[Aus dem kSnigl, preuss. Institut fiir experim. Therapie zu Frankfurt a/M.] (Director: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. P. Ehrlich.)

Ueber des Staphylotoxin.

Ton

Dr. ]Wax Neisser und Dr. Friedrieh Weehsberg. :~itglied des Instttuts.

Yon bakteriologischer Seite wird fiber die Staphylokokken seit liingerer Zeit nicht mehr viel gearbeitet; ist doch auch die Zfichtung der Staphylo- kokken so leicht, dass schon in den ersten Zeiten der Bakterio]ogie die Staphylokokken Gegenstand der ausffihrlichsten Untersuchungen seitens Bakteriotogen, Klinikern und Pathologen gewesen stud. Und doch sind noch so manche Cardinalfragen unbeantwortet. So finden wit Staphylococci aurei im Eiter, auf der gesunden Haut, auf gesunden und kranken Schleimh~uten, in der Vaccine, in der Luft u. s. w,, and immer wieder erhebt sich die Frage: Ist des jedesmal der typische Staphylococcus pyogenes aureus, ja giebt es fiberhaupt eine circumscripte Species Staphylococcus pyogenes aureus, oder abet haben wit es, wie vielleicht bet den Streptokokken, mit verschiedenen, for den Menschen pathogenen A_rten zu thun? -- eine Frage, die in ihren therapeutischen un4 hygienisehen Consequenzeu gleich wichtig ist. Uud dieselbe Unsieher- heir besteht in vielleieht noch grSsserem ~Waasse fOr die weissen Staphy]o- kokken, hueh diese findet~ man sehr h~iuiig als augenscheinlich harmlose Saprophyten, bis man bet manchen Befunden wieder an ihre pathologische Bedeutung gemahnt wird. Auffallend wenig hat man sieh bisher nfit dem Gifte der Staphylo- kokken besch~ftigt. Wohl hat man gekochte oder ausgef~llte Bouillon- Vollculturen auf ihre Gfftigkeit untersucht (und ihre Wirkung nicht sehr betr~chtlich befunden), abet die Filtrate der Staphylokokken sind bisher 300 ~[AX ~]~ISSER UND ]~RIEDRICH ~[ECHSBERG: in systematischer Weise noch nicht yon sehr zahlreichen Forschern unter- sucht worden, so dass Frosch und Kolle in den Fliigge'schen Mikro- organismen im Jahre 1896 noch schreiben konnten: Von einer Secretion giftiger oder eitererregender Substanzen hat sich bei den Staphylokokken nichts nachweisen lassen. Erst van de u lenkte die • wieder auf das Staphylo- kokkengift, als es ibm gelang, das yon ihm entdeckte, bei Staphylokokken- infect~onen auftretende Leukocytengift () auch in den keim- freien Staphylokokkenfiltraten nachzuweisen. Van de Velde fund auch schon, dass nicht nut weisse BlutkSrperchen, sondern auch die H~imato- blasten des Knochenmarks, ja auch manche Nervenzellen, durch dieses Staphylokokkengift zerstSrt wfirden. In neuerer Zeit hat Krauss 1 kurz constatirt, class in der That manche rothen BlutkSrperchen dutch Staphylokokkenfiltrate aufgelSst wtirden. In seiner Monographie hat sich dannv. Lingelsheim ~ unter anderem auch mit den Staphylokokkengiften besch~ftigt. Er best~tigt zun/ichst die Angaben van de Velde's bezfiglich des und giebt an, dass das Staphylokokkengfft im subcutanen Gewebe starke ent- zfindungserregende und nekrotisirende Eigenschaften entfaltet, deren Zu- sammenhang mit dem Leukocidin er noch often l~isst. Auch auf die inneren Organe wirkt dieses Gift, was sich in trfiber Schwellung der Nieren uud beginnender fettiger Degeneration des Herzens u. s. w. docu- mentirt. Bei diesem Stande der Dinge schien es uns lohnend zu sein, in systematischer Weise das Staphylotoxin sensu strictiori, also die Staphylo- kokkenfiltrate zu untersuchen, zumal da gerade aus dem Studium der Toxine und ihrer Antitoxine eine Reihe theoretisch hSchst wichtiger Er- kenntnisse hervorgegangeu sind.

I. Das Hitmolysin der Staphylokokken. Man kann sioh leicht davon iiberzeugen, dass tier Staphylococcus pyogenes aureus ein H~molysin bildet, indem man eine Serie Reagens- rShrchen, die mit 2 oem Bouillon beschickt sind, mit dem Staphylococcus impft. Vom 3. oder 4. Tage an untersucht man dann t~ghch ein RShrchen

* ;Fiener klin, BZoohensehrifl 1900. Nr. 3. 2 letiologie und TheraTie der StaThylokokken-InfeeHonen. BeEin-Wien 1900. ~BER DAS STAPHYLOTOXIN. 301

dutch Zugabe eines Tropfens defibrinirten Kaninchenblutes. Nach zwei- stfindigem Aufenthalt im Brutsehrank und naeh weiterem 18stfindigen Yerweilen im Eisschrank sieht man dann die LSsung der BlutkSrperchen. Dieses tt~molysin geht in die Fltissigkeit fiber und ist dutch Filtration leicht in keimfreiem Zustand zu erhalten. Macht man mit abfallenden Mengen dieses keimfreien Filtrates Reihen, so findet man leicht die Grenzen der ,,eompleten" LSsung und die Grenze, we keine Spur der LSsung mehr vorhanden ist. Ms ,complete" L5sung (Lc) ist im Folgenden stets die- jenige Probe bezeiehnet, bei welcher ein Umschfitteln keinerlei corpus- eul~re Elemente mehr erkennen l~sst. Dann folgt ,,fast complet", wenn noch ganz geringe Stromareste vorhanden, dann ,,ineomplet", wenn ein deutlich zusammenhiingendes Sediment zu constatiren war. Es folgt dann ,ganz roth", ,starke Kuppe", ,Kuppe", ,Spur", ,,0". Beret an die systematisehe Untersuehung verschiedener Staphylo- kokkenfiltrate gegangen werden konnte, war die Beantwortung mehrerer Vorfragen n5thig. Einmal mussten die optimalen Bedingungen ffir die Entstehung des Gifte's gefunden werden, andererseits war es erforderhch, sieh fiber die Empfindlichkeit und die genfigende Constanz des Indicators (Erythr0cyten) zu vergewissern.

Einfluss der Alkalit~t der Bouillon auf die Production des Staphylolysins. Es galt zun~chst festzustellen, welcher hlkaht~tsgrad der Bouillon ffir die H~molysinproduction am vortheilhaftesten sei, und es wurde deshalb, wie fibrigens stets bei unseren hiesigen N~hrbSden, der Alkaht~tsgrad titrimetrisch in folgender Weise festgestellt: Aus der in gewShnlieher Weise hergestellten Bouillon wurden vor dem Filtriren einige RShrchen mit je 10 ccm beschickt und mit Phenol- phthalein versetzt. Zur Titrirung wurde ein Gemiseh yon Normal-Kali- und Normal-Natronlauge zu gleiehen Theilen, das im Verh~ltniss 1:10 mit Wasser verdfinnt wurde, benutzt. Die deutliche Rotht~rbung war die Grenze. Dutch Umreehnung wurde diejenige Menge Normallauge ge- funden, welGhe ftir den ganzen Kolben erforderhch gewesen w~ire, um flit Phenolphthalein Rothumschlag hervorzurufen. Von dieser berechneten Menge wurde abet nut ein ahquo~r Bruchthefl zugesetzt. Und zwar bedeutet demnaoh eine 1/6 Bouillon eine so.lohe, welcher yon der zur vSlligen Neutrahsirung (ffir Phenolphthalein) nothwendigen Menge Normal- Natron-Kalilauge nut 1/6 zugesetzt war. Der Einfluss der Alkaht~t der Bouillon auf die Bildung des Hhmolysins erhellt aus folgender Tabelle I. 302 ~[AX i-~EISSER UND FR.r~.DRICH WECHSBERG:

Tabelle I. Einfache complet ]Ssende Dose (LG) verschiedener St~mme bei verschiedener Alkalit~t der Bouillon.

