DDR Stellt Sich in Letzter Zeit Immer Öfter
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Eine Ausstellung des Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V. Gefördert von der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Die Frage nach dem Wesen der untergegan- Impressum genen DDR stellt sich in letzter Zeit immer öfter. Wir werden uns mit dieser Ausstellung Erarbeitung: in die historisch und politisch bedeutsame Michael Wildt unter Mitarbeit Auseinandersetzung einmischen und dar- Die von Dennis Motzek stellen, inwieweit der »sozialistische Arbeiter- und Bauernstaat« in der zweiten Hälfte seines Gestaltung und Realisierung: Bestehens eine »NISCHENGESELLSCHAFT« war. www.oe-grafik.de Diese von vielen Ostdeutschen empfundene Kontakt und vom damaligen ständigen Vertreter der Bundesrepublik, Günter Gaus, in Ostberlin gelenkte Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V. formulierte These basierte sowohl auf ge- Katharinenstraße 11 machten Alltagserfahrungen als auch auf Fregehaus Beobachtungen eines außen stehenden 04109 Leipzig Betrachters. Auch im Rückblick hat das Frei- Tel./Fax 0341 861 16 26 zeitleben der Ostdeutschen einen starken [email protected] Nischencharakter. Der in den 1970er Jahren www.archiv-buergerbewegung.de einsetzende Rückzug ins Private, in den Frei-zeit »Verein« oder einen engen Freundeskreis Stiftung zur Aufarbeitung war eine häufige Reaktion auf zu viel Staat im der SED-Diktatur Staat. Er stellte eine Flucht aus der gesell- Otto-Braun-Str. 70-72 schaftlichen Determiniertheit des Alltags dar. 10178 Berlin Freizeit und Hobby ließen sich scheinbar aus Tel. +49 (030) 2324-7200 der Staatspolitik heraus lösen. Der über- Fax +49 (030) 2324-7210 mächtige, alles regeln wollende SED-Staat [email protected] lenkte aber bereits frühzeitig den Großteil der www.stiftung-aufarbeitung.de Freizeitinteressen in organisierte Bahnen. Organisiertheit war jedoch zugleich auch Kontrolle und Lenkung im Sinne der Regieren- den. Die Polizei und auch das Ministerium für DDR- Staatssicherheit (MfS) hatten mit dem Freizeit- Unser besonderer Dank gilt verhalten ihrer Bürger kein leichtes Spiel. Aber wie viel Freiheit war in der Diktatur des Dietmar Senf, Johanna Reinhardt, Dieter Hauf, Proletariats erlaubt? Dieser umstrittenen Lebenswelten Jörg Diecke, Rommy und Peter Pluge, Fam. Frage gehen wir anhand einiger Feizeitbe- Turski, Fam. Göschka, Jochen Giel, Fam. Hille- reiche nach. Waren so populäre Bereiche brand, Marlene Kaminski, Kristoff Kleemann, wie der Fußballplatz, der geliebte Kleingarten, Michael Kothe, Werner Siegmann, Monika die Brieftaubenzucht oder der Indianistikclub, Reim, Sabine Dressler, Dr. Wolfgang Schmidt, der Campingplatz oder der FKK-Strand tat- Frau Dr. Schwendler, Manfred Handwerk, sächlich Oasen der Freiheit im Schatten der in der Ära Horst Wildt, Herrn Wetzig, Heinrich Wiczorek, Mauer? Nutzte, bekämpfte oder tolerierte die Christoph Haferkorn, Olaf Stahl, Ditmar-E. SED als selbst ernannte »führende Kraft« der Mickeleit, Bernd Mohr, Carola Lisson, Elisabeth DDR diese als Nischen bezeichneten DDR- Klabunde-Klenert, Georg Meusel, Prof. Rainer Lebenswelten in der Ära Honecker? Eckert, BSTU-ASt. Leipzig, Sächsisches Staats- archiv Leipzig, Ö Grafik - Agentur für Marke- Honecker ting und Design und der Stiftung zur Aufar- beitung der SED-Diktatur Politische Parteien und Organisationen in der DDR Das vom späteren DDR-Staats- und Parteichef nisse stellten die »Regulierer« in den SED- 1960er Jahren waren die Sicherheitsorgane stoffen, der zum Entstehen von »Bückware« gerieten nun Fußballfans, Briefmarkensamm- Walter Ulbricht 1945 geprägte Credo, »alles Partei- und Bezirksleitungen vor immer grö- mit der inhaltlich schwierigen, aber nament- und einer geschlossenen Tauschgesellschaft ler und Brieftaubenzüchter stärker ins Visier müsse demokratisch aussehen, aber wir ßere Herausforderungen. Es gab bereits seit lich eindeutigen Trennung von einst gesamt- in der DDR führte. Der verwaltete Mangel der Sicherheitskräfte. Die flächendeckende müssen es in der Hand behalten«, war auch der Frühphase der DDR eine Vielzahl von deutschen Vereinen beschäftigt. Mit zuneh- beförderte die ostdeutsche Improvisations- Überwachung der Vereine, die im offiziellen nach seiner Entmachtung durch Erich Honecker Verbänden und Gesellschaften, die sich um mender Bedeutung der Freizeit für die fähigkeit in allen Bereichen und der staatlich DDR-deutsch Vereinigungen hießen, erforder- Maßstab staatlicher Freizeitpolitik. Der in den die Kanalisierung der Freizeitinteressen der Regenerierung der Arbeitskraft entstanden gefürchtete Blick ins »Freizeitparadies West« te bis 1989 bei Polizei und Stasi eine Vielzahl 1970er Jahren steigende Lebensstandard Bevölkerung bemühten. Ihr Spielraum war neue, bisher ungeahnte Probleme. In erster ließ die Sicherheitskräfte nicht zur Ruhe kom- von IMs (Inoffiziellen Mitarbeitern) und GMS und die damit anwachsenden Freizeitbedürf- jedoch »von oben« vorgegeben. In den Linie war es der Mangel an Bau- und Roh- men. Nach dem »Beatleskrieg« der Sechziger (gesellschaftlichen Mitarbeitern Sicherheit). Die Massenorganisationen der DDR und ihre Aufgaben: Die politischen Parteien der DDR und ihre Mitgliederzahlen: Die Pionierorganisation Gesellschaft für Sport und Technik (GST) Sozialistische Einheitspartei Christlich-Demokratische Union In der DDR »kümmerten« sich neben den Deutschlands (SED) Deutschlands (CDU der DDR) politischen Parteien und politisch gepräg- Sie war die einzige in der DDR zugelassene Die GST wurde 1952 gegründet und war die ten Massenorganisationen noch weitere Kinderorganisation und wurde 1948 unter sozialistische Wehrorganisation der DDR. Ihre Die SED war die allein regierende Staatspartei Die CDU wurde 1945 als Interessenvertreter Organisationen und Verbände um eine in dem Namen »Junge Pioniere« gegründet. Hauptaufgabe war die Gewinnung und Vor- der DDR. Sie wurde 1946 durch die Zwangs- christlich gebundener Menschen aus dem ihrem Sinne geprägte »sinnvolle Freizeit- 1952 wurde das Pioniergelöbnis für den bereitung von Jugendlichen für den Dienst in vereinigung von SPD und KPD gegründet und Bürgertum und der Arbeiterklasse als eigen- gestaltung«. 