Zeitschrift der Bundespolizei 02|2016 ISSN 2190-6718 43. Jahrgang

BFE+ Die neue „robuste Einheit“ der Bundespolizei

Gemeinsamer Einsatzabschnitt Strafverfolgung Durch Vertrauen erfolgreich 18 Geht „Dienst nach Wunsch“ im Schichtdienst? Das Flexible Arbeitszeitmanagement 30 Portrait Auf ein Boot? Nie wieder! 36 Inhalt

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Inhalt 02|2016

„„Titelthema „„Personal & Haushalt

06 BFE+ 27 5 Fragen an Die neue „robuste Einheit“ Thorsten Weise der Bundespolizei 28 Nachruf 17 Kolumne Prof. Dr. Andreas Peilert Darf’s ein bisschen mehr sein? 30 Geht „Dienst nach Wunsch“ im „„In- & Ausland Schichtdienst? Das Flexible Arbeitszeitmanagement 18 Gemeinsamer Einsatzabschnitt Strafverfolgung 33 Der Fall ins Bodenlose Durch Vertrauen erfolgreich Wenn ein Arztbesuch dein Leben aus den Angeln hebt 23 Einsatz der Bundespolizei See auf Samos hat begonnen

26 Verbunddatei PIAV Die Möglichkeit zur delikts- übergreifenden Recherche

02 Bundespolizei kompakt 02|2016 Inhalt

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„„Portrait „„Zu guter Letzt

36 Auf ein Boot? Nie wieder! 46 Mutig, tolerant und fortschrittlich Unterricht über gleichgeschlechtliche „„Recht & Wissen Lebensweisen

40 Wer im Recht nicht sattelfest ist ... Teil II 47 Ergänzung und Korrektur zur Veränderungen im Asylverfahren Ausgabe 6-2015 Zum Thema: Recht & Wissen „„Technik & Logistik 47 Konkretisierung zur 42 100 Prozent Ausgabe 01-2016 Luftsicherheitskontrolle 47 Impressum 44 Mein erster Tag im e-Golf

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04 Bundespolizei kompakt 02|2016 Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser,

die Ereignisse in Brüssel bestätigen traurigerweise die wohl kaum auf den Gedanken gekommen, dass von ihr ein Aktualität unseres Titelthemas. Obwohl schon einiges potentiell tödlicher Angriff ausgehen könnte. zur BFE+ kommuniziert wurde, entschloss sich die -Redaktion, dieses Thema noch einmal aufzugrei- Außerdem trauern wir um einen der renommiertesten kompaktfen. Wir haben versucht, uns diesem ganzheitlich und aus Dozenten und Rechtsexperten Deutschlands, Prof. Dr. An- vielen Perspektiven zu nähern – auch wenn die Entwicklung dreas Peilert, der wahrscheinlich Tausende von uns sowohl noch nicht abgeschlossen ist und noch einiges an Arbeit in der Ausbildung als auch in der Fortbildung begleitet hat. auf die Verantwortlichen wartet. Es kommen unter anderem Mit seiner Arbeit hat er das Ansehen der Bundespolizei der Kommandeur der GSG 9 sowie ein Angehöriger der nachhaltig geprägt. Deshalb hat sich die -Redak- neuen „robusten“ Einheit zu Wort. tion entschlossen – entgegen ihrer üblichenkompakt Grundsätze – einen Nachruf zu veröffentlichen. Auch die Bundespolizei selbst blieb leider in den vergange- nen Wochen nicht von tragischen Ereignissen verschont. Gute Nachrichten kommen hingegen aus dem Süden der Der Hubschrauberunfall mit zwei zu Tode gekommenen Republik. Es scheint, als würde sich die Lage zumindest und einem schwer verletzten Kameraden trifft uns alle. kurzfristig entspannen. Dies wird nicht nur Sie, sondern An dieser Stelle übermittelt die -Redaktion noch auch Ihre Familien freuen. einmal ihr herzliches Beileid an kompaktdie Hinterbliebenen und wünscht dem Verletzten viel Kraft und alles Gute für seine In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen Start in Genesung! den Frühling. Passen Sie gut auf sich auf!

Erschreckend zudem der Messerangriff einer 15-Jährigen (!) Ihr Ivo Priebe auf unseren Kollegen in Hannover. Wer das Gesicht der Redaktion Bundespolizei mutmaßlichen Täterin in den Medien gesehen hat, wäre kompakt

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BFE+ Die neue „robuste Einheit“ der Bundespolizei

„Schlag gegen Geisterschiff-Schleuser“ – so lautete die Schlag- zeile nach einem der ersten Einsätze der neu geschaffenen „robusten Einheit“ BFE+ Ende Januar 2016. Bei mehreren Wohnungsdurchsuchungen in insgesamt sechs Bundesländern kam die im vergangenen Dezember durch Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière in Dienst gestellte Einheit zum Einsatz. Doch wieso wurde diese spezielle Einheit überhaupt ins Leben gerufen? Schließlich haben wir doch eigentlich die Spezialein- heit GSG 9 für besondere Einsatzlagen!

Ausschlaggebend waren vor allem die terroristischen Anschläge auf die Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ am 7. Januar 2015 in Paris (Frankreich). Denn spätestens seitdem fragte man sich auch in Deutschland: „Sind wir für den Ernstfall gewappnet? Und stehen im Fall der Fälle ausreichend geeignete Kräfte für mögliche Terrorlagen zur Verfügung?“. Daraufhin wurden im Bundeshaushalt 2016 dem Be- reich der inneren Sicherheit – insbesondere der Bundespolizei, dem Bundeskriminalamt und dem Bundesamt für Verfassungsschutz – mehr finanzielle Mittel zugesprochen. Mit diesen zusätzlichen Mitteln sollten aber nicht nur neue Dienstposten geschaffen, sondern explizit auch neue Einheiten in der Bundespolizei aufgebaut werden. Weshalb? Um besser auf terroristische Bedrohungslagen vorbereitet zu sein und schnell auf selbige reagieren zu können.

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Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hat am 16. Dezember 2015 bei einer Veranstaltung in Blumberg gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums, Dr. Dieter Romann, die neue Einheit BFE+ der Bundespolizei vorgestellt.

Grundsatzentscheidung und Aufstellung Bei einer 10-minütigen Das Bundespolizeipräsidium richtete daraufhin Übungseinlage der BFE+ im April 2015 eine Arbeitsgruppe (AG) mit dem wurde ein terroristischer Arbeitstitel „Aufbau einer robusten Einheit bei Anschlag simuliert der Bundespolizei“ ein. Ziel war es, bis zum und anschließend die Jahresende eine erste entsprechende Einheit mit Überwältigung der Täter, fünfzig Beamten bei der Beweissicherungs- und Versorgung der Verletz- Festnahmehundertschaft (BFHu) der Bundespoli- ten und Sicherung der Lage gezeigt. zeiabteilung Blumberg (BPOLABT BLU) aufzustel- len. Also galt es, schnellstmöglich die Aufgaben der zukünftigen Einheit zu beschreiben, Personal zu finden sowie die Fortbildungsinhalte und die erforderliche Ausstattung festzulegen. Ein erstes Grundgerüst entstand und der Arbeitsbegriff BFE+ war geboren.

Die Personalauswahl war schnell getroffen. So fanden sich die erforderlichen fünfzig freiwilli- gen Polizeivollzugsbeamten (PVB) in der BFHu – Beamte mit jahrelanger Erfahrung in einer „besonderen“ Einheit. Als Spezialeinheit erhielt die GSG 9 der Bundespolizei den Auftrag, die Einsatzkräfte dieser neuen Einheit aus- und fortzubilden. So durchliefen in zwei Durchgängen jeweils 25 PVB eine sechswöchige „Spezialaus- bildung“. Die Schwerpunkte lagen dabei vor allem beim taktischen Vorgehen gegen bewaffnete Täter einschließlich einer erweiterten Schießfort- bildung. Denn neben ihrer persönlichen Dienst- pistole P30 und der Maschinenpistole MP 5 kam

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nun eine weitere Mitteldistanzwaffe, das Gewehr gebunden. Als „Aufruf“-Einheit ist sie jedoch zu- G 36c, zur Ausstattung hinzu. Am 16. Dezember sätzlich befähigt, bei besonderen Gefährdungs- 2015 stellte Bundesinnenminister Dr. Thomas lagen oder Fahndungen offen oder verdeckt de Maizière schließlich gemeinsam mit Präsident eingesetzt zu werden. Dr. Dieter Romann in Blumberg die neue Einheit BFE+ der Bundespolizei in Anwesenheit zahlrei- Sollte es dabei zu einer unmittelbaren Konfron- cher Medienvertreter erstmalig der Öffentlichkeit tation mit Tätern kommen, ist es Aufgabe der vor. Das Medieninteresse war überwältigend. BFE+, diese zu binden, Unbeteiligte zu schützen und Verletzte aus dem jeweiligen Gefahrenbe- „Diese robuste Einheit ist einmalig in Deutsch- reich zu evakuieren. Darüber hinaus können die land. Wir haben damit eine Fähigkeitslücke Beamten im Bedarfsfall die GSG 9 der Bundes- geschlossen zwischen Bundesbereitschaftspo- polizei oder auch Spezialeinsatzkommandos lizei und GSG 9 der Bundespolizei. Die BFE+ der Länder bei deren Maßnahmen unterstützen. nimmt damit auch eine Vorreiterrolle ein“, so Dr. Wenn andere Spezialeinheiten im Ernstfall Romann bei der offiziellen Indienststellung. nicht oder nicht rechtzeitig am Ereignisort sind, kann die BFE+ auch eigenständig gegen Täter Der Personalansatz der BFE+ soll von den bisher vorgehen und gegebenenfalls einen Notzugriff fünfzig ausgebildeten PVB noch auf insgesamt durchführen. 250 PVB anwachsen. Die fünf Einheiten sollen jeweils an die bestehenden BFHu der Direktion Die BFE+ wurde zwar vorrangig für die Wahrneh- Bundesbereitschaftspolizei angegliedert werden. mung bundespolizeilicher Aufgaben aufgestellt, Neben Blumberg werden die Standorte der BFE+ kann bei Bedarf aber auch auf Anforderung den somit also in Sankt Augustin, Uelzen, Hünfeld Polizeien der Länder bei besonderen Einsatzla- und Bayreuth liegen. Frauen gibt es in der Einheit gen zur Verfügung gestellt werden. noch nicht. Kurt Lachnit, Anja Pester Einsatzspektrum der BFE+ Die Beamten der BFE+ sind als Teil der BFHu und damit der Bundesbereitschaftspolizei auch weiterhin in deren Aufgabenwahrnehmung ein-

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Fortbildung zur BFE+ durch die GSG 9 der Bundespolizei

Die Beamten der Beweissicherungs- Ganze Tage waren damit ausgefüllt, dächtigen sowie die Unterstützung von und Festnahmeeinheiten (BFE) sind taktische Bewegungsformen wieder Spezialeinheiten bei der unmittelbaren besonders ausgewählt und geschult. und wieder zu exerzieren. Zunächst in Bekämpfung im terroristischen An- Sie verfügen über taktische Fähigkeiten kleinen Teams, später in der Gruppe. schlagsfall. Die Lagen wurden komplex zum Vorgehen gegen bewaffnete Störer Hinzu kam eine spezielle notfallmedizi- und auch körperlich anspruchsvoll und müssen sich bei unfriedlichen nische Ersthelferausbildung. Hier galt gestaltet. Spätestens mit dem Einsatz polizeilichen Lagen mit Entschlossen- es, anschlagstypische Verletzungen zur von empfindlich spürbarer Farbmarkie- heit durchsetzen. Mit dieser soliden Fremd- und Eigenrettung zu versorgen. rungsmunition wurde deutlich, dass im Grundlage im Gepäck trat im Herbst Nach intensivem Drill bei der Waffen- Einsatz ein jeder bereit sein muss, ein 2015 die BFE der BPOLABT BLU zu handhabung und der Taktik konnten sehr hohes Risiko auf sich zu nehmen einer sechswöchigen „Verwendungs- die Teilaspekte im Szenarientraining und auch sein Leben für andere ein- fortbildung BFE+“ bei der GSG 9 in miteinander kombiniert werden. Eine zusetzen. Sich mit diesem Gedanken Sankt Augustin an. Herausforderung ergab sich bei der zuvor auseinanderzusetzen, ist mindes- Führung. Wird in BFE-typischen Lagen tens genauso wichtig wie die profes- Wer nun einen harschen Kasernenhof- überwiegend mit der Befehlstaktik ge- sionelle Fortbildung. Dieser Prozess ton und Schleiferei erwartete, der wur- führt, so mussten sich die Kräfte nun- wurde durch Vorträge zu terroristischen de enttäuscht. Im Vordergrund stand mehr an das „Führen von vorn“ und die Handlungsmodi sowie zum Erkennen die adressatengerechte Schulung zum Auftragstaktik gewöhnen. Diejenigen, von Unkonventionellen Spreng- und Einsatz einer Mitteldistanzwaffe und der die den „Blick ins Gelände“ haben, Brandvorrichtungen (USBV) und deren Pistole sowie taktisches Basistraining. geben ohne Rückkopplung zu den ein- Wirkung begleitet. Gerade die Handhabung des bis dahin gesetzten Führern vor, wie und wohin für die Beamten unbekannten Gewehrs der gesamte Trupp vorgehen soll. Mario Schulz G 36c stellte einen der Schwerpunkte stellvertretender Kommandeur der GSG 9 dar. Wie leistungsstark diese Waffe ist, Die Übungsszenarien umfassten den konnte unter anderem beim praktischen Schutz besonders gefährdeter Infra- Übungsbeschuss eines Kraftfahrzeugs strukturen wie Bahnanlagen und Flug- getestet werden. häfen, Fahndungslagen nach Terrorver-

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Kurzinterview mit dem Kommandeur der GSG 9 der Bundespolizei, Jérôme Fuchs

Die BFE+ ist in aller Munde, doch was sagt eigentlich die Spezialeinheit GSG 9 der Bundespolizei selbst zur neuen „robusten Einheit“? Wie unterscheidet sie sich von selbiger? Und wie agieren die beiden Einheiten eigentlich im Ernstfall zusammen? Fragen, die der Chefredakteur der , Ivo Priebe, dem Kommandeur der GSG 9 der Bundespolizei, Jérôme Fuchs, stellte. kompakt

: Dem Vernehmen nach haben wir in Deutschland im tatsächlichen Einsatzgeschehen unterstützen, indem sie kompaktmit der GSG 9 der Bundespolizei eine relevante Spezi- im unmittelbaren Gefahrenbereich die Absperrung stel- aleinheit zur Bekämpfung von Terrorismus und schwerster len, durchsuchte Räume halten, Verletzte versorgen und Gewaltkriminalität. Auch die Spezialeinheiten der Bundeslän- Unbeteiligte evakuieren. Die GSG 9 kann sich so voll und der warten mit entsprechenden Leistungen auf. Wozu also ganz auf das Vorgehen gegen die Täter konzentrieren und eine BFE+? weiß sich durch gut ausgebildete „eigene“ Kräfte in ihrem Rücken gesichert. Jérôme Fuchs: Spezialeinheiten müssen im Falle eines Ter- roranschlages schnellstmöglich gegen die Täter eingesetzt : Machen wir uns nichts vor – Spezialisierungen werden. Dazu müssen sie flexibel und mobil sein. Zur Ter- kompaktbedeuten auch immer, dass unter Umständen elitäres Den- rorprävention müssen potenzielle Ziele einen besonderen, ken und bei dem einen oder anderen eine gewisse „Abge- robusten Schutz erhalten. Im Aufgabengebiet der Bundespo- hobenheit“ entsteht. Wie kann man dem vorbeugen? lizei wären dies Bahnhöfe, Flughäfen oder Grenzübergänge zu unseren Nachbarstaaten. Nach einem Anschlag muss Jérôme Fuchs: Spezialeinheiten stehen sowohl im Fokus nach schwer bewaffneten Straftätern gefahndet werden. der Öffentlichkeit als auch im Blickfeld ihrer Kollegen. Gera- Dies erfordert einen hohen Kräfteansatz. Würden hierfür de deshalb gilt für Spezialeinheiten und Spezialkräfte, dass Spezialeinheiten zum Einsatz kommen, wäre die Reaktions- sie sich in erster Linie durch professionelles Handeln und fähigkeit dieser Einheiten für ihren eigentlichen Auftrag, das Verhalten auszeichnen. Von den Beamten der GSG 9 erwar- unmittelbare Vorgehen gegen terroristische Gewalttäter, te ich, dass sie hohe Ansprüche an sich selbst stellen, mit nicht mehr gegeben. Respekt und Neugierde ihren Partnern begegnen und durch Leistung überzeugen. Abgehobenheit und elitäres Denken : Die GSG 9 der Bundespolizei hat wesentlich Kon- gehören definitiv nicht dazu. Gleichwohl benötigen Spezi- kompaktzept und Ausbildung der BFE+ beeinflusst. Wie haben Sie aleinheiten und Spezialkräfte wie die BFE+ einen besonde- die Kameraden der BFHu Blumberg während ihrer Verwen- ren Zusammenhalt, einen positiven „esprit de corps“ sowie dungsfortbildung bei der GSG 9 in Sankt Augustin erlebt? ein gesundes Selbstbewusstsein, um bei der Bewältigung ihres schwierigen Auftrages er- Jérôme Fuchs: Die Angehörigen der BFHu Blumberg habe folgreich sein zu können. Nach ich als überaus motiviert, bescheiden und wissbegierig wahr- dieser Philosophie suchen genommen. Sie standen vor der Herausforderung, innerhalb und bilden wir das Personal von sechs Wochen die Grundzüge des taktischen Vorgehens der GSG 9 aus. Mit der Di- gegen militärisch ausgebildete und bewaffnete Täter zu rektion Bundesbereitschafts- erlernen. Zudem mussten sie sich mit dem G 36c sowie der polizei sind wir uns einig, Versorgung von Schwerstverletzten vertraut machen. Ausge- dass wir bei den Kräften der stattet mit einer neuen, ungewohnten Ausrüstung wurde ihnen BFE+ von diesem Grundsatz das Erlernte in Situationstrainings unter Stress abgefordert. nicht abweichen werden. Dieses herausfordernde Hindernis haben am Ende der sechs Wochen alle Teilnehmer mit Erfolg überwunden. Dieses Lob möchte ich auch den Fortbildern der GSG 9 aussprechen, die mit sehr viel Engagement wesentlich dabei unterstützt haben.