Alkalit~i~ Alkalit~ AlkMR~ Alkalitiit Stature V6 3/8 11 (5t~gig) 0.05 0.05 0.05 0"25 11 ( 9 ,, 0.075 0"025 0.05 0"075 11 (13 ,, 0.05 0.075 > 1.o 12 (13 ,, 0.075 0.05 0.075 0"1 ~3 (13 ,. 0.075 1-o 1.o 1~ (13 ,, ) deu~Mch liisend, abet in in der Menge yon 1.0 der Menge yon 1"0 cc~ keine Spur LSsung noch nicht complet

Es wurde deshalb gewShnlich eine 2/s- hSohstens eine a/6Bouillon benutzt. Bemerkt werde noch, dass der Alkaliti~tsgehalt der Bouillon, so bedeutend er zwar ffir die Production des H~molysins ist, ffir die Wirkung des H~molysins auf die rothen BlutkSrperehen yon verh~ltniss- mKssig nebens~ichlicher B edeutung ist. 1L~n kann n~mlich einem einmal producirten H~molysin in relativ weiten Grenzen Alkali oder S~ure (oder Kochsah) zusetzen, ohne die LSsung der ErythroGyten wesentlich zu be- einflussen. Blutart. Die Frage, welche Arten yon BlutkSrperchen ffir das Staphylolysin am empfindlichsten, also am besten als Indicator zu verwenden seien, lless sigh nicht dadurch entscheiden, dass man einfach verschiedene Blu~- arten dem Staphylolysin zusetzte. Es zeigte sich nKmlich, dass manche Serumarten die AuflSsung der Ei'ythrocyten verhinderten, die aber eintrat, wenn man das den BlutkSrperchen anhaftende Serum durch Centrifugiren und Waschen mit physiologischer NaC1-LSsung entfernte. In diesen F~illen hinge dann aber die AuflSsung der ungewaschenen Erythrocyten einerseits yon der EmpfindllGhkeit dieser BlutkSrperehen, andererseits yon dem Schutze, den ihnen das anhaftende Serum gew~hrt, also von zwei, yon einander wahrscheinlich unabh~ingigen Factoren, ab. Es war deshalb ein glficklicher Zufall, dass KaninohenerythroGyten an sigh die empfind- lichsten der yon uns untersuchten Arten bildeten, und dass ausserdem das normale Kaninchensermn den Erythrocyten so gut wie gar keinen Schutz gegen die AuflSsung gewiihrte. Die folgende Tabelle II giebt eine Uebersicht fiber die Empfindlichkeit verschiedener (serumfreier) BlutkOrperchen gegenfiber dem StaphylGlysin: ~BER ])AS ~TAPHYLOTOXIN. 303

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:m 304 MA~ ~F,ISSER UND FRI:EDRICH WF,,CHSBERCJ:

Es wurden deshalb spiiterhin ausschliesslich KaninchenblutkSrperchen benutzt, auch schon deshalb, weft es, wie erw~hnt, nicht n5thig war, die KaninchenblutkSrperchen zu centrifugiren und zu waschen. Die folgende Tabelle III zeigt, dass die Empfindlichkeit der genuinen und der gewaschenen Kaninchenerythrocyten eine gleich grosse war.

Tabelle III. Einwirkung ~ines Staphylotoxins auf gewaschene und nicht gewaschene BlutkSrperchen verschiedener Kaninchen. BlutkSrperchen BlutkSrperchen BlutkSrperchen yon Kaninchen I yon Kaninchen II yon Kaninchen III Toxinmenge nicht nicht nicht gewaschen gewaschen gewaschen gewaschen gewaschen gewaschen c0m 1"0 complet complet complet comple~ complet complet 0.75

0"5 ~9 ~P ~J J~ a~

0-25 ,J

0"1 ,, fast fast fast ~9 complet complet complet 0.075 fast ,, fast fast complet complet complet 0.05 incomplet incomplet incomplet incomplet incomplet [ incomplet 0-025 ,, roth ,, roth roth 0"01 starke Kuppe starke starke roth starke Kuppe Kuppe Kuppe Kuppe

0.0075 p~ J~ ,, Kuppe starke ~J Kuppe 0-005 Kuppe ,, Kuppe ,, Kuppe Kuppe 0.0025 ,, Spur ,, kleine Kuppe

Noch eine Vorfrage war zu beantworten. Es fragte sich nlimlich, ob die Empfindliohkeit der Erythrocyten versohiedenez Kaninchen gegen- fiber demselben Gifte eine einigermaassen constante GrSsse sei. Hatte doch z. B. Madsen 1 beim erhebliche Verschiedenheiten bei verschiedenen Kaninchenblatarten gegenfiber demselben Tetanusgifte ge- funden. Ffir das Staphylolysin kSnnen wit sagen, dass die BlutkSrperchen verschiedener Kaninchen bezfiglict~ der Grenze ,,complete LSsung" erheb- fiche Schwankungen in ihrer Empfmdlichkeit nicht aufweisen, es ergeben sich aber starke Verschiedenheiten, wenn man die Grenze ,,Nail" mit

' l)ie~e Zei~chr4f~. 1899. Bd. XXXII. S. 214. ~J"BER DA.S STAPH~CLOTOXII~. 305 verschiedenen Kaninchenblutarten einstell~. Wit erkliixen uns das, nach dem Vorgange yon ~adsen, damit, class nicht alle BlutkSrperchen eines Thieres die gleiehe Empfindlichkeit gegenfiber dem Staphylolysin besitzen. Augenscheinlich stets vorhanden sind jene verh~ltnissm~ssig resistenten Erythrocyten, welche einer bestimmten ~Ienge des Gfftes (Lc) bed~fen, um gelSst zu werden. • nicht immer vorhanden sind jene empfind- lichen BlutkSrperchen, welche dutch solche geringe ]~engen Gift noch aufgelSst werden, die fiir die resistenteren Erythrocyten noeh belanglos sind. Ein Blur also, das diese empfindlichen BlutkSrperehen in grSsserer Menge enth~lt, wird dutch ganz kleine Toxinmengen noeh spurweise auf- gelSst werden, die bei einem anderen Blur, das frei yon diesen empfind- lichen BlutkSrperchen ist, bereits den Lo-Werth reprfisentiren. Die folgende Tabelle IV zeigt denn auch, wie bei gleichem Lc- Werth tier Lo-Werth verschieden sein kann.

Tabelle IV. Einstellung eines (Stature 11) mit Blutk6rperchen verschiedener Kaninchen. Kaninchen Kaninchen Kaninchen Toxinmenge Nr. 1 Nr. 2 ~r. 3 1"0 comple~ templet oomplet 0-75 0"5 ~J 0-25 ,~ y~ 0.1 0.075 0"05 ,J 0.025 incomplet incomplet incomplet 0.01 Kuppe roth roth 0.0075 0*005 J, starke Kuppe 0"0025 o Kuppe Kuppe 0-001 0 0 0"00075 o 0 0.0005 0 0 Spiirchen 0.00025 0 0 0

Definitive Art der Untersuehung. Die Untersuehung auf das H~molysin geschah auf Grund der vorher erw~hnten Versuche stets derart, dass yon jedem Stamme ein oder mehrere KSlbchen ~ 50 c~m Bouillon yon der Alkalit~t ~/6, selten 3/~ beimpft und verschieden lange Zeit, gewShnlich 9--13 Tage, imBrutofen belassen Zeitschr. f. Hygiene. XXxVI. 20 306 ~[AX NEISSER UND FRI_EDRICH W~ECHSBERG: wurden. Nach dieser Zeit wurde die Bouillon dureh ein Reichel. Filter 1 filtrirt, das Filtrat mit Carbol versetzt (es wurde folgende Carbol- 15sung benutzt: 10 Carbol, 20 Glycerin, 70 Aqua, davon 5 auf 100 Filtrat) und eventuell im Eisschrank aufbewahrt. Die Prfifung ge~chah so, dass in eine Reihe ReagensrShrchen fallende Mengen des Filtrates gegeben wurden, welche fiberall duroh Zugabe yon 0.85 procentiger KochsalzlSsung auf 2 ocm aufgeffillt wurden. Dazu kam je ein Tropfen frisches defibrinirtes Kaninchenblut. Die RShrehen blieben 2 Stunden bei 37 o und fiber Nacht im Eisschrank. Ein eventuell ge- fundenes H~molysin wurde dann dutch einen Inactivimngsversuch auf seine Thermolabilit~t geprfift und ausserdem dutch Zusatz yon specifischem Antistaphylolysin neutralisirt.

