<<

SonderdruckEI aus DER EISENBAHN INGENIEUR INTERNATIONALE FACHZEITSCHRIFT FÜR SCHIENENVERKEHR & TECHNIK Heft 6 ·Juni 2015 DVV Media Group GmbH · Hamburg

! U-Bahn-Neubau in – Lückenschluss der Linie

HERAUSGEBER VERBAND DEUTSCHER EISENBAHN-INGENIEURE E.V. NAHVERKEHRSPROJEKT

U-Bahn-Neubau in Berlin – Lückenschluss der Linie U5

Neubau von drei unterirdischen Bahnhöfen und zwei Tunnelröhren im historischen Stadtzentrum zwischen und Brandenburger Tor

Abb. 1: Strecke Linie U5 Grafik: wikipedia.org

richtung der U-Bahnstationen Hauptbahn- ginnen direkt vor dem Roten Rathaus und Torsten Schwenke hof, Bundestag und Brandenburger Tor mit führen entlang der Straße Torsten Brenner einem rund 1 km langen Tunnel als . bis zum Brandenburger Tor. Dabei werden Der eingleisige Pendelbetrieb auf dieser als die Spree, der Spreekanal (Kupfergraben), Die Linie U5, „Kanzler-U-Bahn“ bezeichneten Linie wur- die Baustelle des Berliner Stadtschlosses erste Linie im Großprofil de 2009 aufgenommen. (Humboldtforum), Baudenkmäler und Ge- Die Berliner U-Bahnlinie U5 erstreckt sich Das jetzt im Rohbau befindliche Teilstück bäude, wie die neue Kommandantur, ein derzeit über rund 18 km und führt mit soll die Lücke zwischen Bahnhof Alexan- alter Straßenbahntunnel sowie die Tunnel insgesamt 20 Stationen vom Alexander- derplatz und Bahnhof Brandenburger Tor der U-Bahnlinie und der S-Bahnlinie platz in der Berlins bis zur östlichen schließen, so dass nach der Fertigstellung S1/S2 unterquert. Stadtgrenze am Bahnhof Hönow. Die Stre- der durchgängige Betrieb der U5 von Hö- Wegen der schwierigen Bodenverhältnisse cke wurde mit der Bezeichnung Linie E now über die bevölkerungsreichen Stadt- sowie der Beschränkungen infolge der in- in den zwanziger Jahren als erste im neu- bezirke , , Fried- nerstädtischen Verhältnisse wurde für das eren Großprofil der Berliner U-Bahn er- richshain und Mitte bis zum Berliner ambitionierte Bauvorhaben eine Bauzeit richtet und ging 1930 zunächst mit zehn Hauptbahnhof auf einer Strecke von 22 km von mindestens sieben Jahren bis zur Inbe- Stationen vom Alexan derplatz bis nach und 26 Stationen möglich sein wird. triebnahme einkalkuliert. Die Vergabe der in Betrieb (Abb. 1). 1973 Die früher einmal angedachte weitere Ver- Bauaufträge zur Erstellung des Tunnels und konnte die Verlängerung um eine weite- längerung der Linie U5 bis zum S-Bahn- der Rohbauwerke für die Bahnhöfe erfolgte re Station bis zum Bahnhof in Ring am Bahnhof Jungfernheide ist derzeit – aufgeteilt in Baulose – in den Jahren 2012 Betrieb genommen werden. In den 80er nicht geplant. und 2013. Jahren wurde die Strecke dann oberirdisch bis nach Hönow verlängert, womit die Lückenschluss U5, Baumaßnahme Die Bahnhöfe, Gestaltung dort entstandenen Neubaugebiete an das in Berlins historischer Mitte und Bauweisen U-Bahnnetz angebunden werden konn- Der Lückenschluss der Linie U5 ist insge- Allgemeines ten. samt etwa 2 km lang und besteht aus den Aufgrund der zentralen Lage der Bahnhö- Der kurz vor dem Roten Rathaus auf Höhe drei unterirdischen Bahnhöfen „Berliner fe und der damit verbundenen städtebau- der Jüdenstraße endende Tunnel wurde Rathaus (BRH)“, „Museumsinsel (MUI)“ lichen Bedeutung erfolgen Planung und 1930 fertiggestellt und bereits für eine spä- und „Unter den Linden (UDL)“ sowie zwei Errichtung der Bahnhöfe nach Architekten- tere Verlängerung der U-Bahnlinie in west- eingleisigen parallel verlaufenden Tunnel- entwürfen. Die Entwürfe stammen von: licher Richtung vorbereitet. röhren (Abb. 2). • Olliver Collignon (BRH), Im Rahmen der Bauvorhaben im zentralen Die Bauarbeiten für den Lückenschluss der • Max Dudler (MUI), Bereich Berlins mit dem Schwerpunkt des Linie U5 erfolgen im Herzen Berlins, in der • Ingrid Hentschel und Axel Oestreich Berliner Hauptbahnhofes erfolgte die Er- historischen Mitte der Hauptstadt. Sie be- (UDL).

