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Verkehrsabhängige Betriebsführung bei Stadtschnellbahnen

Dipl.-Ing. Christine Große

Berlin 2003 D 83

Verkehrsabhängige Betriebsführung bei Stadtschnellbahnen

vorgelegt von Diplom-Ingenieurin Christine Große

Von der Fakultät V - Verkehrs- und Maschinensysteme der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktorin der Ingenieurwissenschaften - Dr.-Ing.-

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss:

Vorsitzender: Prof. Dipl.-Ing. H. Linde Berichter: Prof. Dr.-Ing. habil. J. Siegmann Berichter: Prof. Dr.-Ing. M. Hecht

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 26. August 2003

Berlin 2003 D 83 Danksagung

Ich danke allen ganz herzlich, die zum Gelingen meiner Arbeit beigetragen haben.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr.-Ing. habil. Jürgen Siegmann, der meine Dissertation von der Themenfindung bis zur Fertigstellung fachlich begleitet hat. Insbesondere danke ich für die konstruktiven Ratschläge und für die in den letzten Monaten der Erstellung gewährte Entlastung von anderen Aufgaben am Fachgebiet.

Herzlich danke ich Herrn Prof. Dr.-Ing. Markus Hecht für die Übernahme der Funktion eines Zweitberichters in meinem Promotionsverfahren.

Weiterhin danke ich Herrn Prof. Dipl.-Ing. Horst Linde für die Übernahme des Vorsitzes im Prüfungsverfahren.

Ein ganz besonderer Dank gilt Frau Dr.-Ing. Heike Twele, die meine Dissertation durch sehr konstruktive, fachliche Diskussionen und Ratschläge begleitete und mich stark zur Weiterarbeit motivierte. Sie nahm sich viel Zeit für meine Probleme und die Korrekturen mehrerer Versionen der Arbeit und hat damit wesentlich zum Gelingen der Promotion beigetragen.

Ebenfalls bedanke ich mich ganz herzlich bei cand. ing. Hannes Franzmeier, der auf Basis meiner Ideen das Simulationsprogramm erstellte. Er zeigte einen bemerkenswerten Einsatz und eine hohe Motivation bei der Umsetzung so vieler Ideen wie möglich in der Simulation.

Die Unterstützung und Motivation durch meine Familie gaben mir zusätzlichen Rückhalt.

Christine Große

Vorwort

Der Schienenverkehr kann angesichts der sich verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen immer weniger seine Bündelungsfähigkeit vorteilhaft zur Geltung bringen. Starre Taktkonzepte sind im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Bedienungsfrequenz / Wartezeitminimierung oftmals nicht mehr eine zukunftsfähige Lösung. Die Automatisierung von Stadtschnellbahnen bietet die Möglichkeit, ohne Sprungkosten für das Personal die Bedienungsfrequenz drastisch anzuheben. Noch besser ist eine verkehrsabhängige Betriebsführung, die nur dann Kapazität bereitstellt, wenn diese gebraucht wird.

Frau Dr. Große hat in der vorliegenden Arbeit ein Verfahren erarbeitet, mit dem eine derartige verkehrsabhängige Betriebsführung durchleuchtet werden kann. Sie hat dabei die Komplexität des Themas sehr gut strukturiert und einer Lösung zugeführt. Die Arbeit profitiert von einer sehr guten Kooperation mit der BVG im Rahmen eines Lehrauftrages an Herrn Kaiser. Frau Dr. Große hat auch ihre Erfahrungen aus fünfjähriger Lehrtätigkeit an meinem Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb einfließen lassen.

Es ist zu hoffen, dass die Arbeit dazu beiträgt, die kritische Wirtschaftlichkeit automatischer Stadtschnellbahnen anzuheben, so dass die noch zaghaften Schritte in dieser Richtung in Deutschland (Nürnberg, Berlin, Frankfurt u.a.) intensiviert werden. Immerhin erhalten die Kunden mit einer verkehrsabhängigen Betriebsführung eine bessere Bedienungsqualität.

Berlin, im September 2003

Prof. Dr.-Ing. habil. J. Siegmann

Verkehrsabhängige Betriebsführung bei Stadtschnellbahnen

Christine Große

Kurzfassung

Das Angebot bei konventionellen Schienenverkehrsmitteln ist langfristigen Fahrgastverläufen angepasst, die in Form von Tagesganglinien dokumentiert werden. Auf kurzfristige Anstiege in der Fahrgastnachfrage, die in Folge schlechter Witterung oder bei Großveranstaltungen auftreten können sowie auf Nachfragerückgänge infolge Urlaubszeiten oder starker Umsteigerzahlen auf das Fahrrad kann nur unzureichend reagiert werden. Damit stoßen konventionelle Schienenverkehrsmittel bezüglich ihrer Flexibilität an enge Grenzen.

In der vorliegenden Arbeit wurde ein Verfahren entwickelt, welches auf schwankende Fahrgastströme reagiert und das Angebot der eingesetzten Fahrzeuge zum Transport der Fahrgäste kontinuierlich optimiert. Somit wird ein erhöhter Auslastungsgrad der eingesetzten Fahrzeuge über den Betriebstag erreicht. Die Auslastung über die Zeit und die Strecke kann in Form des Verkehrswirkungsgrades als Quotient aus Verkehrsleistung (Personenkilometer pro Zeiteinheit) zur Betriebsleistung (Platzkilometer pro Zeiteinheit) ausgedrückt werden. Die flexible Einsatzplanung wird dadurch effizienter, dass von einer automatischen Betriebsführung im Sinne von MTO (manless train operation) ausgegangen wird – die Züge verkehren demzufolge ohne Fahrer und Begleiter.

Basis des entwickelten Verfahrens der verkehrsabhängigen Betriebsführung ist eine permanente Erfassung der Zahl der Fahrgäste im System. Das entwickelte Verfahren besteht aus vier mathematisch formulierten Einsatzstrategien für:

· Linien mit Anfangsbahnhöfen mit starker Fahrgastnachfrage · Linien mit einem Anfangsbahnhof mit geringer Fahrgastnachfrage · Verstärkerzüge auf verkürztem Linienweg · Dispositionszüge zur Sicherstellung einer ausreichenden Fahrzeugverfügbarkeit in den Depots.

Aus diesen Elementen lassen sich unterschiedliche Strategien zusammensetzen, so dass die meisten realen Stadtschnellverkehrsstrecken mit dem Verfahren optimiert werden können.

Mittels einer Simulation, die den Betriebsablauf auf einer realen Beispielstrecke, der für eine Automatisierung vorgesehenen Berliner U-Bahn-Linie , bei unterschiedlichen Randbedingungen darstellt, konnten die Funktionsfähigkeit des Verfahrens und seine Potenziale hinsichtlich des Verkehrswirkungsgrades nachgewiesen werden. Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis iv

Tabellenverzeichnis vi

Abkürzungsverzeichnis viii

1. Einleitung 1

2. Problemstellung 2

3. Nachfragecharakteristik 4 3.1 Verkehrszwecke 4 3.2 Nachfragesensitivitäten 4 3.3 Nachfragezeiten 6 3.4 Einfluss der soziodemografischen Aspekte auf die Verkehrsmittelwahl 8

4. Angebotsbemessung 9 4.1 Bemessung des Leistungsangebotes 9 4.2 Randbedingungen der Angebotsplanung 11 4.3 Bedienungsformen im öffentlichen Verkehr 13 4.4 Grenzen der Reaktionsfähigkeit auf schwankende Nachfrage 16 4.5 Anforderungen der Kunden und Betreiber an Stadtschnellverkehrssysteme 17

5. Ausprägungen und Randbedingungen der verkehrsabhängigen Betriebsführung 20 5.1 Zielstellung der verkehrsabhängigen Betriebsführung 20 5.2 Wirtschaftliche und betriebliche Randbedingungen 20 5.2.1 Wirtschaftliche Randbedingungen 20 5.2.2 Fahrpersonal 21 5.3 Ausprägungsarten verkehrsabhängiger Betriebsweisen 22 5.3.1 Flügelzüge 23 5.3.2 Verkehrsabhängige Bedienung von schwach ausgelasteten Linienenden 24 5.3.3 Expresszüge 27 5.3.4 Taktgebundenes Grundangebot mit Verstärkerzügen 29 5.3.5 Verkehrsabhängiger Betrieb ohne Grundtakt 30 5.3.6 Vergleich der Ausprägungsarten der verkehrsabhängigen Betriebsführung30 5.4 Weiterführende Konzepte der verkehrsabhängigen Betriebsführung 31 5.4.1 Einsatz unterschiedlicher Zuggrößen in geplanter Folge 31 5.4.2 Einsatz flexibler Zuggrößen nach dem aktuellen Bedarf 33 5.5 Randbedingungen eines automatischen Betriebes 34 5.5.1 Technische und betriebliche Voraussetzungen an Fahrzeugen und Infrastruktur 35 5.5.2 Gefahrraumüberwachung und Abfertigung 36 5.5.3 Zugbildung und Zugtrennung 37 5.6 Vorteile der Automatisierung aus Sicht der Kunden und Betreiber 38 5.7 Beispiele automatischer Stadtschnellverkehrssysteme 38 5.7.1 Frankreich 39 5.7.2 Deutschland 40 i 6. Automatische Erfassung von Fahrgastzahlen 43 6.1 Erfassung am Zugangs- und Wartebereich des Bahnhofes 43 6.2 Erfassung in den Fahrzeugen 45 6.3 Gegenüberstellung der Möglichkeiten der Fahrgasterfassung 50

7. Verfahren zur Ermittlung der Zugfolgezeiten und Zuggrößen für stark frequentierte Anfangsbahnhöfe 52 7.1 Randbedingungen 52 7.2 Herleitung der Berechnungsformeln für Linien mit hoher Auslastung der Züge am Anfangsbahnhof 53 7.3 Berücksichtigung sehr starker Fahrgastzahlanstiege in der morgendlichen HVZ 57 7.4 Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Fahrzeugen durch Einbeziehung der eintreffenden Fahrzeuge aus der Gegenrichtung – Depotverfügbarkeit 60 7.5 Abstellen von Zügen 62 7.6 Maßnahmen zur Optimierung des Verkehrswirkungsgrades 62 7.7 Optimierung der Abfahrtszeiten vor dem Taktzug 65

8. Verfahren zur Ermittlung der Zugfolgezeiten und Zuggrößen für schwach frequentierte Anfangsbahnhöfe 69

9. Kapazitätsanpassung des Fahrzeugangebotes an die Nachfrage an Zwischenhaltepunkten / Verstärkerzüge auf verkürztem Linienweg 74 9.1 Einsatz von Verstärkerzügen auf verkürztem Linienweg bei zwei unterschiedlich stark belasteten Streckenabschnitten 74 9.2 Entlastung eines überfüllten Haltepunktes 78 9.3 Linienkürzung 80 9.4 Diskussion der Akzeptanz 81

10. Wahl von Ausprägungsart und Beispielstrecke für vertiefende Betrach- tung der verkehrsabhängigen Betriebsführung 83 10.1 Wahl der Ausprägungsart der verkehrsabhängigen Betriebsführung 83 10.2 Wahl der Beispielstrecke 83 10.3 Vorstellung der Beispielstrecke 84 10.4 Eingesetzte Fahrzeugtypen 86 10.5 Verkehrliche und betriebliche Charakteristika der U5 87 10.6 Auslastung 88 10.7 Bedeutung der Haltepunkte der U5 89 10.8 Kapazitäten in verschiedenen Verkehrszeiten 91 10.9 Verkehrswirkungsgrad beim konventionellen U-Bahn-Betrieb 93

11 Anwendung des Verfahrens der verkehrsabhängigen Betriebsführung auf die U-Bahn-Linie U5 der Berliner BVG 95 11.1 Ermittlung der Zugfolgezeit 95 11.2 Festlegung von Schwellenwerten zur Verhinderung des Oszillierens bei Einsatz mehrerer Zuggrößen 98 11.3 Depotverfügungszeit bei der Berliner U-Bahn-Linie U5 100

12 Simulation der verkehrsabhängigen Betriebsführung 104 12.1 Erzeugung der Tagesganglinie für die Simulation 104 12.2 Teilbereiche der Simulation 109

ii 13 Simulationsergebnisse 112 13.1 Auswertung des 1. Simulationslaufes 112 13.2 Auswertung der weiteren Simulationsläufe 118 13.3 Auswertung des 8. Simulationslaufes 118 13.4 Auswertung des 10. Simulationslaufes 119 13.5 Ergebnisse und Empfehlungen 120 13.6 Simulationsläufe mit 2 unterschiedlichen Zuggrößen 121 13.7 Simulationsläufe mit 3 unterschiedlichen Zuggrößen 124 13.8 Ergebnisse und Empfehlungen für den Einsatz mehrerer Zuggrößen 126

14 Zusammenfassung und Ausblick 127

Literaturverzeichnis

Anlagen

iii Abbildungsverzeichnis

Bild 3-1 Tagesganglinie der Berliner U-Bahn-Linie U5 nach Fahrgastzahlen vom 19.4.1994; eigene Darstellung nach [BVG 1994] 7

Bild 4-1 Linienbelastung der Berliner U-Bahn-Linie U5, Wochentag, Fahr- gäste / 24 Stunden; eigene Darstellung nach [BVG 1994] 10 Bild 4-2 Komponenten der Beförderungszeit; eigene Darstellung nach [Her 96] 12 Bild 4-3 zeitliche Ausprägung der Bedienung von Haltestellen; eigene Zeichnung Nach [Kir 83] 14 Bild 4-4 Formen des Zugbetriebes [Vuk 00] 15

Bild 5-1 Regelkreis beim nachfragegesteuerten Online-Betrieb; eigene Dar- stellung 23 Bild 5-2 Prinzip des Flügelns 24 Bild 5-3 beispielhaftes Betriebsprogramm mit Zwischenendstelle; eigene Darstellung 26 Bild 5-4 Fahrzeitvergleich für regulären Zug und Expresszug; eigene Darstellung 28 Bild 5-5 Einsatz unterschiedlicher Zuggrößen in geplanter Folge in Abhängigkeit der Nachfrage (anhand einer fiktiven Tagesganglinie); eigene Darstellung32 Bild 5-6 Grundfunktionen der Automatisierung [Zas 00] 34 Bild 5-7 H-Bahn-Netz Dortmund; eigene Darstellung nach [MülH 00] 41

Bild 6-1 Schema eines wagenbezogenen automatischen Fahrgastzählgerätes nach [Kreu 96] 47

Bild 7-1 Prozentuale Anzahl der Aussteiger entlang eines Streckenabschnittes im Verhältnis zur Gesamtzahl der im Zug befindlichen Fahrgäste – Beispiel; eigene Darstellung 53 Bild 7-2 Gegenüberstellung der durchschnittlichen Fahrzeugbesetzung am Anfangsbahnhof und am maßgeblichen Querschnitt; eigene Darstellung 54 Bild 7-3 Tagesganglinie der Linie 1 des VAL-Systems in Lille [Schw 00] 58 Bild 7-4 Multiplikatoren für Fahrgastzahlen innerhalb eines Grundtaktes von 20 Minuten (=1200 Sekunden); eigene Darstellung 64 Bild 7-5 Einfluss der Fahrzeugfolgezeit auf die mittlere Wartezeit im ÖPNV [Wal 97] 66

Bild 8-1 Linienlast der Berliner U-Bahn-Linie U5 als Beispiel für einen sehr schwach frequentierten Anfangsbahnhof (Hönow, rechte Seite); eigene Darstellung nach [BVG 94] 69 Bild 8-2 schematischer Bildfahrplan für die Bedienung unterschiedlich stark ausgelasteter Streckenabschnitte; eigene Darstellung 72

Bild 10-1 Streckenband der Berliner U-Bahn-Linie U5 und Stationsabstände; eigene Darstellung nach [BVG 00] 84 Bild 10-2 Fahrzeiten der Berliner U-Bahn-Linie U5 in beide Richtungen; [Info 02] 84 Bild 10-3 Baureihe H; [Berlin 02] 86 Bild 10-4 U-Bahn-Fahrzeug der Baureihe DL 68; [Berlin 02] 86 Bild 10-5 Bahnhofsbelastung der U5; eigene Darstellung nach [BVG 00] 87

Bild 10-6 Auslastung U5 Richtung Hönow; 19.4.1994; eigene Darstellung nach

iv [BVG 1994] 89 Bild 10-7 Prozentualer Anteil an Gesamtzahl der Einsteiger Fahrtrichtung ; Betriebstag 19.4.1994; eigene Darstellung nach [BVG 1994] 90 Bild 10-8 Prozentualer Anteil an Gesamtzahl der Einsteiger Fahrtrichtung Hönow; Betriebstag 19.4.1994; eigene Darstellung nach [BVG 1994] 90 Bild 10-9 rechnerische Bemessungskapazitäten (Wunschauslastung) von Zügen in Abhängigkeit der Verkehrszeiten; eigene Berechnung 91

Bild 12-1 Fahrgastzahl als Gerade zwischen zwei Mittelwerten; eigene Darstellung 105 Bild 12-2 Fahrgastzahlberechnung unter Berücksichtigung von Maximalwerten, welche die Stunden - Mittelwerte übersteigen; eigene Darstellung 106

v Tabellenverzeichnis

Tabelle 3-1 Elastizitäten im Stadtverkehr; eigene Darstellung nach [Vrt 00] 5

Tabelle 4-1 Haltestellenbedienung im öffentlichen Nahverkehr; eigene Dar- stellung nach [Krö 90] 14 Tabelle 4-2 Rangfolge von Qualitätsmerkmalen des ÖPNV bei Kunden und Verkehrsbetrieben; eigene Darstellung nach Daten von [Schn 99] 17 Tabelle 4-3 Konsequenzen aus den Forderungen der Fahrgäste auf die Betriebsdurchführung und weitere Aspekte [nach Hertel 01] 19

Tabelle 5-1 Gegenüberstellung der Betriebsformen Taktgebundenes Grundangebot und verkehrsabhängiger Betrieb; eigene Darstellung 31 Tabelle 5-2 Vergleich von Methoden der Haltestellengefahrraumsicherung; eigene Darstellung nach [Nös 99] 37

Tabelle 6-1 Techniken zur Fahrgastzählung; eigene Darstellung nach [Kreu 96] 46 Tabelle 6-2 Vergleich verschiedener Möglichkeiten der Fahrgastzahlerfassung; eigene Darstellung 50

Tabelle 10-1 Anzahl der Abstellanlagen der Berliner U-Bahn-Linie U5 [BVG 00] 85 Tabelle 10-2 Konstruktive Parameter der Baureihe H; [Fahr 02; BVG 1999] 86 Tabelle 10-3 Bemessungskapazitäten (Plätze pro Zug) von U-Bahn-Großprofilfahr- zeugen der BVG mit 2 bzw. 3 DTW in Abhängigkeit der Verkehrszeiten; eigene Berechnung 92 Tabelle 10-4 derzeitige Beförderungskapazität in Plätzen pro Stunde nach Verkehrs- zeiten; eigene Berechnung 93

Tabelle 11-1 Besetzungsgrad-Verhältnis y; Verhältnis der Auslastung von Alexander- platz zur höchsten Auslastung der Strecke - Fahrtrichtung Hönow; eigene Berechnung nach Zahlen [BVG 1994] 95 Tabelle 11-2 Besetzungsgrad-Verhältnis y, Verhältnis der Auslastung vor dem Bahnhof zur höchsten Auslastung der Reststrecke - Fahrtrichtung Hönow; eigene Berechnung nach Zahlen [BVG 1994] 96 Tabelle 11-3 Besetzungsgrad-Verhältnis y, Verhältnis der Auslastung am Bahnhof bzw. Nord zur höchsten Auslastung der Strecke - Fahrtrichtung Alexanderplatz; eigene Berechnung nach Zahlen [BVG 1994] 97 Tabelle 11-4 Besetzungsgrad-Verhältnis y, Verhältnis der Auslastung am Bahnhof Hellersdorf zum Bahnhof Kaulsdorf Nord - Fahrtrichtung Alexander- platz; eigene Berechnung nach Zahlen [BVG 1994] 98 Tabelle 11-5 Besetzungsgrad-Verhältnis y, Verhältnis der Auslastung nach dem Bahnhof zu maßgeblichen Querschnitt - Fahrtrichtung Alexanderplatz; eigene Berechnung nach Zahlen [BVG 1994] 98 Tabelle 11-6 Streckenfahrzeiten von Fahrzeugdepots zum Einsatzpunkt in Minuten [BVG Fahrinfo] 101

Tabelle 12-1 Verhältnisse der Besetzungsgrade in der Simulation; eigene Darstellung 110

Tabelle 13-1 Verkehrswirkungsgrade in Prozent - konventioneller Betrieb [BVG 1994] und verkehrsabhängiger Betrieb (Simulation) auf Basis der Berliner U5;

vi Fett unterlegt ist der höhere Wirkungsgrad je Stunde; eigene Darstellung 113 Tabelle 13-2 Zahl der eingesetzten Züge beim verkehrsabhängigen Betrieb (1. Simu- lationslauf) nach Richtungen im Vergleich zum konventionellen Betrieb; eigene Darstellung 115 Tabelle 13-3 Verkehrswirkungsgrade der verkehrsabhängigen Betriebsführung bei den Simulationen 1 bis 10; eigene Darstellung 118 Tabelle 13-4 Verkehrswirkungsgrade bei Einsatz von 2 Zuggrößen; eigene Darstellung121 Tabelle 13-5 Verkehrswirkungsgrad bei Einsatz von 2 Zuggrößen nach Stunden; eigene Darstellung 122 Tabelle 13-6 Endbahnhöfe der vorzeitig endenden Züge; eigene Darstellung 123 Tabelle 13-7 Verkehrswirkungsgrade bei Einsatz drei unterschiedlicher Zuggrößen; eigene Darstellung 124 Tabelle 13-8 Einsatzbahnhöfe der Verstärkerzüge bei drei verschiedenen Zuggrößen; eigene Darstellung 125 Tabelle 13-9 Endbahnhöfe der Verstärkerzüge bei drei verschiedenen Zuggrößen; eigene Darstellung 125

vii Abkürzungsverzeichnis

AGT-System Automated Guided Transit ATC Automatic Train Control ATO Automatic Train Operation ATO-MMI Automatic Train Operation - Man Machine Interface ATP Automatic Train Protection ATS Automatic Train Supervision BOStrab Bau- und Betriebsordnung für Straßenbahnen BBM Black-Box-Master Bü Süd BVG Berliner Verkehrsbetriebe DTO Driverless Train Operation DTW Doppeltriebwagen DVU Dienstvorschriften U-Bahn FBS Flexibilisierung des Beförderungsangebots bei Stadtbahnen durch fahrerlosen Betrieb Fi Friedrichsfelde FZE Fahrzeugeinheiten GPS Global Positioning System HD Hellersdorf HGÜ Haltestellengefahrraumüberwachung HVZ Hauptverkehrszeit ILTIS Integrales Leit- und Informationssystem Indusi Induktive Zugsicherung IRMA Infrared Motion Analyzer ISDN integrated services digital network (diensteintegrierendes digitales Nach- richtennetz) LAN local area network (lokales Netzwerk) LISI Leit-, Informations- und Sicherungssystem KL Kaulsdorf Nord Maggaly Métro à grand gabarit de l´agglomération Lyonnaise MMI Man Machine Interface MTO Manless Train Operation NVZ Nebenverkehrszeit RBL Rechnergestütztes Betriebsleitsystem SIFA Sicherheitsfahrschaltung SIPEM Siemens-People-Mover STAR Systemtechnik für den automatischen Regelbetrieb STO semi automated Train Operation SVZ Schwachverkehrszeit TCS Train-Coupling and -Sharing Tk Tierpark VAL Véhicule Automatique Léger VGF Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main VRR Verkehrsverbund Rhein/Ruhr VDV Verband deutscher Verkehrsunternehmen

viii 1 Einleitung

Das zunehmende Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung und die vergleichsweise geringen Zu- nahmen bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Vergleich zum Motorisierten Indivi- dualverkehr führen vor allem in Ballungsräumen zu Problemen. Um dem politischen Ziel ei- ner Verlagerung des Verkehres von der Straße auf die Schiene einen Schritt näher zu kom- men, ist es erforderlich, dass Verbesserungen von Qualität und Attraktivität im Bereich der öffentlichen Verkehrsmittel vorgenommen werden. Besonders der spurgeführte Verkehr mit seiner hohen Massenleistungsfähigkeit kann einen Beitrag zur Entlastung der Straßen leisten.

Angesichts der knappen Finanzmittel öffentlicher Haushalte müssen Möglichkeiten zur Ver- besserung der derzeitigen Situation und zum Gewinn neuer Fahrgäste bzw. Kunden für den Schienenverkehr entwickelt werden, die nicht zu einer Erhöhung der finanziellen Belastung der öffentlichen Hand führen.

In diesem Zusammenhang soll mit der vorliegenden Arbeit eine Möglichkeit aufgezeigt wer- den, wie durch Anwendung der verkehrsabhängigen Betriebsführung im Online-Betrieb die Attraktivität des schienengebundenen Stadtschnellverkehrs so gesteigert werden kann, dass Zuwächse bei Fahrgästen verbucht und die Betriebsführungskosten abgesenkt werden können.

Aus dem theoretischen, wissenschaftlichen Ansatz werden Wege zur praktischen Umsetzung anhand eines konkreten Beispiels abgeleitet.

Der Ansatzpunkt der Arbeit besteht darin, mit Hilfe einer permanenten Erfassung der Zahl der Fahrgäste, die sich im Schnellverkehrssystem befinden, das Angebot an Fahrzeugen zu deren Transport kontinuierlich zu optimieren. Somit wird ein erhöhter Auslastungsgrad der einge- setzten Fahrzeuge über den Betriebstag erreicht. Nachfrageschwankungen werden direkt er- fasst und führen zur sofortigen Modifikation der Fahrzeugfolgezeiten bzw. der eingesetzten Fahrzeuggrößen.

Die Problematiken des Zugeinsatzes, der Berechnung der Zugfolgezeiten und Depotverfü- gungszeiten sowie der zu bedienenden Streckenlängen werden mathematisch formuliert. Mit Hilfe eines auf dieser mathematischen Basis entwickelten Simulationsprogrammes kann die Untersuchung einer konkreten Beispielstrecke hinsichtlich ihrer Potenziale beim Einsatz der verkehrsabhängigen Betriebsführung erfolgen. In dieser Arbeit wurde das Simulationspro- gramm anhand einer Berliner Beispielstrecke, der U-Bahn-Linie U5, getestet. Die Fahrgast- zahlen, die in die Simulation einfließen, wurden ebenfalls auf dieser Linie erhoben. Sie wer- den, um die in der Praxis auftretenden Schwankungen zu simulieren, mit verschiedenen Streuungen überlagert.

Mit der Simulation werden die Anwendbarkeit und damit die Gültigkeit der entwickelten mathematischen Formeln sowie die für eine konkrete Beispielstrecke erreichbaren Verkehrs- wirkungsgrade nachgewiesen.

1 2 Problemstellung

Ein wesentliches Problem beim Betrieb von Schienenverkehrssystemen besteht darin, dass Reaktionen auf wechselnde Anforderungen an Kapazität und Takt nur bei planbaren Nachfra- geschwankungen möglich sind. Kurzfristige Fahrgastanstiege führen zu überfüllten Zügen. Besonders in der Berufsverkehrs- zeit oder bei Nachfrageerhöhungen infolge anderer Ursachen (Reiseverkehre, Großveranstal- tungen, Wettereinbrüche) treten Kapazitätsengpässe auf, die mit Komforteinbußen für den Fahrgast (Stehen, Enge), im schlechtesten Fall mit zusätzlichen Wartezeiten einhergehen. Nicht planbare Nachfragerückgänge haben bei den nach Nachfragespitzen ausgelegten Zug- angeboten eine Überdimensionierung des Angebotes zur Folge. Hinzu kommen oft noch sub- jektive und objektive Sicherheitsdefizite sowie Vandalismus an Fahrzeugen und Bahnhöfen bei fast leeren Zügen. Folgen sind weitere Fahrgastverluste oder erhöhte Aufwendungen zur Reparatur der Fahrzeuge und Bahnhöfe und ein steigender Bedarf an Service- und Sicher- heitspersonal.

An Grenzen stößt das derzeitige Verkehrssystem also immer dann, wenn die Nachfrage nach Beförderung durch die Kunden sehr ungleichmäßig über den Tag oder das Jahr verteilt ist oder wenn diese relativ gering ausfällt. Herkömmliche Transportmittel sind dann über weite (Tages- oder Jahres-) Abschnitte nur schwach ausgelastet und verschlechtern durch unzurei- chende Kostendeckung das Betriebsergebnis in diesen Zeiten erheblich. Oft führt das zu einer Angebotsreduktion, die eine Nachfrageverminderung nach sich zieht. Hauptursache für die schlechte Auslastung ist das Festhalten der Bahnen bzw. der Besteller an starren Taktfahrplä- nen, die zwar den Vorteil einer guten Merkbarkeit aufweisen, jedoch nur in begrenztem Maße oder mit starker Verzögerung eine Reaktion auf tages-, wochen- oder jahreszeitlich verän- dertes Nachfrageverhalten der Kunden zulassen. Flexiblere Bedienungsformen, die eine Er- fassung und Berücksichtigung der Nachfrage ermöglichen, könnten zur Verbesserung des Betriebsergebnisses beitragen.

Der mittlere Verkehrswirkungsgrad, der als Verhältnis der Verkehrsleistung (Personenkilo- meter pro Jahr) zur Betriebsleistung (Platzkilometer pro Jahr 1) · 100 % ausgedrückt wird, liegt für die traditionelle Betriebsführung bei S- und U-Bahnen im Jahresmittel zwischen 15 und 20 % [Stro 98]2. Bei flexibler Betriebsführung mit automatischen fahrerlosen Fahrzeugen (z.B. VAL in Lille) kann er deutlich verbesserte Werte zwischen 27 und 37 Prozent erzielen [Stro 98]. Die verkehrsabhängige Betriebsführung auf Basis automatischer Fahrzeuge als eine mögliche Form der flexiblen Betriebsführung bietet damit deutliche Potenziale. Strobel [Stro 98] führt hierzu aus: „Eine Erhöhung des Verhältnisses beider Größen (Verkehrsleistung und Betriebsleistung) ... ermöglicht demzufolge ein gegebenes Verkehrsaufkommen mit einer um den Faktor 1,5 bis 2,0 geringeren Betriebsleistung und entsprechend niedrigeren Betriebskos- ten, d.h. einem erhöhten Betriebskostendeckungsgrad, zu bewältigen. Hierin besteht das Ge- heimnis des wirtschaftlichen Erfolges der flexiblen Betriebsführung“.

Im Rahmen dieser Arbeit soll ein Verfahren entwickelt werden, um durch eine verkehrsab- hängige Betriebsführung eine bessere Angleichung des Angebotes von Fahrzeugkapazität (Betriebsleistung) an die Nachfrage durch die Fahrgäste (Verkehrsleistung) zu erreichen. Hierzu werden zuerst allgemeine Möglichkeiten der Flexibilisierung betrachtet. Dann werden die Untersuchungen speziell auf Stadtschnellbahnen angewendet, deren gesamter Laufweg auf vom Straßenraum unabhängigem Bahnkörper und in Zugsicherungsbereichen verläuft.

1 Bezogen auf die Summe von Sitz- und Stehplätzen 2 Strobel hat die spezifischen, d.h. auf einen Kilometer Strecke bezogenen Kennwerte herangezogen, um einen Vergleich zwischen verschiedenen Stadtschnellbahnen zu ermöglichen 2 Die automatische Betriebsführung wird dabei dem zu entwickelnden Konzept zugrundegelegt, da der „Übergang zum flexiblen Betrieb bei Beibehaltung eines Fahrers pro Zug ... zu einem Anstieg der Zahl der Fahrer mindestens um den Faktor 5“ (Zitat Strobel) [Stro 98] führt. Die Beibehaltung der Fahrer wäre damit kontraproduktiv. In der Ausarbeitung wird der Begriff „Automatisch“ im Sinne von Manless Train Operation (MTO 3) verwendet, d.h. im Regelbe- trieb ist in den Zügen kein Betriebspersonal erforderlich.

Insbesondere wird die Fragestellung geklärt, wie schnell ein Verkehrsunternehmen, welches Stadtschnellverkehr mit automatischen Fahrzeugen betreibt, auf wechselnde Fahrgastzahlen reagieren kann und welche Betriebsformen dabei möglich sind. Hierzu wird ein System für die Bereitstellung von Fahrzeugen in geeigneten Depotbahnhöfen konzipiert.

Des weiteren wird ein Algorithmus entwickelt, mit dessen Hilfe die Zeitpunkte und Orte des Fahrzeugeinsatzes sowie die zu befahrenen Streckenabschnitte bestimmt werden können. An- hand einer Gegenüberstellung der Verkehrswirkungsgrade wird der Nachweis erbracht, dass die vorgestellte Methode im Vergleich zum konventionellen Betrieb (Taktfahrplan) eine deutlich verbesserte Auslastung der Fahrzeuge und damit für die Betreiber einen höheren Kostendeckungsgrad ermöglichen kann.

Die vorliegende Arbeit ist dreiteilig aufgebaut.

· Im ersten Teil erfolgt die Darstellung der theoretischen Grundlagen öffentlicher Verkehrsangebote sowie die Beschreibung der Ziele und des Nutzens der verkehrsab- hängigen Betriebsführung aus Sicht der Kunden und Betreiber. Die wesentliche Vor- raussetzung der verkehrsabhängigen Betriebsführung, die permanente Fahrgastzahler- fassung, wird in ihren Ausprägungsarten beleuchtet. · Der zweite Teil enthält die neu entwickelte mathematische Formulierung der Algorith- men zur verkehrsabhängigen Betriebsführung. Hierzu zählen die Verfahren zur Be- rechnung des Fahrzeugeinsatzes für unterschiedlich stark belastete Linienanfänge, zur Berechnung der Erfordernis von Verstärkerzügen auf verkürztem Linienweg, zur Be- stimmung der notwendigen Fahrzeuggrößen sowie die Beschreibung eines Verfahrens zur Ermittlung eines eventuellen Vorplanungsbedarfes bei besonders schnellen Fahr- gastzahlanstiegen. · Im dritten Teil werden die entwickelten Algorithmen anhand einer konkreten Strecke, der Berliner U-Bahn Linie U5, mittels einer Simulation getestet. Es werden die Bei- spielstrecke, das Simulationsprogramm und die Simulationsergebnisse vorgestellt. Im Ergebnis liegt ein Vergleich der Verkehrswirkungsgrade vor, die mit dem konventio- nellen Betriebsprogramm und mit der entwickelten verkehrsabhängigen Betriebsfüh- rung realisierbar sind. Eine Empfehlung beschließt die Arbeit.

3 Definition siehe Kapitel 5.3.2 3 3 Nachfragecharakteristik

3.1 Verkehrszwecke

Die meisten Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln dienen der Erreichung eines bestimm- ten Ziels. Quellen und Ziele von Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln werden in der Re- gel wie folgt kategorisiert:

· Ausbildungsplätze (Kita, Vor-, Grund-, Ober-, Berufs- und Hochschule) · Arbeitsplätze sowie Dienstfahrten/-gänge · Versorgungseinrichtungen (Einkauf, Arzt, Behörde, etc.) · Freizeitorte (Tagesfreizeit, Kneipe, Kultur, Sport, andere Freizeit) · Wohngebiete.

Der Kunde möchte seine gesamte Wegekette geschlossen planen. Dazu benötigt er umfang- reiche Informationen über das Angebot an Verkehrsmitteln und deren Fahrzeiten. Entspre- chend der persönlichen Gewichtung der jeweiligen Angebotskriterien (Zeit, Preis, Komfort) und der Verfügbarkeit wird die Wahl der Verkehrsträger durch den Nutzer vorgenommen.

Infolge der ständigen Neuerungen in der Gesellschaft und im Lebensstil muss den Kunden ein Transportangebot bereitgestellt werden, dass deren Erwartungen entspricht. Dies erfordert dynamische Geschäftsstrategien, die eine Basis für zukünftige Produkte und Märkte neuer Kunden schaffen können. Ziel ist die Verbesserung der Wettbewerbsposition. Ein mögliches Mittel bieten die verkehrsabhängigen und damit kundenfreundlicheren Betriebsweisen, wenn hierdurch deutliche Verbesserungen im Vergleich zum Status Quo hinsichtlich Reisezeit, Zu- verlässigkeit und Bedienhäufigkeit erzielt werden.

3.2 Nachfragesensitivitäten

Die Nachfrageaufteilung zwischen verschiedenen Verkehrsträgern, insbesondere zwischen dem motorisierten Individualverkehr und dem öffentlichen Personenverkehr, kann durch ver- schiedene verkehrs- und unternehmenspolitische Maßnahmen gesteuert werden. Die Effekte von Maßnahmen lassen sich auf Basis von Kenntnissen der Wirkungszusammenhänge zwi- schen der Verkehrsnachfrage und den die Nachfrage beeinflussenden Faktoren prognostizie- ren. Die wichtigste Messgröße für die Nachfragesensitivitäten ist die Elastizität. Die Elastizi- tät ist definiert als Quotient aus den relativen Veränderungen der abhängigen Variablen und der unabhängigen (beeinflussenden) Variablen. Im Bereich des Personenverkehrs sagt sie aus, welche Veränderung der Verkehrsnachfrage als Reaktion auf eine Veränderung der nachfra- gebeeinflussenden Faktoren, insbesondere der Angebotscharakteristika und des Preis-/ Kos- tenniveaus zu erwarten ist.

Vrtic formuliert für die Personenverkehrsnachfrage in Abhängigkeit von den Angebotscha- rakteristika und dem Preis folgenden Elastizitätenansatz:

e e e e æ E ö E æ K ö K æ W ö W æ T ö T ç 1 ÷ ç 1 ÷ ç 1 ÷ ç 1 ÷ (3-1) N1 = N0 ×ç ÷ ×ç ÷ ×ç ÷ ×...×ç ÷ è E0 ø è K0 ø èW2 ø è T0 ø

Hierbei sind:

4 - N1 die Nachfrage (abhängige Variable) im veränderten Zustand, N0 im Ausgangs- zustand - E die Einkommen; K die Kosten; W die Wagenkilometer; T die Zeiten (unabhän- gige Variable = Einflussgröße) im veränderten Zustand (1) bzw. im Ausgangszu- stand (0) - eE, eK, eW, eT die Elastizität des jeweiligen Parameters [Vrt 00].

Aus einer Analyse von 3 unterschiedlichen Datenquellen 4,5,6 empfiehlt Vrtic zur Bestimmung der Nachfragereaktion die Anwendung folgender Elastizitäten für den Stadtverkehr:

Elastizitäten im Stadtverkehr ÖV-Angebot (W) (Betriebsleistung Wagen km) 0,25 bis 0,35 ÖV-Preis (K) -0,2 bis -0,3 Einkommen (E) 0,3 bis 0,7 Tabelle 3-1: Elastizitäten im Stadtverkehr; eigene Darstellung nach [Vrt 00]

Bei sonst gleichen Randbedingungen folgt hieraus, dass die Verbesserung des Angebotes im ÖV durch Bereitstellung von mehr Wagenkilometern, welche sich für den Fahrgast bei kon- ventionellen Bedienformen in Form einer Taktverdichtung darstellt, zu steigender Nachfrage führt.

Beispiel: Ausgangslage: 10.000 Kunden bei 12 Zügen pro Stunde Maßnahme: Verdopplung der Wagenkilometer durch Einsatz von 24 Zügen pro Stunde

0,25 æW ö ç 1 ÷ N1 = N0 ×ç ÷ è W0 ø 0,25 æ 24ö = 10.000 ×ç ÷ è 12 ø N1 = 11.892

0,35 æW ö ç 1 ÷ N1 = N0 ×ç ÷ è W0 ø N1 = 12.746

Bei einer Verdopplung der Wagenkilometer kann im Beispiel bei sonst gleichen Randbedin- gungen einen Nachfrageanstieg um 1.892 (19 %) bzw. 2.747 (27 %) Personen (in Abhängig- keit der gewählten Elastizität) prognostiziert werden.

Kürzere Fahrzeugfolgezeiten im öffentlichen Personennahverkehr können damit erheblich zu einem Anstieg der Nachfrage beitragen.

4 Daten des Mikrozensus Verkehr 1984, 1989, 1994 [Mikro] 5 Daten der kontinuierlichen Erhebungen des Personenverkehrs (KEP) 1984, 1989, 1994 [KEP] 6 Statistische Datengrundlagen, Unternehmensstatistiken [Stat] 5 Potenzielle Verkehrsnachfrage

Bei der Planung und Dimensionierung des öffentlichen Verkehrsangebotes darf aber nicht nur die vorhandene Verkehrsnachfrage zugrunde gelegt werden. Diese reproduziert lediglich die derzeitige Situation, lässt aber nicht das Potenzial in der Nachfrage erkennen. Vielmehr müs- sen neben den vorhandenen Fahrten auch Umverteilungen im Modal Split, Maßnahmen bei der Konkurrenz mit dem MIV und die Induzierung von neuen Verkehren infolge eines ver- besserten Angebotes Berücksichtigung finden. Ausgangspunkt für Planungen von öffentlichen Verkehrsangeboten muss deshalb die potenzielle Verkehrsnachfrage sein, welche die zusätz- lich gewinnbaren Fahrten mit einschließt [Schu 92].

Die potenzielle Verkehrsnachfrage ist nicht durch Verkehrserhebungen erfassbar. Sie muss daher aus dem Verkehrsbedarf abgeleitet werden. Dieser wird beeinflusst von der Siedlungs- größe und –struktur, der Bevölkerungsstruktur (soziodemografische Bevölkerungsgruppen, Alter, Einkommen, Art des Arbeitsplatzes, Wohnumfeld), Wertehaltungen und Verhaltens- weisen der Bevölkerung. Die potenzielle Verkehrsnachfrage ergibt sich, wenn der Verkehrs- bedarf auf ein Verkehrsangebot projiziert wird, dass eine unter den gegebenen Randbedin- gungen bestmögliche Qualität aufweist.

Im Rahmen der vorgenommenen Simulation konnte die potenzielle Verkehrsnachfrage nicht quantifiziert werden, da die Strukturgrößen des Untersuchungsraumes nicht vorlagen. Es ist aber infolge der Verbesserung des Angebotes von Zuwächsen bei den Fahrgastzahlen auszu- gehen.

3.3 Nachfragezeiten

Alle Verkehrsmittel unterliegen tageszeitlichen, wöchentlichen und jahreszeitlichen Nachfra- geschwankungen. Diese lassen sich besonders gut mit Hilfe von Tages-, Wochen- oder Jah- resganglinien verdeutlichen. Die Ursachen für die Schwankungen sind in den Arbeits- und Lebensgewohnheiten der Menschen begründet.

Die Tagesganglinie (Bild 3-1) verdeutlicht den Nachfrageverlauf über einen Betriebstag (Dienstag). Sie ermöglicht die Abgrenzung der Verkehrszeiten Hauptverkehrszeit (HVZ), Nebenverkehrszeit (NVZ) und Schwachverkehrszeit (SVZ) (siehe auch Kapitel 10.8). Die Stärke der Nachfrage in der HVZ ist Basis für die Bemessung von Verkehrssystemen, insbe- sondere von Zuggrößen und minimalen Zugfolgezeiten.

Sind Tagesganglinien nicht verfügbar, so kann ausgehend von der Gesamtzahl der erwarteten Fahrgäste ein weiterer Bemessungsansatz herangezogen werden - die Dimensionierung nach der Spitzenstunde. Zur Berechnung ist der 10 %-Ansatz gebräuchlich. Hierbei wird über- schlägig zugrunde gelegt, dass 10 % der Tagesnachfrage in der Spitzenstunde auftritt.

Beide Bemessungsvorschriften sind jedoch statisch und berücksichtigen keine längerfristigen Nachfrageschwankungen. Sie führen zu einer starken Überdimensionierung des Angebotes außerhalb der Spitzenstunde und außerhalb des am stärksten belasteten Querschnittes.

6 U5 Tagesganglinie (19.4.1994)

25000

HVZ NVZ HVZ NVZ SVZ 20000

15000

10000

5000 Zahl der Fahrgäste (beide Richtungen) / h

0 4.00-5.00 5.00-6.00 6.00-7.00 7.00-8.00 8.00-9.00 9.00-10.00 24.00-1.00 10.00-11.00 11.00-12.00 12.00-13.00 13.00-14.00 14.00-15.00 15.00-16.00 16.00-17.00 17.00-18.00 18.00-19.00 19.00-20.00 20.00-21.00 21.00-22.00 22.00-23.00 23.00-24.00 Zeit

Bild 3-1: Tagesganglinie der Berliner U-Bahn-Linie U5 nach Fahrgastzahlen vom 19.4.1994; eigene Darstellung nach [BVG 1994]

Im städtischen Bereich findet der Berufsverkehr in der Zeit von Montag bis Freitag statt und verursacht morgens sowie nachmittags besonders stark ausgeprägte Nachfragespitzen. Schü- lerverkehre haben ebenfalls in den frühen Morgenstunden, aber schon am zeitigen Nachmittag ihre Spitzenbelastungszeiten. Im Sommer ist mit verminderter Nachfrage infolge von Umstei- gern auf das Fahrrad zu rechnen. In den Schulferien nimmt neben der Anzahl der Schüler die Anzahl der Berufspendler wegen Urlaubsreisen ab. Nachts ist die geringste Nachfrage zu ver- zeichnen. Am Wochenende treten deutliche Anstiege bei den Fahrgastzahlen erst ab ca. 9 Uhr auf, das erreichte Nachfrageniveau bleibt dann über den ganzen Tag aber relativ konstant.

Die Verkehrsunternehmen definieren für die Verkehrszeiten aufgrund ihrer Charakteristika unterschiedliche verkehrliche Anforderungen. So sind beispielsweise bei der BVG [BVG 1999] im Frühverkehr besonders die Anschlussplanung, Vernetzung und Abstimmung zwischen Systemen wichtig. In der Frühspitze (HVZ) treten die stärksten Spitzenbelastungen auf, wobei kaum zufällige Sprünge in den Belastungszahlen zu erwarten sind. Die vormit- tagliche NVZ ist geprägt durch die Nutzungen Einkauf und Dienstleistung, bei denen hin- sichtlich des Gepäcks besondere Komfortwünsche bestehen. Der Schülerverkehr (mittags) verursacht örtlich erhebliche Belastungen, so dass hier eine schnelle Reaktion auf Änderun- gen in den Belastungen besonders wichtig wird. Der Zeitraum der Nachmittagsspitze dehnt sich aufgrund der flexibleren Arbeitszeiten immer stärker aus, wodurch die Spitze abflacht.

7 Auch hier wäre eine schnelle Reaktion auf Änderungen in den Belastungen wünschenswert. Beim Spätverkehr ist die Nachfrage relativ konstant.

Am Wochenende, in der SVZ und insbesondere im Nachtverkehr bestehen besondere Kom- fortwünsche, z.B. nach Sitzplätzen. Infolge des insgesamt geringeren Angebotes ist die An- schlusssicherung von besonderer Bedeutung.

Für die Festlegung von Art und Umfang des Angebotes im öffentlichen Personenverkehr ist die Kenntnis der Verkehrsnachfrage die wichtigste Voraussetzung. Hieraus werden die An- zahl der Fahrten, deren zeitliche Verteilung und deren Quellen und Ziele abgeleitet.

3.4 Einfluss der soziodemografischen Aspekte auf die Verkehrsmittelwahl

Die Wahl des optimalen Verkehrsmittels und einer der jeweiligen Situation optimal ange- passten Betriebsweise steht in einem sehr engen Zusammenhang mit soziodemografischen Aspekten. Die Rahmenbedingungen der betrachteten Planungsregion, wie Siedlungsdichte, Einwohnerzahl und Altersverteilung, Wirtschaftsstruktur und Beschäftigtenzahlen, Netz- dichte, -art und -lage beeinflussen in starkem Maße die Größe, Häufigkeit und Bündelungsfä- higkeit von auftretenden Verkehrsströmen. Damit bilden sie die Grundlage für die Entschei- dung, welche Fahrzeuge und welche Betriebsformen einen rentablen Einsatz zulassen und damit zu einem positiven Betriebsergebnis beitragen. Wenn die soziodemografischen Rah- menbedingungen bekannt sind, kann daraus auch das Betriebsprogramm abgeleitet werden, in welchem die Fahrzeugkapazitäten (Platzzahlen), die erforderlichen Geschwindigkeiten und die Bedienhäufigkeiten festgelegt sind. Es sollte möglichst optimal den Transport der zur je- weiligen Tageszeit maximal auftretenden Fahrgäste ermöglichen.

Der Kundennutzen ist eine unbedingte Voraussetzung für den Unternehmensnutzen. Trotz- dem kann es aus ökonomischer Sicht nicht sinnvoll sein, jeden Wunsch der Kunden zu erfül- len. Das Angebot der Bahnen muss unter den Randbedingungen einer Maximierung des Kun- dennutzens bei gleichzeitiger Minimierung des betriebswirtschaftlichen Aufwandes erstellt werden.

8 4 Angebotsbemessung

4.1 Bemessung des Leistungsangebotes

Die Bemessung des Leistungsangebotes für die verschiedenen Jahreszeiten, Wochentage und Verkehrszeiten (Haupt-, Normal- und Schwachverkehrszeit) erfolgt am maßgeblichen Quer- schnitt, d.h. am Querschnitt mit der stärksten Belastung [VDV 10/92 - 206]. Hierbei muss nach linien- und streckenbezogenen Querschnitten unterschieden werden. Wird ein maßgebli- cher Streckenabschnitt von mehreren Linien durchfahren, kann die Gesamtbelastung in die einzelnen Linienbelastungen unterteilt werden. Insbesondere bei Ring- und Tangentiallinien können auch mehrere Querschnitte maßgeblich sein. Da davon auszugehen ist, dass sich die räumliche Lage des Spitzenaufkommens zu den jeweiligen Verkehrszeiten unterscheidet, können zu verschiedenen Tageszeiten verschiedene Querschnitte maßgeblich sein.

Die Auslastung wird als Qualitätsmaßstab für die Angebotsbemessung herangezogen [VDV 10/92 - 207]. Der Besetzungsgrad (Platzausnutzung) ist der Quotient aus der Zahl der Fahr- gäste und der Zahl der verfügbaren Plätze (Sitz- und Stehplätze), jeweils am höchstbelasteten Querschnitt der Strecke in der stärker belasteten Richtung gemessen. Er wird auf ein be- stimmtes Zeitintervall bezogen.

Die Gesamtzahl der verfügbaren Plätze wird auch als angebotene Kapazität bezeichnet. Sie umfasst die Summe der Sitz- und Stehplätze, wobei die Angaben zu den Stehplätzen in ver- schiedenen Quellen variieren. So werden bei [Ape 92] 4 Personen pro Quadratmeter ange- setzt; die Berliner BVG dagegen legt gemäß der Qualität nach der Rahmenfestlegung [BVG 1999] fahrzeugtypbezogene, realitätsnahe Werte (keine technischen Bemessungsgrößen) zugrunde.

Hierbei erfolgt die Kapazitätsangabe für einen Wagen. Die Zugkapazität berechnet sich aus dem Produkt von Wagenkapazität und der Anzahl der Wagen pro Zug. Multipliziert man die- sen Wert mit der Zahl der Züge pro Stunde, erhält man die Kapazität pro Stunde.

Die Kapazität Kn pro Stunde im Betrieb setzt sich bei Einsatz gleich langer Züge wie folgt zusammen:

(4-1) Kn = (Si + St )×nW ×nZ mit Si Anzahl Sitzplätze pro Wagen St Anzahl Stehplätze pro Wagen nW Anzahl der Wagen im Zug nZ Anzahl Züge pro Stunde

Kommen in der Stunde k unterschiedliche Zugtypen zum Einsatz, die alle die gleichen Wagen in unterschiedlicher Zahl verwenden, kann die Formel zu (4-2) erweitert werden.

k (4-2) Kn = (Si + St )×å nWi×nZi i=1 mit nWi Anzahl Wagen im Zug vom Typ i nZi Anzahl Züge vom Typ i

9 Bemessung

Für die Bemessung des Leistungsangebotes liefert die Querschnittsbelastung die wesentli- chen Daten. Sie ist definiert als die Zahl der Fahrgäste, die in einer bestimmten Zeiteinheit einen Strecken- bzw. Linienabschnitt zwischen zwei benachbarten Haltestellen durchfahren. Die Querschnittsbelastung wird richtungsbezogen dargestellt [VDV 92 - 230]. Nach dem Fahrgastaufkommen in der Spitzenstunde erfolgt die Bemessung des Fahrzeugbedarfes.

Für Linienverkehre ist charakteristisch, dass die Fahrzeuge nicht über die gesamte Strecke gleichermaßen belastet sind, sondern auf mehreren aufeinander folgenden Querschnitten der Linie die Linienbelastung, also die Zahl der Fahrgäste in einem bestimmten Zeitintervall längs einer Linie, Maximalwerte erreicht, auf anderen hingegen nur sehr gering ist (Bild 4-1, Halte- stellennamen siehe Kap. 10.3). Der Kennwert der Linienbelastung wird richtungsorientiert erfasst [VDV 92 – 233, 234]. Er dient der optimalen Dimensionierung des Leistungsangebo- tes entlang der Strecke. Differenzierungen nach Wochentagsgruppen sind üblich. Auf seiner Basis kann die Festlegung von Haltestellen, an denen das Angebot verstärkt bzw. geschwächt werden muss, erfolgen.

Fahrtrichtung Hönow à Alexanderplatz (oben)

39473 40417 41000 40388 39253 36919 36895 33583 32241 24426 18118 17875 16344 23492 20825 18020 14150 5495 1553

36104 36742 38682 39380 41034 40698 42857 42747 37919 29693 22382 19974 17826 23183 19907 18243 14609 6079 2120 Zahl der Fahrgäste in 24 Stunden

Al Si Sr WR FT Sa Ff Md Li Fi Tk Bü E Wh KL GK C HD LL Hö Fahrtrichtung Alexanderplatz à Hönow (unten)

Bild 4-1: Linienbelastung der Berliner U-Bahn-Linie U5, Wochentag, Fahrgäste / 24 Stunden; eigene Darstellung nach [BVG 1994]

Der maßgeblich Querschnitt liegt in diesem Beispiel in Richtung Hönow zwischen den Halte- punkten (Ff) und Magdalenenstraße (Md); in Richtung Alexanderplatz zwi- schen den Haltepunkten Weberwiese (WR) und Straußberger Platz (Sr). Anzumerken ist, dass es sich bei den hier dargestellten Werten um die Messung eines einzel- nen Werktages im Jahr 1994 handelt. Längerfristige Betrachtungen sowie Verlagerungen der Fahrgastströme können zu einer Verschiebung des maßgeblichen Querschnittes führen.