Termine der H~molysinproduction. Das H~molysin ist zeitigstens am 4. Tage zu constatiren, seine Menge steigt dann bis etwa zum Ende der 2. Woche, um yon da ab nicht mehr zuzunehmen, vielmehr gew6hnlich zu fallen. Zwischen dem 10. und dem 14. Tage seheint der HShepunkt der H~molysinproduction im Allgemeinen zu liegen. Wir haben in der letzten Zeit die Culturen gewShnlich 13 Tage lang wachsen lassen (Tabelle V).

Tabelle V. Untersuchung verschiedener am gleichen Tage angesetzter Giftkolben nach versehieden langem Waehsthum. (Stature 11. Toxinmenge Nach Nach Nach l~ach Nach Nach eem 2 Tagen 4 Tagen 6 Tagen 8 Tagen 13 Tagen 16 Tagen 1.0 0 Spur complet complet c0mplet complet

0"75 0 ~J J~

0.5 0 J, J~ ~P 0.25 0

0"1 0 Spiirchen J,

0"075 0 0 fast compL '9 fast compl.

0"05 0 0 incomplet J, incomplet

0"025 0 0 roth ~9 roth 0"01 0 0 starke fast fast Kuppe Kuppe complet eomplet 0.0075 0 0 Kuppe incomplet incomple~ Spur

0-005 0 0 Spur roth 9' Spiirchen 0.0025 0 0 0 Kuppe roth 0 0.001 0 0 o Spur Kuppe 0

1 Die benutzten Filter wurden durch vorsichtiges Ausgliihen in einem kleinen Muffelofen zu weiteren Filtra~ionen wieder brauchbar gemacht. ~BEI~ DAS STAPIIYLOTOXIN. 307

Quantit~t. Die einzelnen St~mme differiren sehr in der ~enge des yon ihnen gebildeten H~molysins. Eine directe Beziehung tier H~molysinmenge zur ~enschenvirulenz scheint nicht zu bestehen, da wit einerseits aus Eiter St/imme gezfichtet haben, deren H~molysinproduction gering war, w~hrend wir andererseits auf der normalen ~undschleimhaut unseres Dieners einen starken H~molysinproducenten fanden. Auch die Virulenz fiir Kaninchen scheint uns nach besonderen Ver- suchen nicht direct parallel mit der H~molysinproduetion zu gehen; wohl abet l~sst sich die H~molysinbildung eines Stammes durch fortgesetzte Thierpassage (Kaninehen intrapleural) gelegentlich sehr steigern.

Conservirung. Das keimfreie mit Carbol versetzte Staphylotoxin l~st sieh im Eis- schrank wochen- und monatelang conserviren, ohne eine wesent]iche Ein- busse seiner Wirksamkeit zu erleiden. Manchmal allerdings ist uns doch ein derartiges Gift allm~hlieh stark in seiner Wirkung zurfickgegangen. Im Brutschrank, zumal bei etwas starker Alkalit~t., nimmt das H/4molysin schnell ab und kann in etwa 2 Wochen vSllig verschwunden sein.

Inactivirung. Durch Hitze ist das H~imolysin in vollst~ndiger Analogie zu anderen Bakterientoxinen leicht zuzerstSren. Wie aus der Tabelle VI hervorgeht, wird das H~molysin sohon bei 480 geseh~digt und bei 560 (20 Minuten) vollst~ndig zerstSrt. Man hat durch die leichte Inactivirbarkeit ein be- quemes Mittel, um sich davon zu iiberzeugen, dass eine dutch ein Staphylo- kokkenfiltrat eintretende H~molyse wirklich durch einen toxinartigen KSrper bedingt ist. Wir haben uns deshalb bei jedem Stamme yon der Inactivirbarkeit seines H~molysins iiberzeugt.

Tabelle VI. Inactivirung des H~molysins bei verschiedenen Temperaturen. (Stature 11.) Lo = 0-01 o~=

Toxinmenge 20 Minuten 20 Minuten 20 Minuten 20 Minuten ecru 45 o 48 o 50 0 56 o 1.0 complet complet Kuppe 0-75

0"5 J~ .Spur 0.25 fast complet 0.1 ineomplet 0 0.075 starke Kuppe 0 20* 308 ~/~AX NEISSER UND ~RIEDRICH ~VEcHSBERG:

T a b e 11 e VI. (Fortsetzung.) Toxinmenge 20 Minuten 20 Minuten 20 Minuten '20 Minuten ecru 45 o 48 o 50 o 56 o

0"05 complet Kuppe 0"025 Spur 0"01 fast compleX. 0 0"0075 incomplet 0 0"005 starke Kuppe 0 0"0025 Kuppe 0 0-001 0 0

Vorkommen des H~molysins der Staphylokokken. Um einen Einbhok in die Verbreitung des Staphylolysins zu ge- winnen, war es n~thig, eine grSssere Anzahl von Staphylokokken mSglichst versohiedener Herkunft herauszuzfichten (Tabelle VII, VIII). Tabelle VII. St~imme yon Staphylococcus aureus...... verflussigung i Verfliissigung yore Lfd. H e r k u n f t der Gelatine !LSffler'sehen Serum Nr. im Stich ~im schrRgen RShrchen Schul~erabscess bei multipler Furunkulose +++ und Py~mie Inficirte Fusswunde +++ Unterschenkelphlegmone ++ Nackenfurunke! + Glutaealabscess + Mammaabscess ++ Jahre]ang fortgeziichteter Stature + aus dem Breslauer hygien. Institut 8 Eiter ? + 9 Vereitertes Kniegelenk ++ 10 Luft + 11 Urininfiltration ++ 0 12 Vaccine (Stettin) + 0 13 MundhShle des gesunden Labor.-Dieners + 14 MundhShle + 15 Vaccine (KSln) ++ +++ 16 Ekzem (VII) + + 17 Ekzem (HI) + + 18 Ekzem (VI) + 0 19 Luft o 20 Aus Belag bei bakteriol, erwiesener Diph. + 0 21 Panaritium + o 22 Muskelabscess + 0 23 Masfitis puerperalis + 0 24 Furunkel II -+ 0 25 Bei Angina fast in Reincul~ur gefunden + o ~BER DAS STAPHYLOTOXIN, 309

Tabelle VIII. St~imme yon Staphylococcus albus.

Lfd. Verfliissigung Verfliissigung yore Nr. H e r k u n f t yon Gelatine LSffler'schen Serum im Stich im schr~gen RShrehen

la Comedo 0 0 2a Wuchs sp~rlieh aus demselben Eiter, aus § dem in reichlichster Menge Stature 1 (sehr wenig) (sehr wenig) (Staphylococcus aureus) geziichtet wurcle 3a Wuchs sp~lich aus demselben Eiter, aus dem in reichlichster Menge Stature 2 (Staphylococcus aureus) geziichtet wurde 4a In Reincultur aus Hautabscess § 0 5a Ekzem (I) § 0 6a Jahrelang fortgeziichteter Stature aus spurweise spurweise dem Breslauer hygienischen Institute (wahrseheinlich Haut) Normale Haut 8a desgl. 9a desgl.