: Wie stellen Sie sich das Zusammenwirken der kompaktGSG 9 und BFE+ im Einsatz vor?

Jérôme Fuchs: Einerseits entlastet die BFE+ die GSG 9 von personalbindenden Schutz- und Fahndungsmaßnah- men. Andererseits können die BFE+-Kräfte die GSG 9 auch

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Interview mit einem PVB der BFE+

Doch wie wird man Teil der BFE+? Wie ist die Ausbildung als Betroffener? Und wie geht die Familie mit der neuen beruflichen Situation um? Fragen, denen die -Redaktion auf den Grund gegangen ist. Michael T. hat als Angehöriger der BFHu Blumberg die erste Verwendungsfortbildungkompakt zur BFE+ im September 2015 erfolgreich ab- solviert und gibt ein paar persönliche Einblicke in seine neue Funktion.

: Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um kompakt: Wie erfolgte die Personalauswahl für die ersten kompakt bei der BFE eingesetzt zu werden? aufgestellten Einheiten der BFE+? Und wie wird zukünftig Personal „rekrutiert“? Michael T.: Zunächst ist es notwendig, sich an einem der bundesweit fünf Standorte zu bewerben und seine Eignung Michael T.: Nachdem der Auftrag zur Aufstellung einer durch das Bestehen eines Eignungsauswahlverfahrens unter solchen Einheit an uns als BFHu BLU ergangen war, wurde Beweis zu stellen. Anschließend nimmt der Bewerber am das weitere Verfahren im Führungskreis besprochen und sogenannten „Verwendungslehrgang BFHu“ teil, der elf Wo- durch den BFHu-Führer festgelegt. Aufgrund der Anschläge chen dauert. Voraussetzung für das erfolgreiche Absolvieren von Paris und der allgemeinen Sicherheitslage galt es bei der dieses Lehrgangs sind unter anderem eine überdurchschnitt- Aufstellung der Einheit möglichst wenig Zeit zu verlieren, um liche physische und psychische Belastbarkeit sowie gute innerhalb eines recht kurzen Zeitraums – bis Ende des Jah- Fertigkeiten im Bereich des Einsatztrainings. Natürlich ist res 2015 – Einsatzbereitschaft melden zu können. Aufgrund die Teamfähigkeit bei uns von besonderer Bedeutung. Nach dieser Tatsache war es kaum möglich, die entsprechende Ablauf einer dreimonatigen Probezeit versieht der Beamte Personalauswahl für die BFE+ nach den sonst wohl üblichen seinen Dienst dann in aller Regel in einem der Festnahme- Regularien (Bewerbung, Auswahlverfahren etc.) zu gestalten. trupps innerhalb einer Beweissicherungs- und Festnahme- Daher wurden die infrage kommenden Beamten zunächst einheit (BFE). nach ihrer Bereitschaft zur Verwendung innerhalb der BFE+ befragt und rekrutierten sich letztlich aus den beiden beste- henden Einsatzeinheiten der BFHu BLU. : Besteht die Möglichkeit, sich innerhalb der BFE Um über die künftige Personalgewinnung etwas sagen zu kompakt für die BFE+ zu qualifizieren? Und wenn ja, wie? können, ist es noch zu früh. Die Arbeitsgruppe zum Pilotpro- jekt BFE+ ist gegenwärtig noch mit vielen Details befasst. Ich Michael T.: Mit der Indienststellung der BFE+ am gehe davon aus, dass auch zukünftig BFE+-Beamte generell 16. Dezember 2015 endete zunächst erstmal die Aufstel- aus den Reihen der BFE gewonnen werden, nachdem sie lungsphase der BFE+ in der Bundespolizeiabteilung Blum- sich dort über einen längeren Zeitraum bewährt haben und berg (BPOLABT BLU). Bis dahin wurden 50 Angehörige der dadurch über Erfahrung im Aufgabenspektrum der BFE, BFHu BLU entsprechend fortgebildet. Darüber hinaus kann grundlegendes taktisches Verständnis und entsprechende ich zum jetzigen Zeitpunkt noch keinerlei Angaben darüber Schießfertigkeiten verfügen. Für die BFHu würde diese Ent- machen, wie künftig die Personalgewinnung erfolgen wird. wicklungsoption innerhalb der Einheit auch einen Zugewinn an Attraktivität bedeuten, was sich wiederum positiv auf die Bewerberzahlen auswirken könnte. Noch bestehen erheb- liche Personaldefizite in der BFHu, sodass ausreichend Bewerber von besonderer Bedeutung für uns sind.

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: Was hat Sie dazu bewogen, sich für die BFE+ zu Waffe – dem G 36c – zu bestehen. Abschließend kann man kompakt qualifizieren? sagen, dass durch diesen Lehrgang die Basis für die BFE+ geschaffen wurde, es aber ständiger Fortbildung bedarf, um Michael T.: Ich bin seit 2005 Angehöriger der BFHu BLU. diese Fähigkeiten auch weiterhin aufrechtzuerhalten. Mein persönlicher Weg innerhalb der BFHu begann natürlich auch mit der Verwendung innerhalb eines Festnahmetrupps : Wie sehen die Dienstzeiten der BFE+ aus? (FET) in der 1. BFE. Nach meinem Aufstieg in den gehobe- kompakt nen Dienst kam ich 2011 zurück zu meiner „alten Einheit“ Michael T.: Im Moment gelten für alle Angehörigen der und wurde laufbahnadäquat als Truppführer eines FET BFE+ keine geänderten Dienstzeiten. Die wesentliche Ver- verwendet. Seit Mitte 2013 war ich dann im Bereich der änderung für den täglichen Dienst ergibt sich aus dem Mehr BFE-Führung tätig – zunächst als stellvertretender BFE- an Fortbildungsaufwand zum Qualifikationserhalt und dem Führer, später als BFE-Führer der 2. BFE. Im Laufe meiner Erwerb neuer Fertigkeiten. Hierfür wurde uns mehr Fortbil- Tätigkeit nahm ich an verschiedenen Fortbildungslehrgängen dungszeit zugestanden. Bedingt durch die aktuelle Einsatz- teil, die mein grundsätzliches Interesse am Thema verstärkt belastung und den Zuwachs an Fortbildungsmaßnahmen und letztlich dazu geführt haben, dass ich mich unmittelbar schmilzt der Freiraum zum Abbau der Überstunden merklich. nach Bekanntwerden des Vorhabens bereit erklärt habe, Aber das betrifft gegenwärtig ja weite Teile der Bundesbereit- dabei mitzuwirken. Insbesondere durch die Tatsache, dass schaftspolizei. Für mein Privatleben stellt das natürlich auch unser Tätigkeitsspektrum – bedingt durch die Aufgabener- eine gewisse Einschränkung dar. Besonders mein Sohn weiterung (BFE+) – sehr breit gefächert ist, werde ich im wünscht sich, dass ich auch am Wochenende mal zu Hause dienstlichen Alltag entsprechend stark gefordert. Sich dieser wäre. Zum Glück ist meine Frau ebenfalls bei der Bundespo- Herausforderung zu stellen, ist auch Teil meiner persönli- lizei beschäftigt und bringt das nötige Verständnis mit. chen Motivation. : Sind Sie zufrieden mit der Ausstattung/den zur : Wie hat Ihr berufliches und privates Umfeld auf kompakt Verfügung stehenden Führungs- und Einsatzmit- kompakt Ihre neue Funktion reagiert? teln?

Michael T.: Aus meiner Sicht ist der Polizeiberuf an sich Michael T.: Die uns mit der Indienststellung der Einheit bereits mit gewissen Risiken verbunden. Oft ist die Gefahr bereits zur Verfügung gestellte Ausrüstung ermöglicht es, für den Streifenbeamten sogar größer, weil man in aller Regel unseren Auftrag im Bedarfsfall wahrzunehmen. Positiv ist hier nie genau weiß, was einen am Einsatzort erwartet. Für mich insbesondere zu erwähnen, wie schnell bestimmte Ausrüs- als Angehörigen der ersten BFE+ ist das Risiko mit Blick tungsgegenstände beschafft werden konnten. Der Schwer- auf das Einsatzspektrum natürlich trotzdem gestiegen. Mein punkt lag zunächst auf der unmittelbaren Mannausstattung, berufliches Umfeld ist in weiten Teilen von Anfang an in das der Schutzausstattung und Bewaffnung. Die Arbeitsgruppe Projekt eingebunden gewesen, sodass die Reaktionen da BFE+ ist gegenwärtig noch mit der konzeptionellen Auf- durchweg positiv waren. stellung einer eigens für die BFE+ geschaffenen Ausstat- In meinem privaten Umfeld weiß nur der engste Familien- tungsnorm befasst, weswegen einiges noch auf den Weg kreis, was ich beruflich genau mache und was diese Zusatz- gebracht werden muss. aufgabe letztlich bedeutet. Wir reden offen über die damit einhergehenden Risiken und haben entsprechend Vorsorge : Waren Sie bei den ersten Einsätzen der BFE+ mit getroffen. Die größte Belastung für meine Frau und mein kompakt dabei? Waren Sie angespannt? Kind ist, dass ich – bedingt durch diverse Fortbildungen – nun noch weniger und mitunter über mehrere Wochen nicht Michael T.: Ein gewisses Maß an Anspannung ist natürlich zu Hause sein kann. immer mit dabei, wenn es in den Einsatz geht. Auch wenn es mit den Jahren etwas weniger wird. Dennoch waren die : Wie verlief die Ausbildung von der BFE zur BFE+? ersten Einsätze als BFE+ für uns alle etwas Besonderes. Die kompakt gute Ausbildung und die Sicherheit, dass man sich auf die Michael T.: Ich war Teilnehmer des ersten Grundlehrgangs Kollegen verlassen kann, waren dabei wichtige Faktoren. BFE+, der sich über insgesamt sechs Wochen erstreckte. Ich war an mehreren Einsätzen beteiligt. Dabei war vor allem Die Schwerpunkte des Lehrgangs lagen in den Bereichen die Erkenntnis lehrreich, dass man ab jetzt noch mehr in den Einsatztaktik und Schießen. Über den gesamten Zeitraum Fokus der öffentlichen Berichterstattung und des Medienin- konnten wir die Fortbildungsmöglichkeiten der GSG 9 nut- teresses gerückt ist. zen. Die durch die Ausbilder der GSG 9 vermittelten Inhalte führten uns Schritt für Schritt an das heran, was man von uns Das Interview führte Anja Pester. künftig erwarten würde. Darüber hinaus hat jeder von uns schnell einen Eindruck davon bekommen, wie anspruchs- voll und umfangreich unser zusätzliches Einsatzspektrum tatsächlich ist und wie viel Fortbildungszeit dafür erforderlich ist. Auch die Schießfortbildung entwickelte sich hier und da zur kniffligen Angelegenheit; galt es doch, einzelne recht anspruchsvolle Wertungsübungen mit einer für uns neuen

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Kolumne Darf’s ein bisschen mehr sein?

Pluszeichen sind mir generell suspekt. Das „+“ in BFE+ finde Ab und zu sehe ich, wie A12-Hauptkommissare sich von den ich aber gut. Die Kollegen müssen ja bestimmt mehr können A11-Kollegen durch ein kleines, aber feines „+“ abzuheben als andere – sonst würde es dieses Plus ja nicht geben. Ver- versuchen. Deren E-Mail-Signaturen beinhalten eine Amtsbe- mutlich sollen sie auch mehr aushalten und riskieren, wenn zeichnung, die es nicht gibt: „PHK+“. Bei der Bundespolizei es darauf ankommt. Und sie sind sicherlich kein billiges Imitat ist mir diese Praxis allerdings noch nicht aufgefallen. Unsere der GSG 9, sonst würden sie GSG 9- heißen. Bestimmt wer- Signaturen kommen gänzlich ohne Dienstgrade aus. So sind den sie für die Extrabelastung auch gerecht entlohnt. In dem wir eben: ausgleichend. Fall ist deshalb das Suffix „+“ zweifellos richtig eingesetzt. Sie meinen, ein A12-Beamter muss ja in der Regel auch mehr Außerhalb der BFE+ und der reinen Arithmetik verschleiert leisten beziehungsweise mehr Verantwortung tragen als ein das kleine Kreuzchen aber sonst allzu oft die Realität. Eigent- A11-er? Und spiegelt sich das nicht auch im Gehalt wider? lich soll es „mehr“ oder „besser“ bedeuten. Doch ob überall Diesen Einwand hätte ich bis vor Kurzem vielleicht noch dort, wo ein Plus draufsteht, auch wirklich ein Plus drin ist? gelten lassen – nämlich bis ich zum ersten Mal in meinem Das ist beim Kombinieren zweier Elemente nicht immer ganz Leben die Auszahlung von Mehrarbeit beantragen durfte. klar. Denn die Summe von zwei Dingen ergibt nicht unbedingt Die vergangenen Monate hatten mir, wie allen mit dem G7- ein „Mehr“, zumindest wenn man die Summanden zunächst Einsatz und mit der Massenmigration konfrontierten Bundes- einzeln betrachtet. Es kommt ja auf deren Vorzeichen an. Ein polizisten, ein dickes Plus auf dem Arbeitszeitkonto beschert. positiver Wert büßt für gewöhnlich seine Qualität ein, wenn Abfeiern wäre schön – ist aber unrealistisch. Also habe ich man ihn mit einem negativen kombiniert. Ein gutes Team einen Antrag auf einen monetären Ausgleich ausgefüllt. kann daran kaputtgehen, wenn es durch einen Miesepeter Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich auch, dass eine Überstun- oder einen Intriganten „angereichert“ wird. Wer es vornehm de eines A12-Beamten genauso viel wert ist wie die eines mag, bezeichnet den Vorgang als „Ausgleichen“. Außerhalb A11-, A10- und A9-Kollegen. Ähnlich sieht es auch bei A7 bis der streng wissenschaftlichen Nomenklatur sagt man dazu A8 und bei A13 bis A16 aus. Nix mit „+“ – wir sind alle gleich. meistens „Gleichmacherei“. Na ja, fast. Darf’s ein bisschen mehr sein?

Außerdem kann ein „+“ im Namen manchmal etwas unbeschei- Thomas Borowik den anmuten. Gut, man kann die aufwertende Darstellung mit der Subjektivität des Betrachters zu erklären versuchen. Schlimmstenfalls stellt man sich durch einen Euphemismus aber selbst bloß. Nämlich dann, wenn der Superlativ die Der Autor (46) leitet die Pressestelle der Bundespolizeidirektion München. Der dienstälteste -Redakteur greift in seiner Kolumne die polarisie- Erwartungshaltung steigert und ihr objektiv nicht standhalten kompakt renden Aspekte des jeweiligen Titelthemas auf. kann. Ich sollte bei Gelegenheit einen Etymologen fragen, ob das Wort „Plus“ von „aufgeplustert“ kommt. Aber nicht, dass Sie jetzt an irgendwelche Discounterketten oder Mobilfunkan- bieter denken.

