Transformation für das

31 Tonband erfahren. Freilich sind es nicht das Werk wie eine Art Fieberphantasie nur – wie Dittrich behauptete – instru- zwischen unverstellter Artikulation und mentale Klänge, die für die Genese des hitziger Exaltation, zwischen expressiver Tonbands benutzt wurden, sondern auch Geste und entstellender Grimasse. Sprachfragmente. Das erste der Worte, die – wenngleich stärkstens verzerrt – ungefähr in der Mitte des Werkes hörbar werden, ist »Kultursprache«, bezeichnen- PAUL®HEINZ DITTRICH derweise sekundiert von einem ganz un- * 4. Dezember 1930 in Gornsdorf kultivierten infernalischen Ausbruch des Instrumentaltrios. Das nächste Wort, das Kammermusik II für Oboe, dem sehr aufmerksam Lauschenden ver- Violoncello, Klavier nehmbar wird, ist: »Optimismus« – eine und elektronische Klänge der Hauptforderungen im Kriterienkata- log des »Sozialistschen Realismus«: Ihr ENTSTEHUNG 1972 bis 1974 entspricht dieses Werk freilich am aller- wenigsten, denn oft genug werden Klänge URAUFFÜHRUNG 15. Mai 1974 in der Berliner Staatsoper durch laut, die man mit Trauer verbindet – in das Aulos-Trio Leipzig mit den Monologen von Cello und Klavier (Oboe), Wolfgang Weber (Violoncello) etwa und erst recht, wenn das Spiel der und Gerhard Erber (Klavier) sowie dem Experimentalstudio von Radio Warschau Oboe und dumpf hallende elektronische und Jozef Patkowski (Klangregie) Klänge zu einer Art Kondukt verschmel- ERSTMALS IN EINEM KONZERT DER zen. Zuvor schon erklang ein Marsch ganz DRESDNER PHILHARMONIE anderer Art, der in geradezu gewaltsamer SPIELDAUER Attidüde vom Klavier den elektronischen ca. 21 Minuten Klängen entrissen wurde. In solcherart extremer Kontrastsetzung entfaltet sich

32 Apokalypse in sächsischer Industrielandschaft Georg Katzers »Fabbrica abbandonata«

Sächsische Industrielandschaft bei Meuselwitz 1983

Aus dem Jahr 1964 datiert ein Werk von Auf der anderen Seite des Eisernen : »La fabbrica illuminata«. Vorhangs wurde in jener Zeit ein junger Komponiert für Sopran und Tonband Dichter tagtäglich mit den Ergebnissen bezieht es sich auf die soziale Situation konfrontiert, die der längst pervertierte und die Arbeitsbedingungen von Fabrik- Versuch zeitigte, einen Gegenentwurf zur arbeitern – ein Versuch des Kommunisten von Nono mit seiner Kunst attackierten Nono, avancierte Musik mit auÅläreri- kapitalistischen Gesellschaft zu etablieren. schem Anspruch in den Dienst der Ver- 1971 arbeitete Wolfgang Hilbig als Heizer änderung der Welt hin zum Ideal einer in einem staatseigenen Betrieb seiner klassenlosen Gesellschaft zu stellen und sächsischen Heimatstadt Meuselwitz, getragen von der Hoffnung, dass eine solche »einer krummen Stadt aus Dampfrohren, Veränderung tatsächlich möglich sei. Ruß und gekappten Linden. –

33 Zu lesen bekam den Text hüben und drü- ben kaum jemand. Ein erster Band mit Dichtungen Hilbigs erschien erst Ende der 1970er Jahre im S. Fischer-Verlag in Frankfurt am Main, was dem im Osten lebenden Autor, der zwischenzeitlich kurzzeitig verhaftet war, eine Geldstrafe wegen »Devisenvergehens« einbrachte. Es ist vor allem dem unermüdlichen Ein- satz des Schriftstellers Franz Fühmann zu danken, dass dann ab 1980 auch in der DDR von Hilbig Notiz genommen werden konnte. Fühmann sorgte zunächst für die Veröffentlichung einiger Texte in einer Zeitschrift, publizierte 1983 ein eindring- liches Plädoyer für den Dichter (»Praxis Eine verlassene Fabrik bei Meuselwitz 1983 und Dialektik der Abwesenheit«) und beförderte das Erscheinen eines kleinen Ringsum Abraumhalden, Gehölz und Bändchens mit Lyrik und Prosa: »Stimme Wind. – Der Vater bei Stalingrad gefallen, Stimme«. Der Autor dieser Zeilen erinnert das Kind unter Kumpeln aufgewachsen, sich noch des enormen Eindrucks, den in der Familie des Großvaters, der aus die Texte auf ihn machten: Da waren der Kohle in Schlesien gekommen.« – die Tristesse, Hoffnungslosigkeit und so Franz Fühmann. In jenem Jahr 1971 nicht enden wollende Düsternis, welche schrieb der dreißigjährige Hilbig einen das Leben immer mehr überschatteten, Text, der wie ein Angsttraum wirkt, eine in einer Sprache von unvergleichlicher Todesphantasie in sächsischer Industrie- imaginativer Kraft artikuliert. Diesem landschaft: »Die verlassene Fabrik«. Band entstammen die Gedichte, die wir in dieses Konzert als Lesung interpolieren, und hier finden sich auch jene beiden Texte, die Georg Katzer in »La fabbrica abbandonata« vertonte: »Die verlassene

34 Fabrik« und »Episode«. Die Italianisierung des Titels ist wohl als eine Anspielung auf Nono zu verstehen: »La fabbrica »Die verlassene Fabrik« und »Episode« abbandonata« als skeptischer Gegenent- eint ihr Schauplatz: ein Industriegelände, wurf zu Nonos idealistischer Konzeption, genauer ein Heizungskeller. Erleben wir nachdem die Verbesserung der Welt in der Erzählung, wie das Ich des Erzäh- misslang. Wie sehr Hilbigs Dichtungen lers mit dem Gang durch die verlassene Katzer faszinierten und zu produktiver Fabrik gleichsam zersetzt und von der Auseinandersetzung provozierten, ver- eigenen Vergangenheit aufgesogen wird, deutlicht die Tatsache, dass »La fabbrica imaginiert »Episode« einen magischen abandonata« in drei Versionen vorliegt, Moment, blitzt – vermittelt durch Natur – wobei wir die jüngste, 2010 für eine Auf- für Momente die Ahnung eines utopisch führung durch das Ensemble United am Anderen auf. Die musikalischen Idiome, Konzerthaus Berlin geschriebene Fassung mit denen Katzer beide Texten verbin- vorstellen, die faktisch eine Neukomposi- det, kontrastieren denkbar stark. In »Die tion darstellt. verlassene Fabrik« begegnen auffällig häufig verfremdete Klänge, ist viel Geräuschhaftes und Mikrotonales ein- gemischt. Tastend wird am Beginn der Tonraum ausgehend vom Ton ›e‹ erschlossen. Nur ganz all- mählich kommt Bewegung in die erstarrten Klänge, beginnen sie in Glissandi zu wogen, etabliert sich ein Gemurmel von Cello und Bass. Im Folgenden

Wolfgang Hilbig 1983 korrespondieren Felder

Das Portrait Hilbigs und die beiden anderen Fotos mit Motiven mit jeweils charakteristischer Textur aus der Umgebung von Meuselwitz entstammen einer Serie mit den poetischen Bildern, wobei der von Fotografien, die Dietrich Oltmanns 1983 erstellt hat und die auf wolfgang-hilbig.de anzuschauen ist. Gestaltenreichtum tendenziell zunimmt und motivische Strukturen allmählich grei¿ar werden.

