Aufgetaucht. 1984–2004» Führen Den Letztgenannten Auftrag Aus
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5000 Jahre. ABGETAUCHT 5000 Jahre. ABGETAUCHT Archäologie AUFGETAUCHT. 19 8 4 – 2 0 0 4 5000 Jahre. ABGETAUCHT Bielersee 1 AUFGETAUCHT. 1984 – 2004 Albert Hafner und Peter J. Suter Geleitwort Vor 150 Jahren erkannte der Historiker Ferdinand Keller in den Pfahlfeldern von Meilen am Zürichsee die Reste von prähistorischen Dörfern. Aufgrund von Illustrationen, die Reisende aus der Südsee mitbrachten, entstand damals das Bild der auf Plattformen im See errichteten Dörfer, die von «trutzigen Urschweizern» bewohnt waren. Heute – 150 Jahre nach ihrer Ent- deckung – haben die «Pfahlbauer» ihren nationalistisch geprägten Glanz verloren. Hingegen erlauben moderne Forschungsmethoden die Feststellung, dass die jungsteinzeitlichen und bronzezeitlichen Siedlungsüberreste an den Ufern unserer Seen zu den bedeutendsten Kulturgütern Europas gehören. Die «Pfahlbauten» haben also nichts von ihrer Faszination eingebüsst und geben uns zahlreiche Antworten auf kulturgeschichtlich relevante Fragen zu den frühen Bauerngesellschaften unseres Landes. Die Taucharchäologie der letzten Jahre hat aufgezeigt, dass die prähistorischen Siedlungs- überreste an den Ufern unserer Mittellandseen durch die Seegrunderosion massiv bedroht sind. Die gesetzlich verankerte Aufgabe des Archäologischen Dienstes besteht deshalb darin, die wertvollen Fundstellen noch vor ihrer endgültigen Zerstörung zu dokumentieren oder mittels Schutzmassnahmen zu erhalten. 2004 feiern wir nicht nur 150 Jahre Pfahlbauforschung in der Schweiz, sondern auch 20 Jahre Taucharchäologie im Kanton Bern. Mit der Ausstellung «5000 Jahre. Abgetaucht» sollen nun die Ergebnisse von 20 Jahren Unterwasser-Archäologie der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Sie bietet Einsichten in den Alltag vor 5000 Jahren. Der Blick zurück – in die eigene Vergangenheit – ermöglicht es uns aber vielleicht auch, die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Der Kanton Bern trägt eine grosse Verantwortung gegenüber seinem Kulturerbe: Einerseits soll er die archäologischen Fundstellen schützen und künftigen Generationen überliefern. Andererseits müssen, wo dies nicht möglich ist, eine wissenschaftliche Doku- mentation erstellt und die daraus gewonnenen Erkenntnisse publik gemacht werden. Die Ausstellung «5000 Jahre. Abgetaucht» und die Begleitschrift «Aufgetaucht. 1984–2004» führen den letztgenannten Auftrag aus. Regierungsrat M. Annoni 2 5000 Jahre. ABGETAUCHT An den Schweizer Seen 5000 Jahre. ABGETAUCHT 3 150 Jahre Unterwasserarchäologie Schon im 19. Jahrhundert ver- suchen Taucher, an unter Wasser liegende Fundstellen zu gelangen, aber erst nach der Erfindung des Lungenautomaten durch Jacques Cousteau wird das «Abtauchen» in Neptuns Welt für alle möglich. In der Schweiz beginnt die Tauch- archäologie in den 1960er-Jahren. Viele der damals entwickelten Arbeitstechniken sind heute noch im Einsatz. 