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Gemeinsamer Einsatzabschnitt Strafverfolgung Durch Vertrauen erfolgreich

Ständige Übergabe von Störern, „Ausleihe“ müssen die Täter oft bis zur Festnahme zu von Kräften, wechselnde Unterstellungsver- günstiger Zeit an einem geeigneten Ort observiert hältnisse. So verlaufen Einsätze nicht selten. werden. Verlassen sie hingegen vor der Festnah- Dass es auch anders geht, zeigt ein Beispiel me den Zuständigkeitsbereich, erfolgt unter Um- aus . ständen eine komplizierte Übergabe. Dies führt zu „Reibungsverlusten“. Unfriedliche demonstrative Aktionen, kurz „udA“, sind sowohl für die Polizeien der Länder als auch Doch wie lässt sich all dies bereits in der Planung für die Bundespolizei eine große Herausforde- berücksichtigen? Wie kann man vorhersehen, rung. Die An- und Abreise von Teilnehmern erfolgt wo der Brennpunkt liegen wird, wenn sich dieser zumeist mit der Bahn. Nicht selten ist auch der doch oftmals erst im Verlauf ergibt? Oder gibt es Bahnhofsvorplatz Versammlungsort oder es liegt andere Möglichkeiten? eine Bahnlinie an der Aufzugsstrecke. Somit ist zumeist nicht nur die zuständig, Die Polizei Hamburg und die Bundespolizeiins- sondern auch die Bundespolizei. pektion Hamburg haben einen Weg gefunden und sind diesen in zwei Einsätzen erfolgreich Bei der Planung der Einsätze gibt es in der Regel gegangen. Und dies waren keine unbedeutenden einen regen Austausch und eine intensive Zusam- Einsätze. menarbeit zwischen den beteiligten Polizeien. Es werden Einsatzkonzepte thematisiert, Schnitt- 1. Mai 2015 und Nahtstellenproblematiken besprochen und Für den 1. Mai waren in Hamburg zwei Versamm- Erreichbarkeiten ausgetauscht. Die Planungen lungen geplant, die besonders im Fokus der Poli- münden in der Aufstellung von parallelen Beson- zei standen. Beide Versammlungen sollten in den deren Aufbauorganisationen (BAO) und in dem Hamburger Stadtteilen St. Georg und St. Pauli Austausch von Verbindungsbeamten. Diese BAO stattfinden. Die Veranstalter hatten zu gewaltfreien ähneln sich häufig sehr und es sind oft nur Begrif- Versammlungen aufgerufen und erwarteten je- fe, die voneinander abweichen. Eine gemeinsame weils bis zu 1 000 Teilnehmer. Polizeilich gesehen Führung eines Einsatzes oder eine Zusammenle- waren Gewalttätigkeiten gegen Personen oder gung einzelner Einsatzabschnitte findet trotz des Sachen jedoch nicht sicher auszuschließen. gemeinsamen Anlasses jedoch nur selten statt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Eine Versammlung sollte am Bahnhof Altona be- ginnen, beide führten an zahlreichen S-Bahnhöfen Wo wird der Brennpunkt liegen? Wo wird in der Hamburger Innenstadt vorbei. Somit war hoher Kräftebedarf entstehen? bereits vorher klar, dass dieser Einsatz die Zustän- Ergibt sich im Einsatzverlauf ein Brennpunkt im digkeit beider Behörden betreffen würde. Einsatzkräfte des Bereich der Bundes- oder Landespolizei und GEA Strafverfolgung sollten die eigenen Kräfte nicht ausreichen, Im Rahmen der Einsatzplanung entstand das Ein- begleiten mehr als 30 dann werden zusätzliche Kräfte beim Partner satzkonzept des Gemeinsamen Einsatzabschnittes Festgenommene mit angefordert, unterstellt und eingegliedert. In der Strafverfolgung (kurz: GEA Strafverfolgung; im einer Sonder-S-Bahn aus dem Hamburger Regel Eingreifkräfte. Bis diese dann zum Einsatz Sinne von „Eingreifkräften“, nicht im Sinne von Hauptbahnhof. kommen, vergeht Zeit. Wertvolle Zeit, in der das kriminalpolizeilichen Folgemaßnahmen). In diesem polizeiliche Gegenüber agieren kann. GEA sollten alle Eingreifkräfte der Polizei Ham- Auch sind polizeiliche Maßnahmen bei erkannten burg, der unterstützenden Länderpolizeien und der Straftätern nicht immer sofort möglich. Daher Bundespolizei unter einer gemeinsamen Führung

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zum Einsatz gebracht werden, um schnell mit ten einzelne Verkehrssicherungsposten und deren starken Kräften auf Gewalttätigkeiten reagieren zu Kräder. können. Außerdem sollte die Tatbeobachterkoordi- Einsatzkräfte einer nation im GEA Strafverfolgung zusammenlaufen, um Durch den konzentrierten Einsatz starker Kräfte Beweissicherungs- zu gewährleisten, dass die Tatbeobachter alle re- des GEA Strafverfolgung konnten die Auseinan- und Festnahmehun- levanten Störergruppen im Auge haben. Und auch dersetzungen schnell beendet und eine Auswei- dertschaft (kurz BFHu) die Führung sollte aus einem Bundespolizisten und tung verhindert werden. Insgesamt wurden 18 der Bundespolizei bei einem Kollegen der Polizei Hamburg bestehen. Personen festgenommen, 38 kamen in Gewahr- der Räumung einer sam. Gegen 40 Personen wurde ein Strafver- Straßenblockade in Sicherlich gab es in der Vergangenheit immer wie- fahren unter anderem wegen Landfriedensbruch Hamburg der mal gemeinsame Einsatzabschnitte, allerdings eingeleitet. Die gebündelte Stärke erlaubte ein waren dies, entgegen dem GEA Strafverfolgung, offensives Auftreten selbst mitten im Szenestadt- keine unmittelbar an den Straftätern operierenden teil. Die Lage konnte durch eine erhebliche Verun- Kräfte (z.B. Aufklärung/Öffentlichkeitsarbeit). sicherung des polizeilichen Gegenübers schnell Ungewöhnlich und nicht der reinen Lehre entspre- beruhigt werden. Durch die Taktik musste jeder chend war auch, dass dieser GEA sowohl Teil der Straftäter, der noch nicht festgenommen worden BAO der Polizei Hamburg als auch der BAO der war, jederzeit mit seiner Festnahme rechnen. Ein Bundespolizeiinspektion Hamburg war. Erfolg des GEA Strafverfolgung auf ganzer Linie.

Jeder Straftäter musste jederzeit mit seiner Die Kräfte der Bundespolizei waren angesichts Festnahme rechnen. der Lage fast ausschließlich im Zuständigkeitsbe- Im Verlauf der Maidemonstrationen kam es, reich der Polizei Hamburg eingesetzt. Diese ver- wie befürchtet, bei beiden Versammlungen zu meintliche „Begünstigung“ sollte sich aber bereits Auseinandersetzungen mit der Polizei. Einige der im nächsten Großeinsatz ausgleichen. Versammlungsteilnehmer (in der Summe 2 000) vermummten sich und bewarfen Polizeikräfte mit Tag der Patrioten in Hamburg Steinen, Böllern und Feuerwerkskörpern. Nach- Für den 12. September 2015 hatten mehrere dem die Versammlungen aufgelöst und beendet Personen in Hamburg eine Versammlung mit dem wurden, zündeten die Störer Müllcontainer an. Titel „Tag der Patrioten“ angemeldet. Die Polizei Zudem griffen sie Polizeibeamte an und attackier- Hamburg erwartete zu dieser Versammlung bis zu

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3 000 Teilnehmer, darunter 300 bis 500 Rechts- Und erneut sollten der Inspektionsleiter der extremisten und 1 500 rechtsgerichtete, patrioti- Bundespolizeiinspektion Hamburg und der sche Fußballanhänger. Die Versammlungsbehörde Hundertschaftsführer der Beweis- und Festnah- war sicher, dass es zu gewalttätigen Auseinander- mehundertschaft (BFHu) der Polizei Hamburg setzungen mit den bis zu 15 000 hoch mobilisier- die Führung übernehmen. Als Kräfte standen die ten Gegendemonstranten kommen würde. BFHu Hünfeld, die BFHu des Nordverbundes, das Unterstützungskommando (USK) Bayern und das Allein für ihren Zuständigkeitsbereich sah die Poli- Spezialeinsatzkommando (SEK) Hamburg bereit. zei Hamburg einen Kräftebedarf von 9 Abteilungs- Zusätzlich übernahm der GEA wieder die Tatbeob- führungen, 46 Hundertschaften und 10 Was- achterkoordination. Eine Entscheidung, die sich serwerferstaffeln als erforderlich an. Tatsächlich noch bezahlt machen sollte. zur Verfügung stehen sollten am 12. September aber lediglich 17 Einsatzhundertschaften. Dieser Am Vorabend der Versammlung stand dann fest: Umstand und die Lageprognose führten zum Das Verbot hält der höchstrichterlichen Überprü- Verbot der Versammlung durch die Versammlungs- fung stand. Klar war aber auch, dass dies nicht behörde. Auch für die Bundespolizei gestaltete es alle davon abhalten würde, nach Hamburg zu sich – angesichts der Migrationslage – schwierig, fahren. ausreichend Kräfte zur Verfügung zu stellen. Hinzu Diensthundeführer der kam, dass mit einer letztinstanzlichen Entschei- GEA Strafverfolgung im Hamburger Haupt- Bundespolizeiinspektion dung des Verbotes frühestens am Vorabend der bahnhof gefordert Hamburg Seite an Seite Versammlung gerechnet wurde. Am Einsatztag kam es im Hamburger Hauptbahn- mit Einsatzkräften der hof immer wieder zu gewalttätigen Auseinander- BFHu Hamburg Nach durchweg positiven Erfahrungen des Mai-Ein- setzungen zwischen Personen der rechten und satzes fiel auch hier relativ schnell der Entschluss: linken Szene. Es wurden Züge mit Steinen bewor- „Wir bilden wieder einen GEA Strafverfolgung.“ fen, Feuerwerkskörper gezündet und Polizeibeam- Einsatzfahrzeug der Durch die Kräfteunterdeckung sprach dieses Mal te angegriffen. Der gesamte Zugverkehr musste Bundespolizei am 1. Mai noch mehr dafür, Synergien zu schaffen. über eine Stunde lang eingestellt werden.

Teilnehmer der verbo- tenen Versammlung im Hamburger Hauptbahnhof nach der Gewahrsamnah- me durch Kräfte des GEA Strafverfolgung

Die Leiter des GEA Straf- verfolgung: EPHK Czar- necki und PD Großmann

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Zeitweise standen sich auf beiden Seiten mehr als Ein Modell mit Zukunft? hundert Personen gegenüber. Diese beiden Einsätze zeigen, dass die Bildung ei- nes GEA Strafverfolgung in udA-Lagen zum Erfolg Festnahme eines Gewalt- Und auch hier konnte der GEA Strafverfolgung führen kann. Doch dafür braucht es mehr als die täters bei 1.-Mai-Demo seine Karten ausspielen. Gemeinsam mit den be- Bündelung von Eingreifkräften unter gemeinsamer durch einen Polizeibeam- reits im Hauptbahnhof eingesetzten Einsatzkräften Führung. ten der BFHu Uelzen gelang es, die Auseinandersetzungen zu been- den. Mehr als 30 Personen der rechten Szene Denn das Konzept birgt auch Gefahren in sich. konnten in Gewahrsam genommen werden. Diese Was passiert, wenn dauerhaft nur ein Partner pro- PHK Grimm beim Einsatz wurden anschließend mit einer Sonder-S-Bahn fitiert oder wenn die Kräfte in beiden Bereichen „Tag der Patrioten“ im aus dem Hauptbahnhof gebracht, um sie weiteren benötigt werden und man keine Einigkeit bezüg- Gespräch mit Präsident polizeilichen Maßnahmen zu unterziehen. lich des Brennpunktes herstellen kann? Dr. Dieter Romann Auch wenn es im Laufe des Tages Auseinander- Dann braucht man Erfahrung und – noch viel setzungen im Stadtgebiet gab, wurden die Kräfte wichtiger – Vertrauen in den Partner. des GEA in diesem Einsatz zu hundert Prozent im Zum Glück braucht man sich darüber in Hamburg bundespolizeilichen Zuständigkeitsbereich einge- keine Gedanken zu machen … setzt. Und das wieder überaus erfolgreich. Ronny von Bresinski

Stimmen zum Einsatzkonzept

PD Großmann, PHK Grimm, EPHK Czarnecki, Inspektionsleiter der Bundespolizei- stellvertretender Hundertschaftsführer der Hundertschaftsführer der BFHu der Polizei inspektion Hamburg: BFHu der BPOLABT Hünfeld: Hamburg: „Unkalkulierbar zwischen Bundes- und Lan- „Im gemeinsamen Einsatzabschnitt Strafverfol- „Das Konzept des GEA Strafverfolgung hat sich deszuständigkeit wechselnde oder gar beide gung konnte unsere BFHu ihre Stärken unein- aus meiner Sicht bewährt. Wir konnten über Zuständigkeiten betreffende und die aufgrund geschränkt zum Einsatz bringen. Wir konnten die Zuständigkeitsgrenzen hinweg schnell und vielfältiger Einsatzverpflichtungen strapazierten Straftäter unabhängig von Zuständigkeitsgren- gezielt agieren. Dies führte in beiden Einsätzen Ressourcen von geschlossenen Einheiten wa- zen observieren und qualifiziert festnehmen. zum polizeilichen Erfolg.“ ren die Treiber für die Idee eines gemeinsamen Dafür wurden wir ausgestattet und fortgebildet Einsatzabschnittes Strafverfolgung. Eine enge, – dafür sollten wir auch eingesetzt werden. vertrauensvolle Partnerschaft der beteiligten Unsere Stärken wurden voll abgerufen. Der Behörden ist die Grundvoraussetzung für das Einsatz im GEA Strafverfolgung war ein voller Modell. Die erzeugten Synergien und die takti- Erfolg, da hier auch eine Verknüpfung zwischen schen wie kriminalistischen Erfolge können sich unterschiedlichem Leistungsvermögen und aus meiner Sicht sehen lassen und rechtfertigen Ausstattung hergestellt wurde. Ein Modell mit ein Abweichen von der reinen ,Lehre‘.“ Zukunft!“

22 Bundespolizei kompakt 02|2016 In- & Ausland Einsatz der Bundespolizei See auf Samos hat begonnen „Rechnen mit dem Schlimmsten und hoffen auf das Beste!“

Samos. Es ist ein ungewöhnlicher An- nen die Kontinente Europa und Asien Januar und Februar 8 100 Migranten, blick: Zwei Kontroll- und Streifenboote an der engsten Stelle. Samos ist damit oft unter dramatischen Umständen. der Bundespolizei See liegen ruhig im ähnlich wie andere griechische Inseln in Hafen von Vathy auf Samos vor Anker. der Ägäis in das Zentrum der Migrati- Erst Ende Januar starben vor Samos Dort, wo sonst Urlaubssegler und onskrise geraten. Hunderttausende von 24 Menschen, darunter zehn Kinder, griechische Fischerboote festmachen, Migranten aus Syrien, Afghanistan, dem als ihr Schlauchboot in der rauen hat die Bundespolizei für die deutschen Irak und vielen anderen Krisenländern See kenterte. An den Stränden im Boote mit der auffälligen blau-weißen machen sich von der türkischen Küste Osten der Insel finden sich häufig die Farbgebung ihre Einsatzbasis eingerich- in Schlauchbooten auf die lebensge- beklemmenden Hinterlassenschaften tet. An Bord weht neben der deutschen fährliche Reise nach Griechenland. der dramatischen Flucht über die See: Bundesdienstflagge ab sofort auch die Schleuser nutzen die Notlage dieser kaputte Schlauchboote, die gerade griechische Nationalflagge. Aber die Menschen schamlos aus und neh- einmal für einen Strandurlaub taugen, Idylle in dem kleinen Urlaubsort mit men ihnen für die Überfahrt ihr letztes signalrote Rettungswesten, Rucksäcke, knapp 2 000 Einwohnern trügt. Samos Geld ab. So landeten auf Samos nach Kinderschuhe und Spielzeug. Was ist liegt nur einen Katzensprung von der Angaben des Flüchtlingshilfswerks der mit den Menschen passiert, haben sie Türkei entfernt, rund 1 700 Meter tren- Vereinten Nationen (UNHCR) allein im es geschafft?