2 EI-Eisenbahningenieur | Juni 2015 Auf der Basis der Architektenentwürfe erfolgten im Auftrag der Berliner Ver- kehrsbetriebe (BVG) in den Jahren 2010 bis 2012 die Erstellung der Entwurfspla- nung und der Ausschreibungsunterlagen für den Rohbau der drei Bahnhöfe, der Baugruben sowie des Tunnels. Den Pla- nungsauftrag dazu erhielt die Planungs- gemeinschaft U5 Berlin (PGU5), einer Ingenieurgemeinschaft aus den Infra- strukturplanungsbüros SSF Ingenieure AG Berlin und München, ISP Ziviltechniker GmbH Wien und Amberg Engineering AG Regensdorf-Watt (CH). Alle drei Bahnhöfe werden, mit Ausnahme des Mittelteiles des Bahnhofes Museums- insel, innerhalb von tiefen, abgedeckelten Baugruben errichtet. Aus Gründen der Ausführungssicherheit haben sich Pla- ner und Bauherr für Baugruben mit un- Abb. 2: Lückenschluss U5 Übersicht Grafik: PGU5 verankerten, sogenannten tiefliegenden Dichtsohlen entschieden (Abb. 3). Die horizontalen Dichtsohlen können im le wird eine zweite Bodenschicht ebenfalls gegeneinander aus. Unter der temporär als Düsenstrahlverfahren in größeren Tiefen im Düsenstrahlverfahren verfestigt. Diese „Deckel“ bezeichneten Bauwerksdecke kann im Boden hergestellt werden. Sie dichten Schicht dient später als Aussteifungsrost nach erfolgter Grundwasserabsenkung in- die Baugrube gegen das von unten zu- zur Stützung der Schlitzwände nach dem nerhalb der Baugrube ausgehoben werden. strömende Grundwasser ab. Tiefliegende Baugrubenaushub und muss wasserdurch- Danach wird der Rohbau, beginnend mit Dichtsohlen müssen in einer Tiefe herge- lässig sein. der Sohlplatte, von unten nach oben bis an stellt werden, bei der nach erfolgtem Bau- Mit dem Einbau einer Wasserhaltungsan- die schon vorhandene Bauwerksdecke heran grubenaushub die noch verbleibende Auf- lage, bestehend aus Brunnen und Pegeln, hergestellt. In der Bauwerksdecke befindet last oberhalb der Dichtsohle größer ist als ist die Herstellung der Baugrube zunächst sich temporär mindestens eine Öffnung, um die von unten auf die Dichtsohle wirken- abgeschlossen. Boden heraus und Baumaterial hinein trans- de Auftriebskraft. Dadurch kann bei dieser Anschließend kann der Rohbau der Station portieren zu können. Art von Dichtsohlen im Unterschied zu beginnen. Dafür erfolgt zunächst die Her- Dem Deckel verdankt diese Form unterir- höherliegenden, rückverankerten Bau- stellung der endgültigen Bauwerksdecke auf dischen Bauens die Bezeichnung „Deckel- grubensohlen ein Versagen in Form eines einer auf dem Boden hergestellten Schalung, bauweise“. Die Deckelbauweise sorgt – im Aufbrechens der Baugrubensohle nicht in der Regel nur wenig unter dem späteren Unterschied zum Bauen in nach oben eintreten. In Abhängigkeit der geplanten Straßenaufbau. Diese Decke steift bauzeit- hin offenen Baugruben – für eine deut- Baugrubentiefen müssen die Dichtsohlen lich temporär die Schlitzwände am Kopf lich kurzzeitigere Inanspruchnahme der beim Lückenschluss der U5 in Tiefen von ca. 30 m bis max. 42 m unter Gelände an- geordnet werden. Dementsprechend müs- sen auch die Baugrubenwände bis in Tie- fen von max. 43 m hergestellt werden. Die Baugrubenwände als seitliche Abdichtung und Stützung der Baugrube werden als Schlitzwände mit Dicken zwischen 0,8 m und 1,5 m gefertigt. Zur Herstellung der tiefen Baugruben für die Bahnhöfe werden zunächst die um- schließenden Baugrubenwände von der Oberfläche bis in die erforderlichen Tiefen als gegreiferte Schlitzwände aus Stahlbe- ton hergestellt. Danach erfolgt ebenfalls von der Oberfläche aus die Herstellung der Dichtsohle mittels Bohrungen, die über die gesamte Baugrubenfläche in einem gleichmäßigen Raster (z. B. 2 m x 2 m) bis in die Tiefe des Schlitzwandfußes abgeteuft werden. An jedem Bohrpunkt wird der Bo- den im Düsenstrahlverfahren in der benö- tigten Tiefe mit einer Zementsuspension durchmischt. Das Boden-Zement-Gemisch erhärtet und bildet die Dichtsohle, welche eine planmäßige Dicke von 2 m hat. Knapp unterhalb der späteren Aushubsoh- Abb. 3: Deckelbauweise, Querschnitt BRH Grafik: PGU5