Verkehrswirkungsgrad

Der Verkehrswirkungsgrad ist definiert als Verhältnis der Verkehrsleistung (Personenkilo- meter pro Jahr) zur Betriebsleistung (Platzkilometer pro Jahr). Er ermöglicht die Erstellung vergleichbarer Angaben zur Auslastung von Fahrzeugen über die Zeit und den Weg. Mit Hilfe

10 des Verkehrswirkungsgrades steht eine Methode zur Verfügung, unterschiedliche Strecken und Betriebsweisen miteinander zu vergleichen.

Angebotsstärkung /-schwächung

Ist eine Linie auf einem Abschnitt deutlich stärker belastet, als auf den restlichen Bereichen besteht die Möglichkeit, das Angebot auf diesem Abschnitt zu stärken bzw. auf den schwä- cher belasteten Abschnitten zu schwächen. Für die Berliner BVG [BVG 99] gibt es hierzu beispielsweise die Festlegung, dass „Verstärkerfahrten auf verkürztem Linienweg ... in der Regel so weit zu führen [sind], bis die ermittelte Querschnittsbelastung unter 20 % der maxi- malen Querschnittsbelastung gesunken ist, um eine gleichmäßige Auslastung der Fahrzeuge zu erreichen“.

Haltestellen, an denen besonders hohe Belastungen durch Einsteiger auftreten, sind für die Stärkung des Angebotes prädestiniert, solche mit hohen Zahlen an Aussteigern für die Schwä- chung. Für eine schnelle Bereitstellung von Fahrzeugen bzw. deren Abfahrt auf Abstellanla- gen müssen Strategien entwickelt werden. Eine Angebotsverstärkung oder –schwächung ist praktizierbar durch:

· Ab- oder Ankoppeln von Wagen oder Zugteilen · Bereitstellen zusätzlicher Züge auf stark belasteten Streckenabschnitten, auch als Ex- presszüge · Flügeln bei mehreren Linienenden · Unterteilte Bedienung einer Linie - Bedienung des stark belasteten Linienabschnittes durch große Zugeinheiten und des weniger belasteten Linienendes durch kleinere Ein- heiten oder durch größere Takte

Diese Möglichkeiten werden im Kapitel 5 ausführlich beschrieben.

Die feinstufige Anpassung der Zuglänge an das Fahrgastaufkommen ist grundsätzlich wün- schenswert, jedoch von der Betriebsgröße abhängig. Auch bei den im Schienenpersonennah- verkehr üblichen automatischen Kupplungen erfordert das Kuppeln Personal vor Ort und ver- ursacht zusätzlich einen gewissen Zeitaufwand.

Schwach frequentierte Linien erfordern die Vorhaltung entsprechend kurzer Züge. Ihr Einsatz ist zentral steuerbar und ohne Vor-Ort-Personale realisierbar. Dafür ist im konventionellen Betrieb jedoch zusätzliches Fahrpersonal erforderlich. Probleme treten auf, wenn entlang der Linie das Angebot gestärkt oder geschwächt werden soll. Eine Einheitlichkeit des Fahrzeug- parks erleichtert die Abläufe beim planmäßigen und unvorhersehbaren Tauschen und Heraus- nehmen von Zugumläufen; eine Sortierung auf verschiedene Abstellgleise entfällt [Bei 96].

4.2 Randbedingungen der Angebotsplanung

Die Fahrtenfolgezeit gibt den zeitlichen Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden Fahr- ten bezogen auf eine bestimmte Linie (Quelle-Ziel-Beziehung etc.) an. Die Bedienungshäu- figkeit ist definiert als die Zahl der Fahrten bzw. Fahrtenpaare je Zeiteinheit (z.B. Tag), wie- derum bezogen auf eine bestimmte Beziehung, Linie etc. Bei Beziehungen, die ein Umsteigen erfordern, wird die Bedienungshäufigkeit durch die Zahl der täglichen Verbindungen oder Verbindungspaare angegeben. Die Bedienungshäufigkeit kann bei Taktbetrieb auch durch die

11 Angabe der Fahrtenfolgezeit (Taktzeit) ausgedrückt werden. Die erforderliche Fahrtenfolge- zeit bzw. Bedienungshäufigkeit ergibt sich aus dem Verkehrsaufkommen und / oder richtet sich nach Angebotsgesichtspunkten [Plan 99].

Anteile der Beförderungszeiten

Die betrieblich möglichen Mindestbeförderungszeiten (Bild 4-2), die bei schienengeführten Verkehrsmitteln realisiert werden können, setzen sich nach [Her 96] zusammen aus der reinen Fahrzeit, den Betriebs- und Verkehrshaltezeiten sowie den Toleranzen, die in Form von Son- der- oder Regelzuschlägen berücksichtigt werden. Diese Zuschläge dienen dem Ausgleich von Toleranzen im Beschleunigungsvermögen unterschiedlicher sowie unterschiedlich stark besetzter Fahrzeuge. Die Abfahrtszeiten an den einzelnen Haltestellen werden den Fahrgästen und dem Fahrpersonal in Form von Fahrplänen bekannt gegeben. Aus den Mindestfahr- und Mindesthaltezeiten ergibt sich die betrieblich mögliche Mindest-Beförderungszeit. Sie ist nur realisierbar, wenn homogene Züge eingesetzt werden und während des Betriebes keine Ab- weichungen vom Fahrplan auftreten. Möglichst geringe Beförderungszeiten liegen im direk- ten Kunden- und Unternehmensinteresse. Sie leisten durch eine Minimierung des Personal- und Fahrzeugbedarfes infolge schneller Umläufe einen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit des Bahnsystems. An bestimmten Punkten des Netzes können Synchronisationen für Systemüber- gänge der Kunden von oder zu anderen Zügen (auch Kurswagen oder Flügelzüge) erforder- lich werden, wodurch eine Verlängerung der Beförderungszeit erfolgt.

Wenn auf einer Strecke Zugprodukte mit unterschiedlichen fahrdynamischen Parametern und Geschwindigkeiten verkehren, kann es zum Auftreten zusätzlicher belastungsbedingter War- tezeiten aufgrund gegenseitiger Behinderungen kommen. Diese belastungsbedingten Behinde- rungen im Fahrplanerstellungs- oder Betriebsführungsprozess resultieren aus dem begrenzten Leistungsvermögen von Anlagen, Betriebsmitteln und Personal und treten auf bei Einfädelun- gen, Kreuzungen, Überholungen und Folgefahrten (Stutzen). Im Betriebsführungsprozess können außerdem außerplanmäßige Wartezeiten auftreten. Die für die Kunden realisierten Beförderungszeiten können damit deutlich über den Mindestbeförderungszeiten liegen.

Fahrzeit Betriebs- Sonder- und + Synchronisa- + planmäßige + außerplan- und Regel- tionszeiten für belastungs- mäßige Verkehrs- zuschläge Systemüber- bedingte Wartezeiten haltezeiten (Toleranzen) gänge Kunden Behinderungen

Mindest-Beförderungszeit

Realisierte Beförderungszeit Bild 4-2: Komponenten der Beförderungszeit; eigene Darstellung nach [Her 96]

Die Synchronisationszeiten liegen nach [Her 96] im Bereich von 2 – 20 %, die planmäßigen Wartezeiten bei 2 - 25 % der gesamten Beförderungszeit. Die in Fahrplänen eingearbeiteten Anteile der planmäßigen Wartezeiten teilen sich nach [Her 96] etwa auf in Wartezeiten wegen Überholungen (40 - 80 %), in Wartezeiten infolge Einfädeln (20 - 50 %) und in behinderungs- bedingte Verzögerungen ohne Halt (2 - 10 %). Der Kunde wünscht eine möglichst kurze planmäßige Beförderungszeit (Schnelligkeit) bei gleichzeitig zuverlässiger Einhaltung der Pünktlichkeit. Hieraus erwächst für den Betreiber ein Widerspruch, denn kurze Beförderungszeiten sind bei gleichbleibender Maximalge- schwindigkeit nur bei geringen Zuschlägen für Synchronisationszeiten, belastungsbedingte

12 Behinderungen und sonstigen Wartezeiten zu realisieren. Pünktlichkeit setzt aber ein gewisses Maß an Zuschlägen voraus, damit sich Verspätungen nicht gleich auf weitere Züge auswirken und wieder aufgeholt werden können. Damit entsteht die Notwendigkeit, ein Optimum im Sinne der größten Kundenakzeptanz zu suchen.

Bei Stadtschnellverkehrsmitteln ergeben sich aufgrund des homogenen Fahrzeugparks bei allen eingesetzten Fahrzeugen aufgrund der gleichen oder sehr ähnlichen fahrdynamischen Parameter nahezu gleiche Fahrzeiten. Zudem gibt es keine Überholungen oder Streckenkreu- zungen. Wartezeiten treten daher im Wesentlichen durch unterschiedliche Verkehrshaltezeiten auf. Die Schwankungen der Fahrgastwechselzeiten auf großen Umsteigebahnhöfen liegen beim konventionellen Betrieb bei bis zu 255 %1 (23s/9s). Die Aufenthaltszeiten, in die auch noch die Abfertigungsprozesse mit einfließen, schwanken in gleicher Größenordnung bis zu 342 % (65s/19s). Bei automatischer Betriebsführung ist eine Festlegung der Wartezeiten für jeden Bahnhof der Linie im Voraus sinnvoll, welche die unterschiedliche Frequentierung durch Fahrgäste berücksichtigt. Verspätungen können dennoch auftreten, wenn der Vorgang der Türschließung, z.B. durch nachträglich aufspringende Fahrgäste, behindert wird. Sie dürften aber in erheblich geringerer Größenordnung liegen.

Durch die Vorgabe einer Mindestzugfolgezeit können außerplanmäßige Halte oder Stau- chungen weitgehend vermieden werden.

4.3 Bedienungsformen im öffentlichen Verkehr

Verkehrsunternehmen können zwischen unterschiedlichen Bedienungsweisen wählen, die differenzierbar sind nach

1. dem Grad der Bedienungsstetigkeit 2. dem Grad der zeitlichen Fixiertheit 3. dem Grad der räumlichen Fixiertheit 4. dem Grad der räumlichen Verknüpfungsflexibilität/Haltestellenverknüpfung 5. dem Grad der Quell- und Zieldifferenziertheit [Krö 90; S. 117].

Die möglichen daraus resultierenden Formen für die Haltestellenbedienung enthält die Ta- belle 4-1.

Für den Stadtschnellverkehr ist die Quell- und Zieldifferenziertheit sehr gering, da nur bei großen Haltepunktabständen hohe Geschwindigkeiten erzielbar sind 2. Die Haltestellen- verknüpfungen sind linienförmig, die räumliche Fixiertheit infolge der aufwendigen Bau- werke hoch. Die Bedienungsstetigkeit ist im Allgemeinen hoch, da bei großer Nachfrage ein dichtes Angebot bereitgestellt werden muss. So liegen in Berlin in der HVZ die Fahrzeugfol- gezeiten bei der Berliner U-Bahn bei 3,3 bis 5 Minuten, je nach Linie. Die Bedienung erfolgt bei den meisten Systemen nach Fahrplan, also mit hoher zeitlicher Fixiertheit.

1 Gemessen wurden bei der S-Bahn am Bahnhof Zoologischer Garten Aufenthaltszeiten zwischen 26 und 39 Sekunden, an der Bornholmer Straße zwischen 19 und 65 Sekunden. Die Fahrgastwechselzeiten dagegen schwankten am Bahnhof Zoologischer Garten von 9 bis 23 Sekunden, an der Bornholmer Straße von 12 bis 19 Sekunden. Gemessen wurden alle Züge in der Früh-HVZ von 6.30 bis 8.30 Uhr [Heb 98]. 2 Der mittlere Haltestellenabstand bei der Berliner U-Bahn beträgt 790 Meter; die durchschnittliche Beförderungsgeschwindigkeit auf den Großprofilstrecken 32,7 km/h [BVG 03]. 13 Bedienungsstetigkeit hoch ständige Bedienung niedrig Bedienung auf Anforderung Zeitliche Fixiertheit hoch Zeitpunkte mittel Zeiträume keine zufällige Zeiten Räumliche Fixiertheit hoch Feste Haltestellen mittel Haltezonen keine Beliebige Ein- und Ausstiegsstellen Haltestellenverknüpfung gering linienförmig mittel bandförmig hoch flächenhaft Quelldifferenziertheit hoch Viele nutzbare Einstiegsstationen mittel wenig nutzbare Einstiegsstationen gering sehr wenig nutzbare Einstiegsstationen Zieldifferenziertheit hoch Viele nutzbare Ausstiegsstationen mittel wenig nutzbare Ausstiegsstationen gering sehr wenig nutzbare Ausstiegsstationen Tabelle 4-1: Haltestellenbedienung im öffentlichen Nahverkehr; eigene Darstellung nach [Krö 90]

In modaler Hinsicht kann die Bedienung der Haltestellen mit jedem Zug oder nur mit aus- gewählten Zügen erfolgen.

Die verkehrsabhängige Betriebsführung bei Stadtschnellbahnsystemen setzt vor allem bei der Bedienung von Halten in zeitlicher Hinsicht sowie bei der Wahl der zu bedienenden Stre- ckenlänge an. Die Bedienung von Teilstrecken ist vor allem dann sinnvoll, wenn diese deut- lich stärker belastet sind als die restliche Linie und wenn die betrieblichen Möglichkeiten hierzu bestehen.

In zeitlicher Hinsicht (Bild 4-3) sind nur dann genaue Zeitpunkte für die Abfahrtszeiten von Zügen festzulegen, wenn Anschlüsse gewährleistet werden sollen oder wenn die Taktfolge groß ist. Zu allen anderen Zeiten kann die Bedienung zu zufälligen Zeiten erfolgen. Zeitinter- valle oder durchschnittliche Zeitabstände sollten existieren. Eine fahrplanfreie Bedienung ist nur bei geringen Zugfolgezeiten sinnvoll, um von den Kunden akzeptiert zu werden.

Bedienung zu festen Zeiten

Bedienung in Zeitintervallen

Fahrplanfreie Bedienung

Bild 4-3: Zeitliche Ausprägungen der Bedienung von Haltestellen; eigene Zeichnung nach [Kir 83]

Diese Methoden können kombiniert werden mit verschiedenen Formen des Verzichtes auf Halte mit dem Nebeneffekt der Beschleunigung der Umläufe (siehe Bild 4-4).

14 Beim Sprung-Halt Betrieb mit wechselnden Halten (siehe Bild 4-4, b) werden auf einer Li- nie zwei oder drei verschiedene Bedienungsmuster angeboten. Dabei werden durch optisch (meist farblich) markierte Züge nur ausgewählte Halte einer Linie bedient. Wenig frequen- tierte Halte werden hierbei nur durch eine der optisch unterscheidbaren Zugarten bedient, Umsteigebahnhöfe durch mehrere oder alle. Ein wichtiger Vorteil dieser Methode besteht in der Verkürzung der Umlaufzeit für alle Züge, nachteilig ist, dass so auf einer Linie Quelle- Ziel-Kombinationen entstehen, die nur durch zusätzliches Umsteigen erreichbar sind.

Eine Sonderform der wechselnden Bedienung von Halten ist der zonale Betrieb (Bild 4-4, c). Hierbei bedienen die verschiedenen Züge neben der Anfangsstation jeweils mehrere hinter- einander liegende Halte einer Zone (z.B. Fern-, Mittel- und Nahzone). Diese Bedienungsform ermöglicht insbesondere für große Entfernungen sehr schnelle Verbindungen. Da ein Fahr- gast, der einen Bahnhof in einer bestimmten Zone erreichen will, nur die Züge nutzen kann, welche diesen Bahnhof auch bedienen, muss er u.U. mehrere Züge abwarten, ehe er zusteigen kann oder er muss evtl. mehrmals umsteigen. Daher entsteht der Nachteil einer hohen erfor- derlichen Zugzahl bei für den Fahrgast dennoch erhöhten nutzbaren Zugfolgezeiten.

Der Betrieb von Expresszügen (siehe Bild 4-4, d), welche zusätzlich zu regulären Fahrzeu- gen eingesetzt werden, bietet deutliche Beschleunigungspotenziale. Diese Züge bedienen nur Knotenpunkte und stark frequentierte Haltepunkte und lassen eine Vielzahl von vorher fest- gelegten Halten aus. Die entfallenden Brems- und Beschleunigungsvorgänge sowie Haltezei- ten bewirken verkürzte Umlaufzeiten. Bei hoher Taktdichte gibt es aber nur wenig Spielraum für Expresszüge, da diese nur Fahrzeiteinsparungen erzielen können, die der Taktzeit abzüg- lich der doppelten Mindestzugfolgezeit entsprechen.

Die möglichen Formen des Zugbetriebes haben Vukan und Vuchic systematisiert [Vuk 00].

Linie und Bahnhöfe

a. Standard - Betrieb: jeder Zug hält an jedem Bahnhof

b. Sprung - Halt Betrieb: wechselnde Halte Zug A

Zug B

c. Zonaler Betrieb Zone III III Zone II Zone I

d. Local / Express Betrieb Local

Express Bild 4-4: Formen des Zugbetriebes [Vuk 00]

15 4.4 Grenzen der Reaktionsfähigkeit auf schwankende Nachfrage

Zur Angleichung des Angebotes an die Nachfrage wird bei konventionellen Betriebsführungs- konzepten von Stadtschnellbahnen eine Anpassung der Taktzeiten im Tages-, Wochen- und Jahresverlauf vorgenommen. So fahren bei der Berliner U-Bahn U5 in der HVZ auf den stadtnahen Streckenbereichen 3 Züge in 10 Minuten, in der SVZ nur noch ein Zug alle 10 Minuten. In Ferienzeiten wird der Takt in der HVZ von 3 - 3,5 Minuten (3 Züge in 10 Minu- ten) auf 4 Minuten angehoben [Schäfer 02].

Die Festlegungen der erforderlichen Zugfolgezeiten orientieren sich an Durchschnittswerten der Verkehrsnachfrage in der Vergangenheit. Auf ein unvorhergesehenes, vorzeitiges oder verspätetes Ansteigen oder Abfallen der Kundenzahlen kann kaum reagiert werden. Eine we- sentliche Ursache hierfür besteht darin, dass derartige Entwicklungen selektiert werden müs- sen. Möglichkeiten hierfür sind die Berechnung von erwarteten Fahrgastzahlen aus Sonder- fahrscheinverkäufen, die jedoch mit Ungenauigkeiten behaftet sind. Weitere Informations- quellen sind Beobachtungen der Fahrer oder der Betriebsaufsichten, die aber beim automati- schen Betrieb der Schnellverkehrssysteme entfallen. Ein weiterer Grund für die nur begrenzte Reaktionsfähigkeit auf unvorhergesehene Fahrgastanstiege besteht darin, dass beim konventi- onellen Betrieb nur eine sehr kleine Zugreserve inklusive Fahrer vorgehalten werden kann. Bei der Berliner BVG besteht diese aus einem eingeschalteten, mit Fahrer besetzten, sofort startbereiten Zug an jedem Endbahnhof einer Linie [Schäfer 02]. Eine größere Reserve kann aufgrund der zu finanzierenden Fahrerlöhne für die in Bereitschaft wartenden U-Bahn-Fahrer nicht realisiert werden, denn derartige Arbeitszeiten, die keine Reisezeiten (Beförderungszei- ten für Fahrgäste) sind, verschlechtern den Wirkungsgrad des Personaleinsatzes.

Der Wirkungsgrad des Personaleinsatzes hp errechnet sich nach Rüger [Rüg 84] nach fol- gender Formel:

(4-3) hp = hv [xhd + (1-x) ho] hs mit: hp Wirkungsgrad des Personaleinsatzes hv Fahrplanwirkungsgrad x Anteil der laut Dienstplan zu leistenden Dienste an der Summe der Dienstlängen hd Dienstplanwirkungsgrad ho Wirkungsgrad der operativen Dienstbesetzung hs Wirkungsgrad zum Berücksichtigen von Arbeitszeitverlusten durch Urlaub, Krankheit.

Die genannte Bereitschaftszeit wird ebenso wie Vorbereitungs-, Rangier- und Wagenpflege- zeiten in der Komponente xhd berücksichtigt. Sie zählt damit zwar zur tatsächlichen Arbeits- zeit, nicht jedoch zur Reisezeit.

Die Folgen aus der mangelnden Reaktionsfähigkeit auf unvorhergesehene Änderungen der Fahrgastzahlen sind große Schwankungen in der Auslastung der einzelnen Züge. Sehr hohe Auslastungen sind mit deutlichen Komforteinbußen für die Fahrgäste, sehr geringe mit Un- wirtschaftlichkeit für die Betreiber und verstärkter Gefahr des Vandalismus verbunden. Eine möglichst gleichmäßige Auslastung aller Züge über den Tag ist damit für den Betreiber das angestrebte Optimum.

Bei der verkehrsabhängigen Betriebsführung müssen die Gesamtkapazitäten an Fahrzeugen ebenfalls nach der Spitzenstunde dimensioniert werden. Verlagerungen im Modal Split sollten 16 hierbei Berücksichtigung finden. Die kurzfristige Einsatzplanung erfolgt aber in Abweichung zu konventionell nach Taktfahrplänen verkehrenden Verkehrsmitteln anhand aktuell gemes- sener Nachfragerzahlen. Diese Zahlen ermöglichen eine Berechnung des gegenwärtig erfor- derlichen Fahrzeugbedarfes. Die Diskrepanz zwischen bereitgestellter und nachgefragter Ka- pazität kann damit erheblich geringer gehalten werden, als dies im konventionellen Takt-Be- trieb möglich wäre. Dies führt zu einer verbesserten Auslastung der Verkehrsmittel.

4.5 Anforderungen der Kunden und Betreiber an Stadtschnellverkehre

Nutzer und Betreiber von Stadtschnellverkehrsmittels stellen weitreichende Ansprüche an die Merkmale des Angebotes. In [Schn 99] sind Befragungsergebnisse vom Juli und August 1998 von fast 400 Personen an zentralen Nahverkehrsknotenpunkten in Berlin, Greifswald, Ham- burg, Lübeck, Magdeburg, Neubrandenburg, Rostock und Stralsund sowie die Ansichten füh- render Mitarbeiter von Verkehrsbetrieben zu bestimmten Merkmalen des Nah- und Regional- verkehrs zusammengefasst. Die Fragen an ÖPNV Kunden lauteten dabei:

1. Was macht einen guten/schlechten ÖPNV aus? 2. Was ist Ihnen am ÖPNV besonders wichtig?

Für die unterschiedlichen Quellen ergab sich die in der Tabelle 4-2 aufgeführte Reihenfolge der Merkmale. Die kleinste Zahl deutet hierbei auch auf die höchste Priorität hin. Einige Aspekte wurden der gleichen Priorität zugeordnet, woraus Mehrfachnennungen von Prioritä- ten resultieren. Die nächstfolgende Priorität wurde in diesen Fällen nicht vergeben:

Qualitätsaspekt Was macht einen Was ist Ihnen am Bewertung der guten / schlechten ÖPNV besonders Verkehrsbetriebe ÖPNV aus? wichtig? Anschlüsse 6 11 1 Sitzplätze 9 9 13 Ausstattung 7 7 8 Fahrkartenkontrolle 17 13 16 Unternehmensimage 18 12 6 Informationspolitik 12 18 10 Liniendichte 4 6 13 Preise 4 8 16 Pünktlichkeit 1 1 3 Sauberkeit 8 4 9 Schnelligkeit 12 10 11 Service 15 13 4 Sicherheit 11 2 7 Taktfrequenz 2 3 12 Vandalismus 14 17 15 Kunden-Verhalten 10 16 18 Personal-Verhalten 3 5 5 Zuverlässigkeit 16 13 2 Tabelle 4-2: Rangfolge von Qualitätsmerkmalen des ÖPNV bei Kunden und Verkehrsbetrie- ben; eigene Darstellung nach Daten von [Schn 99]

17 Nach diesen Befragungen sind für die Kunden vor allem die Pünktlichkeit, Taktfrequenz und Sicherheit von großer Bedeutung. Für die Unternehmensmitarbeiter sind die Sicherung der Anschlüsse, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit wesentliche Anforderungskriterien. Die Schnelligkeit rangiert bei Kunden und Betreibern im Mittelfeld.

Die starken Forderungen nach Pünktlichkeit seitens der Kunden könnten damit zusammen- hängen, das hier große Defizite bestehen, deren Beseitigung den Kunden vordringlichstes Anliegen ist, um eine bessere Planbarkeit des Weges zu gewährleisten. Die Taktfrequenz, die bei den Kunden auf dem 2. und 3. Platz rangiert, wird von den Unternehmen hinsichtlich ihrer Bedeutung nur im Mittelfeld eingestuft. Ursache könnte das subjektive sehr unangenehme Empfinden von Wartezeiten für die Fahrgäste sein, welches durch angenehme Haltestellen- gestaltung und Ablenkung (z.B. durch infoscreens) vermindert werden könnte.

Insgesamt zielen alle vordringlichen Wünsche der Kunden und Betreiber auf die zeitlichen Kriterien und die Planbarkeit des Transportvorganges ab.

Der Kunde möchte sein Ziel in einer möglichst kurzen Gesamtreisezeit von Haus zu Haus erreichen. Daraus leiten sich an die Verkehrsmittel Forderungen nach hoher Durchschnitts- geschwindigkeit (gutes Beschleunigungsvermögen im Nahverkehr), geringen Takt- oder Fahrzeugfolgezeiten durch häufige Bedienung, kurzen Zu-, Abgangs- und Umsteigewegen ab (Tabelle 4-3). Ein Verkehrsmittel wird nur dann für den Kunden attraktiv sein, wenn es eine hohe Zuverlässigkeit besitzt und ein ausreichendes Maß an Sicherheit (objektiv und subjektiv) gewährleistet. Die subjektive Sicherheit kann durch Personaleinsatz oder visuelle Überwa- chungstechniken mit Rückkopplungsmöglichkeiten zum Fahrer oder zur Zentrale erhöht wer- den. Die Beförderungskapazität und das Sitzplatzangebot sollten ausreichend dimensioniert sein, so dass vor allem bei längeren Reisezeiten für jeden Kunden ein Sitzplatz zur Verfügung steht. Verkehrsmittel und Bahnhöfe sollten sauber und attraktiv sein, ausreichend Komfort und Sicherheit gewährleisten. Der Kunde verlangt das Verkehrsangebot zu einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis und zu einfachen Zahlungsmodalitäten. Er möchte rechtzeitig und ausreichende Informationen zum Angebot und einen umfassenden Service bekommen.

Basierend auf der im Auftrag des VDV im zweijährigen Rhythmus geführten Untersuchungen der GfK Marktforschung GmbH & Co. KG Nürnberg zum Thema „Öffentlicher Personennah- verkehr im Urteil der Bevölkerung“ lassen sich die Erwartungshaltungen der Kunden zusam- menfassen. Die Fahrgäste wollen noch häufiger, preiswerter, schneller, komfortabler und si- cherer befördert werden. Einige Wünsche lassen sich mit automatischen fahrerlosen Systemen befriedigen, wie sie in Nürnberg, München und Berlin in Vorbereitung sind [Müller-H. 00].

Den Betreiber interessieren vor allem die wirtschaftlichen Aspekte bei der Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Verkehrsmitteln. Hierzu zählen die effiziente Nutzung der Fahrzeuge, die Einsparungsmöglichkeiten bei den Wartungs- und Betriebskosten, Verringerungen von Vandalismusschäden, Personalkosten, zusätzliche Investitionen sowie Aspekte des Fahrgast- komforts [Keh 99]. Die Investitions- und Betriebskosten müssen den Einnahmen gegenüber- gestellt werden. Die Betriebs- und Instandhaltungskosten stehen in engem Zusammenhang mit dem erforderlichen Personal, der gefahrenen Strecke und der angebotenen Beförderungs- kapazität. Eine gute Auslastung der eingesetzten Fahrzeuge, die Verringerung der Standzeiten und Beschleunigung des Fahrzeugumlaufes tragen zur Verringerung von Investitions- und In- standhaltungskosten bei.

18 Forderungen der Fahrgäste Konsequenzen auf folgende Aspekte Ausreichendes Platzangebot Fahrzeuggröße, Zuglänge, Fahrzeugfolge Bequemlichkeit (Sitzplatz auf längeren Verhältnis Sitzplätze zu Stehplätze; Auslastung; Strecken) Zuglänge; Zugfolgezeit Pünktlichkeit Betriebsführung, Vermeidung äußerer Störungen (eigene Trasse) Dichte Zugfolge, auch außerhalb der technisch mögliche Zugfolge; wirtschaftlich ver- Spitzenzeiten tretbare Zugfolge; politisch gewollte Zugfolge; verkehrsabhängige Betriebsführung Kurze Gesamtreisezeiten zwischen Quelle Zugangszeit (Entfernung der Zugangsstellen), und Ziel Fahrzeit (Fahrdynamik, Abstand der Haltepunkte), Umsteigezeiten (Fahrplangestaltung, Linienfüh- rung, Linienverknüpfung, Systemverknüpfung) Zumutbare Fußwege Lage der Zugangsstellen, Umfeld der Zugangs- stellen, Gestaltung von Umsteigehaltestellen Geringe Zahl an Umsteigevorgängen Liniennetz (Netzdichte, Linienzahl, Systemver- knüpfungen) Technischer Fahrkomfort Streckenzustand, Trassierung, Fahrzeug (techni- scher Stand, Zustand) Sichere und umwegfreie Zugänge zu Anzahl und Lage der Eingänge, gesicherte Zu- Haltestellen wege, Vermeidung von Überquerungszwängen anderer Verkehrswege Attraktive Tarife (günstig, einfach, über- politische Vorgaben, Verkehrsverbund, Finanzie- sichtlich) rung Guter Kundendienst Qualität des Verkehrsunternehmens, Mitarbeiter- führung, Verantwortungsbewusstsein Ausreichende statische Informationen, Marketing, Informationspolitik, Verknüpfung schnelle dynamische Informationen Betriebsleitsystem – Fahrgastinformationssystem (übersichtlich, verständlich) Tabelle 4-3: Konsequenzen aus den Forderungen der Fahrgäste auf die Betriebsdurchführung und weitere Aspekte [nach Hertel 01]

Kostensenkungspotentiale bestehen durch Verringerung des Energieverbrauchs (weniger un- genutzte Fahrzeugkilometer), des Verschleißes an Fahrzeugen und Gleisen (die Abnutzung der Schienen und Räder ist abhängig von der Zahl der Leistungstonnen und dem zurückge- legten Weg) und von Vandalismusschäden. Der Gewinn kann durch den Zuwachs an neuen Kunden gesteigert werden.

Eine häufigere Bedienung (dichter Takt) bei entsprechender Nachfrage und eine verbesserte Auslastung der eingesetzten Fahrzeuge in Zeiten geringerer Nachfrage sind die wesentlichen Kriterien, die sich durch die verkehrsabhängige Betriebsführung beeinflussen lassen. Sowohl Kunden als auch Betreiber profitieren daher von der verkehrsabhängigen Betriebsweise, so- lange keine erhöhten Kosten mit ihr einhergehen.

19 5 Ausprägungen der verkehrsabhängigen Betriebsführung und Randbedingungen des automatischen Betriebes

5.1 Zielstellung der verkehrsabhängigen Betriebsführung

Das Ziel der verkehrsabhängigen Betriebsführung besteht darin, das bereitzustellende Ange- bot immer dicht an der Nachfrage zu führen. Ritter [Rit 01] formuliert für die Berliner U- Bahn, dass eine dichte Zugfolge (auch in Schwachlastzeiten) mit flexiblen Zuglängen ange- boten werden soll. Zudem sollen bei erwarteten und unerwarteten Verkehrsspitzen Züge un- abhängig von vorhandenem Fahrpersonal eingesetzt werden. Ein aus Kundensicht optimales Angebot soll mit betrieblich minimalem Aufwand erreicht werden.

Die verkehrsabhängige Betriebsführung sollte immer dann zum Einsatz kommen, wenn die Belastungsgrenze bei Stadtschnellverkehren in der HVZ regelmäßig erreicht oder überschrit- ten wird, im Laufe des Tages aber starke Aufkommensschwankungen auftreten, wenn plötzli- che Fahrgastzahlanstiege (Veranstaltungsverkehre, schlechtes Wetter) zu erwarten sind oder bei stark ungleichmäßig belasteten Linien.

5.2 Wirtschaftliche und betriebliche Randbedingungen des verkehrsabhängi- gen Betriebes

5.2.1 Wirtschaftliche Randbedingungen

Der Übergang vom konventionellen zum flexiblen Betrieb erfordert aus wirtschaftlichen Gründen die Einhaltung von zwei Randbedingungen [Stro 98]:

· Die Zahl der einzusetzenden Wagen darf bei gleichbleibendem Verkehrsaufkommen nicht steigen, d.h. die für die Wartungs- und Instandhaltungskosten maßgebende Zahl der Drehgestelle darf sich nicht erhöhen. Dies kann durch kleinere, voneinander unab- hängig steuerbare, teilweise in kürzeren Zeitabständen verkehrende Zugeinheiten er- reicht werden. · Der Personalbestand darf im Vergleich zum traditionellen Betrieb nicht wesentlich er- höht werden.

Die erste Randbedingung ist zu ergänzen um die Forderung nach einer Begrenzung des Pro- duktes aus Wagenzahl und Laufleistung (Begrenzung der Drehgestellkilometer) der einge- setzten Wagen auf die im konventionellen Betrieb erzielten Laufleistungen. Hiermit wäre eine Verdichtung der Zugfolgezeit nur möglich und sinnvoll, wenn zu anderen Tageszeiten eine Verlängerung der Zugfolgezeiten oder/und eine Verkürzung der Zuglängen erfolgt. Mit einer Halbierung der Zuglänge wäre unter Einhaltung der Randbedingung z.B. eine Halbierung der Fahrzeugfolgezeiten möglich.

Aus der zweiten Randbedingung und aus der Forderung nach mehr Personal im kundennahen Bereich folgt, dass das Rückgrat der verkehrsabhängigen Betriebsführung die Automatisie- rung bei den Prozessen ohne oder mit geringem Kundenkontakt sein muss. Reale Chancen hierfür bestehen bei Systemen mit eigenem Fahrweg, wie U- und S-Bahnen. Die freiwerden- den Personale können für andere, teilweise höher qualifizierte Aufgaben (Tätigkeiten in der Leitzentrale, kundennahe Dienstleistungsaufgaben, wie Beratung und Information) eingesetzt werden.

20

Eine Automatisierung der Bahnen bietet sich insbesondere aufgrund ihrer spezifischen Sys- temvorteile an. Die Spurführung erfolgt wegen der Schienen-Konstruktion des Fahrweges auf der Strecke selbsttätig bzw. bei Abzweigungen (Weichen) von außen gesteuert durch Stell- werke. Die meisten spurgeführten Verkehrsmittel fahren auf eigenen Gleiskörpern, ohne von anderen Verkehrsteilnehmern behindert zu werden, Ausnahme sind Straßenbahnen. Der Fah- rer übernimmt die Regelung der Geschwindigkeit, die aber problemlos automatisierbar ist und auch derzeit schon von außen überwacht wird (SIFA, Indusi). Höhengleiche Kreuzungen mit Straßen existieren entweder nicht (wie bei den meisten U- und S-Bahnen) oder sind signal- gesichert. Auch diese Bahnübergänge werden meist ferngestellt oder sind automatisierbar. Das bedeutet, dass der Fahrer (und evtl. auch das Stellwerkspersonal vor Ort) von seinen Aufgaben entlastet werden könnte und dann für andere kundennähere Arbeiten zur Verfügung stünde. Die Fahrzeuge müssten nicht zwangsweise als Vollzüge verkehren, sondern könnten ohne einen größeren Personaleinsatz zu erfordern, häufiger, aber dafür in kleineren Einheiten flexibel eingesetzt werden.

Eine verkehrsabhängige Betriebsführung bietet sich bei allen automatischen, fahrerlosen Systemen an, da diese bereits über die wesentlichen Voraussetzungen verfügen. Aber auch bei bestehenden konventionellen Systemen mit abgeschlossenen Fahrwegen ist eine verkehrs- abhängige Betriebsführung, möglichst mit vorausgegangener Automatisierung, realisierbar.

Interessant ist, dass Dreimann aussagt [Dre 96; S. 49]: „Die wissenschaftliche Begleitung vorhandener fahrerloser Bahnen zeigt, dass eine psychologische Hemmschwelle der Fahrgäste gegen den automatischen Fahrbetrieb nicht besteht.“

Problematisch bei einer nachträglichen Automatisierung bestehender Systeme ist die höhere betriebliche Komplexität bestehender Bahn-Linien und der damit verbundene erhöhte Auf- wand für die Vollautomation. Besonders wenn der fahrerlose Betrieb auch bei Störungen auf- rechterhalten und gesichert werden muss, ist der Aufwand beachtlich [Dre 96].

5.2.2 Fahrpersonal

Die Einführung einer verkehrsabhängigen Betriebsführung beim schienengebundenen Ver- kehr kann bei bestehenden Systemen in verschiedenen Etappen erfolgen.

Unter Beibehaltung des Fahrers in jedem Zug lassen sich nur vorgeplante Anpassungen der Kapazität realisieren. Ursache hierfür besteht darin, dass das Fahrpersonal, welches im Falle einer erforderlichen Kapazitätserhöhung eingesetzt werden soll, sich aufgrund der längerfris- tig zu erstellenden Dienstpläne am Arbeitsort in Bereitschaft halten muss. Hiermit sind Kos- ten verbunden. Sollte keine erhöhte Nachfrage zu verzeichnen sein, könnte zwar kurzfristig auf einen Zug verzichtet werden, das Fahrpersonal, welches anwesend ist, müsste aber ent- lohnt werden. Ebenso würde die kurzfristige Verringerung der Anzahl der im Umlauf befind- lichen Züge zwar Fahrpersonal freisetzen, aber keine Verminderung der Personalkosten nach sich ziehen. Eine verkehrsabhängige Betriebsführung unter Beibehaltung des Fahrers kann daher nur mit deutlich erhöhten Personalkosten realisiert werden und steht damit der Forde- rung nach einem nicht wesentlich erhöhten Personalbedarf nach Strobel [Stro 98] im Wider- spruch. Sie kann nur als Übergangslösung bis zur Umstellung auf eine automatische Be- triebsweise angesehen werden.

21 Mögliche Anwendungsfälle für geplante Anpassungen der Kapazität an die Nachfrage beste- hen in den Reaktionen auf regelmäßig wiederkehrende Nachfrageveränderungen durch An- passung der Taktzeiten. Bei Großveranstaltungen (Fußballspiele, Konzerte, o.ä.). sowie un- günstigen Wetterprognosen wird der Bedarf an bereitzustellender Kapazität durch Fahrer oder Bahnhofsaufsichten gemeldet. Über die Abfahrtszeiten bereitstehender Einsetzerzüge stim- men sich Fahrer und Dispositionszentrale ab.

Neben der eben erläuterten Änderung in der Zugfolgezeit können Kapazitätsänderungen auch durch Einsatz von Fahrzeugen unterschiedlicher Größen erfolgen. Jedoch bestehen gerade bei der Umstellung bestehender konventioneller Bahnen auf die verkehrsabhängige Betriebsfüh- rung enge Grenzen, da die Kapazitätsanpassung der Züge häufig unmöglich oder aufwendig ist. So können beispielsweise die Züge der Baureihe H, die auf Berliner Großprofil-U-Bahn- strecken seit Sommer 1996 eingesetzt werden, betrieblich nicht unterteilt werden und somit nur als Vollzug verkehren [Bei 96]. Die Entscheidung für die Beschaffung beruhte auf der Erkenntnis, dass die Möglichkeit der feinstufigen Anpassung der Zuglänge an das Fahr- gastaufkommen zwar wünschenswert, aber von der Betriebsgröße abhängig und mit dem Aufwand für das An- und Abkuppeln abzuwägen ist [Bei 96]. Diese erhöht den Personalein- satz, bewirkt höheren Verschleiß und kann zu Störungen führen. Für einen flexiblen automati- schen Betrieb müsste nach Beier [Bei 96] etwa die Hälfte des Fahrzeugparks einer betrachte- ten Linie aus betrieblich teilbaren Vollzügen bestehen. Alternative zum häufigen Koppeln und Entkoppeln, welches Zeit, Personal und Abstellgleise erfordert, ist der Einsatz der kurzen Züge auch in der Hauptverkehrszeit, auf die im Kapitel 5.6.1 näher eingegangen wird.

Der Einsatz automatischer fahrerloser Züge entkoppelt deren Disposition weitgehend von der Personaldisposition, sofern die Züge ohne Begleiter auskommen. Somit kann die Planung und Berechnung der erforderlichen Zugfolgezeiten sehr kurzfristig erfolgen. Dies ist für die verkehrsabhängige Betriebsführung von großer Bedeutung, da die Erfassung der Fahrgast- zahlen kontinuierlich erfolgt, die erforderliche Zugzahl hieraus berechnet und ohne größeren Zeitverzug eingesetzt wird. Das Personal für Kundenbetreuung und zentrale Steuerung kann unabhängig von der Zahl der eingesetzten Züge und der Zugfolgezeit langfristig eingeplant werden.

Die Anforderungen an die kostenoptimale Bereitstellung von Transportdienstleistungen in guter Qualität umfassen die folgenden Punkte:

· große Flexibilität der Produktionsmittel durch Vorhaltung unterschiedlich großer Transporteinheiten · zeitgenaue Nachfrageerfassung · schnelle Reaktionsmöglichkeiten auf wechselnde Nachfrage · optimale Anpassung der bereitgestellten Transportmittel an die nachgefragte Menge · hohe Flexibilität des Personals.

5.3 Ausprägungsarten verkehrsabhängiger Bedienungsweisen

Im Bereich der Stadtschnellverkehrsmittel sind eine Reihe von verkehrsabhängigen Bedie- nungsweisen einsetzbar. Einige ermöglichen eine Anpassung des Angebotes an die Nachfrage auf der gesamten Linienlänge, andere nur auf Linienabschnitten.

Verkehrsabhängige Betriebsführung auf Linienabschnitten:

22 · Flügelzüge · Verkehrsabhängige Bedienung von schwach ausgelasteten Linienenden

Verkehrsabhängige Betriebsführung auf gesamter Linienlänge:

· Expresszüge · taktgebundenes Grundangebot mit Verstärkerzügen · verkehrsabhängiger Betrieb ohne Grundtakt

Diese verkehrsabhängigen Bedienungsweisen sollen im folgenden genauer beschrieben wer- den.

Die verkehrsabhängigen Bedienungsweisen Flügelzüge und Expresszüge können aufgrund ihrer aufwendigen Informationserfordernisse an die Fahrgäste nur bei der Erstellung nachfra- geangepasster langfristiger Fahrpläne berücksichtigt werden. Sie werden daher zwar kurz be- schrieben, ihre betrieblichen Probleme aber nicht vertieft.

Das taktgebundene Grundangebot mit Verstärkerzügen sowie der verkehrsabhängige Betrieb ohne Grundtakt dagegen ermöglichen einen nachfragegesteuerten Online-Betrieb. Er ist be- trieblich gekennzeichnet durch einen immer wieder zu durchlaufenden Regelkreis (Bild 5-1). In diesem wird der Regelfehler, die Differenz aus der Soll- und der Ausgangsgröße, mini- miert. Dies geschieht durch Variation der Zugfolgezeit (oder zusätzlich der Fahrzeuglänge). Dadurch kann mit sofortiger Wirkung das Fahrzeugangebot an die aktuelle Fahrgastnachfrage angepasst werden. Eine Überlagerung dieser die gesamte Linienlänge betreffenden Regelung durch Maßnahmen, welche schwach ausgelastete Linienenden betreffen, ist möglich.

Sollgröße U: Regelfehler: Störgröße: Ausgangsgröße Y: Besetzungsgrad U - Y Regler: Nachfrageschwankung Ist-Besetzungsgrad Zugfolgezeit -

Meß- einrichtung

Bild 5-1: Regelkreis beim nachfragegesteuerten Online-Betrieb; eigene Darstellung

5.3.1 Flügelzüge

Flügelzüge sind Zugverbände, die aus 2 oder mehr Einheiten bestehen, welche gekoppelt über eine Stamm- oder Hauptstrecke mit entsprechend hohem Fahrgastaufkommen verkehren. Bei Verzweigungen der Hauptstrecke in mehrere zu bedienende, schwächer frequentierte Seitenstrecken wird der Zugverband durch Entkoppeln aufgelöst. Die einzelnen selbstange- triebenen Einheiten fahren dann getrennt auf den Seitenstrecken. Die angebotene Kapazität kann bis auf das Potenzial einer Einheit verringert werden und damit dem verringerten Fahr- gastaufkommen angepasst werden, wodurch eine Kostenreduktion erzielt wird. Der Fahrgast kann zielreine Verbindungen ohne Umsteigenotwendigkeit benutzen. Auf stark ausgelasteten Streckenbereichen kann durch mehrere gekoppelte Einheiten ein hohes Platzangebot bereitge-

23 stellt werden. Die Technik des Flügelns wird auch als Train-Coupling and –Sharing (TCS) (Bild 5-2) bezeichnet.

Bild 5-2: Prinzip des Flügelns

Der Einsatz von Flügelzügen erfolgte bisher vor allem im Fernverkehrsbereich. So wird der ICE 2 in Deutschland auf der Relation Berlin nach Köln oder Düsseldorf eingesetzt, wobei auf der Strecke Berlin - Hamm die beiden Einheiten zu einem Zugverband vereinigt sind. Ebenso erfolgt in Hamm eine Flügelung des ICE aus München zur Weiterfahrt in die beiden Richtungen Bremen und Hamburg.

In der Schweiz wird beim Glacier-Express eine Teilung und Flügelung durchgeführt. Dieser Zug fährt von St. Moritz im Oberengadin aus bis Reichenau-Tamins. Dort wird der Zug in der Regel geteilt. Während der vordere Zugteil weiter in die Kantonshauptstadt Chur fährt, wird der hintere Part zum eigentlichen Glacier-Express, der die Fahrtrichtung wechselt und durch das Unterrheintal in Richtung Disentis über Brig bis Zermatt im Wallis fährt [Has 99].

In Kanadas Westen wird der Rocky Mountaineer, ein Zug von Vancouver in die Rocky Mountains in Kamloops geteilt. Die Ost-West-Strecke teilt sich dort in eine Strecke nach Jas- per (nördlich), wohin der hintere Zugteil fährt und eine Strecke nach Calgary (südlich), die der vordere Zugteil bedient. Züge in die Gegenrichtung werden in Kamloops gekoppelt [Kru 99].

Im Nahverkehrs- bzw. Regionalbereich erfolgt bei der Bayerischen Oberlandbahn das Flü- geln. Die Stammstrecke von München Hauptbahnhof befährt ein dreiteiliger Zug der Bauart Integral. In Holzkirchen und Schaftlach wird je ein Zugteil abgekoppelt, so dass drei einteilige Züge die Äste nach Bayrisch Zell, Tegernsee und Lenggries befahren.

Stadtschnellverkehre, bei denen das Flügeln von Zügen regelmäßig praktiziert wird, sind die Flughafenlinie der Münchener S-Bahn sowie die Stadtbahnlinie 1/2 in Hannover. In Berlin wurde bei der S-Bahn über die Möglichkeit des Flügelns von Blankenburg nach Oranienburg bzw. Bernau nachgedacht, diese bisher aber nicht umgesetzt.

Ein gutes Informationssystem ist die Voraussetzung für eine Kundenakzeptanz solcher Sys- teme.

5.3.2 Verkehrsabhängige Bedienung von schwach ausgelasteten Linienenden

Auf Streckenabschnitten, besonders den Enden von Linien, die über den ganzen Tag oder zu bestimmten Zeiten von deutlich weniger Fahrgästen genutzt werden als der maßgebliche

24 Querschnitt der Linie kann ein verkehrsabhängiges Betriebsprogramm zu deutlichen Kosten- einsparungen beitragen. Verschiedene Möglichkeiten stehen zur Verfügung.

Bedienung des Linienendes mit kleinen Einheiten

Die schwach belasteten Linienenden könnten regelmäßig mit sehr kleinen Einheiten bedient werden, die hierfür neu zu beschaffen wären. Dadurch könnte das Angebot für die Kunden aufrechterhalten oder durch Taktverkürzung verbessert werden. Hierbei wird gleichzeitig eine geringere Gesamtkapazität über den Tag hinweg angeboten, so dass eine hohe Auslastung erreicht werden kann. Die Streckenbelastung würde sich stark vermindern, da diese vor allem durch die Leistungstonnen bestimmt wird. Diese hängen aber aufgrund des hohen Leerge- wichtes von U-Bahnfahrzeugen sehr stark von der Zahl der eingesetzten Wagen ab. Am Bei- spiel des U-Bahn-Zuges Baureihe H, der in Berlin zum Einsatz kommt, wird das Einsparpo- tenzial an Gewicht und damit an Leistungstonnen deutlich. Die Eigenmasse dieses Zuges be- trägt 141,4 t, die zulässige Gesamtmasse 228 t und damit die Nutzlast nach BOStrab 86,6 t [Lip 96]. Hieraus folgt ein Verhältnis von Leergewicht zur Gesamtmasse von 0,62 / 1. Wird statt eines 6-Wagen-Zuges ein 2-Wagenzug eingesetzt, so ergibt sich bei voller Beset- zung des 2 Wagen-Zuges eine Gesamtmasse von 76 t (228 t / 3) im Vergleich zu 170 t bei einem zu einem Drittel besetzten 6-Wagen-Zug (141,1 t + 86,6 t /3). Die Reduzierung der Leistungstonnen hat direkte Auswirkungen auf den Verschleiß an Rädern und Schienen und damit auf die Instandhaltungszyklen sowie die Kosten.

Dieser Zusammenhang konnte z.B. für den Einsatz leichter Nahverkehrstriebwagen statt lok- bespannter Züge oder langer Züge von Wurster in [Wur 99] aufgezeigt werden. Er analysierte eine deutliche Reduktion der Fahrbahnbelastung, die zu längeren Lebensdauern und geringe- ren Instandhaltungsaufwendungen führt.

Auf der verbleibenden stärker belasteten Strecke ließen sich durch die Streckenkürzung kür- zere Umläufe mit den größeren Zügen realisieren. Dadurch sind Einsparungen bei den Zug- zahlen oder Angebotsverbesserung durch kürzere Taktzeiten möglich.

Für den Kunden ergibt sich als Nachteil der zusätzlich erforderliche Umstieg. Um dennoch eine hohe Akzeptanz zu erreichen, sollte ein Umstieg ohne die Benutzung von Treppen und ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung erfolgen können. Hierfür bietet sich optimalerweise ein Halt an den beiden Kanten eines Bahnsteiges an. Alternativ ist ein Halt der Fahrzeuge kurz nacheinander an derselben Bahnsteigkante oder auch ein gleichzeitiger Halt beider Fahr- zeuge hintereinander möglich, der aber für einige Fahrgäste zu längeren zurückzulegenden Wegstrecken führt.

Vor allem die Lösung des auf der gegenüberliegenden Bahnsteigseite wartenden kleinen Fahrzeuges erscheint sinnvoll, da ohnehin beide Fahrzeuge wenden müssen und so die Wege und Verlustzeiten für die Reisenden sehr gering sind. Eine regelmäßige Nutzung einer zuge- wiesenen Bahnsteigseite für jedes der beiden Fahrzeuge erleichtert den Kunden zudem die Orientierung. Es können sich aber bei kurzen Zugfolgezeiten Schwierigkeiten mit dem nur einen verfügbaren Kehrgleis ergeben, wenn das Folgefahrzeug erst die Ausfahrt aus dem Bahnhof abwarten muss.

Einrichtung von Zwischenendstellen Eine verkehrsabhängige Bedienung kann auch erfolgen, indem einige Züge vorzeitig enden. Hierbei muss beachtet werden, dass die Züge, welche die gesamte Strecke bedienen, entweder

25 nach Fahrplan fahren oder ein Mindestangebot (z.B. durch eine garantierte Bedienung alle 6 – 10 Minuten) angeboten wird. Dies garantiert in jedem Fall eine umsteigefreie Bedienung der gesamte Strecke.

Die zusätzlichen Verstärkerzüge, die entsprechend des aktuellen Fahrgastaufkommens kurz- fristig geplant und eingesetzt werden und eine weitere Reduzierung der aktuellen Zugfolge- zeiten bewirken, sind dagegen in der Wahl des zu bedienenden Streckenabschnittes flexibel. Hierfür werden eine (oder ggf. mehrere) Zwischenendstellen eingerichtet. Dies müssen Bahn- höfe sein, in denen Abstell- oder zumindest Wendemöglichkeiten für Züge existieren und die geringe Zahlen an Zusteigern (in Richtung des schwach belasteten Linienendes) aufweisen.

Bei Beendigung des Umlaufes von Fahrzeugen an Zwischenendstellen muss die vorgegebene maximale Zugfolgezeit auf dem nicht mit bedienten Linienende durch den Folgezug ein- gehalten werden (siehe Bild 5-3). Weiterhin muss gewährleistet sein, dass die aussteigenden Fahrgäste problemlos Platz im Folgezug finden und nur eine geringe Zahl von Fahrgästen betroffen ist.