1 Abb. 1: Am 22. Mai 1854 startet der Ab 1984 gibt es beim Archäologi- Berner Geologe Alphonse Morlot eine schen Dienst des Kantons Bern Expedition zu den Pfahlbauten von Morges am Genfersee. Es handelt eine permanente Tauchequipe, sich um einen der ersten archäologi- schen Tauchgänge. die überwiegend im Bielersee tätig ist. Seit 1988 wird in Sutz- Lattrigen eine durch die Seegrund- erosion akut bedrohte neolithi- Abb. 2: Im Jahr 1922 findet im Be- sche Siedlungskammer mit mehr reich des heutigen Yachthafens von als 20 Dörfern untersucht. Sipplingen am Bodensee eine gross- flächige Caissongrabung statt. 2 Im Winter 1854 interpretiert der Historiker Tauchpioniere Ferdinand Keller das in Meilen am Zürich- Am 22. Mai 1854 startet der Berner Geologe see entdeckte Pfahlfeld als Überrest einer Alphonse Morlot zusammen mit Frédéric prähistorischen Siedlung. Illustrationen, die Troyon und François-Alphonse Forel eine Weltreisende aus der Südsee mitgebracht Expedition an den Genfersee. Das Ziel der haben, inspirieren ihn und er erkennt in den kleinen Gruppe sind die bei Morges vermu- Pfählen die Substruktion einer Siedlungs- teten Pfahlbauten, und im Gepäck befindet plattform, die im offenen Wasser stand. sich eine primitive Taucherglocke. Es handelt Keller nennt diese Dorfruinen deshalb sich wahrscheinlich um den ersten archäolo- «Pfahlbauten». gischen Tauchgang überhaupt. Auch andere 2 5000 Jahre. ABGETAUCHT 5000 Jahre. ABGETAUCHT An den Schweizer Seen 3 Abb. 3–4: Die Unterwasserausgra- bungen auf der Untiefe «Kleiner Hafner» in Zürich (1967–69) bringen die Überreste von über 6000 Jahre alten Dörfern zum Vorschein (links). Die spätere Feingrabung (1981–84) differenziert über 15 neolithische Dörfer zwischen etwa 4300 und 2700 v. Chr. 3 4 Forscher, wie der Bieler Friedrich Schwab, Etwa zu diesem Zeitpunkt erfolgt auch die regen den Bau eines Tauchapparates an, der Gründung der Schweizerischen Gesellschaft jedoch nie realisiert wird. für Unterwasserarchäologie. Aus dieser Not entsteht in den 1920er-Jahren Archäologen tauchen ab die Caisson-Methode, die dem Brückenbau 1967–69 findet in der Stadt Zürich – ausgelöst entlehnt ist. 1929 wendet Hans Reinerth durch die Erweiterung von Uferanlagen – die dieses Prinzip in Sipplingen am Bodensee erste richtige Unterwassergrabung statt: die an und stellt einen doppelwandigen Kasten ehemalige Inselsiedlung «Kleiner Hafner» mit Massen von 22 x 22 m auf. Trotz einer wird mit mehreren Sondierschnitten erkun- Wassertiefe von 2.5 m kann so eine Fläche det. Die Arbeiten werden wegen des klaren von fast 500 m2 untersucht werden. Es zeigt Wassers in den kalten Wintermonaten sich jedoch, dass diese Methode aufwändig durchgeführt. Die Verbesserung des Tauch- und unflexibel ist. materials, insbesondere das Aufkommen von Trockentauchanzügen, ist deshalb ein 1943 entwickelt Jacques Cousteau den im entscheidender Punkt. Die von Ulrich Ruoff Prinzip heute noch üblichen Lungenautoma- und seinem Team erarbeiteten Techniken ten. Erstmals steht der Gang unter Wasser werden später von zahlreichen anderen über- nicht mehr ausschliesslich Berufstauchern, nommen und im Laufe der Zeit verbessert. J. Winiger: Bestandesaufnahme sondern auch den von der Unterwasserwelt Wenige Jahre später tauchen Archäologen der Bielerseestationen. Ufersiedlungen am Bielersee, faszinierten Sporttauchern offen. auch in der Westschweiz. Sie konzentrieren Band 1. Bern 1989. sich vorerst auf die bronzezeitlichen Ufer- Unterwasserarchäologie im Kanton Zu Beginn der 1960er- Jahre