35 GEORG KATZER * 10. Januar 1935 in Habelschwerdt, Schlesien † 7. Mai 2019 in Zeuthen bei Berlin

»La fabbrica abbandonata« III

Georg Katzer ENTSTEHUNG 2010 URAUFFÜHRUNG In »Episode« hingegen wird ein konzer- 16. Mai 2011 im Konzerthaus Berlin mit dem tierendes Spiel entfaltet. Im Gegensatz Ensemble United Berlin unter Leitung von Ferenc Gábor zur Allgegenwart von verfremdeten Klängen im ersten Teil, spielen die ERSTMALS IN EINEM KONZERT DER DRESDNER PHILHARMONIE Instrumente, zu der sich die quasi instru- BESETZUNG mental geführte Singstimme gesellt, Sprecher, Solo-Sopran, Flöte (auch Bass«öte), nun zumeist »ordinario« und bleibt auch Bassklarinette (auch Klarinette), Schlagzeug Mikrointervallik zunächst außen vor. Erst (Große Trommel, Vibraphon, 3 Tomtoms, Kleine Trommel, 2 Bongos, 2 Woodblocks, kurz vor Schluss sickern solche Klänge 2 Herdenglocken, Tamtam, 3 hängende für Momente wieder ein. Ein instrumen- Becken, Nietenbecken, Schlitztrommel, taler Epilog folgt und schließt mit jenen Peitsche, Klangschale, Holztrommel, Kalimba, Eisenblock (Amboss, klein), Shell beiden Tönen ›e‹ und ›b‹, die das Werk – Chimes, Metall Chimes, 2 Cabasas (gr. und wenngleich in gänzlich anderem Gestus – sehr klein), Fruchtschalen, Große Kette, eröffneten. Vibraslap, Alofolie, Murmeln in Säckchen, Sandblöcke, Cola-Dosen, Donnerblech, Luftkissenplastikfolie, Styroporblöcke), Klavier, Streichquintett SPIELDAUER ca. 23 Minuten

36 Bali statt Bitterfeld Wilfried Jentzschs »Tamblingan«

Rückblende: Am 17. Dezember 1970 fand 1950er und den 1960er Jahren ausgeprägte in Leipzig das erste Konzert der Gruppe kulturpolitische Doktrin, die nach einer Neue Musik »« statt. Auf engeren Verbindung von Kulturschaffen dem Programm standen Werke von Karl und Bevölkerung trachtete und selbst von Ottomar Treibmann, Hanns Eisler und einem linientreuen Dichter als »bitterer drei Uraufführungen: neben Liedern von Feldweg« verspottet wurde. Die zitierten René Leibowitz, einem Stück von Friedrich Zeilen stammen aus einem Brief Friedrich Schenker auch »Zusammenzufügendes Schenkers an Paul Dessau, in dem er für hohes Doppelrohrblattinstrument Dessau bittet, zu intervenieren, falls mit Hi-hat« von Wilfried Jentzsch. Im Ragwitz versuchen sollte, die Konzert- Anschluss an das Konzert fand eine reihe zu Fall zu bringen. Dieser Brief lässt Diskussion mit dem Publikum statt und zum einen erahnen, mit welch absurden Friedrich Schenker erinnerte sich, dass Widerständen sich die junge Komponisten- sich Erhard Ragwitz, damals Dozent generation in der DDR auseinandersetzen an der Leipziger Musikhochschule und musste. Zum anderen wird erkennbar, Parteigruppenorganisator der Leipziger wie wichtig Paul Dessau für sie war: als Sektion des Komponistenverbands der Lehrer, vor allem aber auch als jemand, DDR (VDK), in etwa folgendes beitrug: der seine Macht und Beziehungen im »Nachdem hier genug spätbürgerlicher Sinne der Jungen einsetzte. Sein Renom- Staub aufgewirbelt wurde, möchte ich mee als großer Komponist, als Kommunist, sagen, dass der Name Hanns Eislers für als Spanienkämpfer, als jüdischer Emi- die Gruppe als Feigenblatt benutzt wird, grant, der in die DDR zurückgekehrt um spätbürgerlichen Musikidealen zu war, machten ihn bis zu einem gewissem huldigen. Ich möchte feststellen, dass Grade unangrei¿ar. hier kein Weg nach Bitterfeld führt.« Der letzte Satz spielt auf den sogenannten »Bitterfelder Weg« an, eine in den späten

37 Auch Wilfried Jentzsch zählte zu seinen Kompositionswettbewerb im Schweizeri- Schülern und konnte auf Dessaus Unter- schen Bowsil. Er bewarb sich, wurde ein- stützung rechnen. Der bedrückenden geladen und durfte – einmal mehr nach geistigen Enge und den restriktiven Vermittlung durch Paul Dessau – reisen. Bedingungen der DDR konnte man als Als er 1973 nochmals zu einem Studien- ambitionierter Musiker damals – da der aufenthalt in der Schweiz weilte, blieb er Weg nach Westen weitgehend blockiert im Westen, konnte auch den in Warschau war – wenigstens in Richtung Osten geborenen Traum wahrmachen und ging jedes Jahr für ein paar Tage entkommen: für einige Zeit (1976 bis 1981) nach Paris, unter anderem, um mit Iannis Xenakis zu arbeiten. Gleichzeitig vollzog er komposi- torisch eine Neuorientierung und wandte sich der elektroakustischen Musik zu. Nach der Wende kehrte er 1993 in seine Heimatstadt Dresden zurück und leitete bis zu seiner Emeritierung 2006 das Elekt- ronische Studio der Musikhochschule. Ein Teilbereich von Jentzschs Schaffen ist die sogenannten Visual Music. Diese Verbindung von bewegtem Bild und Musik hat ihre Wurzeln in den 1920er Jahren, in den Versuchen, eine abstrakte

Wilfried Jentzsch Filmsprache zu entwickeln und in Beziehung zur Musik zu setzen, wie sie Der Warschauer Herbst war eines der beispielsweise von Walter Ruttmann und ganz wenigen Foren, auf denen die zeit- Oskar Fischinger unternommen wurden. genössische Musik in ziemlicher inter- Aber erst die Entwicklungen der digitalen nationaler Breite präsentiert wurde. Zu Techniken ermöglichten es, Bild und diesem Festival pilgerte Wilfried Jentzsch Musik auf vergleichbare Weise zu erzeugen regelmäßig, und hier lernte er eine Musik und strukturell engstens miteinander kennen, die ihn zutiefst beeindruckte zu verschränken, so dass Musik und und beeinflusste: die von Iannis Xenakis. bewegtes abstraktes Bild gleichsam zu Der Wunsch war geboren, bei diesem einem synästhetischen Kunstwerk ver- Mann zu studieren. Durch den Flötisten schmelzen konnten. Aurèle Nicolet erfuhr Jentzsch von einem