In der Literatur wird diese Variante der Zwischenendstellen in verschiedenen Quellen be- schrieben. In [Rüg 84] wird zur Anpassung des Platzangebotes an örtliche und zeitliche Nach- frageschwankungen die Anordnung von Zwischenendstellen auf den Endabschnitten einer Linie vorgeschlagen, sofern dadurch die Zugfolgezeiten nicht über die zumutbare Grenze steigen. Das vorzeitige Unterbrechen von Zugläufen an Zwischenendstellen ist vor allem auf solchen Linien sinnvoll, die im Streckenverlauf regelmäßig eine ungleichmäßig starke Aus- lastung aufweisen. Auch Dubenkropp, BVG, spricht sich dafür aus, im Bedarfsfall im Innen- stadtbereich ein dichteres Angebot als am Stadtrand anzubieten [Dub 00, S. 159]. Zeit in Minuten

20

16 13

10

5,5 3 0 Weg Linienanfang Zwischenendstelle Linienende Bild 5-3: beispielhaftes Betriebsprogramm mit Zwischenendstelle; eigene Darstellung

26 5.3.3 Expresszüge

Eine Verringerung der Reisezeit lässt sich durch den Einsatz von Expresszügen realisieren. Diese könnten entweder im gesamten Tagesverlauf oder nur zu bestimmten Zeiten eingesetzt werden. Besonders sinnvoll sind sie im Berufsverkehr, also der HVZ. Allerdings ist gerade dann der Einsatz aufgrund der ohnehin geringen Fahrzeugfolgezeiten betrieblich schwierig realisierbar. Problematisch sind die betriebliche Störanfälligkeit von Expresszügen (insbe- sondere bei Verspätungen) und die verkehrliche Information der Fahrgäste.

Es sind zwei betriebliche Arten beim Einsatz von Expresszügen zu unterscheiden.

Zum einen können zusätzlich zum regulären Zugangebot Expresslinien zu bestimmten Zei- ten verkehren. Diese halten nur an betrieblich wichtigen Stationen, wie Endhaltestellen und Umsteigepunkten. Die Fahrzeit ist geringer als bei den konventionellen Linien, der Fahrkom- fort durch selteneren Fahrgastwechsel und weniger Beschleunigungsvorgänge höher.

Die Einrichtung dieser Expresslinien hängt bei dem Vorhandensein von nur einem Gleis pro Richtung, was bei Schnellverkehrssystemen Standard ist, vom auf der jeweiligen Linie gefah- renen Takt ab. Die besten Voraussetzungen für den Einsatz von Expresszügen sind bei größe- ren Takten, von z.B. 10 Minuten, gegeben. Die Züge können am Beginn des Expressab- schnittes kurz vor dem regulären Zug abfahren und durch Verzicht auf Halte an wenig fre- quentierten Stationen und die damit verbundenen Brems-, Halte- und Beschleunigungszeiten eine höhere Reisegeschwindigkeit ermöglichen (Bild 5-4). Halte sind an wichtigen Umsteige- punkten und an stark frequentierten Haltepunkten zu planen. Grenzen werden durch die An- näherung an den vorausfahrenden, an jeder Station haltenden Zug gesetzt. Die maximal mög- liche Fahrzeiteinsparung entspricht, wenn keine Überholmöglichkeiten vorhanden sind, der regulären Taktzeit abzüglich der doppelten minimalen Fahrzeugfolgezeit. Die Abfahrtzeiten der Expresszüge müssen den Kunden im Voraus bekannt sein, um eine gezielte Inanspruch- nahme dieses Angebotes zu ermöglichen.

Die Formeln 5-1 und 5-2 beschreiben die Umlaufzeiten eines regulären Zuges; 5-3 die Um- laufzeit eines Expresszuges.

(5-1) tu = 2×tr +tWA+ tWE

(5-2) tu = 2×(n×tHalt +t Fahr ) tWA +tWE

(5-3) tuEx = 2×(m×t Halt + tFahr ) tWA +tWE mit

tu Umlaufzeit eines regulären Zuges

tuEx Umlaufzeit eines regulären Zuges

tr Umlaufzeit eines regulären Zuges

tWA/WE Wendezeit am Linienanfang/Linienende

tHalt Haltezeit an einem Haltepunkt

tFahr Nettofahrzeit für eine Richtung ohne Haltezeiten n Zahl der Haltepunkte entlang der Linie m Zahl der vom Expresszug bedienten Haltepunkte

Als zeitliche Differenz zwischen regulärem und Expresszug ergibt sich Formel 5-4:

27 (5-4) tu -tuEx = 2×t Halt ×(n -m)

Die entfallenden Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgänge werden nicht betrachtet, tra- gen aber ebenfalls zu Einsparungen in der Umlaufzeit bei.

Wird unterstellt, dass der reguläre Zug pro Richtung 10 Stationen bedient, der Expresszug jeweils nur 4, so ergibt sich bei gleichen Wendezeiten und gleichen Fahrzeiten eine Differenz in Höhe der 12-fachen Haltezeit. Bei durchschnittlichen 30 Sekunden Haltezeit ergeben sich damit 6 Minuten, die pro Umlauf eingespart werden können.

Ein Einsatz auf längeren Strecken, auf denen durch die vorausfahrenden regulären Züge Be- hinderungen auftreten würden, ist nur nach vorherigen infrastrukturellen Anpassungen mög- lich. Hierbei wird ein Ausweichgleis, bevorzugt an einem Bahnsteig, erforderlich, das wäh- rend des Haltes des langsameren Zuges die Vorbeifahrt des Expresszuges gewährleistet. Er- stellung und Unterhalt verursachen Kosten. Ist je Richtung nur ein Gleis vorhanden resultiert hieraus eine betriebliche Unflexibilität. Bei Verspätungen oder Verfrühungen von Zügen wer- den Wartezeiten erforderlich.

Zeit

Dt

Expresszug (3 Zwischenhalte)

Dt + (tu-tuEx)/2 Regulärer Zug (7 Zwischenhalte)

Linienverlauf mit Haltepunkten

Bild 5-4: Fahrzeitvergleich für regulären Zug und Expresszug; eigene Darstellung

Die andere Möglichkeit des Einsatzes von Expresszügen besteht in der alternierenden Be- dienung von Halten (Sprung-Halt-Betrieb) durch zwei bis drei verschieden gekennzeich- nete Zugarten (siehe Kapitel 4.3). Vorher festgelegte, aber von Zug zu Zug verschiedene Haltepunkte werden hierbei nicht bedient. Somit ergeben sich verschiedene Bedienungsfolgen für einzelne Züge. Wichtige Haltepunkte bekommen eine sehr enge Bedienung, an weniger wichtigen Haltepunkten halten nur ausgewählte Züge. Hierbei können alle Züge beschleunigt werden. Die Summe der Streckenfahrzeit muss bei allen Zugarten etwa gleich bleiben, um auch bei kurzen Taktzeiten Stauchungen im Betriebsablauf zu vermeiden.

Für Fahrgäste, die längere Fahrstrecken zurücklegen wollen, ergeben sich hierdurch Reise- zeitverkürzungen. Auf kürzeren Reisestrecken kann es durch die Verlängerung von Warte- zeiten (wenn Züge den erforderlichen Halt nicht anbieten oder eine Rückfahrt erforderlich

28 wird) auch Verlängerungen in der gesamten Reisezeit geben. Ganz entscheidend für die Ak- zeptanz seitens der Fahrgäste ist eine umfangreiche eindeutige Information zu den vorgesehe- nen Halten. Auch müssen die alternierenden Halte an die Quelle-Ziel-Relationen der Fahr- gäste angepasst werden. Der Vorteil dieses Systems für die Betreiber besteht darin, dass alle Fahrzeuge beschleunigt werden, woraus geringere Umlaufzeiten und damit ein kleinerer Ge- samtbedarf an Fahrzeugen resultiert. Durch die Verkürzung der Umläufe lässt sich auch eine Kapazitätserhöhung ohne zusätzlichen Bedarf an Fahrzeugen realisieren. Vor allem bei länge- ren Reisen profitieren die Fahrgäste unabhängig von ihrem Ausgangs- und Zielbahnhof eben- falls von der Beschleunigung. Ein Beispiel für die Anwendung der alternierenden Bedienung von Halten ist die Pariser Verkehrsgesellschaft RATP. Hier werden an jeder Haltestelle alle noch anzufahrenden Halte angezeigt, beleuchtet werden aber nur die, an denen der nächste Zug hält.

Eine Kombination beider Bedienformen über der Tag hinweg erscheint ebenso machbar. Zur HVZ, wenn die Züge ohnehin im dichten Takt fahren, sind vorwiegend Stammkunden unter- wegs. Zu diesen Zeiten bietet sich eine Expressbedienung durch alle Züge durch alternieren- den Haltestellenverzicht an. In der NVZ und SVZ dagegen, wenn viele Touristen und selte- nere Kunden die Verkehrsmittel benutzen, könnten Expresszüge zusätzlich zu regulär halten- den Zügen angeboten werden. Das Angebot wird jedoch unübersichtlicher.

5.3.4 Taktgebundenes Grundangebot mit Verstärkerzügen

Dieses Bedienungssystem für Stadtschnellverkehre basiert auf einem regelmäßigen Zugange- bot, welches in einem festgelegten Takt angeboten wird. Es wird ergänzt durch flexible Ver- stärkerzüge, die nachfrageabhängig zusätzlich zu den Taktzügen eingesetzt werden sollen. Der Grundtakt, der gewährleistet werden soll, ist in der Literatur nicht eindeutig eingegrenzt. Er wird in einer Quelle [Dub 00, S. 155-156] als bereits stark dem erwarteten Fahrgastauf- kommen angepasstes Angebot von 3, 4, 5, 7 oder maximal 10 Minuten angesehen. Er soll damit eine Grundversorgung gewährleisten und bei Bedarf durch Verstärkerzüge weiter ver- dichtet werden.

Eine andere Quelle [Schäfer 02] führt an, dass der Takt wesentlich für die Gewährleistung von Anschlüssen zu anderen Stadtschnellverkehrslinien an Verknüpfungspunkten ist. Er sollte damit der Taktzeit der kreuzenden Linien angepasst werden. In der HVZ ist aufgrund der ho- hen Taktdichte die Anschlusssicherung jedoch nicht so wichtig.

Ein System der verkehrsabhängigen Betriebsführung, welches auf einem festgelegten Grund- angebot basiert, hat den großen Vorteil, dass Anschlüsse an andere Linien und Verkehrsträger gewährleistet werden können. Es ist daher für Linien, die Verknüpfungen mit anderen Ver- kehrsträgern oder Linien aufweisen, auf denen größere Taktzeiten vorherrschen, als sehr vor- teilhaft einzustufen. Zusätzlich ergibt sich für den Fahrgast ein leicht merkbares Fahrtenange- bot. Durch Einlegen weiterer Züge können große Aufkommensspitzen abgefangen werden. Damit kann eine günstige Auslastung der Züge gewährleistet werden. Die genannten Vorteile gelten jedoch nur für ein sehr geringes Grundangebot, beispielsweise in Größenordnung eines 20-Minuten-Taktes.

Wird bereits mit dem Grundangebot nahezu der gesamte Bedarf an benötigter Zugkapazität bereitgestellt, tritt ein erheblicher Nachteil zutage. Es ist dann zwar eine Verstärkung, jedoch keine Schwächung des Angebotes möglich. Die Anhebung der bereitgestellten Beförderungs- kapazität kann außerdem nur in größeren Sprüngen (durch Verdopplung oder Verdreifachung

29 der Zugkapazität infolge Takthalbierung oder -drittelung), nicht aber durch feinfühlige An- passung der Taktzeiten erfolgen.

Ein Betriebssystem, bei dem ein Grundfahrplan auf Basis des vorhandenen und prognosti- zierten Fahrgastaufkommens aufgestellt und durch Verstärkerzüge ergänzt wird, welche frei- zügig und kurzfristig entsprechend dem aktuellen Betriebsaufkommen disponiert werden, soll auf der Berliner U-Bahn-Linie U5 zum Einsatz kommen [Dro 2000]. Schäfer [Schäfer 02] präzisiert diese Forderung dahingehend, dass das Grundangebot einen Takt von 10 oder 20 Minuten aufweisen kann und alle weiteren Züge verkehrsabhängig eingesetzt werden, sofern die maximale Zugfolgezeit der Verstärkerzüge ebenfalls den Fahrgästen bekannt gegeben wird.

5.3.5 Verkehrsabhängiger Betrieb ohne Grundtakt

Beim verkehrsabhängigen Betrieb ohne Grundtakt wird dem Verkehrsablauf kein Basisange- bot in Form eines Taktes zugrundegelegt. Der gesamte Betriebsablauf wird kurzfristig auf Grundlage der aktuellen Fahrgastzahlen berechnet und gewährleistet eine dichte Mindestzug- folgezeit.

In seiner Grundausprägung wird der verkehrsabhängige Betrieb ohne Grundtakt mit einer einheitlichen Fahrzeuggröße durchgeführt. Die Folgezeiten zwischen den einzelnen Fahrzeu- gen richten sich nach dem aktuellen Fahrgastaufkommen. Dieses muss kontinuierlich an den Zugängen einer Linie oder in den Fahrzeugen erfasst werden. Für die Fahrzeugfolgezeiten sind eine Unter- und eine Obergrenze festzulegen. Die minimale Folgezeit ist im Allgemeinen technisch bedingt und liegt bei den meisten Schnellverkehrssystemen bei ca. 90 Sekunden. Die maximale Folgezeit muss die Wünsche der Fahrgäste nach einer Planbarkeit ihrer Beför- derungszeit berücksichtigen. Sie muss gering gehalten werden, um von den Fahrgästen nicht als Zugangshürde empfunden zu werden. Maximale Zugfolgezeiten sollten im Bereich zwi- schen 6 Minuten [Keh 99] und 10 Minuten [Dub 00, S. 155] liegen, wenn eine Fahrt ohne Disposition durch den Fahrgast angetreten werden soll. Innerhalb der hierdurch festgesetzten Zeitspanne entscheidet das aktuelle Fahrgastaufkommen über die Bedienungsfolge.

Ein völlig bedarfsabhängiges System ist sowohl für isolierte Linien ohne Verknüpfungs- punkte sowie für Verkehrsnetze, bei denen alle Linien mit geringen Zugfolgezeiten betrieben werden, interessant. Es ermöglicht eine sehr feinfühlige Anpassungsmöglichkeit an das wech- selnde Fahrgastaufkommen durch Variation der Zugfolgezeiten. Es kann sowohl auf Fahr- gastanstiege als auch auf Verringerungen in der Auslastungen reagiert werden. Der Ver- kehrswirkungsgrad erreicht bei diesem System deutlich höhere Werte als bei einem System mit Grundtakt, sofern bei beiden die gleiche Fahrzeuggröße zum Einsatz kommt. Im Hinblick auf die Anschlusssicherung ist dieses Verfahren nicht optimal.

5.3.6 Vergleich der Ausprägungsarten der verkehrsabhängigen Betriebsführung

Das höchste Potenzial für eine Steigerung des Verkehrswirkungsgrades ist erreichbar, wenn die gesamte Linienlänge durch möglichst viele Züge verkehrsabhängig bedient wird. Diese Bedingungen sind besonders bei den beiden Formen „Taktgebundenes Grundangebot mit Verstärkerzügen“ und „Verkehrsabhängiger Betrieb ohne Grundtakt“ gut erfüllt. Daher sollen diese beiden Betriebsformen in dieser Arbeit vertiefend untersucht werden. Eine Überlage-

30 rung dieser Betriebsformen durch Maßnahmen, die nur einen Linienabschnitt betreffen ist möglich, erhöht jedoch den Dispositionsaufwand erheblich.

Die zentrale Eingangsgröße der beiden ausgewählten Formen der verkehrsabhängigen Be- triebsführung ist die Zahl der Nachfrager (Fahrgäste), die immer kleiner oder gleich der ange- botenen Kapazität bleiben sollte. Ihre Erfassung erfordert jedoch hohe Erstinvestitionen, be- sonders wenn sie permanent und an mehreren Messquerschnitten der Linie erfolgen soll. So müssen entweder alle Fahrzeuge oder die wichtigsten Zugänge einer Linie mit Geräten zur automatischen Fahrgasterfassung ausgestattet sein. Aus der aktuell erfassten Zahl der Nach- frager im System muss in sehr kurzen Zeitintervallen die optimale Zugfolgezeit der Züge festgelegt werden. Diese Berechnungen müssen sich stets an der aktuellen Hauptlastrichtung orientieren. Besonders feinfühlige Anpassungen sind vor allem dann möglich, wenn die zu bedienenden Linien über stark frequentierte Anfangsbahnhöfe verfügen.

Die vorherige Festlegung eines Mindestangebotes für die Bedienung einer Strecke in Form eines Grenzwertes für die maximale Zugfolgezeit dient im Falle von Systemstörungen als Rückfallebene. Dieses Mindestangebot kann in der Schwachlastzeit das konkrete Angebot für die Bedienung darstellen.

Ein Vergleich der beiden Ausprägungsarten der verkehrsabhängigen Betriebsführung „Takt- gebundenes Grundangebot mit Verstärkerzügen“ und „Verkehrsabhängiger Betrieb ohne Grundtakt“ ist in der Tabelle 5-1 zusammengestellt.

Taktgebundenes Grundangebot Verkehrsabhängiger Betrieb Anschlusssicherung Möglich durch Grundangebot in nicht möglich, aber kurze Zug- festem Takt folgezeiten Verkehrswirkungsgrad mittel (dichtes Grundangebot) sehr hoch hoch (schlankes Grundangebot) Investitionsbedarf hoch; hoch; permanente Fahrgasterfassung permanente Fahrgasterfassung Rechenaufwand hoch, durch zusätzliche Optimie- mittel, da keine Berücksichti- rungsrechnungen vor dem Takt- gung von Taktzeiten zug Störanfälligkeit mittel bis hoch mittel Rückfallebene Grundangebot Taktverkehr und Über maximale Zugfolgezeit evtl. definiertes Mindestangebot definiertes Mindestangebot Tabelle 5-1: Gegenüberstellung der Betriebsformen Taktgebundenes Grundangebot und ver- kehrsabhängiger Betrieb; eigene Darstellung

Bei einer Umstellung einer bestehenden, konventionell bedienten Linie auf die verkehrsab- hängige Betriebsführung ist es sinnvoll, zur Begrenzung der Investitionskosten die vorhan- denen Ressourcen der Verkehrsunternehmen, wie Fahrzeuge und Abstellanlagen nur in gerin- gem, aus betrieblicher Sicht absolut erforderlichen Maße zu modifizieren.

5.4 Weiterführende Konzepte der verkehrsabhängigen Betriebsführung

5.4.1 Einsatz unterschiedlicher Zuggrößen in geplanter Folge

Bei den bisher beschriebenen Konzepten des verkehrsabhängigen Betriebes mit und ohne Grundtakt muss die Fahrzeugfolgezeit nach jeder Zugausfahrt neu berechnet werden. Die

31 Fahrzeuggröße kann konstant gehalten werden. Wird jedoch eine weitere Steigerung des Ver- kehrswirkungsgrades angestrebt, kann auch die erforderliche Fahrzeuggröße in die Berech- nung einbezogen werden.

Durch Variationen in der Zuggröße lässt sich eine optimale Anpassung des Angebotes an die Nachfrage erzielen. Voraussetzung hierfür ist eine hohe Zahl an Abstellgleisen an den Linien- anfängen, die für alle Zuglängen ausreichend Platz bietet, unter permanenter Zugriffsmöglich- keit auf jede verfügbare Zuglänge. Die Zahl der verschiedenen Zuggrößen sollte aufgrund dieser Voraussetzung nicht zu hoch bemessen sein. Sinnvoll erscheint die Vorhaltung von 2 oder maximal 3 verschiedenen Zuggrößen, z.B. Vollzüge sowie Züge mit einer Kapazität von 2/3 (Halbzüge) und 1/3 der Plätze (Kurzzüge) des Vollzuges. Solange eine Strecke nicht so stark ausgelastet ist, dass Vollzüge in nahezu minimaler Zugfolgezeit fahren müssen, kann hierdurch ein optimaler Zugeinsatz erreicht werden. Insbesondere in der Neben- und Schwachverkehrszeit lässt sich hierdurch eine verbesserte Auslastung der angebotenen Kapa- zität erreichen. Die Gesamtkapazität der Züge sollte so bemessen sein, dass sie zur Beförde- rung der Fahrgäste in der Spitzenstunde der Hauptverkehrszeit ausreicht.

Der Einsatz der Züge könnte bei zwei Zuggrößen nach folgendem Konzept erfolgen (siehe Bild 5-5).

Nachfrage pro Stunde in % der Tagesnachfrage

8

+ +

4

0 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 1

Uhrzeit Bild 5-5: Einsatz unterschiedlicher Zuggrößen in geplanter Folge in Abhängigkeit der Nach- frage (anhand einer fiktiven Tagesganglinie); eigene Darstellung

In der Hauptverkehrszeit verkehren beide Zuggrößen abwechselnd. Hierbei werden die Ab- fahrtszeiten so an die Kapazität der Züge angepasst, dass die Fahrzeugfolgezeit des Kurzzuges geringer ist, als die des Vollzuges. In der Nebenverkehrszeit können die kürzeren Züge nach- einander aus dem Betrieb genommen werden, bis nur noch Vollzüge verkehren. In der Schwachverkehrszeit können dann ausschließlich die kurzen Züge eingesetzt werden. Damit ist eine gute Anpassung der Kapazität an den Bedarf mit den Nebeneffekten der Energieein-

32 sparung und Verschleißminimierung zu erzielen. Die Steuerung kann von der Leitzentrale aus erfolgen.

Wenn der Einsatz der verschiedenen Zuggrößen in geplanter Folge vorgenommen wird, der nächste eingesetzte Zugtyp also vorab feststeht, so kann die Berechnung auf die Festlegung der Fahrzeugfolgezeiten beschränkt werden. Eine derartige Festlegung ist nur sinnvoll, wenn kein Grundtakt eingehalten werden muss. Wenn ein Grundtakt zur Anschlusssicherung und zur garantierten Bedienung der Strecke auf dem gesamten Linienweg eingerichtet wird, soll- ten die Taktzüge ausreichende Kapazitäten besitzen, also als Vollzug verkehren.

Ein Vorteil der Vorhaltung unterschiedlicher Zuggrößen im Vergleich zum kurzfristigen Koppeln und Entkoppeln von Einheiten besteht darin, dass Kupplungsvorgänge entfallen können und damit kein Personal vor Ort erforderlich ist. Des weiteren können bereits vorhan- dene Züge, wie die nicht entkuppelbaren durchgängigen Sechs-Wagen-Züge der H-Baureihe bei der Berliner U-Bahn, nach entsprechender Nachrüstung der Technik für den automati- schen Betrieb Verwendung finden. Sie sind für den automatischen Verkehr vorgerüstet [Dub 00]. Durch den wechselnden Einsatz dieser Züge mit den kleineren Zugeinheiten kann auch in der Hauptverkehrszeit ein dichterer Takt angeboten und eine Kapazitätserhöhung erzielt wer- den. Die Berliner BVG wird sich bei der nächsten Beschaffung auf die kurzen Einheiten, also Dreiwagen- oder Zweiwagenzüge, einrichten [Dub 00; Bau 00].

Die zusätzliche Vorhaltung von noch kleineren Zügen für den ausschließlichen Einsatz in der Schwachverkehrszeit verursacht erhöhte Kosten für die Beschaffung. Diese Kosten dürften bei einem Einsatz der Züge ausschließlich in der Schwachverkehrszeit nicht ausreichen, um die Einsparungen bei den Energie- und Wartungskosten zu kompensieren. Des weiteren sind mehr Abstellanlagen erforderlich. Der Einsatz der sehr kleinen Züge in der Hauptverkehrszeit kann auf stark frequentierten Bahnhöfen, wie Umsteigepunkten, zu Kapazitätsengpässen füh- ren und ist daher auf stark frequentierten Linien nicht empfehlenswert.

Im Falle sehr gering ausgelasteter Linienenden mit daraus resultierendem geringeren Zugan- gebot können solche kleinen Züge jedoch als Zubringer - Pendelverkehre eingesetzt werden, um auch hier ein ansprechendes Angebot aufrecht zu erhalten.

5.4.2 Einsatz flexibler Zuggrößen nach dem aktuellen Bedarf

Alternativ zur festen Vorgabe der Fahrzeuggröße könnte diese auch in die Berechnung einbe- zogen werden. Hierbei muss in Abhängigkeit der Zugfolgezeiten, Zuggrößen und Auslas- tungsgrade der vorausfahrenden Züge die Fahrzeuggröße kurz vor der Zugbereitstellung fest- gesetzt werden. Dies gibt durch den daraus resultierenden Verzicht auf kürzere Züge in der Hauptverkehrszeit eine größere Sicherheit gegen Überlastung.

Der Einsatz flexibler Zuggrößen nach dem aktuellen Bedarf ist nur bei der verkehrsabhängi- gen Betriebsführung ohne Grundtakt sinnvoll. Eine Bereitstellung von Vollzügen zur Taktzeit kann beim Grundtakt nur sehr schwer gewährleistet werden.

Da der verkehrsabhängige Betrieb mit und ohne Grundtakt die größten Potenziale im Hinblick auf eine Steigerung des Verkehrswirkungsgrades enthält, sollen in dieser Arbeit detaillierte Verfahren zur Berechnung und Umsetzung dieser Betriebsweise entwickelt werden.

33 5.5 Randbedingungen eines automatischen Betriebes

Die Automatisierung von U-Bahn-Systemen lässt sich nach Zastrow [Zas 00] in verschiedene Funktionen gliedern, um ihren entsprechenden Umfang abzugrenzen (Bild 5-6). In der obers- ten Betrachtungsstufe ist dabei eine Einteilung in die Bereiche Fahren (Automatic Train Ope- ration - ATO), Sichern (Automatic Train Protection - ATP) und Leiten (Automatic Train Su- pervision - ATS) sinnvoll, an die sich die weiteren Untergliederungen anfügen. Diese drei Grundfunktionen lassen sich mit dem Begriff Automatic Train Control (ATC) zusammen- fassen. Die Summe der Komponenten, die diese Funktionen ausführen, wird auch als ATC- System bezeichnet [Zas 00].

Im Bereich der Grundfunktion Fahren lassen sich vorgegebene Fahrprofile und verschiedene Fahrtenarten (z.B. Regelzugfahrt, Ein- und Aussetzfahrt) umsetzen.

Beim fahrerlosen Betrieb werden dem Bereich Sichern die Faktoren der Fahrgastsicherheit sowie die Funktionen zum Sichern der Zugfahrten zugeordnet. Zur Fahrgastsicherheit zählen Maßnahmen zur Sicherung der Bahnsteigkante und der Fahrzeugtüren gegen unbeabsichtigtes Öffnen sowie Rettungsstrategien im Brandfall. Zum Bereich der Sicherung der Zugfahrten gehören die Fahrwegsicherung, Abstandshaltung, Zugvollständigkeitskontrolle sowie eine Fahrzeugüberwachung zur Hinderniserkennung und Entgleisungsdetektion.

Dem Bereich Leiten kann die Betriebsplanung, -durchführung, -überwachung und -disposi- tion zugeordnet werden. Ein Beispiel ist die Sprach- und Videokommunikation zwischen Fahrzeug und Leitstelle, die zur Betriebsdurchführung erforderlich ist.

Automatic Train Control (ATC)

Automatic Train Operation Automatic Train Protection Automatic Train Supervision (ATO) (ATP) (ATS)

Bild 5-6: Grundfunktionen der Automatisierung [Zas 00]

Bei der Einführung des fahrerlosen, automatischen Betriebes auf bisher konventionell be- dienten Linien bildet das erforderliche ATC-System zusammen mit den konventionellen stre- cken- und fahrzeugseitigen Komponenten ein Gesamtsystem, das AGT-System (Automated Guided Transit). Die Art der Betriebsabwicklung wandelt sich damit zur Betriebsform MTO (Manless Train Operation) [Gan 00]. Bei diesem personallosen Fahrbetrieb sind im Regelbe- trieb kein Fahrer und kein Begleiter im Zug.

Es bieten sich neben dem MTO-Betrieb zwei weitere prinzipielle Stufen der Automatisierung an. Beim fahrerbedienten Automatikbetrieb - STO (semi automated Train Operation) ver- bleibt der Fahrer im Führerstand und überwacht den Betrieb. Beim Begleiterbetrieb - DTO (Driverless Train Operation) ist jeder Zug durch einen Begleiter besetzt, der u.a. die Abferti- gungsvorgänge überwacht.

34 Diese beiden Automatisierungsstufen bieten im Hinblick auf einen kurzfristig zu planenden und zu variierenden Zugeinsatz gegenüber dem konventionellen Betrieb keine Vorteile, da für jeden einzusetzenden Zug Personal vorgehalten werden muss. Die Betriebsform MTO bietet als einzige Automatisierungsstufe die Möglichkeit einer Zugdisposition, die vom Fahr- und Begleitpersonal unabhängig ist. In dieser Arbeit wird daher der Begriff „automatischer Be- trieb“ im Sinne von Manless Train Operation definiert, d.h. in Regelfahrbetrieb ist kein Fahr- und Begleitpersonal vorzusehen.

5.5.1 Technische und betriebliche Voraussetzungen an Fahrzeugen und Infrastruktur

Bei automatischen fahrerlosen Verkehrssystemen, die verkehrsabhängig betrieben werden sollen, müssen eine Reihe technischer oder betrieblicher Probleme teilweise oder komplett gelöst werden.

Eine wesentliche Anforderung ist die Ausrüstung fahrerloser Systeme mit einem automati- schen Zugsicherungssystem, das dem geforderten Sicherheitsniveau entspricht [Jan 99].

In der Betriebsleitstelle ist ein rechnergestütztes Dispositionssystem erforderlich, welches die Schnittstelle zwischen dem Fahrdienstleiter und den automatischen Fahrzeugen bildet. Es erteilt nach Prüfung von Nachfrage und Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug Fahranstöße an die automatisierten Fahrzeuge und nimmt Status- und Störmeldungen von ihnen entgegen. Hierdurch ist die Fahrzeugüberwachung gewährleistet.

Ein erprobtes Betriebsleitsystem, welches die Steuerung und Organisation des Bahnverkehrs, aber auch Automatisierungsaufgaben wie Zuglaufverfolgung und Zuglenkung übernimmt, ist das ILTIS (Integrales Leit- und Informationssystem), welches in der Schweiz weit verbreitet ist [Hem 99].

Beim Forschungsvorhaben STAR (Systemtechnik für den automatischen Regelbetrieb – Möglichkeiten der Nachrüstung einer konventionellen U-Bahn-Strecke in Berlin für den au- tomatischen Betrieb) mussten zur Durchführung des Probebetriebes durch Siemens Ersatz- maßnahmen auf der Referenzstrecke1 geschaffen werden, die Teile einer streckenseitigen ATC Infrastruktur im Rahmen des Erprobungsumfanges nachbilden sollten. Hierzu wurden in der Erprobungsleitstelle drei Arbeitsplätze eingerichtet:

· der Arbeitsplatz ATO-MMI (Automatic Train Operation – Man Machine Interface) zur Abwicklung des automatischen Betriebes durch Vorgabe von Fahrtinformationen an die automatischen Züge, basierend auf Geräten und Verfahren der Systemfamilie · der Arbeitsplatz „HGÜ“ (Haltestellengefahrraumüberwachung) zur Bearbeitung der HGÜ-Meldungen und Fernbeobachtung des Gefahrbereiches im Gleis bzw. der Bahn- steigkante · der Arbeitsplatz „Telematik“ zur Visualisierung der Diagnosemeldungen und zum Absetzen der Fernsteuerkommandos an die Züge

Die Arbeitsplätze und ihre Steuerrechner sind über ein Ethernet-LAN miteinander verbunden. Alle für den automatischen Betrieb relevanten Daten werden über ein Funk-LAN zu den Zü- gen übertragen. Das integrierte Leit-, Informations- und Sicherungssystem LISI bildet die

1 Auf der Referenzstrecke U5 war noch keine Stellwerksfernsteuerung mit Zuglaufüberwachung und Zuglenkung eingeführt. 35 Voraussetzung für den automatischen Zugbetrieb. Schon heute sendet jeder U-Bahn-Zug seine Standortdaten an die LISI-Zentrale. Von dort können der Zuglauf automatisch über- wacht und in Stoßzeiten zusätzliche Züge auf den Weg geschickt werden. Im Stellwerk Fried- richsfelde werden die aktuell angeforderten Fahrten zusätzlich angezeigt [STAR 00].

5.5.2 Gefahrraumüberwachung und Abfertigung

In der BOStrab [BOStrab 87], §31, Absatz 5 ist die Gefahrraumüberwachung bei automati- schem Zugbetrieb vorgeschrieben: „Bei Fahrbetrieb ohne Fahrzeugführer müssen in Halte- stellen besondere Einrichtungen vorhanden sein, die einer Gefährdung von Personen durch fahrende Züge entgegenwirken.“ In der VDV-Schrift 399 [VDV 399] wird konkretisiert dass die Vorschriften erfüllt sind, „wenn für den vom Bahnsteig aus erreichbaren Gleisbereich selbsttätig wirkende Anlagen vorhanden sind, die Züge bei Personen im Gleis unverzüglich anhalten“. Die BOStrab [BOStrab 87], §54, Absatz 1 sagt aus: „Personenzüge dürfen nur ab- fahren, wenn durch Augenschein oder durch technische Einrichtungen festgestellt ist, dass die Türen für den Fahrgastwechsel geschlossen sind.“ Die Dienstvorschriften U-Bahn [DVU 99] ergänzen hierzu: „Im automatischen Betrieb darf der Zug erst dann anfahren, wenn der vor- ausliegende Fahrweg eingestellt, gesichert und frei ist und alle Türen geschlossen sind.“

Einer Gefährdung der Fahrgäste durch fahrende Züge in Haltestellen kann prinzipiell auf zwei Arten begegnet werden.

· Verhindern des Eindringens in den Gefahrenbereich durch Bahnsteigtüren · Erkennen des unbefugten Eindringens durch Überwachungseinrichtungen und soforti- ges Stillsetzen des Fahrbetriebes im Umfeld der Haltestelle durch übergeordnete Leit- und Sicherungstechnik [Clau 00].

Bahnsteigtüren, die synchron mit den Fahrzeugtüren öffnen und schließen, verhindern den Zutritt von Fahrgästen zum Gleisbereich. Nach Untersuchungen von Kehl [Keh 99] haben größere Betriebsstörungen ihre Ursache hauptsächlich in Vorfällen im Bahnhofsbereich (Selbstmorde oder Unfälle). Für die Pariser Météor Linie wurde errechnet, dass sich automa- tische Bahnsteigtüren durch die Verhinderung von Unfällen und Selbstmorden und die damit verbundene Steigerung der Systemverfügbarkeit innerhalb von 20 Jahren amortisieren werden [Keh 99]. Voraussetzung ist eine hohe Haltepunktgenauigkeit der Züge am Bahnsteig von ± 25 cm. Zusätzlich ist eine Videoüberwachung in Bahnsteigkantennähe gefordert [FoF 97].

Das nachträgliche Einbringen von Bahnsteigtüren in bestehenden Haltestellen ist nur schwer realisierbar und außerordentlich kostenträchtig,

· wenn Züge mit unterschiedlichem Türabstand verkehren · wenn mit hohen Aufwendungen für Wartung und Reparatur, z.B. durch Witterungseinflüsse zu rechnen ist · bei gekrümmten Bahnsteigen.

Daher ist bei älteren U-Bahn-Linien, bei denen das fahrerlose Fahren nicht von Anfang an vorgesehen war, die Einrichtung von Bahnsteigtüren technisch und wirtschaftlich kaum eine geeignete Lösung [Clau 00].

Gefahrraumüberwachungen werden streckenseitig in jeder im Automatisierungsbereich liegenden Station installiert. Hierbei erfolgt eine Überwachung des dem Bahnsteiggleis nahen

36 Raumes mit Lichtgittern, Laser-Scannern, intelligenter Bildverarbeitungstechnik oder mit zwischen den Schienen angeordneten Druckplatten [Nös 99]. Eine Warneinrichtung für zu nah am Gleis wartende Fahrgäste und eine Bremsvorrichtung für die automatischen Züge müssen mit diesen Systemen gekoppelt werden.

Elektronische Überwachungssysteme im Bahnsteigbereich, wie Lichtgitter, Laserscanner, Bildverarbeitungssysteme und Druckplatten erfordern deutlich geringere Investitionen als Bahnsteigtüren. Diese Systeme verhindern nicht den Zugang zu den Gleisen, ermöglichen aber eine Erfassung und Lokalisierung der Gefahrraumverletzung und lösen somit die Unter- brechung des Zugbetriebes und zusätzlich eine Abschaltung der Fahrspannung aus. Auf der Berliner U-Bahn-Linie U5 ist der Einsatz von Kameras für den Bahnsteigbereich und Laser- scannern im Gleisbereich erprobt worden [Kur 99]. Laserscanner erfassen einen größeren Be- reich als Infrarotanlagen, wie sie in Lyon eingebaut wurden. 6 Geräte ermöglichen die Kon- trolle von 100 m Gleis. Die Ausrüstung einer Bahnsteigkante mit einer Länge von 100 m mit Laserscannern kostete 1999 noch 125.000 Euro.

In [Nös 99] werden die Stärken und Schwächen der verschiedenen Systeme wie in der Tabelle 5-2 angegeben bewertet, wobei - unrelevant, 1-sehr gut, 2-gut, 3-befriedigend, 4-kritisch und 5 sehr kritisch bedeuten.

Licht- Laser- Bildver- Bahnsteig- Druck- gitter Scanner arbeitung türen platten Störlicht 2 2 4 1 1 Verschmutzung 3 3 2 1 3 Niederschlag 2 2 4 1 3 Temperaturbeständigkeit 2 2 2 2 3 Reaktionszeit 1 2 3 - 1 Detektionsgenauigkeit 2 2 3 - 2 Objektpositionierung 3 2 3 - 3 Sicherheit 2 2 3 1 2 Fehlalarme 2 2 4 1 2 Montage 2 1 1 5 5 Installationskosten 3 2 3 5 5 Wartungsaufwand 2 2 2 3 1 Reparaturbedingungen 2 2 2 2 3 Manipulationsresistenz 3 2 3 2 3 Tabelle 5-2: Vergleich von Methoden der Haltestellengefahrraumsicherung; eigene Darstel- lung nach [Nös 99]

Der Einsatz von Bahnsteigtüren bietet hiernach bei Gleichbewertung aller Parameter die bes- ten betrieblichen Bedingungen. Deutlich günstigere Installationskosten und in der Summe der Bewertung die zweitbesten Ergebnisse bietet der Einsatz von Laser-Scannern. Bei diesen Systemen ist darauf zu achten, dass einer Missbrauchsgefahr durch die Positionierung der Sensoren vorgebeugt wird.

5.5.3 Zugbildung und Zugtrennung

Um eine optimale Anpassung der Fahrzeuggröße an das Fahrgastaufkommen zu ermögli- chen, ist die Vorhaltung von Fahrzeugen unterschiedlicher Größe an verschiedenen Stellen des Netzes bzw. der Linie erforderlich. Aber auch die Trennung oder Zusammenstellung von 37 Fahrzeugen durch Entkupplung und Kupplung ermöglicht eine Kapazitätsanpassung [Dub 01, S. Q61 f]. Bedingung ist, dass jede entkuppelbare Einheit auch alleine betrieben werden kann.

Das Trennen und Kuppeln von Zügen (Zugtrennung und Zugbildung) wird derzeit unter strengen betrieblichen Regeln vollzogen. Für das Kuppeln mit einer automatischen Kupplung (Scharfenberg-Kupplung) ist festgelegt worden, dass die Kupplungsgeschwindigkeit im Per- sonenverkehr in einem Bereich von mindestens 1 km/h (kupplungstechnisch notwendig) bis 3 km/h liegen soll. Idealerweise liegt sie bei 2 km/h. Das Trennen und Kuppeln erfolgt, indem der Triebfahrzeugführer der bewegten Zugeinheit durch den Befehl „Fahren auf Sicht“ aufge- fordert wird, in das durch eine stehende Zugeinheit besetzte Gleis einzufahren. Etwa ein Me- ter vor der Zugeinheit wird diese zum Halten gebracht und mit der Kupplungsgeschwindigkeit gegen die stehende Einheit gefahren.

In [Küh 97] werden die technischen Voraussetzungen für eine automatisierbare Zugbildung und -zugtrennung und die betrieblichen Vorgänge beschrieben. Um zwei Zugeinheiten au- tomatisch aneinander heran- bzw. voneinander wegführen zu können wird ein Abstands- und Geschwindigkeitsmeßsystem benötigt, welches in die Antriebs- und Bremsregelung der Fahr- zeuge integriert ist.

Kontinuierliche Erfassung der Fahrgastzahlen

Voraussetzung für Durchführung eines verkehrsabhängigen Betriebes, besonders bei Stadt- schnellverkehrssystemen, ist die kontinuierliche zeit- und ortsgenaue Erfassung der Fahrgast- zahlen und die Weiterleitung der Daten an die Betriebsleitstelle. Aufgrund der enormen Be- deutung dieser Zahlen für die Berechnung des Zugbedarfes wird diese Thematik ausführlich in Kapitel 6 behandelt.

5.6 Vorteile der Automatisierung aus Sicht der Kunden und Betreiber

Nach [Keh 99] hat sich gezeigt, dass der fahrerlose automatische Betrieb sich dazu eignet, öffentliche Nahverkehrssysteme flexibler und attraktiver zu gestalten. Der Fahrgast braucht sich keine Fahrpläne mehr zu merken, kann aber selbst in der Schwachlastzeit von einer kurzfristigen Bedienung ausgehen. Vertretbar sind nach [Dub 00] Fahrzeugfolgezeiten von maximal 10 Minuten, nach [Keh 99] maximal ein 6 Minuten Takt oder bei kleineren Syste- men, wie dem People Mover, ein Rufbetrieb in der Schwachlastzeit.

Die BVG betont als Vorteile aus dem Automatik-Betrieb die bessere Ausnutzung der Kapa- zitäten der Strecken und die kundennäheren Einsatzmöglichkeiten des Personals [Neu 99]. Ein Verringerung der Standzeiten und Beschleunigung des Fahrzeugumlaufes ist möglich, da das Umsteigen des Fahrpersonals an Endhaltestellen sowie die Pausenzeiten entfallen. Hier- durch bestehen bei gleichbleibender Beförderungskapazität Einsparungspotentiale bei der erforderlichen Gesamtzahl an Fahrzeugen (Investitionen), bei deren Unterhalt (Reinigung) und Instandhaltung (Betriebskosten).

5.7 Beispiele automatischer Stadtschnellverkehre

Es existieren in Amerika, Asien und Europa bereits eine Reihe von Stadtschnellverkehrssys- temen, welche automatisch verkehren und damit verkehrsabhängig gesteuert werden können.

38 Die wichtigsten automatisch betriebenen Stadtschnellverkehrsstrecken weltweit sind mit ihren Streckenlängen im Anhang zusammengestellt.

Einige ausgewählte Systeme, die in Frankreich und in Deutschland eingesetzt waren oder noch in Betrieb sind, sollen detailliert vorgestellt werden.

Folgende automatische Systeme waren oder sind im Einsatz:

· Hängebahn - Einsatz seit 1984 auf der Referenzstrecke zwischen zwei Universitätszentren in Dortmund · Magnetbahn - testweiser Einsatz durch AEG von 1984 bis 1991 in Berlin · Monorail - Realisierung unterschiedlicher Versionen der AEG innerhalb von Flughä- fen, Ausstellungsgeländen, Industrie- und Einkaufszentren seit 1964 · People Mover - Einsatz der People Mover der Firma AEG Westinghouse seit 1975 in den USA im ÖPNV · VAL – Einsatz des VAL-Systems (Véhicule Automatique Léger) der französischen Firma MATRA (Siemens) u.a. seit 1983 in Lille im ÖPNV [Pin 97].

5.7.1 Frankreich

Eines der ersten vollautomatischen fahrerlosen Nahverkehrssysteme für den praktischen Be- trieb in Europa ist die Linie 1 der weitestgehend 1983 in Betrieb genommenen U-Bahn in Lille, bei der das Kleinprofilsystem VAL 206 (Véhicule Automatique Léger) verwendet wird (Verlängerung um den Westabschnitt 1984; dritter Streckenast 1989). Hierbei handelt es sich um eine gummibereifte, vollautomatische Kleinprofil-U-Bahn, die von einer Betriebszentrale überwacht wird. Eine Zugeinheit besteht aus zwei Wagen. Zugfolgen sind in der Spitze von bis zu 90 Sekunden möglich, sonst verkehren die VAL-Züge im 3- bis 6-Minutenabstand. Es werden durchschnittliche Beförderungsgeschwindigkeiten von 35 km/h realisiert [Fer 82]. 1999 wurde eine zweite Linie eröffnet, so dass nun auf 41 km Streckennetz 57 Stationen be- dient werden. Auf Linie 2 verkehren VAL 208-Züge.

In Toulouse wurde 1993 eine vollautomatische U-Bahn des Typs VAL 206 in Betrieb ge- nommen. Sie bedient eine Strecke von 10 km Länge mit 15 Stationen. Die durchschnittliche Distanz zwischen den Stationen beträgt 700 Meter, die Reisegeschwindigkeit 35 km/h. Die Bedienung der Strecke erfolgt in Intervallen, die zwischen 1 Minute 40 Sekunden (Spitze) über 4 Minuten (Schwachlast) bis 6 Minuten (Nacht) variiert werden. Die VAL U-Bahn-Züge bestehen aus zwei Wagen mit zusammen 154 Plätzen, davon 46 Sitzplätze und 108 Stehplätze (4 Personen/m2). Bereits im ersten Jahr konnte die Metro ein ausgeglichenes Ausgaben- /Einnahmen-Verhältnis realisieren. Zwei weitere Linien befinden sich in Toulouse in Planung [Hug 95].

In Lyon wird die Metro-Linie D durch vollautomatische, gummibereifte Züge vom Typ Mag- galy (Métro à grand gabarit de l´agglomération Lyonnaise) betrieben. Diese Linie wurde am 31.8.92 eröffnet. Die Maggaly in Lyon wird ohne Bahnsteigtüren bedient [Rie 99].

Bei der Pariser Metro Linie 14, der Météor, handelt es sich ebenfalls um eine vollautoma- tisch betriebene Metro-Linie vom Typ Maggaly. Sie ist seit dem 15. 10 1998 in Betrieb. Die Eröffnung von Streckenverlängerungen nach Norden sowie nach Süden um je eine Station ist für 2003 vorgesehen. Weitere Erweiterungen sind zwischen 2005 und 2008 geplant. In der Hauptverkehrszeit kann auf der 7,2 km langen Méteór-Strecke mit sieben Stationen mit Takt-

39 zeiten von 105 Sekunden und 80 km/h Maximalgeschwindigkeit mit den automatischen gummibereiften Sechs-Wagen-Zügen gefahren werden. Diese bieten 722 Fahrgästen Platz. Die durchschnittlichen Geschwindigkeiten liegen bei 40 km/h. Ein gemischter Betrieb mit manuell gesteuerten Zügen ist möglich. Im Endausbau sollen die Zugfolgezeiten auf 85 Se- kunden gekürzt und Acht-Wagen-Züge eingesetzt werden. Die Leistungsfähigkeit lässt sich dadurch von heute 25.000 auf 40.000 Personen je Stunde und Richtung steigern. Die Météor in Paris wird mit Bahnsteigtüren bedient [Rie 99]. Ihre Verfügbarkeit liegt bei 99,4% [VDI 99].

In Rennes wurde am 9.3.2002 eine vollautomatische U-Bahn vom Typ VAL 208 in Betrieb genommen [Hug 97, Hug 00, Hug 02]. Mit durchschnittlichem Haltestellenabstand von 571m und 15 Stationen teils über der Erde, teils in Unterpflaster- oder Tieflage, erreicht diese VAL eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 32 km/h (bei einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h). Vorgesehen sind in der HVZ Frequenzen von 2,5 Minuten, in den SVZ soll mit 5 - 7 Minuten Abständen gefahren werden. Es wird mit 77.000 Fahrgästen täglich gerechnet. Die zweiwagigen VAL 208-Züge bieten mit 50 Sitz- und 108 Stehplätzen Platz für 158 Fahrgäste (4 Pers./m2) [Rie 00, Hug 02].

Bei vollautomatischen Systemen liegen die Stellschrauben zur Regulierung von Verspätungen bei der Verkürzung von Haltezeiten und der Beschleunigung von Abfertigungen, gesteuert durch die Zentrale. Diese hat den Überblick über den gesamten Zugumlauf und die jeweiligen Abstände zwischen den Zügen. Bei der Météor werden diese beiden Methoden angewendet. Darüber hinaus wird ab einer 30-sekündigen Verspätung ein zusätzlicher Zug eingesetzt [Col 01], um Verspätungen wieder auszugleichen.

5.7.2 Deutschland

Die Kabinenbahn (H-Bahn) in Düsseldorf, welche der Anbindung des Flughafens an den neuen IC-Bahnhof dient, wird automatisch und begleiterlos bedient. Es kann im festen Takt (festes Zeitraster zur Realisierung von Umsteigebeziehungen), losem Takt (kurze Zugfolge- zeiten ohne vorgegebene Abfahrtszeiten) und Rufbetrieb (bedarfsorientierte Fahrten in Schwachlastzeiten) gefahren werden. Zur Anpassung des Fahrgeschehens an das aktuelle Fahrgastaufkommen sind dabei jederzeit dispositive Anweisungen des Fahrdienstleiters in der Leitzentrale möglich. Er kann das aktuelle Fahrgeschehen durch Fahrplanänderungen opti- mieren, Fahrzeuge rangieren und Maßnahmen zur Störungsbeseitigung ergreifen. Während des regulären Betriebs ist für die Besetzung des Leitstandes ein Mitarbeiter ausreichend, ein zweiter ist für Stresssituationen oder zur Einweisung neuer Mitarbeiter vorhanden [Pet 01, Pet2 01].

Der Bau der H-Bahn in Dortmund wurde 1984 begonnen, 1993 folgte eine Erweiterung des Streckennetzes. Sie verfügt nun über drei Linien (Bild 5-7): vom Campus Süd zum Campus Nord der Universität; von Eichlinghofen zur S-Bahn-Station Universität und von Eichlingho- fen nach Campus Nord. Insgesamt umfasst das Streckennetz eine Länge von 2,1 Kilometern. Der Bau wurde 1984 begonnen, 1993 erfolgte eine Streckenerweiterung. Zum Einsatz kommt eine H-Bahn-Technik mit einfacher Antriebstechnik, Gleisstrommotoren und gesteuerten Gleichrichtern. An einem überkragenden Tragarm hängt ein Laufbalken. In diesem wird die Kabine befördert. Drei Fahrzeuge sind insgesamt im Einsatz [MülH 00].

40 Campus Nord S-Universität

L2 L1

Campus Süd

L3

Eichlinghofen

Bild 5-7: H-Bahn-Netz Dortmund; eigene Darstellung nach [MülH 00]

Die Flughafenbahn in Frankfurt / Main ist ein nach BOStrab zugelassenes automatisches Verkehrssystem. Sie umfasst eine Strecke von etwa 2 km, die auf einem bis zu 17 m hohen Viadukt geführt wird. Auf ihr verkehren maximal 18 Fahrzeuge, die Spitzengeschwindigkei- ten von etwa 50 km/h erreichen. Die eingesetzte Technik kommt aus Pittsburgh und ist in vielen Flughäfen eingebaut [Mül 00]. Die Gefahrraumsicherung wird über Bahnsteigtüren gewährleistet.

Drei deutsche Städte (Nürnberg, Frankfurt und Berlin) wollen bisher konventionelle U-Bahn- strecken bei laufendem Betrieb nachträglich auf automatisches Fahren umrüsten.

In Nürnberg soll die im Bau befindliche U-Bahn-Linie U3 mit einem Zugsicherungs- und Betriebsleitsystem für fahrerlosen und vollautomatischen U-Bahn-Betrieb ausgestattet wer- den. Darüber hinaus soll eine bereits bestehenden U-Bahn-Linie auf vollautomatischen Be- trieb umgerüstet werden. 30 Doppeltriebwagen für einen fahrerlosen Einsatz werden be- schafft. Diese können in Einfach- oder Doppeltraktion gefahren werden. 2006 soll die neue Linie U3 in Betrieb gehen. Auf einer Teilstrecke, die von den zwei U-Bahnlinien und U3 genutzt wird, wird es dann einen Mischbetrieb aus konventionellen und automatischen Fahr- zeugen geben, der bis zum Abschluss der Automatisierung der U2 bis Ende 2007 andauern wird [Sie 01, Sie 01-2].

In Berlin wurde in dem Forschungsvorhaben „Berliner U-Bahn, Überführung des laufenden in den automatischen Betrieb“ bzw. unter der Kurzbezeichnung „Star“ (Systemtechnik für den automatischen Regelbetrieb) die betriebliche und wirtschaftliche Machbarkeit der Einführung eines automatischen U-Bahn-Betriebes bei vorhandener Infrastruktur und Fahrzeugen unter- sucht. Hierzu wurde als Referenzstrecke ein Abschnitt der Linie U5 ausgewählt, einer seit rund 70 Jahren bestehenden Linie. Das Forschungsvorhaben dauerte von Herbst 1996 bis Ap- ril 2000. In einem Anschlussvorhaben bis Juni 2002 wurden betriebliche Grundlagen für die spätere Betriebsdurchführung erarbeitet.

Ausschlaggebend für dieses Projekt war die im kurzfristigen bzw. vordringlichen Bedarf des Stadtentwicklungsplanes Verkehr für das Jahr 2006 ausgewiesene vorgesehene (inzwischen auf 2011 verschobene und aufgrund zurückgeforderter Bundesmittel fragliche) Verlängerung

41 der U5 vom Alexanderplatz zum Lehrter Bahnhof mit den Bahnhöfen Berliner Rathaus, Spreeinsel, (neuer Umsteigebahnhof zur ), Brandenburger Tor (S-Bahn- hof Unter den Linden), Reichstag und Lehrter Bahnhof [STEP-V; Sensut 02].

Der Probebetrieb auf der U 5 zwischen Friedrichsfelde und Biesdorf-Süd ist abgeschlossen, die Entscheidung, ob die Pilotidee zur Dauereinrichtung und die U5 zur ersten Automatik- strecke wird, steht noch aus. Der auf der U5 eingesetzte H-Zug lässt sich auf Automatikbetrieb umstellen, das neue U-Bahn-Leitsystem bietet ebenso die Voraussetzungen für die Automatisierung. Bereits umgesetzt ist die Übertragung der Standortdaten jedes U- Bahn-Zuges an die Zentrale.