BP 64 „Börde“ kehrt nach einer Einsatzfahrt in den Hafen von Vathy zurück.

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Viel Improvisation bei der Einsatzvor- „Wir haben uns auf den Einsatz gut jeder Streifenfahrt so sein. „Leinen bereitung vorbereitet, rechnen aber mit dem los!“, ertönt das Kommando. Die „Bör- Um die griechische Küstenwache bei Schlimmsten und hoffen auf das Beste“, de“ verlässt den Hafen von Vathy völlig der Grenzüberwachung zu unterstützen, sagt Frank Rogatty, der Einsatzleiter des abgedunkelt, auch die Positionslampen hat die Bundespolizei im Rahmen des deutschen Kontingents. Im Vordergrund sind jetzt ausgeschaltet. „Wir wissen, FRONTEX-Einsatzes „Poseidon Rapid des Einsatzes steht die Bekämpfung dass die meisten Migranten nachts Intervention“ Ende Januar die beiden der illegalen Migration und der Schleu- über die See kommen und wollen von Kontroll- und Streifenboote „Uckermark“ serkriminalität. „Menschen aus Seenot den Schleusern nicht gleich erkannt und „Börde“ aus der Ostsee nach Vathy zu retten, gehört dabei zur ersten Pflicht werden“, erklärt Frank Rogatty. Kurz verlegt. Rund dreißig Bundespolizisten eines jeden Seemanns. Wir werden vor Mitternacht dann die Meldung: aus den Bundespolizeiinspektionen See niemanden zurücklassen“, ergänzt „Zwei Schlauchboote mit 23 Menschen in Neustadt in Holstein, Warnemünde Rogatty. „Die Schwierigkeit besteht aufgebracht! Alle sicher an Bord.“ Der und Cuxhaven versehen seit dem 1. darin, im Ernstfall eine große Anzahl von Einsatz verlief glimpflich, die See war März ihren Dienst dort. „Wir mussten Menschen aus der See zu retten. In der ruhig und so konnten alle Migranten innerhalb kürzester Zeit die logistischen Ostsee haben wir es normalerweise mit sicher an Land und an die griechischen Voraussetzungen für den Einsatz schaf- einigen wenigen Schiffbrüchigen zu tun, Behörden übergeben werden. „Die ge- fen“, sagt Klaus Schnell vom Direktions- aber hier sind es schnell mal 30 bis 40 retteten Personen kamen aus Pakistan bereich Bundespolizei See in Neustadt Menschen.“ In Notsituationen werden und Afghanistan. Alle blieben ruhig und in Holstein, der die Vorbereitungen auf die Einsatzkräfte von schwedischen und haben unsere Anordnungen befolgt, Samos koordiniert hat. „Keine ganz ein- italienischen Seenotrettern unterstützt, so verlief der Einsatz ohne Probleme“, fache Aufgabe, da war viel Improvisation die ebenfalls in Vathy stationiert sind. lautet Rogattys erstes Fazit. Vier Tage gefragt.“ Die Bundespolizisten haben Die Bundespolizisten müssen aber später retten die Seegrenzschützer in einem Hotel in der Nähe des Hafens auch damit rechnen, auf Schleuser zu noch einmal 48 Migranten aus einem eine Unterkunft gefunden. „Normaler- treffen, die bewaffnet sein können. Die Schlauchboot. Die gute Einsatzvorberei- weise ist das Hotel in dieser Jahreszeit Beamten führen daher ihre Dienstwaffe tung zahlt sich aus. geschlossen, aber die Vermieter waren und den Schlagstock bei allen Streifen- sehr flexibel und hilfsbereit, sodass das fahrten mit. Die ersten aufregenden Tage des Problem der Unterkunft schnell gelöst dreimonatigen Einsatzes sind schnell war“, fügt Klaus Schnell hinzu. Auch ein Nachts auf Streifenfahrt an der vorüber. Es ist nicht unwahrscheinlich, Raum für eine Einsatzzentrale mit Funk, griechisch-türkischen Seegrenze dass der Einsatz aufgrund der aktuellen PC und Telefon war innerhalb kürzester Dann ist es so weit: Die erste nächtliche Migrationslage verlängert wird. Zeit eingerichtet. Von hier aus wird der Streifenfahrt der 21 Meter langen BP Einsatz mit den Griechen koordiniert, 64 „Börde“ steht bevor. Die Bundespo- Matthias Menge Dienstschichten werden geplant und lizisten machen sich einsatzbereit. Ein per Funk wird Kontakt mit der Bootsfüh- griechischer Kollege der Küstenwache rung gehalten. kommt an Bord; das wird ab jetzt bei

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Die geretteten Migranten werden an Bord des Kontroll- und Streifenbootes der Bundespolizei See in den Hafen Vathy gebracht.

Zwei Streifenboote der Bundespolizei See sind seit dem 1. März 2016 zur Unterstützung der grie- chischen Küstenwache auf der Insel Samos an der griechisch-türkischen Seegrenze im Einsatz.

v.l.n.r. Frank Rogatty (Einsatzleiter des deutschen Kontingents) mit René Christiansen und Bernd Gerhard bei der Einsatzvorbereitung an Bord der BP 62 „Uckermark“. Sie gehören zu insgesamt 30 Bundespolizisten der Bundespolizei See, die im Rahmen von FRONTEX in griechischen Gewässern eingesetzt sind.

Migranten auf einem sich in Seenot befindlichen Schlauchboot.

„Poseidon Rapid Intervention“

Die Maßnahme „Poseidon Rapid Intervention“ ersetzt den plötzlichen und außergewöhnlichen Migrationsdruck an den Einsatz „Joint Operation Poseidon Sea“ mit einer höheren Außengrenzen ausgesetzt ist, europäische Grenzschutzteams Anzahl von europäischen Grenzschutzbeamten, die bei für einen begrenzten Zeitraum auf dem Hoheitsgebiet des der Identifizierung und Abnahme von Fingerabdrücken von ersuchenden Mitgliedstaates einsetzen. ankommenden Migranten zusammen mit Dolmetschern und Dokumentenexperten unterstützen. Die Zahl der Grenzschützer soll um mehr als 400 erhöht werden. Hinzu kommen Schiffe und Boote, Fahrzeuge und Die Operation wurde im Dezember 2015 ins Leben gerufen. anderes technisches Equipment.

Die „Poseidon Rapid Intervention“ soll Griechenland zusätzli- Derzeit setzt FRONTEX im Rahmen von „Poseidon Rapid che technische Hilfe zur Verfügung stellen, um seine Grenzen Intervention“ vier Hochsee-Streifenschiffe, drei Küsten- verstärkt zu überwachen, die Registrierung zu erhöhen und Streifenschiffe, acht Küsten-Streifenboote, zwei Helikopter, die Kapazität der Identifizierung zu verbessern. ein Wärmebild-Fahrzeug, zwölf Streifenfahrzeuge sowie 776 Grenzschutzbeamte ein. In Übereinstimmung mit der FRONTEX-Verordnung kann FRONTEX auf Antrag eines Mitgliedstaates, der einem Quelle: FRONTEX Press Pack

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Verbunddatei PIAV Die Möglichkeit zur deliktsübergreifenden Recherche

Als Auswirkung auf die Verbrechen der Terrorgrup- lichkeit. Langwierige Meldewege und Erkenntnisan- pe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) fragen gehören dann der Vergangenheit an. hat die Innenministerkonferenz (IMK) am 8. und 9. Dezember 2011 folgenden Beschluss gefasst: Insgesamt 19 Teilnehmer können Recherchen im Zentralsystem PIAV durchführen, aus denen sich „Die IMK ist der Auffassung, dass mit Blick auf das Tat-Tat- oder Tat-Täter-Beziehungen ableiten lassen. Ermittlungsverfahren gegen die Terrorgruppe, Natio- Die gewonnenen Erkenntnisse können direkt in nalsozialistischer Untergrund‘ (NSU) die frühzeitige laufende Ermittlungsverfahren einfließen und ermög- Einführung des geplanten Polizeilichen Informations- lichen direkte Absprachen zwischen den beteiligten und Analyseverbunds (PIAV) geboten ist.“ Behörden. Doppelermittlungen zu einem Täter oder einem Sachverhalt werden dadurch weitestgehend Zum 1. Mai 2016 ist es nun so weit: Alle Polizei- reduziert. en der Länder und des Bundes sowie des Zolls tauschen erstmals polizeilich relevante Erkenntnisse Wir als Bundespolizei werden mit einer Abfrage (Ver- nach einheitlichen Qualitätsstandards elektronisch bundsuche) im Fallbearbeitungssystem b-case auf Schematische aus. Begonnen wird zunächst mit dem Deliktsbe- den Datenbestand in b-case selbst, INPOL-Fall und Darstellung der reich Waffen- und Sprengstoffkriminalität. Ende PIAV-Operativ Zentral recherchieren können. Zu Erkenntnisgewinnung nächsten Jahres folgen die Bereiche Rauschgift- einem späteren Zeitpunkt ist zusätzlich eine verein- kriminalität, Gewaltdelikte und gemeingefährliche fachte Recherchemöglichkeit über das Vorgangsbe- Straftaten. Für die Bundespolizei eröffnet sich damit arbeitungssystem @rtus-Bund vorgesehen. eine – neben dem Erfolgsmodell der Verbunddatei INPOL – einzigartige bundesweite Recherchemög- Andreas Möschter

Polizeien der Länder, Bundeskriminalamt, Zoll

Erkenntnis- zusammenfüh- rung von 19 Teilnehmern in 14 deliktischen Zentraldateien

PIAV – Operativ Zentral

26 Bundespolizei kompakt 02|2016 Personal & Haushalt 5 ThorstenFragen Weise an

Polizeihauptmeister Thorsten Weise ist 44 Jahre alt und gelernter Elektromonteur. 1994 begann er seine Ausbildung beim damaligen in Alsfeld. Den Anstoß für seinen Berufswechsel erhielt er von seiner Zwillingsschwester, die Polizistin bei der Landpolizei in Sachsen-Anhalt ist. Als Kontroll- und Streifenbeamter im bahnpolizeilichen Bereich fand Thorsten Weise zunächst an den Bahnhöfen / Main, Leipzig, und seit 2011 auch in Magdeburg seine Berufung. Denn Polizist ist er mit Leib und Seele! Zusätzlich engagiert er sich im Kommunikationsteam der Bundespolizeiinspektion Magdeburg und unter- stützt regelmäßig die Bereiche der Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit. In seiner Heimatstadt Magdeburg lebt er zusammen mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn. Neben der Familie und dem Beruf ist Thorsten Weise der Sport sehr wichtig; auf Laufveranstaltungen ab Halbmarathonlänge ist er häufig zu finden.

1. Was schätzen Sie bei der Bundespolizei am meisten? 4. Was war das Schlimmste, was Sie im Dienst erlebt haben?  Die Bundespolizei bietet mir einen sicheren und gut Im Jahr 2007 hatte ich eine Einsatzfahrt mit einer Kollegin bezahlten Arbeitsplatz. Über meinen üblichen Dienst zum S-Bahnhaltepunkt Berlin-Halensee. Dort war ein Kolle- hinaus, der sich für mich tagtäglich interessant und ge der Bundespolizeiabteilung Blumberg bei der Ausübung abwechslungsreich gestaltet, besteht für mich die Mög- seines Dienstes von einer S-Bahn erfasst worden und noch lichkeit, auch in anderen Bereichen in meiner Inspektion vor Ort seinen Verletzungen erlegen. Das Bild, wie ein mitzuwirken. Zudem schätze ich die unentgeltliche gute Kollege bei dem Verunfallten kniete, dessen Kopf hielt und Fortbildung in unserer Organisation. mit ihm redete … Das werde ich nie vergessen!

2. Was schätzen Sie bei der Bundespolizei am wenigsten? 5. Was wäre Ihre erste Amtshandlung, wenn Sie heute zum  Die Inkonsequenz der Organisation auf Initiativ- und Präsident der Bundespolizei ernannt würden? Interessenlosigkeit von Kollegen adäquat zu reagieren. Ich würde alles in Bewegung setzen, um mehr Kollegin- Die Wahrnehmung, dass man in der freien Wirtschaft für nen und Kollegen auf „die Straße“ zu bekommen. Zudem sehr viel weniger Geld unter Umständen mehr leisten muss, gäbe es eine Organisationsüberprüfung auf „Herz und wird ignoriert. Nieren“, um auch zu hinterfragen, ob eine Übertragung der Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Verwaltung auf den 3. Was war Ihr bisher schönstes Erlebnis im Dienst? Vollzug angemessen ist.  Es gibt kein schönstes Erlebnis, das sich bei mir verfestigt hat. Ich versuche jeden Tag für mich positiv zu gestalten. Menschen, auf die ich während meines Dienstes treffe, die Das Interview führte Chris Kurpiers. ich als Polizeibeamter unterstützen kann, die erfreut sind über diese Hilfe und mit denen ich einen Moment in ihrem Leben mitgestalten kann, erbauen mich. Sind diese Men- schen Kinder, die unsere Zukunft gestalten, ist es für mich besonders schön, in meinem Beruf als Vorbild zu agieren.

Bundespolizei kompakt 02|2016 27 Nachruf auf Prof. Dr. Andreas Peilert

Am 19. Januar 2016 verstarb nach langer, schwerer und be- Sehr persönliche Eindrücke als früherer Student, Kollege und merkenswert geduldig ertragener Krankheit im Alter von nur Freund von Prof. Dr. Andreas Peilert, aber auch als spätere 53 Jahren unser Kollege Prof. Dr. Andreas Peilert in Lübeck. Führungskraft gab dann Jérôme Fuchs, Kommandeur der Seit November 1999 gehörte er dem Fachbereich Bundes- GSG 9, in seiner Ansprache den Trauergästen preis. Diese polizei der Hochschule des Bundes (vormals Fachbereich Trauerrede zu halten, sei einer der letzten persönlichen Bundesgrenzschutz der Fachhochschule des Bundes) für Wünsche von Andreas Peilert kurz vor seinem Tod gewesen. öffentliche Verwaltung an. Dabei war er von September 2002 Zugleich war es ein besonderes Zeichen der Verbundenheit, bis März 2008 als hauptamtlich Lehrender/Professor zur die Andreas Peilert gerade mit der GSG 9 pflegte, wenn es Polizei-Führungsakademie (der heutigen Deutschen Hoch- um deren spezielle Rechtsfragen bei Sonderlagen ging. Sein schule der Polizei, der DHPol) in Münster-Hiltrup abgeordnet. besonderes Anliegen war es hier, die Grundlagen für deren Mit Andreas Peilert hat uns ein in vielerlei Hinsicht außer- rechtssichereres Handeln zu veranschaulichen. Dabei hob gewöhnlicher Kollege, vor allem aber auch ein besonderer Jérôme Fuchs als besonderen Wesenszug hervor, dass And- Mensch für immer verlassen. reas Peilert bei seinem enormen Fachwissen den Praktikern stets das Gefühl vermitteln konnte, auf Augenhöhe zu stehen. Bewegender Abschied in Lübeck Mit Interesse an polizeilichem Vorgehen, Einsatztaktiken und Viele langjährige Weggefährten aus der Lehre an der HS Fällen aus der Praxis konnte er perfekt die Brücke zwischen Bund, Fachbereich Bundespolizei, aber auch zahlreiche Theorie und Praxis schlagen. Führungskräfte der Bundespolizei, darunter auch ihr Präsi- Zu Unterrichten oder bei einsatzbezogenen Beratungen war dent Dr. Dieter Romann, und besonders der GSG 9 nahmen er willkommener Gastreferent in St. Augustin – bis hin zu ei- gemeinsam mit der Familie in einem Trauergottesdienst in ner Ehrenmitgliedschaft in der 3./- Einsatzeinheit der GSG 9. St. Marien zu Lübeck am 29. Januar 2016 Abschied. In einer bewegenden Predigt würdigte Oberpfarrer Norbert Achcenich Leben und Wirken für seine „Familie Bundespolizei“ den Menschen Andreas Peilert, wie er ihn gerade zuletzt erlebt Als Andreas Peilert sich 1999 erfolgreich um eine Professur hat: stets als Kämpfer und verpflichtet, eines seiner wichtigen für Rechtswissenschaften am Fachbereich Bundesgrenz- Lebensprinzipien bis zuletzt zu erfüllen – das „Dienen“. Das schutz der FH Bund bewarb, war schnell klar, dass dies ein bedeutete für ihn in den vergangenen Jahren trotz Krank- besonderer Kollege sein musste. Seine frühe Ausrichtung heit – mehrfach fast direkt aus dem Krankenbett heraus –, schon während des Jurastudiums an der Universität seine Lehrveranstaltungen in Lübeck-St. Hubertus für seine und der Referendarzeit beim Oberlandesgericht Köln auf das Studierenden halten zu können und für diese Ansprechpart- Polizeirecht, auch das Internationale, stachen hervor. So leis- ner zu sein. Selbst im Krankenhaus und später im Hospiz gab tete er die Referendarwahlstation beim FBI sowie beim Secret Andreas Peilert seinen Besuchern noch Hinweise für das Service ab. Auch diese Erfahrungen konnte er bildreich in weitere Bearbeiten seiner Projekte – im Sinne vor allem einer seine Lehrveranstaltungen einbauen. Zum anderen wurde für Fortentwicklung des Rechts der und für die Bundespolizei. die Lübecker Kollegen bald deutlich: Hier ist einer, der für die Denn, wie es einer der zahlreichen Einträge im Kondolenz- Lehre, für sein Rechtsgebiet, das Polizeirecht lebt, sogar fast buch auf den Punkt brachte: „Für die Bundespolizei hast du ganz „auf dem Campus“ (St. Hubertus) zu Hause ist. Biswei- gelebt, mit ihr gelebt und bist für sie gestorben.“ len schien es, er sei Tag und Nacht hier anzutreffen.