EI-Eisenbahningenieur | Juni 2015 3 NAHVERKEHRSPROJEKT

des Bahnhofes erforderlich. Die Sichtbar- machung des archäologischen Bestandes über ein „Archäologisches Fenster“ am Ende der westlichen Verteilebene ist ange- dacht aber noch nicht beschlossen. Im Zuge der Umplanung entstand der Bahnhof mit den markanten, im Grundriss elliptischen Pilzstützen, deren Herstellung in Verbindung mit der oben genannten Deckelbauweise eine Besonderheit dar- stellt. Die Pilzstützenköpfe werden mit ei- ner im Boden eingelassenen Schalung vor dem Deckel hergestellt und hängen bereits im Bauzustand an der Bauwerksdecke. Bahnhof Museumsinsel Aufgrund der Lage des Bahnhofes ist die Herstellung des Mittelteiles innerhalb ei- Abb. 4: Bahnhof Rathaus (BRH), Visualisierung Grafik: CollignonArchitektur ner abgedeckelten Baugrube nicht mög- lich. Nur die Zugangsbauwerke werden in der oben beschriebenen Deckelbauweise Oberfläche und für ein emissionsärmeres Darüber befindet sich die U5-Ebene mit hergestellt. Zwischen den beiden tiefen Bauen (Lärm, Schmutz), zu dem es beim den beiden Seitenbahnsteigen (Abb. 4). Baugruben wird der mittlere Teil des Bahn- innerstädtischen Bauen oft keine Alterna- Beide Seitenbahnsteige werden für Fahr- hofes Museumsinsel (Bahnsteigbereich) tive gibt. gäste über Verteilerbrücken jeweils an unterhalb des Spreekanals und der Neuen den Bahnhofsenden erreichbar sein. Von Kommandantur im Schutz einer Boden- Bahnhof Berliner Rathaus den Verteilerbrücken führen Treppen und vereisung in bergmännischer Bauweise Es handelt sich um einen doppelstöckigen Fahrtreppen zu den Bahnsteigen und zur aufgefahren (Abb. 5). Bahnhofsbau mit markanten Pilzstützen Oberfläche. Um die östlich des Spreekanals gelegene und (vielleicht) einem archäologischen Baugrube herstellen zu können, muss- Fenster. Besonderheit te zunächst das Profil des Spreekanals in Der Bahnhof Berliner Rathaus wird direkt Archäologische Funde direkter Nachbarschaft zur Schlossbrücke vor dem Roten Rathaus in der eben be- Vorlaufend zu den Arbeiten im Baufeld durch den Einbau eines Spundwand-Fan- schriebenen Deckelbauweise hergestellt. BRH fanden archäologische Grabungen gedammes eingeengt werden. Der Bahnhof wird mit zwei Gleisebenen mit dem Ziel statt, die bekanntermaßen Von der östlichen Baugrube aus werden errichtet und direkt an den bestehenden noch im Boden befindlichen Bauwerks- über eine Länge von bis zu 105 m Boh- Tunnel (Baujahr 1930) angeschlossen. reste der ehemaligen Königsstraße sowie rungen ausgeführt, in welchen die Verei- In dem bestehenden Tunnel, der an den des alten Berliner Rathauses zu doku- sungsanlage installiert wird. Der erforder- Bahnhof Alexanderplatz anschließt, befin- mentieren und anschließend zu bergen liche Eiskörper, aus statischen Gründen det sich derzeit eine viergleisige Aufstell- bzw. zu beseitigen. Nach dem Freilegen etwa 2 m über den Ausbruchquerschnitt anlage für Züge, welche auch weiterhin der Reste des mittelalterlichen Rathauses hinaus, wird mit einer Sole-Vereisung für den Betrieb benötigt wird. Aus diesem wurde der archäologische Bestand sei- aufgefroren (Abb. 6). In dem gefrorenen Grund wird später in der unteren Ebene tens der zuständigen Stelle für dringend Boden wird analog zum Bauen im Fest- des neuen Bahnhofes eine ebenfalls vier- erhaltenswürdig eingestuft. Dies machte gestein der Boden / Fels abschnittswei- gleisige Aufstellanlage untergebracht sein eine Umplanung der Zugangssituationen se bergmännisch herausgebrochen und (Abb. 3). und damit eine komplette Neuplanung mittels einer Spritzbetonschale gesichert. Der Gesamtquerschnitt des Bahnhofes wird in der Form von drei Stollen her- gestellt. Zuerst werden der Mittelstollen und das Betonbauwerk darin hergestellt. Anschließend erfolgt die Herstellung der beiden Seitenstollen in gleicher Weise. Mit dem Ausbruch des Querschnitts der Seitenstollen werden die dort vorhande- nen Tübbings des Schildtunnels zurück- gebaut. Der Bahnhof Museumsinsel erhält als markantes Element einen tiefblauen Ster- nenhimmel über den beiden Bahngleisen (Abb. 7). Bahnhof Unter den Linden An der Kreuzung der bekannten und be- liebten Flanier- und Einkaufsstraßen, der Friedrichstraße und der Straße Unter den Abb. 5: Bahnhof Museumsinsel (MUI), Grundriss Grafik: Google maps, PGU5 Linden, entsteht als Kreuzungsbahnhof

