Neufunde Und Bemerkenswerte Bestätigungen
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©Institut für Biologie, Institutsbereich Geobotanik und Botanischer Garten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Schlechtendalia 33 (2017) Neufunde und bemerkenswerte Bestätigungen phytoparasitischer Kleinpilze in Deutschland – Albuginales (Weißroste) und obligat biotrophe Peronosporales (Falsche Mehltaue) Horst JAGE, Friedemann KLENKE, Julia KRUSE, Volker KUMMER, Markus SCHOLLER, Hjalmar THIEL und Marco THINES [unter Mitarbeit von Herbert BOYLE, Wolfgang DIETRICH, Dorothea HANELT, Gerald HIRSCH, Stefan RÄTZEL und Anke SCHMIDT] Zusammenfassung: JAGE, H.; KLENKE, F.; KRUSE, J.; KUMMER, V.; SCHOLLER, M.; THIEL, H. & THINES, M. 2017: Neufunde und bemerkenswerte Bestätigungen phytoparasitischer Kleinpilze in Deutschland – Albuginales (Weiß- roste) und obligat biotrophe Peronosporales (Falsche Mehltaue). Schlechtendalia 33: 1–134. Die vorliegende Arbeit enthält Neufunde und bemerkenswerte Bestätigungen Falscher Mehltaue und Weißroste (obligat biotrophe Peronosporales und Albuginales) aus Deutschland. Mindestens 15 der in Deutschland gefundenen Parasit-Wirt-Kombinationen sind neu für Europa bzw. Mitteleuropa. Insgesamt 212 neue Parasit-Wirt- Kombinationen, die bisher aus den jeweiligen Bundesländern Deutschlands nicht bekannt waren, werden aufgelistet und weitere 12 Kombinationen sind neu für Deutschland. Insgesamt mindestens 34 matrices novae werden mitgeteilt. 45 Arten Falscher Mehltaue bzw. Weißroste wurden das erste Mal in Deutschland nachgewiesen. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der Arten obligat biotropher Peronosporales und Albuginales in Deutschland von 246 auf 291. Abstract: JAGE, H.; KLENKE, F.; KRUSE, J.; KUMMER, V.; SCHOLLER, M.; THIEL, H. & THINES, M. 2017: New and interesting records of plant parasitic microfungi in Germany – Albuginales (white blister rusts) and obligate biotrophic Peronosporales (downy mildews). Schlechtendalia 33: 1–134. New records of biotrophic fungi of the orders Peronosporales (obligate biotrophic downy mildews) and Albuginales (white rusts) from Germany are listed. At least 15 of the parasite-host-combinations recorded in Germany are new for Europe or Central Europe. 212 new parasite-host combinations are reported as new to the federal states of Germany, and 12 combinations are new for Germany. 34 matrices novae were recorded at least. 45 species of the obligate biotrophic downy mildews and white blister rusts respectively were found for the first time in Germany. This increases the total number of these species in Germany from 246 to 291. Key words: Straminipila (Chromista), new records, new host plants, matrices novae Published online 25 Jul. 2017 Einführung Falsche Mehltaue (Peronosporales) und Weißroste (Albuginales) gehören nicht zu den Echten Pilzen (Fungi). Sie entwickelten jedoch konvergent zu vielen Echten Pilzen Sporen, Myzelien, den Pflanzenparasitismus und die Endocytose, also typische Pilzmerkmale. Sie wurden deshalb stets von Mykologen bearbeitet. Die Weißroste ähneln hellen Stadien einiger Rostpilze, während die Falschen Mehltaue ver- gleichbar den Echten Mehltaupilzen meist blattunterseits einen ± flaumigen Belag bilden und makroskopisch mit diesen verwechselt werden können, daher die Namensgebung. Die Ver- mehrung geschieht asexuell über abgeschnürte Zoosporozysten, Sporangien bzw. Zysto- konidien, aber auch sexuell über sogenannte Oosporen. Der Einfachheit halber werden hier die bei den Pilzen verwendeten Termini „Konidienträger“ und „Konidie“ für die asexuell gebildeten Strukturen verwendet. Taxonomie und Nomenklatur dieser Organismen sind gegenwärtig stark im Umbruch. Einen aktuellen Überblick geben THINES & CHOI (2016). Demnach sind die Weißroste (Albuginales) klar von den Falschen Mehltauen (Peronosporales) getrennt. Die Weißroste umfassen nur die obligat biotrophen Gattungen Albugo, Pustula und Wilsoniana, die auf Kreuz- und Korbblütlern sowie Portulak- und Amaranthgewächsen parasitieren. Dagegen befinden sich innerhalb der Peronosporales auch hemibiotroph und saprobiontisch lebende Gattungen wie Pythium und Phytophthora, die hier wie in BRANDENBURGER & HAGEDORN (2006) nicht behandelt werden. 