28 Bundespolizei kompakt 02|2016 Bis spät in die Nacht bei Korrekturen von Diplomarbeiten, später auch Masterarbeiten – E-Mails mit nächtlichen Absen- dezeiten zeugten oft davon. Dieser Eindruck verstärkte sich eher noch, nachdem er 2008 von seiner Zeit an der DHPol wieder zum Fachbereich in Lübeck zurückkehrte. Seine Vorliebe für das Recht in polizeilichen Sonderlagen brachte er von dort mit und konnte es im neu konzipierten modula- risierten Studiengang eindrucksvoll und – wie auch sonst – anschaulich und humorvoll an die jungen Studierenden und angehenden Führungskräfte weitergeben.

Auch international ein anerkannter Experte Mit seinen mehr als 100 Einzelbeiträgen in Fachzeitschrif- ten, zahlreichen Fachvorträgen und Gutachtertätigkeiten in Gesetzgebungsverfahren des Bundes sowie etlicher Bun- desländer hat sich Prof. Dr. Andreas Peilert um das Ansehen der Bundespolizei, auch des Fachbereichs Bundespolizei der Hochschule des Bundes über die Grenzen Deutschlands hinaus nachhaltig verdient gemacht. Oder – wie er es selbst wohl sagen würde, getreu seinem Lebensmotto: Er hat auf einem breiten Felde dem Gemeinwohl gedient, als Kämpfer für das Recht und dafür, dieses durchzusetzen.

Allen, die Prof. Dr. Andreas Peilert als Hochschullehrer am Fachbereich BPOL in Lübeck, während seiner Jahre an der DHPol in Münster-Hiltrup, aber auch als Gutachter oder Fachreferenten kennengelernt und so von ihm, auch über den von ihm mitverfassten Kommentar zum Bundespolizeige- setz (BPolG), gelernt haben, wird er fehlen. Er hinterlässt eine große Lücke – nicht nur am Fachbereich in Lübeck, sondern für die Bundespolizei und das Polizeirecht insgesamt.

Prof. Dr. Erhard Huzel HS Bund, Fachbereich BPOL, Lübeck Fachkoordinator Rechtswissenschaften

Bundespolizei kompakt 02|2016 29 Personal & Haushalt

Das Flexible Arbeitszeitmanagement Geht „Dienst nach Wunsch“ im Schichtdienst?

Anfangs- und Endzeit des Dienstes weitgehend selbst bestimmen und einen Gleittag zur Erledigung privater Vorhaben mal eben einschieben – dies ermöglichen Gleitzeitverein- barungen, wie sie in Stäben, Führungsgruppen und anderen Bereichen der Bundespolizei schon lange alltäglich sind. Die Mehrheit unserer Mitarbeiter in der Bundespolizei leistet aber Schichtdienst. Sind hier vergleichbare Regelungen möglich? Lassen die Anforderungen des Dienstes einen „Wunschdienstplan“ zu? Auf diese Fragen haben wir in der Bundespolizeidirektion Berlin in den vergangenen Jah- ren Antworten gesucht – und mit dem „Flexiblen Arbeitszeitmanagement“ („FAM“) gefunden.

Mehr Einsatzkräfte für die Lagebewältigung – die- polizei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf se Forderung stand und steht auch in der Bundes- verbessern?“ in einer repräsentativen Umfrage der polizeidirektion Berlin oft im Raum. Was können Technischen Universität Chemnitz im Jahr 2011 wir, außer Unterstützungskräfte anzufordern, unter Bundespolizisten 59 % „flexiblere Arbeitszei- aber selbst tun, um den höheren Kräftebedarf in ten“. In der Region Berlin waren es sogar 68 %. Schwerpunktzeiten abzudecken? Und das unter Berücksichtigung privater, insbesondere familiärer Startschuss für das Projekt „FAM“ Interessen der einzelnen Mitarbeiter? Mit dieser Ausgangslage startete die Direktion Dem zeitweisen verringerten Kräftebedarf einer Berlin im Jahr 2011 das Projekt „FAM“. Zwei Flughafeninspektion zur Nachtzeit oder einer gleichwertige Projektziele wurden formuliert: Heinz Kremer, Schutzinspektion an Wochenenden steht ein eine bedarfsgerechtere Kräftebereitstellung und Leiter der Stabsstelle höherer Kräftebedarf zu Tageszeiten gegenüber. die Erhöhung der Zufriedenheit der Mitarbeiter Controlling/Quali- Auch bei einer Bahninspektion steigt der Kräfte- mit dem Dienstplan. tätsmanagement in bedarf bei besonderen Einsatzanlässen oder in der Bundespolizeidi- Zeitfenstern, in denen mit erhöhtem Kriminalitäts- Es war zunächst wichtig, durch eine Mitarbeiterbe- rektion Berlin, ist für aufkommen zu rechnen ist. fragung die genauen Vorstellungen und Wünsche das Projekt „Flexibles der Kollegen zu erfahren. Gleichzeitig konnte sich Arbeitszeitmanage- ment“ verantwortlich. Flexibilität älterer Planungsmodelle genügte jeder Mitarbeiter am Projekt beteiligen und war so nicht mehr nicht nur Betroffener, sondern auch Mitgestalter. Lösungsansätze sah man bisher in einer über Die Beteiligung war jederzeit freiwillig und variierte den normalen Rahmendienstplan hinausgehen- je nach Ausprägung der Bereitschaft des Einzel- den flexibleren Dienstplanung. Hierzu zählten nen zur Mitgestaltung in der Intensität. Jeder be- Frühschichten mit zeitversetztem Beginn um vier, saß die Möglichkeit, neben der bereits erwähnten fünf oder sechs Uhr, Flexschichten, die in die Mitarbeiterbefragung im Verlaufe des gesamten Schichtfolge des Rahmendienstplanes integriert Projektes über den Projektverantwortlichen seiner wurden, sowie zusätzliche Tagdienstgruppen oder Dienststelle mit eigenen Ideen und Vorschlägen individuelle Dienstvereinbarungen. Überzeitarbeit an der Entwicklung des „FAM“ mitzuwirken. Dies und Mehrarbeit werden sicher auch künftig eine betraf beispielsweise die Festlegung der Regeln Option sein. Aber nutzen wir die Möglichkeiten für für den Planungsablauf oder die Frage, ob es eine flexible Dienstplanung schon ausreichend? einen Rahmendienstplan geben sollte und, wenn ja, für welche Dienststelle und wie er aussehen Die Forderung nach mehr Flexibilität bei der sollte. Auch die Gleichstellungsbeauftragte, Per- Dienstgestaltung kam auch aus der Mitarbeiter- sonalvertretungen und die Vertrauensperson der schaft selbst. So antworteten auf die Frage schwerbehinderten Menschen waren seit Projekt- „Welche Maßnahmen könnten in der Bundes- beginn eingebunden und beteiligten sich aktiv.

30 Bundespolizei kompakt 02|2016 Personal & Haushalt

Bernd Schüppler, stellvertretender Inspektionsleiter Welche Erkenntnisse brachte die Mitarbeiterbefragung? der Bundespolizeiinspektion Bundeskanzleramt: Die Mehrheit fand mehr persönliche Gestaltungsspielräume „Die Flexibilisierung der Arbeitszeit wurde und Flexibilität bei der Dienstplangestaltung gut. Gleichzei- von den Mitarbeitern von Beginn an sehr gut angenommen. Persönliche Planungen decken tig konnten sich nicht viele Mitarbeiter eine Dienstplanung sich allerdings häufig nicht mit den dienstlichen ohne Rahmendienstplan vorstellen. Die Erwartungen an Erfordernissen, die sich in den Schutzobjekten einen besseren Dienstplan wurden höchst unterschiedlich überwiegend aus den umfangreichen taktischen beschrieben. Auf die Dienstgruppe als „dienstliche Heimat“ Bindungen innerhalb der Hauptgeschäftszeiten erge- wollten die Wenigsten verzichten. ben. Einerseits führt das regelmäßig zu einem hohen Planungsaufwand der Führungskräfte, da der notwendige Mehr Flexibilität, aber wie? personelle Ausgleich meist nur dienstgruppenübergrei- Zuerst mussten neue weitergehende Ideen zur Flexibili- fend, teilweise sogar inspektionsübergreifend, erfolgen sierung der Dienstplangestaltung und Möglichkeiten der kann. Andererseits können die persönlichen Wünsche Steuerung gefunden und erprobt werden. Hierzu wertete die der Mitarbeiter in der Planung nicht immer vollumfänglich Projektgruppe auch Erfahrungen anderer Polizeien aus und berücksichtigt werden. Für die weitere Umsetzung des ,FAM‘ wäre ein im Organisations- und Dienstpostenplan übertrug diese auf die Bedingungen der Direktion Berlin. unterlegter Dienstposten Bearbeiter Zentrales Kräftema-

nagement sehr hilfreich.“ Dazu gehörten: n ein Stärkenkorridor (Minimal-/Maximalstärke), der nach einem transparenten Verfahren im Ergebnis der Lagebeur- Ulrike Schwenke, Kontroll- und Streifenbeamtin in teilung bestimmt wird, der Bundespolizeiinspektion Flughafen Berlin- Tegel: „Die Möglichkeit, meine Dienstzeiten n ein Rahmendienstplan, der lediglich eine Orientierung für flexibel planen zu können, stellt für mich als die Planung bildet, oder der gänzliche Verzicht auf einen Mutter einer zehnjährigen Tochter einen extre- Rahmendienstplan, men Fortschritt dar. Ich besitze seit 2013 einen n unterschiedliche Rahmendienstpläne innerhalb einer Bun- auf meine Bedürfnisse abgestimmten individuellen despolizeiinspektion, z. B. in einzelnen Revieren, Dienstplan. Dennoch ist mir wichtig, meinen Dienst, n die grundsätzliche Möglichkeit eines jeden, seinen Dienst sofern machbar, gemeinsam mit meiner Stammdienst- frei planen zu können (Anfangs- und Endzeit sowie die gruppe zu versehen. Das ,FAM‘ gestattet mir zudem, bei Reihenfolge der Schichten) unvorhergesehenen Ereignissen meine Dienstzeiten unter n und Ampelkonten (Arbeitszeitkonten) zur Steuerung. Berücksichtigung dienstlicher Erfordernisse flexibel anzu- passen. Das kommt mir und meiner Familie umso mehr Die Grenzen einer flexiblen Dienstplanung werden grundsätz- zugute, da mein Mann auch Bundespolizist und darüber hinaus als Angehöriger einer Beweissicherungs- und lich durch die Regeln der Arbeitszeitverordnung, den Stärken- Festnahmehundertschaft viel unterwegs ist.“ korridor und die Ampelkonten mit der Anzeige „ROT“ gesetzt. Einzelheiten regeln die Bundespolizeiinspektionen in Rahmen- dienstvereinbarungen mit den Personalvertretungen. René Seidenglanz, Dienstgruppenleiter in der Bun- despolizeiinspektion Berlin-Ostbahnhof: „Grund- Die Planung des Dienstes erfolgt in drei Schritten: sätzlich gilt, das ,FAM‘ wird hier gelebt, die Mit- 1. Schritt: Der Inspektionsleiter unterbreitet im Ergebnis arbeiter sind damit zufrieden. Der Einsatz in der seiner Lagebeurteilung ein Angebot in Form des Stärken- Stammdienstgruppe als dienstliche Heimat ist den Mitarbeitern dabei sehr wichtig. Problema- korridors für einen bestimmten Planungszeitraum, in der tisch ist jedoch besonders im bahnpolizeilichen Regel für einen Monat. Bereich, dass Schwerpunktzeiten am Abend und 2. Schritt: Jeder kann seine Wunschdienste bis zu einem in den Nachtstunden mit familiären und persönlichen bestimmten Stichtag, der von Inspektion zu Inspektion Interessen kollidieren. Das ,FAM‘ ist kein Allheilmittel, um variieren kann, beim Dienstplaner einreichen. In der Bun- anlassbedingte personelle Engpässe auszugleichen. Die despolizeiinspektion Bundeskanzleramt ist der Stichtag gegenseitige Unterstützung der Nachbarinspektionen ist grundsätzlich der 6. des Vormonats. bei bestimmten Lagen nach wie vor erforderlich und wird 3. Schritt: Der Inspektionsleiter gibt den Dienstplan nach auch erfolgreich praktiziert.“ einem Koordinierungs- und Abstimmungsprozess unter Berücksichtigung des Stärkenkorridors frei. Norbert Schulze, Vorsitzender des Personalrates bei der Bundespolizeidirektion Berlin: „Das ,FAM‘ funktioniert nur, wenn Dienststellen personell Der Spielraum zur Planung der zu leistenden Dienstzeit liegt aufgefüllt werden. Es ist nicht möglich, mit dem zwischen - 60 und + 80 Stunden. ,FAM‘ vorhandene personelle Lücken dauerhaft zu schließen. Bei der Umsetzung des ,FAM‘ muss sich letztendlich eine Win-win-Situation ergeben. Das heißt, beide Seiten, die Mitarbeiter und -60 140 Stunden 80 die Dienststellen, sollen ihre Vorteile haben. Hierbei bietet Entscheidungsspielraum das ,FAM‘ gute Möglichkeiten. Im Ergebnis der Dienstplan- gestaltung muss die Schere zwischen den privaten Bedürf- Disposition geht an den Vorgesetzten nissen und den dienstlichen Erfordernissen möglichst klein gehalten werden.“

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Evaluierung ergab positive Bilanz Und wie zufrieden sind die Mitarbeiter mit den In jeder am Projekt beteiligten Bundespolizeiins- Veränderungen? Eine zweite Mitarbeiterbefragung pektion wurde ein eigenes passgenaues Modell sollte hier Klarheit bringen. In allen Bundespolizei- für einen Rahmendienstplan sowie ein Verfahren inspektionen, die das Projekt bisher abgeschlos- für den Planungsablauf entwickelt und erprobt. sen haben, entschieden sich die Mitarbeiter deut- Die Probeläufe mussten mehrfach angepasst und lich für das neue System. 89,5 % derjenigen, die verändert werden. Am Ende zog jede Bundes- an der Befragung teilgenommen hatten, sprachen polizeiinspektion Bilanz. Sind die Einsatzkräfte sich für die Beibehaltung der erprobten Rege- bedarfsgerechter verfügbar? Funktioniert die fle- lungen aus. Es gibt aber auch einige, die einen xiblere Dienstplanung mit vertretbarem Aufwand? Rahmendienstplan, der 100 % der Sollstunden Findet das veränderte Dienstplanungssystem ausweist und bei dem keine eigenen Entscheidun- eine breite Zustimmung bei den Beteiligten? Nur gen über den Zeitpunkt für den Dienstbeginn und wenn alle drei Fragen positiv beantwortet werden das -ende zu treffen sind, bevorzugen. konnten, sollte das „FAM“ dauerhaft eingeführt werden. Neben vielen positiven Ergebnissen und Wirkun- gen soll aber auch nicht ausgeblendet werden, Die Angst, dass bei so viel Gestaltungsfreiheit dass der Planungs- und Steuerungsaufwand ge- für den Einzelnen der Dienstplan nie würde fertig wachsen ist und die Anonymität für den Einzelnen werden, war unbegründet. Ein paar Monate zur größer werden kann. Hinzu kommt ein aufwendi- Umstellung und Optimierung des Planungspro- ger Umstellungsprozess. Beispiel einer Kräfte- zesses waren aber erforderlich. Die anfänglichen kalkulation. Die Lage- Befürchtungen, die zu leistenden Dienstzeiten bei Im Verlauf des Jahres 2016 wird das Projekt beurteilung bestimmt einem Rahmendienstplan mit einem Stundenan- „FAM“ in der Bundespolizeidirektion Berlin die Minimal- und satz unter dem monatlichen Stundensoll und einer abgeschlossen. Die Einschätzung, dass es uns Maximalstärken des festen Maximalstärke nicht planen zu können, vorangebracht hat, ist aber jetzt schon möglich. verfügbaren Personals haben sich nicht bestätigt. Den Spielraum des Am- (grüne und rote Linie). pelkontos von - 60 bis + 80 Stunden (Teil der Ver- Heinz Kremer, Frank Riedel Beide Linien bilden die Grenzen des einbarung mit dem Gesamtpersonalrat) nutzen die Stärkenkorridors. Mitarbeiter sehr verantwortungsbewusst. Weniger als 5 % der Ampelkonten in Bundespolizeiinspek- tionen mit Beteiligung am „FAM“-Projekt waren in den Jahren 2013 bis 2015 im Bereich „ROT“.