Die Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF) verfolgen mit dem For- schungsvorhaben „Flexibilisierung des Beförderungsangebots bei Stadtbahnen durch fahrerlo- sen Betrieb“ (FBS) das Ziel, nachzuweisen, dass eine nachträgliche Automatisierung einer U- Bahn-Linie eine Flexibilisierung des Beförderungsangebotes für den Fahrgast ermöglicht [Lam 97]. Dieses Projekt bezieht sich auf ein Teilstück der U-Bahn-Linie 4 und auf zwei Fahrzeuge. Eine Flexibilisierung soll sich mit der Ausrüstung der kompletten Linie und durch die Beschaffung von zusätzlichen Fahrzeugen ergeben. Bei diesem Projekt sollen bestehende Anlagen mit minimalem Aufwand nachgerüstet werden. Die vorhandenen Spurplanstellwerke wurden aufgerüstet. Ein Mischverkehr mit konventionellen Fahrzeugen ist möglich. Die Stellwerke wurden um Schnittstellenadapter und Funkmodule erweitert. Bisheriges Fahrper- sonal kann zur Kundenbetreuung eingesetzt werden. Eine Anpassung des Fahrzeugeinsatzes kann kurzfristig an Änderungen der Nachfrage erfolgen. Es wurde ein automatischer Probe- betrieb innerhalb des laufenden Betriebes durchgeführt.

42 6 Automatische Erfassung von Fahrgastzahlen

Eine wesentliche Voraussetzung für den Einsatz der verkehrsabhängigen Betriebsführung unabhängig von ihrer Ausprägungsart ist die zeit- und ortsgenaue automatische Erfassung der Fahrgastzahlen. Sie bildet die Grundlage für die Berechnung des Fahrzeugbedarfes. Grund- sätzlich sind zwei Bereiche für die Fahrgastzählung nutzbar:

· die Zugangs- oder Wartebereiche der Bahnhöfe (haltestellenbezogene Konzepte) · die Einstiegsbereiche (Türen) der Fahrzeuge (fahrzeugbasierte Systeme).

Die Erfassung muss kontinuierlich durch automatische Zählanlagen erfolgen. Der Betreiber benötigt neben der Anzahl der Fahrgäste Daten zu deren geplanter Fahrtrichtung. Der Umfang der Daten hängt in starkem Maße von den eingesetzten Systemen ab. Im Bahnhof lässt sich nur schwer die gewünschte Fahrtrichtung erfassen, im Fahrzeug nicht die Anzahl der auf dem Bahnhof wartenden Fahrgäste.

6.1 Erfassung am Zugangs- und Wartebereich des Bahnhofes

Eine Erfassung von Fahrgastzahlen am Zugang des Bahnhofes setzt die Ausstattung aller Zugänge mit Zugangssperren bzw. Zutritts- und Fahrkartenkontrollsystemen (elektronisches Ticketing, Chipkarte) voraus. Sie gewährleistet eine bahnhofs- und zeitgenaue Erfassung der Fahrgastzahlen. Die Erfassung am Bahnhofszugang oder in der Verteilerebene gewährleistet durch den noch bis zum Bahnsteig zurückzulegenden Weg eine größere Verarbeitungszeit. Die gewünschte Fahrtrichtung kann nur bei Anfangsbahnhöfen oder bei getrennten Bahnstei- gen für beide Richtungen erfasst werden (in Berlin nur selten anzutreffen). Sie könnte u.U. aus langfristig erhobenen Zahlen abgeleitet werden. Kleine Ungenauigkeiten sind hierbei ver- nachlässigbar. Insbesondere bei Veranstaltungsverkehren erscheint die Erfassung am Bahn- hofszugang sinnvoll, da in kurzen Zeitintervallen sehr große Fahrgastströme auftreten. Wer- den diese erst im Fahrzeug erkannt, vergeht bei großen Fahrzeugfolgezeiten sehr viel Zeit bis zu einer Reaktion.

Zugangssperren Eine Möglichkeit zum Erfassen der Fahrgäste im Bahnhof bieten Fahrkarten- und Zutritts- Kontrollsysteme, die im Zugangsbereich der Bahnhöfe eingebaut werden können. Solche computergesteuerten Geräte bietet beispielsweise die Firma Dassault Automatismes et Tele- communication mit der Serie AGX 300 an [Ind 95]. Sie arbeiten eigenständig und werden über ein schnelles lokales Standard-Netzwerk mit einer Zentralanlage in der Station verbun- den. Die Zutritts-Überwachung setzt sich aus einem Fahrkarten-Lesegerät mit zugehörigem Drehkreuz oder Klappflügel zusammen. Auch eine Ausstattung der Passierstelle mit hohen Türen ist möglich, um den Zutritt für Schwarzfahrer zu erschweren. Die Einrichtungen sind mit einer PC-gesteuerten Elektronik versehen. Damit erhalten die den Zugang überwachenden und an das Netz angeschlossenen Einrichtungen Informationen vom Zentralsystem. Statisti- sche Daten können ausgegeben und Alarme ausgelöst werden. Derartige Einrichtungen sind bereits in Betrieb, z.B. bei der Metro von Kairo und Madrid und bei den vom EUROSTAR bedienten Bahnhöfen.

Nachteilig ist die kostenintensive Ausstattung der Bahnhöfe mit der Zutrittsüberwachung. Außerdem ist im Sperrenbereich in der Regel Personal vorhanden, um in Notfällen ein schnel- 43 les Räumen der Bahnsteige zu gewährleisten. Von Vorteil ist die Senkung der Schwarzfahrer- zahlen. In Deutschland werden jedoch alle Formen von Schranken sowie Drehkreuz- Zugangssysteme als nicht durchsetzbar angesehen.

Zutritts- und Fahrkartenkontrollsysteme Bei einer Reihe von Unternehmen befinden sich Chipkarten sowie Geldkarten in der Erpro- bungs- bzw. Anwendungsphase. Einige Beispiele sollen hier näher erläutert werden.

Der Verkehrsverbund Rhein/Ruhr (VRR) plant in den nächsten Jahren die Einführung des elektronischen Fahrgeldmanagementes mit dem Ziel der automatischen Fahrpreisfindung mit- tels Anwesenheitserfassung. Dieses Ziel wird erst in ein paar Jahren erreichbar sein, wenn geeignete Gerätetechnik vorhanden ist [Oer 01]. Die Anwesenheitserfassung könnte dann auch für die verkehrsabhängige Betriebsführung genutzt werden.

In Bremen wird ein Einsatz von Geldkarten mit elektronischer Speicherung der Tickets auf dem Chip seit dem 21. 6. 1999 erprobt [Den 99]. Der Vorteil des Einsatzes der Geldkarte wird mit ihrer starken Verbreitung begründet. So waren 1999 70 Mio. Karten mit Geld-Karte-Chip im Markt, die für das electronic ticketing ohne weitere Vorbereitungen genutzt werden kön- nen. Auf jeder Geldkarte lassen sich bis zu 10 Tickets bundesweit speichern [Den 99-2]. Die Terminals (im Test waren Geräte der Firmen Scheidt & Bachmann, Atron und Höft & Wes- sel) befinden sich beim Probebetrieb in den Fahrzeugen (Bussen und Straßenbahnen) und sind an den IBIS-Datenbus angeschlossen, der eine Verbindung mit einer mobilen Funkstation im Fahrzeug ermöglicht. In den Terminals können Bezahldateien erzeugt und auf eine stationäre Einheit übertragen werden. Die Geldkarte befindet sich jedoch mittlerweile auf dem Rückzug, einige Banken bringen sie nicht mehr automatisch auf die Kundenkarte auf.

In Berlin wurde bei BVG und VBB ab dem 1. 10. 1999 bis zum 30. 4. 2000 in einem sieben Monate dauernden Feldversuch die Verwendung von Chipkarten mit aufgebuchten Wertein- heiten getestet. Beim Ein- und Aussteigen musste der Kunde die Chipkarte an einem Lesege- rät vorbeiführen (CheckIn und CheckOut), wobei in Millisekunden die Fahrtstrecke und – dauer ermittelt und die entsprechenden Daten gespeichert wurden. Entsprechende Geldeinhei- ten wurden abgebucht. Jeden neuen Monat war die Aufbuchung des Chips an entsprechenden Terminals möglich. Der Tarif wurde auf Basis der Parameter Zeit, Entfernung und Nutzungs- häufigkeit simuliert. Beim Check In wurden Ort und Zeit des Fahrtbeginns auf der Karte fest- gehalten, beim Check Out wurden gefahrene Strecke und Zeit berechnet. Die Auswertung des Feldversuches ergab, dass bei den Befragten eine hohe Akzeptanz von 71,4% für ein Elektro- nisches Ticketing-System vorhanden ist. Im Nachgang des Feldversuches bereiten die Ver- kehrsunternehmen aus der Region Berlin/Brandenburg jetzt gemeinsam die Einführung des Elektronischen Ticketings vor. Hierzu ist eine Systemkonzeption mit europaweiter Aus- schreibung erforderlich. Die Realisierung des Gesamtsystems könnte ab dem Jahr 2003 um- gesetzt werden [tick.et 2000]. Bisher wurde die Entscheidung immer wieder vertagt.

Im Ergebnis des Feldversuches äußerten sich mehrere Experten zu den Vorteilen und Mög- lichkeiten der Chipkarte. Als Vorteile der Chipkarte wird die schnelle, präzise und detaillierte Ermittlung der Verkehrsströme und der Auslastung einzelner Strecken angegeben [P3 16.9.99]. Dubenkropp sieht in der Einführung des Ticketing-Systems eine Möglichkeit, die Bedarfsfrage, also die Abhängigkeit von den Fahrgastzahlen, in den Griff zu bekommen. Aus der Anwesenheitsermittlung über Check In und Check Out könnte eine Bedarfsermittlung erfolgen [Dub 00]. Meyer führt hierzu aus [Meyer 00]: „Für die Verkehrsunternehmen erge- ben sich aus dem Einsatz des elektronischen Tickets auf Basis der Multifunktionskarte we-

44 sentliche Vorteile. Dazu zählen die fortlaufende Verfügbarkeit umfassender und aktueller Informationen über das Fahrgastaufkommen und -verhalten (zum Beispiel bezogen auf Stre- cken, Linien, Kurse oder Haltestellen sowie Umsteigebeziehungen). Dies ermöglicht zeitnahe betriebliche Optimierungen.“ Von Nachteil ist, dass die genauen Informationen über das Ziel des Fahrgastes erst dann vorliegen, wenn dieser das System verlässt. Weiterhin steigt der Aufwand für die Fahrgäste, welche eine Zeitkarte benutzen. Viele Verkehrsunternehmen den- ken daher darüber nach, weiterhin elektronische Zeitkarten anzubieten.

Diese Möglichkeit der Erfassung aktueller Fahrgastzahlen, die als Nebeneffekt der Chipkarte anfällt, ließe sich als Eingangsgröße bei der verkehrsabhängigen Betriebsführung verwenden. Bei der U5 wären beim jetzigen Ausbauzustand mit 20 Bahnhöfen und durchschnittlich 2 Zu- gängen pro Bahnhof, die mit je 2 Geräten ausgestattet werden müssten, ca. 80 Geräte zur Re- gistrierung, Bezahlung und gleichzeitigen Fahrgasterfassung erforderlich. Wenn deren Haupt- aufgabe in der Gewährleistung des elektronischen Ticketings besteht, so ist zur Ermöglichung der Abfrage der Fahrgastzahlen nur ein geringfügig höherer Aufwand erforderlich.

Prinzipiell sind Geräte, die eine automatische Fahrpreisfindung ermöglichen, für die Erfas- sung von Fahrgastzahlen geeignet. Diese erfassen bei Eintritt ins Verkehrssystem die Anwe- senheit des Fahrgastes [Ack 01]. Der VDV hat hierzu Systemausprägungen eines elektroni- schen Fahrgeldmanagementsystems definiert, die festlegen, dass ein als Trägermedium für den Fahrausweis dienender Chip zur An- und Abmeldung am oder im Verkehrsmittel genutzt werden soll [Ack 01].

Erfassung im Wartebereich des Bahnhofes Eine weitere Möglichkeit zur Erfassung von Fahrgastzahlen bietet sich im Wartebereich von Bahnhöfen bzw. Haltepunkten an. Hier sind 2 prinzipielle Konzepte denkbar.

Die Videoüberwachungsanlagen, mit denen ein erheblicher Teil von Bahnhöfen ausgestattet ist, würden sich für eine Mitbenutzung zur automatischen Fahrgastzählung anbieten. Untersu- chungen von Kreutzmann [Kreu 96] ergaben jedoch, dass die Auflösung von vorhandenen Videoüberwachungsanlagen zu gering ist. Auch ist nur eine Einstellung der Videokameras nicht ausreichend, um Fahrgäste auf dem gesamten Bahnsteig zu erfassen.

Ein weiteres haltestellenbezogenes Konzept ist das Lichtschnittverfahren. Eine geeignete Lichtquelle, z.B. ein Laser, leuchtet ein Messfeld am Bahnsteig aus. Bewegungen von Perso- nen in das Messfeld hinein oder hinaus werden von einer oder mehreren Videokameras regist- riert und die Signale in Echtzeit verarbeitet. Diese Methode könnte eine Vollerfassung der Fahrgastbewegung und eine automatische Bahnsteigkantensicherung liefern [Kreu 96]. Bei diesem Konzept wäre für jede Fahrzeugtür eine Kamera erforderlich. Erforderliche Soft- und Hardware wäre noch zu entwickeln. Kreutzmann empfiehlt daher in näherer Zukunft eher die fahrzeugbasierten Konzepte.

6.2 Erfassung in den Fahrzeugen

Eine exakte Erfassung der Fahrgastzahlen pro Fahrzeug (richtungs- und fahrzeuggenau) ist nur bei Verwendung von Zählgeräten im Fahrzeug möglich. Diese Systeme werden an den Fahrzeugtüren montiert und erfassen die Ein- und Ausstiegsbewegungen per Infrarot, Ultra- schall oder Laser. Trittmatten kommen bereits seit Jahrzehnten zum Einsatz. Nachteil der fahrzeugseitigen Erfassung sind die u.U. erforderlichen fahrzeugspezifischen Auslegungen [Kreu 96].

45 Es existieren verschiedene Techniken der Fahrgastzählung, die in Tabelle 6-1 im Hinblick auf ihren bisherigen Einsatz, ihre Funktionsweise, die technischen Möglichkeiten und Einschrän- kungen sowie ihre Eignung zur automatischen Fahrgastzählung gegenübergestellt sind.

Lichtschranken - Einsatz seit Jahrzehnten - Ermittlung der Bewegungsrichtung durch Zeitvergleich einer Strahlunterbrechung - Keine Auflösung eng beieinander stehender Objekte - Für automatische Fahrgastzählung nur bei Einzelzugang über Verriegelungsschranken, wie Drehkreuze, tauglich Trittmatten - Einbau in Türbereichen - Bei Belastung ändert sich der elektrische Widerstand der Dehnungsstreifen in den Matten; Registrierung dieser Verän- derung ermöglicht Zählung - Bewegungsrichtung mit zwei nacheinander angeordneten Matten erfassbar - Keine Unterscheidung der Zahl der Personen - Für automatische Fahrgastzählung nur bei Einzelstufen mit Einzelzugang zum Fahrzeug tauglich [nach Kreu 96] Aktive Infrarotsyste- - Einsatz gepulster Infrarotsignale, die Registrierung des Fahr- me gastwechsels über geeignete Sensoren ermöglichen - Ermittlung der Bewegungsrichtung durch Zeitvergleich der registrierten Signale - Derzeit häufigste Technologie zur automatischen Fahrgast- zählung - Pro Eingang ein bis vier Sensorenpaare je nach Hersteller und Breite der Tür Passive Infrarotsyste- - Registrieren Wärmestrahlung der Passagiere me - Ein bis zwei Sensoren pro Tür - Ermittlung der Bewegungsrichtung durch Analyse der regist- rierten Signale - Einfacher, billiger, weniger Bauteile als aktive Infrarotsyste- me Videobasierte Verfah- - Einsatz in Produktionsbetrieben zur Qualitätssicherung ren - Noch kein leistungsfähiger Algorithmus zur Personenerken- nung im Online-Betrieb - Für automatische Fahrgastzählung vorerst nicht einsetzbar Ultraschall- - Einsatz von Ultraschallwellen, die Registrierung des Fahr- messungen gastwechsels über geeignete Sensoren ermöglichen - Derzeit nicht marktreif Laserverfahren - Permanente Durchmusterung des Durchgangsquerschnittes der Wagentür mit schwachem Laserstrahl - Sehr feine Auflösung - Nicht am Markt verfügbar, voraussichtlich einfacher als vi- deobasierte Verfahren Gewichtsbestimmende - Nach [VDV 10/92 - 415] ist die Genauigkeit weniger durch Messeinrichtungen die Messtechnik begrenzt - Bei mittleren und hohen Besetzungen zuverlässige Werte - Errechnung der Fahrzeugbesetzung aus der Division durch ein mittleres Fahrgastgewicht Tabelle 6-1: Techniken zur Fahrgastzählung; eigene Darstellung nach [Kreu 96]

46 Für den Einsatz zur Fahrgasterfassung in automatischen Stadtschnellbahnfahrzeugen eignen sich derzeit nur Geräte mit Infrarotverfahren (aktiv und passiv) (Bild 6-1). Trittmatten werden in neueren Quellen als nicht geeignet beschrieben. Alle anderen Geräte sind nur beschränkt verwendbar. Aufgrund des bei U-Bahnen vorliegenden großen Quotienten zwischen belade- nen und leeren Fahrzeugen von 1,5 bis 2,0 [Dub 01, S. Q63] ist über die Luftfederung eben- falls eine Bestimmung des Besetzungsgrades möglich. Dieses Verfahren ist kostengünstig.

Bordrechner

Türeinheiten Zentraleinheit

z.B. Fahrplan- daten, Zähldaten

Sensoreinheiten Datenspeicher

Bild 6-1: Schema eines wagenbezogenen automatischen Fahrgastzählgerätes nach [Kreu 96]

Datenverarbeitung Die von den Fahrzeugen erfassten Fahrgastdaten müssen den einzelnen Haltepunkten zuge- ordnet werden können. Hierzu müssen die angefahrenen Haltepunkte vom System identifi- ziert werden. Fünf prinzipielle Verfahren kommen in Frage [Kreu 96]: die Wegstreckenmes- sung mit Hilfe des Tachosignals oder mit Hilfe von Sensoren, Bakensysteme, das Global Po- sitioning System (GPS) und Weiterschaltung durch den Fahrer. Aufgrund des erforderlichen Datenaustausches zwischen Wagen und Antriebseinheit, der Wirtschaftlichkeit und der Funk- abschirmung in Tunneln eignen sich für die verkehrsabhängige Betriebsführung von Stadt- schnellbahnsystemen nur Bakensysteme oder Zugsicherungssysteme.

Hierbei wird an jeder Haltestelle eine Sendebake und in jeden Messwagen ein entsprechender Empfänger installiert. Die Sendebake meldet die Kennung der jeweiligen Haltestelle an den haltenden Wagen. Trägermedium sind Funk- oder Infrarotwellen.

Die bei einer automatischen Fahrgastzählung anfallenden Daten müssen während der Fahrt einer zentralen Auswertestation zugeführt werden. Von den am Markt vorhandenen Systemen kommt derzeit nur der Datenfunk in Frage. Hierbei wird jeder Wagen mit einem Sender aus- gestattet. Es müssen Entsorgungsstationen eingerichtet werden, z.B. in ausgewählten Bahnhö- fen, vorzugsweise Knotenbahnhöfen oder in den Depots, in deren Nähe die Daten übermittelt werden. Diese Entsorgungsstationen sind mittels Modem oder ISDN mit einer Basisstation verbunden. In den Bahnhöfen muss berücksichtigt werden, dass für die Datenübertragung nur eine durch den Haltevorgang des Zuges begrenzte Zeit zur Verfügung steht [Kreu 96]. Falls die Fahrzeuge mit RBL-Technik (Rechnergestützte Betriebsleittechnik) ausgestattet sind, be- sitzen sie bereits eine Datenfunk-Ausstattung und können direkt zur Zentrale funken.

Anwendungsbeispiele Ein Beispiel für ein aktives Infrarotsystem ist das vollautomatische Zählsystem Dilax. Es be- steht aus Türeinheiten und einem Zählsystem. Kleine Computer in den Türeinheiten werten

47 Daten zu Ein- und Aussteigern, die von Sensoren aufgenommen werden, in Echtzeit aus. Das Zentralgerät ruft während der Fahrt die in den Computern der Türeinheiten zwischengespei- cherten Daten ab. Dieses Zentralgerät kann per Funk die Daten dann an Fixstationen weiter- geben, von denen diese per Telefonmodem vollautomatisch an die Zentrale übermittelt, dort aufbereitet und ausgewertet werden. Die Funktionsfähigkeit wurde bei Türbreiten bis 1,90 m nachgewiesen. Die erzielbare Datenverfügbarkeit liegt bei durchschnittlichen 80 % [Oet 97].

Das DILAX - Personenzählsystem PZS2-97 besteht aus einem Black-Box-Master (BBM) als zentralem Steuergerät, sowie den in die Türbereiche integrierten Sensoren (Türslaves) für die Datenerfassung. Der Datenaustausch zwischen Fahrzeugsystem und der Auswertestelle er- folgt entweder über Funk (automatisch) oder über Data-Cards (manuell). Das Datenmanage- ment selbst erfolgt mit einer PC-Software von DILAX. In Berlin sind bisher 28 U-Bahnen und 44 Straßenbahnen mit diesem System ausgestattet [Hin 00].

Weiterhin ist das System IRMA (Infrared Motion Analyzer) mit einem Aktiv-Passiv- Sensorsystem zur automatischen Fahrgastzählung auf dem Markt. Dieses System besteht aus den zwei wesentlichen Komponenten Sensor und Analysator. Der Sensor enthält als Passiv- komponente einen pyroelektrischen Detektor und als Aktivkomponente einen Lichttaster. Hiermit sind die Registrierung der Wärmestrahlung der Fahrgäste und die Reflexion ausge- sandter Infrarotstrahlung an Personen möglich. Der Erfassungsbereich besteht aus jeweils zwei parallelen Vorhängen, die auf die Gehrichtung der Fahrgäste bezogen hintereinander angeordnet sind. Durch die Kombination und Auswertung verschiedener Sensorprinzipien können die Nachteile jedes einzelnen Sensorprinzips ausgeglichen werden. Der Sensor regist- riert die Signale der Personenbewegung und leitet diese dem Analysator zu. Dieser berechnet aus den Signalen die Zahl der Ein- und Aussteiger pro Tür und pro Haltestelle. Die Daten aus dem Analysator werden von übergeordneten Systemen, z.B. einem Bordrechner oder einem Ticketsystem, abgefragt [Irma 01]. Nach dem Übersenden der Daten wird der Analysator auf Null zurückgesetzt und beginnt mit der Zählung an der nächsten Haltestelle von neuem.

Das System IRMA kann mit weiteren Komponenten zu einer Systemlösung erweitert werden, die dann die folgenden Aspekte ermöglicht:

· Speicherung der Zähldaten je Haltestelle · Sichere Ortung der Haltestelle · Sichere Übertragung der Zähldaten an die Zentrale · Besetztgraderfassung in der Zentrale · Darstellung und Verarbeitung der Zähldaten zu aussagekräftigen Statistiken.

Die Zahl der benötigten Sensoren hängt von der Türbreite ab. Sie beträgt je Tür

· an schmalen Türen Türbreite < 1 m ein Sensor · an breiten Türen 1 m £ Türbreite < 1,5 m zwei Sensoren · an sehr breiten Türen 1,5 m £ Türbreite < 2,0 m drei Sensoren.

Die Sensoren werden an Trams und Zügen mittels steckbarer Kabel installiert. Bei der Pro- duktion der Züge können die Kabel gleich hinter der Verkleidung verlegt werden, die Installa- tion der Sensoren ist später ohne großen zeitlichen Aufwand möglich.

Das System Irma ist bereits bei 354 Fahrzeugen der Berliner BVG sowie bei insgesamt 1129 Fahrzeugen in Deutschland und weiteren über 1000 Fahrzeugen weltweit im Einsatz (Stand 23.10. 2001 [Irma 01]). Die Kosten für 1 Sensor mit Konnektor liegen bei 725,00 € (Stand

48 24.6.02). Für die Ausrüstung eines Doppeltriebwagens (DTW) der Berliner U-Bahn (H- Baureihe) mit 6 Türen je Seite (= 12 Türen insgesamt) und einer Türbreite von 1,30 m [Lip 96] wären 24 Sensoren (2 je Tür) erforderlich. Zur Datenabfrage sind weiterhin 6 Analysato- ren für je 2 breite Türen erforderlich. Es fallen die folgenden Kosten an:

24 Sensoren á 725 € = 17.400 € 6 Analysatoren á 863 € = 5.178 € 24 Sensorkopfhalterungen á 200 € = 4.800 € 6 Analysatorhalterungen á 40 € = 240 € 6 Analysator Bordrechner á 50 € = 300 € 12 Analysator Türkontakte á 50 € = 600 € 6 Analysator Spannungsversorgungen á 50 € = 300 € Summe für 1 DTW 28.818 €

In der Summe ergeben sich ohne Einbau, Kabel und Wartung für die Ausrüstung eines DTW Kosten in Höhe von 28.818 € [Stand 24.6.2002; Irma 02]. Die Höhe der Kosten steht in direk- tem Zusammenhang mit der Zahl der Sensoren. Hier lassen sich Einsparungen erzielen, in dem z.B. jeweils nur die ersten 3 Türen an beiden Zugenden oder nur der DTW an dem stär- ker frequentierten Zugende ausgestattet werden.

Die Genauigkeit der Daten der Fahrgastzählung wird für die Rohdaten (vor einer möglichen statistischen Nachbearbeitung) mit 95 % angegeben. Der saldierte Einsteigerfehler liegt eben- so wie der saldierte Aussteigerfehler bei £ 10 % [Irma 01]. Das bedeutet, dass ein Fahrzeug, welches am Tag 1000 Fahrgäste befördert, zwischen 950 und 1050 Fahrgäste zählt, die Ein- bzw. Aussteigerwerte liegen zwischen 900 und 1100 Personen.

Ein Labortest von 1994 lieferte Genauigkeiten für die verschiedenen Hersteller im Bereich zwischen ca. 75 und 85 %. Die Genauigkeit im Schwachlastbereich lag jeweils höher als die im Hochlastbereich. Der beste Hersteller konnte im Schwachlastbereich eine 91 %ige Genau- igkeit nachweisen, im Hochlastbereich eine 82 %ige Genauigkeit. Hinweise auf die Identität der Hersteller wurden nicht gegeben [Kreu 96].

Nach Kreutzmann sind alle Wagen mit einem separaten System zu versorgen. Für die ver- kehrsabhängige Betriebsführung sind jedoch nicht die Fahrgastzahlen aller Wagen von Be- deutung, sondern die der am stärksten frequentierten Wagen. Nach Zschweigert [Zsch 82] richten sich durchschnittlich 63% der Fahrgäste beim Zusteigen nach der Lage des Ausgangs an der Zielhaltestelle. Dies kann bei der Entscheidung berücksichtigt werden, welche Wagen mit Erfassungssystemen ausgestattet werden müssen. Insbesondere sind die Wagen von Inte- resse, die an den Anfangshaltestellen einer Linie am stärksten belastet sind.

Weitere Hersteller aktiver Infrarotsysteme sind ETROMETA (geplant in Gorredijyk, Nieder- lande) und UVT (Mainz); ein passives Infrarotsystem wird von INIT/IRIS (Karlsruhe/Berlin) angeboten [Kreu 96]. Alle Systeme sind hierarchisch aufgebaut. Die Signale der Türsensoren werden über ein bis zwei Zwischenstufen gebündelt und verdichtet.

Bisher wurden die in den „Zählzügen“ erfassten Fahrgastzahlen nicht kontinuierlich ausge- wertet. In Berlin wurden und werden die wenigen Zählzüge reihum auf allen Linien einge- setzt. Die erfassten Daten dienen der nachträglichen Überprüfung der vorgesehenen Auslas- tungsgrade. Sie ersetzen damit manuelle Zählungen.

49 6.3 Gegenüberstellung der Möglichkeiten der Fahrgasterfassung

Die möglichen Erfassungspunkte für Fahrgastzahlen sowie deren Vor- und Nachteile sind in der Tabelle 6-2 einander gegenübergestellt.

Fahrgasterfassung am Bahn- Fahrgasterfassung im Fahr- hofszugang zeugeinstiegsbereich Richtungsgenauigkeit Nicht gegeben, außer an den gegeben Linienenden Erfassung der Anzahl auf Erfassung bereits beim Zugang Zwischenbahnhöfe: keine Er- dem Bahnsteig wartender zum Bahnsteig; Zahlen für fassung möglich; Endbahnhö- Fahrgäste Disposition der Züge nutzbar fe: bei rechtzeitiger Zugbereit- (bei Zwischenbahnhöfen Prob- stellung sind Zahlen der be- lem der Richtungszuordnung) reits eingestiegenen Fahrgäste verfügbar Verfügbarkeit genauer Nicht gegeben; Gegeben für jedes Fahrzeug, Fahrgastzahlen in den Überschlägige Berechnungen sofern vollständige Ausstat- Fahrzeugen über Zugangszahlen und lang- tung mit Fahrgasterfassungs- fristige prozentuale Aufteilung systemen gewährleistet ist auf die Richtungen in Abhän- gigkeit der Tageszeit möglich; Abweichungen, da nicht be- kannt ist, wie viele der zuströ- menden Fahrgäste in welche Richtung möchten und den Folgezug erreicht haben Ausstattungselemente An jedem Zugang der Bahn- In jedem Fahrzeug sind Senso- (Anzahl) steige sind Geräte zur Erfas- ren erforderlich; Bsp. Berlin: sung der Fahrgastzahlen erfor- Bei maximal 27Fahrzeugen derlich. Optimal ist deren In- der Baureihe H im Umlauf (6 tegration in Fahrkarten- Wagen á 6 Türen) sind 36 * 27 kontrollsysteme. Bsp. Berlin: = 972 Geräte erforderlich. Bei 20 Bahnhöfen mit je 2 Zu- Wird jeweils nur der erste und gängen und jeweils ca. 2 Gerä- letzte Wagen ausgestattet, sind ten pro Zugang (Leistungsfä- 324 Geräte notwendig. higkeit) sind ca. 80 Geräte er- Neben der Installation sind nur forderlich. geringe Zusatzaufwendungen Kosten: keine zusätzlichen, (Wartung) erforderlich. wenn e-ticketing vorgesehen Kosten: ist; 28.818 € * 324 = 9.337.032 € für kompletten Einbau k.A. Einsatz bei Veran- Sehr günstig, da Fahrgast- Kleine zeitliche Einbußen, staltungsverkehren zustrom frühzeitig erkannt max. in Höhe der aktuellen wird und damit eine schnelle Fahrzeugfolgezeit, da erst aus Reaktion erfolgen kann. hohem Fahrzeugbesetzungs- grad auf Veranstaltung ge- schlossen werden kann. Tabelle 6-2: Vergleich verschiedener Möglichkeiten der Fahrgastzahlerfassung; eigene Dar- stellung

50 Der Gerätebedarf zur Ausstattung der Fahrzeuge mit Fahrgastzahlerfassungsgeräten liegt mit 324 Geräten (bei beidseitiger Ausstattung des ersten und letzten Wagens) deutlich höher, als bei der Ausstattung der Zugänge (ca. 80 Geräte). Die Kosten für die Zutrittskontrollen lassen sich mangels Literaturquellen nicht beziffern. Die Einrichtungen am Zugang sind als vanda- lismusgefährdeter einzustufen, wenn nicht zusätzlich eine Videoüberwachung (wie im Fahr- zeug) installiert wird.

Die Entscheidung für ein System der Fahrgasterfassung muss aufgrund der erheblichen Kos- ten in Abhängigkeit von der Grundstrategie des Verkehrsunternehmens bezüglich des Ticke- tings und der Zugangsregelung erfolgen. In Berlin zeichnet sich die Einführung des elektroni- schen Ticketings, jedoch ohne Zutritts-Sperren, ab. Dr. Dubenkropp (Vorstandsmitglied der BVG) sagte hierzu: „Durch die Einführung eines Ticketing-Systems...[sind wir] auf dem bes- ten Wege..., zu erfassen, wann Fahrgäste einen Bahnhof betreten und wann sie ihn wieder verlassen, und damit also eine Anwesenheits- bzw. eine Bedarfsermittlung möglich ist“ [Dub 00].

Prinzipiell erscheint eine fahrzeugbasierte Fahrgastzahlerfassung im Hinblick auf die Rich- tungs- und Fahrzeuggenauigkeit der Daten und die ebenfalls gewährleistete Erfassung der Aussteigerzahlen für die verkehrsabhängige Betriebsführung geeigneter.

Die Fahrgastzahlerfassung am Zugang hat den Vorteil, dass schneller ein Vollaufen des Bahnsteiges erkannt wird. Dies ist vor allem bei Veranstaltungsverkehren von Bedeutung. Da jedoch die Fahrgastzahlerfassung vor allem an den Anfangsbahnhöfen sowie an nur wenigen weiteren ausgewählten Bahnhöfen einer Linie vorgenommen werden soll, können ohnehin nicht alle Haltepunkte permanent auf ihre Auslastung hin überprüft werden. Die Nachteile dieser Methode, die nicht gegebene Richtungsgenauigkeit an Zwischenbahnhöfen und die verspätete Erfassung der Aussteigerzahlen, erschweren den Einsatz bei der verkehrsabhängi- gen Betriebsführung.

Um die materiellen und damit finanziellen Aufwendungen für die verkehrsabhängige Be- triebsführung so gering wie möglich zu halten sollte dennoch, wenn eine Ausstattung der Zu- gänge mit einem elektronischen Ticketing geplant ist, diese Technik auch zur Fahrgasterfas- sung eingesetzt werden. Die Abstriche bezüglich der Datengenauigkeit aus einer Erfassung am Zugang können durch umfangreiche Fahrgastzahlerhebungen (Aufteilung der Fahrgast- ströme auf die Fahrtrichtungen) gering gehalten werden.

Bei den weiteren Ausführungen wird aufgrund der höheren Genauigkeit der Daten eine Erfas- sung der Fahrgastzahlen in den Fahrzeugen zugrunde gelegt.

51 7. Verfahren zur Ermittlung der Zugfolgezeiten und Zuggrößen für stark frequentierte Anfangsbahnhöfe

7.1 Randbedingungen

Für die verkehrsabhängige Betriebsführung, die auf Linien mit stark frequentierten Anfangs- bahnhöfen zum Einsatz kommen soll, werden in diesem Kapitel die theoretischen Grundlagen für die Berechnung von Zugfolgezeit und Zuggröße hergeleitet. Die zu berechnende Zugfol- gezeit soll hierbei zwischen einer minimalen Zugfolgezeit von 90 Sekunden (Annahme) und einer maximalen Zugfolgezeit von 6:40 Minuten (Festlegung) liegen. Die maximale Zugfol- gezeit ergibt sich aus einer gleichmäßigen Unterteilung eines 20-Minuten Taktes. Es werden bis zu drei verschiedene Zuggrößen zugelassen, die im folgenden als Vollzug, Halb- und Kurzzug bezeichnet werden. Da bei vielen Bauarten von Stadtschnellbahnen Doppeltriebwa- gen (DTW) zum Einsatz kommen, wird auch die Zahl der gekoppelten DTW (3, 2 oder 1) zur Längenbezeichnung angewendet.

Weist eine Linie, die flexibel bedient werden soll, einen oder mehrere wichtige Verknüp- fungspunkte zu weiteren Schnellbahnlinien auf, so kann die Forderung nach der Gewährleis- tung von Anschlüssen erhoben werden. Dies kann durch die Bereitstellung eines taktgebun- denen Grundangebotes ermöglicht werden, welches durch flexible Verstärkerzüge überlagert wird. Das Grundangebot kann durch Aushänge bekannt gegeben werden, um so umsteigewil- ligen Fahrgästen die Verknüpfungsmöglichkeiten auch zu offerieren. Im Rahmen dieser Ar- beit wird ein taktgebundenes Grundangebot von 20 Minuten der mathematischen Beschrei- bung zugrunde gelegt. Die mathematische Darstellung der verkehrsabhängigen Betriebsfüh- rung ohne Grundangebot stellt eine Vereinfachung der aufgestellten Formeln dar und wird daher nicht separat betrachtet.

Bei der Herleitung der Berechnungsformeln für die verkehrsabhängige Betriebsführung auf dem gesamten Linienweg sollen zwei unterschiedliche Nachfragetypen genauer betrachtet werden. Diese treten einzeln oder in Kombination (Richtung und Gegenrichtung) auf den meisten realen Linien auf.

• Zum einen wird eine Linie mit einer durchschnittlich sehr hohen Auslastung der Züge am Anfangsbahnhof untersucht. • Anschließend wird eine Linie mit einer durchschnittlich geringen Auslastung der Züge am Anfangsbahnhof betrachtet, auf welcher erst im weiteren Streckenverlauf höhere Auslastungen zu erwarten sind (siehe Kapitel 8).

Durch anschließende Berücksichtigung der aus der Gegenrichtung eintreffenden Fahrzeuge und der in den Depots vorhandenen Fahrzeuge (Depotverfügbarkeit) werden die bis dahin isolierten Richtungen zu einem realistischen System zusammengeführt.

Als wesentliche Eingangsgröße für beide Typen wird die Zahl der Fahrgäste am Anfangs- bahnhof der Linie permanent automatisch erfasst (siehe Kapitel 6) und in das Dispositionssys- tem eingespeist. Hierzu müssen die Zugänge oder die Züge mit Geräten zur Erfassung der Fahrgastzahlen ausgestattet sein. Die Daten müssen bereits im Bahnhofsbereich abgerufen und bearbeitet werden können. Für die weitere Beschreibung wird von einer Erfassung der Fahrgastzahlen im Fahrzeug ausgegangen.

Die Auslastung eines Zuges variiert entlang der Strecke, wobei die höchste Auslastung am maßgeblichen Querschnitt erzielt wird. Nach dieser Auslastung erfolgt die Bemessung von 52 Fahrzeuggröße und Fahrzeugfolgezeit. Die anzustrebende Auslastung des Zuges am maßgeb- lichen Querschnitt hängt von der Tageszeit und den damit zusammenhängenden Vorgaben der Verkehrsunternehmen ab. Für den Fall, dass der maßgebliche Querschnitt nicht identisch mit dem Anfangsbahnhof einer Linie ist, muss an diesem ausreichend Kapazität freigehalten wer- den, um Überlastungen am maßgeblichen Querschnitt zu vermeiden. Ein Wechsel des maß- geblichen Querschnittes im Tagesverlauf muss Berücksichtigung finden, sofern eine erhebli- che Verlagerung innerhalb der Streckenbelastung vorliegt.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die verkehrliche Bedeutung der einzelnen Halte- punkte entlang der Strecke während der Verkehrszeiten auf etwa gleichem Niveau bleibt. Da- her kann eine durchschnittliche Belastung der Haltepunkte in Personen pro Tag angegeben werden [siehe BVG 00]. Daraus folgt, dass auch die durchschnittlichen Besetzungsgrade ent- lang einer Strecke Regelmäßigkeiten unterliegen. Diese können zur Berechnung der durch- schnittlichen Auslastung des Zuges am Anfangsbahnhof im Verhältnis zum maßgeblichen Querschnitt herangezogen werden.

Die prozentuale Anzahl der Aussteiger einzelner Stationen bleibt im Verhältnis zur Gesamt- zahl der im Zug befindlichen Fahrgäste entlang einer Linie über längere Tagesabschnitte weitgehend konstant. Eine Wandlung des Parameters im Tagesverlauf, insbesondere bei ei- nem Wechsel der Hauptlastrichtung, kann berücksichtigt werden (Bild 7-1).

10 35 15 40

% % % %

Station A Station B Station C Station D

Bild 7-1: Prozentuale Anzahl der Aussteiger entlang eines Streckenabschnittes im Verhältnis zur Gesamtzahl der im Zug befindlichen Fahrgäste – Beispiel; eigene Darstellung

Die prozentuale Aufteilung der Einsteiger auf die einzelnen Haltepunkte einer Linie bleibt im Verhältnis zur Gesamtzahl der Fahrgäste über längere Tagesabschnitte ebenfalls weitgehend konstant.

Die Voraussetzung für die Durchführung der verkehrsabhängigen Betriebsführung auf einer Stadtschnellbahn-Linie, wie sie im folgenden dargestellt wird, ist das Vorhandensein von Ab- stellanlagen in unmittelbarer Nähe der Anfangsbahnhöfe. Diese bieten die Möglichkeit, an- kommende Fahrzeuge aufzunehmen und in Abhängigkeit des aktuellen Fahrgastaufkommens für die Umläufe mit minimaler Bereitstellungszeit zur Verfügung zu stellen. Sie wirken damit als Puffer, was für Modifikationen in den Fahrzeugfolgezeiten von besonderer Bedeutung ist. Die Bereitstellung der Züge am Bahnsteig kann aus diesen Depots für die wartenden Fahrgäs- te ohne vorherige Festlegung des genauen Abfahrtzeitpunktes erfolgen. Der Betriebsablauf erfolgt nach der im Folgenden beschriebenen Prozedur.

7.2 Herleitung der Berechnungsformeln für Linien mit hoher Auslastung der Züge am Anfangsbahnhof

Sobald ein Zug vom Anfangsbahnhof einer Linie abgefahren ist, werden von diesem Zug die Fahrzeuggröße (Voll-, Halb- oder Kurzzug bzw. Kapazität in Steh- und Sitzplätzen) sowie die Zahl der Fahrgäste an die Leitzentrale weitergemeldet. Die Fahrzeugfolgezeit zum vorausfah- renden Zug kann dort über das rechnergestützte Betriebsleitsystem abgefragt werden. In der

53 Leitzentrale erfolgt eine Berechnung, die über die Größe des bereitzustellenden Folgefahrzeu- ges entscheidet. Das Folgefahrzeug wird schnellstmöglich am Anfangsbahnhof der Linie be- reitgestellt, um einen Zustieg der wartenden Fahrgäste zu ermöglichen. Es sollte die berechne- te Größe aufweisen, sofern diese im Depot verfügbar ist. Das Folgefahrzeug erfasst kontinu- ierlich die Zahl der zusteigenden Fahrgäste. Diese Einsteigerzahlen werden jede halbe Minute durch ein im Bahnhof platziertes Streckengerät oder das Fahrzeuggerät abgefragt und der Be- rechnung zugeleitet. Ist der gewünschte Besetzungsgrad erreicht oder die maximal zulässige Zugfolgezeit abgelaufen, kann der Zug abgefertigt werden und ausfahren.

Für die Berechnung der Zugfolgezeiten und -längen sind folgende Daten erforderlich bzw. müssen festgelegt werden:

• Lage des maßgeblichen Querschnittes einer Linie (ggf. in Abhängigkeit der Tageszeit) • Durchschnittliche prozentuale Auslastung von Zügen am Anfangsbahnhof im Ver- gleich zur Belastung am maßgeblichen Querschnitt - Ausgabe als Dezimalwert, z.B. 0,8 • maximale Zugfolgezeit (Festlegung) • minimale Zugfolgezeit • Fahrzeugkapazitäten für alle relevanten Zuggrößen (Sitz- und Stehplätze) • Gewünschte Komfortbesetzungsgrade der Züge am maßgeblichen Querschnitt in Ab- hängigkeit der Verkehrszeit (HVZ, NVZ, SVZ) • Erfassung der aktuellen Auslastung der eingesetzten Fahrzeuge am Anfangsbahnhof.

Als Berechnungsbasis für die verkehrsabhängige Betriebsführung muss zuerst aus langfristi- gen Tagesganglinien der langfristige prozentuale Besetzungsgrad am Anfangsbahnhof im Vergleich zum Besetzungsgrad am maßgeblichen Querschnitt bestimmt werden (7-1). Hat ein Fahrzeug am Anfangsbahnhof den berechneten Anfangsbesetzungsgrad erreicht, muss es aus- fahren. Es hat dann bis zum maßgeblichen Querschnitt ausreichend freie Kapazitäten, um weitere Fahrgäste aufzunehmen (Bild 7-2).

Berechnungsbasis aus langfristigen Tagesganglinien:

(7-1) y = Ma / Mm Ma = die auf dem Streckenabschnitt a zwischen den Stationen A (be- trachteter Anfangsbahnhof) und B (folgender Haltepunkt) in einer Stunde pro Richtung zu befördernde Passagierzahl (langfristig) Mm = die auf dem maßgeblichen Streckenabschnitt m zwischen den Stationen M und N in einer Stunde pro Richtung zu befördernde Passa- gierzahl (langfristig) y = langfristiger Besetzungsgrad von Ma im Verhältnis zu Mm

Fahrzeugbesetzung Fahrzeugbesetzung Anfangsbahnhof maßgeblicher Querschnitt

< 100 % 100%

Bild 7-2: Gegenüberstellung der durchschnittlichen Fahrzeugbesetzung am Anfangsbahnhof und am maßgeblichen Querschnitt; eigene Darstellung

Es ist davon auszugehen, dass in jedem Fall gilt y ≤ 1, also die Belastung auf dem Strecken- abschnitt A Æ B geringer oder gleich der Belastung am maßgeblichen Querschnitt ist. Der

54 Fall y > 1 würde bedeuten, dass die Belastung am Anfangsbahnhof größer als am maßgebli- chen Querschnitt ist (Widerspruch zur Definition). Zu unterschiedlichen Verkehrszeiten streben Verkehrsunternehmen aus wirtschaftlichen, be- trieblichen und verkehrlichen Überlegungen verschiedene Auslastungsgrade an (siehe auch Kapitel 9) [BVG 1999]. Anhand der aktuellen Fahrzeuggröße (Zahl der Fahrzeugeinheiten, Wagen oder Doppeltriebwagen), der Verkehrszeit (HVZ, NVZ, SVZ) und der zugehörigen Soll-Besetzungsgrade am maßgeblichen Querschnitt kann die aktuelle Zugkapazität Zn am Anfangsbahnhof errechnet werden (7-2).

(7-2) Zn = QVZ · nFZE QVZ = Kapazität eines DTW nach Verkehrszeit (Sitz- und Stehplätze) nFZE = Anzahl der Fahrzeugeinheiten (FZE) bzw. Wagen im bereitge- stellten Zug Zn = Zugkapazität des n-ten Zuges am Anfangsbahnhof in Abhängigkeit der Zuglänge (Anzahl FZE) und Verkehrszeit

Erreichen oder übersteigen die aktuellen Fahrgastzahlen am Anfangsbahnhof die berechnete Zugkapazität Zn, wird der Fahrtauftrag an den Zug erteilt (7-3). Hierzu erfolgt alle 30 Sekun- den ein Vergleich der aktuellen Fahrgastzahlen mit der berechneten Zugkapazität. Ist die Un- gleichung (7-3) erfüllt, wird der Fahrtauftrag erteilt. Dieser soll ebenfalls erteilt werden, wenn die maximale Zugfolgezeit abgelaufen ist (7-4).

(7-3) Zn ≤ ma / y y = langfristiger Besetzungsgrad von Ma im Verhältnis zu Mm ma = aktuell erfasste Zahl der Fahrgäste im Fahrzeug (7-4) takt ≥ tmax takt = aktuelle Folgezeit zum Vorzug tmax = maximale Zugfolgezeit (hier 6:40 Minuten)

Sind entweder die Ungleichung (7-3) oder/und die Ungleichung (7-4) erfüllt, so soll der Ab- fahrtsauftrag an den Zug erteilt werden.

(7-5) Zn ≤ ma / y oder takt ≥ tmax => Abfahrt

Weiterleitung von Daten des Fahrzeuges an das zentrale Steuerungsgerät:

Die Fahrzeugfolgezeit (takt), die Zuggröße (nFZE), die Zugkapazität (Zn) und die Zahl der Fahrgäste (ma) werden bei Abfahrt des Zuges vom Fahrzeug an die Zentrale weitergeleitet. Hieraus muss berechnet werden, ob eine Veränderung der bereitgestellten Fahrzeuggröße an- gebracht ist.

Einsatz mehrerer Zuggrößen

Das Angebot kann besser an die Nachfrage angepasst werden, wenn unterschiedliche Zuggrö- ßen zum Einsatz kommen können. Die Wahl der Zuggröße richtet sich nach der Auslastung des Vorzuges sowie nach dessen Zugfolgezeit. Geringe Folgezeiten weisen auf eine hohe Nachfrage hin und führen daher zum Einsatz der Vollzüge.

Die Darstellung der folgenden Überprüfungen (a) bis (d) basiert hierbei auf dem möglichen Einsatz von 2 unterschiedlichen Fahrzeuggrößen, hier bezeichnet als Züge mit 2/3 Zuglänge (2/3-Zug) bzw. voller Zuglänge (3/3-Zug). Analog hätten die Überprüfungen für alle weiteren infrage kommenden Zuglängen zu erfolgen.

55 Berechnungen der erforderlichen Zuggröße:

(a) Handelt es sich beim ausfahrenden Zug um einen Vollzug und war bei einer Zeit klei- ner/gleich der maximalen Zugfolgezeit der gewünschte Besetzungsgrad erreicht, ist wieder ein Vollzug bereitzustellen. (7-6) Wenn nalt = 3/3 und takt ≤ tmax und ma / y ≥ Zn alt => nneu = 3/3

(b) Handelt es sich beim ausfahrenden Zug um einen Vollzug und war bei der maximalen Zugfolgezeit der gewünschte Besetzungsgrad nicht erreicht, so sind weitere Überprü- fungen unter Beachtung der Eingriffsschwellen vorzunehmen. Insbesondere muss die Kapazität des 2/3-Zuges bei Mindestzugfolgezeit inklusive Reserven ausreichend sein. Da die Kapazitäten von im 6-Minutenabstand verkehrenden Vollzügen der von im 4- Minutenabstand verkehrenden 2/3-Zügen entsprechen und dieser Wert deutlich über der Mindestzugfolgezeit liegt, ist die Bereitstellung eines 2/3-Zuges sinnvoll. Bei kurzfristigen Fahrgastanstiegen ist die Ausfahrt nach der Mindestzugfolgezeit und damit eine schnelle Kapazitätserhöhung möglich. (7-7) Wenn nalt = 3/3 und takt = tmax und ma / y < Zn alt => nneu = 2/3

Bedingung ist das Vorhandensein eines 2/3-Zuges.

Ein Oszillieren des Systems ist für den Fall zu vermeiden, dass die Auslastung sich genau auf der Grenze zwischen dem Bedarf eines 2/3 und 3/3-Zuges bewegt. Da dies die Fahrzeugbereitstellung komplizieren würde, sollte eine „Trägheit“ in das System eingebaut werden. Dies kann durch zweimaliges Erfüllen des o.a. Kriteriums oder durch einen Zuschlag (negativer Wert) zum Wert ma geschehen.

(c) Handelt es sich beim ausfahrenden Zug um einen 2/3-Zug, so muss die aktuelle Fahr- zeugfolgezeit geprüft werden, um über die Kapazität des Folgezuges zu entscheiden. Liegt die Fahrzeugfolgezeit nahe der Mindestzugfolgezeit, besteht die Gefahr, dass bei Bereitstellung eines 2/3-Züges weitere Fahrgastanstiege zur Überlastung führen. Da- her muss ein Zeit-Schwellenwert tSchwelle mit tmin < tSchwelle < tmax eingeführt werden, bei dessen Unterschreitung die Bereitstellung eines größeren Zuges gefordert wird. Exakte Festlegungen zum Schwellenwert sind nur nach einer Analyse der Ganglinien möglich.

Handelt es sich beim ausfahrenden Zug um einen 2/3-Zug und bleibt die Folgezeit o- berhalb des Schwellenwertes tSchwelle, so kann wieder ein 2/3-Zug bereitgestellt wer- den.

(7-8) Wenn nalt = 2/3 und ma / y ≥ Zn alt und tSchwelle ≤ takt ≤ tmax => nneu = 2/3

(d) Handelt es sich beim ausfahrenden Zug um einen 2/3-Zug und geht die Folgezeit unter den Schwellenwert tSchwelle, so liegt offensichtlich ein Anstieg bei den Fahrgastzahlen vor. Das Angebot muss rechtzeitig verstärkt werden, damit es nicht zu Engpässen ent- lang der Strecke kommt.

(7-9) Wenn nalt = 2/3 und ma / y ≥ Zn alt und takt ≤ tSchwelle => nneu = 3/3

Auch hier ist zur Vermeidung des ungewünschten oszillierenden Verhaltens für den Fall, das sich die Fahrgastzahlen in einem Bereich um den Kapazitätswechsel bewegen, eine „Träg- heit“ einzubauen.

56

Geprüft werden muss anschließend an jede Zugabfahrt die Anzahl und Größe der im Depot des Endbahnhofes verfügbaren Züge.

Verhinderung des Oszillierens bei Einsatz mehrerer Zuggrößen

Schwankungen in den Fahrgastzahlen in der Nähe der Schwellenwerte können zu permanen- ten Änderungen der bereitzustellenden Zuglängen führen, sofern keine zusätzlichen Schwel- lenwerte zur Verhinderung des Oszillierens in das System eingebaut werden.

Zur Vermeidung des Oszillierens muss grundsätzlich eine Glättung über mehrere Zugfahrten stattfinden. Hierzu bestehen folgende Möglichkeiten:

• Festlegung einer Zugfolgezeit tSchwelle. Bei deren Unterschreitung sollte ein größerer Zug eingesetzt werden. • Festlegung einer Zuganzahl. Unterschreiten mehrere Züge bei der maximalen Zugfol- gezeit die gewünschte Sollbesetzung, kann ein kleinerer Zug bereitgestellt werden.