4 EI-Eisenbahningenieur | Juni 2015 mit Umsteigemöglichkeit zwischen den Linien U5 und U6 der Bahnhof Unter den Linden. Er wird ebenfalls in der oben beschriebe- nen Deckelbauweise errichtet. Wegen der verkehrlichen Zwänge im Kreuzungsbe- reich der beiden Straßen erfolgt die Pro- duktion der Schlitzwände, der Dichtsoh- len und der Decken abschnitts- und baufeldweise. Die vorhandene U-Bahnlinie U6 verläuft in der Friedrichstraße in Nord-Süd-Rich- tung unmittelbar unter der Straßenober- fläche. Im Jahr 2012 wurde begonnen, innerhalb der sehr beengten Verhältnisse in der Friedrichstraße eine über 120 m lange abgedeckelte Baugrube herzustel- len. Das darin befindliche, ebenso lange Stück des alten U-Bahntunnels, wurde abgebrochen und an gleicher Stelle ein Tunnel für den zukünftigen Bahnhof mit Abb. 6: Querschnitt, Vereisung MUI Grafik: PGU5 Seitenbahnsteigen errichtet (Abb. 8). Der neu hergestellte U6-Abschnitt konnte im November 2013, nach nur 18 Monaten Streckenunterbrechung, wieder in Betrieb genommen werden. Nach der Inbetrieb- nahme des Bahnhofes UDL wird der nur wenige Meter entfernte Bahnhof Franzö- sische Straße geschlossen werden. Aktuell erfolgen die Arbeiten innerhalb der abgedeckelten Baugruben unterhalb der Straße Unter den Linden. Wenn die- se Arbeiten abgeschlossen sind, werden sich in der unteren Ebene die Gleise und der Mittelbahnsteig der Linie U5 befinden (Abb. 9). Der Schildvortrieb Die Tunnel für die beiden Gleise werden mittels einer Tunnelvortriebsmaschine - TVM mit einer flüssigkeitsgestützten Orts- brust aufgefahren. Die TVM besitzt einen Durchmesser von 6,80 m und ist insge- Abb. 7: Bahnhof Museumsinsel (MUI), Visualisierung Grafik: Max Dudler samt ca. 75 m lang (Abb. 10). Sie bohrt sich unterhalb des Grundwasserspiegels durch das Lockergestein und stellt gleich- zeitig den Tunnel aus Betonsegmenten (Stahlbetonfertigteile) zusammen und kann daher zu Recht als fahrende Tun- nelfabrik bezeichnet werden. Ein jeweils 1,50 m breiter Ring des Tunnels besteht aus insgesamt 6 Betonsegmenten, den sogenannten Tübbings. Diese Tübbings werden von der Maschine innerhalb ei- nes Schutzmantels aus Stahl, dem soge- nannten Schildmantel, vollautomatisch versetzt. Auf dem jeweils so entstandenen neuen Ring drückt sich die TVM wieder um ein weiteres Stück nach vorn. Auf die- se Weise sind in den wegen des Grund- wassers nicht einfachen Verhältnissen Tagesleistungen von etwa 10 m im Drei- Schicht-Betrieb möglich. Die Dicke der Tübbings beträgt 0,35 m. Die entstehende Tunnelröhre hat einen In- nendurchmesser von 5,70 m. Abb. 8: Bahnhof Unter den Linden (UDL), Schnitt U6/U5 Grafik: PGU5