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0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Zeit

Maximalstärke Mittelwert Ist-Stärke Minimalstärke Mitte Korridor-Optimalstärke

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Der Fall ins Bodenlose Wenn ein Arztbesuch dein Leben aus den Angeln hebt

„Es ist keine Erkrankung, es ist ein Gendefekt!“ Auf diesen Unterschied legt Christian Weyrich großen Wert. Der 37-jährige Polizeihauptkommissar spricht vom CDG-Syndrom, einem Gendefekt, der bei seiner Tochter Maximilia diagnostiziert wurde. Zum einen ist Maxi nämlich nicht krank, zum anderen ist dieser Defekt aber auch unheilbar. Diese Worte könnten auch von Thorsten Frank stammen. Felix, der zweijährige Sohn des 36-jährigen Polizeiober- meisters, musste sich derselben Diagnose stellen. Eben dieser Befund und seine Folgen haben das Leben der beiden Bundespolizisten und ihrer Familien von Grund auf verändert und bestimmen jetzt ihren Alltag.

Familienidylle im beschaulichen Aschau am Inn. Congenital Disorders of Glycosylation Ein junges Ehepaar, gute Jobs, im Jahr 2010 wird Ein paar Tage später dann der Schock, gefolgt das Traumhaus gebaut und Tochter Valerie kommt von Ohnmacht. Die Bluttests haben den Verdacht Das frohe Gemüt der zur Welt. Zwei Jahre später wird mit Maxi die zwei- des Mediziners nicht ausgeschlossen, sie haben Kinder ist ein wesent- te Tochter des Paares geboren. Bei einem Routi- ihn bestätigt! Maxi leidet an Congenital Disorders licher Charakterzug necheck dann das erste ungute Gefühl: Maxi ist of Glycosylation (wörtlich übersetzt: angeborene und wirkt ansteckend „etwas entwicklungsverzögert“, wie der Kinderarzt Erkrankungen der Glykosylierung), kurz CDG. – bei intensiven Einheiten mit dem sich ausdrückt. Aber das sei kein Grund zur Sorge. Christian beschreibt das Gefühl mit einem „Fall ins Walker hilft die große Allein die Verteilung des Fettgewebes im Hüft- und Bodenlose“. Die Glykosylierung ist ein grundlegen- Schwester. Lendenbereich seiner Patientin macht ihm ein der Stoffwechselprozess im menschlichen Körper, wenig Sorgen. Er habe da mal etwas von einem bei dem durch Enzyme Zuckerketten an Proteine speziellen Problem gehört, aber das sei so gut wie gebunden werden. Dieser Prozess funktioniert ausgeschlossen, so selten sei das, beruhigt der beim CDG-Syndrom nur eingeschränkt. Parallelen Pädiater. Er will nur ein paar Bluttests veranlassen, zu der Bundespolizistenfamilie in Sachsen. Auch um seinen Verdacht auszuschließen. Also muss die Thorsten Frank und seine Frau Tina Leistner sahen Kleine ein paar Tropfen Blut lassen. sich mit dieser Schockdiagnose konfrontiert.

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„Auf die Beine“ – ein Erfolg verspre- chendes Programm der UniReha in Köln – dort wird auch Rosenmontag mit der Mama trainiert.

Irgendwann kommt die Wut Doch die Fürsorge für die Kinder ist noch lange nicht alles. Das Ehepaar Weyrich bekommt ebenso wie ihr sächsi- sches Pendant kaum Hilfe von den so- zialen Trägern, weil sich so gut wie nie- mand mit dem CDG-Syndrom auskennt und sich auch keiner verantwortlich fühlt. Wie das so oft bei seltenen Erkrankun- Was die meisten nicht einmal fehlerfrei aussprechen können, gen der Fall ist. Die Forschung und Entwicklung von Therapien ist ein unheilbarer Gendefekt und betrifft tatsächlich weltweit und Medikamenten wird nicht wirklich verfolgt; es „lohnt“ sich statistisch gesehen nur einen von 20 000 Menschen. Damit schlichtweg nicht. Auch Krankenkassen und der Medizinische fällt der Defekt unter die Gruppe der „seltenen Erkrankun- Dienst der Krankenkassen verbringen mehr Zeit damit, die Be- gen“; und genau das ist ein großes Problem für die Betrof- troffenen durch die Mühlen der Bürokratie zu scheuchen und fenen. Plötzlich sind auch Christian und seine Frau Renate Anträge abzulehnen, als den Betroffenen tatsächlich zu helfen. mit einem medizinischen Problem konfrontiert, das sogar Da wird eine Erfolg versprechende Therapie einfach abge- viele Ärzte nicht wirklich kennen. Keiner kann wirklich helfen, lehnt, weil sie „nicht auf der Liste steht“, oder ein Zuschuss die Betroffenen sind praktisch auf sich allein gestellt. Maxis zum Auto mit rollstuhlgeeignetem Kofferraum oder zum Umbau Eltern lesen sich ein, informieren sich im Internet. Auch Maxis des Hauses nicht gewährt, weil es „ja die Entscheidung eines Kinderarzt versucht, sich diesbezügliches ärztliches Know- jeden selbst ist, sich ein größeres Auto zu kaufen“. Spätestens how anzueignen. das ist der Moment, wo die Ohnmacht der Wut weicht.

Angst ist ein täglicher Begleiter Zur Wut kommt die finanzielle Belastung. Christian erzählt Maxi und Felix leiden am „Typ 1a“. Mit 300 bekannten vom Haus, das sie erst 2010 gebaut haben und jetzt wieder Betroffenen ist dies die weltweit häufigste Ausprägung von verkaufen müssen, weil es nicht barrierefrei ist. Oder von der unzähligen Formen des CDG-Syndroms, bei der das Kleinhirn täglichen Dosis Mannose, einer speziellen, sündhaft teuren stark betroffen und die Sterblichkeitsrate bis zum zweiten Le- Zuckerart, die Maxi braucht. Oder von den regelmäßigen bensjahr extrem hoch ist. Täglich schwingt die Angst mit. Bei Fahrten zu Ärzten und Therapeuten sowie der halbjährlichen jeder Erkrankung mit Fieber besteht Lebensgefahr, muss die Fahrt ins Stoffwechsellabor nach Münster mit Übernachtun- heute dreijährige Maxi ins Kinderklinikum im dreißig Kilometer gen und Verpflegung – alles auf eigene Kosten. Da ist auch entfernten Altötting, der zweijährige Felix sofort in die Klinik ein A12-Gehalt auf einmal gar nicht mehr so üppig. in seinem Heimatort. Das wird sich auch in Zukunft kaum än- dern. Aber das allein ist es nicht. Maxi zum Beispiel ist stark Vereinbarkeit von Familie und Beruf entwicklungsverzögert, vor allem sprachlich und motorisch. Bei Thorsten kommt zudem noch die Entfernung zwischen Die meisten Probleme im Alltag machen ihr aber wohl der seinem Wohnort und seiner Stammdienststelle, dem Bun- mangelnde Gleichgewichtssinn und ihre Muskelschwäche. despolizeirevier Plauen, hinzu. Zurzeit ist er eben wegen der schwierigen familiären Situation zum Bundespolizeirevier am Für Maxi bedeutet das im schlimmsten Fall ein Leben Hauptbahnhof in seiner Heimatstadt Chemnitz abgeordnet – im Rollstuhl ohne Eigenständigkeit, für ihre Eltern einen vorerst noch bis Oktober 2016. Hier zeigt sich am prakti- „24-Stunden-Job“ und eine große Belastung. „Ohne profes- schen Beispiel, dass in der Bundespolizei die Vereinbarkeit sionelle Hilfe ist das psychisch nicht zu meistern“, sagt der von Familie und Beruf funktioniert. Die Nähe zu seiner Familie 37-jährige Vater; vor allem, weil sie sich nicht nur um Maxi und seinem Wohnort ist für Thorsten unerlässlich, nicht zu- kümmern müssen, auch Schwesterchen Valerie darf bei all letzt weil sich die behandelnden Therapeuten und Ärzte sowie der Fürsorge, die Maxi braucht, nicht zu kurz kommen. Auch die Kliniken in Wohnortnähe befinden. Auch die Arbeitsstelle die Tage von Felix sind streng durchgeplant. Physiotherapie seiner Frau Tina und das eigene Haus spielen eine Rolle. Da und Arzttermine halten die Familie auf Trab. kann man nicht einfach „schnell mal umziehen“.

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Familie Frank mit Felix´ Therapiestuhl – ohne diese Unterstüt- zung kann Felix nicht richtig sitzen.

Auch ohne Blaulicht – mit Vollgas durchs Rehazentrum!

Doch ganz allein sind die verzweifelten Eltern dann doch nicht. Es gibt immer noch die Familie und Freunde, auf die immer Verlass ist. Christian zum Beispiel lässt aber auch auf seine direkten Vorgesetzten und den Arbeitgeber seiner Frau Renate, allen voran auch ihren direkten Chef, nichts kommen. Er erzählt sichtlich beeindruckt und dankbar vom großen Ver- ständnis und der absoluten Unterstützung im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Dieses Glück haben bei Weitem nicht alle.

Es geht nicht ohne Selbsthilfeverein Aber trotz all dieser Helfer geht es ohne eines nicht: den Selbsthilfeverein GlycoKids. Hier organisieren sich deutsch- landweit betroffene Eltern, Ärzte und Wissenschaftler, tau- schen Erfahrungen aus, stehen sich mit Rat und Tat zur Seite und geben sich gegenseitig Halt und Hoffnung. Aber auch finanziell versucht GlycoKids zu helfen, wo es geht. Hierzu werden natürlich jederzeit unter https://www.cdg-syndrom. de/ueber-uns.html gern Spenden entgegengenommen.

Wie wichtig der Selbsthilfeverein für die Betroffenen ist, auch etwa bei der Suche nach Leidensgenossen, zeigt die Ge- schichte vom Kennenlernen der beiden Familien Weyrich und Frank/Leistner, die Christian mit einem kleinen Schmunzeln erzählt.

Denn über GlycoKids haben Renate und er letztes Jahr das junge Paar aus Chemnitz kennengelernt. Man fand sich sympathisch. Also sollten Thorsten, seine Frau Tina und der kleine Felix im Sommer nach Aschau kommen. Als der Besuch aus Sachsen das Haus der Weyrichs betrat, staunte Thorsten nicht schlecht. Im Flur hing nämlich etwas, das ihm äußerst vertraut war – Christians Bundespolizeiuniform. Dass die beiden Familien nicht nur das gleiche Schicksal, sondern auch der Beruf des Bundespolizisten verbindet, war ihnen bis zu diesem Zeitpunkt nicht klar. GlycoKids

Christian Köglmeier

Bundespolizei kompakt 02|2016 35 Portrait Auf ein Boot? Nie wieder!

Nach einer Angelkuttertour auf der Ostsee schwor sich der Puttgardener Kol- lege Andreas Bluhm, nie wieder in ein Boot zu steigen! Es sollte aber anders kommen …

Andreas Bluhm: „Eigentlich wollte ich nie wieder einen Fuß auf die Planken eines Schiffes setzen.“

36 Bundespolizei kompakt 02|2016 Portrait

Frühdienst im Bundespolizeirevier Puttgarden und sie verlassen mit Höchstfahrt den Fährhafen Puttgarden. auf der Insel Fehmarn Über ein Handy nehmen sie mit den Hilfesuchenden Kontakt Die Dienstgruppe um Gruppenleiter Reiner Sieg kontrolliert auf. Drei Personen befinden sich in einem offenen Boot mit auf der Vogelfluglinie den Fährverkehr zwischen dem däni- Motorschaden – zirka zwei bis drei Kilometer entfernt von der schen Rödby und Puttgarden (Schleswig-Holstein). Es Küste. Es besteht große Gefahr, dass ihr Boot auf die offene herrscht normaler Dienstbetrieb, als plötzlich ein markanter See abgetrieben wird. und unverwechselbarer Klingelton diesen unterbricht. „MAYDAY – MAYDAY – MAYDAY.“ Alle Augen der Dienst- Nach Präzisierung der Position der Hilfesuchenden läuft die gruppeDas frohe sind Gemüt auf derAndreas Bluhm gerichtet. Jeder im Raum „Emil Zimmermann“ dorthin. „Wir kommen aus westlicher weißKinder um ist dieein wesentBedeutung- dieses Klingeltones: Einsatz für Richtung auf Sie zu und sind in zehn bis 15 Minuten bei denlicher freiwilligen Charakterzug Seenotretter. Ihnen.“ Doch auf der angegebenen Position kann kein Boot und wirkt ansteckend ausgemacht werden. Der Suchradius wird vergrößert. Und Ein kurzer– bei intensivenBlickkontakt zwischen Andreas und seinem tatsächlich war das Boot bereits drei Seemeilen, ungefähr Einheiten mit dem Gruppenleiter genügt. Mit einem Kopfnicken gibt dieser sein 5,5 km, vom Land abgetrieben. Walker hilft die große Einverständnis, den Anruf entgegenzunehmen. „Einsatz für Schwester. die Seenotretter Puttgarden“, lautet die automatische Ansage. Sichtlich erleichterte Gesichter schauen den Rettungsmän- Eine nachfolgende SMS teilt den Einsatzanlass mit: „Vier nern entgegen, als sich das Rettungsboot ihnen nähert. Personen in einem abtreibenden Boot vor Puttgarden.“ Die drei Angler, ohne eine einzige Rettungsweste an Bord, Im Laufschritt geht es für Andreas zur Rettungsstation der sind total erschöpft und überfordert. Routiniert stellen die Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger Seenotretter eine Leinenverbindung her und schleppen das (DGzRS). Schnell mit Sicherheitskleidung und automatischer Angelboot mit drei Knoten Fahrt in den Fährhafen Puttgar- Rettungsweste ausgerüstet, die Bootsschlüssel gefasst den. Alles ist noch einmal gut gegangen. Polizeihauptmeis- und weiter zum Seenotrettungsboot „Emil Zimmermann“. ter Andreas Bluhm kann nach zwei Stunden erfolgreicher Innerhalb von drei Minuten ist Andreas an Bord des Rettungs- Hilfeleistung seinen Dienst als Kontroll- und Streifenbeamter bootes. Gut für ihn: Es sind nur 150 Meter Luftlinie von der fortsetzen. Doch er weiß nie, was der nächste Einsatz bringt: Dienststelle zur Rettungsstation. Mann über Bord auf einer Fähre, Wassereinbruch auf einem Fischkutter, Feuer auf einem Motorboot – für seinen freiwilli- „Leinen los!“ gen Einsatz bei jedem Wetter, rund um die Uhr, kann es viele Nach einem kurzen Bootscheck startet er den 320 PS Gründe geben. starken Motor und trennt die Landstromverbindung. Mit dem ebenfalls eintreffenden Vormann löst er die Leinen

Bundespolizei kompakt 02|2016 37 Portrait

Ein Hamburger Jung Insellebens. „Hier fühle ich mich richtig heimisch.“ Obwohl Andreas Bluhm, Jahrgang 1962, am Was- Neben einer Vielzahl dienstlicher ehrenamtlicher ser aufwuchs, war die Seefahrt noch längst nicht Tätigkeiten engagiert er sich auch außerdienstlich. sein „Ding“. Seine Jugend verbrachte er auf einem Unter anderem war er Gruppenführer in einer Bauernhof. Landwirtschaftliche Maschinen hatten Freiwilligen Feuerwehr. Familiäre und dienstliche es ihm angetan. Gründe zwangen ihn allerdings, schweren Herzens sein Amt niederzulegen und aus der Feuerwehr Am 2. Oktober 1978 wurde Andreas bei der auszutreten. „Doch ruhig zu Hause sitzen – das ist Grenzschutzabteilung Küste 1 eingestellt. Über die nichts für mich!“, so Andreas. Stationen Bredstedt und Ratzeburg ging es für ihn 1985 zum Grenzschutzeinzeldienst nach Putt- Durch seine Tätigkeit als Sicherheits- und garden auf die schöne Insel Fehmarn. Dies war Brandschutzbeauftragter des Bundespolizeire- genau die Polizeiarbeit, die ihm vorschwebte, auch viers Puttgarden steht er im engen Kontakt zum wenn die Einsätze in Gorleben, Brokdorf und in Hafenkapitän des Fährhafenbetreibers Puttgarden. der Hafenstraße in Hamburg im Wasserwerfer und Dieser ist auch gleichzeitig der Vormann der dorti- Sonderwagen SW 1/2 sehr intensiv waren. gen Seenotrettungsstation. In vielen gemeinsamen Gesprächen wurde bei Andreas das Interesse an Seitdem ist Andreas, Vater zweier inzwischen der Arbeit der Seenotretter geweckt. Doch eigent- erwachsener Söhne, auf der Insel Fehmarn lich hatte er sich einst geschworen, nie wieder ein sesshaft geworden und ein fester Bestandteil des Schiff zu betreten …

Die Seenotretter bei Über die Seenotretter der Fortbildung Die DGzRS ist zuständig für den maritimen Such- und Rettungsdienst in den deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben hält sie rund 60 Seenotret- tungskreuzer und -boote auf 54 Stationen zwischen Borkum im Westen und Usedom im Osten einsatzbereit.