Die Zugfolgezeit, ab deren Unterschreitung ausschließlich größere Züge zum Einsatz kom- men, richtet sich nach der maximalen und der minimalen Zugfolgezeit sowie dem Verhältnis der Kapazitäten der großen und kleineren Züge. Bei dem Einsatz kleiner Züge auf dem gesamten Linienweg sollte möglichst eine freie Trasse zum Einschub von Verstärkerzügen verbleiben. Gleichzeitig sollte gewährleistet sein, dass bei Umstellung von kleinen auf große Züge keine zu großen Kapazitäten bereitgestellt werden.

Bei Festlegung einer Zugzahl, die den angestrebten Besetzungsgrad bei der maximalen Zug- folgezeit unterschreitet, empfiehlt es sich, 2 Züge zu wählen. Somit ist sichergestellt, dass nicht nur eine einmalige Unterlastung vorlag. Eine höhere Zahl erscheint ungeeignet, da bei 3 Zügen und 6,66 Minuten Zugfolgezeit bereits 13,3 Minuten vergehen, ohne dass die Möglich- keit einer Reaktion besteht.

7.3 Berücksichtigung sehr starker Fahrgastzahlanstiege in der morgendlichen HVZ

Sehr schnelle Fahrgastanstiege führen bei Anwendung der bisher vorgestellten Berechnungs- methode und nur mittelgroßen Depots für die Zugbereitstellung am Linienanfang sehr schnell zum Leerlaufen der Depots und damit zum Zusammenbruch des Systems. Daher sind derarti- ge Besonderheiten der Stadtschnellbahnlinien bereits bei der Planung der verkehrsanhängigen Betriebsführung zu berücksichtigen.

Bei sehr schnellen Anstiegen der Fahrgastzahlen, wie im Beispiel der Linie 1 der VAL in Lil- le, bei der in 30 min ein Anstieg von 2000 auf 8000 Personen pro Stunde und Richtung erfolgt [Schw 00], ist Vorplanung erforderlich. Entscheidende Parameter sind die Reisezeit tR (ohne Wendezeit tW) für das Befahren der Linie im Fahrgastbetrieb und der Zeitbedarf bis zum Er- reichen des maßgeblichen Querschnittes.

57 12000 Kapazität der VAL

10000 Kapazität einer konventionellen U-Bahn n

8000

erforderliche Kapazität

6000

4000 Kapazität (Pers. pro h und Richtu

2000

0

5 2 5 0 5 5 0 0 5 .30 .1 .45 .15 .4 1 .00 45 .00 4 .3 .00 .45 .45 30 5.45 6 7 7 8.30 9 0 3 3. 4.30 6 6. 7 9 9 0.3 1.1 2.00 2 3. 0.15 10.00 1 11.3 12. 1 1 1 15.15 1 1 1 18.15 1 1 2 2 2 2 2

Bild 7-3: Tagesganglinie der Linie 1 des VAL-Systems in Lille [Schw 00]

In diesem im Bild dargestellten Beispiel beträgt der über den Differenzialquotient a darstell- bare Anstieg der Funktion, der nach der Formel a = dy/dx bestimmt werden kann, 200 Perso- nen / Minute (6000 Personen/30 Minuten) im Zeitraum von 7:00 bis 7:30 Uhr. Damit ist in einer Zeitspanne von nur 10 Minuten ein Anstieg um 2000 Personen zu erwarten. Diese Zahl bezieht sich auf die Gesamtzahl der Fahrgäste entlang der Strecke.

Während bei einem Fahrgastaufkommen von 2000 Personen pro Stunde 9 kurze Züge (2 DTW) á 260 Plätze im Abstand von 6,66 Minuten ausreichen, wären für 4000 Personen pro Stunde schon 11 Vollzüge (3 DTW) á 390 Plätze im Abstand von 5,5 Minuten erforderlich. Dieser starke Mehrbedarf tritt in diesem Beispiel aber bereits nach 10 Minuten ein (Zahlen am Beispiel der Berliner Großprofil – U-Bahn Kapazität). Die anfangs angebotene Kapazität würde entlang der Strecke schnell völlig überlastet sein.

Sind bei der betrachteten Linie derart starke Anstiege der Fahrgastzahlen innerhalb kurzer Zeiträume zu beobachten, so kann mit der Erfassung der Fahrgastzahlen am Anfangsbahnhof kein optimales Angebot an Fahrzeugkapazität zur Verfügung gestellt werden. Regelmäßige Überlastungen zum Beginn der HVZ wären die Folge. Vor allem, wenn der Fahrgastanstieg regelmäßig am maßgeblichen Querschnitt früher bzw. gleichzeitig wie am Anfangsbahnhof einsetzt, ist dies bei den Berechnungen in Form einer Vorplanung zu berücksichtigen. Rele- vant für die Festlegung der bereitzustellenden Fahrzeugkapazität ist die Fahrzeit des Zuges von der Anfangshaltestelle bis zum maßgeblichen Querschnitt. Eine evtl. weitere Sicherheits- reserve, z.B. in Größenordnung von 5 - 10 Minuten, sichert gegen Schwankungen des Fahr- gastanstiegs. Des weiteren müssen Überprüfungen der Fahrzeugauslastungen von Zügen er- folgen, die den maßgeblichen Querschnitt passiert haben. Diese geben Aufschluss über später einsetzende Fahrgastanstiege.

Eingangsdaten zur Festlegung der Vorplanungserfordernis:

• Steigungen der langfristigen Tagesganglinie (Differenzialquotient ∆Kapazität/∆t) am Anfangsbahnhof und am maßgeblichen Querschnitt aAnf und amQ,

58 • Zeitlicher Versatz des Beginns der Steigungen am Anfangsbahnhof und am maßgebli- chen Querschnitt, • Fahrzeit zwischen Anfangshaltestelle und maßgeblichem Querschnitt ∆tAnf-mQ.

Aus den langfristigen Tagesganglinien, die i.d.R. in Zeitintervallen ∆t erhoben werden, lässt sich die Steigung der Tagesganglinie am maßgeblichen Querschnitt amQ zu einer vorgegebe- nen Zeit (takt + ∆tAnf-mQ) ablesen (7-10). Mögliche Schwankungen zum Beginn der morgendli- chen HVZ lassen sich durch Einbeziehung der Maximalwerte in den Intervallen links und rechts vom Zielintervall (takt + ∆tAnf-mQ ± ∆t) berücksichtigen. Der aktuell gemessene Anstieg der Tagesganglinie am Anfangsbahnhof aAnfang zu takt kann diesem abgelesenen Anstieg gegenüber gestellt werden (7-11). Liegt zwischen aktuellem An- stieg der Fahrgastzahlen und dem am maßgeblichen Querschnitt nach der Fahrzeit ∆tAnf-mQ (innerhalb der Nachbarintervalle ± ∆t) voraussichtlich zu erwartendem Anstieg eine deutliche Steigerung vor, ist mit einer Zunahme an Fahrgästen zu rechnen.

Folgende Parameter gehen in die Rechnung ein:

∆tAnf-mQ Fahrzeit zwischen Anfangsbahnhof und maßgeblichem Querschnitt amQ (t) Steigung der Tagesganglinie am maßgeblichen Querschnitt aus langfristigen Tagesganglinien AAnf (t) Steigung der Tagesganglinie am Anfangsbahnhof aus langfristigen Tagesgang- linien takt aktuelle Zeit aAnfang (t) aktuell gemessener Anstieg der Tagesganglinie (Fahrgastzahlen) am Anfangs- bahnhof ∆t Sicherheitsreserve; entspricht den Zeitintervallen, in denen die Tagesganglinien erhoben werden Quot (t) Quotient aus aktuellem Anstieg der Tagesganglinie (Fahrgastzahlen) und lang- fristigem Anstieg der Tagesganglinie in einem Zeitintervall t mit t є [ takt + ∆t Anf-mQ + ∆t, takt + ∆t Anf-mQ - ∆t]

Abzulesen: (7-10) max amQ (t) mit t є [ takt + ∆t Anf-mQ + ∆t, takt + ∆t Anf-mQ - ∆t]

Berechnung des Quotienten (Quot) vom aktuellen Anstieg der Fahrgastzahlen zum langfristi- gen Anstieg der Tagesganglinie (aus 7-10):

(7-11) Quot (t) = max amQ (t) / aAnfang (t) ≥ 1

Quot (t) < 1 bedeutet, dass bereits am Anfangsbahnhof ein sehr starker Anstieg der Tages- ganglinie (Fahrgastzahlen) vorliegt, so dass die Fahrzeugbereitstellung wie berechnet erfolgen kann.

Quot (t) = 1 bedeutet, dass der am maßgeblichen Querschnitt (innerhalb der betrachteten In- tervalle vor und hinter dem Zielintervall) erwartete Fahrgastanstieg identisch ist mit dem am Anfangsbahnhof gemessenen Anstieg. Daraus folgt, dass kein starker Fahrgastanstieg zu er- warten ist. Die Bereitstellung der Züge kann wie berechnet erfolgen.

Quot (t) > 1 bedeutet, dass mit einer Erhöhung der je Zeiteinheit zuströmenden Fahrgastmen- ge zu rechen ist, bis der Zug den maßgeblichen Querschnitt erreicht. Quot (t) = 2 bedeutet, dass mit einer Verdopplung der je Zeiteinheit zuströmenden Fahrgastmenge bis zum Errei-

59 chen des maßgeblichen Querschnittes zu rechen ist. Hierauf müsste mit einer Halbierung der Fahrzeugfolgezeit reagiert werden. Das Ausfahren von Zügen, die nur zur Hälfte gegenüber dem geplanten Zielwert besetzt sind, liefert das gleiche Resultat. Der reziproke Wert von Quot (t) (hier 1/Quot (t) = 1/2) kann als Multiplikator in Gleichung (7-3) einfließen und geht damit in alle folgenden Berechnungen mit ein (7-12). Die Ungleichung (7-3) wird damit zu:

(7-12) Zn ≤ ma / (y ⋅Quot()t )

Mit dem Produkt y ⋅Quot()t wird hierbei gleichzeitig berücksichtigt, dass der langfristige Be- setzungsgrad y im Tagesverlauf Schwankungen unterliegen kann. Es stellt somit die Zeitab- hängigkeit von y dar. Das zeitabhängige y´(t) ist demzufolge definiert als:

(7-13) y´(t) = y ⋅Quot(t)

Die Berücksichtigung der Ungleichung (7-12) kann die Gefahr der Überlastung der Fahrzeuge infolge eines starken Fahrgastanstieges deutlich verringern. Sie berücksichtigt sowohl die absoluten Fahrgastzahlen als auch die am maßgeblichen Querschnitt zu erwartenden Anstiege der Fahrgastzahlen.

Die Gleichung (7-12) kann bei allen Berechnungen zum Ersatz der Gleichung (7-3) herange- zogen werden, um eine permanente Überlagerung der aktuellen Fahrgastzahlen mit den lang- fristigen Zahlen zu erzielen.

7.4 Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Fahrzeugen durch Einbeziehung der eintreffenden Fahrzeuge aus der Gegenrichtung - Depotverfügungszeit

Die bisherigen Berechnungen erfolgten unter den Randbedingungen unbeschränkter Verfüg- barkeit von Fahrzeugen und ohne Beachtung der aus der Gegenrichtung eintreffenden Fahr- zeuge.

Für die Funktionsfähigkeit der verkehrsabhängigen Betriebsführung ist es erforderlich, dass zu jedem Zeitpunkt ausreichend Züge im Fahrzeugdepot am maßgebenden Linienanfang ver- fügbar sind. Diese Forderung muss auch bei geringer Anzahl von Abstellgleisen im Depot erfüllt werden. Die zeitliche Länge der Verfügbarkeit eines Depots ist abhängig von der An- zahl der im Depot vorhandenen Züge n, der Zugfolgezeit der im Depot von der Strecke ein- treffenden (ankommenden) Züge ∆tan und der Zugfolgezeit der aus dem Depot ausfahrenden Züge ∆tab. Die beiden letzten Zeiten werden jeweils als Quasi-konstant angenommen, um die Berechnung zu vereinfachen. Da diese Rechnung letztlich als Hilfsgröße zur Bestimmung des Zeitpunktes dient, zu dem Ersatzzüge aus einem entfernteren Depot abgeschickt werden müs- sen und hierzu die ungünstigsten Bedingungen (maximale Zugfolgezeit bei den eintreffenden Zügen, minimale Zugfolgezeit bei den ausfahrenden Zügen) angesetzt werden, beeinflusst diese Vereinfachung das Ergebnis kaum. Die Zeit tDepot , bis zu der das Depot geleert ist, kann wie folgt mittels einer geometrischen Reihe berechnet werden:

Hierbei sind:

∆tan Fahrzeugfolgezeit der ankommenden Züge ∆tab Fahrzeugfolgezeit der ausfahrenden Züge

60 n Anzahl der Reservezüge auf den Abstellgleisen des Anfangsbahnhofes t Depot maximale Depotverfügungszeit (von vollständiger Belegung aller Gleise mit Zügen bis vollständiger Entleerung)

Zeit zur Depotleerung

Zeitraum I: Zeitraum II: Aus- Zeitraum III: Aus- Ausfahren fahren der im Zeit- fahren der im Zeit- der ursprüng- raum I eingetroffe- raum II eingetroffe- lich im Depot nen Züge nen Züge vorhandenen Züge

(7-14) n ⋅ ∆tab ⋅ ∆tab ∞ i ∆tab ∆ tan  ∆tab  tDepot = n ⋅∆tab + n⋅ ⋅∆tab + ⋅ ∆tab + ... = n ⋅∆tab ⋅ ∑  ∆ tan ∆ tan i=0  ∆ tan 

Falls ∆tab ≥ ∆tan , konvergiert die geometrische Reihe nicht, es ist tDepot = ∞ .

Falls ∆tab > ∆tan läuft das Depot voll.

1 Falls ∆tab < ∆tan, konvergiert die geometrische Reihe mit dem Grenzwert . ∆tab 1− ∆ tan In diesem Fall ergibt sich:

n⋅∆tab ∆tab ⋅∆ tan (7-15) tDepot = = n . ∆ tan− ∆tab ∆ tan− ∆tab ∆ tan

Alle weiteren Überlegungen beziehen sich auf den Fall ∆tab < ∆tan . Für ∆tan = ∆tab besteht kein Dispositionsbedarf, da das Depot nicht leerläuft. Die Depotverfügungszeit tDepot kann zur Berechnung der Zeit tEinsatz herangezogen werden, nach der ein Ersatzzug von einem größeren, aber weiter entfernt liegenden Depot abfahren muss, um rechtzeitig vor einer Engpasssituati- on bei den ausfahrenden Zügen im Anfangsdepot bereitzustehen. Dazu muss der Füllungsgrad des Anfangsdepots berechnet werden, bei dem eine Aufstockung der Zahl der Züge zur Ver- meidung von Engpässen erforderlich ist. Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass die Zahl der eintreffenden Züge kurzfristig nicht ansteigt und bei der Zahl der ausfahrenden Züge keine Takterhöhung zu erwarten ist, die Dispositionsparameter also über einen gewissen Zeitraum als konstant angesehen werden können.

(7-16) tEinsatz = tDepot − ∆tZuführ mit: ∆tZuführ Zuführungs- und Wendezeit aus größerem Depot tEinsatz Zeit, nach der ein Einsatzzug von größerem De- pot abfahren muss, um Fahrzeugengpässe am Endbahnhof zu vermeiden

61 In der Einsatzzeit werden aus dem Anfangsdepot weiterhin Züge ausfahren. Die Zahl x dieser Züge errechnet sich folgendermaßen: tEinsatz (7-17) x = ∆tab ⋅∆ tan

∆ tan− ∆tab

Gleichung (7-17) liefert die Anzahl der Züge im Depot, bei deren Erreichen der Einsatz von Ersatzzügen aus dem nächstliegenden Depot erforderlich ist, um Engpässe in der Bereitstel- lung von Fahrzeugen zu vermeiden. Die Berechnung geht von einer über eine gewisse Zeit konstanten Anzahl ein- und ausfahrender Züge am Anfangsbahnhof aus sowie davon, dass zwischen den Zugfolgezeiten der ein- und ausfahrenden Züge im Anfangsdepot die maximal mögliche Differenz auftritt.

Erweist sich ein Depot als zu klein, um eine betrieblich ausreichende Verfügbarkeit zu ge- währleisten, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation zur Verfü- gung. Bauliche Veränderungen lösen das Engpassproblem grundlegend, sind jedoch sehr aufwendig und teuer. Betrieblich bietet sich die Möglichkeit, die Differenz zwischen den Zug- folgezeiten für beide Richtungen einer Strecke zu reduzieren. Bei sehr engen Zugfolgezeiten in eine Richtung aufgrund starker Nachfrage sollten in die Gegenrichtung die Folgezeiten ebenfalls reduziert werden, auch wenn die Nachfrage nicht entsprechend stark ist.

7.5 Abstellen von Zügen

Sinkt der Bedarf an Zügen und sind am betroffenen Endbahnhof nicht ausreichend Stellplätze vorhanden, so sind die ankommenden Züge zu wenden und bis zu einem größeren Depot zu überführen. Die Überführungsfahrt kann mit Fahrgästen vorgenommen werden, sofern Bahn- höfe mit hohem Aussteigerpotenzial auf dem Weg zum Depot passiert werden. Der Folgezug sollte zum letzten durchgehenden Zug die maximale Fahrzeugfolgezeit einhalten.

7.6 Maßnahmen zur Optimierung des Verkehrswirkungsgrades

Begrenzung der zulässigen Zeiten für die Zugausfahrt durch einen Schwellenwert bei Anwendung eines Grundtaktes

Bei der verkehrsabhängigen Betriebsführung mit Grundtakt werden die nach festen Taktzeiten verkehrenden Züge durch weitere bedarfsabhängig verkehrende Verstärkerzüge überlagert. Hierbei werden den Fahrgästen der Grundtakt sowie die maximal betrieblich realisierten Zug- folgezeiten, die deutlich geringer als der Grundtakt sein sollten, bekannt gegeben. Für das Maximum der Zugfolgezeiten sind Teiler des Grundtaktes erforderlich, um im Fall geringer Nachfrage einen gleichmäßigen aber geringen Zugeinsatz zu gewährleisten. Im Falle des 20 Minuten-Taktes kämen demzufolge 3,33; 4; 5; 6,67 oder 10 Minuten für die maximale Zug- folge der Verstärkerzüge in Frage (20/2 = 10; 20/3 = 6,67; 20/4 = 5; 20/5 = 4; 20/6 = 3,33).

Der Einsatz der Züge erfolgt zu den Taktzeiten unabhängig von ihrem aktuellen Auslastungs- grad. Das bedeutet, dass je nach Dichte des Grundtaktes von einer verkehrsabhängigen Be- dienung der Linie wiederholt abgewichen wird. Statt des Besetzungsgrades bzw. der maximal zulässigen Zugfolgezeit entscheidet der überlagerte Grundtakt über die Ausfahrt des Zuges.

62 Bei einem engen vorgegebenen Grundtakt von 20 Minuten und einer maximalen Zugfolgezeit der Verstärkerzüge von 6:40 Minuten fahren im Falle geringer Nachfrage in jedem Grundtakt nur 3 Züge ab (inklusive Taktzug). Mittlere Nachfragemengen, die nur unwesentlich oberhalb der Wunschbesetzung dieser 3 Züge liegen, würden leicht verringerte Zugfolgezeiten, z.B. von 6 Minuten, verursachen. Hierdurch steigt aber der Fahrzeugbedarf pro Stunde um 3 Fahr- zeuge (ein Fahrzeug pro Takt). Der realisierte Besetzungsgrad sinkt dann aber deutlich unter den angestrebten Wert. Um dies zu verhindern, sollte in diesen Fällen ein zeitlicher Schwel- lenwert zur Anwendung kommen, der das Ausfahren der Züge in Fahrzeugfolgezeiten knapp unterhalb der Maximalfolgezeit verhindert. Er wird hier auf 6 Minuten festgesetzt.

Ist die Wunschbesetzung eines Zuges vor Erreichen des Schwellenwertes erreicht, fährt der Zug aus. Wird der Wunschbesetzungsgrad erst nach Erreichen des Schwellenwertes erreicht, liegt der Zeitpunkt der letzten Zugausfahrt also mindestens 6 Minuten zurück, wird die Zug- ausfahrt verzögert, bis die Maximalzugfolgezeit (hier 6:40 Minuten) erreicht ist. Das bedeutet, dass die erlaubten Zeiten für die Zugausfahrt auf das Intervall zwischen dem Ablauf der Min- destzugfolgezeit (ca. 90 Sekunden) und dem Erreichen des zeitlichen Schwellenwertes (6 Mi- nuten) festgesetzt wird. Hieraus resultieren leicht erhöhte Besetzungsgrade. Durch die Ein- schränkung, dass das Verfahren nur dann zur Anwendung kommen soll, wenn seit der letzten Zugausfahrt mindestens 6 Minuten vergangen sind, beschränkt sich der Anwendungsfall auf die Zeiten geringerer Nachfrage, wie die NVZ oder SVZ.

Die Gleichung (7-5) muss daher bei Einführung einer Begrenzung der zulässigen Zeiten für die Zugausfahrt ersetzt werden durch (7-19) und (7-20).

(7-19) tmax > takt ≥ tSchwelle => keine Zugausfahrt mit tSchwelle festgesetzte Schwellenzeit, ab der bis zur maximalen Zugfolgezeit keine Zugausfahrt stattfinden soll, hier 6:00 Minuten takt aktuelle Folgezeit zum Vorzug tmax maximale Zugfolgezeit (hier 6:40 Minuten)

(7-20) wenn Zn ≤ ma / y erfüllt und tmax > takt ≥ tSchwelle nicht erfüllt => Zugausfahrt oder wenn takt ≥ tmax => Zugausfahrt

In der Mindestzugfolgezeit vor dem Taktzug muss ebenfalls die Zugausfahrt eingeschränkt werden. Dies ist möglich durch Modifikation der Schwellenzeit auf

(7-21) tSchwelle = Grundtakt - tmin

Begrenzung der zulässigen Zeiten für die Zugausfahrt durch Einführung eines Multipli- kators für die Fahrgastzahlen

Eine andere Methode zur Optimierung der Abfahrtszeiten besteht in der Gewichtung der Fahrgastzahlen durch einen Multiplikator. Hierbei können auch sehr starke und plötzliche Fahrgastanstiege erfasst und darauf reagiert werden.

Durch den Multiplikator sollen die Zugausfahrtzeiten dahingehend optimiert werden, dass bei leicht gegenüber der Sollauslastung erhöhten Fahrgastzahlen die Zugzahl nicht angehoben

63 werden braucht (Bild 7-4). Durch Beschränkung auf die Zugausfahrten zu den maximal zuläs- sigen Zugfolgezeiten kann das Fahrzeugangebot optimiert werden.

Multiplikator für die Fahrgastzahlen

1,1

1

0,9

0 400 800 1200 Zeit in Sekunden 0 Bild 7-4: Multiplikatoren für Fahrgastzahlen innerhalb eines Grundtaktes von 20 Minuten (=1200 Sekunden); eigene Darstellung

Der Multiplikator für die Fahrgastzahlen ist von der im jeweiligen Grundtakt von 20 Minuten vergangenen Zeit abhängig. Genau zu den Zeiten der maximalen Zugfolgezeit (hier 6,66 Mi- nuten bzw. 400 Sekunden) erreicht er seinen Maximalwert. Dieser sollte größer als eins sein. Er wurde im Beispiel auf 1,1 festgesetzt. Er behält diesen Wert für eine Zeitdauer, welche kürzer als die Mindestzugfolgezeit ist, bei, z.B. 30 Sekunden. Dieser Multiplikator führt dazu, dass Züge ausfahren, auch wenn die aktuelle Besetzung erst 90% der Wunschbesetzung er- reicht hat. Damit wird versucht, die Abfahrtszeiten trotz eventueller geringer Fahrgastzahl- schwankungen zu harmonisieren.

Kurz vor Erreichen der Maximalzugfolgezeit wird der Faktor mit einer Zahl kleiner 1 festge- setzt, hier 0,9. Dies führt dazu, dass ein Zug, der seine Wunschauslastung (ohne Korrekturfak- tor) gerade in diesem Intervall vor Ablauf der Mindestzugfolgezeit erreichen würde, mit sei- nem Abfahrtszeitpunkt solange verschoben wird, bis der Faktor sprunghaft steigt oder seine Fahrgastzahl um mehr als 10% über der Wunschauslastung liegt.

Mit dieser Methode der Überlagerung der Fahrgastzahlen durch einen Multiplikator wird eine leichte Überbesetzung in Kauf genommen. Sie sollte so abgestimmt sein, dass sie moderat bleibt.

Ein Problem, welches hier auftritt, besteht darin, dass bei einem starken Fahrgastaufkommen, welches einen dichten Zugeinsatz erfordert, teilweise mehr Züge eingesetzt werden müssen, als rechnerisch erforderlich sind. Jeweils zu den Zeiten, wenn der Multiplikator >1 ist, wird zu zeitig ausgefahren. Die Optimierung lohnt sich daher vor allem dann, wenn die Nachfrage um die durch den Mindestzugeinsatz angebotene Kapazität schwankt. Sie sollte daher auf die NVZ und SVZ beschränkt werden. Das Problem lässt sich beheben, indem auf das Maximum mit einem Faktor >1 verzichtet wird und der Multiplikator zur maximalen Zugfolgezeit ledig- lich auf den Wert Eins zurückspringt.

64 Bestimmung optimaler Fahrzeugausfahrzeiten beim gering belasteten Streckenabschnitt

Das Verfahren der Gewichtung der Fahrgastzahlen mit einem Multiplikator kann in modifizierter Form auch zur Optimierung der Fahrzeugfolgezeiten im Hinblick auf den Einsatz von Verstärkerzügen erfolgen. Es gewährleistet dann das Freibleiben der maximal möglichen Zahl nutzbarer Trassen für die Verstärkerzüge. Hierbei wird jeweils zu einem Vielfachen der betrieblich realisierbaren Mindestzugfolgezeit ein Multiplikator größer Eins gewählt. Kurz vor Ablauf des Vielfachen der Mindestzugfolgezeit wird der Multiplikator auf einen Wert kleiner Eins gesetzt.

7.7 Optimierung der Abfahrtszeiten vor dem Taktzug

Soll ein taktgebundenes Grundangebot in einem festgesetzten Intervall (hier 20 Minuten) Verknüpfungen zu anderen Schnellverkehrslinien gewährleisten, sind Optimierungen erfor- derlich, um sicherzustellen, dass die Taktzüge pünktlich und nicht überlastet sind. Zur Einhal- tung der Pünktlichkeit muss es ein Ausfahrverbot für Züge in der Mindestzugfolgezeit vor dem Taktzug geben (siehe Kapitel 7.4). Liegt die Taktzeit bei 20 Minuten und die Mindest- zugfolgezeit bei 90 Sekunden darf der letzte Zug vor dem Taktzug zur Minute 18,5 ausfahren. Hat der bereitgestellte Zug zu diesem Zeitpunkt weder seinen für die Ausfahrt erforderlichen Besetzungsgrad erreicht, noch ist die maximale Zugfolgezeit abgelaufen, müsste er in jedem Fall mit der Ausfahrt bis zum Erreichen der Taktzeit warten. Hierdurch kann es aber ohne weitere Maßnahmen zu dem Fall kommen, dass ein bereitgestellter Zug seinen für die Aus- fahrt erforderlichen Sollbesetzungsgrad in dieser Sperrpause erreicht. Er muss dann im un- günstigsten Fall nahezu die gesamte Mindestzugfolgezeit bei weiterem Zustieg von Fahrgäs- ten abwarten, ehe eine Ausfahrt möglich wird. Hierdurch können Überschreitungen der ma- ximal zulässigen Fahrzeugfolgezeiten oder bei starker Nachfrage Überlastungen der Taktzüge auftreten. Um dies zu vermeiden muss eine Auslastungskontrolle in einem Zeitintervall vor dem nächsten Taktzug erfolgen.

Hierbei müssen folgende Aspekte gewährleistet sein:

• der letzte flexible Zug vor Ablauf der Taktzeit muss spätestens um die Mindestzugfol- gezeit vor dem Taktzug abfahren • die Auslastung des Taktzuges soll nicht dadurch wesentlich überschritten werden, dass seine Abfahrtszeit annähernd um die Mindestzugfolgezeit herausgezögert werden muss (aufgrund des Ausfahrverbotes in der Mindestzugfolgezeit vor dem Taktzug) • die Besetzungsgrade des letzten, zeitlich flexiblen Zuges und des Taktzuges sollen in ähnlicher Größenordnung liegen.

Um diese Probleme zu lösen müssen Berechnungsvorschriften aufgestellt werden und in die Festlegung der Zugfolgezeiten einfließen.

Die Herleitung der Formeln basiert auf der Annahme, dass ein Grundtakt von 20 Minuten gewährleistet werden soll. Sie sind aber auf größere Grundtakte problemlos übertragbar. Klei- nere Grundtakte erscheinen im Hinblick auf einen flexiblen Zugeinsatz nicht zielführend, da jede weitere Einschränkung in der Festlegung der Zugfolgezeiten zu Verschlechterungen im erreichbaren Verkehrswirkungsgrad beiträgt. Zudem sinkt die Erfordernis der Anschluss- sicherung mit abnehmenden Zugfolgezeiten der Verknüpfungslinien, da dann auch die durch- schnittlichen Wartezeiten sinken. So liegen die mittleren Wartezeiten beim 20 Minuten Takt bei etwa 6,5 Minuten, beim 10 Minuten Takt nur noch bei 4,5 Minuten (Bild 7-5).

65

Bild 7-5: Einfluss der Fahrzeugfolgezeit auf die mittlere Wartezeit im ÖPNV [Wal 97]

Der Grundtakt der Taktzüge, hier 20 Minuten, wird jeweils als separater Zeitabschnitt be- trachtet. Von der Gesamtzeit des Grundtaktes ist die Summe der in dem aktuellen Zeitab- schnitt realisierten Zugfolgezeiten abzuziehen. Es ergibt sich die Restzeit tRest bis zum nächs- ten Zug des Grundtaktes (7-22).

Der Zeitpunkt, zu dem die erwartete Auslastung des Taktzuges überprüft und die Abfahrtzeit der restlichen Züge bis zum nächsten Taktzug optimiert werden sollte, muss auf die maximal zulässige Zugfolgezeit vor dem Taktzug festgelegt werden. Damit soll gewährleistet sein, dass mindestens 2 Züge im aktuellen Takt bereits ausgefahren sind, um hieraus den Mittelwert der Zugfolgezeit Ø2 bilden zu können (7-23). Dieser Zeitpunkt liegt hier im Fall einer Taktzeit von 20 Minuten und maximalen Zugfolgezeit von 6,6 Minuten bei 13,4 Minuten. Er wird als Überprüfungszeitpunkt festgelegt.

n (7-22) tRest = Grundtakt – ∑ takt i i=1 n tRest = 20 min – ∑ takt i i=1

(7-23) Ø2 = (takt n-1+ takt n)/2 mit tRest Restzeit zwischen Ausfahrt des letzen Zuges bis zur Abfahrt des Taktzuges takt n Zugfolgezeit des letzten ausgefahrenen Zuges n zum Vorzug (n-1) takt n-1 Zugfolgezeit des vorletzten ausgefahrenen Zuges (n-1) zum Vorzug (n-2) Ø2 Durchschnitt der Zugfolgezeiten der letzten beiden ausgefahrenen Züge n und (n-1) i Laufvariable über die Anzahl der bereits gefahrenen Züge die mit jedem Taktzug auf 0 gesetzt wird

Sind die beiden letzten Züge jeweils nach der maximalen Zugfolgezeit ausgefahren, so wird prognostiziert, dass der Taktzug ausreichend ist, um das Fahrgastaufkommen zu bewältigen. Um dies abzusichern, wird zum Zeitpunkt tRest/2 eine Überprüfung des Besetzungsgrades vor- genommen. Wenn der Zug nach Ablauf der halben Restzeit bereits etwas mehr als zur Hälfte

66 besetzt ist, z.B. zu 0,55 (oder 0,60), so soll er ausfahren, ansonsten reicht seine Restkapazität, um die Fahrgäste bis zur Fahrzeit des Taktzuges aufzunehmen.

Bestimmung der erreichten Zugauslastung b zum Zeitpunkt tRest/2:

m (7-24) a = b Z n ⋅ y´ mit y´= y ⋅Quot

(7-25) b (tRest / 2) ≥ 0,55 => Abfahrt < 0,55 => Taktzeit abwarten

Der Wert b ist abhängig von der Zuggröße, der Verkehrszeit und dem Auslastungsverhältnis zwischen Anfangsbahnhof und maßgeblichem Querschnitt.

Liegen die Fahrzeugfolgezeiten unterhalb der maximalen Zugfolgezeit, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass ein Zug seine maximal zulässige Besetzung in der Mindestzugfolge- zeit vor der Taktzeit erreicht, seine Abfahrt jedoch aufgrund des Ausfahrverbotes verhindert wird. Um hieraus resultierende Überlastungen zu vermeiden und gleichzeitig die Auslas- tungsgrade der Züge in der Zeitspanne der maximalen Zugfolgezeit vor dem Taktzug einander anzugleichen, sollte zur festgelegten Taktzeit von 13,4 Minuten eine Überprüfung der durch- schnittlichen Zugfolgezeit der letzten beiden Züge erfolgen (7-23). Weiterhin sollte hieraus eine Berechnung der für das Fahrgastaufkommen bis (einschließlich) zum Taktzug erforderli- chen Zugzahl erfolgen (7-26). Diese ergibt sich aus dem Quotienten aus verbleibender Rest- zeit bis zum Taktzug und der durchschnittlichen Folgezeit der letzten beiden Züge.

(7-26) tRest / Ø2 = nZüge , mit nZüge є R mit: nZüge Zugzahl

Für das Ergebnis nZüge ist eine Schwelle für die Rundung festzusetzen. Diese sollte eine leich- te Überlastung pro Zug um bis zu 10 % zulassen. So wären bei einem Ergebnis von 2,1 - 2 Züge, ab 2,2 - 3 Züge erforderlich.

Durch Division der Restzeit durch die erforderliche Zugzahl (є N) ergibt sich die erforderliche Zugfolgezeit aller weitern Züge bis zur Abfahrt des Taktzuges.

(7-27) tRest / nZüge = tfolge , mit nZüge є N mit: tfolge Zugfolgezeit

Eine Überprüfung, ob tfolge > tmin ist erforderlich, um die Empfehlung zu dichter, technisch nicht realisierbarer Fahrzeugfolgen zu verhindern. Wenn die berechnete erforderliche Zugfol- gezeit größer als die Mindestzugfolgezeit ist, können die folgenden Züge zu den berechneten Zeiten ausfahren. Ansonsten muss die Zugzahl bis zum Taktzug um eins reduziert werden und eine neue Berechnung der Zugfolgezeiten erfolgen.

Für den Fall, dass n = 2, also noch ein Zug vor dem Taktzug erforderlich ist, kann kurz vor der vorgesehenen Ausfahrt nochmals dessen Belastung überprüft werden (7-24). Das Ergebnis dieser Überprüfung entscheidet endgültig über die Notwendigkeit dieses Zuges. Befinden sich 67 in diesem Zug nur etwa die Hälfte der beförderbaren Personen und ist die Folgezeit höchstens halb so lang, wie die maximal zulässige Fahrzeugfolgezeit, so genügt die Ausfahrt des Zuges zur Taktzeit.

(7-28) wenn 2 tfolge ≤ tmax und b (tRest / 2) ≥ 0,55 => Abfahrt < 0,55 => Zug wartet

Ebenso kann bei n ≥ 3 kann mit der zu (7-29) modifizierten Gleichung (7-24) die Zugauslas- tung b am Anfangsbahnhof berechnet werden, jedoch zur Zeit tFolge. Hier gilt dann

(7-29) wenn 2 tfolge ≤ tmax und b (tFolge / 2) ≥ 0,55 => Abfahrt < 0,55 => Zug wartet auf empfohlene Folgezeit n

Hiermit wird sichergestellt, dass bei abnehmenden Fahrgastzahlen keine Züge zu tFolge ausfah- ren, die weniger als zur Hälfte (bzw. hier weniger als 0,55) gefüllt sind, wenn garantiert wer- den kann, dass der nächste Zug nach dem Ablauf der Zeit 2tFolge ausfahren kann.

Wenn eine Ausfahrerfordernis des Zuges aufgrund der aktuellen Besetzung auftritt, die be- rechnete Folgezeit aber noch nicht abgelaufen ist, so darf der Zug fahren. Dies tritt bei anstei- genden Fahrgastzahlen auf. Hierdurch kann es zu leichten Verschiebungen in den Wunsch- auslastungen kommen, die in Kauf genommen werden müssen. Einzige Ausnahme bildet das Ausfahrverbot, wenn in weniger als der Mindestzugfolgezeit ein Taktzug folgen soll.

68 8 Verfahren zur Ermittlung der Zugfolgezeiten und Zuggrößen für schwach frequentierte Anfangsbahnhöfe

Die Funktionsfähigkeit der bisher entwickelten Berechnungsmethode ist nur sicher gewähr- leistet, wenn die Besetzungsgrade der Züge an den Anfangsbahnhöfen nicht wesentlich gerin- ger sind, als die Auslastungen der Züge am maßgeblichen Querschnitt.

Ist dies nicht gewährleistet, d.h. sind die Züge im Bereich der Anfangsbahnhöfe regelmäßig erheblich geringer ausgelastet, als am maßgeblichen Querschnitt, so wäre die bisher vorge- stellte Form der Fahrzeugfolgeberechnung sehr fehleranfällig (Bild 8-1). Bereits kleine Varia- tionen der Fahrgastzahlen am Anfangsbahnhof hätten erhebliche Auswirkungen auf das be- reitgestellte Fahrzeugangebot. Deutlich zu geringe bzw. zu hohe bereitgestellte Kapazitäten

wären die Folge. Bild 8-1: Linienlast der Berliner U-Bahn-Linie U5 als Beispiel für einen sehr schwach fre- quentierten Anfangsbahnhof (Hönow, rechte Seite); eigene Darstellung nach [BVG 94]

In diesen Fällen ist die Verschiebung des Erfassungspunktes für die Fahrgastzahlen bis zum nächstliegenden, stärker ausgelasteten Haltepunkt empfehlenswert. Erst hier sind die Tenden- zen in den Fahrgastverläufen klarer zu erkennen. Die Schnelligkeit der Reaktion wird durch die erforderlichen Fahrzeiten zwischen dem schwach frequentierten Anfangsbahnhof und dem als Messquerschnitt gewählten Haltepunkt jedoch eingeschränkt.

Zur Festlegung eines geeigneten, stärker ausgelasteten Haltepunktes ist die Kenntnis der ver- kehrlichen Bedeutung der einzelnen Haltepunkte entlang einer Linie von Interesse.

Verkehrliche Bedeutung der Haltepunkte einer Linie (Einsteiger) Die einzelnen Haltepunkte einer Linie besitzen aufgrund ihrer unterschiedlichen räumlichen Lage und Verknüpfungswirkung stark unterschiedliche Nachfragepotenziale, welche in Per- sonen pro Tag bzw. Personen pro Zeiteinheit ausgedrückt werden können. Aus dem Quotien- ten der Zahl der Personen pro Tag und Haltepunkt und der Gesamtzahl der Personen pro Tag und Linie multipliziert mit 100 lässt sich die auf den gesamten Tag bezogene prozentuale Zahl der Einsteiger der einzelnen Haltepunkte im Bezug auf die Gesamtzahl der Fahrgäste berechnen ( Formel 8-1).

69 BHP (8-1) zHP = ×100 [in %] BLinie mit: BHP = Belastung eines Haltepunktes einer Linie in Personen pro Tag (Einsteiger langfristig) BLinie = Belastung einer Linie in Personen pro Tag (Summe aller BHP) (Einsteiger langfristig) zHP = prozentualer Anteil eines Haltepunktes am Gesamtaufkommen an Einsteigern (langfris- tig)

Diese Zahl ist ein gemittelter Wert der Belastung mit Einsteigern über einen Tag.

Wird unterstellt, dass die prozentuale Aufteilung der Einsteiger auf die Haltepunkte einer Li- nie während einer Verkehrszeit nahezu konstant bleibt und die Werte nur einer begrenzten Streuung unterliegen, können diese Prozentwerte zuzüglich der Streuung zur Prognose des Verkehrsaufkommens entlang des weiteren Linienverlaufes herangezogen werden.

Ausgangswert ist dann die aktuell gemessene Fahrgastzahl am gewählten Haltepunkt. Über eine Gleichung, die das tägliche Fahrgastaufkommen an diesem Haltepunkt und am maßgeb- lichen Querschnitt ins Verhältnis stellt, lässt sich hieraus die erwartete wahrscheinliche Ge- samtfahrgastzahl des Zuges sowie die aktuelle Zahl der Einsteiger an jedem Bahnhof und da- mit auch die Belastung je Querschnitt prognostizieren.

Die aktuell erwartete Gesamtzahl der Fahrgäste entlang der Linie wird wie folgt abgeschätzt:

bHP (8-2) Mges = ×100 [in %] zHP mit zHP = prozentualer Anteil eines Haltepunktes am Gesamtaufkommen (langfristig) bHP = Belastung eines Haltepunktes einer Linie in Personen pro Zug (aktuell gemessen) Mges = Gesamtzahl Fahrgäste einer Linie (aktuell)

Durch Umstellung dieser Gleichung und Einsetzen der prozentualen Belastungszahlen der einzelnen Haltepunkte einer Linie kann hieraus für jeden Haltepunkt eine aktuelle Belas- tungszahl auf Grundlage langfristiger Erfahrungen prognostiziert werden.

M ges ×zP (8-3) bHP = 100

Verfahren zur Berechnung der Zugfolgezeiten Bei der Berechnung der Zugfolgezeiten können zwei Konzepte angewendet werden.

Zum einen kann die Streckenbedienung fast ausschließlich durch reguläre Züge erfolgen. In diesem Fall muss der Bedarfsberechnung das Auslastungsverhältnis vom aktuellen Erfas- sungsquerschnitt zum maßgeblichen Querschnitt der Strecke zugrunde liegen. Verstärkerzüge sollen nur in Einzelfällen zum Einsatz kommen. Diese Herangehensweise ist sinnvoll, wenn die Auslastung der Strecke lediglich an ihrem Anfang geringer ist, dann aber ein etwa kon- stantes Niveau erreicht.

Zum anderen, wenn zwei Streckenabschnitte mit sehr unterschiedlicher Auslastung vorliegen, kann die Streckenbedienung durch reguläre Züge (bemessen am Bedarf des gering fre- quentierten Abschnittes) und Verstärkerzüge auf verkürztem Linienweg (bemessen am zusätzlichen Bedarf des stark frequentierten Streckenabschnittes) erfolgen. 70 Aufgrund der sehr geringen Unterschiede in der Rechnung wird die zweite Methode ausführ- lich beschrieben. Unterschiede zur einfacheren ersten Methode werden nur kurz angespro- chen.

Vorgehensweise Es werden ausgehend vom gering frequentierten Anfangsbahnhof die einzelnen Haltepunkte der Strecke im Hinblick auf ihr Fahrgastaufkommen betrachtet. Der erste Streckenquerschnitt ab dem Linienanfang, an dem die Streckenbelastung ca. 25 – 30 % der maximalen Strecken- belastung der Linie erreicht, kann für die Fahrzeugbedarfsermittlung des geringer belasteten Streckenabschnittes herangezogen werden. Er wird hier als Bemessungsquerschnitt Strecken- abschnitt bezeichnet (siehe Bild 8-2). Die aktuelle Auslastung wird am gewählten Bemes- sungsquerschnitt Streckenabschnitt bei Vorbeifahrt eines Zuges erfasst. Sie entscheidet über die Zugfolgezeit des Nachfolgezuges. Auf einen sehr stark belasteten Zug kann zu diesem Zeitpunkt also nur indirekt Einfluss genommen werden, indem der Folgezug bereits nach kur- zer Zeit abfährt. Die Fahrzeit des Zuges zwischen Anfangsbahnhof und dem ausgewählten Streckenquerschnitt verzögert die Reaktionsfähigkeit des Systems. Sie muss daher so gering wie möglich gehalten werden.

Bei der Streckenbedienung durch reguläre Züge (Konzept 1) muss aus den erfassten Fahrgast- zahlen die Fahrzeugkapazität für die gesamte Strecke bestimmt werden. Für die Berechnung des langfristigen Besetzungsgrades ymeß muss das Verhältnis der Besetzungsgrade am „Be- messungsquerschnitt Streckenabschnitt“ zum maßgeblichen Querschnitt herangezogen wer- den. Bei regelmäßigem Einsatz von Verstärkerzügen (Konzept 2) wird statt des maßgeblichen Querschnittes der stärkst belastete Querschnitt des gering frequentierten Streckenabschnittes herangezogen. Ein kleiner Sicherheitsfaktor kann vor Überlastungen auf dem stark frequen- tierten Streckenabschnitt schützen.

Zuerst muss der langfristige Besetzungsgrad am Messquerschnitt bestimmt werden.

(8-4) ymeß = Mmeß/MSt ymeß = langfristiger Besetzungsgrad am Bemessungsquerschnitt Mmeß = die am Bemessungsquerschnitt in einer Stunde pro Rich- tung zu befördernde Passagierzahl (langfristig) MSt = die auf dem am stärksten belasteten Querschnitt des ge- ring frequentierten Streckenabschnittes in einer Stunde pro Richtung zu befördernde Passagierzahl

Die Formel (7-2) dient auch hier der Berechnung der Zugkapazität. Anschließend erfolgt die Berechnung des aktuellen Besetzungsgrades am Bemessungsquerschnitt.

(8-5) B = mmeß / Zn mmeß = die auf dem Bemessungsquerschnitt in Fahrtrichtung in einem Fahrzeug aktuell gemessene Fahrgastzahl Zn = Zugkapazität in Abhängigkeit von Zuglänge und Ver- kehrszeit (Sitz- und Stehplätze) B = aktueller Besetzungsgrad des Fahrzeuges am Bemessungs- querschnitt in %

Aus diesem aktuellen Besetzungsgrad B am Bemessungsquerschnitt, dem langfristigen Beset- zungsgrad ymeß am Bemessungsquerschnitt und der Zugfolgezeit zum Vorzug kann dann die optimale Zugfolgezeit tOpt des Zuges bestimmt werden. Diese Zeit wird auf den am Aus- gangsbahnhof wartenden Zug angewendet. Das bedeutet, dass die Nachfragemenge des Vor- zuges den Abfahrtszeitpunkt des Folgezuges bestimmt.

71 ymeß ×tvor (8-6) t = tvor = Folgezeit zwischen dem Vorzug und dem aktuellen Zug Opt B tOpt = optimale Zugfolgezeit des aktuellen Zuges in Abhängig- keit der Nachfrage

Hierdurch entsteht eine leichte Trägheit im System, welche vom zeitlichen Abstand des Messquerschnittes zum Anfangsbahnhof abhängig ist. Bei größeren Abständen zwischen An- fangsbahnhof und Messquerschnitt und kleinen Zugfolgezeiten können sich Variationen der Abfahrtszeit unter Umständen erst auf den 2. Folgezug auswirken. Ein Zug kommt am An- fangsbahnhof zur Ausfahrt, wenn Gleichung (8-7) erfüllt ist.

(8-7) takt = tmax oder wenn takt = tOpt => Ausfahrt des Zuges

Wenn die Linie in zwei Bereiche unterschiedlicher Bedienungsdichte unterteilt wird, muss für den stark belasteten Streckenabschnitt eine weitere Bedarfsberechnung erfolgen. Hierzu ist eine Überprüfung des aktuellen Besetzungsgrades erforderlich1. Der hierzu benötigte Quer- schnitt wird als Erfassungsquerschnitt Hochlast bezeichnet (Bild 8-2). Der Bahnhof, ab dem die Stärkung durch die Verstärkerzüge auf verkürztem Linienweg erfolgt, wird hier als Ein- speisepunkt bezeichnet. Er sollte hinter dem Erfassungsquerschnitt Hochlast angeordnet wer- den oder mit diesem zusammenfallen.

Zeit in Minuten Geringer frequentierter Stark frequentierte Basisstrecke Streckenabschnitt

Linienweg Bemessungsquerschnitt Niedriglast Einspeisepunkt Erfassungsquerschnitt Hochlast maßgeblicher Querschnitt

Bild 8-2: schematischer Bildfahrplan für die Bedienung unterschiedlich stark ausgelasteter Streckenabschnitte; eigene Darstellung

1 Wenn die Bedienungsdichte der gesamten Strecke etwa gleich groß ist und keine starken Fahrgastanstiege, z.B. durch Großveranstaltungen, zu erwarten sind, dann kann die zweite Überprüfung des Besetzungsgrades entfal- len. 72 Aus dem aktuellen Besetzungsgrad des Zuges und dem langfristigen Besetzungsgradverhält- nis zwischen diesem Erfassungsquerschnitt und dem maßgeblichen Querschnitt der Ge- samtstrecke wird die erforderliche Zugfolgezeit für den stark frequentierten Streckenabschnitt berechnet. Hierbei muss beachtet werden, dass die Berechnung jeweils erst nach einem vom Streckenanfang kommenden Zug erfolgen muss und auf der Summe der Fahrgastzahlen dieses regulären Zuges und der vorausfahrenden Verstärkerzüge basiert. Nur so können auch die Fahrgäste mitberücksichtigt werden, die an den ersten Haltepunkten zugestiegen sind.

Die Zugfolgezeit wird anschließend mit der bereits auf dem ersten (schwach belasteten) Ab- schnitt realisierten Zugfolgezeit verglichen. Ist die neu berechnete Zugfolgezeit für den stark belasteten Abschnitt geringer, als die Zugfolgezeit des schwach belasteten Abschnittes, muss ein Einsatz von Verstärkerzügen vorgenommen werden. Der Einsatz von Verstärkerzügen erfolgt in allen Fällen nach den regulären Zügen, deren Fahrgastzahlen erhoben worden sind.

Die genauen Entscheidungsabläufe für die Bereitstellung eines oder mehrerer Entlastungszüge enthält das Kapitel 9.

73 9 Kapazitätsanpassung des Fahrzeugangebotes an die Nachfrage an Zwischenhaltepunkten / Verstärkerzüge auf verkürztem Linienweg

9.1 Einsatz von Verstärkerzügen auf verkürztem Linienweg bei zwei unter- schiedlich stark belasteten Streckenabschnitten

Mit dem Verfahren nach Kapitel 8 wird die Zugfolgezeit zunächst für den gering belasteten Streckenabschnitt optimiert. Die Bestimmung der erforderlichen Zugfolgezeit für den stark belasteten Streckenabschnitt erfolgt am Erfassungsquerschnitt Hochlast (Bild 8-2). Sind die berechneten erforderlichen Zugfolgezeiten kürzer als die auf dem gering belasteten Strecken- abschnitt realisierten Zugfolgezeiten, müssen zusätzliche Verstärkerzüge am Einspeisepunkt eingeschoben werden.

Datenerfassung

Zur Erfassung der Notwendigkeit von Verstärkerzügen muss die aktuelle Auslastung der Züge an einem Erfassungsquerschnitt für Fahrgastzahlen geprüft werden. Der Erfassungs- querschnitt sollte an einem Ort eingerichtet werden, an dem bereits ein relativ hohes Fahrgast- aufkommen zu verzeichnen ist, um eine möglichst genaue Fahrgastprognose berechnen zu können. Sinnvoll sind ca. 50% der Auslastung des maßgeblichen Querschnittes. Aus dem Verhältnis der langfristigen Besetzungsgrade zwischen dem Erfassungsquerschnitt und dem maßgeblichen Querschnitt sowie den aktuellen Fahrgastzahlen können die Fahrgastzahlen am maßgeblichen Querschnitt prognostiziert werden. Der Einspeisepunkt ist durch die Lage der Depots fest vorgegeben.

Aus diesen Bedingungen folgt, dass der Einspeisepunkt bei ausreichend hohem Fahrgastauf- kommen mit dem Messquerschnitt zusammenfallen sollte. Ist jedoch auch am Einspeisepunkt das Fahrgastaufkommen noch zu gering, so sollte ein möglichst geringer Abstand des Mess- querschnittes nach dem Einspeisepunkt gewählt werden. Die Zahl der am Bahnsteig warten- den Fahrgäste ist bei dieser Methode nicht erfassbar.

Datentransfer

Die Weiterleitung der erfassten Fahrgastzahlen an die Zentrale sollte bei Ausfahrt der regulä- ren Züge erfolgen, die am Anfangsbahnhof eingesetzt wurden. Die Fahrgastzahlen aller den Messquerschnitt passierender Verstärkerzüge werden erfasst und bis zur Ankunftszeit des regulären Zuges gespeichert. Somit ist sichergestellt, dass eine Prognose des Fahrgast- aufkommens entlang der weiteren Linie und die darauf aufbauende Berechnung des Zugbe- darfes und der Zugfolgezeiten auf Basis des gesamten auf der Linie auftretenden Fahrgast- stromes erfolgt.

Ist aufgrund steigender Fahrgastzahlen ein Verstärkerzug erforderlich, muss die Verfügbarkeit einer freien Trasse geprüft werden. Aufgrund der Entscheidungs- und Handlungszeit ist ein ausreichender zeitlicher Vorlauf zu berücksichtigen.

Die Vorlaufzeit tVL setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

· Rechen- und Übertragungszeit

74 · Streckenbelegungszeit des Einsetzers zwischen Depot und Einspeisebahnhof · Haltezeit am Einspeisebahnhof · Zeit für Aufrüstung des Fahrzeuges.

Wenn an jedem Depot der vorderste Zug bereit aufgerüstet bereitsteht, kann diese Komponen- te vernachlässigt werden.

Bei einer Mindestzugfolgezeit von 90 Sekunden, einer Streckenbelegungszeit von 10 s und je 5s Haltezeit und Rechenzeit müssen Zugfolgezeiten von mindestens 3 Minuten, 20 Sekunden vorliegen, damit ein Einsatzzug eingeschoben werden kann. Sinnvoller Einsatzbereich für den Entlastungszug ist damit die Zeitspanne der Zugfolgezeiten zwischen 3:20 und 6:40 Minuten.