EI-Eisenbahningenieur | Juni 2015 5 NAHVERKEHRSPROJEKT

ballastieren. Um das Schifffahrtsprofil noch freihalten zu können, war eine Bal- lastierung mit Stahlplatten vorgesehen. Abweichend hiervon wurde seitens der ausführenden Firmen vorgeschlagen, die Vortriebssicherheit während der Spree- unterquerung durch den Einsatz einer modifizierten Stützflüssigkeit mit höhe- rer Dichte zu gewährleisten und so auf die Ballastierung verzichten zu können. Nach einem erfolgreichen Probebetrieb der modifizierten Stützflüssigkeit auf ei- ner Strecke zwischen dem Startschacht und der Spree sowie der Zustimmung der Prüfingenieure konnte die Spree ohne eine Ballastierung sicher unter- quert werden. Durchfahren der Stationsbaugruben Schlitzwände, Dichtsohlen und Ausstei- fungsroste für die späteren Baugruben der Bahnhöfe MUI und UDL mussten vor der Abb. 9: Bahnhof Unter den Linden (UDL), Visualisierung Grafik: Hentschel und Oestreich Fahrt der TVM schon hergestellt sein. Aus Sicherheitsgründen haben sich Planer und Bauherr dafür entschieden, die TVM durch die nicht ausgehobenen und nicht gelenz- ten Baugruben hindurchfahren zu lassen und die Tübbings innerhalb der Bahnhofs- baugruben mit dem späteren Ausheben des Bodens abzubrechen. Die Schlitzwände sind in den Bereichen, die durchbohrt werden, anstelle einer Stahlarmierung mit Bewehrungsstäben aus Glasfaserkunststoff (GFK) bewehrt, welche mit dem Schneidrad der TVM problemlos durchfahren werden kön- nen. Anschluss Bahnhof BRT Die Tunnelfahrt für beide Röhren beginnt an der Startbaugrube der späteren Gleis- wechselanlage und endet direkt am vor- handenen Bahnhof Brandenburger Tor an einer dortigen Zielschlitzwand, die be- reits in der Bauphase der U55 mit erstellt wurde. Um zwischen Schildmantel und Schlitzwand vor dem Bahnhof BRT ge- gen Grundwasser abdichten zu können, wurden vor Ankunft der TVM von der Abb. 10: Tunnelvortriebsmaschine (TVM) Foto: BVG Oberfläche aus zwei Einfahrblöcke mit- tels DSV-Verfahren hergestellt und eine Vereisungsanlage installiert (Abb. 11). Start der Tunnelvortriebs- tung Bahnhof Brandenburger Tor (BRT) Da die TVM nicht bis in den in Betrieb maschine begonnen. befindlichen Bahnhof BRT hineinfahren Neben den Bahnhöfen gehört ein wei- kann und damit kein Zielschacht zur Ver- teres Bauwerk zum Lückenschluss. Eine Unterqueren der Spree fügung steht, ist es erforderlich, die TVM Gleiswechselanlage (GWA), die als Tun- Die TVM unterquert die Spree mit einer nach Ankunft am Bahnhof BRT soweit nel in offener Bauweise auf der Haupt- minimalen Überdeckung von nur ca. 4 m. möglich auseinanderzubauen, zum Start- baustelleneinrichtung auf dem Areal des Eine ausreichende Überdeckung bzw. Auf- schacht am Marx-Engels-Forum zurück zu Marx-Engels-Forums im direkten An- last der TVM ist zwingend erforderlich, transportieren und dort für das Auffahren schluss an den Bahnhof Berliner Rathaus damit es aufgrund des Überdruckes in der der zweiten Tunnelröhre wieder zusam- errichtet wird. Vortriebsmaschine nicht zu Ausbläsern menzubauen. Der im Außendurchmesser In der GWA befindet sich der Startschacht und damit zu einem Druckabfall in der 6,80 m messende und etwa 10 m lan- der TVM. Hier wurde die Maschine zu- Abbaukammer kommt. ge Schildmantel der Maschine verbleibt sammengebaut und die Schildfahrt Rich- Geplant war deshalb die Spreesohle zu im Boden vor dem Bahnhof BRT. Das