38 Tamblingan See, Bali, Indonesien

Tamblingan ist der Name es eines von drei Seen, welche Teile der Caldera eines WILFRIED JENTZSCH erloschen Vulkans im Norden von Bali * 1941 in Dresden füllen. Eine Wanderung durch diese faszinierende Landschaft inspirierte »Tamblingan« für Wilfried Jentzsch zu seinem nach dem elektronische Klänge See benannten audiovisuellen Werk: und Video »Die Vielfalt der Farben von Sonnenstrahl- reflexionen auf dem See hinterließen ENTSTEHUNG einen ebenso überwältigenden Eindruck 2009 wie die Geräusche aus dem Regenwald. URAUFFÜHRUNG Was mich faszinierte, war die räumliche 25. Oktober 2010 während des Festivals MusicAcoustica Peking am Central Komplexität der Klänge, die aus unter- Conservatory of Music in Peking (China) schiedlichsten Richtungen kamen. In ERSTMALS IN EINEM KONZERT DER diesem Stück sind die Schwingungen von DRESDNER PHILHARMONIE Licht und Klängen durch Granulation in SPIELDAUER ein inneres Verhältnis gebracht worden.« 9:31 Minuten

39 Quadrophonie Friedrich Goldmanns Sonata a quattro

Friedrich Goldmann, ca. 1990

Gerhard Müller überlieferte die folgende über die unendlich salbungsvollen Reden, Episode, die für die Situation der avan- deren Wiederabdruck aus auÅlärerischen cierten Komponisten in der DDR um 1970 Gründen zu fordern wäre, für Zeitungen überaus bezeichnend ist. Müllers Text zu berichten hatte, war Bredemeyers bezieht sich zu nächst auf Reiner Brede- Beitrag der einzige Lichtpunkt. Dafür meyer: »Wir begegneten uns zuerst auf stand er später auch in keinem Protokoll. einem der damaligen Kongresse des Kom- ponistenverbandes, und für mich, der ich

40 Schlicht unterschlagen hatte man ihn mit der Begründung, es handle sich um kam Goldmann ins Gerede, und die keine Rede. Er zog einen Zettel aus Aufführungen, die man verhindern der Tasche und sagte: ›Ich verlese einen wollte, fanden nach und nach alle statt.« Rundbrief des Schweriner Bezirks- (Gerhard Müller: Er konnte alles, außer verbandes an die Kulturfunktionäre des nach Noten schwindeln. Zum Tode Bezirkes.‹ In dem Brief aber stand in des Komponisten . ungeschickten und lächerlich dummen erschienen in: Neues Deutschland, Worten, dass der Klassenfeind auch vor 8. Dezember 1995) Friedrich Goldmann, der Musik nicht halt mache und in in seiner Jugend Kruzianer, hatte in Dres- Gestalt des Stralsunder Dirigenten Peter den Komposition studiert und wurde, Gülke und des unreifen Berliner Kompo- nachdem dieses Studium vorzeitig endete, nisten Friedrich Goldmann bis auf das Meisterschüler bei Rudolf Wagner-Regeny Territorium der Volkswerft Stralsund (1962–1964). Ende der fünfziger Jahre vorgedrungen sei. Denn dieser Gülke hatte er die Darmstädter Ferienkurse habe vor Arbeitern mit Erfolg in einer besucht und Kontakte zu Stockhausen Werkhalle Goldmanns avantgardistisches geknüpft, war also schon sehr früh über Orchesterstück ›Essay III‹ aufgeführt und internationale Tendenzen des Kompo- erläutert. Der begeisterte Beifall sei aber nierens im Bilde. Nach Ende des Studiums ein falscher gewesen. Solche Abweichun- vermittelten ihm Arbeiten für das Berliner gen vom rechten Bitterfelder Weg hätten Ensemble wichtige Kontakte – etwa zu künftig zu unterbleiben. Das Auditorium, , Paul Dessau und Heiner solcherart mit dem wirklichen Mechanis- Müller. Nach weiteren Studien von 1964 mus der Kulturpolitik konfrontiert, bis 1968 war er anschließend als frei- schwieg peinlich berührt. Ich ließ mir schaffender Komponist tätig. Paul Dessau den Brief geben und druckte ihn im wurde für ihn zu einer Art Mentor und Eulenspiegel mit einem bissigen Kom- Förderer. Die von Gerhard Müller über- mentar ab. So trat, notabene, die lieferte Episode stammt aus der Zeit, in Musik-Eule ins Leben, die von Rechts der man auf Goldmann als Komponist wegen auch zu den Erfindungen Brede- aufmerksam wurde. Bald avancierte er zu meyers und in die Paralipomena seines einer der prägenden Gestalten der Musik Werkverzeichnisses gehörte. Es gab aus der DDR in den 1970er und 1980er Gelächter, und Ärger, und dank Schwerin

41 Jahren – insbesondere im Bereich der Instrumentalmusik. Überblickt man die in jenen Jahren geschriebenen Werke, so Das Stück ist für vier, räumlich getrennt fällt auf, dass sich Goldmann bevorzugt zu positionierende Quartette konzipiert, mit den traditionellen Gattungen der Ins- die jeweils auf eine Instrumentenfamilie trumentalmusik auseinandersetzte: Da beschränkt sind: Blechbläser, Holzbläser, begegenen vier zwischen 1972 und 1988 Streicher, Schlagzeuger. geschriebene Sinfonien, Solo-Konzerte Das Stück hat seine Geschichte daran, für Klavier, Violine, Oboe, Posaune und in welchen Konstellationen diese vier Orchester, diverse Sonaten – so eben auch einander begegnen, ob und wie die Sonata a quattro. Diese traditionellen sie miteinander kommunizieren, inter- Gattungen werden freilich nicht einfach agieren oder sich voneinander abgrenzen bestätigend übernommen, sondern durch und isolieren. Im ersten Abschnitt die Konfigurationen des Materials neu (moderato) agiert jede der Gruppen gedeutet, unter Spannung gesetzt und in gleichsam in ihrer eigenen Sprache. Sie vielfältigster Form gebrochen. bilden kompakte Klangschichten, die sich In Frank Schleinsteins filmischem Portrait überlagern, aber zwischen denen kaum äußerte Goldmann im Interview, dass am Interaktion stattfindet. Das insistierende Anfang des kompositorischen Prozesses Beharren auf in sich bewegten Akkorden für ihn immer eine musikalische Idee, dominiert die Klangbänder der einzelnen eine klangliche Vorstellung stehe und Formationen und verleiht dem Klangbild dass sich die Welthaltigkeit des Erklin- eine gewisse Starre und Gespanntheit. genden erst im Laufe der Arbeit in viel- Eher statisch erscheint auch der zweite fältigen Vermittlungsprozessen kristalli- Abschnitt, dennoch wandelt sich der siere. Das trifft gewiss auch auf die Sonata Charakter: Leise, irisierende Akkorde, a quattro zu, die im Jahr 1989 für das in die von fern ein Hauch einer verfrem- Ensemble Modern zu seinem zehnjährigen deten Tonalität hineinweht, gleiten von Bestehen komponiert wurde. Quartett zu Quartett – mit Ausnahme der Schlagzeuger, die mit gemssen am vorherrschenden Pianissimo unpropor- tional lauten Aktionen für Irritation sorgen. Wirkliche Interaktion zwischen den Quartetten ergibt sich erst mit dem