Die St~mme waren zum grSssten Theft selbst herausgeziichtet, einige wenige yon ausw~rts erbeten. So lieferte uns Hr. Dr. Czaplewski (KSln) vier St~mme seines in Vaccine gefundenen Quadrigeminus 1, die wit uns erbaten, als wit selbst in einer Vaccine einen derartigen Stature gefunden batten. 4 St~mme gingen uns dutch Hrn. Dr. Scholz (Breslau, Dermato- logische Klinik) zu, die er aus verschiedenen Ekzemen gezfichtet hatte. Beiden Herren sei an dieser Stelle nochmals gedankt. ~!e Aurei zeigten schSne Farbstoffbildung, ebenso wie auch die Albi vSllig weiss wuchsen. Einen Uebergangvon Aureus in Albus haben wit hie beobachtet. In morpho- logisoher und tinetorieller Beziehung waren alle St~mme typisch. In cultureller Beziehung sei bemerkt, dass fast s~mmtliche • die Gelatine typisch verflfissigten, w~hrend schr~g erstarrtes LSffler'sches Rinderblutserum nur yon den Quadrigeminusst~mmen stark verflfissigt wurde. Von den Albus- st~mmen verfliissigten einige die Gelatine, andere nicht. Auf Pathogenit~t konnten nut wenige St~mme gepriift werden. Stature 11 tSdtete Kaninchen mit Sicherheit in einigen Tagen, wenn 1/20ese frisoher Agarcultur intravenSs injieirt wurde, Die Wirkung yon ~/~o Oese war unsicher. Auch intrapleurale Injectionen nicht zu kleiner Mengen waren wirksam.

1 Diese vier Aureus-St~mme, welche in den Tabellen nicht aufgefiihrt sind, bildeten keine Spur H~molysin. Sie verfitissigten alle das LSffler-Serum sehr stark. 310 ~AX 7-~EISSER UND FRIEDRICH WECHSBERO:

Um weisse M~use mittels intraperitonealer Injection innerhalb 3 Tagen zu tSdten, waren efforderlich: yon Stature 1 . 0.03 corn 1 t~gige Bouilloncultur.

,, ,, 9 .... 0.06 ,, .

,, ,, 11 .... 0.25 ,, ,, ,, ,, ,, 4 .... 0.06 ,, ,, ,, Die folgenden Tabellen (Tab. IX, X) zeigen die Resultate der H~mo- lysinprtifungen, wobei bemer~ werde, dass sfimmtliche Untersuchungen mehrfach und zwar mit verschiedenen Filtraten ausgefiihrt wurden.

Tabelle IX. Quantitiit der verschiedenen Lysine. Staphylococcus aureus.

Lc Wie vielfach Lc Wie vielfaeh (einfache normal, wenn ein (einfache normal, wenn ein ITr. des complet Gift, dessen hrr. des complet Gift, dessert Stammes 15sonde Le -- 0.1 als Stammes 15sende Lc = 0.1 als Dose) normal an- Dose) normal an- eom genommen wird r genommen wird 1 $ 0.2 I/2 14 > 1.0 1/10 0.05 2 15 8 > 1.0 < 1/1o 16 0"5 % 4 > 1.0 < 1/lo 17 0.25 % 5 > 1-0 < 1/1o 18 0"075 1.33 6 1> 1.0 ,< 1/1o 19 1/6 7 1-0 ,~ '/lo 20 0.5 8 0.75 0.133 21 0-5 9 1.0 < 1/1o 22 0-75 0.133 10 1.0 < 1/1o us > 1.o < 1/1o 11 0.0075 13 "3 24 0.5 12 0.05 2 25 0.0075 13"3 13 0.75 1"33

Tabelle X. Quantit~t der verschiedenen Lysine. Staphylococcus albus.

la -- -- 6 2a -- -- 7 a ~ 3a -- -- 8 a -- -- 4 a 0.025 4 9 5a 0.1 1 Der Strioh in den Colonnen' b edeutet, class diese Stiimme iiberhaupt keine Spur H~,molysin producir~ haben.

Die Resultate vorstehender Tabellen lassen sicb dahin zusammenfassen: AUe aus menschlichen Eiterungen geziichteten Aureusst~imme bil- deten ein H~moiysin. ~BER DAS STAPHYLOTOXII~. 311

Drei aus Ekzem geziichtete Aurei bildeten ebenfalls Hamolysin. Eben- falls Hamolysinbildner waren Aurei, die yon gesunder crier erkrankter Mundschleimhaut stammten. Gleichfalls hamolysinbildende Aurei fanden wir in tier Laboratoriums- luft und einmal in Vaccine. Dagegen fanden wit einmal in tier Luft einen Aureus, der keine Spur Hamolysin bildete, und ebenso erwiesen sich die Quadrigeminusstamme aus Vaccine als hamolysinfrei. Dass diese Quadrigeminusstamme, wie schon C z a p 1e w ski angegeben hat, sich auch culturell yon dem typischen Staphylo- coccus pyogenes aureus unterscheiden (Verfiiissigung des L 5 ffl er- Serums), konnten wit du.rehaus bestatigen. Und ebenso unterschied sich der h~nolysinfreie Luftaureus culturell yon dem typischen Staphylococcus pyogenes aureus. Das Hamolysin aller iibrigen Stamme erwies sich dutch die gleichen Eigenschaften, besonders abet dutch die Neutralisirung mittels eines einzigen kl]nstlichen Antitoxins in allen Fallen als das gleiche. Wit glauben deshalb, dass das Hamolysin ein constantes ~erkmal des typischen Staphylococcus pyogenes aureus ist, und dass es stets nachzuweisen ist, sofern man unter den an- gegebenen Beaingungen zfiehtet und untersucht. In Consequenz dieser Anschauung miissen wit deshalb auch annehmen, dass die yon uns in Luft, aufSchleimhauten und in einer frischen Vaccine gefundenen hamolysinbildenden Aurei als typisohe Staphylococci pyogenes aurei anzusprechen sind. Auch die Ekzem-Aurei waren in Nichts yore typischen Sta' phyloc0ccus pyogenes aureus verschieden. Beziiglich der Albusstamme kSnnen wit sagen, class die beiden als alleinige Mikroben aus Eiter gezfiehteten Albusstamme sich nut durch ihren Farbstoff yore typischen Staphylococcus pyogenes aureus unter- schieden. Sie bildeten beide tIamolysin, das sich durch die Neutralisirung mit kiinstlichem Aureusantitoxin als identiseh mit dem Aureuslysin erwies. Die flbrigen Albusstamme, yon l~aut u. s. w. stammend, bfldeten keine Spur Hhmolysin, und manche unterschieden sich auch culturell dutch Nichtverflflssigung der Gelatine yon dem typischen Staphylococcus pyogenes albus. Wir mfissen deshalb annehmen, dass der typische Staphylo- coccus pyogenes aureus und der typische Staphylococcus pyogenes albus ein Hamolysin, und zwar ein und dasselbe II~molysin bilden. Ausser diesen pyogenen Arten, die culturell und dutch das wohlcharakterisirt sind, giebt es sowohl Aureus- wie 312 MAx N]~ISS~.R um~ I?RIEDRICH WECHSBERG:

Albusst~mme (wohl pathologisch ohne Bedeutung), die sich h~ufig schon culturell, sicher abet durch den dauernden ~[angel j eglicher H~molysi'nbildung yon den typischen pyogenen Arten unterscheiden. Ob unser Urtheil als ein endgfiltiges anzusehen ist, oder ob es wegen eines zu kleinen Materiales noch der Modificirung bedaff, wird nut durch vielf~ltige Untersuchung zahlreicher St~nme zu entscheiden sein.

Antitoxin in manehen normalen Seris. Wie bereits oben erw~hnt, 15sen sich manche BlutkSrperchen nicht auf, solange sie yon ihrem Serum umgeben sind, das man abet nur dutch Centrifugiren und Waschen zu entfernen braucht, um alsbald AuflSsung der Erythrocyten dutch das Staphylolysin zu erzielen. Abet solch ein Serum schiitzt nieht nur die Erythrocyten der eigenen Species, sondern sch0tzt alle Erythrocyten gegen StaphylolysinauflSsung. Um das zu zeigen, muss man freilich das Serum erst dutch 1/2 stfindige Erw~rmung auf 56 ~ inactiviren, um die an sich ja h~ufig vorhandene LSsungskraft eines Serums auf irgend eine Erythrocytenart zu eliminiren (Tabelle XI).