6 EI-Eisenbahningenieur | Juni 2015 Schneidrad wird zertrennt und verschrot- tet. Schildmantel und Schneidrad müssen für die zweite Schildfahrt neu gefertigt werden. Die nördliche der beiden Tunnelröhren wurde 2014 bereits fertiggestellt. Zusammenfassung und Ausblick Mit dem Lückenschluss der Linie U5 wird die Verbindung des Berliner U-Bahnnetzes mit dem Berliner Hauptbahnhof und der direkte Anschluss einer der meist frequen- tierten U-Bahnlinien an den überregiona- len Fernverkehr hergestellt. Das steigert die Attraktivität des hauptstädtischen Nahver- kehrsnetzes sowohl für Berliner als auch für Berlinbesucher. Der Lückenschluss ist ein technisch an- spruchsvolles Bauvorhaben. Zur Errich- tung der unterirdischen Bauwerke im schwierigen Baugrund kommen Bauver- fahren und Baumethoden zum Einsatz, Abb. 11: Anschluss TVM an Bahnhof Brandenburger Tor Grafik: PGU5 die durch ein hohes Sicherheitsniveau ge- kennzeichnet sind. Die maßgebende Pla- nung, vom Entwurf über die Erstellung • Beim Anschluss der Tunnelbohrma- halten sind alle Kosten zur Erstellung der Ausschreibungsunterlagen bis zur schine an die Baugrubenwand des der Rohbauwerke für die drei Bahnhöfe, vollständigen Ausführungsplanung und Bahnhofes BRT ereignete sich im Som- einschließlich der erforderlichen Bau- deren baubegleitender Fortschreibung, mer 2014 trotz der Herstellung des gruben und Baubehelfe, die Gleiswech- wird ganzheitlich vom Planer des Bau- Einfahrblockes und der Vereisung der selanlage und das Tunnelbauwerk sowie herrn erstellt und nach der Prüfung und Anschlussfuge ein Wasser- und Bo- die Kosten für den gesamten Innenaus- Freigabe durch den Bauherrn den Baufir- deneintrag in die Abraumkammer der bau, die Betriebstechnik und -installa- men zur Ausführung übergeben. TVM. Die Klärung der Ursachen sowie tionen sowie für den Gleisbau und die Als Komplikationen in Hinsicht auf Termi- die gutachterliche Beweissicherung Zugsicherung. ne und Kosten haben sich mit Stand Ende nahmen Zeit in Anspruch. 2014 ergeben: • Andere Komplikationen, wie z. B. das • Am Bahnhof MUI ergaben sich Kompli- Antreffen eines Findlings mit einer kationen bei der Herstellung der DSV- Kantenlänge von mindestens 3 m in Aussteifungsroste. Hier konnten die ca. 16 m Tiefe bei den Schlitzwandar- Dipl.-Ing. Torsten Schwenke benötigten Qualitäten nicht erreicht beiten UDL konnten zeitnah beseitigt Planungsgemeinschaft U5 (PGU5) werden, so dass die Aussteifungsroste werden. SSF Ingenieure AG, Berlin schließlich durch Bodenausbau und Aufgrund der vorgenannten Schwierig- [email protected] Betoneinbau mittels Großbohrgeräten keiten wird die voraussichtliche Inbe- hergestellt wurden. Bis zur Fertigstel- triebnahme der Linie U5 etwa mit Mitte lung der Aussteifungsroste MUI muss- 2020 erfolgen können. Ursprünglich war Dipl.-Ing. Torsten Brenner te die TVM mehrere Monate vor dem 2019 geplant. Als Kosten bis zur Inbe- Projektrealisierungs GmbH U5 Ostschacht des Bahnhofes MUI stehen triebnahme sind nach aktuellem Stand (PRG U5) Tochter der BVG, Berlin bleiben. 525 Mio. Euro veranschlagt. Darin ent- [email protected]