42 zentralen dritten Abschnitt. Das Quartett der Schlagzeuger initiiert ein virtuoses konzertantes Spiel. Am Ende aber wird die Bewegung ausgebremst, als würden die Klanggestalten an bestimmte Akkorde gefesselt und kehrt die Klangwelt des Beginns wieder. Dann aber folgt eine Episode, die wie ein Traum wirkt: Die Grenzen zwischen den Quartetten werden aufgehoben und es etablieren sich neue gemischte Formationen, die dann, wenn FRIEDRICH GOLDMANN * 27. April 1941 in Siegmar-Schönau die Klangwelt des zweiten Abschnittes (heute ein Ortsteil von Chemnitz) erneut aufscheint, zum Tutti verschmelzen † 24. Juli 2009 in Berlin in ganz feiner, berückend schöner Klang- lichkeit. Der Schluss freilich zwingt uns Sonata a quattro für zurück in die Realität. sechzehn Spieler

ENTSTEHUNG 1989 URAUFFÜHRUNG 24. März 1990 in Köln im Sendesaal des Deutschlandfunks in der Konzertreihe Grundton D mit dem Ensemble Modern unter Leitung des Komponisten ERSTMALS IN EINEM KONZERT DER DRESDNER PHILHARMONIE BESETZUNG Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Horn, Trompete, Posaune, Tuba, 4 Schlagzeuger (Vibraphon, Bongos, 5 Tempelblocks, 2 hängende Becken, Glockenspiel, Wodblocks, Crotales, 3 Tamtams, Gong, Röhrenglocken, Tomtoms), Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass SPIELDAUER ca. 21 Minuten

43 Musik-Film-Vision Frank Schleinstein

Wer in den späten Jahren der DDR und Autor dieser Filme war Frank Schleinstein, auch noch in der unmittelbaren Nach- geboren 1955 in Berlin. Er hatte von 1987 wendezeit bevorzugt gegen Jahresende bis 1981 Filmregie an der Filmhochschule die Geduld au¿rachte, das Programm Babelsberg studiert, ein zweijähriges des Fernsehens der DDR bzw. des Deut- Musikstudium angeschlossen und war schen Fernsehfunks spät in der Nacht zu 1983 bis 1986 Meisterschüler (Opernregie) schauen, der konnte gelegentlich höchst bei Ruth Berghaus. Das Choreographische, eigenartigen und eindrucksvollen Filmen Stilisierte, Zeichenhafte seiner Bild- begegnen, die eine surreal inspirierte sprache dürfte von Ruth Berghaus ebenso Bilder-Klang-Welt evozierten. So wurde beeinflusst sein, wie das Surreale seiner Bachs Passacaglia c-Moll mit einer Bilderwelten eine Verwandtschaft zu Szenenfolge choreografiert und mit ein- Andrei Tarkowski erkennen lässt. geblendeten Texten Georg Trakls kontra- Schleinstein war seit den späten 1970er punktiert: »Pietà« hieß jener Film, der am Jahren in verschiedenen Tätigleiten dem 23. Dezember 1987 im zweiten Programm Fernsehen verbunden und wurde nach des DDR-Fernsehens ausgestrahlt wurde. der Wende Leiter der Hauptabteilung Es folgten später »Erdspiel« (1990) und Kunst und Kultur des Deutschen Fern- »Requiem« (1991) – eindringliche, jenseits sehfunks und war später noch einige Zeit realistischer Narration angesiedelte für den MDR tätig. Ansonsten arbeitete er Psychogramme der Verstörung und Ent- als freischaffender Regisseur und Autor fremdung. – beispielsweise mit Produktionen am Hebbel-Theater Berlin (Hoyer/Stelzenbach: »Ich schlafe was ich denke« nach Pessoa, 1995) und am Konzerthaus Berlin (»Traum Antike«, 2003).

44 Frank Schleinstein mit Darstellern aus seinem Kinderfilm »Das geheimnis der Kormoraninsel«, 2009

Letztlich fand Frank Schleinstein nie Sein innerhalb verhältnismäßig weniger mehr solche Produktionsbedingungen Jahre entstandenes einzigartiges filmisches vor, wie sie in den Jahren um 1990 in Werk wird insbesondere im Deutschen einem kleinen Zeitfenster gegeben waren. Rundfunkarchiv au¿ewahrt, ist aber in Für seine poetische Filmkunst bot der der Öffentlichkeit weitgehend vergessen. kommerziell überformte Kulturbetrieb keinen Raum. Er blieb im gewendeten und geeinten Deutschland letztlich ein Fremder und zerbrach an dieser Un- behaustheit.

45 LEITUNG

OLAF Psychologie in München, Weimar und Dresden. Bereits während des KATZER Studiums gründete er das Ensemble AUDITIVVOKAL DRESDEN, welches er seitdem künstlerisch leitet. Über 100 Ur- und Erstauffüh- rungen, Gastspiele bei zahlreichen Festivals und Rundfunkaufnahmen dokumentieren sein Engagement für die »zeitgenüssliche« Vokal- musik. Konzertreisen führten ihn in fast alle europäischen Staaten sowie nach Taiwan, China, die USA und Südamerika. Im transdisziplinären Austausch mit Sängern, Instrumentalisten, Tänzern, Komponisten, Malern, Regisseuren und Wissenschaftlern entwickelt er in nachhaltigen und unkonventionellen Programm- »Zurück zur Kunst!« lautet das gestaltungen eine zeitgemäße Credo des Dirigenten Olaf Katzer. Ensemblekunst für das 21. Jahr- Menschlichkeit, Ursprünglichkeit hundert. Darüber hinaus erhält und künstlerische Authentizität Katzer Einladungen von Klangkör- möchte er in seinen musikalischen pern wie dem RIAS Kammerchor, Interpretationen miteinander dem SWR Vokalensemble Stuttgart, verbinden – über Epochengrenzen dem MDR Rundfunkchor und dem hinweg, vermittelnd zwischen Dresdner Kammerchor. Seit 2011 unterschiedlichen stilistischen ist er als Dozent für Chordirigieren und ästhetischen Ausrichtungen, an der Hochschule für Musik und auch unter den Menschen Dresden tätig, seit dem Studienjahr und ihren facettenreichen Kul- 2015/16 in Funktion des Vertretungs- turen. Geboren 1980 im Rhein- professors für Chordirigieren. land, studierte Katzer Musik und