Tabelle XI. Schutzkraft verschiedener normaler Thiersera gegeniiber Staphylotoxin. (Sera inactivirt bei 560 dutch 1/2 Stunde.) 0"2 c~ Staphylotoxin 15sen complet. Toxin- Serum- I Perde- Rin~ler-_~ Hammel- Sehweine- Meersehw.- meng___~e_____menge| Serum Serum Serum Serum Serum

0.2 ccm 1.0 ~*= 0 0 roth incomplet incomplet

"r o 0 J~ fast oomplet complet 0.1 ,, 0 roth ineomplet complet

9~ 0 05 ,, 0 ineomplet complet

Besonders reich an diesem Antistaphylolysin ist das normale Pferde- serum, v0n dem manchmal schon 0.01 und weniger genfigt, um eine Lc- Dose eines Staphylolysins vollst~ndig zu neutralisiren. (Zur vSlligen Yereinigung yon Lysin und Antflysin ist ein 1/2- bis 1 stfindiges Yerweflen bei 3"/o nSthig.) Diesen AntikSrper des normalen Pferdeserums gegenfiber dem Staphylo- lysin hatte bereits K.rauss 1 gefunden. Da ihm abet dieses Pferdeserum die Kaninchenerythrocyten auch gegen die auflSsende Wirkung des I A. a. O. ~BER DAS STAPHYLOTOXIN. 313

Tetanolysins sohiitzte, meinte er, dass einmal diese beiden Blutgifte identisch seien, und dass ausserdem dieser Schutz der Kaninchenerythro- cyten durch das Pferdesezum gar nicht einem bestimmten AntikSrper zu- zuschreiben sei. Der Eine yon uns (N.) ist bereits an anderer Stelle 1 auf diesen Punkt eingegangen und hat die Meinung yon Krauss als unhaltbar erwiesen. Es mSgen hier noch einige Tabellen Platz finden, welche die Verschiedenheit yon Staphylolysin und Tetanolysin beweisen (Tab. XII, XIII). Tabelle XII. Einstellung eines durch Immunisirung mit Aareus-Toxin gewonnenen Antistaphylolysins gegen Tetanolysin und Staphylolysin. Tetanolysin .... Lc ---- 0.25 ~om Staphylolysin Lc ---- 0" 025 ~r

Menge des Antiserums Tetanolysin Staphylolysin ccm 1-0 eomplet 0-75 0.5 0-25 0.1 0-075 r 0.05 II H 0.025 0.01 v-4 0.0075 Spur 0 O05 starke Kuppe 0.0025 incomplet Controle complet

Tabelle XIII. Neutralisirung eines Staphylolysins duroh verschiedene Pferdesera, welche zum Theil yon immunisirten-Pferden stammten. Lc = 0-02 ccm

Susseria Toxin- Serum- Normales Tetanusserum Diplitherieserum (Sehweinerothl.- Pferde- menge menge serum (H5ehst, Pferd (SeheringPferd) 200f., Serum HSchst, ~m r Pferd)

0"05 0 D 0 0"05 0-050-1 SpiirOhen0c 0 0 0 0-05 0.01 starke Kuppe incomplet starke Kuppe 0.05 0.005 Kuppe I complet eomplet ineomplet 0.05 0-001 ]fast eompl.I eomplet 1 Deu~che reed. Woehensehrif~. 1900. Nr. 49. 314 ~AX NEISSER UND FRIEDRICH W]~CHSBERG:

Die Tabelle XII zeigt, dass ein beim Kaninchen kiinstlich erzeugtes Anti- staphylolysin (s. sp~iter) die Kaninchenerythrocyten nur gegen die Auf- 15sung durch das Staphylolysin, nicht aber gegen die AuflSsung dutch Tetanolysin schfitzt. Die Tabelle XIII zeigt, dass ein mit Tetanusgift immunisirtes Pferd ein Serum liefert, welches gegen Staphylolysin nicht st~irker schfitzt, als normales Pferdeserum oder Serum yon anderweitig immunisirten Pferden, w~hrend bekanntlich Tetanusantitoxin ausserordentlich stark gegen Tetano- lysin schfitzt. • diesen Tabellen folgt also mit Evidenz die Verschiedenheit yon Staphylolysin und Tetanolysin. In der erw~ihnten Arbeit sind auch die Versuche mitgetheilt worden, aus denen hervorgeht, dass die schiitzende Kraft, welche normales Pferde- serum gegenfiber Staphylolysin und gegenfiber Tetanolysin besitzt, auf zwei yon einander unabhhagige AntikSrper zurfickgeffihrt werden muss. Denn verschiedene Pferdes~ra enthalten diese beiden AnGkSrper in ausserordent- lich versehiedenen Verh~ltnissen. Und ausserdem kann man den einen AntikSrper~vSllig neutralisiren, ohne den anderen in seiner Wirksamkeit irgendwie zu beeinflussen. Da das Staphylolysin auch mit den normalen Thierlysinen nichts zu thun hat, welche ja complexe KSrper sind, so ergiebt sich, dass alas Staphylolysin ein Blutgift ist, welches, soweit bisher bekannt, nut yon den Staphyloko~ken producirt wird. Gegen dieses Blutgift besitzen manche Sera, z. B. besonders das normale Pferdeserum, einen AntikSrper, welcher nur alas Staphylolysin zu neutralisiren vermag. Dieses Antistaphylolysin ist gegen die Hitze resistent, indem es durch 1/2 stfindige Einwirkung yon 580 in seiner Wirksamkeit nicht geschw~cht wird, and es lasst sich deshalb der schon so oft angestellte Versuch der Erhitzung eines neutralen Gemisches auch ffir das Staphylolysin wieder- holen. Stellt man sich n~mlich aus Toxin und Antitoxin ein neutrales Gemisch her und setzt dieses einer 1/2 stfindigen Erhitzung auf 56 bis 580 aus (bei welcher Temperatur das Toxin zerstSrt und das Antitoxin un- ver~ndert bleibt), So entsteht dutch die Erhitzung kein Freiwerden yon Antitoxin, woraus folgt, dass die Verbindung Toxin und Antitoxin eine neue, dutch Hitze in ihre Componenten nieht mehr zerlegbare ist. ~BE~ DAS STAPIIY~LOTOXIN. 815

Normales Menschenserum enthMt Antistaphylolysin. Wie tier Eine yon uns (N.) bereits bei zwei Gelegenheiten erwiihnt hat 1, finder sieh im Menschenserum constant ein Antik5rper gegeniiber der blutlSsenden Wirkung des Staphylotoxins, Bin KSrper also, der Kaninchen- blutkSrperchen gegen ihre AuflSsung duroh das Staphylotoxin schfitzt. Freilich kann man diesen KSrper erst zur Wahrnehmung bringen, wena man das hlenschenserum vorher dutch 1/2 stfindige Erw~rmung auf 56 his 570 inaotivirt hat, enthhlt es doch an sich schon, wie so viele Thiersera , ein Lysin ffir KaainchenblutkSrperchen, dessen Wirkung man aber wie bekannt, dutch die Inactivirung ausschalten kann. Um sich yon dem Vorhandensein dieses Antistaphylolysins zu fiberzeugen, genfigt es, wenn man in eine Reihe RShrchen die einfach complet 15sende Dosis oder das Mehrfache davon eines beliebigen Staphylolysias einffillt, und hierzu falleade Mengen eines inaetivirten Measchenserums hinzuffigt. Das Niveau in allen RShrchen wird dutch 0.85 procentige NaC1-LSsung auf 2 oem ein- gestellt, die Gemisohe kommen zun~chst ffir 1 Stuade in den Thermo- staten, dann nach Zuffigung eines Tropfens frischea Kaninchenblutes pro RShrehen ffir weitere 2 Stuaden in den Thermostaten und fiber l~acht in den Eisschrank. Wiihrend die Controle templet gel5st sein muss, wird eine mehr oder minder grosse Zahl der GemischrShrchen gar keine bezw. beginnende u. s. w. LSsung aufweisen. Macht man denselben u gleichzeitig mit mehrerea menchliehen Seris, so finder man Untersehiede in der Wirksamkeit dieser Sera, so zwar, dass das eine Serum umdas Zehnfaehe starker wirksam sein kann, als ein anderes. Urn-nun aber versehiedene Sera, die an verschiedenen Tagen unter- sucht werden, in ihrer Wirksamkeit vergleiehen zu kSnaen, genfigt es nicht, dass man untersucht, welehe Menge Serum die einfach templet 15sende Dosis irgend eines Giftes vSllig neutralisirt; dean~ wie wir noeh zu zeigea haben werden, ist alas Staphylotoxin in mehr als einer Beziehung dem Diphtheriegift ahnheh und theilt auch mit diesem die Eigensr sioh in einen KSrper umzuwandeln, welcher:zwar Antitoxin bindet, also verbrauoht, welcher aber im Uebr~gen in keiner Weise in Ersoheiaung tritt. Dadurch wird aber der Werth der einfachea templet 15senden Dosis als Einheit der Antitoxinbewerthung illusorisch gemacht. Es ginge das nut an, wean wir gleiehm~ssig umgewandelte Gifte verwendea warden; und das liegt bei der zwar langsamen, aber dauerndea Umwandlung eines conservirten Giftes vorl~ufig ausser dem Bereiche der M5glichkeit.