Zusammenfassung Summary U-Bahn-Neubau in Berlin – Lückenschluss der Linie U5 New metro line construction in Berlin – gap closure of U5 Mit dem Lückenschluss der Linie U5 wird die Lücke zwischen den Berliner The gap between Berlin’s U-Bahn lines U5 (between Alexanderplatz and U-Bahn-Linien U5 (Strecke Bf. Alexanderplatz – Bf. Hönow, 18 km, 20 Sta- Hönow stations, 18 km, 20 stops) and U55 (between Hauptbahnhof tionen) und U55 (Strecke Hauptbahnhof – Bf. Brandenburger Tor, 1 km, railway station and Brandenburger Tor station, 1 km, 3 stations) will drei Stationen) geschlossen. Nach der Fertigstellung wird der durchgängige be closed. Once finished, the line will offer through operation between Betrieb auf der U5 vom Bf. Hönow bis zum Berliner Hauptbahnhof auf einer and Hönow station. The line will be 22 km long Strecke von 22 km und 26 Stationen möglich sein. Das im Bau befindliche with 26 stops. The line section under construction has a total length Teilstück ist insgesamt etwa 2 km lang und besteht aus den drei unterir- of 2 km and consists of three underground stations „Berliner Rathaus dischen Bahnhöfen „Berliner Rathaus (BRH)“, „Museumsinsel (MUI)“ und (BRH)“, „Museumsinsel (MUI)“ und „Unter den Linden (UDL)“, as well „Unter den Linden (UDL)“, sowie zwei eingleisigen parallel verlaufenden Tun- as two parallel single-track tunnel tubes. Construction has started in nelröhren. Mit den Bauarbeiten wurde 2012 begonnen. Die Inbetriebnahme 2012. The completed line is scheduled to take up operation in 2020. der Gesamtstrecke soll 2020 erfolgen. Als Kosten bis zur Inbetriebnahme According to current planning, 525 million Euro are budgeted until sind nach aktuellem Stand 525 Mio. Euro veranschlagt. completion.

EI-Eisenbahningenieur | Juni 2015 7 Planungsgemeinschaft Berliner U-Bahn U5

Schönhauser Allee 149 D - 10435 Berlin [email protected]

T + 49 (0) 30 4 43 00 - 0 F + 49 (0) 30 4 43 00 - 60 0