46 VOKALENSEMBLE AUDITIVVOKAL DRESDEN

Im Jahr 2007 von Olaf Katzer gegründet, avancierte AUDITIV- VOKAL DRESDEN innerhalb weniger Jahre zu einem der profiliertesten Vokalensembles der Gegenwartsmusik, was durch über 100 Ur- und Erstauffüh- rungen, Gastspiele bei zahlreichen Festivals und Rund- funkaufnahmen nachdrücklich dokumentiert wird. lichen Schwerpunkt auf die Inter- Das Originalklangensemble der pretation Alter und Früher Musik. Moderne steht für außergewöhn- Die künstlerischen Tätigkeiten liche Konzerte. Ein Schwerpunkt umfassen eine enorme Bandbreite des Ensembles liegt auf der Suche des zeitgenössischen Repertoires nach neuen Ausdrucksmöglich- und der Veranstaltungsformen, keiten im vokalen Ensemblegesang von kleinbesetzten A-cappella- sowie nach neuartigen Kontexten Konzerten bis hin zu großen Kon- durch Verknüpfungen von Wissen- zerten mit Orchestern. schaft, Politik und Kunst. Neben Olaf Katzer und das Ensemble neuen Gesangs- und erweiterten engagieren sich nachhaltig gesell- Klangproduktionstechniken und schafts- und kulturpolitisch durch ihrer Etablierung setzt AUDITIV- die Vermittlung und Förderung VOKAL DRESDEN einen zusätz- zeitgenössischer Vokalmusik.

47 Neben Vermittlungsprojekten mit Schülern, Senioren und Bürgern wird das Wirken von AUDITIV- VOKAL DRESDEN seit 2017 im Rahmen eines kooperativen Dokumentationszentrums zum gegenwärtigen Chor- und Vokal- musikschaffen Neue Dresdner Vokalschule mit der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden dokumentiert. Die Neue Dresdner Vokalschule versteht sich in enger Zusammenarbeit mit Komponisten als lebendiges Instrument, um bereits vorhandene, komplexe und avancierte Werke und ebenso neu entstehende Kompositionen auf- zuführen.

AUDITIVVOKAL DRESDEN singt im heutigen Konzert in folgender Besetzung:

Katharina Salden, Katja Fischer, Birte Kulawik, Anne Stadler | Sopran Bernadette Beckermann, Marie Bieber, Stefan Kunath | Alt Jonas Finger, Alexander Bischoff | Tenor Cornelius Uhle, Timo Hannig | Bass

48 DIRIGENT JONATHAN STOCKHAMMER

Sowohl in der Welt der Oper als auch der klassischen Sinfonik und der zeitgenössischen Musik hat übergreifende Produktionen als sich Jonathan Stockhammer auf willkommene Herausforderung beiden Seiten des Atlantiks einen begreift und meistert. Regelmä- Namen gemacht. Als ein hervor- ßig zu Gast war er seit 1998 an ragender Kommunikator bringt der Opéra de Lyon, wo er unter er ein besonderes Talent für die anderem die französische Erst- Moderation von Konzerten mit aufführung von Pascal Dusapins und stellt mit den verschiedensten »Faustus, The Last Night« und Mitwirkenden eine Arbeitsbezie- jüngst Ravels »L’heure espagnole« hung auf Augenhöhe her – ob in leitete. 2009 führte er mit dem großen Opernproduktionsteams, Radio-Sinfonieorchester Stuttgart mit jugendlichen Musikern, jungen zwei Werke Wolfgang Rihms auf, Rappern oder Stars wie Bully Herbig »Proserpina« und »Deus Passus«. und den Pet Shop Boys. Im Pariser Théâtre du Châtelet Die Oper spielt eine zentrale Rolle begeisterte er 2010 in Sondheims in seinen musikalischen Aktivitäten. »A Little Night Music« mit dem Die Liste seiner Operndirigate, Orchestre Philharmonique de Ra- darunter »Die Dreigroschenoper«, dio France. 2013 gab er sein Debüt Zemlinskys »Eine florentinische an der New York City Opera in Tragödie«, Sciarrinos »Luci mie Thomas Adès’ »Powder her Face«. traditrici« und »Monkey: Journey to the West« von Damon Albarn, weist ihn als Dirigenten aus, der komplexe Partituren und sparten-

49 2016 war er erstmalig für eine Neu- produktion von Peter Eötvös’ »Tri Sestri« (Drei Schwestern) an der Wiener Staatsoper zu Gast, an die er im Frühjahr 2020 zurückkehren wird. 2019 gab er mit der Urauf- führung von Michael Pelzels »Last Call« sein Debüt am Opernhaus Zürich. Nach der Neuproduktion von Philip Glass’ »Satyagraha«, inszeniert von Sidi Larbi Cherka- oui, an der Komischen Oper Berlin und am Theater Basel eröffnete er die Basler Saison 2019/2020 mit Luigi Nonos »Al gran sole carico d’amore«. Im symphonischen Bereich hat Jonathan Stockhammer zahlreiche renommierte Klangkörper geleitet, darunter das Oslo Philharmonic Orchestra, das NDR Sinfonieor- chester Hamburg, das hr-Sinfonie- orchester, das Sydney Symphony Orchestra, das Philharmonia Orchestra und die Tschechische Philharmonie. Er war auf Festivals wie den Salzburger Festspielen, dem Lucerne Festival, den Schwet- zinger Festspielen, den Donaue- schinger Musiktagen, der Biennale von Venedig, den Wiener Fest- wochen und Wien Modern zu Gast.

50 Für Produktionen, die sich den gängigen Kategorisierungen entziehen, hat er eine besondere Vorliebe. Dazu gehören »Greggery Peccary & Other Persuasions«, eine CD mit Werken von Frank Ein besonderes Highlight der Zappa mit dem Ensemble Modern Saison 2019/2020 ist sein Debüt (RCA, 2003), die mit einem ECHO beim Chicago Symphony Orchestra. Klassik ausgezeichnet wurde, Wiedereinladungen führen ihn sowie Konzerte und eine Einspie- unter anderem zum SWR Sympho- lung des neuen Soundtracks zu nieorchester, zum Turku Philhar- Sergei Eisensteins Film »Panzer- monic Orchestra, zum Ensemble kreuzer Potemkin« von und mit Modern und zum Collegium den Pet Shop Boys. Die von ihm Novum Zürich. dirigierte Liveaufnahme »The New Jonathan Stockhammer studierte Crystal Silence« mit Chick Corea, zunächst Chinesisch und Polito- Gary Burton und dem Sydney logie, später Komposition und Symphony Orchestra erhielt 2009 Dirigieren in seiner Heimatstadt einen Grammy. Sehr erfolgreich Los Angeles. Noch während des war auch seine Zusammenarbeit Studiums sprang er für mehrere mit dem Rapper Saul Williams für Konzerten beim Los Angeles Phil- »Said the Shotgun to the Head«, harmonic ein und assistierte in der eine Komposition von Thomas Folge dem Chefdirigenten Kessler, die Jonathan Stockhammer Esa-Pekka Salonen. Mit Abschluss mit dem WDR Sinfonieorchester seiner Studien zog er nach Deutsch- Köln, dem RSO Stuttgart und Oslo land um und entwickelte enge Philharmonic zur Aufführung künstlerische Beziehungen zu be- brachte. kannten europäischen Ensembles wie dem Ensemble Modern, dem Collegium Novum Zürich und dem Ensemble Resonanz.