1 M. Neisser, Wiener meg. Wochenschrlft, 1900, Nr. 48]49 und Dent.~che med. Woohensehrift, 1900, Nr. 49. 316 ~AX I~EISSER UND ~RI.EDRICH WECHSBERG:

Man muss deshalb zum Zwecke der Vergleichung des Antitoxingehaltes verschiedener menschlicher Sera --nach Analogie der Ehrlich'schen Diphtherie-Antitoxin-Priifung 1- yon einem unver~nderlichen, also am besten in eingetrockneter Form aufbewahrten Standardserum ausgehen. Als solohes benutzen wit ein normales, ziemlich wirksames, eingetrocknetes Pferdeserum. Es wird im Verh~ltniss 1:10 jedes Mal frisoh in sterilem destillirten Wasser gelSst, und mit diesem Antitoxin werden die zu unter- suchenden Sera verglichen. Man giebt also in eine Reihe R5hrehen die gleiche Menge eines Staphylolysins, und zwar mindestens die einfache complet 16sende Dosis, und ffillt nun einerseits fallende Mengen des Standardantitoxins, anderer- seits fallende Mengen des zu untersuchenden Antitoxins hinzu. Die Ver- gleichung beider Reihen ergiebt dann das Verh~ltniss der Wirksamkeit des untersuchten Antitoxins zu der (constanten) des Standardantitoxins. Wir haben bisher 21 Sera yon gesunden und kranken Menschen in dieser Weise untersucht und hierbei stets Anti- toxin gefunden, aber auch betr~chtliohe Unterschiede in der Wirksamkeit der verschiedenen Sera constatirt ~. Wit glauben indessen, bei der geringen Zahl der systematischen Krankenuntersuchungen, den bisher gefundenen Unterschieden -- zumal auch Anfangs unsere Technik noch unvollkommen war- eine diagnostische Bedeutung vor- l~iufig nioht beilegen zu diirfen, hTur eine an reichem ~[ateriale sorgsam ausgeffihrte klinische Arbeit wird hier~iber Auskunft geben kSnnen. Wir sind abet gerne bereit, zum Zwecke dieser Untersuchung Toxin und Standard-Antitoxin zur Verffigung zu stellen. lind es scheint uns lohnend zu sein, der diagnostischen Bedeutung dieses Antistaphylolysingehaltes nachzugehen, da dieser Stoff doch augon- scheinlich ein normaler Bestand.theil des menschlichen Blutes ist, der also wohl physiologischen und pathologischen Schwankungen unterworfen sein wird. Die oben angegebene Methode genfigt aber in einfacher Weise ffir eine genaue Messung dieses eigenartigen Stoffes. Die erste Frage ist natiirlich, ob die Entstehung dieses Stoffes immer, also auch normaler Weise durch den Staphylococcus pyogenes bedingt ist, oder ob dieser Stoff auch in anderer Weise entstanden gedacht werden kann. Es sei hierbei nochmals auf den Aufsatz des einen yon uas (N.) hingewiesen, in dem die Entstehung dieser normaleu Stoffe -- als Kon- sequenz der Ehrlich'schen Seitenkettenlehre -- auch ohne Mitwirkung

I Ehrlich, -Die Brerthbemes~ng d. JDiThth~qeh~rums. Fischer, Jena 1897. 2 In einer Lumbalfliissigkeit fanden wir neuerdings kein Antitoxin; in einem Stauungs-Aseites erheMich weniger, als in dem entsprechenden Serum. ~BER DAS STAPHYLOTOXIN. 317

des specifischen Toxins als mSglich, h~iufig als wahrscheinlich angenommen wurde. Auch ffir das Antistaphylotoxin kann man sich leicht vorstellen, dass diejenige Gruppe tier rothen BlutkSrperchen, an welcher alas Toxin angreift -- denn auch das MenschenblutkSrperchen ist ja~ wie erw~hnt, durch das Toxin auflSsbar --, class diese Gruppe also, tier Receptor, schon normaler Weise frei im Serum kreist. Das wfirde ja aber dann nichts Anderes bedeuten, als dass eben Gift abfangende Gruppen, Antitoxin, im Blute vorhanden sind. Es ist yon vornherein nicht wahrscheinlich, dass das Antistaphylo- toxin in jedem Menschen erst durch die Entwickelung yon Staphylokokken entstanden sein soll, eine Frage, die sich dutch Untersuchung yon Kinder- und S~uglingsblut vielleicht entscheiden liesse. Wie dem aber auch sei, man wlrd jedenfalls yon vornherein erwarten dfirfen~ dass bestehende oder fiberstandene Staphylokokkenprocesse ein- greifenderer Natur in dem • zu irgend einem Ausdrucke kommen werden. Vielleicht wird es sogar auf diesem Wege mSglich sein, die ~tiologische Bedeutung der Staphylokokken, welche man bei manchen Processen so h~ufig gefunden hat (Rheumatismen, Ekzem, Pemphigus, Encephalitiden) klar zu stellen.