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Es kommt meistens anders und zweitens als man denkt „Als mein ältester Sohn zwölf Jahre alt war, mach- ten wir einen Hochseeangelausflug mit einem Angelkutter auf die Ostsee. Am frühen Morgen fuhren wir bei spiegelglatter See hinaus. Wir fingen auch ein paar Dorsche. Auf der Rückfahrt zum Hafen überraschte uns ein heftiger Sturm. Die Wellen schlugen über die Bordwand des Kutters. Mir wurde hundeübel. Seekrank lag ich auf einer Bank im Inneren des Kutters. Meinem Sohn erging es nicht besser und gemeinsam fütterten wir die Fische. Nach der Rückkehr in den Hafen stand für mich fest: Du betrittst nie wieder die Planken eines Schiffes.“

Trotz dieser Bedenken ließ sich Andreas zu einer ersten Kontrollfahrt auf dem neuneinhalb Meter langen Seenotrettungsboot „Emil Zimmermann“ überreden. Diese führte um die Insel Fehmarn. Von Seekrankheit war bei ihm nichts mehr zu spü- ren. Die Fahrt und weitere Gespräche mit aktiven Seenotrettern bestärkten ihn in seinem Entschluss, Seenotretter zu werden. Auf der Station Puttgar- den sind etwa 15 der mehr als 800 freiwilligen Seenotretter der DGzRS im Einsatz. Seenotretter üben den Einsatz der Seenotretter will gelernt sein Seenotsignalmittel. Doch bevor es so weit war, sich „Seenotretter“ nennen zu dürfen, floss noch so mancher Tropfen Schweiß. Nicht ohne Grund sagen die See- notretter von sich, dass sie keine Helden sind, Andreas Bluhm nimmt jedoch Profis. Also hieß es wieder die Schulbank Verbindung mit den drücken. In der Ausbildungsstation der DGzRS in in Seenot geratenen Neustadt in Holstein wurde Andreas fit gemacht Personen auf. für seine Tätigkeit auf einem Seenotrettungsboot. Brandabwehr, Leckabwehr, Rettung und Bergung, Seenotsignalmittel, Erste Hilfe auf See sowie see- männische und technische Grundlagen standen auf dem Lehrplan. Großes Augenmerk wurde auf „Leinen los“ auf der die Aneignung praktischer Fähigkeiten gelegt. „Emil Zimmermann“ Seit Abschluss des Lehrganges SAR-Sicherheit und dem Erwerb des Sportbootführerscheins See und Binnen kann Andreas als Bootsführer oder als Rettungsmann eingesetzt werden und sich „See- notretter“ nennen.

Das Dankeschön der Geretteten ist für ihn der schönste Lohn und bestärkt ihn in dem Wissen, das Richtige getan zu haben. Und eins weiß der Kontroll- und Streifenbeamte Andreas Bluhm sicher: „Ohne die Unterstützung der Angehörigen meiner Dienstgruppe und das mir entgegenge- brachte Vertrauen meiner Inspektion könnte ich als freiwilliger Seenotretter nicht tätig sein und Menschen in Not auf See nicht zu Hilfe kommen.“

Torsten Tamm

Bundespolizei kompakt 02|2016 39 Recht & Wissen

Veränderungen im Asylverfahren Teil II Wer im Recht nicht sattelfest ist ...

Unter dieser Überschrift haben wir in unserer letzten Ausgabe die Änderungen im Ausländerrecht aufgelistet und zusammengefasst. Auch im Asylrecht gab es Änderungen, die wir Ihnen gern, für die Praxis aufbereitet, vorstellen wollen.

Das Gesetzgebungsverfahren in unserem Land ist bekann- Bundesverwaltungsamt (BVA) zur Verfügung gestellt werden. termaßen ein langwieriger Prozess mit vielen Hürden. Vor Das Ziel des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von dem Hintergrund der aktuellen Migrationslage sah sich die straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss Politik jedoch gezwungen, rasch zu handeln. Es verwundert der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern daher nicht, dass das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz spricht für sich selbst. seinem Namen alle Ehre machte und am 29. September 2015 in den Bundestag eingebracht, am 16. Oktober 2015 Für die Praxis eines Bundespolizisten sind aus den im Bundesrat beschlossen wurde und schon am 24. Oktober vielen neuen Regelungen folgende von Bedeutung: 2015 in Kraft getreten ist. § 20 Asylgesetz – Weiterleitung an eine Aufnahmeein- Doch nichts ist beständiger als der Wandel und so erfuhr das richtung Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz schon am 4. Februar Die Grenzbehörden leiten Asylsuchende auch weiterhin an 2016 durch das Datenaustauschverbesserungsgesetz eine die zuständige Erstaufnahmeeinrichtung weiter und legen Veränderung. fest, bis wann der Ausländer sich dort einzufinden hat. Wenn der Ausländer die Erstaufnahmeeinrichtung nicht bis zu dem Nur etwa fünf Wochen später, am 16. März 2016, veröffent- durch die Grenzbehörden festgelegten Zeitpunkt erreicht, ist lichte das Bundesjustizministerium das „Gesetz zur Einfüh- ein Nichtbetreiben des Verfahrens anzunehmen, was gleich- rung beschleunigter Asylverfahren“ sowie das „Gesetz zur bedeutend mit der Rücknahme des Asylantrags ist. Über erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und diese Rechtsfolge müssen die Grenzbehörden den Auslän- zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei der schriftlich und gegen Empfangsbestätigung belehren. straffälligen Asylbewerbern“ im Bundesgesetzblatt, die alle am Folgetag in Kraft traten. § 30a Asylgesetz – beschleunigte Verfahren Diese Regelung erlaubt ein beschleunigtes Verfahren in Aber was sind die wesentlichen Inhalte der neuen besonderen Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber, deren Gesetze? Anträge von vornherein geringe Erfolgsaussichten haben. Geringe Erfolgsaussichten haben solche Personen, die In ihrem Kern verfolgen das Asylverfahrensbeschleuni- n aus einem sicheren Herkunftsstaat kommen. gungsgesetz und das Gesetz zur Einführung beschleunigter n durch falsche Angaben oder Dokumente über ihre Identität Asylverfahren die Absicht, die Asylverfahren effizienter durch- und Staatsangehörigkeit täuschen. zuführen, weniger Fehlanreize zu setzen, den Ländern und n Identitäts- oder Reisedokumente mutwillig vernichten. Kommunen mehr Unterstützung zukommen zu lassen und n einen Folgeantrag stellen. Asylbewerbern mit guten Bleibeperspektiven eine schnel- n den Antrag nur zur Verhinderung der Abschiebung stellen. lere Integration in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zu n sich gegen die Abnahme von Fingerabdrücken wehren. gewährleisten. n ausgewiesen wurden, da sie eine Gefahr für die öffentli- che Sicherheit und Ordnung darstellen. Das Datenaustauschverbesserungsgesetz soll eine einma- lige, schnelle und identitätssichernde Registrierung von Die Zuordnung und die Verteilung von Asylbewerbern in die- Personen, die derzeit als Schutzsuchende nach Deutsch- se besonderen Aufnahmeeinrichtungen erfolgt ausschließlich land einreisen, garantieren und einen frühzeitigen Daten- durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). austausch der beteiligten Behörden ermöglichen. Allen Die Grenzbehörden leiten auch solche Asylbewerber an die öffentlichen Stellen sollen hierzu die zur Aufgabenerfüllung zuständige und nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung weiter. erforderlichen Informationen in einem Kerndatensystem beim Asylsuchende sind verpflichtet, während dieses beschleu-

40 Bundespolizei kompakt 02|2016 Recht & Wissen

nigten Verfahrens in der besonderen Aufnahmeeinrichtung Mit dem Asylbeschleunigungsgesetz wurde die Liste der zu wohnen. Verstöße gegen diese räumliche Beschränkung sicheren Herkunftsstaaten neu gefasst und umfasst nun können vom BAMF als Rücknahme des Asylantrages gewer- die Staaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, tet werden. Kosovo, Mazedonien, ehemalige Republik Jugoslawien, Montenegro, Senegal und Serbien. § 12 Asylgesetz – Handlungsfähigkeit Das Asylgesetz erlaubte minderjährigen Ausländern ab Die Änderungen im Asylgesetz zogen auch Änderungen im 16 Jahren bisher volle Handlungsfähigkeit. In Angleichung Aufenthaltsgesetz nach sich, die wir an dieser Stelle nicht an die EU-Richtlinien wurde dieses Alter auf 18 Jahre hin- unerwähnt lassen wollen. aufgesetzt, sodass nur noch volljährige Ausländer nach dem Asylgesetz geschäftsfähig sind. § 54 Abs. 1a Aufenthaltsgesetz – Ausweisung im Regelfall Anders als bisher liegt ein schwerwiegendes Ausweisungs- § 63 a Asylgesetz – Ankunftsnachweis interesse nunmehr bereits dann vor, wenn ein Ausländer we- Nach dieser Norm wird einem Ausländer, der um Asyl nach- gen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das gesucht hat und der nach den Vorschriften des Asylgeset- Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbst- zes oder des Aufenthaltsgesetzes erkennungsdienstlich bestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen behandelt worden ist, aber noch keinen Asylantrag gestellt Vollstreckungsbeamte rechtskräftig verurteilt worden ist. hat, unverzüglich eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender, ein sogenannter Ankunftsnachweis, erteilt. Zuständig für die Ausstellung ist die Aufnahmeeinrichtung, Ewald Mattheis, Christian Altenhofen auf die der Ausländer verteilt worden ist oder die dieser Aufnahmeeinrichtung zugeordnete Außenstelle des Bundes- amtes.

Der Ankunftsnachweis dient ausschließlich als Nachweis der Registrierung; seiner Ausweispflicht kann der Asylsuchende damit nicht nachkommen. Der Ankunftsnachweis wird jedem registrierten Ausländer, unabhängig seines Alters, erteilt. Die Ausweisnummer wird im Ausländerzentralregister gespei- chert, sodass im Bedarfsfall eine Überprüfung der Angaben möglich ist.

Die Grenzbehörden sind für die Ausstellung des Ankunftsnachweises nicht zuständig. Auslän- dern, die gegenüber den Grenzbehörden ein Schutzersuchen äußern und die an die jeweilige Erstaufnahmeeinrichtung weitergeleitet werden, ist ab sofort eine Anlaufbescheinigung zu erteilen.

Anlage II zu § 29a Asylverfahrensgesetz – sichere Herkunftsstaaten Das Asylgesetz kennt den Begriff des „sicheren Herkunftsstaates“. Asylan- träge von Ausländern aus sicheren Herkunftsstaaten sind grundsätzlich als offensichtlich unbegründet abzulehnen.

Bundespolizei kompakt 02|2016 41 Technik & Logistik

100 Prozent Luftsicherheitskontrolle

Die Bundespolizei ist für die Luftsicherheitskontrolle der Passagiere und deren Handgepäck zuständig. Dies ist auch in der Bevölkerung hinlänglich bekannt. Aber was ist mit dem Reisegepäck?

21. Dezember 1988, Lockerbie/Schottland: Der „Die größte Herausforderung liegt in der Zuverläs- Rumpf der Boeing 747 des PAN AM-Fluges 103 sigkeit trotz hoher Geschwindigkeit“, meint Roger wird in 9 400 Metern Höhe durch die Explosion Hees, einer der Verantwortlichen für die MRKA in von 400 Gramm Plastiksprengstoff auseinanderge- Frankfurt. Mit Geschwindigkeit meint er maximal Blick in einen Spreng- rissen. Das Flugzeug stürzt ab, alle 259 Insas- 20 000 Gepäckstücke pro Stunde am Luftfahrt- stoffdetektor, der in sen der Maschine und elf Anwohner am Boden drehkreuz Rhein-Main, das mit einer Umsteigezeit etwa die Ausmaße kommen ums Leben. Seitdem ist es oberstes von nur 45 Minuten um Passagiere wirbt. Bei eines Kleinbusses hat. Ziel der Luftsicherheit, Terroranschläge wie den „Zuverlässigkeit“ denkt Roger Hees aber nicht nur von Lockerbie zu verhindern. Aus diesem Grund an die Ausfallsicherheit, sondern vor allem auch kontrolliert die Bundespolizei mithilfe von Mehrstu- an das Einhalten der Leistungsstandards der auto- figen-Reisegepäck-Kontrollanlagen (MRKA) das matischen Sprengstoffdetektoren. Durch den Ver- Das Baggage Control Reisegepäck aller Passagiere – und das zu 100 dacht oder das Auffinden einer unkonventionellen Center, in dem auch Prozent. Spreng- oder Brandvorrichtung (USBV) innerhalb das Betriebscen- der MRKA würde diese in ihrer Leistungsfähigkeit ter Luftsicherheit Was ist eine MRKA? nicht eingeschränkt werden. der Bundespolizei Eine MRKA ist eine Anlage, mit deren Hilfe im untergebracht ist, Flugverkehr Reisegepäck in mehreren aufeinan- Der Fund würde professionell und nach vorgege- bildet das Gehirn der derfolgenden Kontrollstufen sowohl mit Spreng- benen Standards abgearbeitet werden, während GFA und der MRKA. Computergesteuert stoffdetektoren als auch manuell durch entspre- die Gepäckkontrolle mit gleicher Geschwindigkeit werden hier vollau- chendes Personal kontrolliert wird. Einer dieser parallel weiterläuft. Ein technischer Ausfall der tomatisch die Wege Sprengstoffdetektoren der aktuellen Generation hat MRKA hingegen hätte schlimme Folgen für den der Gepäckstücke hierbei die Größe eines VW-Busses und wiegt rund Betriebsablauf auf dem gesamten Flughafen. festgelegt und bei Stö- 2 500 Kilogramm. Am größten deutschen Flugha- rungen entsprechend fen in Frankfurt/Main sind viele solcher Geräte im Neue Technologien sind ein Sicherheitsgewinn umgeleitet. Einsatz, die sich im Eigentum der Bundespolizei Die Zukunft gehört neuen Technologien wie zum befinden. „Was in der MRKA genau passiert, Beispiel der Computertomografie, die durch ihre wissen wir nicht. Das ist streng geheim. Da hat Schnittbildtechnik auch Überlagerungen zuverläs- nur die Bundespolizei Zugriff“, so ein Mitarbeiter sig auflösen kann. Fred Reiß, der sich in Frankfurt des Flughafenbetreibers FRAPORT. Die Anlagen intensiv mit neuen Technologien auseinander- gibt es an allen großen Flughäfen Deutschlands. setzt, ist der Auffassung: „Der Nachkontrollbedarf Dort müssen sie jeweils individuell an die örtlichen durch den Menschen wird sich zukünftig weiter Gegebenheiten der vorhandenen Gepäckförderan- reduzieren und ein höherer Automatisierungsgrad lagen (GFA) der Flughafenbetreiber angepasst und wird Kontrollprozesse beschleunigen.“ entsprechend eingebaut werden.