51 SOPRAN CATRIONA BÜHLER

Die Sopranistin Catriona Bühler studierte an der Zürcher Hochschule der Künste. Es folgte ein Studium am Schweizer Opernstudio, wo sie 2009 das Konzertdiplom Oper erlangte. Neben Engage- ments im klassischen Konzertfach tea« von G.F. Händel) sowie in den engagiert sie sich auch in Projekten Uraufführungen der Opern »keyner mit Jazz, Chansons und freier nit« (Mathias Steinauer) und Improvisation. »Liquid Crystal Display« (Daniel Als Solistin sang sie bereits mit Mouthon). Mit dem Musiktheater- dem Zürcher Kammerorchester, kollektiv Wer ist Hilda heckt sie ensemble recherche Freiburg, neue Formen des Musiktheaters Collegium Novum Zürich, Musik- aus. fabrik Köln, ox&öl, Galatea Quar- Catriona Bühler ist ausserdem seit tett, casalQuartett, Ensemble für 2004 Mitglied der schweizer Close Neue Musik Zürich, Vokalensemble Harmony-Formation »The Sam Zürich. Singers«. Sie unterrichtet Gesang Szenische Projekte bereichern ihre an den Kantonsschulen Küsnacht Konzerttätigkeit. So sang sie unter und Bülach. anderem die Rollen der Despina (»Così fan tutte«), Adele (»Fleder- maus«), und Galatea (»Acis & Gala-

52 SPRECHER PETER SCHWEIGER

Peter Schweiger, Schauspieler und als freier Regisseur in Zürich, Regisseur, wurde 1939 in Wien Basel, Berlin, und Graz. geboren und lebt seit 1965 in der Von 1994–2004 war er Schauspiel- Schweiz. direktor am Theater St. Gallen, Neben seiner Theaterarbeit hat er wo er auch eine Reihe klassischer sich intensiv mit den Mischformen Opern inszeniert und musikdrama- zwischen Sprache und Musik tische Werke des 20. Jahrhunderts beschäftigt: sei es als Interpret uraufgeführt hat (Gérard Zinsstag, in Werken der Neuen Musik (von Roland Moser). 2001 wurde ihm Cage, Eisler, Ferrari, Kagel, Katzer, der Reinhart-Ring, die höchste Ullmann, Schnebel, Schönberg, Auszeichnung im Schweizer Suter, Stockhausen, Vogel, Wild- Theaterleben, verliehen. Er lebt berger und Zimmermann), oder freischaffend in Zürich. als Rezitator im klassisch-roman- tischen Bereich (Melodramen von Beethoven, Schubert, Schumann, Liszt, Schillings). Für das Schweizer Fernsehen hat er eine Reihe von Sendungen zur Musik gestaltet, so auch Dokumentarfilme über Arthur Honegger und Othmar Schoeck. Nach der Direktion des Zürcher Theaters am Neumarkt von 1983–1989, während der er sich besonders der aktuellen DDR- und der neuen Schweizer Dramatik angenommen hatte, arbeitete er

53 ENSEMBLE COLLEGIUM NOVUM ZÜRICH ±CNZ²

1993 gegründet, macht sich das im Radiostudio und an anderen CNZ zum Ziel, Musik der Gegen- Konzertorten in der Stadt realisiert wart zu fördern und zur Auffüh- werden. Weitere Konzertreihen rung zu bringen. Gleichzeitig wird suchen gezielt die spartenüber- das zeitgenössische Musikschaffen greifende Vernetzung der Künste in Kontext zur Musik vergangener sowie sinnfällige Verbindungen Epochen gestellt. Wichtiger Be- von musikalischem Programm standteil der künstlerischen Arbeit und Konzertort. ist der direkte Kontakt mit den Das CNZ brachte zahlreiche Werke Komponistinnen und Kompo- zur Uraufführung, darunter Kom- nisten sowie der Austausch mit positionen von Marc Barden, Gary Kooperationspartnern. Das gegen- Berger, William Blank, Anne Cleare, wärtig 26 Mitglieder umfassende Xavier Dayer, Ricardo Eizirik, Beat Solistenensemble kann dank Furrer, Georg Friedrich Haas, Edu seiner mobilen Struktur flexibel Haubensak, , auf jede Besetzung vom Solo bis Aram Hovhannisyan, Klaus Huber, zum großen Ensemble zurückgrei- Martin Jaggi, Michael Jarrell, fen. So kann sich die Programm- Arthur Kampela, Mischa Käser, gestaltung ganz nach inhaltlichen Georg Katzer, Hermann Keller, Kriterien ausrichten. Die Mitglieder Rudolf Kelterborn, Jorge López, treten mit dem Ensemble auch Cécile Marti, Moritz Müllenbach, solistisch in Erscheinung und Isabel Mundry, Emmanuel Nunes, nehmen neben ihrer Tätigkeit beim , Klaus Ospald, CNZ führende Rollen im Schweizer Michael Pelzel, , Kulturleben ein. Das CNZ, das von Philippe Racine, , Stadt und Kanton Zürich subven- Andrea Lorenzo Scartazzini, tioniert wird, unterhält seit Jahren Annette Schmucki, Blaise Ubaldini, eine eigene Konzertreihe in Zürich, Nadir Vassena, Stefan Wirth und bei der regelmäßig Ensemble- Gérard Zinsstag. Projekte in der Tonhalle Maag,

54 Am Pult des Ensembles standen Madrid, Klangspuren Schwaz, Dirigenten wie , Beat Schwetzinger Festspiele, Thailand Furrer, Sylvain Cambreling, Fried- International Composition Festival rich Cerha, Mark Foster, Pablo und Wiener Konzerthaus. Heras-Casado, David Philip Hefti, Peter Hirsch, Heinz Holliger, Mauricio Kagel, Johannes Kalitzke, Roland Kluttig, Susanna Mälkki, Das CNZ spielt im heutigen Konzert in folgender Emilio Pomàrico, Enno Poppe, Besetzung: Peter Rundel, Jonathan Stockham- mer, Michael Wendeberg, Peter Susanne Peters | Flöten Tilling, Jörg Widmann und Jürg Matthias Arter | Oboe Wyttenbach. Ernesto Molinari | Klarinetten Das CNZ tritt regelmässig im In- Miha Mitev | Fagott und Ausland auf und gastiert Antonio Lagares Abeal | Horn bei renommierten Festivals und Jens Bracher | Trompete Veranstaltern wie Stephen Menotti | Posaune Frankfurt, Muziekgebouw Amster- Simon Lamothe Falardeau | Tuba dam, Ultraschall Berlin, Berliner Alexander Smith, Antoine Brocherioux, Festspiele/MaerzMusik, Bregenzer Dino Georgeton, Jeanne Larrouturou | Schlagzeug Festspiele, Brucknerhaus Linz, Gilles Grimaître | Klavier Philharmonie Luxembourg, Urs Walker, Mateusz Szczepkowski | Violine Lucerne Festival, November Fabio Marano | Viola Music’s-Hertogenbosch, Casa da Imke Frank | Violoncello Música Porto, Kölner Philharmonie, Johannes Nied | Kontrabass WDR Köln, Auditorio Nacional Gary Berger | Klangregie