Einsatzberechnung für Verstärkerzüge beim Übergang vom schwach zum stark belaste- ten Streckenabschnitt

Erreicht der Zug im Fahrtverlauf den Erfassungsquerschnitt Hochlast (Bild 8-2), wird die ak- tuelle Auslastung mmeß über Streckengeräte abgefragt. Damit wird erstmals der Zusammen- hang zwischen Auslastung des Zuges und dessen Zugfolgezeit geprüft. Bislang war nur die Auslastung des Vorzuges für die Bestimmung der Zugfolgezeit relevant. Die Auslastung des Zuges selbst dagegen diente als Eingangsgröße für die Abfahrtszeit des Folgezuges.

Die langfristige Passagierzahl dieses Erfassungsquerschnittes wird ins Verhältnis zur langfris- tigen Passagierzahl des maßgeblichen Querschnittes gesetzt. Der Quotient y dieser langfristi- gen Zahlen (siehe Formel 9-1) kann nun zur Neuberechnung der erforderlichen Fahrzeugfol- gezeit für die stark frequentierte Basisstrecke herangezogen werden.

M meß (9-1) ymeß = (modifizierte Formel 7-1; siehe auch Formel 8-4) M m

mmeß (9-2) Zn £ a × (modifizierte Formel 7-3) => Verstärker ist erforderlich ymeß mit:

M meß die auf dem Messquerschnitt in einer Stunde pro Richtung langfristig (pro Stunde) zu befördernde Passagierzahl

mmeß die auf dem Messquerschnitt aktuell erfasste Fahrgastzahl (in einem Fahrzeug) a frei gewählter Multiplikator, um bei sehr geringen Überlastungen auf den Einsatz des Verstärkerzuges verzichten zu können (Beispiel a = 1,1)

ymeß langfristiger Besetzungsgrad von Mmeß zu Mm

Zn Zugkapazität des n-ten Zuges am Anfangsbahnhof in Abhängigkeit der Zuglänge (An- zahl FZE) und Verkehrszeit

Die durch die Formel (9-2) vorzunehmende Überprüfung entscheidet über die Notwendigkeit des Einsatzes von Verstärkerzügen. Ist die Gleichung erfüllt, das heißt ist die vorhandene Fahrzeugkapazität um mindestens 10 % kleiner als die am maßgeblichen Querschnitt erwarte- ten (prognostizierten) Fahrgastzahlen, so ist mindestens ein Verstärkerzug auf verkürztem

75 Linienweg erforderlich. Der Multiplikator, z.B. hier 1,1 (10 %), sollte herangezogen werden, um Verstärkerzüge nur bei erwarteten Überlastungen (hier um mehr als 10 %) einzuspeisen. Kleinere Überlastungen würden toleriert werden, um einen wirtschaftlichen Fahrzeugeinsatz zu gewährleisten.

Eine Überprüfung der aktuellen Fahrzeugfolgezeit takt ist erforderlich, um die Möglichkeit des Einsatzes eines Verstärkerzuges aus zeitlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Nur wenn die ak- tuelle Fahrzeugfolgezeit zum Vorzug größer oder gleich der doppelten Mindestzugfolgezeit tmin (zuzüglich Streckenbelegungs- und Haltezeit des Verstärkerzuges) ist, kann ein Verstär- kerzug eingesetzt werden, ohne dass es zu Stauchungen im Fahrtverlauf des Folgezuges kommt.

(9-3) takt ³ 2×tmin +tVL tmin Mindestzugfolgezeit tVL Vorlaufzeit takt aktuelle Zugfolgezeit zum Vorzug

Ist auch Ungleichung (9-3) erfüllt, so sollte ein Verstärkerzug eingesetzt werden.

Die Zahl der zusätzlich auf verkürztem Linienweg einsetzbaren Fahrzeuge liefert folgende Überprüfung:

mmeß (9-4) Zn £ 2×1,1× und takt ³ 3×tmin + tVL => setze 2 Verstärkerzüge ein ymeß

mmeß (9-5) Zn £ 3×1,1× und takt ³ 4×tmin +tVL => setze 3 Verstärkerzüge ein ymeß Bei einer maximalen Zugfolgezeit von 6,66 Minuten und einer Mindestzugfolgezeit (inklusive Vorlaufzeit) von etwas mehr als 90 Sekunden ist bei 3 Verstärkerzügen zwischen zwei regulä- ren, im maximalen Zugabstand fahrenden Zügen, die kapazitive Grenze erreicht. Mehr Zug- kapazität kann auch bei höherem Bedarf nicht bereitgestellt werden.

Ist entlang der Linie keine weitere Verstärkung vorgesehen, so sollten die Verstärkerzüge gleichmäßig auf die Zeit zwischen den Langläufern aufgeteilt werden. Die erforderliche Zug- folgezeit errechnet sich nach Formel 9-6:

takt (9-6) t folge = nVerstärker +1

nVerstärker Zahl der erforderlichen Verstärkerzüge

t folge erforderliche Zugfolgezeit für die Verstärkerzüge

Sind weitere Verstärkungspunkte entlang der Linie vorhanden und stehen mehr Trassen (hier z.B. 3) als erforderliche Verstärkerzüge (z.B. 2) zur Verfügung, so sind die Verstärkerzüge auf die erste und letzte Trasse einzuspeisen. Somit bleibt eine Trasse für eventuelle spätere Verstärker frei.

Ist im Betriebsprogramm ein Einsatz unterschiedlicher Zuggrößen vorgesehen muss sicherge- stellt werden, dass in Zeiten starker Nachfrage (HVZ) nur Vollzüge ausfahren, um den Kapa- zitätsbedarf decken zu können.

76

Schwachpunkt der Auslastungsoptimierung für den schwach belasteten Abschnitt

Die bisher beschriebene Methode optimiert die Auslastung der Züge auf der schwächer be- lasteten Randstrecke. Auf der Basisstrecke wird in der Summe eine etwas höhere Kapazität zur Verfügung gestellt als nach den Fahrgastprognosen erforderlich wäre. Dies hat seine Ur- sache darin, dass bei einem gegenüber der Randstrecke erhöhten Zugbedarf auf der Basisstre- cke, dieser nur durch eine Aufteilung der bisherigen Zugfolgezeit in gleich lange Abschnitte erfolgen kann. Die Größe der bereitgestellten Züge entspricht der Größe, der auf der ganzen Strecke verkehrenden Züge. Feinfühlige Abstufungen wären nur möglich, wenn als Verstär- kerzüge Kurzzüge zum Einsatz kämen.

Eine Vermeidung einer zu hohen Kapazität ist durch einen Sicherheitsfaktor gegeben, welcher kleine Überlastungen (z.B. bis 10%) zulässt und erst darüber hinaus zum Einsatz von Verstär- kerzügen führt. Wenn die Trassen dagegen knapp sind, d.h. wenn die Auslastung der Strecke sehr hoch ist, kann diese Methode problematisch werden, da die an der Anfangsstation beginnenden Züge hinsichtlich der Lage ihrer Trassen nicht optimiert sind. Es werden damit teilweise Trassen verschenkt. Hierdurch kann es zu einer zu knappen bereitgestellten Kapazität kommen. Dies ist auch dann möglich, wenn eine Strecke durch sehr kurze Zugeinheiten betrieben wird. Eine mögliche Abhilfe besteht darin, die betrieblich zulässige Mindestzugfolgezeit für den gering frequentierten Streckenabschnitt auf das doppelte der Mindestzugfolgezeit des stark belasteten Streckenabschnittes festzulegen.

Prozess der Zugbereitstellung

Die Bereitstellung neuer Fahrzeuge gliedert sich in die Teilprozesse:

· Erfassen der Auslastungsdaten von Fahrzeugen und Datenübertragung von den Fahr- zeuggeräten an die Betriebsleitzentrale · Berechnung der erforderlichen Zugzahl und Zugfolgezeit · Ist/Soll-Vergleich · Berechnung der Zahl der erforderlichen Verstärkerzüge und des optimalen Einspeise- depots · Prüfen der Fahrzeugverfügbarkeit im gewählten Depot · Ggf. Verschiebung der Zugausfahrt in gleicher Zeitlage (gleiche Trasse) auf ein späte- res Depot · Handlungsempfehlung (Zugzahl, Einsatzort, -zeit) an Disponenten => Dispositions- entscheidung in der BLZ

Hieran schließt sich der reguläre Betriebsablauf eines Zuges an, wie er von Zastrow [Zas 00] beschrieben wurde. Er umfasst die folgenden Zeitanteile:

· T1: Aufrüsten des ausgewählten Zuges. · T2: Zug wartet auf den Fahrauftrag. · T3: Zug fährt nach einem vorgegebenen Fahrprofil zum Bahnsteig. · T4: Zug gibt Fahrgasttüren frei und wartet, bis festgelegte Aufenthaltszeit erreicht ist und Fahrauftrag vorliegt. · T5: Zug schließt die Fahrgasttüren. 77

Die Zeit T1 ist durch den Aufbau des Fahrzeuges bedingt. Sie besitzt einen konstanten Anteil (Aktivierung und Selbsttest der Fahrzeugkomponenten) sowie einen Anteil, der von der Um- gebungstemperatur abhängt (Vorheizzeit).

T2 ist eine Pufferzeit, die dem Ausgleich von Toleranzen beim Aufrüsten dient.

T3 ist durch die Eigenschaften des Fahrzeuges und der Strecke bestimmt (Gleistopologie, zulässige Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigungsvermögen etc. Weiterhin ist die gewünsch- te Fahrweise (zeit- oder energieoptimal) maßgeblich.

T4 kann eine für jeden Bahnhof in Abhängigkeit der Tageszeit festgelegte Konstante sein oder sich dynamisch am Fahrgastaufkommen orientieren.

Die Zeit T5 entspricht der Dauer vom Auslösen des Türschließbefehls bis zum endgültigen Schließen aller Fahrgasttüren. Bei Missachtung von Warnsignalen durch Fahrgäste und daraus resultierendem Reversieren der Türen verzögert sich die Abfahrt des Zuges um ca. 5 s pro Vorgang [Dre 01].

Der Zeitanteil T1 liegt nach Schäfer für Züge der Baureihe H bei ca. 5 Minuten [Schäfer 02]. An den Endbahnhöfen befindet sich bereits im konventionellen Betrieb jeweils ein einge- schalteter Zug, der abfahrbereit ist und für den diese Zeitkomponente nicht anfällt [Schäfer 02]. Bei der verkehrsabhängigen Betriebsführung ist eine Verkürzung dieser Zeitkomponente durch vorzeitiges Einschalten des Zuges erforderlich.

Während der Zeitanteile T3 bis T5 werden Streckengleise belegt. Die Zeitanteile T4 und T5 hat Herma in [Her 01] näher untersucht. Der Zeitpunkt der Türfreigabe liegt bei durchschnitt- lich 1,4 Sekunden vor Halt des Zuges, wobei druckluftbetriebene Türen tendenziell später geöffnet werden können als elektrische Türen, da die Luft noch entweichen muss. Bei Bahn- steigtüren darf aus Sicherheitsgründen die Öffnung der Türen erst nach Stillstand des Zuges erfolgen. Bei der automatischen Pariser Météor liegt die Zeitspanne vom Stillstand des Zuges bis zur Türöffnung nach Messungen von Herma bei ca. 2,5 Sekunden.

Die Regelabfertigungszeit (Türschließvorwarnung, Schließen der Tür, Feststellung der Tür- schließung, Kommunikation mit den Bahnsteigtüren, Fahrtfreigabe, Anfahrruck) beim auto- matischen Betrieb dauert nach Herma ca. 10,5 s (Météor in Paris). Für automatische Systeme ohne Bahnsteigtüren entfällt die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Bahnsteigtüren. Die mittlere Regelabfertigungszeit bei konventionellen U-Bahnen liegt bei 25 Sekunden, die kür- zeste bei 10 s und die längste bei 47 s [Weid 94]. Verlängerte Abfertigungszeiten treten be- sonders häufig an stark frequentierten Umsteigebahnhöfen auf, durch Fahrgäste die nach Be- endigung der Abfertigung noch in den Zug springen.

9.2 Entlastung eines überfüllten Haltepunktes

Überlastungen von Zügen, die sich nicht als Trend bereits am Erfassungsquerschnitt Hochlast abzeichnen, können mit dem bisher vorgestellten Verfahren nicht erfasst werden. Eine zusätz- liche Messung der Fahrgastzahlen am maßgeblichen Querschnitt ermöglicht eine genauere Kontrolle.

78 Großveranstaltungen, wie Konzerte und Sportereignisse, die in räumlicher Nähe zu Schnell- bahn-Stationen stattfinden, bewirken nach ihrem Abschluss einen sehr starken Anstieg der einem Haltepunkt zuströmenden Fahrgastmenge. Um diese zu bewältigen ist der Einsatz von Entlastungszügen erforderlich, die an oder kurz vor dem überlasteten Haltepunkt eingesetzt werden.

Hinter diesen Haltepunkten sind unbedingt Messquerschnitte zur Abfrage der Fahrzeugbelas- tungsdaten anzuordnen. Werden hier hohe Fahrzeugbelegungen an die Betriebsleitzentrale übermittelt, sind schnellstmöglich Züge für die Entlastung des relevanten Haltepunktes bereit- zustellen. Eine Vorplanung ist sinnvoll, damit benötigte Züge nah am Einsatzort abgestellt werden und somit rechtzeitig (kurze Zuführungszeiten) am Einsatzort sind.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, bei Kenntnis des ungefähren zeitlichen Endes der Veran- staltung einen ausschließlichen Einsatz von Vollzügen auf der gesamten Strecke vorzusehen. Bei Messung eines Fahrgastanstieges kann dann am Linienanfang oder einem geeigneten Zwischendepot die Zahl der eingesetzten Züge erhöht werden.

Ein Entlastungszug sollte eingesetzt werden, wenn bei Ausfahrt eines Zuges vom Bahnhof die reale Maximalkapazität nahezu erreicht ist. Der hierfür festzulegende Grenzwert sollte ober- halb der in der HVZ angestrebten Bemessungskapazität liegen, um nicht bei jedem vollen Zug der HVZ einen Entlastungszug zu disponieren. Er wird hier mit 0,9 festgelegt. Die langfristige Auslastung der Züge am gewählten Bahnhofes yBh (im regulären Verkehr) im Vergleich zum maßgeblichen Querschnitt kann als Multiplikator in die Berechnung einfließen.

M Bh (9-7) yBh = M m

mBh (9-8) Zmax ×0,9 £ yBh

Formel (9-8) vergleicht 90 % der maximalen Zugkapazität mit dem Quotienten aus langfristi- ger und aktueller Auslastung. Ist die Bedingung erfüllt, so würde der Zug am maßgeblichen Querschnitt eine 90 %ige Auslastung seiner Maximalkapazität erreichen. Ein Entlastungszug sollte zum Einsatz kommen.

Es ist zu beachten, dass hier eine Reaktion aufgrund der Anfahrtswege des Entlastungszuges erst nach dem überfüllten Zug möglich ist. Eine Überprüfung der verfügbaren Zeitfenster für den Entlastungszug erfolgt analog zu (9-3) mittels takt ³ 2×tmin +tVL . Ist das erforderliche Zeitfenster nicht verfügbar, müssen die regulär folgenden Züge die Fahrgastanstiege aufnehmen. Eine erneute Überprüfung erfolgt bei jedem den Querschnitt passierenden Zug, so dass bei anhaltender Überlastung weiterhin die Verfügbarkeit von Zeitlücken geprüft wird.

Verknüpfungspunkte

Weitere Überlastungen eines Zuges sind möglich an Verknüpfungspunkten durch mehrere gleichzeitig ankommende, stark ausgelastete Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs (Busse, Straßenbahnen, U-, S- oder Regionalbahnen) mit großen Anteilen an Umsteigern. Solange nur die nach dem Komfortkriterium der jeweiligen Verkehrszeit zur Verfügung stehenden Plätze belegt sind, aber die Gesamtkapazität nicht überschritten ist, sind solche Überlastungen tole-

79 rierbar. Auch kurzzeitige Überlastungen, die nur einen Zug betreffen, können und müssen aufgrund der Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems toleriert werden.

Liegt eine hohe Wahrscheinlichkeit an einem Haltepunkt vor, dass durch große Umsteiger- ströme häufige Überlastungen entstehen, sollte darauf reagiert werden. Die einfachste Metho- de ist die Bereitstellung einer regelmäßig größeren Kapazität der Züge durch einen Sicher- heitsfaktor bei der Berechnung von y.

9.3 Linienkürzug

Wird, wie in Kapitel 9.1 dargestellt, regelmäßig eine Verstärkung des Angebotes an einem Einspeisequerschnitt vorgenommen, ist in Gegenrichtung am gleichen Ort eine Schwächung des Angebotes vorzunehmen. Hierfür sind einige Grundregeln zu beachten:

· Es dürfen keine Taktzüge auf verkürztem Linienweg geführt werden. · Die maximale Zugfolgezeit für die durchfahrenden Züge soll nicht überschritten wer- den. · Es sollen keine Überlastungen auf dem schwachen Linienabschnitt auftreten. · Die Auslastung des verkürzten Zuges und des Folgezuges sollten in ihrer Summe die Komfortauslastung (nach Betriebszeit) nicht überschreiten. · Die Kapazität der jeweiligen Depots muss beachtet werden.

Zuerst muss eine Überprüfung erfolgen, ob es sich beim aktuellen Zug um den Taktzug han- delt. Ist dies erfüllt, wird keine weitere Berechnung angestellt, da eine Verkürzung des Li- nienweges nicht in Frage kommt.

Handelt es sich nicht um einen Taktzug, muss eine Überprüfung der Fahrgastzahlen in Rich- tung abnehmender Auslastung erfolgen. Hierzu sollte der Erfassungsquerschnitt für die aktu- ellen Fahrgastzahlen vor dem Depot angeordnet werden. Ein ausreichender zeitlicher Vorlauf ist zu berücksichtigen. Er sollte um ca. die maximal zulässige Fahrzeugfolgezeit zuzüglich der Berechnungs- und Übertragungszeit vor dem letzten Bahnhof vor dem Depot angeordnet wer- den. Dies ist notwendig, da die Auslastung des aktuellen und des Folgezuges für die Berech- nung erfasst werden müssen. Liegt die Fahrzeugfolgezeit oberhalb der halben maximal zuläs- sigen Folgezeit ist eine Angebotsverringerung ohnehin nicht möglich. Nur wenn die Züge in kürzeren Abständen fahren, ist eine Reduktion der Zugzahl unter Einhaltung der maximalen Zugfolgezeit möglich.

Für die Information der Fahrgäste ist es empfehlenswert mit zwei verschiedenen Helligkeits- stufen bei den Anzeigen zu arbeiten. Bei den Zügen, die nach einem der beiden ersten Krite- rien bis zur Endhaltestelle durchfahren müssen, können Zwischen- und Endhaltestellen hell beleuchtet werden. Bei allen anderen Zügen, bei denen das Fahrtziel zum Fahrtbeginn noch nicht feststeht ist es sinnvoll, die wichtigsten Zwischenhaltestellen, die in jedem Fall erreicht werden, hell zu erleuchten, die Endhaltestelle jedoch nur schwach zu beleuchten.

Folgende Berechnungen müssen vorgenommen werden.

(9-9) tZug + tZug+1 £ tmax

80 M meß-r (9-10) yr = M max -r

Zn (9-11) mZug + mZug+1 £ yr mit tZug Folgezeit des vorderen Zuges tZug+1 Folgezeit des hinteren Zuges yr Verhältnis der langfristigen Auslastungen in Rückrichtung (in Richtung abnehmender Fahrgastzahlen) Mmeß-r langfristige Auslastung der Züge am Messquerschnitt in Rückrichtung Mmax-r langfristige Auslastung der Züge am Querschnitt, der in Richtung abnehmender Fahr- gastzahlen nach dem Bahnhof für die Angebotsschwächung (Depot) am stärksten be- lastet ist mZug aktuelle Fahrgastzahl des Zuges mZug+1 aktuelle Fahrgastzahl des Folgezuges

Zn Zugkapazität des n-ten Zuges am Anfangsbahnhof in Abhängigkeit der Zuglänge (An- zahl FZE) und Verkehrszeit

Ist die Gleichung (9-9) erfüllt, müssen die Gleichungen (9-10) und (9-11) berechnet und ü- berprüft werden. Sind diese auch erfüllt, kann der aktuelle Zug am Depot herausgezogen wer- den.

Ist Gleichung (9-9) nicht erfüllt, so sind weitere Überprüfungen nicht erforderlich. Der Zug fährt weiter bis zum Ende der Linie.

Eine Ausnahme ist gegeben, wenn ein Zwischen- oder Enddepot leer läuft und daher Züge anfordert. Derartige Dispositionszüge können bereits am Anfangsbahnhof eine eindeutige Zielzuweisung erhalten, die auch den Fahrgästen entsprechend bekannt gegeben werden kann.

9.4 Diskussion der Akzeptanz

Die gewünschte Folge der verkehrsabhängigen Betriebsführung ist eine hohe Fahrzeugauslas- tung zu allen Verkehrszeiten. Hierzu fließen als Basis die derzeit von den Verkehrsunterneh- men angestrebten Auslastungen in die Rechnungen ein.

Da mit dem vorgestellten System sehr schnell auf Nachfrageschwankungen reagiert werden kann, liegen die realen Auslastungen sehr viel dichter an den Wunschauslastungen als beim konventionellen Fahrplanbetrieb. Sollten sich bei der Praxisanwendung diese Auslastungs- bedingungen als zu ungünstig erweisen, insbesondere bei Linien die über weite Strecken sehr nahe an der maximalen Auslastung liegen, ist eine Anpassung der Auslastungsbedingungen empfehlenswert.

81 Im Konzept wurde das vorzeitige Enden von Zugläufen bei zwei unterschiedlich stark ausge- lasteten Streckenabschnitten vorgesehen. Solche Maßnahmen werden bereits heute von ver- schiedenen Unternehmen, wie Hamburger Hochbahn oder Berliner BVG regelmäßig prakti- ziert. So endet derzeit (2002) auf der Berliner U5 wochentags jeder zweite Zug in Kaulsdorf Nord bzw. Biesdorf Süd.

Diese bei den Kunden bereits für endende Fahrzeuge bekannten Bahnhöfe sollten auch beim verkehrsabhängigen Betrieb beibehalten werden.

Im Vergleich zum fahrplanbasierten Betrieb gibt es jedoch Nachteile im Hinblick auf die In- formation der Fahrgäste. So können nur Takt- und Dispositionszüge, sowie Züge mit großen Zugfolgezeiten1 bereits beim Start eindeutige Zielauskünfte geben.

Bei allen in kurzem Abstand folgenden Zügen entscheidet sich erst im Fahrtverlauf der Ziel- bahnhof. Daher muss sich die Information auf die Fahrtrichtung beschränken und die Fahrgäs- te müssen zum Zustieg aufgefordert werden.

1 Bei Zugfolgezeiten zum Vorzug, die größer als die maximale Zugfolgezeit abzüglich der minimalen Zugfolge- zeit sind, ist ein vorzeitigen Enden eines Zuges nicht möglich, ohne die maximale Zugfolgezeit zu überschreiten. 82 10 Wahl von Ausprägungsart und Beispielstrecke für vertiefende Betrachtung der verkehrsabhängigen Betriebsführung

10.1 Wahl der Ausprägungsart der verkehrabhängigen Betriebsführung

Die hergeleiteten Berechnungsformeln sollen anhand einer realen Beispielstrecke auf ihre Eignung, die betrieblichen Auswirkungen und ihren Einfluss auf den Verkehrswirkungsgrad getestet werden. Hierzu wurde eine reale Strecke herangezogen, auf der möglichst viele der aufgestellten Vorschriften angewendet werden konnten. Insbesondere die drei Grundvarianten

· Stark belasteter Anfangsbahnhof in eine Richtung · Schwach belasteter Anfangsbahnhof in Gegenrichtung · Erforderlicher Verstärkerzugeinsatz auf verkürztem Linienweg konnten hier auf ihre Funktionsfähigkeit hin getestet werden. Aufgrund kleiner Depots an einem Linienanfang und beim wichtigsten Einspeisepunkt für Verstärkerzüge spielte ebenfalls die Depotverfügbarkeit eine entscheidende Rolle.

Die Auswirkungen des Einsatzes unterschiedlicher Zuggrößen werden ebenfalls getestet. Hierbei werden die Zuggrößen jeweils neu berechnet. Einschränkungen der zulässigen Zuggrößen werden nur in Zeiten starker Nachfrage vorgenommen.

Auf eine komplette Anwendung aller Berechnungsvorschriften wurde aufgrund der ohnehin sehr aufwendigen Simulation verzichtet. Daher wurden einige beschriebene Sonderfälle, wie sehr starke Fahrgastanstiege in der HVZ, nicht vertiefend betrachtet. Auch der Einsatz von Taktzügen inklusive der Optimierung der Auslastungen der Taktzüge konnte aufgrund des erheblichen Programmieraufwandes nicht in die Überprüfung einbezogen werden. 1

Als maximale Zugfolgezeit werden 6,67 Minuten gewählt. Dieser Wert liegt nahe bei den in Kapitel 5.5.6 angegebenen Zeiten, die von Fahrgästen noch nicht als Zugangshürde empfunden werden. Des weiteren ermöglicht dieser Takt eine gleichmäßige Unterteilung des Grundtaktes, um im Falle geringer Nachfrage ein gleichmäßiges Angebot bereitstellen zu können.

10.2 Wahl der Beispielstrecke

Als Anwendungsfall für die theoretisch hergeleiteten Formeln der verkehrsabhängigen Betriebsführung soll die Berliner U-Bahnlinie U5 herangezogen werden. Sie ist eine der drei deutschen Strecken, auf denen eine nachträgliche Automatisierung vorgesehen ist und erfüllt damit die Randbedingung der flexiblen Betriebsführung. Außerdem war es durch den Kontakt zu den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) möglich, erforderliche Streckendaten und Fahrgastzahlen für die gewählte Linie zu bekommen, um so über eine Simulation einen

1 Bei einem realen Einsatz der verkehrsabhängigen Betriebsführung sollte aufgrund der Bedeutung einer Anschlusssicherung zu anderen Schnellverkehrssystemen ein taktgebundenen Grundangebot mit Verstärkerzügen zur Anwendung kommen, da die in Deutschland für eine Automatisierung vorgesehenen Strecken alle in größere Netze eingebunden sind. Hierbei sollte ein Takt von mindestens 20 Minuten gewählt werden. Er sollte sich am Takt der Züge orientieren, zu denen ein Umsteigevorgang ermöglicht werden soll. Ein engerer Takt bewirkt eine erhebliche Verschlechterung des erreichbaren Verkehrswirkungsgrades. Für die Verstärkerzüge könnte auch hier eine maximale Zugfolgezeit von 6,67 Minuten gewählt werden. 83 Vergleich der Verkehrswirkungsgrade im konventionellen und verkehrsabhängigen Betrieb anzustellen.

10.3 Vorstellung der Beispielstrecke

Bei der gewählten Beispielstrecke handelt es sich um eine auf separatem Gleiskörper geführte U-Bahn-Großprofil-Strecke von insgesamt 18,4 km Länge vom Stadtzentrum zu den östlichen Randgebieten Berlins (siehe Bilder 10-1 und 10-2). Die Strecke besteht aus einem unterirdischen Altbauabschnitt von Alexanderplatz bis Friedrichsfelde und einem im wesentlichen oberirdischen (ab Biesdorf Süd) Neubauabschnitt von Tierpark bis Hönow, der in den 70er und 80er Jahren erbaut wurde. (Md) ) Straße (GK) Bü Platz (E) ) Straße (LL) Platz (Sr) ) - ) Wh Tk ( Süd ( Hö ( Lewin Grottkauer - Alexanderplatz (Al) Schillingstraße (Si) Strausberger Weberwiese (WR) (FT) Samariterstraße (Sa) Frankfurter Allee (Ff) Magdalenenstraße (Li) Friedrichsfelde (Fi) Tierpark ( Biesdorf Elsterwerdaer Wuhletal Kaulsdorf Nord (KL) Neue Cottbusser Platz (C) Hellersdorf (HD) Louis Hönow

km 0,58 0,8 0,9 0,63 0,73 0,74 0,74 0,82 1,18 1,19 1,87 1,12 1,38 1,46 0,86 0,74 0,76 0,83 1,05

Bild 10-1: Streckenband der Berliner U-Bahn-Linie U5 und Stationsabstände; eigene Darstellung nach [BVG 00]2

Al Si Sr WR FT Sa Ff Md Li Fi Tk Bü E Wh KL GK C HD LL Hö

min 2 1 2 1 2 1 2 1 2 2 3 2 2 3 1 2 1 2 2 min 1 2 1 2 1 2 1 2 2 2 3 2 2 2 2 1 2 1 2

Bild 10-2: Fahrzeiten der Berliner U-Bahn-Linie U5 in beide Richtungen; [Info 02]

Eine Verlängerung der Strecke um 4 km ab Bahnhof Alexanderplatz über die Haltepunkte Berliner Rathaus, Spreeinsel, Unter den Linden, Brandenburger Tor, Reichstag bis zum Lehrter Bahnhof ist in Planung. Der Bau ist jedoch trotz teilweiser Fertigstellung von 2 Bahnhöfen (Reichstag und Lehrter Bahnhof) und 2 km der Tunnelröhren aufgrund der angespannten Berliner Haushaltslage auf unbestimmte Zeit verschoben [Kut 02].

2 Der Haltepunkt Frankfurter Tor wurde umbenannt in Rathaus . Im Rahmen dieser Arbeit wird jedoch die alte Bezeichnung weiter verwendet. 84 Entlang der Berliner U5 existieren 2002 an 7 Stationen Abstellanlagen, wobei insgesamt 58 Vollzüge mit 6 Wagen (3 DTW) sowie 13 Züge mit 2 DTW (unter Vermeidung von unterschiedlichen Zuglängen auf einem Gleis) abgestellt werden können [BVG 1999].

Die Orte der Depots und die Zahl der abstellbaren Züge sind in der Tabelle 10-1 enthalten.

Station Anzahl Vollzüge Anzahl 2-DTW-Züge Alexanderplatz 6 1 Frankfurter Allee 3 Tierpark 2 Biesdorf Süd 3 Kaulsdorf Nord 2 Friedrichsfelde 25 4 Hönow 17 8 Tabelle 10-1: Anzahl der Abstellanlagen der Berliner U-Bahn-Linie U5 [BVG 00]

Die U-Bahn-Linie U5 bietet vielfältige Umsteigemöglichkeiten zu anderen Stadtschnellverkehren, Fernbahnen, Straßenbahnen und Bussen an. So existieren am Bahnhof Alexanderplatz Verknüpfungen zur U-Bahn-Linie U8 sowie an den Bahnhöfen bzw. Haltepunkten Alexanderplatz, Frankfurter Allee, Lichtenberg und Wuhletal Verknüpfungen zu verschiedenen S-Bahn-Linien. Insbesondere am Haltepunkt Wuhletal ist die Herstellung von Anschlüssen zwischen U- und S-Bahn wünschenswert, da ein bahnsteiggleicher Übergang vorliegt und eine große Anzahl von Umsteigern auftritt. Der hierfür zu berücksichtigende S-Bahn-Takt beträgt 20 Minuten.

Für die Befahrung der Strecke Alexanderplatz – Hönow wird im Regelbetrieb inklusive aller Haltezeiten eine Fahrzeit von 34 Minuten realisiert. Ein kompletter Fahrzeugumlauf, der sich aus der doppelten Fahrzeit der Fahrzeuge und den Wendezeiten am Linienanfang und -ende zusammensetzt, benötigt unter der Annahme einer Wendezeit von jeweils 10 Minuten eine Zeit von 88 Minuten.

(10-1) tu = 2 tr + tWA + tWE tu = Umlaufzeit eines Wagens tr = Reisezeit einschließlich Haltestellenaufenthalte tWA = Wendezeit am Linienanfang tWE = Wendezeit am Linienende

tu = 2×34+ 2×10 = 88Minuten

Der hierfür erforderliche Fahrzeugbedarf b errechnet sich über:

tu (10-2) b = tz = Taktzeit (je Zeitabschnitt konstante Fahrzeugfolgezeit) t z

88 b = = 26,66 » 27 3,3 Für eine Taktzeit von 3,3 Minuten ergibt sich ein Fahrzeugbedarf von 27 Fahrzeugen. Dieser Bedarf tritt vor allem in der Hauptverkehrszeit auf und stellt somit den maximalen Fahrzeugbedarf dar (ohne Berücksichtigung von Reservefahrzeugen).

85 10.4 Eingesetzte Fahrzeugtypen

Auf der U5 werden 2002 ausschließlich Fahrzeuge der Baureihe H (Bild 10-3)eingesetzt. Die ersten Fahrzeuge dieser Bauart wurden am 14.12.1996 in Betrieb genommen. Sie sind durchgehend begehbar und nicht entkuppelbar.

Bild 10-3: Baureihe H; [Berlin 02] Die Baureihe H ist durch die folgenden konstruktiven Parameter gekennzeichnet. Länge 98 740 mm Breite 2 650 mm Höchstgeschwindigkeit 70 km/h Sitzplätze 208 Stehplätze (4 Pers./m2) 553 Plätze gesamt (4 Pers./m2) 761 Plätze gesamt (Komfortbemessung) 444 Tabelle 10-2: Konstruktive Parameter der Baureihe H; [Fahr 02; BVG 1999]

Bild 10-4: U-Bahn-Fahrzeug der Baureihe DL 68; [Berlin 02]

86 Im Jahre 1994, aus dem die vorliegenden Fahrgastzahlen stammen, wurden auf dieser Linie Fahrzeuge der Baureihen DL 68 (Bild 10-4) und DL 70 eingesetzt.

Von der Baureihe DL 68 wurden in den Jahren 1968 bis 1970 von Orenstein & Koppel 68 Einheiten bestehend aus 136 Wagen geliefert. Von den DL70 - Zügen wurden 1970 bis 1973 30 Einheiten bestehend aus 60 Wagen geliefert. Die Baureihe DL ist seit 1991 auf der U5 im Einsatz [Fahr 02]. 1993 wurden die letzten Fahrzeuge der Vorgängerbaureihe D-I von der U5 abgezogen. Bei allen auf der U5 eingesetzten Fahrzeugen handelt es sich um Gleichstrom- fahrzeuge, die über seitliche von unter bestrichene Stromschienen mit einer Spannung von 750 V versorgt werden.

10.5 Verkehrliche und betriebliche Charakteristika der U5

Die verkehrliche Bedeutung der einzelnen Bahnhöfe wird aus der folgenden Grafik ersichtlich, in der die Zahl der Personen pro Tag dargestellt ist, die auf den einzelnen Bahnhöfen der U5 in die Züge zusteigen (beide Richtungen).

Bahnhofsbelastung der U5 in Personen / Tag (Stand 10/98)

70.000

60.000

50.000

40.000

30.000

20.000

10.000 Personen pro Tag (beide Richtungen)

0 Al Sr FT Ff Li Tk E KL C LL Haltepunkte

Bild 10-5: Bahnhofsbelastung der U5; eigene Darstellung nach [BVG 00]

Aus der Grafik 10-5 wird ersichtlich, dass der Bahnhof Alexanderplatz am Linienanfang der U5 der mit Abstand am höchsten belastetste Bahnhof der gesamten Strecke ist. Dieser Bahnhof bietet damit eine gute Basis für eine Berechnung des Fahrzeugbedarfes in Abhängigkeit von der Fahrgastnachfrage. Die Streckenbelastungen, auf denen die Simulation beruht, sind im Anhang - Streckenbelastungen grafisch dargestellt.

87 Die im Fahrzeug überwachten maximalen Streckenhöchstgeschwindigkeiten betragen bei der Berliner U-Bahn im Großprofil 70 km/h [Dro 00].

Für die Bedienung der Linie U5 im konventionellen Betrieb bestehen feste Takte. In der Hauptverkehrszeit werden Zugfolgezeiten von mindestens 3,3 Minuten realisiert. Das bedeutet, dass innerhalb von 10 Minuten drei Züge ausfahren. In der in Spätverkehrszeit liegt die maximale Zugfolgezeit bei 10 Minuten. Erste und letzte Fahrten werden mit max. 20 min Zugfolgezeit durchgeführt.

Einige Züge verkehren nur über einen verkürzten Linienweg. Dieser führt von Alexanderplatz in der Hauptverkehrszeit sowie sonnabends bis Kaulsdorf-Nord (Länge: 14,14 km - Einsparung: 4,24 km), sonst wochentags in der NVZ und SVZ bis Biesdorf Süd (Länge: 10,18 km - Einsparung: 8,2 km). Betroffen sind montags bis freitags 11 Züge pro Stunde; sonnabends 8 Züge pro Stunde. Das bedeutet, dass montags bis sonnabends fast jeder 2. Zug vorzeitig endet [BVG 00].

Um auch beim konventionellen Betrieb eine Anpassung des Angebotes an die Nachfrage zu erzielen, wird in Ferienzeiten eine Erhöhung der Fahrzeugfolgezeiten von 3,3 (3 Züge in 10 Minuten) auf 4 Minuten praktiziert, um bei geringeren Fahrgastzahlen einen wirtschaft- licheren Zugeinsatz zu gewährleisten. Eine minimale Fahrzeugfolgezeit von 2,5 Minuten ist im regulären Betrieb möglich [Schäfer 02].

Die Bedienung erfolgt für beide Richtungen einer Linie immer in gleicher Taktfolge. Die maximale Verzögerung bei einer Taktänderung in einer Richtung beträgt 10 Minuten, bis auch die andere Richtung diesem Takt angepasst wird.

Im Vorhaben Star wird als Ziel für den automatischen U-Bahn Betrieb in Berlin eine dichte Zugfolge (auch in Schwachlastzeiten) mit flexiblen Zuglängen formuliert [Rit 01]. Das Zielsystem für einen artreinen, automatischen und fahrerlosen Betrieb soll Zugfolgen von 90 Sekunden ermöglichen [Dro 00].

10.6 Auslastung

Die bei der Berliner BVG erzielten Auslastungsgrade lagen (Zählung vom 19.4.1994) bezogen auf eine Stunde bei maximal 66 % (Streckenabschnitt KL-Wh, Richtung Alexanderplatz, Intervall von 6.00 bis 7.00 Uhr). Die Auslastung über den gesamten Betriebstag erreichte auf den höchstbelasteten Steckenabschnitten maximale Werte von 25,6 % (Bild 10-6) (Streckenabschnitt Ff - Md, Richtung Hönow) [BVG 1994].

Die Auslastung entlang der Strecke ist nicht gleichmäßig (siehe Bild 10-6 und Anhang - Streckenbelastung). Sie erreicht im Abschnitt Al - Fi sehr hohe Werte, nahe der maximalen Auslastung. Es sind trotz starker Fahrgastwechsel kaum Veränderungen in der Querschnittsbelastung zu verzeichnen.

Der Abschnitt Fi - Hö ist deutlich geringer ausgelastet und verzeichnet zudem erhebliche Schwankungen in der Querschnittsbelastung. Ein Maximum in der Auslastung wird zwischen KL und Wh erreicht. Auf dem Abschnitt HD - Hö sinkt die Auslastung auf die geringsten Werte der gesamten Strecke.

88 Aufgrund der Charakteristika in der Auslastung kann die Bedienung in zwei Bereiche mit einem unterschiedlich dichten Angebot unterteilt werden. Als Querschnitte zur Angebotsvariation bieten sich aufgrund der Stellplatzkapazitäten und Auslastung Fi (Depot für 27 Vollzüge), Tk, Bü, und KL (Depot für zusammen 7 Vollzüge) an.

Auslastung U5 Richtung Hönow, 19.4.1994

30

25

20

Auslastung in % 15

10

5

0 Al Si Sr WR FT Sa Ff Md Li Fi Tk Bü E Wh KL GK C HD LL Hö

Bild 10-6: Auslastung U5 Richtung Hönow; 19.4.1994; eigene Darstellung nach [BVG 1994]

Die im Bild 10-6 gezeigte Auslastung ist bezogen auf das rechnerische Gesamtplatzangebot mit 4 Stehplätzen pro Quadratmeter. 1994 befanden sich noch keine H-Züge im Einsatz, sondern vorwiegend Züge der Baureihe F (708 Plätze; 77 Sitz- und 159 Stehplätze je Doppeltriebwagen). Bei einer Auslastung von 32,6% sind im Stundenmittel alle Sitzplätze besetzt.

10.7 Bedeutung der Haltepunkte der U5

Wesentlicher zu optimierender Umsteigepunkt der U5 ist der Bahnhof Wuhletal, an dem ein bahnsteiggleicher Übergang zur S-Bahn gewährleistet werden soll. Dieser sollte beim verkehrsabhängigen Betrieb durch ein im 20-Minuten-Takt nach Fahrplan verkehrendes Grundangebot an Zügen über die gesamte Streckenlänge gewährleistet werden. Hierfür sollten Vollzüge, bestehend aus 3 DTW, zum Einsatz kommen.

Entlang der Berliner U5 [BVG 1999] ergeben sich die in Bild 10-5 dargestellten langfristigen Belastungszahlen für die einzelnen Haltepunkte. Die Zahlen beziehen sich auf die Summe der Einsteiger beider Fahrtrichtungen und verdeutlichen damit die jeweilige verkehrliche Bedeutung der Haltepunkte. Auffallend ist die sehr große Bahnhofsbelastung am Linien- anfang in Alexanderplatz sowie die sehr geringe Belastung am anderen Linienanfang in Hönow.

Eine richtungsbezogene Belastungsangabe ist für die verkehrsabhängige Betriebsführung noch wertvoller. Hieraus kann bei einer Fahrgasterfassung im Bahnhof die richtungsabhängige prozentuale Aufteilung der Fahrgastströme berechnet werden. Außerdem

89 ist eine genauere Berechnung der verkehrlichen Bedeutung der Haltepunkte in jede Richtung möglich.

Prozentualer Anteil der Haltepunkte an Gesamtzahl der Einsteiger Fahrtrichtung Alexanderplatz; Betriebstag 19.4.1994

12

10

8

Einsteiger in % 6

4

2

0 Hö LL HD C GK KL Wh E Bü Tk Fi Li Md Ff Sa FT WR Sr Si Al Haltepunkte

Bild 10-7: Prozentualer Anteil an der Gesamtzahl der Einsteiger (Fahrtrichtung Alexanderplatz; Betriebstag 19.4.1994); eigene Darstellung nach [BVG 1994]

Prozentualer Anteil der Haltepunkte an Gesamtzahl der Einsteiger Fahrtrichtung Hönow; Betriebstag 19.4.1994

35

30

25

20 Haltepunkte 15

10

5

0 Al Si Sr WR FT Sa Ff Md Li Fi Tk Bü E Wh KL GK C HD LL Hö Einsteiger in %

Bild 10-8: Prozentualer Anteil an der Gesamtzahl der Einsteiger (Fahrtrichtung Hönow; Betriebstag 19.4.1994); eigene Darstellung nach [BVG 1994]

Der 19.4.1994 ist ein repräsentativer Tag, da er außerhalb von Ferien- oder Urlaubszeiten und innerhalb einer Arbeitswoche (Dienstag) ohne angrenzende Feiertage lag.

90 Die aktuellen Belastungszahlen eines Haltepunktes bHP entsprechen nicht dem langfristig ermittelten Wert, sondern streuen um diesen. Nach Aussage von Schäfer [Schäfer 02] besteht derzeit in Berlin keine Konstanz bei den Fahrgastströmen. Aufgrund häufiger Änderungen des Liniennetzes durch Umbau- und Neubaumaßnahmen (z.B. veränderte Ladenöffnungszeiten, abschnittsweiser Ringschluss bei der S-Bahn) verändern und verlagern sich die Fahrgastströme häufig. Erst ab 2006, wenn alle großen Umbauprojekte abgeschlossen sind, ist mit relativ konstanten Fahrgastströmen zu rechnen. Dennoch kann insbesondere bei schlechten Witterungsverhältnissen von Abweichungen (Mehrbelastungen) in Höhe von 20 - 25% [Schäfer 02] ausgegangen werden. In Ferienzeiten treten teilweise deutliche Nachfrage- rückgänge auf. Im Rahmen der Simulation werden an jedem Bahnhof Streuungen der Mittelwerte im Bereich von ± 20 % angesetzt. Als Grundlage für die Berechnungen in dieser Arbeit dienen die richtungsgenauen Bahnhofsbelastungen.

Die für die weitere Simulation verwendeten BVG-Zahlen von 1994 sind nur Hilfsmaterial, um die Anwendbarkeit der erstellten Formeln zu testen. Es liegt nicht in der Absicht der Arbeit, eine aktuelle Planungshilfe für die BVG zu erarbeiten. Vor einer Umsetzung in die Praxis sind ohnehin neue Zählungen erforderlich.

10.8 Kapazitäten in verschiedenen Verkehrszeiten

Die Berliner BVG orientiert sich bei der Bemessung des Verkehrsangebotes an der Nachfrage in der jeweiligen Verkehrszeit. Es wird am maßgebenden Querschnitt in Lastrichtung bei vollständiger Auslastung der Sitzplätze ein Besetzungsgrad der Stehplätze angestrebt, der die folgenden Vorgaben nicht überschreitet:

- HVZ als Mittelwert über 20 min Spitze: 80 % Besetzungsgrad der Stehplätze - HVZ als Mittelwert über Spitzenstunde: 65 % Besetzungsgrad der Stehplätze - NVZ als Mittelwert über Spitzenstunde: 50 % Besetzungsgrad der Stehplätze - SVZ als Mittelwert über Spitzenstunde: 20 % Besetzungsgrad der Stehplätze.

Die rechnerische Gesamtkapazität, die in den verschiedenen Verkehrszeiten ausgelastet werden soll (Anzahl der Fahrgäste / Gesamtzahl der Sitz- und Stehplätze) nimmt damit die folgenden Werte an.

Bemessungskapazitäten [%]

SVZ 20

NVZ 50

HVZ 65 Verkehrszeiten HVZ 80

Gesamt

0% 20% 40% 60% 80% 100% 120% Prozentuale Auslastung der Gesamtkapazität

Bild 10-9: rechnerische Bemessungskapazitäten (Wunschauslastung) von Zügen in Abhängigkeit der Verkehrszeiten; eigene Berechnung

91 Im Nahverkehrsplan Berlin 1997 – 1999 sind die Betriebszeiten zeitlich definiert. Diese Vorgaben wurden um BVG-eigene Festlegungen ergänzt (kursiv) [BVG 1999].

Hauptverkehrszeit HVZ 05.00-08.00 Uhr 14.00-18.30 Uhr

Normalverkehrszeit NVZ 08.00-14.00Uhr 18.30-20.00 Uhr Sa. 08.00-16.00Uhr

Schwachverkehrszeit SVZ 04.00-05.00 Uhr 20.00-00.30 Uhr Sa. 05.30-8.00 Uhr Sa. 16.00- 1.30Uhr So. 20.00-0.30 Uhr

Nachtverkehr 00.30-04.00 Uhr

Wochenendverkehrszeit Sa. 16.00-20.00 Uhr So. 10.00-20.00 Uhr

Auf der Berliner U5 können Züge mit maximal 6 Wagen eingesetzt werden. 2 Wagen (Doppeltriebwagen - DTW) bilden dabei jeweils eine Einheit, die betrieblich nicht getrennt fahren kann. Die Züge der H-Baureihe, die auf der U5 derzeit zum Einsatz kommt, bestehen immer aus 3 DTW, sie sind nicht entkuppelbar, da sie durchgehend begehbar sind. In einem DTW bestehen bei 60 Sitz- und 88 Stehplätzen zu den unterschiedlichen Verkehrszeiten unter Berücksichtigung der Vorgaben der BVG [BVG 1999] Kapazitäten Q in folgenden Höhen:

QHVZ 80 = 130 Personen QHVZ 65 = 117 Personen QNVZ 50 = 104 Personen QSVZ 20 = 78 Personen.

Diese Zahlen gelten für eine 100 %ige Auslastung der Sitzplätze zuzüglich der definierten prozentualen Auslastung der Stehplätze entsprechend der o.a. Vorgaben. Mit diesen unterschiedlichen Auslastungen soll den Ansprüchen der Nutzer an Schnellverkehrsmittel zu verschiedenen Verkehrszeiten aber auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten Rechnung getragen werden.

Damit kann die Formel (7-2) zur Berechnung der Zugkapazitäten in Abhängigkeit der Verkehrszeit mit konkreten Werten beaufschlagt werden. Bei größeren Fahrzeugen stehen in Abhängigkeit von der Verkehrszeit die in Tabelle 10-3 genannten Fahrzeugkapazitäten zur Verfügung.

Fahrzeug 2 DTW 3 DTW 2 DTW 3 DTW 2 DTW 3 DTW 2 DTW 3 DTW 80% 80% 65% 65% 50% 50% 20% 20% Plätze im 260 390 234 351 208 312 156 234 U-Groß- profil Tabelle 10-3: Bemessungskapazitäten (Plätze pro Zug) von U-Bahn-Großprofilfahrzeugen der BVG mit 2 bzw. 3 DTW in Abhängigkeit der Verkehrszeiten; eigene Berechnung

92 Bei 100%iger Auslastung der H-Baureihe ergibt sich nach der Rahmenfestlegung der BVG [BVG 1999] eine Gesamtkapazität des aus 3 DTW bestehenden Zuges von 444 Plätzen. Diese Zahl wird den Berechnungen dieser Arbeit zugrunde gelegt. Andere Quellen [Star 5/99, Bau 00 und Lip 96] besagen, dass bei 4 Pers./m2 im H-Zug 748 Plätze vorhanden sind, davon 568 Stehplätze. Die Streuung der Angaben basiert auf verschiedenen Auslastungsbedingungen. Den im Rahmen dieser Arbeit angestellten Berechnungen wird die geringere Platzzahl zugrunde gelegt, die den Fahrgästen einen höheren Komfort bietet. Unter dieser Annahme besteht beim Vollzug noch eine erhebliche Kapazitätsreserve von 304 Plätzen im Falle extrem hoher Nachfrage.

Ist die Auslastung entlang einer Strecke sehr ungleichmäßig, können Verstärkerzüge auf dem stark belasteten Abschnitt eingesetzt werden. Bei der BVG ist hierfür vorgeschrieben, dass Verstärkerfahrten auf verkürztem Linienweg in der Regel soweit zu führen sind, bis die ermittelte Querschnittsbelastung unter 20% der maximalen Querschnittsbelastung gesunken ist, um eine gleichmäßige Auslastung der Fahrzeuge zu ermöglichen [BVG 1999].

Zur Abdeckung der Nachfrage (Stand April 2000) werden bei der BVG Berlin montags bis freitags 12 komplette Kurse pro Stunde und 11 „kleine“ Kurse pro Stunde (im Berufsverkehr ab Alexanderplatz bis Kaulsdorf-Nord, sonst bis Biesdorf-Süd) eingesetzt. Damit steht unter Zugrundelegung der Soll-Auslastung für den Streckenabschnitt Alexanderplatz - Kaulsdorf- Nord bzw. Biesdorf-Süd (23 Kurse) und Kaulsdorf-Nord bzw. Biesdorf-Süd - Hönow (12 Kurse) ein stündliches Angebot mit der folgenden Kapazität zur Verfügung:

Besetzungsgrad HVZ 80% HVZ 65% NVZ 50% SVZ 20% Stehplätze H-Baureihe 390*23 = 8970 351*23 = 8073 312*23 = 7176 234*23 = 5382 23 Kurse H-Baureihe 390*12 = 4680 351*12 = 4212 312*12 = 3744 234*12 = 2808 12 Kurse Tabelle 10-4: derzeitige Beförderungskapazität in Plätzen pro Stunde nach Verkehrszeiten; eigene Berechnung

Ein derartiges, durch einen starren Takt fest vorgegebenes Angebot kann Schwankungen in den Fahrgastzahlen kaum berücksichtigen.

Das Zugangebot, welches zum Zeitpunkt der Fahrgastzahlerfassung 1994 zum Einsatz kam, kann aufgeschlüsselt nach Stunden und Haltepunkten dem Anhang 4 entnommen werden. Auf dieser Basis wurde auch die Berechnung des Verkehrswirkungsgrades beim konventionellen Betrieb im Folgekapitel vorgenommen.

10.9 Verkehrswirkungsgrad beim konventionellen U-Bahn-Betrieb

Der Verkehrswirkungsgrad als das Verhältnis der nachgefragten Personenkilometer zu den angebotenen Platzkilometern wurde für 1994 berechnet. Hierzu wurde das Zugangebot aus dem Fahrplan 1993/94, Region Berlin [BVG 93] entnommen. Der angestrebte Auslastungsgrad wurde auf Basis des damals zugrunde gelegten Platzangebotes von 708 Plätzen pro Zug (Baureihe DL 70) berechnet. Die in Kapitel 10.8 dargelegte, nach Verkehrszeiten variierende prozentuale Auslastung der Stehplätze wurde auch hier angewendet. Die Nachfrage wurde aus der Verkehrszählung vom 19.4.1994 [BVG 94] entnommen.

93 Aus diesen Zahlen konnte für jede Stunde sowie für den gesamten Tag der Verkehrs- wirkungsgrad beim konventionellen Betrieb bestimmt werden (siehe Anhang - Verkehrswirkungsgrade).

Der Gesamtverkehrswirkungsgrad für die Richtung Hönow beträgt 28 %. Die besten Werte konnten mit 59 % in der Stunde von 20.00 bis 21.00 Uhr erzielt werden. Die ungünstigsten Werte zwischen 5.00 und 7.00 Uhr mit 11 % (siehe Tabelle 13-1).

Der Gesamtverkehrswirkungsgrad für die Richtung Alexanderplatz beträgt 25 %. Die besten Werte konnten mit 59 % in der Stunde von 6.00 bis 7.00 Uhr erzielt werden. Die ungünstigsten Auslastungen ergaben sich zwischen 23.00 und 0.00 Uhr mit 3 % (siehe Tabelle 13-1).

Diese starken Abweichungen in beiden Richtungen zeigen, dass die Fahrgastströme im Tages- verlauf sehr ungleichförmig sind, was sich ungünstig auf den Gesamtverkehrswirkungsgrad auswirkt.