1985 gab es laut Akademie Sozialismus zu kämpfen eingeführt. Seit 1957 der Nationalen Volksarmee. Zur GST als Dach- verfügte über ein in der Verfassung der DDR ständige und gesamtdeutsche Partei gegrün- für Staats- und Rechtswissenschaften der gab es die Unterscheidung zwischen »Jung- verband gehörten: Deutscher Schützenverband festgelegtes Recht, die grundlegenden Ziele det. Bis Ende der 40er Jahre bemühte sie sich DDR insgesamt 76 gesellschaftliche pionieren« (Klassen 1-3) und »Thälmann- der DDR (DSV), Flug- und Fallschirmsportver- und Inhalte der gesellschaftlichen Entwick- um Eigenständigkeit im politischen System. Organisationen. Darunter waren so pionieren« (Klassen 4-7). Obwohl die Mit- band der DDR (FFSV), Militärischer Mehrkampf- lung in der DDR zu bestimmen. Sie verstand In Folge dessen kam es immer wieder zu mitgliederstarke Verbände wie: gliedschaft freiwillig war, gab es seit Ende verband der DDR (MMKV), Modellsportver- sich selbst als »Partei der Arbeiterklasse«. Auseinandersetzungen zwischen der CDU der 1950er Jahre für Nicht-Pioniere und band der DDR (MSV), Motorsportverband der An ihrer Spitze stand das Zentralkomitee (ZK), und SED, u. a. hinsichtlich der Bodenreform deren Eltern Behinderungen in der schuli- DDR (MoSV / ADMV), Radiosportverband der in der Praxis lag die Macht allerdings beim und der Volkskongressbewegung. So näherte schen und beruflichen Entwicklung. DDR (RSV), See- und Tauchsportverband der Politbüro und beim Generalsekretär der Partei. sich die CDU immer mehr der SED an und DDR (SSV + TSV) sowie der Wehrkampfsport- Die SED hatte 1986 etwa 2,3 Mio. Mitglieder, trat letztendlich für den Sozialismus als politi- Verband der Kleingärtner, Siedler und verband (WKSV) und die Sektionen Pferde- bei etwa acht Mio. Erwerbstätigen und einer sches Ziel ein. 1981 besaß die DDR-CDU Kleintierzüchter (VKSK) sport, Dienst- und Gebrauchshundewesen DDR-Gesamtbevölkerung von 16,8 Millionen. 120.000 Mitglieder. und Jagdwesen. Bis 1960 gehörte auch die Der VKSK wurde 1959 mit vielen eigenständi- Sektion Sporttauben zur GST. Attraktiv wurde gen Züchtersparten wie Bienenzüchtern, die GST dadurch, dass kostenlos bzw. sehr Rassehundezüchtern, Rassekatzenzüchtern, günstig Kfz-Führerscheine sowie Segel- und Rassekaninchenzüchtern, Milchschaf- und Flugscheine erworben werden konnten. 1988 Ziegenzüchtern gegründet. Mehr zum VKSK umfasste sie 0,6 Mio. »Kameraden«. auf Tafel 7. Nationaldemokratische Partei Freier Deutscher Gewerkschaftsbund Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Liberaldemokratische Partei Deutscher Turn- und Sportbund (DTSB) Deutschlands (NDPD) (FDGB) Freundschaft (DSF) Deutschlands (LDPD) Der DTSB war der größte Dachverband für Die NDPD wurde 1948 gegründet. Ihre Der FDGB war in Fragen Arbeitsrecht, betrieb- Die DSF war mit 6,4 Mio. Mitgliedern (1988) in Die LDPD (bis etwa 1951 LDP) gehörte zu den alle Sportler und zugleich drittgrößte Massen- Mitglieder kamen aus der bürgerlichen licher und staatlicher Sozialpolitik, aber auch 43.249 Grundeinheiten die zweitgrößte Mas- Blockparteien der DDR und wurde1945 ge- organisation der DDR. (1989 = 3,7 Mio. Mit- Mittelschicht, aus den Reihen ehemaliger in den Bereichen Touristik, Weiterbildung und senorganisation der DDR. Sie wurde 1947 als gründet. Nachdem sie ihre politische Unab- glieder) Er wurde 1957 in Berlin gegründet Offiziere und Berufssoldaten. Aber auch Kulturpolitik tätig. Er wurde 1945 gegründet »Gesellschaft zum Studium der Kultur der hängigkeit zunächst zu bewahren vermochte,