55 ORCHESTER DRESDNER PHILHARMONIE

Fokus, den er in seinen Program- men auf die Musik Anton Bruck- ners legte, trug dem Orchester den Die Dresdner Philharmonie blickt Ruf eines »Bruckner-Orchesters« als Orchester der Landeshaupt- ein. Zu den namhaften Gastdiri- stadt Dresden auf eine 150-jährige genten, die damals zur Dresdner Geschichte zurück. Mit der Eröff- Philharmonie kamen, zählten nung des sogenannten Gewerbe- Hermann Abendroth, Eduard haussaals am 29. November 1870 van Beinum, Fritz Busch, Eugen erhielt die Bürgerschaft Gelegen- Jochum, Joseph Keilberth, Erich heit zur Organisation großer Kleiber, Hans Knappertsbusch Orchesterkonzerte. Ab 1885 wurden und Franz Konwitschny. regelmäßig Philharmonische Nach 1945 bis in die 1990er Jahre Konzerte veranstaltet, bis sich das waren Heinz Bongartz, Horst Orchester 1923 seinen heutigen Förster, Kurt Masur (seit 1994 Namen gab. In den ersten Jahr- auch Ehrendirigent), Günther zehnten standen Komponisten Herbig, Herbert Kegel, Jörg-Peter wie Brahms, Tschaikowski, Dvořák Weigle und Michel Plasson als und Strauss mit eigenen Werken Chefdirigenten tätig. In jüngster am Pult der Dresdner Philharmo- Zeit prägten Dirigenten wie Marek nie. Im Orchester spielten heraus- Janowski, Rafael Frühbeck de ragende Konzertmeister wie Stefan Burgos und Michael Sanderling das Frenkel, Simon Goldberg oder die Orchester. Mit Beginn der Saison Cellisten Stefan Auber und Enrico 2019/2020 ist Mainardi. Carl Schuricht und Paul noch einmal als Chefdirigent und van Kempen leiteten ab 1934 das künstlerischer Leiter zur Dredsner Orchester; besonders van Kempen Philharmonie zurückgekehrt. führte die Dresdner Philharmonie zu Spitzenleistungen. Der starke

56 Ihre Heimstätte ist der im April Angebot für junge Menschen; mit 2017 eröffnete hochmoderne Probenbesuchen und Schulkon- Konzertsaal im Kulturpalast im zerten werden bereits die jüngsten Herzen der Altstadt. Konzertbesucher an die Welt der Im romantischen Repertoire hat klassischen Musik herangeführt. sich das Orchester einen ganz ei- Den musikalischen Spitzennach- genen »Dresdner Klang« bewahrt. wuchs fördert das Orchester in der Darüber hinaus zeichnet es sich Kurt Masur Akademie. durch klangliche und stilistische Von ihrem breiten Spektrum zeugt Flexibilität sowohl für die Musik auch die seit 1937 gewachsene des Barock und der Wiener Klassik Diskographie der Philharmonie. als auch für moderne Werke aus. Ein neuer Höhepunkt wurde mit Bis heute spielen Uraufführungen dem CD-Zyklus unter der Leitung eine wichtige Rolle in den Program- von Michael Sanderling erreicht, men des Orchesters. Gastspiele in der sich sämtlichen Sinfonien den bedeutenden Konzertsälen von Dmitri Schostakowitsch und weltweit zeugen vom hohen An- Ludwig van Beethoven widmet sehen, das die Dresdner Philhar- (Sony Classical). monie in der Klassikwelt genießt. Hochkarätig besetzte Bildungs- und Familienformate ergänzen das

57 ORCHESTERBESETZUNG DIE DRESDNER PHILHARMONIE IM HEUTIGEN KONZERT

1. VIOLINEN

Prof. Ralf-Carsten Brömsel KV VIOLONCELLI Dalia Richter KV

Eva Dollfuß Ulf Prelle KV 2. VIOLINEN Anna Zeller Victor Meister KV Marcus Gottwald KV Holger Grohs* Olena Guliei Ute Kelemen KV Adela Bratu Petra Willmann KV Antje Becker KV Reinhard Lohmann KV Rainer Promnitz KV Johannes Groth KV Viola Marzin KV Karl-Bernhard von Stump˜ KV Annegret Teichmann KV Ste˜en Gaitzsch KV Clemens Krieger KV Thomas Otto KM Dr. phil. Matthias Bettin KV Daniel Thiele KV Eunyoung Lee Andreas Hoene KV Bruno Borralhinho KM Deborah Jungnickel Jörn Hett«eisch Dorothea Plans Casal Xianbo Wen Dorit Schwarz KM Maciej Strzelecki Susanne Herberg KM Josef Vlcek Christiane Liskowsky KM KONTRABÄSSE Tatiana Dvortsova*** Juhee Sohn Dorit Essaadi Razvan Popescu Yelyzaveta Zaitseva*** Tobias Glöckler KV Olaf Kindel KM Thilo Ermold KV Donatus Bergemann KV BRATSCHEN Matthias Bohrig KV Christina Biwank KV Ilie Cozmaţchi Ste˜en Seifert KV Philipp Dose Ste˜en Neumann KV Heiko Mürbe KV Tilman Baubkus KM Irena Dietze Harald Hufnagel Karoline Eckardt Susanne Goerlich Misha Balan-Dorfman Fabian Lindner Urszula Miekina***

58 HÖRNER

Michael Schneider KV Torsten Gottschalk KM Johannes Max KV Carsten Gießmann KV TUBA

FLÖTEN Prof. Jörg Wachsmuth KV

Karin Hofmann KV TROMPETEN Claudia Rose KM Christian Höcherl KV Magdalena Bäz PAUKE | SCHLAGWERK Csaba Kelemen Nikolaus von Tippelskirch KM Stefan Kittlaus Jonathan Debus*** Alexej Bröse OBOEN Johann-Georg Baumgärtel* Ste˜en Cotta* Johannes Pfei˜er KV Stefan Köcher* Prof. Guido Titze KV POSAUNEN Philipp Schroeder* Isabel Kern Stefan Langbein KM Dirk Reinhold* Joachim Franke KV Stefan Seidl* Dietmar Pester KV KLARINETTEN