94 11 Anwendung des Verfahrens der verkehrsabhängigen Betriebsführung auf die U-Bahn-Linie U5 der Berliner BVG

Die in den Kapiteln 7, 8 und 9 allgemeingültig hergeleiteten Berechnungsformeln zur ver- kehrsabhängigen Betriebsführung sollen in diesem Kapitel exemplarisch auf die Berliner U- Bahn-Linie U5 angewandt werden. Diese Strecke eignet sich besonders gut als Beispiel, da sie sowohl über einen stark als auch über einen schwach frequentierten Anfangsbahnhof ver- fügt und damit beide Verfahren angewendet werden können.

11.1 Ermittlung der Zugfolgezeit

Stark frequentierter Anfangsbahnhof

Für die Berechnung der erforderlichen Zugfolgezeiten am Bahnhof Alexanderplatz in Fahrt- richtung Hönow kann das in Kapitel 7 hergeleitete Verfahren zur Ermittlung der Zugfolgezeit für stark belastete Anfangsbahnhöfe herangezogen werden, da die durchschnittliche Auslas- tung über einen Wochentag in Al bereits 84,24 % der Auslastung am maßgeblichen Quer- schnitt beträgt (Anhang 2 - Auslastungen).

In der Formel (7-1) y = Ma / Mm wird berücksichtigt, in welcher Größenordnung die Erhöhung der Fahrgastzahlen zwischen dem Anfangsbahnhof der Linie und dem maßgeblichen Quer- schnitt ausfällt.

In Richtung Hönow erstreckt sich der maßgebliche Querschnitt bei der U5 aufgrund einer relativ gleichmäßigen Auslastung auf den Bereich zwischen Strausberger Platz und Magdale- nenstraße. Zur Bestimmung von y wird daher für jeden Stundenabschnitt des 19. 4. 1994 der Quotient aus dem prozentualen Auslastungsgrad zwischen Alexanderplatz und Schillingstraße und dem prozentualen Auslastungsgrad am höchstbelasteten Querschnitt (unabhängig seiner Lage) herangezogen [BVG 1994].

Uhr- 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9- 10- 11- 12- 13- 14- 15- 16- 17- zeit 10 11 12 13 14 15 16 17 18 y 0,49 0,88 0,51 0,63 0,49 0,64 0,89 0,84 0,72 0,58 0,45 0,55 0,85 0,95

Uhrzeit 18-19 19-20 20-21 21-22 22-23 23-24 y 1,00 0,97 0,87 0,97 1,00 0,89

Tabelle 11-1: Besetzungsgrad-Verhältnis y; Verhältnis der Auslastung von Alexanderplatz zur höchsten Auslastung der Strecke - Fahrtrichtung Hönow; eigene Berechnung nach Zahlen [BVG 1994]

Das Besetzungsgrad-Verhältnis y variiert zwischen 1,0 und 0,45. Die geringsten Werte treten in der morgendlichen HVZ zwischen 6 und 10 Uhr auf. Zu dieser Zeit sind die Fahrgast- ströme in entgegengesetzter Richtung, also stadteinwärts, von besonderer Bedeutung. In die untersuchte Richtung sind dagegen geringere Fahrgastaufkommen zu verzeichnen. Nachmit- tags dagegen treten die Fahrgastströme schwerpunktmäßig in Richtung Hönow auf. Die Be- setzungsgradverhältnisse y sollten aufgrund der starken Variationen nach umfangreichen Er- hebungen stündlich oder tageszeitlich für die Berechnungen modifiziert werden.

95 Eine zweite Fahrgastzahlerfassung erfolgt vor Friedrichsfelde und entscheidet über das vor- zeitige Enden von Zugläufen. Die hier auftretenden y sind in der Tabelle 11-2 zusammenge- stellt. Das y stellt in diesem Fall den Quotienten zwischen der Auslastung in Friedrichsfelde und dem restlichen Streckenabschnitt dar.

Uhr- 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9- 10- 11- 12- 13- 14- 15- 16- 17- zeit 10 11 12 13 14 15 16 17 18 y 0,91 1,18 1,16 1,39 1,19 0,64 0,74 1,17 1,03 1,04 0,72 0,47 0,78 0,89

Uhrzeit 18-19 19-20 20-21 21-22 22-23 23-24 y 1,16 1,11 1,29 1,44 1,19 1,39 Tabelle 11-2: Besetzungsgrad-Verhältnis y, Verhältnis der Auslastung vor dem Bahnhof Friedrichsfelde zur höchsten Auslastung der Reststrecke - Fahrtrichtung Hönow; eigene Be- rechnung nach Zahlen [BVG 1994]

Die Werte für y liegen zwischen 0,47 und 1,44. Die Mehrzahl der Werte liegt im Bereich über 1,0. Zu den meisten Tageszeiten sinkt die Belastung der Züge bis zum vorrangig vorgesehe- nen Enddepot in Biesdorf Süd weiter ab. Insgesamt liegt die Nachfrage auf dem Streckenab- schnitt erheblich unterhalb der restlichen Streckenauslastung.

Eine Ausnahme bildet die Zeit zwischen 13 und 18 Uhr, in der auch auf dem Streckenab- schnitt zwischen Friedrichsfelde und Hönow erhebliche Fahrgastzahlen zu verzeichnen sind. In diesem Zeitabschnitt, der größtenteils zur HVZ zählt, treten stadtauswärts die stärksten Verkehrsströme auf. Die in die Berechnungen eingehenden Werte für y sollten daher auch hier stündlich oder in Abhängigkeiten der Tageszeiten mehrfach angepasst werden.

Die für die Simulation gewählten Werte für y, die während der Testläufe mehrfach modifi- ziert wurden, sind im Kapitel 12.2 enthalten.

Schwach frequentierter Anfangsbahnhof

In Richtung Alexanderplatz ist die Festlegung des zu berücksichtigenden Besetzungsgrades problematischer. Ursache sind die geringen Fahrzeugbesetzungsgrade am Anfangsbahnhof in Hönow, die über den gesamten Tag (19.4.1994) bei nur 1,5 % lagen und in keiner Stunde 5,2 % der angebotenen Kapazitäten überstiegen [BVG 1994]. Hierbei ergibt sich im Tagesdurch- schnitt ein Besetzungsgrad-Verhältnis y zwischen Hönow und der stärksten Auslastung der Strecke von nur 0,06. Dies ist zur Berechnung der verkehrsabhängigen Betriebsführung er- heblich zu niedrig. Das für die Berechnung des Fahrzeugbedarfes relevante y muss daher erst bei einem späteren Haltepunkt bestimmt werden.

Hierfür bieten sich die Haltepunkte Hellersdorf (HD)1 oder Kaulsdorf Nord (KL)2 an. Die Belastung dieser Bahnhöfe wird zur Belastung am maßgeblichen Querschnitt (der für jede Stunde neu bestimmt wird) ins Verhältnis gesetzt. Dieser Wert gibt Aufschluss über die im weiteren Streckenverlauf zu erwartenden Fahrgastanstiege. Ein y = 1 bedeutet, dass am ent- sprechenden Querschnitt in der gewählten Stunde die maximale Streckenbelastung eintritt.

1 Die durchschnittliche Auslastung der Züge nach Ausfahrt in Hellersdorf betrug am 19.4.94 über den Tag 13,3 %. 2 Die durchschnittliche Auslastung der Züge nach Ausfahrt in Kaulsdorf Nord betrug am 19.4.94 über den Tag 22,1 % [BVG 94]. 96

Uhr- 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9- 10- 11- 12- 13- 14- 15- 16- zeit 10 11 12 13 14 15 16 17 y (HD) 0,23 0,52 0,46 0,58 0,38 0,57 0,44 0,52 0,56 0,87 0,58 0,49 0,78 y (KL) 0,44 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 0,62 0,72 0,69 0,85 0,58 0,87 0,86

Uhrzeit 17-18 18-19 19-20 20-21 21-22 22-23 23-24 y (HD) 0,71 0,27 0,29 0,41 0,23 0,20 0,17 y (KL) 0,75 0,46 0,52 0,49 0,23 0,17 0,31 Tabelle 11-3: Besetzungsgrad-Verhältnis y, Verhältnis der Auslastung am Bahnhof Hellers- dorf bzw. Kaulsdorf Nord zur höchsten Auslastung der Strecke - Fahrtrichtung Alexander- platz; eigene Berechnung nach Zahlen [BVG 1994]

Das Verhältnis der Besetzungsgrade y von HD zum maßgeblichen Querschnitt beträgt lang- fristig 0,55 (13,3 % / 24,5 %).

Die Werte für das Besetzungsgrad-Verhältnis y liegen in der Zeit von 4:00 – 5:00 Uhr bei 0,23 bzw. 0,44 sowie von 21.00 – 24.00 Uhr bei beiden möglichen Erfassungs-Bahnhöfen zwischen 0,17 und 0,31. Diese Werte sind für eine gute Bemessung des Angebotes kaum noch geeignet.

Von 5:00 bis 18:00 Uhr variiert y in Fahrtrichtung Alexanderplatz ausgehend vom Bahnhof Hellersdorf zwischen 0,87 und 0,44; ausgehend von Kaulsdorf Nord zwischen 1,00 und 0,58. Kaulsdorf Nord wäre aufgrund der hohen Auslastung ein idealer Bahnhof für die Bemes- sungsberechnung. Er liegt jedoch in einer Entfernung von 5 Stationen bzw. 8 Minuten zum Anfangsbahnhof Hönow. Sollen alle Züge die ganze Strecke durchgehend von Hönow aus befahren, so vergehen jeweils 8 Minuten, ehe optimal auf das jeweilige Fahrgastaufkommen reagiert werden kann.

Der Zeitbedarf für das Befahren der Strecke von Hönow nach Hellersdorf beträgt 3 Minuten für 2 Stationen. Der Erfassungsquerschnitt für die Fahrgastzahlen sollte aufgrund der kürzeren Fahrzeit vom Anfangsbahnhof daher HD sein. Das bedeutet, dass der Besetzungsgrad in HD über die Abfahrtszeiten in Hönow entscheidet.

Eine Festlegung eines y Wertes zwischen Hellersdorf und dem maßgeblichen Querschnitt ist nur sinnvoll, wenn bereits in Hönow die Berechnung des Fahrzeugbedarfes für die Ge- samtstrecke erfolgen soll. Zur Vermeidung von Überlastungen kann zusätzlich ein weiterer Erfassungsquerschnitt Hochlast sowie ein Einspeisepunkt für Verstärkerzüge festgelegt wer- den.

Zweistufige Auslastungsrechnung und Streckenbedienung

Da die Auslastung des Streckenabschnittes von Hönow bis Friedrichsfelde (Fi) deutlich hinter der Auslastung der restlichen Strecke zurückbleibt, wird eine zweigeteilte Bedienung der Strecke favorisiert. Hierzu sollte, wie in Kapitel 8 dargestellt, Hellersdorf (HD) als Bemes- sungsquerschnitt Niedriglast herangezogen werden. Damit erfolgt die Bedarfsberechnung in HD nur für den schwach belasteten Abschnitt. Das ymeß (siehe Gleichung (8-4)) wird als Quo- tient aus den Fahrgastaufkommen in HD und Kaulsdorf Nord (KL) gebildet, da nach dem Haltepunkt KL die stärkste Auslastung auf dem schwach belasteten Streckenabschnitt erreicht wird. Im Tagesdurchschnitt liegt der Wert für ymeß bei 0,60 (13,3 / 21,1). Eine nachträgliche

97 Messung der aktuellen Fahrgastzahlen an einem höher belasteten Erfassungsquerschnitt Hochlast sowie die Einspeisung von Verstärkerzügen ist bei diesem Verfahren zwingend er- forderlich.

Als Erfassungsquerschnitt Hochlast eignet sich Tierpark (Tk), da hier das Fahrgastaufkom- men stark ansteigt. Als Einspeisepunkt der Verstärkerzüge wird Biesdorf Süd (Bü) gewählt, da hier Fahrzeugdepots zur Verfügung stehen. In Ausnahmefällen, in denen nicht ausreichend Fahrzeuge in Bü bereitgestellt werden können, erfolgt der Verstärkereinsatz an den in Kapitel 10.3 genannten Zwischenbahnhöfen Tk und Fi, die ebenfalls über Abstellanlagen verfügen.

Die erste Stufe der Auslastungsrechnung erfolgt als Besetzungsgrad-Verhältnis zwischen den Haltepunkten Hellersdorf und Kaulsdorf Nord. Uhr- 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9- 10- 11- 12- 13- 14- 15- 16- zeit 10 11 12 13 14 15 16 17 y 0,55 0,52 0,46 0,58 0,38 0,57 0,71 0,72 0,81 1,02 1 0,72 0,92

Uhrzeit 17-18 18-19 19-20 20-21 21-22 22-23 23-24 y 0,95 0,60 0,55 0,83 1 1,14 0,55

Tabelle 11-4: Besetzungsgrad-Verhältnis y, Verhältnis der Auslastung am Bahnhof Hellers- dorf zum Bahnhof Kaulsdorf Nord - Fahrtrichtung Alexanderplatz; eigene Berechnung nach Zahlen [BVG 1994]

Es zeigt sich, dass y in den ersten Stunden des Tages deutlich geringere Werte annimmt, als in den Nachmittagsstunden. Eine Anwendung von im Laufe des Tages variierenden y ist daher sinnvoll.

Die zweite Stufe der Auslastungsrechnung erfolgt nach dem Bahnhof Tierpark im Vergleich zum maßgeblichen Querschnitt der Gesamtstrecke.

Uhr- 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9- 10- 11- 12- 13- 14- 15- 16- zeit 10 11 12 13 14 15 16 17 y 0,41 0,82 0,57 0,50 0,62 0,49 0,63 0,39 0,5 0,67 0,33 0,55 0,55

Uhrzeit 17-18 18-19 19-20 20-21 21-22 22-23 23-24 y 0,73 0,68 0,66 0,61 0,74 0,63 0,31 Tabelle 11-5: Besetzungsgrad-Verhältnis y, Verhältnis der Auslastung nach dem Bahnhof Tierpark zu maßgeblichen Querschnitt - Fahrtrichtung Alexanderplatz; eigene Berechnung nach Zahlen [BVG 1994]

Die sich ergebenden Auslastungsverhältnisse variieren im Tagesverlauf zwischen 0,31 und 0,82. Von besonderer Bedeutung ist die morgendliche HVZ, in der die Hauptfahrgastströme stadteinwärts auftreten. Daher sollte auf diese Zeit bei der Festsetzung von y besonders geach- tet werden.

Die in die Simulation eingeflossenen y Werte sind in Kapitel 12.2 dokumentiert.

98 Datenauswertung

Bei der zweistufigen Berechnung der Streckenbedienung durch reguläre Züge und Verstär- kerzüge ist ein Aspekt besonders zu beachten. Eine sofortige Verarbeitung der Fahrgastzahlen am Erfassungsquerschnitt Hochlast nach jeder Zugdurchfahrt verfälscht die Ergebnisse, da die Verstärkerzüge mit Sicherheit geringer besetzt sind, als die Langläufer. Es fehlen die auf dem ersten Streckenabschnitt bis Bü (bzw. dem aktuellen Einspeisepunkt der Verstärkerzüge) auf- tretenden Fahrgäste (Fehler). Da aber insbesondere die Prognose der zu erwartenden Fahr- gastzahlen so exakt wie möglich ausfallen soll, muss mit den richtigen Eingangswerten (der Summe der in einem Zeitabschnitt auftretenden Fahrgäste auf einem definierten Linienab- schnitt) gearbeitet werden. Aus der Nichtberücksichtigung der geringeren Anfangsbesetzung der Verstärkerzüge (es fehlen die in der Zwischenzeit auf den ersten, nicht mit bedienten Hal- tepunkten der Linie eingetroffenen Fahrgäste) folgen durchschnittlich eine geringere Auslas- tung der Verstärker und eine etwas höhere Belastung der langlaufenden Züge. Demzufolge darf die Auswertung der Fahrgastzahlen jeweils erst nach einem aus Hönow kommenden Zug erfolgen.

Der Einsatz der Verstärkerzüge, welche die prognostizierten Fahrgastzuwächse auffangen sollen, erfolgt nach der Durchfahrt der Langläufer.

11.2 Festlegung von Schwellenwerten zur Verhinderung des Oszillierens bei Einsatz mehrerer Zuggrößen

In Kapitel 7.1 wurde das Erfordernis von Schwellwerten zur Vermeidung des Oszillierens bei Einsatz mehrerer Zuggrößen erläutert.

Vergrößerung der eingesetzten Zuglänge

Eine Zugfolgezeit, ab deren Unterschreitung nur größere Züge zum Einsatz kommen, sollte in der HVZ sowie in der Viertelstunde vor erwartetem Beginn der HVZ zwischen 3 Minuten (doppelte minimale Zugfolgezeit) und ca. 4 Minuten liegen. Somit kann ggf. ein Verstärker- zug nachträglich eingeschoben werden. Bei sehr schnellen Fahrgastanstiegen in der morgendlichen HVZ ist eine Abweichung von diesen Vorgaben empfehlenswert. Insbesondere ist der zeitliche Abstand zwischen Anfangs- bahnhof und maßgeblichem Querschnitt bzw. Stationen mit hohem Einsteigerpotenzial zu berücksichtigen.

In der NVZ wären 2 Minuten ausreichend, da die Kapazitätsreserven ohnehin höher sind. Formel (7-8) geht also über in (11-1).

(11-1) Wenn nalt = 2/3 und ma / y ³ Zn alt und tSchwelle = takt = tmax => nneu = 2/3 mit tSchwelle NVZ = 2 Min und tSchwelle HVZ = 3 Min

Verringerung der eingesetzten Zuglänge

Wird bis zur maximalen Zugfolgezeit die Wunschauslastung nicht erreicht, sollte die Fahr- zeuggröße verringert werden.

99

In der Simulation wurden keine Schwellenwerte angewendet. Dennoch war das Oszillieren kein Problem.

Stattdessen wurde immer die in Abhängigkeit der aktuellen Fahrgastzahl kleinste mögliche Fahrzeuggröße eingesetzt. Die nicht berücksichtigten Schwellenwerte hatten hier zur Folge, dass sehr kleine Fahrzeuge in sehr dichter Taktfolge verkehrten.

Um Überlastungen zu vermeiden wurde zu bestimmten Verkehrszeiten (HVZ) die zulässige Fahrzeugmindestgröße fest vorgegeben. Die exakten Vorgaben enthalten die Kapitel 13.6 und 13.7.

11.3 Depotverfügungszeit bei der Berliner U-Bahn-Linie U5

Ein besonders schneller Anstieg der Fahrgastzahlen in der Hauptverkehrszeit ist bei der U5 nicht gegeben. Jedoch sind die Depotzahlen am Linienanfang Alexanderplatz mit 6 Abstell- plätzen für Vollzüge und einem Platz für 2/3-Züge sehr gering (siehe Kapitel 10.3). Daher muss der Depotverfügungszeit und der daraus resultierenden erforderlichen Einschränkung bei Abweichungen der Fahrzeugfolgezeiten für beide Richtungen besonderes Augenmerk geschenkt werden.

Die Zeitdauer, für welche die Reservekapazität an Zügen in den Abstellanlagen ausreicht, hängt zum einen von der Zugfolgedifferenz zwischen den ankommenden und ausfahrenden Zügen ab. Bei der für den automatischen Betrieb der Berliner U-Bahn U5 angestrebten mini- malen Zugfolgezeit von 90 Sekunden [Dro 00] sowie der bei der verkehrsabhängigen Be- triebsführung angestrebten maximalen Zugfolgezeit von 6,67 Minuten ergibt sich eine Diffe- renz von 5,16 Minuten. Weiterhin ist die Kapazität der Abstellanlage wichtig. Die 7 Stellplät- ze am Bahnhof Alexanderplatz sind im ungünstigsten Fall unter den angegebenen zeitlichen Randbedingungen bereits nach 13,4 Minuten ausgeschöpft.

Auf Basis der Formel (8-15) ergibt sich:

Dtab×Dtan 1,5×6,6 (11-2) tDepot = n = 7× = 13,4 [Minuten] Dtan-Dtab 6,6-1,5

Um ein Leerlaufen des Depots zu verhindern, ist die rechtzeitige Überführung von Fahrzeu- gen aus größeren Depots zum Einsatzort erforderlich. Werden von den Fahrzeugdepots längs der Strecke Fahrzeuge angefordert, stehen diese frühestens nach der Anfahrzeit zur Verfü- gung. Diese Fahrzeiten für die Bereitstellung neuer Fahrzeuge von den Fahrzeugdepots zu den möglichen Bereitstellungspunkten (Endbahnhöfe, Haltepunkte mit hoher Fahrgastfrequentie- rung und Bahnhöfe mit Depots) können in Form einer Matrix (Tabelle 11-6) angegeben wer- den. Hierbei sind in der ersten Spalte mögliche Fahrzeugdepots und in der ersten Zeile zweckmäßige Einsatzorte der Fahrzeuge angegeben.

100

Von \ nach Al Ff Li Fi Tk Bü Hö Al 0 9 12 14 16 19 34 Ff 9 0 3 5 7 10 24 Fi 14 5 2 0 2 5 19 Tk 16 7 4 2 0 3 17 Bü 19 10 7 5 3 0 14 KL 25 16 13 11 10 7 8 Hö 34 24 21 19 18 15 0 Tabelle 11-6: Streckenfahrzeiten von Fahrzeugdepots zum Einsatzpunkt in Minuten [BVG Fahrinfo]

Im Beispiel der U5 beträgt die Anfahrzeit zum Einsatzort Alexanderplatz ab Ff 9 min bzw. ab Fi 14 min (siehe Tabelle 11-6). Dies bedeutet, dass die Einsatzzeit, zu der vom nächsten De- pot (hier Frankfurter Allee) Züge bereitgestellt werden müssten, bereits nach 4,4 Minuten erreicht ist. Das große Depot in Friedrichsfelde kommt hierfür aufgrund der Entfernung nicht in Frage.

Auf Basis der Formeln (8-16) und (8-17) folgt:

(11-3) tEinsatz = tDepot - DtZuführ = 13,4 – 9 = 4,4 (Ff) (11-4) tEinsatz = tDepot - DtZuführ = 13,4 – 14 = -0,6 (Fi)

Das Depot in Friedrichsfelde könnte in diesem Fall extrem unterschiedlicher Folgezeiten der Ein- und Ausfahrenden Züge nicht rechtzeitig einen neuen Zug bereitstellen.

tEinsatz 4,4 (11-5) x = = = 2,3 [Züge] Dtab ×Dtan 1,5×6,6

Dtan- Dtab 6,6-1,5

Das bedeutet, dass unter den ungünstigsten Bedingungen bereits bei 2 ausgefahrenen Zügen Ersatzzüge aus dem Depot Ff disponiert werden müssten. Eine derart kurze Dispositionszeit ist für einen störungsfreien Betrieb nicht realisierbar. Daher müssen die möglichen Differen- zen zwischen ankommenden und ausfahrenden Zügen reduziert werden. Wird die minimale Zugfolgezeit mit 2 Minuten festgesetzt und gefordert, dass in der Gegen- richtung die Zugfolgezeit maximal doppelt so hoch sein darf, wie in der stärker belasteten Richtung, so beträgt letztere 4 Minuten.

Bei dieser eher realistischen Betrachtung einer Takthalbierung von 4 Minuten (ankommende Züge) auf 2 Minuten (abfahrende Züge) wäre der Puffer (Abstellgleise Al) nach 28 Minuten erschöpft.

Dtab×Dtan 2×4 (11-6) tDepot = n = 7× = 28 [Minuten] Dtan-Dtab 4 -2

Der nächste Bahnhof mit bedeutender Anzahl und Länge von Abstellgleisen (Fi mit 29 ab- stellbaren Zügen) befindet sich 14 Fahrtminuten entfernt. Zuzüglich einer angenommenen Wendezeit von 2 min vergehen damit 16 min, bis ein Zug aus Fi in Al einsatzbereit wäre.

(11-7) tEinsatz = tDepot - DtZuführ = 28 – 16 = 12 (Fi)

101

Nach 12 Minuten müssten vom Depot in Friedrichsfelde zum Anfangsbahnhof (Alexander- platz) Züge abgeschickt werden, um dort Engpässe zu vermeiden.

tEinsatz 12 (11-8) x = = = 3 [Züge] Dtab ×Dtan 2×4

Dtan- Dtab 4 -2

Dies ist der Zeitpunkt, zu dem der 3. Reservezug in Al bereitgestellt wurde. Bei Bereitstellung von Zügen aus dem Depot Frankfurter Allee braucht erst nach Ausfahrt des 4. Zuges ein Re- servezug zur Engpassvermeidung abgeschickt werden.

(11-9) tEinsatz = tDepot - DtZuführ = 28 – 11 = 17 (Fi)

tEinsatz 17 (11-10) x = = = 4,25 [Züge] Dtab ×Dtan 2×4

Dtan- Dtab 4 -2

Dieses Beispiel zeigt, dass es sinnvoll ist, das Depot Ff als Zwischenpuffer anzusehen. Somit könnte bis zur Ausfahrt des 4. Zuges gewartet werden, bis gleichzeitig aus Ff und aus Fi Er- satzzüge disponiert werden würden. Die Berechnungen verdeutlichen, dass die Kapazitäten der Reservezüge bei nur 7 Stellplätzen und bei stark unterschiedlichen Verkehrsströmen in beide Richtungen schnell erschöpft sind. Diesem kann bei der Betriebsführung Rechnung getragen werden, indem für die Fahrzeug- folgezeiten von Richtung und Gegenrichtung maximal ein Faktor 2 zugelassen wird. Das be- deutet, dass ein 2-Minuten-Takt in einer Richtung maximal einen 4-Minuten-Takt in der ande- ren Richtung (unabhängig von der möglicherweise geringeren Belastung) erlaubt. Die immer noch nicht optimalen Einsatzzeitpunkte für Reservezüge lassen sich grundlegend nur durch bauliche Maßnahmen verbessern. So könnte die Erweiterung des Fassungsvermögens des Fahrzeugdepots in Alexanderplatz um 2 Stellplätze auf 9 Stellplätze bereits eine deutliche Verbesserung bewirken:

Dtab×Dtan 2×4 (11-11) tDepot = n = 9× = 36 [Minuten] Dtan-Dtab 4 -2

(11-12) tEinsatz = tDepot - DtZuführ = 36 – 11 = 25 (Fi)

tEinsatz 25 (11-13) x = = = 6,25 [Züge] Dtab ×Dtan 2×4

Dtan- Dtab 4 -2

Erst nach einer Zeit von 25 Minuten, bzw. bei Ausfahrt von 6 Zügen wäre die Verstärkung durch Einsatzzüge aus Friedrichsfelde erforderlich.

Für den Praxiseinsatz ist es sinnvoll, wenn jedes Depot von dem in Fahrtrichtung vorauslie- genden Depot seine Bedarfszüge anfordert, sobald ein Leerlaufen droht. Bei sehr kleinen De- pots kann dies zur Folge haben, dass bei einer Anforderung von Ersatzzügen diese sofort an ein weiteres Depot weitergegeben werden muss.

102 Alternativ könnte gerade das Depot in Ff nur bei Betriebsbeginn zur Einspeisung von Zügen herangezogen werden, dann aber nicht mehr zur Auffüllung von Al in die Berechnung einbe- zogen werden. Die Anforderung von Al ginge damit direkt an Fi.

103 12 Simulation der verkehrsabhängigen Betriebsführung

Die vorgenommene Simulation dient dem Nachweis, dass das entwickelte und vorgestellte Verfahren der verkehrsabhängigen Betriebsführung funktionsfähig ist.

Für die Simulation wurde mittels der Programmiersprache C ein Programm erstellt, welches über einen gesamten Betriebstag Zugläufe in verkehrsabhängiger Betriebsführung simuliert. Es basiert auf den Streckendaten (von 1994) der Berliner U-Bahn-Linie U5. Die Nachfrage wurde auf Basis der Stundenmittelwerte eines Betriebstages von 1994 berechnet. Die einzelnen Teilbereiche des Programms sowie die in ihm umgesetzten Teile des Verfahrens der verkehrsabhängigen Betriebsführung sollen in diesem Kapitel erläutert werden.

12.1 Erzeugung der Tagesganglinie für die Simulation

Um einen Betriebsablauf simulieren zu können, sind kontinuierliche, bzw. in sehr kleinem Raster vorliegende Fahrgastzahlen erforderlich. Da diese nicht erhältlich waren, mussten sie aus vorliegenden Daten erzeugt werden.

Ausgangspunkt für die Berechnung waren die Fahrgastzahlen eines Betriebstages. Diese lagen in Form einer Tabelle vor, in der im Stundenintervall zwischen allen Haltepunkten der Linie U5 über den ganzen Betriebstag jeweils ein Mittelwert für die Auslastung der Züge gegeben ist. Weiterhin waren die absoluten Zahlen der Ein- und Aussteiger an jedem Haltepunkt als Summe des Betriebstages bekannt. Aus der auf die einzelnen Stunden heruntergebrochenen Auslastung und den Gesamtzahlen der Ein- bzw. Aussteiger ließen sich aus der Kenntnis des Fahrplans und der Kapazität der zum Zeitpunkt der Erhebung eingesetzten Züge Mittelwerte der Fahrgastzahlen für jede Betriebsstunde und jeden Haltepunkt errechnen.

Es wurde die Annahme getroffen, dass der Anteil der aussteigenden Fahrgäste an der Gesamtzahl der Fahrgäste eines Zuges an jeder Station über den Tag konstant bleibt. Somit bietet sich die Möglichkeit, die Zahl der Ein- und Aussteiger an jeder Station zu bestimmen.

Der Anteil der aussteigenden Fahrgäste jedes Zuges errechnet sich:

pOUT (12-1) pOUT-ZUG = LVOR mit: pOUT-ZUG - Anteil der aussteigenden Fahrgäste an einer Station je Zug pOUT - aussteigende Fahrgäste einer Station eines gesamten Betriebstages

LVOR - Linienbelastung (Summe der Fahrgäste des Betriebstages auf dem Streckenabschnitt vor der Station)

Durch Multiplikation dieser Zahl mit der aktuellen Zahl der Fahrgäste eines Zuges kann die Absolutzahl der aussteigenden Fahrgäste je Zug bestimmt werden.

(12-2) POUT = pOUT-ZUG ×ma mit:

POUT - Absolutzahl der aussteigenden Fahrgäste an einer Station je Zug ma - aktuelle Besetzung vor der betrachteten Station

104 Als weitere Größe für die Simulation sind die absoluten Einsteigerzahlen zu erzeugen. Sie ergeben sich aus der Differenz der Fahrgastzahlen hinter und vor dem betrachteten Haltepunkt zuzüglich der Aussteigerzahlen.

(12-3) PIN = POUT + LVOR - LNACH mit:

PIN - Absolutzahl der einsteigenden Fahrgäste an einer Station je Zug

LNACH - Linienbelastung (Summe der Fahrgäste des Betriebstages auf dem Streckenabschnitt nach der Station)

Somit liegen Zahlen für die Summe der Einsteiger jeweils innerhalb eines Stundenintervalls vor. Die Einsteigerfrequenz, d.h. die Zahl der Fahrgäste, die pro Sekunde auf dem Bahnhof eintrifft, ergibt sich durch Division des Mittelwertes der Fahrgastzahl durch 3600.

(12-4) f [1/sek] = M / 3600 mit: M Mittelwert der Fahrgastzahlen über eine Stunde f Fahrgastfrequenz (Fahrgäste pro Sekunde) innerhalb einer Stunde

Somit liegen für jeden Haltepunkt und jede Stunde Mittelwerte der Einsteigerfrequenz vor.

Eine Verwendung dieser aus den mittleren Fahrzeugauslastungen berechneten Einsteigerfrequenz würde zu jedem Stundenwechsel einen sprunghaften Fahrgastanstieg bedeuten. Dies ist unrealistisch. Daher sollen aus diesen Mittelwerten die Tagesganglinien ohne Sprünge und Unstetigkeitsstellen abgeleitet werden. Hierfür wurden zwei Möglichkeiten näher betrachtet.

M 700

M 500 Zahl der Fahrgäste M 400

9:00 10:00 11:00 Zeit

Bild 12-1: Fahrgastzahl als Gerade zwischen zwei Mittelwerten; eigene Darstellung

105 Die erste Möglichkeit (Bild 12-1) besteht in der Berechnung der Fahrgastfrequenz aus den Fahrgastzahlen, die sich durch die Verbindung der berechneten Stunden-Mittelwerte durch Verbindungsgeraden ergeben. In der Summe bleibt hierdurch die korrekte Fahrgastzahl erhalten. Der Verlauf der Fahrgastzahlen und damit auch der Fahrgastfrequenz wäre frei von Sprüngen. Jedoch sind die Maximalwerte, die insbesondere in der Spitzenstunde auftreten, nicht angemessen berücksichtigt, da der Mittelwert einer Stunde dem Maximalwert entspräche. Daher wurde in der Simulation zur Erzeugung einer praxisnahen Tagesganglinie folgende zweite Lösung gewählt (Bild 12-2):

Jeweils zum Stundenbeginn wird die Einsteigerfrequenz als Mittelwert aus den Stundenmitteln der vergangenen und anbrechenden Stunde berechnet.

(12-5) P = (M Stunde A + M Stunde B) / 2 mit: M Mittelwert der Fahrgastzahlen über eine Stunde P Mittelwert der Fahrgastzahlen über zwei aufeinander folgende Stunden

Dieser berechnete Mittelwert P, zum Stundenanfang als Pa und zum Stundenende als Pe bezeichnet, dient als Basiswert. Für die der jeweiligen Stunde wird ein Fahrgastzahlwert Pm berechnet, der berücksichtigt, dass Maximalwerte auftreten, die den Mittelwert deutlich übersteigen. Gleichzeitig soll aber die Gesamtzahl der Fahrgäste je Stunde nicht verändert werden. Demzufolge wird der Wert in der Mitte der Stunde Pm so gesetzt, dass bei linearer Verbindung der Werte am Stundenanfang Pa bzw. -ende Pe mit diesem Wert Pm in der Summe die ursprünglichen Fahrgastmittelwerte M über eine Stunde erhalten bleiben (siehe Bild 12-2).

Pm

700

Pa Pe 500 Zahl der Fahrgäste

400

9:00 10:00 11:00 Zeit

Bild 12-2: Fahrgastzahlberechnung unter Berücksichtigung von Maximalwerten, welche die Stunden - Mittelwerte übersteigen; eigene Darstellung

106 mit: Pa Wert der Fahrgastzahl am Anfang der Stunde Pe Wert der Fahrgastzahl am Ende der Stunde Pm Wert der Fahrgastzahl in der Mitte der Stunde M vorgegebener Mittelwert der Fahrgastzahlen je Stunde

Die Berechnung des Wertes Pm erfolgt unter der Randbedingung, dass die aus den Auslastungen der U5 vom 19.4.1994 bestimmten Mittelwerte für die Fahrgastzahlen für jede Stunde beibehalten werden sollen. Dies ist geometrisch möglich, indem eine Flächen- gleichheit der im Bild 12-2 dargestellten Flächen gewahrt bleibt. Der sich sprunghaft verän- dernde Wert für die Stundenmittel ist als Rechteck dargestellt (Fahrgastzahl · Zeitintervall). Der neue Fahrgastzahlverlauf wird durch die beiden Dreiecke zuzüglich der beiden darunter liegenden Rechtecke ausdrückt.

Herleitung: mit b: Breite des Intervalls = 1 Stunde

b 1 b 1 b (12-6) M ×b = Pe×b + (Pa - Pe) + (Pm- Pa)+ (Pm - Pe) 2 2 2 2 2

Ausmultiplizieren und Umstellen der Formel liefert für Pm:

æ Pe + Pa ö (12-7) Pm = 2 ×M - ç ÷ è 2 ø

Für die im Bild 12-2 angegebenen Zahlen würden sich in der Stunde von 10:00 bis 11:00 Uhr bei einem Stundenmittel M = 700, dem Stundenmittel der Vorstunde von M = 500 und dem der Folgestunde von M = 400 folgende Werte der Einsteigerzahlen ergeben:

Pa = 600 Personen Pe = 550 Personen Pm = 825 Personen.

Es würde demzufolge ein Maximalwert auftreten, der den Ein-Stunden-Durchschnittswert deutlich übersteigt. Die Tagesganglinie verläuft so wesentlich realitätsnäher.

Bei Beginn einer neuen Stunde ist dann Pa (neu) = Pe (alt). Die Werte für Pe und Pm müssen für jede Stunde neu berechnet werden.

Ein Problem dieser Rechnung besteht darin, dass bei sehr kleinen Mittelwerten der ersten Stunde und sehr starken darauf folgenden Fahrgastanstiegen, die in der Morgenspitze eventuell anzutreffen sind, negative Einsteigerzahlen in der schwachen ersten Stunde anzutreffen sind. Um dennoch eine plausible Abbildung (bei einem sehr kleinen Fehler) zu erzielen, werden diese Einsteigerwerte in der Simulation auf Null gesetzt.

Die ermittelten Fahrgastzahlen werden in der Simulation als Fahrgastfrequenzwerte behandelt, also auf Sekundenwerte umgerechnet.

107 Die Einsteigerfrequenz zum Zeitpunkt t berechnet sich als Punkt auf der Geraden zwischen den Werten Pa und Pm bzw. zwischen Pm und Pe. Die Gesamtzahl der Einsteiger eines Zuges ergibt sich durch Integration der Einsteigerfrequenz über die Zeit. Anfangspunkt des Integrals ist die Abfahrtszeit des letzten Zuges. Die numerische Integration mit der Schrittgröße von einer Sekunde ist genau genug und bietet sich an, da die Einsteigerfrequenz ebenfalls jede Sekunde neu berechnet wird. Die Zahl der wartenden Fahrgäste wird über (12-8) bestimmt:

(12-8) Fneu = Falt + 1s * (Fpsalt + Fpsneu)/2 mit: Fneu Zahl der wartenden Fahrgäste nach Zeitschritt Falt Zahl der wartenden Fahrgäste vor Zeitschritt Fpsalt Fahrgäste pro Sekunde (Einsteigerfrequenz) vor Zeitschritt Fpsneu Fahrgäste pro Sekunde (Einsteigerfrequenz) nach Zeitschritt.

Bei Halt eines Zuges wird die Zahl der wartenden Fahrgäste auf Null gesetzt. Eine Ausnahme tritt auf, wenn der Zug seine maximale Kapazität erreicht hat. In diesem Fall bleiben die überzähligen Fahrgäste auf dem Bahnsteig stehen und werden daher bei den Einsteigerzahlen des nächsten Zuges zusätzlich berücksichtigt.

Für die Simulation wurde eine entsprechende Tagesganglinie ermittelt, die auf den Stundenmittelwerten vom 19.4.1994 basiert.

Dabei wurden die stündlichen Mittelwerte des Fahrgastaufkommens zusätzlich einer Schwankung um ± 20 % unterworfen, um so die Reaktion des Systems auf wechselnde Fahrgastströme darzustellen.

Die aus dieser Tagesganglinie bestimmte Fahrgastfrequenz für jede Sekunde wurde mit einer zusätzlichen Streuung von ± 0 bis 200 % überlagert. Hierbei wurden Nachkommastellen zugelassen. Erst bei Zugeinfahrt und damit erfolgter Summenbildung wurde eine Rundung der Fahrgastzahlen auf einen ganzzahligen Wert vorgenommen.

Der prozentuale Anteil der Aussteiger für beide Richtungen und jeden Haltepunkt wurde errechnet aus dem Quotient zwischen der haltepunktbezogenen Aussteigerzahl zur Gesamtzahl der Aussteiger je Richtung als Summe über den Betriebstag.

Pa (12-9) AHP = Ages mit

AHP Aussteiger an einem Haltepunkt in %

Pa Aussteiger an einem Haltepunkt als Summe über den Betriebstag

Ages Gesamtzahl der Aussteiger als Summe über den Betriebstag

Die der Simulation zugrunde liegenden Fahrgastfrequenzen (ohne Überlagerung durch Streuungen) sind im Anhang – Fahrgastfrequenzen grafisch dokumentiert.

108 12.2 Teilbereiche der Simulation

Die Simulation dient dem Nachweis der grundlegenden Funktionsfähigkeit des entwickelten Verfahrens der verkehrsabhängigen Betriebsführung.

Folgende Eingangswerte wurden bei der Simulation verwendet:

Depotverfügbarkeit

Es werden die Depots in Hönow, Biesdorf Süd, Tierpark, Friedrichsfelde und Alexanderplatz für die Berechnung der Depotverfügbarkeit und die Zugbereitstellung mit der Zahl der vorhandenen Zug-Abstellplätze berücksichtigt. Die Depots in Frankfurter Allee sowie in Kaulsdorf Nord werden nicht in die Simulation einbezogen. Diese Depots verfügen nur über sehr geringe Kapazitäten. Sie eignen sich insbesondere für die morgendliche Betriebs- aufnahme, um innerhalb kurzer Zeit Fahrzeuge auf der gesamten Strecke verteilen zu können. Entscheidungen über Zugausfahrten werden nur in den drei Depots Hönow, Alexanderplatz und Biesdorf Süd getroffen. Beide am Linienanfang gelegenen Depots sind zum Einsatz von Zügen zur Bedienung der gesamten Linienlänge vorgesehen. Biesdorf Süd dient der Bereit- stellung von Verstärkerzügen auf verkürztem Linienweg. Wenn das Depot Biesdorf Süd leergelaufen ist, werden die Verstärkerzüge in Tierpark, bzw. bei dessen Leerlaufen in Friedrichsfelde eingesetzt. Sie belegen die für Biesdorf Süd vorgesehenen Trasse (Zeitlage), starten also lediglich versetzt um die Fahrzeit zwischen Biesdorf Süd und dem Einsatzbahnhof.

Um das Leerlaufen von Depots zu vermeiden, werden von dem vorausliegenden Depot Dispositionszüge angefordert. Das Depot Alexanderplatz fordert die Dispositionszüge in Biesdorf Süd an, das Depot Biesdorf Süd in Hönow und das Depot Hönow in Alexanderplatz. Eine Anforderung ist nur dann möglich, wenn die Fahrzeugfolgezeit der eintreffenden Züge kleiner als die Fahrzeugfolgezeit der ausfahrenden Züge ist. Somit wird ein permanenter Kreislauf der Dispositionszüge verhindert.

Um zu den HVZ bei einem sehr kurzfristigen Anstieg der Fahrgastzahlen ein Leerlaufen der Depots zu vermeiden, wurde zum Beginn der morgendlichen HVZ der Bedarf an Reservefahrzeugen im Depot Hönow heraufgesetzt, zum Beginn der nachmittaglichen HVZ der Bedarf an Reservezügen in Alexanderplatz. Damit werden die Dispositionszüge schon frühzeitig angefordert und auf die Strecke geschickt. Ihr Eintreffen am Zieldepot fällt ungefähr mit dem Anstieg der Fahrgastzahlen und dem daraus resultierenden erhöhten Fahrzeugbedarf zusammen.

Zugfolgezeiten

Die maximalen Zugfolgezeiten betragen 6,66 Minuten, die minimalen Zugfolgezeiten betragen 90 Sekunden. Kommt es im Verlauf der Simulation dazu, dass zum Ausfahrtszeitpunkt aufgrund eines leergelaufenen Depots kein Zug bereit steht, so fällt dieser Zug aus. Wenn ein Verstärkerzug aus einem Mitteldepot erforderlich ist, aber keine freie Trasse zur Verfügung steht, fällt der Zug ebenfalls aus. Eine Überlagerung durch einen Taktzug wird in der Simulation nicht getestet. Die Zugfolgezeit in die schwächer belastete Richtung darf nicht größer werden als das doppelte der Zugfolgezeit in die stark belastete Richtung.

109 Streckeneinteilung

Die Strecke wird in zwei Bereiche unterschiedlicher Bedienungsdichte unterteilt. Auf dem stadtnahen Abschnitt zwischen Biesdorf Süd (bei Leerlaufen Tierpark bzw. Friedrichsfelde) und Alexanderplatz wird eine dichtere Bedienung angeboten. Zwischen Hönow und Biesdorf Süd erfolgt die Bedarfsrechnung anhand der für diesen Bereich prognostizierten Fahrgastzahlen.

Erfassung der Fahrgastzahlen; Verhältnis der Besetzungsgrade y; Verstärkerzugeinsatz

Die Abfrage der Fahrgastzahlen von streckenseitigen Geräten zur Berechnung der erforderlichen Zugfolgezeiten erfolgt für die Richtung Alexanderplatz - Hönow (stadtauswärts) am Bahnhof Alexanderplatz und vor dem Bahnhof Friedrichsfelde. Hierbei werden für die Verhältnisse der Besetzungsgrade y zwischen dem Abfragequerschnitt und dem höchsten Aufkommen des Abschnittes in Abhängigkeit der Tageszeit wie folgt festgelegt:

Alexanderplatz y = 0.8 y = 0,7 von 15:00 bis 16:45 Uhr vor Friedrichsfelde stadtauswärts y = 1.5 y = 1,0 von 15:00 bis 16:45 Uhr

Damit ist gewährleistet, dass nur die Züge bis Hönow durchfahren, die zur Einhaltung der maximalen Zugfolgezeit erforderlich sind bzw. die auch nach Biesdorf Süd einen ausreichenden Besetzungsgrad aufweisen. Der Wert y wurde absichtlich sehr hoch angesetzt, um zu testen, ob die Funktionsfähigkeit des Verfahrens auch ohne eingebaute Reserven gegeben ist.

Eine weitere Modifizierung und feinere Aufgliederung von y nach Tageszeiten könnte Verbesserungen im Hinblick auf die Vermeidung von Überlastungen und die Erhöhung des Verkehrswirkungsgrades bewirken.

Stadteinwärts (in Richtung Hönow - Alexanderplatz) erfolgt die Fahrgastabfrage hinter Hellersdorf. Die hier erfassten Fahrgastzahlen beeinflussen die Fahrzeugfolgezeiten ab Hönow. Die Fahrgastzahl wird zur Bestimmung von y ins Verhältnis gesetzt zu der im Abschnitt Kaulsdorf Nord – Wuhletal erwarteten Fahrgastzahl. Eine zweite Fahrgastzahlerfassung erfolgt hinter Tierpark. Die Fahrgastzahl wird zur Bestimmung von y ins Verhältnis gesetzt zur höchsten Fahrgastzahl im weiteren Streckenverlauf. Der hier erhobene Wert entscheidet über die Zahl und Zeitlagen der Verstärkerzüge ab Biesdorf Süd.

Die Verhältnisse der Besetzungsgrade y werden für die Simulation für beide Querschnitte wie in Tabelle 12-1 angegeben festgelegt:

4.00 bis 7.00 Uhr ab 7:01 Uhr Hellersdorf y = 0.5 y = 0.7 Tierpark y = 0.5 y = 0.7 Tabelle 12-1: Verhältnisse der Besetzungsgrade in der Simulation; eigene Darstellung

Bei der Berechnung der erforderlichen Fahrzeugfolgezeiten stadteinwärts hat die berechnete Zugfolgezeit des Innenstadtbereiches Vorrang. Das bedeutet, dass die Fahrzeugfolgezeit in

110 Hönow auf Kosten eines leicht erhöhten Besetzungsgrades des Außenastes gegebenenfalls leicht verzögert wird. Das Ziel besteht darin, eine Fahrzeugfolgezeit zu erreichen, die ein Vielfaches der für den Innenstadtbereich berechneten Fahrzeugfolgezeit beträgt. Hierdurch können optimale Trassen für die Verstärkerzüge freigehalten werden, solange sich die Fahrgastzahlen nicht erheblich ändern. Damit ergibt sich ein sehr wirtschaftlicher Einsatz der Verstärkerzüge.

Die Erfassung der Fahrgastzahlen erfolgt nach dem Bahnhof Tierpark bei jedem Zug. Die Berechnung des Fahrzeugbedarfes dagegen darf nur nach Zügen vorgenommen werden, die aus Hönow kommen, um so die Gesamtzahl der Fahrgäste pro Zeiteinheit auf dem gesamten Außenast zu berücksichtigen.

Die Verstärkerzüge werden in jedem Fall erst nach einem Zug eingeschoben, dessen Fahrgastzahlen auf einen höheren Bedarf an Zügen hinweisen.

Zuggrößen

Mittels 10 Simulationsläufen wurde der Betriebsablauf für Fahrzeuge mit 3 DTW (Vollzüge) untersucht, welche über den ganzen Betriebstag Anwendung findet.

Nach einer Programmüberarbeitung wurden drei weitere Testläufe mit 3 DTW vorgenommen. Anschließend wurden je 3 Simulationsläufe mit einer Mindestgröße von 2 DTW sowie mit einer Mindestgröße von 1 DTW vorgenommen. Bei diesen beiden Varianten wurde jeweils zur HVZ von 5:30 bis 7:45 Uhr sowie von 15:00 bis 16:45 Uhr die Zuggröße mit 3 DTW fest vorgegeben. Zwischen 14:00 und 15:00 Uhr wurden als Mindestgröße 2 DTW angesetzt.

In der Simulation wurde in den Depots zur Darstellung der unterschiedlichen Zuggrößen nur mit der Zahl der verfügbaren DTW gerechnet. Die Zusammenstellung einzelner DTW zu Zügen erfolgte erst bei der Zugbereitstellung. In der Realität wären hier zahlreiche Kopplungs- und Entkopplungsvorgänge erforderlich.

111 13 Simulationsergebnisse

Es wurden 10 Simulationsläufe unter der Randbedingung durchgeführt, dass ausschließlich Ganzzüge mit drei DTW zum Einsatz kommen. Durch die Streuungen, mit denen die Fahr- gastzahlen überlagert wurden, konnten hier unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden, die einer realistischen Fahrgastnachfrage sehr nah kommen.

Als Ergebnisse der Simulationsläufe mit 3 DTW sind folgende Daten dokumentiert:

· Berechnung der Verkehrswirkungsgrade für alle 10 Simulationen; für Simulation 1 zusätzlich stundenweise Berechnung des Verkehrswirkungsgrades (siehe Anhang - Verkehrswirkungsgrade) · Auswertung der Simulationen 1, 8 und 10 hinsichtlich der Zahl und Art der eingesetz- ten Züge je Stunde und Richtung · Überschreitungen des Komfortkriteriums in den Simulationen 1, 8 und 10 nach Zeit, Streckenbereich und Größe der Überlast.

Anschließend wurden die Auswirkungen des Einsatzes unterschiedlicher Zuggrößen näher untersucht. In jeweils drei Simulationsläufen wurden Mindestzuggrößen von 2 bzw. 1 DTW zugelassen. Damit waren 2 bzw. 3 verschiedene Zuggrößen im Tagesverlauf im Einsatz. Die erwarteten Fahrgastzahlen wurden wie bei den Simulationen mit einer Zuggröße aus den Fahrgastzahlen am Anfangsbahnhof bzw. am Erfassungsquerschnitt abgeleitet und daraus die erforderlichen Zugfolgezeiten für die kleinste Zuggröße berechnet. Lagen diese oberhalb der Mindestzugfolgezeit von 90 Sekunden, kam die kleinste Zuggröße zum Einsatz. Anderenfalls wurde die Zuggröße gewählt, die zur Aufnahme der erwarteten Fahrgäste ausreichend war. Diese Vorgehensweise bewirkt sehr dichte Fahrzeugfolgezeiten, die im regulären Betrieb auf- grund der damit einhergehenden Störungsempfindlichkeit eher ungeeignet sind. Sie verdeut- licht aber, in welcher Größenordnung der maximal erreichbare Verkehrswirkungsgrad liegt und welches Potenzial damit der verkehrsabhängigen Betriebsweise zugrunde liegt. Ein Bild- fahrplanausschnitt für die Simulation mit 2 Zuggrößen in der Zeit von 8.00 bis 10.00 Uhr liegt im Anhang – Bildfahrplan vor.

Mit den Simulationen konnte nachgewiesen werden, dass das vorgestellte Grundverfahren der verkehrsabhängigen Betriebsführung für stark und schwach belastete Anfangsbahnhöfe sowie für Verstärkerzüge auf verkürztem Linienweg inklusive der Depotverfügbarkeit über einen ganzen Betriebstag störungsfrei funktioniert, ohne dass es zu Zugausfällen oder erheblichen Überfüllungen der eingesetzten Züge kommt. Ebenso konnten die Auswirkungen aus dem Einsatz unterschiedlicher Zuggrößen auf den Betriebsablauf und den Verkehrswirkungsgrad getestet werden.

13.1 Auswertung des 1. Simulationslaufes

Randbedingung

Im Simulationslauf wurden nur Vollzüge (3 DTW) eingesetzt. Das Programm läuft über einen Betriebstag.

112 Verkehrswirkungsgrad

Es werden im Tagesverlauf 704 Züge eingesetzt. Die angebotenen Platzkilometer und die nachgefragten Personenkilometer sind nachfolgend gegenübergestellt.

Richtung Alexanderplatz 1.855.037 Platzkilometer 499.842 Personenkilometer Verkehrswirkungsgrad 0,27

Richtung Hönow 1.683.473 Platzkilometer 583.808 Personenkilometer Verkehrswirkungsgrad 0,35

Der erzielte Verkehrswirkungsgrad liegt für beide Richtungen zusammen bei 0,306. Das be- deutet, dass ca. ein Drittel der angebotenen Fahrzeugkilometer entsprechend dem Komfortkri- terium durch Personen ausgelastet werden kann.

Ein Vergleich mit den verfügbaren Daten aus 1994 zeigt, dass der erzielte Verkehrswirkungs- grad gesteigert werden konnte. Die 1994 angebotenen Platzkilometer und die nachgefragten Personenkilometer sind nachfolgend gegenübergestellt. Berechnungsbasis für die Platzkilo- meter sind die damals eingesetzten Züge mit 708 Plätzen, davon 231 Sitzplätze. In der SVZ standen damit 326, in der NVZ 469 und in der HVZ 541 Plätze pro Zug zur Verfügung.

1994 Richtung Alexanderplatz 1.628.623 Platzkilometer 412.692 Personenkilometer Verkehrswirkungsgrad 0,25

1994 Richtung Hönow 1.702.597 Platzkilometer 481.305 Personenkilometer Verkehrswirkungsgrad 0,28

In Richtung Alexanderplatz wurde eine Steigerung des Verkehrswirkungsgrades um 2% er- zielt, in Richtung Hönow um 7%. Hierbei sind die nachgefragten Personenkilometer um 21,2% gestiegen, die angebotenen Platzkilometer jedoch nur um 6,2 %.