1 ©Institut für Biologie, Institutsbereich Geobotanik und Botanischer Garten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Die Falschen Mehltaue gehören zu den Peronosporaceae und lassen sich nach THINES & CHOI (l. c.) in vier verwandtschaftliche Gruppen gliedern: a) Gattungen mit pigmentierten Konidien (Peronospora, Pseudoperonospora); sie befallen krautige bedecktsamige Pflanzen verschiedener verwandtschaftlicher Gruppierungen, selten auch Gehölze, b) Gattungen mit farblosen Konidien und aufgeblasenen gelappten Haustorien (Hyalo- peronospora, Perofascia); sie befallen vor allem Kreuzblütler, c) Gattungen mit farblosen Konidien und birnförmigen Haustorien (Basidiophora, Bremia, Novotelnova, Paraperonospora, Plasmopara, Plasmoverna, Protobremia); sie befallen ebenfalls dicotyle Kräuter, und d) Gattungen, die auf Süßgräsern parasitieren (Eraphthora, Sclerophthora, Sclerospora). Neue taxonomische Untersuchungen zeigen wiederholt, dass Falsche Mehltaue und Weißroste sehr stark auf einzelne Wirtspflanzenarten spezialisiert sind (z. B. THINES & CHOI 2016). So handelt es sich mit Sicherheit bei Albugo candida und Bremia lactucae, aber auch bei vielen Peronospora-Arten mit mehreren Wirtsarten, um Artenkomplexe, die künftig in wirts- spezifische Arten aufgetrennt werden müssen. In solchen Fällen werden deshalb hier die Artnamen oft durch den Zusatz „agg.“ als Artenkomplexe gekennzeichnet. Schon jetzt ist am Beispiel von Hyaloperonospora absehbar, dass die Nomenklatur nicht immer mit der Taxonomie Schritt halten kann, so dass Arten, die sich bei phylogenetischen Untersuchungen als klar getrennt von ehemaligen Artenkomplexen erwiesen, jahrelang ohne einen aktuellen Namen bleiben. Falsche Mehltaue, die zu Hyaloperonospora gehören, aber noch nicht dorthin umkombiniert wurden, findet man deshalb in vorliegender Arbeit unmittelbar im Anschluss an die Gattung Hyaloperonospora alphabetisch aufgelistet. Falsche Mehltaue und Weißroste kommen vom zeitigen Frühjahr bis in den Spätherbst vor, wobei Falsche Mehltaue nach eigenen Beobachtungen in unseren Breiten vermehrt in den feuchteren Jahreszeiten Frühjahr und Herbst anzutreffen sind. Während die Weißroste an Blättern und Stängel als oft porzellanweiß glänzende Krusten auffallen, die bei Reife matt und krümelig werden können, findet man Falsche Mehltaue vorzugsweise blattunterseits. Die befallenen Blattspreiten – oder Teile davon – sind dann oft gelbgrün verfärbt und ihre Ränder nicht selten verkehrt-löffelförmig nach unten gebogen. Sie können jedoch auch andere grüne Pflanzenteile befallen. Einige Arten sporulieren nahezu ausschließlich an Blütenbestandteilen (Kron- oder Staubblätter, Griffel und Narben). Die Oosporen findet man in beiden Gruppen mitunter in ganz anderen Pflanzenteilen als die Konidien, z. B. im Stängel. BRANDENBURGER & HAGEDORN (2006) stellten viele der in der Literatur ausgewiesenen Funddaten aus Deutschland für Peronosporales (incl. Albuginales) zusammen, die hier ergänzt werden sollen. Die vorgelegten Funde sind dabei eine Auswahl aus den Herbarbelegen und Notizen der Autoren und Mitarbeiter, aber auch aus neuen oder bisher unberücksichtigten Literaturquellen, darunter auch Herbariumslisten im Internet. Neben Neufunden für ganz Deutschland wurden auch Nachweise aus Bundesländern aufgenommen, aus denen bei BRANDENBURGER & HAGEDORN (l. c.) Angaben fehlen – meist nur ein bis zwei Beobachtungen pro Bundesland. In einigen Fällen wird eine fehlende Altangabe oder ein neuerer Fund ergänzt (Hinweis „auch aktuell:“ bei Wiederfunden nach ca. 1970). Funde außerhalb Deutschlands werden nur ausnahmsweise mitgeteilt, um zur Suche in Deutschland anzuregen. Auch die Zählung der Neufunde und neuen Wirte bezieht sich auf die Auflistung in BRANDENBURGER & HAGEDORN (l. c.). Die Zitierweise der Funddaten folgt dem Schema bei BRANDENBURGER & HAGEDORN (l. c.). Das trifft auch auf die Reihenfolge der Bundesländer zu. Den Daten nachgestellt wurden die vierstelligen Nummern der Messtischblätter (Topographische Karte 1:25.000), meist mit Quadrantenangabe. Fundangaben der Autoren und Mitarbeiter dieses Beitrages sowie der im Verzeichnis der Herbarien genannten Sammler wurden ohne Angabe ihrer Vornamen zitiert. 2 ©Institut für Biologie, Institutsbereich Geobotanik und Botanischer Garten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Schlechtendalia 33 (2017) Die Nomenklatur folgt KLENKE & SCHOLLER (2015), sofern nicht explizit auf eine andere Literaturquelle verwiesen wird. Die von BRANDENBURGER & HAGEDORN (l. c.) verwendeten Namen erscheinen, sofern sie abweichen, als Synonyme. Die wissenschaftlichen Namen der wildwachsenden Wirtspflanzen entsprechen JÄGER (2011). Geringe Abweichungen können durch Angabe von Aggregat-Bezeichnungen entstehen (z. B. bei Alchemilla, Rubus, Taraxacum). In der Benennung der im Freiland wachsenden Kultur- und Zierpflanzen folgen wir JÄGER et al. (2008) bzw. www.theplantlist.org. Abkürzungen A Österreich LAGA Landesgartenschau agg. aggregatus, Artenkomplex Lit. Literatur auct. auctores, der Autoren Lkr. Landkreis BB Brandenburg LPG Landwirtschaftliche Produktions- BE Berlin genossenschaft (ehem. DDR) BG Botanischer Garten MV Mecklenburg-Vorpommern BMN Bundesmeldenetz (A) N Norwegen BUGA Bundesgartenschau NI Niedersachsen BW Baden-Württemberg NW Nordrhein-Westfalen BY Bayern o. D. ohne Datum Č Tschechien OT Ortsteil CH Schweiz PL Polen cf. confer, vergleiche mit rev. revidavit, revidiert von cult. cultivatus, kultiviert