Prof. Fabian Dirr KV HARFE Klaus Jopp KV Nora Koch KV Anton Baumgärtel***

KLAVIER/CELESTA FAGOTTE Thomas Mahn* Felix Amrhein Michael Lang KV Lena Nell**

KM ¸ Kammermusiker | KV → Kammervirtuos | * → Gast | ** → Akademie | *** →Substitut 59 UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN ºAUSWAHL»

SO 10. NOV 2019 | 11 Uhr HERKULESKEULE AKADEMISTEN STELLEN SICH VOR Zemlinsky: Quartett (Zwei Fragmente) für Klarinette, Violine, Viola und Violoncello Hindemith: ›Kleine Kammermusik‹ op. 24/2 für Bläserquintett Weinberg: Streichtrio Eisler: Septett Nr. 2 ›Circus‹ Akademisten der Kurt Masur Akademie Inken Grabinski | Klarinette Lena Nell | Fagott Minchang Jo | Violine Yuju Lai | Viola Floris Faber | Viola Michael Schmitz | Violoncello

Mitwirkende Philharmoniker Magdaela Bäz | Flöte Guido Titze | Oboe David Coral | Horn Alexander Teichmann | Violine

Eine Veranstaltung der KURT MASUR AKADEMIE Orchesterakademie der Dresdner Philharmonie e.V.

SO 17. NOV 2019 | 19.00 Uhr MI 20. NOV 2019 (Buß- und Bettag) | 19.00 Uhr SCHLOSS ALBRECHTSBERG Kammerkonzert VERKLÄRTE NACHT Dvořák: Streichsextett A-Dur Schönberg: ›Verklärte Nacht‹ für Streichsextett Mitglieder der Dresdner Philharmonie Eva Dollfuss | Violine Deborah Jungnickel | Violine Beate Müller | Viola Andreas Kuhlmann | Viola Dorothea Plans-Casal | Violoncello Matthias Wilde (a.G.) | Violoncello

60 SA 23. NOV 2019 | 19.30 Uhr SO 24. NOV 2019 | 11.00 Uhr KULTURPALAST BRAHMS 3 Dvořák: ›Legenden‹ Fassung für Orchester (Auswahl) Elgar: Cellokonzert e-Moll Brahms: Sinfonie Nr. 3 F-Dur Cristian Măcelaru | Dirigent Daniel Müller-Schott | Violoncello Dresdner Philharmonie

FR 29. NOV 2019 | 19.30 Uhr SA 30. NOV 2019 | 19.30 Uhr KULTURPALAST SPARTACUS Tschaikowski: ›Manfred‹-Sinfonie h-Moll Prokofjew: Violinkonzert Nr. 2 Chatschaturjan: Auszüge aus dem Ballett ›Spartacus‹

Dmitrij Kitajenko | Dirigent Sergej Krylov | Violine Dresdner Philharmonie

Das ausführliche Konzert- und Abonnementangebot der Saison 2019/2020 finden Sie in unseren Saisonbüchern (erhältlich beim Ticketservice im Kulturpalast) sowie online unter dresdnerphilharmonie.de.

61 IMPRESSUM

Tobias Eduard Schick, geboren in Ober- HERAUSGEBER MUSIKBIBLIOTHEK schwaben. Kompositionsstudium von Intendanz 2006 bis 2012 an der Hochschule für Die Musikabteilung der der Dresdner Philharmonie Musik Dresden bei Mark Andre, Ernst Zentralbibliothek (2. OG) hält Schloßstraße 2 Helmuth Flammer, und Manos Tsangaris. zu den aktuellen Programmen 01067 Dresden Elektronische Musik bei Michael Flade der Philharmonie für Sie in T +49 351 4866-282 und Franz Martin Olbrisch. Lebt und einem speziellen Regal arbeitet in Dresden. Partituren, Bücher und CDs dresdnerphilharmonie.de bereit.

CHEFDIRIGENT UND REDAKTION Preis: 2,50 € KÜNSTLERISCHER LEITER Jens Schubbe Marek Janowski Änderungen vorbehalten.

Wir weisen ausdrücklich INTENDANTIN BILDNACHWEISE darauf hin, dass Bild- und Tonaufnahmen jeglicher Art Frauke Roth (V.i.S.d.P.) dpa: S. 4 während des Konzertes durch Harald Muenz: S. 9 Besucher grundsätzlich musicbru.wordpress.com: S. 12 untersagt sind. TEXT Swen Reinhold: S. 15 Hakanulus.de: S. 16 Jens Schubbe, Tobias Schick cmc.music.columbia.edu: S. 18 Die Texte sind Originalbeiträge Michiko Saiki_contemporary- für dieses Heft; Abdruck nur mit insights.com: S. 21 ausdrücklicher Genehmigung der Barbara Stro˜: S. 22 Autoren. Edition Peters: S.25) paulheinzdittrich.de S. 30 Jens Schubbe, geboren 1962 in der Dietrich Oltmanns: S. 33–35 Mecklenburgischen Schweiz, arbeitet Angelika Katzer: S. 36 als Dramaturg für die Dresdner Philhar- unbekannt: S.38 monie. Darüber hinaus ist er als Autor shutterstock, Andreas H: S. 39 bzw. beratend für diverse Institutionen karstenwitt.com: S. 40 tätig, u.a. Alte Oper Frankfurt, Wiener Spatzenwiki: S. 45 , Konzerthaus Berlin, David Campesino: S. 46 Schwetzinger Festspiele, Wittener Tage Isabel Noack: S. 47 für neue Kammermusik. Zuvor Tätig- Marco Borggreve: S. 50 keiten für das Collegium Novum Zürich Michael Bosshard: S. 52 (Künstlerischer Leiter/Geschäftsführer), Peter Schweiger: S. 53 das Konzerthaus Berlin (Dramaturg), die François Volpe: S. 55 Berliner Kammeroper (Dramaturg) und Markenfotograe: S. 57 das Theater Vorpommern (Chorsänger und Dramaturg). 3. Dresdner Chortag

PREISTRÄGERKONZERT DES ›FÖRDERPREISES DRESDNER LAIENCHÖRE‹

MI 20. NOV 2019 | 18.00 Uhr KULTURPALAST

GUNTER BERGER | Leitung ARNDT SCHMÖLE | Moderation PASCAL KAUFMANN | Orgel DRESDNER LAIENCHÖRE

Der ›Förderpreis Dresdner Laienchöre‹ wird 2019 zum dritten Mal durch die Landeshauptstadt Dresden ausgeschrieben. An den beiden Wettbe- werben 2017 und 2018 beteiligten sich insgesamt 44 Dresdner Laienchöre in den unterschiedlichsten Kategorien. Mit Spannung wird erwartet, welche Chöre 2019 die Förderpreise erhalten und sich auf der großen Bühne präsentieren werden.

10 € | 5 € Kinder bis 16 Jahre [email protected] 9 € Schüler, Studenten dresdnerphilharmonie.de © Markenfotograf e e Markenfotograf © TICKETSERVICE

Schloßstraße 2 | 01067 Dresden T +49 351 4866-866 MO – FR 10 – 19 Uhr SA 9 – 14 Uhr [email protected]

Bleiben Sie informiert:

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