Die erzielten Verkehrswirkungsgrade im konventionellen Betrieb und beim verkehrsabhängi- gen Betrieb (Simulation 1) sind im Stundenraster in der folgenden Tabelle gegenübergestellt.

Zeit 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9-10 10- 11- 12- 13- 14- 11 12 13 14 15 konv. 0,42 0,45 0,59 0,35 0,26 0,31 0,28 0,28 0,24 0,23 0,14 Richtg. Alex. Simu 0,127 0,246 0,614 0,567 0,322 0,347 0,313 0,334 0,26 0,251 0,167 Richtg. Alex. konv. 0,13 0,11 0,11 0,23 0,14 0,18 0,14 0,22 0,35 0,43 0,40 Richtg. Hönow Simu 0,085 0,082 0,178 0,30 0,169 0,219 0,173 0,266 0,376 0,574 0,579 Richtg. Hönow

113 Zeit 15- 16- 17- 18- 19- 20- 21- 22- 23- 16 17 18 19 20 21 22 23 24 konv. 0,23 0,16 0,08 0,12 0,18 0,20 0,10 0,09 0,03 Richtg. Alex. Simu 0,302 0,276 0,179 0,158 0,148 0,145 0,089 0,071 0,056 Richtg. Alex. konv. 0,33 0,38 0,50 0,31 0,34 0,59 0,25 0,15 0,17 Richtg. Hönow Simu 0,532 0,639 0,645 0,475 0,329 0,391 0,222 0,124 0,145 Richtg. Hönow

Tabelle 13-1: Verkehrswirkungsgrade in Prozent - konventioneller Betrieb [BVG 1994] und verkehrsabhängiger Betrieb (Simulation) auf Basis der Berliner U5; Fett unterlegt ist der hö- here Wirkungsgrad je Stunde; eigene Darstellung

Richtung Alexanderplatz

Eine Steigerung des Verkehrswirkungsgrades durch Anwendung des neu entwickelten Ver- fahrens der verkehrsabhängigen Betriebsführung ist sowohl in der NVZ (8.00 – 14.00 Uhr) als auch in der HVZ sehr deutlich zu erreichen. In der Stunde von 7-8 Uhr konnte sogar eine Steigerung um 21,7 Prozentpunkte im Vergleich zum konventionellen Betrieb erzielt werden. In den meisten Stunden liegt der Zuwachs bei ca. 3 Prozentpunkten. Insbesondere der Beginn sowie das Ende der Hauptverkehrszeiten kann viel sensibler erfasst und darauf reagiert wer- den. Aufgrund der feinfühligeren Anpassung des Angebotes an die Nachfrage ist durch die verkehrsabhängige Betriebsführung ein erheblich wirtschaftlicherer Fahrzeugeinsatz möglich. In der nachmittaglichen NVZ und vor allem in der SVZ konnte das Ziel eines erhöhten Ver- kehrswirkungsgrades noch nicht realisiert werden. Grund hierfür ist die im Vergleich zum konventionellen Betrieb kürzere Zugfolgezeit bei Beibehaltung der Vollzüge als einzige ein- gesetzte Zuglänge.

Richtung Hönow

In der Zeit von 6 bis 19 Uhr ist durch die Anwendung des neu entwickelten Verfahrens der verkehrsabhängigen Betriebsführung eine teilweise erhebliche Steigerung des Verkehrswir- kungsgrades realisiert worden. Die stärkste Erhöhung konnte mit einer Erhöhung um 25,9 Prozentpunkte in der Stunde von 16.00 – 16.59 realisiert werden. Auch hier stößt das Verfah- ren in der SVZ an seine Grenzen, da die Zuggröße nicht weiter vermindert wurde und die Zugfolgezeit im Vergleich zum konventionellen Betrieb verkürzt wurde.

In der ersten Stunde der Simulation von 4.00 bis 4.59 Uhr wird nur ein sehr ungünstiger Ver- kehrswirkungsgrad erzielt, da aufgrund der geringen Zahl der in den Depots eintreffenden Fahrzeuge deutlich zu viele Dispositionszüge angefordert werden. Eine weitere Steigerung ist möglich, wenn die Anlaufprobleme im Simulationslauf beseitigt werden, indem die ersten Züge analog zum konventionellen Betrieb nach einer vorgegebenen Reihenfolge auf die Stre-

114 cke geschickt werden. Erst wenn auf der gesamten Strecke Züge unterwegs sind, ist der An- lauf des Verfahrens empfehlenswert.

Insgesamt starten in der Simulation in der Zeit von 4:00 bis 4:59 Uhr (Schwachverkehrszeit) Züge, die 122.859 Platzkilometer anbieten (24 · 18,4 km · 234 Plätze + 4 · 10,18 km · 234 Plätze + 6 · 7,12 km · 234 Plätze)1. 1994 dagegen boten die Züge, die zwischen 4:00 und 4:59 Uhr starteten, 62.693 Platzkilometer an (10 · 8,4 km · 326 + 1 · 8,31 km · 326 Plätze)2. Das bedeutet, dass durch das Simulationsprogramm in der ersten Betriebsstunde 60.166 Platzki- lometer mehr als im Vergleichsjahr angeboten werden, ohne dass hierfür ein echter Bedarf vorliegt.

Würde beim verkehrsabhängigen Betrieb in der ersten Stunde zur Vermeidung der Anlauf- problematik die gleiche Zugzahl eingesetzt werden, wie 1994, so würde sich der Gesamtwir- kungsgrad um ein halbes Prozent auf 0,311 erhöhen (1.083.650 Personenkilometer / 3.478.344 Platzkilometer).

Zugeinsatz

Es kamen 704 Züge zum Einsatz.

Beim Zugeinsatz wird unterschieden nach normalen Zügen (Einsatz erfolgt wegen ausrei- chendem Besetzungsgrad oder abgelaufener maximaler Zugfolgezeit), Dispositionszügen (Einsatz erfolgt, um ein leerlaufendes Depot aufzufüllen) und Verstärkerzügen (Einsatz er- folgt stadteinwärts auf verkürztem Linienweg, um den erhöhten Bedarf in Innenstadtnähe abzudecken). Zusätzlich wird die Zahl der in Richtung Hönow auf verkürztem Linienweg verkehrenden Züge erfasst. Diese ist als Teilmenge der Züge Richtung Hönow zu verstehen.

Die Summe aller Züge in beide Richtungen (normale Züge, Dispositionszüge und Verstärker) ist in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Zugeinsatz pro Stunde und Richtung 4- 5- 6- 7- 8- 9- 10- 11- 12- 13- 14- 15- 16- 17- 18- 19- 20- 21- 22- 23- 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Richtg. 19 15 25 24 17 13 13 14 14 15 15 21 25 28 19 15 21 14 13 14 Alex Richtg. 15 15 19 27 19 15 13 13 14 14 16 15 22 28 22 18 17 14 15 15 Hönow Beide 34 30 44 51 36 28 26 27 28 29 31 36 47 56 41 33 38 28 28 29 Richt. 1994 11 23 27 29 24 24 24 24 24 24 28 36 36 35 19 14 12 12 12 12 beide Richt.

Tabelle 13-2: Zahl der eingesetzten Züge beim verkehrsabhängigen Betrieb (1. Simulations- lauf) nach Richtungen im Vergleich zum konventionellen Betrieb, eigene Darstellung

1 Für die Kapazitätsberechnung wird in der SVZ eine 100%ige Auslastung der Sitzplätze und eine 20%ige Aus- lastung der Stehplätze zugrunde gelegt. Basis sind 444 verfügbare Plätze eines Vollzuges. 2 Als Basis dienen 708 Plätze eines Vollzuges, da die damalige Bemessung auf dieser Grundlage erfolgte. 115 Der stärkste Zugeinsatz ist in der HVZ zwischen 16 und 18 Uhr sowie in der HVZ zwischen 6 und 8 Uhr erforderlich. Die Stunde des höchsten Zugbedarfes ist von 17 bis 18 Uhr. In der SVZ (3 Stunden) sowie mittags in der NVZ (6 Stunden) schwankt der Zugbedarf zwischen 26 und 32 Zügen und liegt damit auf gleichbleibend niedrigem Niveau.

Im Vergleich zu 1994 fällt der Zugbedarf höher aus. Ursache hierfür ist das veränderte zugrunde gelegte Platzangebot (1994: 708 Plätze pro Zug; Simulation: 444 Plätze pro Zug), welches den Fahrgästen einen erhöhten Fahrkomfort gewähren soll. Auffallend ist, dass der Bedarf an Fahrzeugen in der Zeit von 9:00 – 16:00 Uhr trotz dieser stark veränderten Berechnungsbasis kaum größer ausfällt als 1994. In dieser Zeit ist demzu- folge durch die verkehrsabhängige Betriebsführung eine deutliche Steigerung des Verkehrs- wirkungsgrades zu erzielen. In der HVZ, besonders in den Zeiten des stärksten Zugeinsatzes, verschlechtert sich der Verkehrswirkungsgrad im Vergleich zu 1994, jedoch sinkt gleichzeitig die Gefahr starker Überlastungen. In der SVZ ist der Zugeinsatz bei der verkehrsabhängigen Betriebsführung deutlich zu hoch. Ursache besteht in der verkürzten maximalen Zugfolgezeit sowie der ausschließlichen Berücksichtigung von Vollzügen.

Dispositionszüge

Im Tagesverlauf kommen 194 Dispositionszüge zum Einsatz. Dies sind 28 % aller eingesetz- ten Züge. Die Anforderung der Dispositionszüge beruht auf den Leerlaufbedingungen der Depots. Diese Züge kommen selbstverständlich dem Fahrgasttransport zugute.

In Richtung Alexanderplatz werden 52 Dispositionszüge eingesetzt. Sie kommen fast aus- schließlich (45 Züge) in der Zeit zwischen 15 und 21 Uhr zum Einsatz. Weitere 5 Züge wer- den zum Anlaufen des Systems in der ersten Stunde (4 bis 5 Uhr) benötigt. Hier besteht bei einer Optimierung des Anlaufens noch erhebliches Einsparpotenzial. Die Zugeinspeisung könnte ähnlich dem derzeit eingesetzten System erfolgen.

In Richtung Hönow kommen 142 Dispositionszüge zum Einsatz. Das Maximum ist in der morgendlichen HVZ mit 59 Dispositionszügen zwischen 4 und 10 Uhr erkennbar. Dennoch werden in Richtung Hönow in jeder Stunde des Tages Dispositionszüge angefordert. Die Ur- sache liegt in der sehr geringen Kapazität des Depots Biesdorf Süd begründet. In 121 der Dis- positionsfälle läuft Biesdorf Süd leer, nur in 21 Fällen ist Hönow Ursache der Dispositionszü- ge. Abhilfe könnten hier eine Vergrößerung der Abstellkapazitäten oder eine direkte Einfahr- möglichkeit in das Depot auch aus Hönow bieten.

Einsatz von Zügen auf verkürztem Linienweg

Aufgrund der ungleich starken Fahrgastnachfrage entlang der Linie spielt der Einsatz von Zügen auf verkürztem Linienweg (Verstärker und Dispositionszüge auf verkürztem Linien- weg) eine bedeutende Rolle. Insbesondere in der HVZ verkehrt eine große Zahl der Züge auf verkürztem Linienweg. Beispielsweise fahren zwischen 6 und 7 Uhr in Richtung Alexander- platz 12 der 25 eingesetzten Züge auf verkürztem Linienweg (48 %). Am gesamten Tag wer- den in Richtung Alexanderplatz 98 Züge auf verkürztem Linienweg eingesetzt. 90 Züge in Richtung Hönow enden vorzeitig. Bezogen auf die Gesamtzahl von 704 Zügen am Tag ver- kehrten damit 27 % der Züge auf verkürztem Linienweg. 1994 beim konventionellen Betrieb wurden in beide Richtungen 106 Züge auf verkürztem Linienweg bei insgesamt 246 Zügen (43 %) eingesetzt.

116

Abweichungen im Vergleich zu 1994 ergaben sich bei den Haltepunkten, an denen bei der verkehrsabhängigen Betriebsführung die auf verkürztem Linienweg verkehrenden Züge ein- gesetzt wurden bzw. an denen sie endeten. Kamen und endeten im Fahrplan von 1994 mit 7 Ausnahmen alle Züge auf verkürztem Linienweg aus/in Biesdorf Süd (99 von 106 = 93 %) so sieht die Situation bei der verkehrsabhängigen Betriebsführung (Simulationslauf) folgender- maßen aus. 125 Züge auf verkürztem Linienweg (66 %) entfallen auf Friedrichsfelde (Ein- und Ausfahrt), 8 Züge auf Tierpark und 55 Züge auf Biesdorf Süd (29 %).

Das Angebot bei der verkehrsabhängigen Betriebsführung ist auf dem stadtnahen Streckenbe- reich (Alexanderplatz) dichter als heute. Die meisten Züge auf verkürztem Linienweg fahren jedoch nur auf kürzerem Weg. Im Außenstadtbereich (Hönow) ist der Zugeinsatz dem von 1994 sehr ähnlich. In der NVZ und SVZ sind die Zugfolgezeiten leicht verkürzt.

Fahrgäste, welche auf dem Streckenbereich zwischen Alexanderplatz und Friedrichsfelde sowie zischen Biesdorf Süd und Hönow aussteigen wollen, profitieren von der verkehrsab- hängigen Betriebsführung. Fahrgäste, deren Ziel zwischen Friedrichsfelde und Biesdorf Süd liegt, müssen ein geringfügig verschlechtertes Angebot in Kauf nehmen.

Überlastungen

Es tritt beim Simulationslauf bei keinem Zug eine Überlastung der derzeit bei der BVG für die H-Züge angegebenen Maximalkapazität von 761 Plätzen auf. Das bedeutet, dass keine Fahrgäste auf den Bahnsteigen stehen bleiben.

Die Komfortgrenze (351 Plätze in der HVZ; 312 Plätze in der NVZ und 234 Plätze in der SVZ) wird bei 47 Zügen überschritten. Das bedeutet, dass 6,08 % (47 / 772) aller Züge über die angestrebte Komfortgrenze, die von der Verkehrszeit abhängig ist, besetzt sind. 9 dieser Überlastungen sind sehr gering (leicht). Die Komfortgrenze wird hierbei um bis zu 19 Perso- nen pro Zug überstiegen. 31 Überlastungen können einem mittleren Überlastungsgrad zuge- ordnet werden. Sie umfassen Überschreitungen der Komfortgrenze von 20 bis 93 Personen. In der NVZ bedeutet dies, dass statt der angestrebten 312 Plätze maximal 391 Plätze besetzt sind. In der HVZ wären statt der angestrebten 351 Plätze alle 444 Plätze (nach komfortabler Bemessung) beansprucht.

Starke Überschreitungen der Komfortbemessungsgrenze treten bei 7 Zügen (7 / 772), das sind 0,9 % aller Züge, auf. Diese Züge sind mit mehr als 93 Personen über die Wunschkapazität hinaus belastet. Die höchste Überlast beträgt 158 Personen und tritt in der morgendlichen HVZ im Bereich des maßgeblichen Querschnittes auf. Damit befinden sich 509 Personen im Zug.

In Fahrtrichtung Alexanderplatz treten mit 11 überlasteten Zügen nur sehr wenig Überlastun- gen auf. Sie betreffen meist den maßgeblichen Querschnitt sowie den Haltepunkt Kaulsdorf Nord. Fast alle Überlastungen beschränken sich auf eine halbe Stunde in der morgendlichen HVZ (6:15 bis 6:45 Uhr).

In Fahrtrichtung Hönow treten Überlastungen hauptsächlich am Nachmittag in der NVZ und HVZ auf. Der Querschnitt mit der höchsten Überlastung liegt häufig im Bereich zwischen Magdalenenstraße und Friedrichsfelde.

117 Die Größenordnung der Überlast variiert teilweise sehr stark und liegt auf den meisten Stre- ckenabschnitten erheblich unterhalb der angegebenen Maximallast. Das bedeutet, dass selbst starke Überlastungen sich in vielen Fällen auf einzelne Haltepunkte beschränken. Die Höhe der Überlast ist unkritisch. Die Züge bieten ausreichend Reservekapazitäten, um die Fahrgäste aufzunehmen.

13.2 Auswertung der weiteren Simulationsläufe

In der Tabelle 13-3 sind die Verkehrswirkungsgrade der Simulationsläufe 1 bis 10 gegen- übergestellt. In allen Simulationen kamen nur 3-Wagen-Züge zum Einsatz. Die Anlaufprob- lematik besteht weiterhin.

Verkehrswirkungsgrad Verkehrswirkungsgrad Richtung Hönow Richtung Alexanderplatz Simulation 1 0,347 0,269 Simulation 2 0,340 0,283 Simulation 3 0,340 0,281 Simulation 4 0,338 0,285 Simulation 5 0,340 0,284 Simulation 6 0,340 0,284 Simulation 7 0,340 0,286 Simulation 8 0,343 0,286 Simulation 9 0,344 0,281 Simulation 10 0,342 0,289 Tabelle 13-3: Verkehrswirkungsgrade der verkehrsabhängigen Betriebsführung bei den Simu- lationen 1 bis 10; eigene Darstellung

Die Simulationsläufe beweisen, dass die erzielten Ergebnisse relativ stabil sind und nur wenig streuen. Die besten Wirkungsgrade ergeben sich bei den Simulationen 8 und 10. Daher sollen diese beiden Simulationen ausführlicher untersucht werden.

13.3 Auswertung des 8. Simulationslaufes

Randbedingung

Im Simulationslauf wurden nur Vollzüge (3 DTW) eingesetzt. Das Programm läuft über einen Betriebstag.

Zugeinsatz

Es kamen 674 Züge zum Einsatz.

118 Dispositionszüge

Im Tagesverlauf wurden 194 Dispositionszüge, das sind 28,8% aller Züge, eingesetzt. Hier- von verkehrten 45 Züge in Richtung Alexanderplatz, wobei die Haupteinsatzzeit mit 34 Zü- gen (76%) zwischen 15 und 19.00 Uhr lag. Ursache dieser Züge ist das Leerlaufen des Depots Alexanderplatz. In Richtung Hönow wurden 149 Dispositionszüge eingesetzt. Ihr Einsatz verteilt sich über den gesamten Tag. Schwerpunkte in den Einsatzzeiten betreffen vor allem die Hautverkehrs- zeiten und liegen zwischen 6.00 bis 9.00 Uhr sowie von 15.00 bis 19.00 Uhr. Ursache für die- se Dispositionszüge ist vor allem das Leerlaufen des Depots Biesdorf Süd sowie in geringe- rem Maße das Leerlaufen von Hönow.

Züge auf verkürztem Linienweg

143 Züge (21,2 % aller Züge) werden auf verkürztem Linienweg eingesetzt, wobei die Zahl der in Richtung Alexanderplatz fahrenden Züge mit 73 geringfügig höher liegt, als die Zahl der in Richtung Hönow verkehrenden Züge (70). Wichtigster Verstärkungsort ist Friedrichs- felde mit 103 (71,5 %) ein- und ausfahrenden Zügen. In Biesdorf Süd starten und enden je- weils 18 Züge, je 2 Züge starten und enden in Tierpark.

Überlastungen

Die Zahl der überfüllten Züge liegt bei 54 (8 %). 11 dieser Überlastungen sind nur leicht. 13 Überlastungen sind stark. Die beiden größten Überlastungen umfassen 168 und 155 Personen. Sie treten in der morgendlichen HVZ in Richtung Alexanderplatz und in der nachmittaglichen HVZ in Richtung Hönow auf. Statt der geplanten 351 Plätze waren demzufolge 519 bzw. 506 Plätze belegt. Das Komfortkriterium war damit überschritten. Die Gefahr, dass hierdurch Fahrgäste einen Zug abwarten mussten bestand jedoch nicht, da die heute als verfügbare Ka- pazität eines H-Zuges angesetzten 761 Plätze nicht überschritten waren. Alle weiteren Überlastungen umfassten maximal 123 Personen.

13.4 Auswertung des 10. Simulationslaufes

Randbedingung

Im Simulationslauf wurden nur Vollzüge (3 DTW) eingesetzt. Das Programm läuft über einen Betriebstag.

Zugeinsatz

Es kamen 696 Züge zum Einsatz.

Dispositionszüge

Im Tagesverlauf wurden 194 Dispositionszüge, das sind 27,9 % aller Züge, eingesetzt.

119 In Richtung Alexanderplatz kamen 47 Dispositionszüge zum Einsatz, wobei der Schwerpunkt mit 34 Zügen von 15.00 bis 19.00 Uhr lag.

In Richtung Hönow kamen 147 Züge zum Einsatz, die über den gesamten Tag verteilt waren. In jeder Stunde wurden mindestens 4 Züge angefordert und eingesetzt. Die Stunden des höchsten Zugeinsatzes lagen zwischen 6.00 und 9.00 Uhr sowie zwischen 17 und 19 Uhr. Hauptursache war auch hier das Leerlaufen von Biesdorf Süd.

Züge auf verkürztem Linienweg

Im Tagesverlauf wurden 176 Züge (25,3 %) auf verkürztem Linienweg eingesetzt. Hierbei fuhren 91 Züge in Richtung Alexanderplatz und 85 Züge in Richtung Hönow. Der Bahnhof Friedrichsfelde wurde als Haupteinspeisepunkt herangezogen. 60 Züge starteten in Friedrichs- felde, 54 Züge endeten dort. Biesdorf Süd wurde mit jeweils 28 startenden und endenden Zü- gen, Tierpark mit je 3 Zügen als Einspeisepunkt herangezogen.

Überlastungen

In 56 Zügen (8 %) kam es zu Überlastungen der vorgesehenen Komfortkapazität. 16 dieser Überlastungen waren leicht, 11 stark. 15 aller Überlastungen betrafen die Fahrtrichtung Ale- xanderplatz. Diese Überlastungen traten alle in der morgendlichen HVZ auf. In diesen Zeit- raum fallen auch 5 der starken Überlastungen. Ab dem Ende der morgendlichen HVZ betref- fen alle Überlastungen die Fahrtrichtung Hönow. Die beiden stärksten Überlastungen traten zwischen 14 und 15 Uhr zum Beginn der nachmittaglichen HVZ auf. Hierbei waren 157 bzw. 188 Personen mehr im Zug, als nach dem Komfortkriterium vorgesehen. Statt der geplanten 351 Plätze waren demzufolge 508 bzw. 539 Plätze belegt. Die Gefahr, dass Fahrgäste einen Zug abwarten mussten bestand jedoch nicht, da die heute als verfügbare Kapazität eines H- Zuges angesetzten 761 Plätze nicht überschritten waren.

13.5 Ergebnisse und Empfehlungen

Die Ergebnisse der gewählten Testlinie können nicht als verallgemeinerbares Ergebnis heran- gezogen werden. Die Linie, eine Radiallinie, weist einige Besonderheiten auf, die beim ver- kehrsabhängigen Betrieb besondere Probleme bereiten. Die Probleme sind:

· Tageszeitlich sehr unterschiedlich starke Verkehrsströme in beide Richtungen · Sehr ungleichmäßig starke Belastung der Linie · Sehr schwach frequentierten Anfangsbahnhof.

Die Folge ist ein sehr hoher Bedarf an Dispositionszügen und an Verstärkerzügen.

Auf Durchmesserlinien oder Tangentiallinien sind diese Probleme nicht in dieser Ausprägung zu erwarten. Derartige Linien zeichnen sich durch gleichmäßigere Belastungen in beide Rich- tungen aus. Daher sind bei solchen Linienverläufen erheblich höhere Verkehrswirkungsgrade infolge der verkehrsabhängigen Betriebsführung zu erwarten.

Kürzere Linien, bei denen ein Verzicht auf Verstärkerzüge möglich ist, versprechen ebenfalls höhere Verkehrswirkungsgrade.

120

Soll dennoch eine Radiallinie, wie die Berliner U5, verkehrsabhängig betrieben werden, so kann durch leichte Depotvergrößerungen an den Linienanfängen, hier speziell in Alexander- platz, sowie durch Depotvergrößerungen an dem wichtigsten Einspeisepunkten, hier in Bies- dorf Süd, der Bedarf an Dispositionszügen verringert werden. Größere Depots verhindern gleichzeitige Anforderungen von Dispositionszügen in beide Richtungen.

Für die Festsetzung der y-Werte (Besetzungsgradverhältnisse) sind umfangreichere Testläufe und Fahrgastzählungen erforderlich. Eine richtige Wahl hat im Hinblick auf die Vermeidung von Überlastungen und zur Verbesserung des Verkehrswirkungsgrades erhebliche Bedeutung.

Die optimale Einsatzzeit der verkehrsabhängigen Betriebsführung sind die HVZ und die NVZ. Gerade die Übergänge zwischen NVZ und HVZ bergen die größten Einsparpotenziale an Zugkilometern, da bisher hier ausreichend Fahrzeugkapazität vorgehalten werden musste, um eventuell zeitiger auftretende Fahrgäste aufzunehmen. In der SVZ sind die Fahrgastströme zu gering, um große Fahrzeuge bei kurzen Folgezeiten wirtschaftlich auszulasten. Nur der Einsatz von Kurzzügen verbessert die Situation für die Fahrgäste und Betreiber er- heblich, da dann kurze Zugfolgezeiten auch wirtschaftlich vertretbar sind.

Sind die Fahrgastschwankungen in der SVZ erheblich oder kann nicht auf kleine Zugeinhei- ten zurückgegriffen werden, kann der Zugeinsatz nach Fahrplan u.U. der verkehrsabhängigen Betriebsführung überlegen sein. Er ermöglicht eine Planbarkeit und Anschlussoptimierung, um das Umsteigen zu Vor- und Nachlaufverkehren zu verbessern.

13.6 Simulationsläufe mit 2 unterschiedlichen Zuggrößen

Randbedingung

In den Simulationsläufen wurden Vollzüge (3 DTW) sowie Züge mit 2 DTW eingesetzt. Zu den HVZ zwischen 5:30 Uhr und 7:45 Uhr sowie zwischen 15:00 Uhr und 16:45 Uhr ist ein ausschließlicher Einsatz von Zügen mit 3 DTW vorgesehen. In allen anderen Zeiten wird in Abhängigkeit von der erwarteten Besetzung jeweils der kleinst mögliche Zug gewählt. Als Mindestzugfolgezeit wird zwischen Hönow und Biesdorf Süd 180 Sekunden gewählt, damit jeweils ein Verstärkerzug eingeschoben werden kann. Zwischen Biesdorf Süd und Alexan- derplatz wird eine Mindestzugfolgezeit von 90 Sekunden angesetzt. Das Programm läuft über einen Betriebstag.

Verkehrswirkungsgrad

Bei den drei Simulationsläufen wurden die in Tabelle 13-4 dargestellten Verkehrswirkungs- grade erreicht.

Verkehrswirkungsgrad Verkehrswirkungsgrad Richtung Hönow Richtung Alexanderplatz Simulation 2_1 38,7 % 30,9 % Simulation 2_2 38,5 % 30,0 % Simulation 2_3 38,6 % 30,0 % Tabelle 13-4: Verkehrswirkungsgrade bei Einsatz von 2 Zuggrößen; eigene Darstellung

121 Die Verkehrswirkungsgrade lagen in Richtung Hönow um mehr als 4 % und in Richtung Ale- xanderplatz um knapp 2 % oberhalb der Werte, die bei einem Einsatz von Zügen mit 3 DTW über den gesamten Tag erzielt worden sind. Es ist also eine weitere Verbesserung bei der An- gleichung des Angebotes an die Nachfrage gelungen.

Eine Aufschlüsselung des Verkehrswirkungsgrades nach Stunden wurde für den Simulations- lauf 2_1 vorgenommen (siehe Tabelle 13-5). Fett unterlegt sind die Stunden, in denen im Vergleich zur Simulation mit nur einer Zuggröße Verbesserungen erzielt worden sind.

Zeit 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9- 10- 11- 12- 13- 14- 10 11 12 13 14 15 2_1 25,3 38,5 60,5 47,0 34,9 42,3 38,8 43,0 37,2 31,8 22,7 Richtg. Alex. 2_1 10,7 14,0 15,9 30,6 20,0 24,1 20,7 31,2 52,0 63,3 74,0 Richtg. Hönow

Zeit 15- 16- 17- 18- 19- 20- 21- 22- 23- 16 17 18 19 20 21 22 23 24 2_1 29,7 20,4 9,8 20,4 22,2 19,2 14,5 13,2 5,7 Richtg. Alex. 2_1 55,8 49,0 50,7 49,0 44,9 54,5 32,9 20,2 26,6 Richtg. Hönow

Tabelle 13-5: Verkehrswirkungsgrad bei Einsatz von 2 Zuggrößen nach Stunden; eigene Dar- stellung

Die fett unterlegten Zahlen beweisen, dass insbesondere in der NVZ und SVZ ein Einsatz von unterschiedlichen Zuggrößen zur weiteren Anhebung des Verkehrswirkungsgrades beitragen kann. Dennoch ist in der Zeit von 4.00 – 5.00 Uhr das Angebot beim konventionellen Betrieb in beide Richtungen und von 5.00 bis 6.00 Uhr in Richtung Alexanderplatz noch besser an die Nachfrage angepasst, als bei der verkehrsabhängigen Betriebsführung. Ursache ist nach wie vor die nicht gelöste Anlaufproblematik.

Zugeinsatz

Es werden im Tagesverlauf 558 Züge mit 2 DTW und 314 Züge mit 3 DTW eingesetzt. Ins- gesamt sind demzufolge 2058 DTW im Einsatz. Dies entspricht 686 Vollzügen. Damit waren geringfügig weniger Züge im Einsatz, wie bei den meisten Simulationen mit ausschließlich 3 DTW.

Zwischen 6:20 Uhr und 7:18 Uhr entsteht mehrmals die Situation, dass ein Zug, der vom De- pot Alexanderplatz ausfahren soll, erst einige Sekunden, im Extremfall 2 Minuten 38 Sekun- den verspätet zum Einsatz kommt, da das Depot leergelaufen ist. Es sind in jedem Fall Aus- fahrten in einem Abstand nahe der Mindestzugfolgezeit betroffen. Der realisierte Zugabstand bei Ausfahrt liegt selbst bei der angegebenen größten Verspätung bei 3 min 36 s. Da es sich bei den nicht rechtzeitig ausfahrenden Zügen immer um Dispositionszüge mit 3 DTW han-

122 delt, ist hiermit kein Anstieg bei den Überlastungen verbunden. Kurzzeitig (gegen 6:45 Uhr) ist der Zugbedarf auf der gesamten Strecke so hoch, dass 3 Depots (Alexanderplatz, Hönow und Biesdorf Süd) Züge anfordern. Es kommt demzufolge zu einem Kreislauf der Dispositi- onszüge, der aber schnell wieder beendet wird.

Dispositionszüge

In Richtung Alexanderplatz wurden 43 Züge aus Hönow mit 3 DTW und 77 Züge aus Hönow mit 2 DTW als Dispositionszüge eingesetzt. Hierbei musste eine große Zahl an Zügen auf- grund eines Volllaufens des Depots Hönow abgeschickt werden.

In Richtung Hönow wurden 86 Züge mit 3 DTW sowie 67 Züge mit 2 DTW aus dispositiven Zwecken eingesetzt.

Einsatz von Zügen auf verkürztem Linienweg

Es wurden bei der Simulation 2_1 in Richtung Alexanderplatz 89 Züge mit 3 DTW und 113 Züge mit 2 DTW, in der Summe 202 Züge, auf verkürztem Linienweg eingesetzt. Insgesamt waren also 493 DTW auf verkürztem Linienweg in Richtung Alexanderplatz im Einsatz. Dies wären vom Umfang her 164 Züge mit 3 DTW. Der Einsatz von Zügen auf verkürztem Li- nienweg spielt damit eine erheblich größere Rolle, als beim Einsatz von Zügen mit aus- schließlich 3 DTW.

Vorzeitig geendet haben in Richtung Hönow 195 Züge. Hiervon bestanden 121 Züge aus 2 DTW und 74 Züge aus 3 DTW. Insgesamt wurden demzufolge 464 DTW, das wären vom Umfang 154 Vollzüge, in Richtung Hönow auf verkürztem Linienweg eingesetzt. Die End- bahnhöfe sind in Tabelle 13-6 dargestellt.

Endbahnhof Biesdorf Süd Tierpark Friedrichstraße 2-DTW-Züge 44 31 46 3-DTW-Züge 17 17 40 Tabelle 13-6: Endbahnhöfe der vorzeitig endenden Züge; eigene Darstellung

Überlastungen

Im Tagesverlauf kommt es in 51 Zügen zu Überlastungen. Dies ist von der Anzahl her die gleiche Größenordnung, wie beim ausschließlichen Einsatz von Vollzügen. 10 der Überlastungen betreffen die Fahrtrichtung Alexanderplatz und treten fast alle in der morgendlichen HVZ zwischen 6:00 und 7:00 im Bereich Kaulsdorf Nord auf. Sie sind bis auf eine Ausnahme (starke Überlastung von 30 %) in mittlerer Größenordnung. Die Einteilung lehnt sich hierbei den in Kapitel 13.1 angewendeten Zahlen an. Wenn in der HVZ statt der vorgesehenen 351 Plätze im Vollzug 444 Plätze besetzt sind, wenn also die Wunschkapazität um 26 % überschritten ist, so wird von einer starken Überlastung gesprochen. Wenn die Ü- berschreitung der Wunschkapazität weniger als 6 % beträgt, wird von einer schwachen Über- lastung gesprochen.

In Richtung Hönow treten 11 starke, 9 schwache und 21 mittlere Überlastungen auf. Die star- ken Überlastungen betreffen alle den Zeitbereich zwischen 14:15 und 15:15 Uhr. Die Höhe

123 der Überlastungen erreicht bis zu 54 %. Zu diesen Zeiten verkehren auf den betroffenen Ab- schnitten (14:30 – 15:00 Uhr Bereich Samariterstraße und 15:00 – 15:15 Uhr Bereich Wuhle- tal) noch Züge mit 2 DTW. Der Zeitpunkt der Anhebung der Mindestzuggröße von 2 DTW auf 3 DTW ist demzufolge am Nachmittag zu spät gewählt. Der dritte DTW würde in jedem Fall ausreichend sein, die auftretende Überlast vollständig aufzunehmen. Der Zeitpunkt, ab dem am Nachmittag ausschließlich Züge mit 3 DTW ausfahren dürfen, sollte daher auf die Zeit ab 14:15 Uhr vorverlegt werden. Diese Maßnahme könnte die Zahl der überlasteten Züge um 16 reduzieren. Die dann verbleibenden größten Überlastungen würden in Richtung Hö- now bei 22 % liegen.

13.7 Simulationsläufe mit 3 unterschiedlichen Zuggrößen

Randbedingung

In den Simulationsläufen wurden Vollzüge (3 DTW) sowie Halbzüge (2 DTW) und Kurzzüge (1 DTW) eingesetzt. Zu den HVZ zwischen 5:30 Uhr und 7:45 Uhr sowie zwischen 15:00 Uhr und 16:45 Uhr ist ein ausschließlicher Einsatz von Zügen mit 3 DTW vorgesehen. Zwi- schen 14.00 und 15.00 Uhr beträgt die Mindestzuggröße 2 DTW. In allen anderen Zeiten wird in Abhängigkeit von der erwarteten Besetzung jeweils der kleinst mögliche Zug gewählt. Dieses Verfahren dient der Bestimmung des auf der Beispielstrecke maximal erreichbaren Verkehrswirkungsgrades. Es ist nicht für den regulären Betrieb tauglich, da die realisierten Zugfolgezeiten dicht an der Mindestzugfolgezeit liegen und damit eine hohe Störanfälligkeit des Betriebes auftritt. Das Programm läuft über einen Betriebstag.

Verkehrswirkungsgrad

Bei den drei Simulationsläufen wurden die in Tabelle 13-7 dokumentierten Verkehrswir- kungsgrade erreicht.

Verkehrswirkungsgrad Verkehrswirkungsgrad Richtung Hönow Richtung Alexanderplatz Simulation 1_1 42,7 % 33,3 % Simulation 1_2 43,0 % 33,6 % Simulation 1_3 42,9 % 33,8 % Tabelle 13-7: Verkehrswirkungsgrade bei Einsatz drei unterschiedlicher Zuggrößen; eigene Darstellung

Diese Verkehrswirkungsgrade liegen nochmals um ca. 4 % höher, als beim Einsatz von 2 ver- schiedenen Zuggrößen. Damit erweist sich die Anwendung der verkehrsabhängigen Betriebs- führung im Hinblick auf den Verkehrswirkungsgrad als um so effektiver, je stärker die ver- fügbaren Zuggrößen modifiziert werden können. Insbesondere in den Schwachastzeiten kön- nen so alle Einsparungspotenziale an Zugkapazität ausgeschöpft werden, ohne dass die Fahr- gäste Einbußen bezüglich der Beförderungshäufigkeit hinnehmen müssen.

124 Zugeinsatz

Im Tagesverlauf kamen 324 Züge mit 3 DTW, 175 Züge mit 2 DTW sowie 647 Züge mit 1 DTW zum Einsatz. In der Summe waren damit 1969 DTW im Einsatz, dies wären vom Um- fang her 656 Vollzüge.

Dispositionszüge

Im Tagesverlauf wurden ab Hönow 123 Dispositionszüge eingesetzt. 33 dieser Züge waren Vollzüge, 8 Züge verkehrten mit 2 DTW und 82 Züge mit nur einem DTW. Ab Alexander- platz kamen 225 Dispositionszüge zum Einsatz. Hiervon verkehrten 88 Züge mit 3 DTW, 43 Züge mit 2 DTW und 94 Züge mit 1 DTW.

Einsatz von Zügen auf verkürztem Linienweg

In Richtung Alexanderplatz wurden 290 Verstärkerzüge eingesetzt. Ihre Längen und Einsatz- bahnhöfe sind in der Tabelle 13-8 zusammengestellt.

Anfangsbahnhof Biesdorf Süd Tierpark Friedrichstraße 1-DTW-Züge 143 16 9 2-DTW-Züge 7 6 13 3-DTW-Züge 7 20 69 Tabelle 13-8: Einsatzbahnhöfe der Verstärkerzüge bei drei verschiedenen Zuggrößen; eigene Darstellung

Insgesamt waren 508 DTW auf verkürztem Linienweg eingesetzt. Dies wären vom Umfang her 169 Vollzüge. Der Einsatz von Verstärkerzügen auf verkürztem Linienweg spielt damit vom Umfang her eine erheblich größere Rolle als beim ausschließlichen Einsatz von Zügen mit 3 DTW. Der Umfang entspricht von der Größenordnung dem Verstärkerzugeinsatz bei 2 verschiedenen Zuggrößen.

Vorzeitig geendet haben 294 Züge. Ihre Endbahnhöfe und Längen enthält die Tabelle 13-9.

Endbahnhof Biesdorf Süd Tierpark Friedrichstraße 1-DTW-Züge 98 6 59 2-DTW-Züge 26 8 20 3-DTW-Züge 6 20 51 Tabelle 13-9: Endbahnhöfe der Verstärkerzüge bei drei verschiedenen Zuggrößen; eigene Darstellung

Überlastungen

In 117 Zügen kommt es zu einer Überschreitung der Komfortkapazität. 19 der Überschreitun- gen sind leicht, also betragen weniger als 6 %. 17 Überlastungen sind stark, die Komfortkapa- zität ist um mehr als 26% überschritten. 13 der Überlastungen betreffen die Fahrtrichtung Alexanderplatz. Diese Überlastungen treten hauptsächlich zwischen 4 und 5 Uhr sowie zwi- schen 6 und 7 Uhr auf. Nur in einem Fall liegt eine starke Überlastung vor.

125 104 der Überlastungen betreffen die Fahrtrichtung Hönow. Der Schwerpunkt liegt mit 38 Ü- berlastungen zwischen 13 und 15 Uhr und betrifft Züge, die aus 1 oder 2 DTW bestehen. Hieraus muss die gleiche Konsequenz abgeleitet werden, wie beim Einsatz von zwei Zuggrö- ßen. Die Mindestzuggröße sollte bereits ab 13:00 auf zwei DTW und ab 14:15 Uhr auf 3 DTW heraufgesetzt werden. Durch diese Maßnahme ließen sich 10 der starken Überlastungen nahezu völlig beseitigen. Weitere starke Überlastungen treten zwischen 15:00 und 16:00 im Bereich Kaulsdorf Nord auf. Diese Überlastungen betreffen sowohl Züge mit 2 als auch mit 3 DTW. Mögliche Abhilfe wäre durch eine in dieser Zeit veränderte Wahl des y-Wertes zu er- reichen.

13.8 Ergebnisse und Empfehlungen für den Einsatz mehrerer Zuggrößen

Der Einsatz mehrerer Zuggrößen verdeutlicht die großen Potenziale der verkehrsabhängigen Betriebsführung bezüglich des erreichbaren Verkehrswirkungsgrades. So steigt der Verkehrs- wirkungsgrad schon beim Einsatz von 2 Zuggrößen für beide Richtungen um ca. 3 % gegen- über dem Einsatz nur einer Zuggröße. Der zusätzliche Einsatz sehr kleiner Fahrzeuge bewirkt eine weitere Anhebung des Verkehrswirkungsgrades um weitere 3,5 %.

Ein Einsatz von zwei verschiedenen Zuggrößen ermöglicht insbesondere in der NVZ und SVZ eine gute Anpassung des Angebotes an die aktuelle Fahrgastnachfrage. Eine Kombinati- on dieses flexiblen Angebotes mit der festen Vorgabe der Zuggröße in der HVZ trägt zu ei- nem weitgehend überlastungsfreien und gut überschaubaren Betriebsprogramm bei. Kurze Fahrzeugfolgezeiten und eine gleichmäßige Auslastung der eingesetzten Fahrzeuge sprechen sehr für dieses Konzept.

Der Einsatz drei unterschiedlicher Zuggrößen mit einem Drittel der Maximalkapazität in den kleinsten Zügen ist betrieblich und verkehrlich möglich, in der vorgestellten Form aber nicht empfehlenswert. Sehr kleine Fahrzeugeinheiten, die in Abständen nahe der Mindest- zugfolgezeit verkehren, bergen ein hohes betriebliches Risiko, im Falle einer Störung oder Überlastung den gesamten Betriebsablauf zu beeinträchtigen. Außerdem erfordern sie einen höheren Überwachungsbedarf. Die Gefahr der Überlastung erhöht sich mit steigender Linien- länge und sinkender Fahrzeuggröße erheblich. Die Anwendung eines Schwellenwertes (z.B. zeitlich), ab dessen Unterschreiten der Einsatz der kleineren Zuggrößen ausgeschlossen wird, erweist sich als zwingend erforderlich, um ein Absinken der Zugfolgezeit auf die Mindestzug- folgezeit über längere Zeitabschnitte zu vermeiden.

Um einen gleichmäßigen Betriebsablauf zu gewährleisten und Überlastungen zu vermeiden empfiehlt es sich, den Einsatz sehr kleiner Fahrzeuge auf die Schwachlastzeiten zu begrenzen und nur nach gründlicher Abwägung der Vor- und Nachteile anzuwenden.

Für die vorgestellte Beispielstrecke erscheint ein Einsatz der verkehrsabhängigen Betriebsfüh- rung mit zwei Zuggrößen für die Betreiber und Kunden am sinnvollsten. Hierbei sollte in den HVZ die maximale Zuggröße fest vorgegeben werden. Für die erste Betriebsstunde des Tages sollte ein fest vorgegebener Ablauf zur Einspeisung der Züge in die Strecke entwickelt und eingesetzt werden, um die Probleme des Anlaufens der verkehrsabhängigen Betriebsführung zu beseitigen.

126 14 Zusammenfassung und Ausblick

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde ein Verfahren für eine verkehrsabhängige Be- triebsführung bei Stadtschnellbahnen entwickelt. Es wurde anhand einer für den konventio- nellen Betrieb erbauten Strecke auf seine Funktionstüchtigkeit getestet.

Unter der Randbedingung des ausschließlichen Einsatzes von Vollzügen konnte der Ver- kehrswirkungsgrad für beide Richtungen gegenüber dem herkömmlichen taktgebundenen Zugeinsatz um durchschnittlich 4,5 % gesteigert werden. In einigen Stunden, vor allem in der NVZ und nachmittaglichen HVZ sind sogar Verbesserungen in erheblicher Größenordnung (über 20 %) zu verzeichnen.

Durch den nachfrageabhängigen Einsatz von Fahrzeugen mit zwei bzw. drei unterschiedli- chen Größen konnten Steigerungen des Verkehrswirkungsgrades für beide Richtungen um weitere 6,5 % erzielt werden. Insbesondere in der NVZ und SVZ war somit eine bessere An- gleichung des Angebotes an die Nachfrage möglich, als beim konventionellen Betrieb. Die Erhöhung des Verkehrswirkungsgrades an einem Betriebstag um bis zu 11 % ermöglicht es, das gegebene Verkehrsaufkommen mit einer geringeren Betriebsleistung und entsprechend niedrigeren Betriebskosten, d.h. einem erhöhten Betriebskostendeckungsgrad, zu bewältigen.

Der Einsatz von drei verschiedenen Fahrzeuggrößen sollte jedoch aufgrund der hohen Störan- fälligkeit kritisch hinterfragt werden.

Bei allen Simulationen bestand in der ersten Betriebsstunde ein Anlaufproblem, da aufgrund der geringen Zahl der am Linienende eintreffenden Fahrzeuge zahlreiche Dispositionszüge angefordert wurden. Die erzielten Verkehrswirkungsgrade waren dadurch geringer, als beim konventionellen Betrieb. Ein definiertes Anlaufprogramm könnte diese Probleme beheben.

Im Rahmen der Arbeit konnte nachgewiesen werden, dass das entwickelte Verfahren der ver- kehrsabhängigen Betriebsführung funktionsfähig und geeignet ist, um auf bestehenden und neu erbauten, automatisierten Stadtschnellverkehrsstrecken eine gute Anpassung des Fahr- zeugangebotes an die aktuelle Fahrgastnachfrage zu erzielen. Es ist in der HVZ und NVZ einem fahrplangebundenen Angebot deutlich vorzuziehen. In der SVZ ist bei einem Einsatz unterschiedlicher Fahrzeuggrößen ebenfalls eine Erhöhung des Verkehrswirkungsgrades im Vergleich zu einem taktgebundenen Angebot möglich.

Die verkehrsabhängige Betriebsführung stellt in jedem Fall für die Betreiber und die Fahrgäs- te einen Vorteil da. Betreiber profitieren von dem höheren erreichbaren Verkehrswirkungs- grad und von der schnellen Reaktionsfähigkeit auf Änderungen in den Fahrgastzahlen. Wei- terhin ist eine Vorplanung des Zugeinsatzes nicht mehr für den gesamten Betriebstag, sondern nur noch für den Anlauf des Systems erforderlich.

Fahrgäste profitieren, da eine gleichmäßigere Auslastung der Fahrzeuge erreicht wird und keine extremen Überfüllungen auftreten, die einen Zustieg ins Fahrzeug verhindern. Solange die maximale Zugfolgezeit nicht zu hoch angesetzt wird, können sie mit einer kurzen Warte- zeit und komfortablen Fahrt rechnen. Vorteile bezüglich der Fahrzeugfolgezeit können sich in der SVZ ergeben, wenn kleinere Fahrzeuge zum Einsatz kommen.

127 Anhang

Automatisch betriebene Stadtschnellverkehrsstrecken Europäische automatische Stadtschnellbahnen Streckenbelastung U5 Richtung Hönow Streckenbelastung U5 Richtung Alexanderplatz Fahrgastfrequenz Richtung Alexanderplatz Fahrgastfrequenz Richtung Hönow Verkehrswirkungsgrade beim konventionellen und verkehrsabhängigen Betrieb Bildfahrplan; Simulation mit 2 Zuggrößen

Automatisch betriebene Stadtschnellverkehrsstrecken

200

180 Toulouse A (Verl.) Toulouse B 160 Hong kong Turin

Paris Météor 140 Olympiades Singapour NEL Copenhague Singapour Skp/Plg Lille 2 (Verläng.) 120 Tokyo Nippori Londres Jubilee Rénnes Paris Météor St als Projekt Ankara 100 Lazare Kobe Port Island im Bau Kobe Rokko Island in Betrieb Kuala Lumpur 80 Osaka Lille 1 Lille 2 Singapour BktPjg New York JFK; Londres Docklands 60 Taipei Zweigleisige Strecke in km Lyon Maggaly Vancouver 2 Tokyo Waterfront Paris Météor Yokohama Chicago; Miami; Paris Orlyval Détroit; Toronto 40 Toulouse A Soarborough; San Francisco; Van- 20 couver 1; Newark Airport; Jakson V

0 Amerika Asien Europa Kontinente Quelle: eigene Darstellung nach [Schw 00]

Europäische automatische Stadtschnellbahnen

30

25

20

15

T 10

5

Zweigleisige Strecken in km

0

Turin Lille 1 Lille 2

Rennes

Olymp. Toulouse B Toulouse A Pris Orlyval Kopenhagen Paris Météor Paris Météor

Lyon Maggaly

Lille 2 (Verläng.) Toulouse A (Verl.) London Docklands Paris Météor St Laz

London Jubilee Line Orte und Strecken (gelb-als Projekt; rot- im Bau; blau- in Betrieb) Quelle: eigene Darstellung nach [Schw 00]

Streckenbelastung U5 Richtung Alexanderplatz

8000

7000

6000

5000 7000-8000 6000-7000 4000 5000-6000 4000-5000 3000 3000-4000 2000-3000 2000 1000-2000 Weberwiese 0-1000 1000 Magdalenenstr. Biesdorf_Süd 0 Grottkauer_Str.

Hönow 4.00 - 5.00 5.00 - 6.00 6.00 - 7.00 7.00 - 8.00 8.00 - 9.00 9.00 - 10.00 10.00 - 11.00 11.00 - 12.00 12.00 - 13.00 13.00 - 14.00 14.00 - 15.00 15.00 - 16.00 16.00 - 17.00 17.00 - 18.00 18.00 - 19.00 19.00 - 20.00 20.00 - 21.00 23.00 - 0.00 21.00 - 22.00 22.00 - 23.00

Streckenbelastung U5 Richtung Hönow

6000

5000

4000

5000-6000 3000 4000-5000 3000-4000

2000 2000-3000 1000-2000

Alexanderplatz 0-1000 1000 Rath._Friedrichsh. Lichtenberg Elsterwerdaer_Pl. 0

Cottbusser_Platz 23.00 - 0.00 22.00 - 23.00 21.00 - 22.00 20.00 - 21.00 19.00 - 20.00 18.00 - 19.00 17.00 - 18.00 16.00 - 17.00 15.00 - 16.00 14.00 - 15.00 8.00 - 9.00 13.00 - 14.00 7.00 - 8.00 9.00 - 10.00 12.00 - 13.00 6.00 - 7.00 11.00 - 12.00 5.00 - 6.00 10.00 - 11.00 4.00 - 5.00

Fahrgastfrequenz Richtung Alexanderplatz

0,8

Hönow

0,7 Louis-Lewin-Str. Hellersdorf Cottbusser_Platz 0,6 Grottkauer_Str. Kaulsdorf-Nord Wuhletal 0,5 Elsterwerdaer_Pl. Biesdorf_Süd Tierpark 0,4 Friedrichsfelde Lichtenberg

0,3 Magdalenenstr. Frankfurter_Allee Samariterstr. 0,2 Rath._Friedrichshain Weberwiese Fahrgastfrquenz in Fahrgästen pro Sekunde Strausberger_Pl. 0,1 Schillingstr. Alexanderplatz

0 00:00 00:41 01:22 00:00 02:44 03:25 00:00 04:47 05:28 00:00 06:50 07:31 00:00 08:53 09:34 10:15 10:56 11:37 12:18 12:59 13:40 14:21 00:00 15:43 16:24 00:00 17:46 18:27 00:00 19:49 Betriebsstunde

Fahrgastfrequenz Richtung Hönow Alexanderplatz 2,5 Schillingstr. Strausberger_Pl. Weberwiese 2 Rath._Friedrichshain Samariterstr. Frankfurter_Allee 1,5 Magdalenenstr. Lichtenberg Friedrichsfelde Sekunde 1 Tierpark Biesdorf_Süd Elsterwerdaer_Pl. 0,5 Wuhletal

Fahrgastfrequenz in Fahrgästen pro Kaulsdorf-nord Grottkauer_Str. 0 Cottbusser_Platz Hellersdorf 00:00 01:09 02:18 03:27 04:36 05:45 06:54 08:03 09:12 10:21 11:30 12:39 13:48 14:57 16:06 17:15 18:24 19:33 Louis-Lewin-Str. Betriebsstunde Hönow

Vergleich der Verkehrswirkungsgrade beim konventionellen und verkehrsabhängigen Betrieb

70

60

50 konventionell Richtung Alex 40 Simu Richtung Alex 30 konventionell Richtung Hönow Simu Richtung Hönow 20 Verkehrswirkungsgrad 10

0

4-5 Uhr 6-7 Uhr 8-9 Uhr 10-11 Uhr12-13 Uhr 14-15 Uhr 16-17 Uhr 18-19 Uhr 20-21 Uhr 22-23 Uhr Uhrzeit

Bildfahrplan zur Simulation 2_1: Zeit-Weg-Diagramm; Einsatz von Zügen mit 2 und 3 DTW; Stunde 8 bis 10 Literaturverzeichnis

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Lebenslauf

Persönliche Daten:

Geburtsdatum: 24. 07. 1970

Geburtsort: Berlin

Bildungsweg:

1989 Abitur am H. Schliemann Gymnasium, Berlin

1990 – 1996 Studium des Verkehrswesens, Studienrichtung Fahrzeugtechnik, an der TU Berlin

Praktische Erfahrungen:

1989 – 1990 Betriebspraktikum bei der „Deutschen Reichsbahn“, Bereich Instandhaltung und Reparatur, Berlin

1996 Projektmitarbeit als studentische und freie Mitarbeiterin am Institut für Bahntechnik, Berlin

1997 Mitarbeiterin im Ingenieurbüro für Unfallforschung und -rekonstruk- tion, Berlin

1997 – 2003 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb der TU Berlin, Schwerpunkte Lehre und Forschung