Das kfinstlich erzeugte Antistaphylolysin. Dutch Immunisiruug mit Staphylotoxin l~sst sich ein Antistaphylo- lysin herstellen. Es geniigt eine zwei- oder dreimalige subcutane Ein- verleibung eines wirksamen Toxins, um ein kr~ftiges Antitoxin zu er- halten. N~chst dem Kaninchen ist die Ziege ein brauchbares Versuchs- thier. Aber stets muss man mit sehr kleinen Toxinmengen beginnen, wenn es night zu Marasmus und Tod kommen soll. Die Thiere bekbmmen schon nach kleinen Mengen, z. B. 0"2 oom eines starken Giftes, Fieber und ein Infiltrat an der Stelle der Impfung, welches bis zu Thaler- oder HandtellergrSsse anwachsen kann; dieses Infiltrat indurirt sich in wenigen Tagen, and es entsteht gewShnlich localer Haarausfall, night selten eine circumscripte betr~chtliche Hautnekrose. Wiederholt man die Injection an einer anderen Stelle, so erh~lt man daselbst dasselbe Bild, so dass wit gelegentlich Thiere batten, welche mit indurirten Infiltraten wie mit einem Panzer bedeckt waren. Nicht allzu selten finder man Thiere, welche auf sehr kleine Doseu schon ausserordentlich stark reagiren und an Marasmus zu Grunde gehen, ohne Antik5rper gebildet zu haben. Besonders vor- sichtig muss man bei der Immunisirung yon Ziegen vorgehen. Ueber die nothwendige Dauer der Immunisirung l~sst sich wenig Allgemeines angeben. Wir haben uns gewShnlich nach der Gewichts- 318 s ~ISSER UND FRIEDRICH WECHSBERG: kurve gerichtet und weiter immunisirt, naehdem die erste rege]m~ssige Gewiehtserfiiedrigung ~um Stillstand oder Rfiekgang gekommen war. Da, wie erwiihnt, im normalen Kaninchenserum nennenswerthe Mengen Anti- toxin nieht vorhanden sind, so braucht man in diesem Punkte nicht mit individuellen Schwankungen zu reehnen. Wohl aber existiren staTke individuelle Verschiedenheiten in der HShe des kiinstlich erzeugbaren Anti- toxins. So neutrahsirte ein Antitoxin in der Menge yon 0.01 ecru noch eine bestimmte Giftdose, wahrend ein anderes unter denselben Bedingungen gewonnenes Antitoxin nur den ffinften Theft so wirksam war. Das kiinstlich erzeugte Antitoxin ist gegen Inaetivirungstemperaturen ebenso resistent, wie das normale Antitoxin z. B. des Pferdes. Es l~sst sioh das Antitoxin auch unter Zusatz yon 0.5 Proeent Carbol conserviren. Wir haben nun mit Toxinen, welche yon verschiedenen Staphylo- kokkenstammen stammten, immunisirt und stets ein Antitoxin erhalten, welches gegen s~mmtliehe Staphylokokkenlysine in gleioher Weise schtitzte. Und dies ist uns der Beweis for die Unitat der yon so ver- sehiedenen St~mmen produeirten Staphylolysine. Es gelang uns indessen bei mehrfachen Versuehen nicht, dutch Immunisirung mit in activirtem Staphylolysin einen AntikSrper hervor- zurufen, lind ebenso wenig gelang die Hervorrufung eines AntikSrpers mit den Filtraten yon !ysinfreien Albusst~immen. Wir sehliessen daraus, dass weder das inaetivirte Aureusfiltrat, noeh das an sieh lysinfreie Albus- filtrat das Toxinmolekfil noeh in irgend,einer Form enthalt. Nachst der subcutanen Einverleibung kame ftir die Zwecke der Immunisirung noeh die intravenSse Einspritzung in Betraeht. Abet sie ist entsehieden unzuverlassiger als die subcutane, und wit haben nur iu einem Fall auf diesem Wege ein Antitoxin massiger Starke erhalten. Mittels der intraperitonealen Einverleibung ist uns die Hervorrufung eines AntikSrpers mehrfaeh nieht gelungen. Sollte sieh diese Thatsache als Regel best~itigen, so ware sie ein in teressanter Beitrag zur Frage der Antitoxinentstehung.

Constitution des Staphylokokkenhamolysins. Das yon uns studirte ttiimolysin liess zuu~chst an analoge Hamo- lysine denken, und zwar ein Mal an das yon Ehrlich 1 entdeekte und in seiner Konstitution yon ~[adsen so genau studirte Tetanolysin und ferner an die neuerdings so vielfach erforsehten tIamolysine der Thiersera. Diese beiden Classen der Hiimolysine unterscheiden sieh bekanntlieh dadurch,

t Sitzungsbericht u. s.w. Berllner klin. Wochenaekrifg. 1898. Nr. 12. ~_~BER DiS STAPHYLOTOXIN. 319

dass die tI~molysine der Thiersera aus 2 Theilstiicken bestehen, dem ZwischenkSrper uad dem Complement, deren Zusammenwirken erst die AuflSsung der BlutkSrperchea bedingt. War unser Hemolysin ein soleher ,,complexer", also aus 2 Theflstticken zusammengesetzter KSrper, so musste nach Analogie mit den Serumhfimolysinen eine Reactivirung des bei etwa 560 inaetivirtea Lysins mSglich sein. Abet alle Versuehe in dieser Richtung schlugen fehl. Es warden versehiedene, an sieh nieht 15sende Sera, sowie Filtrate an sich nieht 15sender Albusstiimme oder anderer Bakterienarten zu einem inaetivirten Staphylolysin zugesetzt, ohne das Reactivirung erreicht wurde. Und ebenso wenig Erfolg hatte die Zugabe yon Staphylokokkenleibern oder yon 'jungen, also noeh nicht 15senden Aureusfiltraten. Und schliesslich spricht der oben erwiihnte fehlgeschlagene Versuch der Antitoxinerzeugung dutch Immunisirung mit inactivirtem Staphylo- lysin direct gegen die complexe Natur unseres Lysins. Es h~tte ja sonst der dutch die Kitze nieht zerstSrte ,,ZwischenkSrper" ein Angtoxin ent- stehen lessen mfissen. So bheb nur die Analogie mit dem Tetanolysin fibrig. Die Wirkung des Tetanolysins beruht abet --ebenso wie die des Diphtheriegiftes auf der Anwesenheit zweier in demselben Molekfil vereinigter Gruppen, die yon Ehrlich 1 bekaantlieh als haptophore und toxophore Gruppe be- zeiehnet worden sin& Die haptophore, im Allgemeinen stabilere, verankert das Giftmolekfil an die Blutzelle, die toxophore, die labile, ist die eigent- hch fermentative, auflSsende Gruppe. Die Constatimng der Anwesenheit beider Gruppea ist dana m5glieh, wenn es gehngt, Bedingungen zu finden, unter denen zwar eine Ver- aukerung des Giftes an die Blutzelle, nieht aber deren AuflSsung erfolgt. Diesem Ehrlich'schen Gedankengange folgend, hat Morgenroth 2 ffir das , iKadsen ftir des Tetaaolysin die Existenz der haptophoren und toxophoren Gruppe erwiesen. Wir haben fox das Staphylolysin ebenfalls versucht, bei niedrigen Temperaturen nur die eine Gruppe zur Wirksamkeit gelangen zu lassen. L~sst man n~mlieh ein Staphylolysin bei 0 ~ einige Stunden auf Kaninchenerythroeyten einwirken, so ist aus der abcentrifugirten Fliissig- keit aries Staphylolysin versehwunden und an die BlutkSrperchen ver- ankert, und zwar so fest~ dass es dutch 5fteres Waschen mit physiologiseher KochsalzlS.sung und Centrifugiren diesen BlutkSrperchen nieht mehr ent- rissen werden kann. Bringt man aber diese gewaschenen BlutkSrperchen,

I A. a. O. 2 Arch. intern, de _Pha~'macocl~namie et de ThdraTie. 1900. T. VII. tilt. 3 u. 4. 320 MAx NEISSER UND FRIEDRICH WECHSBERG: in physiologisoher NaC1-LSsung aufgeschwemmt, in den Thermostaten, so tritt sofort LSsung auf, weft eben die toxophore Gruppe bei 370 zu wirken vermag. Durch diese Constitution reiht sioh das Staphylolysin voll- st~ndig dem Diphtherietoxin und dem Tetanustoxin an. Allerdings bietet die technisohe Ausftihrung dieses scheinbar einfachen Versuches niCht geringe Schwierigkeit. Setzt man niimlich Blutk5rperchen verschiedener Kaninchen unter ganz gleichen Bedingungen bei 0 ~ der Einwirkung desselben Staphylolysins aus, so finder man, dass manche Blutarten auch bei 0 ~ gelSst werden, w~hrend andere ungelSst bleiben. Wit erkl~ren uns das damit, dass bei 0 ~ die Wirkung der toxophoren, auflSsenden Gruppe nicht vSllig aufgehoben, sondern nur stark in ihrer Wirksamkeit herabgesetzt zu sein braucht. Und diese, nunmehr so schwach wirksame toxophore Gruppe wird nur noch BlutkSrperchen geringster Resistenz aufzul5sen vermSgen. Dass aber in jedem Blute BlutkSrperchen Verschiedener Resistenz vorhanden sind, haben wir ja bereits bei der Ein- stellung des Lo-Werthes erw~ihnt. Zu diesem Staphylolysinbindungsversuche bei 0 ~ sind aber nut Blutarten zu gebrauche.n , welche die erw~ihnten BlutkSrperchen geringster Resistenz nicht besitzen, was experimentell fest- zustellen ist. Die zweite technische Schwierigkeit besteht darin, dass schon bei kurzer Erw~rmung tiber 00 ~uflSsung eintritt, t~an muss deshalb wo- m5glich bei etwa 0 ~ centrifugiren kSnnen, oder aber wenigstens tiber eine schnell anlaufende und rasch eine hohe Tourenzahl erreichende Centrifuge verfiigen. Dann abet l~isst sich die Verankerung des Staphylolysins an die BlutkSrperchen und die yon einander unabh~ngige Wirkung der haptophoren und toxophoren Gruppe sehr deutlich zeigen. Um die Analogie der Constitution des Staphylolysins mit der dos Diphtherie- und des Tetanustoxins noch weiterhin zu verfolgen, war es nothwendig, die schwierige Toxoidfrage in Angriff zu nehmen, deren Grundztige hier noch einmal dargelegt sein mSgen. Bekanntlich hat E hrlich x ffir das Diphtheriegift eine eigenartige Curve der Neutralisation gefunden, dieer bfldlich in seinem Spectrum darstellte, und die ihn zu seiner Toxoidlehre ffihrte. Ein ~hnliches Spectrum hat dann l~Iadsen 2 ffir das Tetanolysin, ]~yers 3 :ffir das Schlangengift gefunden.