kommt es siedlungen von Auvernier und Cortaillod am Bern: www.erz.be.ch/archaeologie/ auch in der Schweiz zu Kontakten zwi- Neuenburgersee. aufgaben/unterwasser.php schen Sporttauchern und Archäologen. In Gesellschaft für Schweizer Unter- wasserarchäologie: Zürich entsteht aus der Zusammenarbeit Am Bielersee beginnt die Unterwasserar- www.gsu.ch von Sporttauchern mit dem Zürcher Stadt- chäologie in den Jahren 1984–87 mit einer Rekonstruktion einer Tauchgrabung archäologen Ulrich Ruoff allmählich eine umfassenden Bestandsaufnahme. Seither im Museum Laténium in Hauterive am Neuenburgersee. professionelle archäologische Tauchequipe. gehört die Tauchequipe zum «festen Be- 4 5000 Jahre. ABGETAUCHT An den Schweizer Seen 5000 Jahre. ABGETAUCHT 5 5 stand» des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern und hat bereits zahlreiche Rettungsgrabungen durchgeführt. Unterwasserarchäologie heute Ausgrabungen unter Wasser benötigen eine besondere Infrastruktur.Trockentauchanzüge und Vollgesichtsmasken sind Teil der per- sönlichen Tauchausrüstung. In der Tauch- basis sind Kompressoren für die Atemluft und Umkleideräume vorhanden. Die Taucher werden vom Land aus mit Atemluft versorgt, für Notfälle führen sie eine Reserveflasche Abb. 5: So arbeitet die Tauchequipe mit sich. Arbeitsboot und Tauchplattform er- im Bielersee. Zwei Taucher legen zusammen eine Fläche von 10 x 1 m möglichen ein professionelles Arbeiten. 6 frei. Nachdem deren Dokumentation abgeschlossen ist, rücken sie einen 7 Laufmeter vor. Pumpen und Strahl- rohre erzeugen eine künstliche Strö- mung und sorgen so für klare Sicht. Abb. 6: Vollgesichtsmasken schützen vor kaltem Wasser. Lange Luftschläu- che versorgen die Taucher ab der Tauchbasis mit Frischluft und ein «Unterwassertelefon» dient der Kom- munikation mit der Tauchaufsicht. Abb. 7–10: Das Arbeitsboot bringt die Taucher und ihre Arbeitsgeräte zur Tauchplattform. Diese steht in unmittelbarer Nähe des Unterwasser- Arbeitsplatzes. 4 5000 Jahre. ABGETAUCHT 5000 Jahre. ABGETAUCHT An den Schweizer Seen 5 8 11 14 9 12 15 13 16 10 Abb. 11–16: Das Freilegen und Doku- mentieren der Befunde und Funde erfolgt genauso exakt wie an Land. 6 5000 Jahre. ABGETAUCHT Archäologie am Bielersee 5000 Jahre. ABGETAUCHT 7 Von 1854 bis heute 1 Internetseite des ADB: Die Ausgrabungen im 19. Jahrhundert sollen vor allem viele Funde www.erz.be.ch/archaeologie bringen. Erst ab etwa 1920 entwickelt die «Pfahlbauforschung» Schweizerische Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte: wissenschaftliche Fragestellungen und seit der zweiten Hälfte des www.sguf.ch Link zu den Kantonsarchäologien 20. Jahrhunderts auch die methodischen Voraussetzungen für echte der Schweiz: www.archaeologie.ch wissenschaftliche Ausgrabungen im heutigen Sinne. Zudem revolu- Archäologiemuseen am Bielersee: tionieren die Dendrochronologie und andere naturwissenschaftliche Museum Schwab in Biel Pfahlbaumuseum Sammlung Methoden die Archäologie in den 1980er-Jahren grundlegend. Hans Iseli in Lüscherz Musée d’Histoire in La Neuveville Pfahlbau-Sammlung Carl Irlet 2 im Fraubrunnenhaus in Twann ����� ����� ���� ����� ��������� ����� ������� Abb. 1: 1874 ist das auf der Strand- ������������� platte gelegene Pfahlfeld von Sutz- Lattrigen