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Eine Operation am offenen Herzen in und Frankfurt/Main zwischenzeitlich Pi- Die Problemstellungen bei der Modernisierung lotanlagen unterschiedlicher Hersteller auf. Die Ex- der MRKA sind vielfältig und liegen auf der Hand. perten der Bundespolizei können dadurch schon In allen Fällen sind Eingriffe an der GFA gleichbe- jetzt wertvolle Hinweise und Erkenntnisse für die deutend mit einer Operation am offenen Herzen. Erneuerung der MRKA sammeln; die Erneuerung Und der Vergleich hinkt kaum, denn ein Stillstand muss übrigens – so die Vorgabe der EU – bis zum der Anlage, wenn auch nur für wenige Stunden, ist 31. August 2020 im Wesentlichen abgeschlos- keine Option. Also müssen zuvor sogenannte By- sen sein. Die Kosten für die Erneuerung schätzt pässe ausgearbeitet werden. Gemeint sind hiermit man allein für den Frankfurter Flughafen auf einen Ersatzstrecken, die um die betroffene Stelle der hohen zweistelligen Millionenbetrag. GFA herumführen, ohne die Geschwindigkeit und die Zuverlässigkeit drosseln zu müssen – stets auf Und wie geht’s weiter? der Hut, keinen „Kofferinfarkt“ auszulösen. Keine Thomas Schön ist zuversichtlich und kommen- leichte Aufgabe, wenn man sich die GFA als eine tiert die Planungen in seinem Stabsbereich 2 in 80 Kilometer lange, vollautomatische, compu- Frankfurt mit den Worten: „Nichts ist so beständig tergesteuerte und zum größten Teil unterirdische wie die Veränderung.“ Gemeint ist das ständige Spielzeugeisenbahn für Erwachsene oder Achter- Bestreben der EU, aktuellen Bedrohungslagen bahn für Koffer vorstellt. Hinzu kommt, dass die gerecht zu werden und in bestimmten Abständen neuen Sprengstoffdetektoren andere Ausmaße als Leistungssteigerungen bei der Detektion von die bisherigen Geräte haben. Deshalb müssen für Sprengstoffen zu fordern, was auch stets eine die Demontage der alten Geräte und den Aufbau Herausforderung für die Industrie ist. der neuen Technik nicht nur Schienenteile der GFA Luftsicherheit beginnt also nicht nur beim Kauf demontiert, umgelegt und angepasst werden, son- eines Flugtickets und endet beim Verlassen des dern ganze Wände eingerissen und später wieder Zielflughafens, sondern ist hoch flexibel, passt sich zugemauert werden. Außerdem bringen die neuen stets dem Stand des technischen Fortschritts und Kontrolldisplay eines Detektoren mit rund 8 000 Kilo ein Vielfaches an seiner Möglichkeiten an. Vor dem Hintergrund der vollautomatischen Gewicht auf die Waage. Verteilt auf eine Fläche Geschehnisse von Lockerbie – koste es, was es Sprengstoffdetektors. von etwa zehn Quadratmetern, ergeben sich nicht wolle. Die Kontrollzeit für ein nur Probleme mit der Gebäudestatik, sondern Gepäckstück dauert hier circa zwei Sekunden. auch für den Transport. Gabelstapler können nicht Roger Hees, Fred Reiß, Christian Altenhofen genutzt werden, da ihr Eigengewicht und das der Detektoren die zulässige Deckenlast übersteigen. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Flughafen- Die GFA liefert die betreiber, als Verantwortlicher für die gesamte In- Gepäckstücke an und frastruktur, ist deshalb Pflicht – nicht Kür. Um den schiebt sie nach links Betrieb der Geräte und deren Leistungsfähigkeit zu in die Anlage hinein, prüfen, baute die Bundespolizei auf den Flughäfen wo eine automatische Nachkontrolle erfolgt.

Die Gepäckförderan- lage des Frankfurter Flughafens:

Baujahr: 1974 Länge: 81 km Antriebe: 22 488 Elektro- motoren V/max: 18 km/h Sensoren: 80 000 Gepäckwannen: 20 600 Eingabestellen in den Terminals: 384 Zuverlässigkeit: 99,8 %

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Da ich noch nie zuvor ein elektrisches das Auto fahrbereit ist und ob man ver- Mein erster Tag im Polizeiauto gefahren bin, bedarf es brauchsgünstig fährt oder Bremsenergie natürlich einer Einweisung. Ich stehe in elektrischen Strom zurückwandelt. vor dem Elektroauto, das auf den ersten Diesen Vorgang des Energiegewinnens Blick wie ein ganz normaler Polizei-Golf nennen VW und das Physikbuch übri- aussieht. Vier Türen, Blaulicht, Antenne, gens „Rekuperation“. Ein Begriff, der Funk – alles da. Nur das gelbe Kabel eine Nutzbremse beschreibt. Statt einer fällt auf. Es guckt dort heraus, wo bei Tankanzeige gibt es ein kleines Rundins- anderen Golfs der Tankdeckel ist, trument, das die Leistungsverfügbarkeit, e-Golf und es endet an der Ladestation. Am also den Füllstand der Batterie, anzeigt. Tankdeckel befinden sich auch die LED- Gleiche und zusätzliche Informationen Schon seit einigen Jahren tummelt Ladeanzeige und zwei Tasten, mit denen finden sich im großen Display der Mittel- sich auch die Bundespolizei auf sich die Batterieaufladung steuern lässt. konsole. Hier gibt es in einem eigenen dem Gebiet der Elektromobilität. Mein erster Gedanke – selbstverständ- Menü zahlreiche Informationen zu Lade- Seit Dezember steht deshalb auch lich nicht ausgesprochen: Wie veraltet und Fahrzuständen, Reichweiten und ein „uniformierter“ e-Golf auf dem ist denn eigentlich dieser Einfüllstutzen, Möglichkeiten, garniert mit modernsten Parkplatz vor unserem Dienstgebäu- in den wir sonst immer eine scharf Begriffen und Kunstworten, gefunden in de am Flughafen Frankfurt/Main. stinkende Brühe hineinschütten? Schon der Betriebswirtschaft der Informations- Das „e“ steht selbstverständlich für irgendwie sauberer dieser e-Golf. und Elektrotechnik. Einfach fantastisch „elektro“. Steht das „e“ aber auch und ein Eldorado für jeden Controller. für Emotionen? Von innen sieht der e-Golf dann auch Aber auch die Fans von „Zurück in die aus wie seine mit Benzin oder Diesel Zukunft“ kommen bei diesem Display angetriebenen Brüder: Sitze hinten auf ihre Kosten. Sie, aber auch alle aus Taxileder, diverse Halterungen für anderen, werden zusätzlich durch das Anhaltkelle und andere Polizeiuten- Styling des Motorraums für den nicht silien, großes Display für Radio und vorhandenen Fluxkompensator entschä- Navi, Bedienelement für das Blaulicht, digt. Fingerdicke, kunstvoll angeordnete Sitzheizung, Automatik. Tipptopp – alles orangefarbene Kabel und zahlreiche auf dem neuesten Stand der Technik. Aufkleber warnen vor Lebensgefahren Ein moderner „Arbeitsplatz“, wie ihn und Hochspannung. Der e-Golf ist von sich ein Streifenbeamter heute wünscht. außen von einem Der Unterschied zum normalen Golf Letztere stellt sich nun auch für mich gewöhnlichen Strei- fällt erst bei genauerem Hinsehen auf. ein. Denn ich sitze auf dem Fahrer- fenwagen nicht zu Der Drehzahlmesser sieht zwar aus wie sitz und stecke den Schlüssel in das unterscheiden. einer, ist aber gar keiner; es ist eine Schloss. Es ist kein Zündschlüssel, Fahrleistungsanzeige. Sie zeigt an, dass denn gezündet wird hier nix. Ob meine

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Technische Daten des VW e-Golf

Antrieb: rein elektrisch Leistung: 85 KW/115 PS

Vmax: 140 km/h Verbrauch: ca. 12,7 kWh Batteriekapazität: 24,2 kWh* Reichweite: rund 200 km Ladezeit: Schnellladung via Gleichstrom in 30 Minuten, Standardla- dung in 8 Stunden Hubraum: --- Gewicht: 1 585 kg Fahrzeugpreis (o. pol. Ausstattung): ab 34 900 €

Hände am Lenkrad schwitzen? Nein – und wenn, zu sein, denn der Drehzahlmesser, der ja keiner ist, dann nur ganz wenig. Aber anders ist es auf jeden zeigt an, dass ich durch das Bremsen die Batterie Fall, denn ich drehe den Schlüssel und es passiert wieder mit Strom auflade. Wer bremst, verliert außer einem Klicken nichts. Thorsten Sedlak von also nicht, sondern gewinnt – nämlich Energie Eine Fahrleistungsanzei- der Fahrbereitschaft lächelt und sagt: „Alles okay, und damit Reichweite. Gut, die Reichweite ist ein ge anstelle eines Dreh- er ist an und du kannst losfahren.“ Ich lege die Wermutströpfchen, denn sie beträgt nur rund 200 zahlmessers. Ein komplett Fahrstufe D ein und betätige vorsichtig das Gas. Kilometer. Aber für die Stadt oder eine Flughafen- neues Cockpitinstrument, Das Auto fährt los. Aber bis auf ein leichtes Sum- dienststelle ist sie ausreichend. das völlig neue Informati- onen liefert. men ist alles völlig geräuschlos. Toll? Ja, irgendwie schon. Glücksgefühle meiner ersten Fahrstunde Auf dem Vorfeld treffe ich einen Mitarbeiter der kommen als Erinnerung zurück. Ein ungewolltes Vorfeldaufsicht. Gerne stellt er sich für ein Foto mit Lächeln zaubert sich auf mein Gesicht. Ich kann seinem im Schachbrettmuster lackierten gelb- es im falsch eingestellten Rückspiegel sehen, aber schwarzen Dieselbus neben den elektrischen sofort verbergen. Blinker rechts und abbiegen Streifenwagen der Bundespolizei. Stolz erkläre auf die Alice Road Richtung Cargo City Süd. Ich ich dem interessierten „Follow me“-Mann „mein“ habe gelesen, dass Elektromotoren das maximale Elektropolizeiauto. Danach geht es über die Cargo Drehmoment bei jeder Drehzahl zur Verfügung stel- City Nord, vorbei am Tanklager und an den Termi- len können. Also drauf aufs Gas und im nächsten nals wieder zurück zum Fuchsbau, wo ich den Golf Moment drückt sich mein Körper in den Sitz, die unter den wachsamen Augen von Thorsten Sedlack Vorderräder drehen durch und die Antischlupfre- wieder an die Ladesäule anschließe. Schade, dass gelung (ASR) regelt mit ihrem flackernden gelben die Fahrt schon zu Ende ist. Es war ein schöner Lämpchen. Respekt. Dieser Golf kann was! Tag – mein erster Tag im e-Golf. Und ja, ich werde ihn sicher öfter fahren, den e-Golf, denn sein „e“ Und die vielen Anzeigen in der Mittelkonsole? steht definitiv nicht nur für „elektrisch“, sondern Schon fast gefährlich, wenn man bedenkt, dass auch für Emotionen. man während der Fahrt kein Handy bedienen darf. Am Luftbrückendenkmal wird gebremst. Auch hier Christian Altenhofen bleibt das gute Gefühl fortschrittlich und ökologisch

Mit einer kWh kann man 1 Liter Benzin Ein Pkw kann bei einem Ein e-Golf kann mit ei- 15 Hemden bügeln entsprechen 10 kWh. Verbrauch von 6 l Benzin ner Kilowattstunde rund oder 70 Tassen Kaffee pro 100 km mit einer 7,8 km zurücklegen. kochen. Kilowattstunde rund 1,7 km zurücklegen.

Bundespolizei kompakt 02|2016 45 Zu guter Letzt

Unterricht über gleichgeschlechtliche Lebensweisen Mutig, tolerant und fortschrittlich

Gleichgeschlechtliche Lebensweisen – eigentlich nichts Ungewöhnliches in unserer Gesellschaft, aber dennoch für einige noch immer ein Tabuthema. Umso wichtiger ist es, mit diesem Thema offen umzu- gehen. Dazu wurden nun erstmalig Unterrichtsstunden bei den sechs Lehrgruppen des 2. Dienstjahres gehalten, die von Oerlenbach nach Deggendorf ausgelagert sind.

Gespannt folgen die Wolfgang Appenzeller ist seit August 2014 Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen Kollegen des der Bundespolizeidirektion München. In Zusammenarbeit mit dem Deggendorfer Bundespolizei-Pfarrer 2. Dienstjahres in Pater Gabriel referierte er vor wenigen Wochen im Rahmen des berufsethischen Unterrichts über seine Deggendorf den Aufgabe. Einige Reaktionen der Teilnehmer lesen Sie hier: Worten von Wolfgang Appenzeller zum n „Super, dass sich die Bundespolizei so etwas traut!“ Thema „gleichge- n „Es tut sich etwas in Sachen Toleranz.“ schlechtliche Lebens- n weisen“. „Wenn ich Fragen im Kollegen- oder Freundeskreis habe – nun kenne ich ein Gesicht dazu.“ n „Die Ich-Botschaften des Referenten haben Räume geöffnet.“

Die positiven Rückmeldungen zeigen, dass wir an dem Thema dranbleiben müssen.

Stefan Brandl

46 Bundespolizei kompakt 02|2016 Leserbriefe

Leserbriefe

Zum Thema: Recht & Wissen Konkretisierung zur Ergänzung und Korrektur zur Ausgabe 6-2015 Ausgabe 01-2016

Am 24. Oktober 2015 ist das Asylver- Im Abschnitt „Was versteht man unter Mit BGBl 2016 Teil I Nr. 5 vom fahrensbeschleunigungsgesetz in Kraft einem sicheren Drittstaat nach dem 4. Februar 2016 wurde der § 49 Abs. getreten. Asylgesetz?“ steht, dass sichere Dritt- 8 und 9 AufenthG erneut geändert. staaten europäische Nicht-EU-Staaten Demnach ist nun die Identität eines Durch dieses Artikelgesetz erfolgte sind. Dies sind aktuell nur Norwegen Ausländers, der das 14. Lebens- unter anderem gemäß Art. 1 Nr. 1 und die Schweiz. Gemäß § 26a (2) jahr noch nicht vollendet hat, durch die Umbenennung des bisherigen AsylG sind jedoch sichere Drittstaaten die Aufnahme eines Lichtbildes zu Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) in die Mitgliedstaaten der EU und die sichern. Asylgesetz (AsylG). in der Anlage I bezeichneten Staaten Norwegen und die Schweiz. Sylwester Gawron, Oerlenbach Nils Neuwald, Neustrelitz Cristiano Landucci, Düsseldorf

Impressum

Herausgeber Intranet Bundespolizei Wir danken allen Beteiligten für ihre Mitarbeit. Bundespolizeipräsidium infoportal.polizei.bund.de/kompakt Für den Inhalt der Beiträge sind grundsätzlich die Verfasser verantwortlich. Redaktion Internet Alle Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Ivo Priebe (V.i.S.d.P.), Dorothea Schoop, bundespolizei.de/kompakt Nachdruck und Vervielfältigung außerhalb der Anja Pester, Sebastian Grafe, Christian Alten- Bundespolizei nur mit ausdrücklicher Zustim- hofen, Achim Berkenkötter, Thomas Borowik, Layout & Satz mung des Herausgebers. Dies gilt auch für die Ronny von Bresinski, Benjamin Fritsche, Rudolf Jennifer Khlief, Barbara Krieg Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Höser, Fabian Hüppe, Christian Köglmeier, Chris Fachinformations- und Medienstelle Vervielfältigung auf Datenträgern. Die Redaktion Kurpiers, Kurt Lachnit, Frank Riedel, Daniela der Bundespolizei behält sich vor, Beiträge und Leserbriefe zu Scholz, Torsten Tamm, Torsten Tiedemann kürzen. Druck Anschrift Druck- und Verlagshaus Redaktionsschluss dieser Ausgabe Heinrich-Mann-Allee 103 Zarbock GmbH & Co. KG, 11. April 2016 14473 Potsdam Frankfurt am Main Bildnachweis: Telefon/FAX Auflage Alle Bilder Bundespolizei, außer: 0331 97997-9420/-9409 11 000 S. 12 , S.16, S. 17 (M.l., M.r., u.r.) S. 18 (l.) news-photo; S. 25 Tim Reckmann, Pixelio; E-Mail Erscheinung [email protected] 6-mal jährlich

Bundespolizei kompakt 02|2016 47 Spenden für Helfer in Not:

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