1 ~Deutsehe raed. Wochen~ehrlf~. 1898. Madsen, .4nnale8 de l'_Tn~ti~ug Ptmte~r. 1899. 3 Journ. of Patlml. and sgaetariolog. Edinburgh-London 1900. VoL VI. p. 415. ~BER ])AS STAPHYLOTOXIN. 321

Die Fandamentalerseheinung ist in allen diesen F~illen die folgende: Nimmt man eine bestimmte Menge eines dieser Toxine, so l~sst sich leicht diejenige Menge des entsprechenden Antitoxins bestimmen, welche zur vSlligen Neutralisirung der gew~hlten Giftmenge eben erforderlich ist. Ffigt man dieser Giftmenge nun z. B. nut den zehnten Theft der vSllig neutralisirenden Antitoxinmenge hinzu, so miisste auch ein Zehntel der Giftmenge versehwunden sein, also 9/1o iibrig sein, analog wean man 2/1o Antitoxin zusetzt u. s. w. Das ist nun eigenthiimlicher Weise nicht der Fall. Vielmehr nimmt das zugefiigte erste Zehntel Antitoxin eine Menge Gift weg, welche der Rechnung durchaus nicht entsprioht. Und Ehrlich folgerte daraus, dass die einzelnen Zehntel des Giftes unter einander verschieden sind. Ein Mal ist die Avidit~t zum AntikSrper verschieden, so dass der zugesetzte Anti- kSrper sioh nicht gleichm~ssig auf die haptophoren Gruppen des Giftes vertheilt, sondern zunachst an diejenigen geht, welehe die st~rkste Avidit~t hubert (Prototoxin, dann Deuterotoxin und Tritotoxin). Diese drei Toxine sind dutch die versehieden grosse Avidit~t ihrer haptophoren Gruppe zum AntikSrper unterschieden. Ihnen schliesst sich ein weiterer Gifttheil an; dessen haptophore Gruppe noch weniger avid ist und dessen toxophore nun ebenfalls yon der toxophoren Gruppe des eigentlichen Toxins ver- schieden ist. Diesen Gifttheil hat Ehrlich Toxon genannt. Das Toxon des Diptheriegiftes z. B. wirkt speciell liihmend, abet nicht acut nekro- tisirend~ odor acut tSdtend, das Toxon des Tetanolysins wirkt 15send auf Kaninchenerythrocyten, vermag abet nut die weniger resistenten Blut- kSrperchen aufzulSsen, so dass es aueh durch grSsste Mengen Toxon nie gelingt, eine v511ige • aller Blutk5rperchen herbeizuftihren. Wir werden sehen, dass wir auch beim Staphylolysin ein Toxon an- nehmen mfissen. Damit ist abet noch nicht Alles erkl~rt. Setzt man n~mlich ein Toxin der W~rme oder anderen sehiidigenden Einflfissen vorsichtig aus, so kann man Folgendes erreichen: W~hrend der absolute Giftwerth stark gesunken ist, braucht man doch die gleiche Menge Antitoxin~ wie zuvor, um v511ige Neutralisation zu erreichen. Es mfissen also unter dem Einflusse der Sch~digung in dem Gifte Modificationen entstanden sein, welche zwar ungiftig sind, abet trotzdem in gleicher Weise wie das Gift Antitoxin binden. Die haptophore Gruppe ist also intact geblieben, abet die toxophore ist zum Theil in eine ungiftige Modification fibergegangen. Diese Modification des Toxinmolekfils hat Ehrlich Toxoid genannt. Und es kann nun das Prototoxin (das avideste) in das Prototoxoid (gleiehe Avidit~t, abet nngiftig) iibergehen, und unabhiingig davon das Deuterotoxin in das Deuterotoxoid u. s. w. Zeitschr. L Hygiene. XXXVI. 21 322 .~IAX ~EISSF,R UND ~RIEDRICH W~CHSBERG:

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r~ ~~ ~ ~, F t~@ ;=~~ - o Complete LSsung wird auch dutch 1.0 ~ des Toxin- An~i~oxingemisches nicht mehr erziel~.

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Ueberall nur Kuppe. .~_~ ~~ ..~

Ueberall nur Spur ~ ~.~ ~"-~ ~BER DAS ~TAPHYIJOTOXIN. 323

Die vorstehende Tabelle wurde, um es nochmals zu reeapituliren, in folgender Weise gewonnen: Fiir eine bestimmte Menge Toxin wurde diejenige Menge Antitoxin bestimmt, welche nSthig war, um die Wirkung des Toxins vSllig zu annulliren, also auf Lo zu reduciren. In eine Anzahl RShrchen wurde nun diese Menge Toxin gegeben, welcher Bruehtheile der zur vSlligen Neutra- lisirung nSthigen Antitoxinmenge zugegeben wurden, and zwar derart,

c 760 7~ - 720- 700- 6g0- 660- 6"70 69& 620 - 60~ 5go-" 560~ 5,02 520" 500"

§ '~60- 440. 4-20- 400- 38O- .760- .Yt0- 320 - 3O0- ~0- 260- Yt0- 220- 210 210 21"0 200- /gO- 170 /7O ]60- I&)- 720 120 - 700 - 80 80- 60- 30 20 20- A , t 3 , ~ , J , .... I,,., ,I ..... , ,,D 2 3 5 6 7 8 9 10 11 12 13 7~ 15 1G 17 1,3 19 Fig. 1. Die auf der Abscisse AB eingetragenen Theile be~leuten Ffinfzigstel derjenigen Antitoxinmenge, welche zur vS1]igen Neutralisirung der angewandten Toxinmenge nothwendig war. Fiir die verwendeten 6 ~176 Toxin waren 9-6 ~176Antitoxin zur l~eutralisirung auf Lo n6thig. Die auf der Ordinate A C eingetragenen Zahlen be- deuten die Anzahl tier yon dem Toxin-Antitoxin-Gemisch compte~ gelSs~en Tropfen Kanincheublut (durch Umrechnung gefunden). -- Da Lc = 0.009 ~= ist, so 15sten die angBwandten 6 ~cm Toxin 666 Tropfen Kaninchenbtut. -- An den Enden der ein- zelnen S~iulen ist noch einmal die Anzahl der gelSsten Tropfen Blur angegeben. 21 ~: 324 ]~AX ~EISS:ER UND ~RI:EDRICH W~.CHSB:ERG: dass die erste Probe Toxin ein Ffinfzigstel der zur vSlligen Neutralish'ung nSthigen Antitoxinmenge erhielt, die zweite zwei Ffinfzigstel u. s. w. Diese Toxin- Antitoxinmengen kamen ftir eine Stunde in den Thermostaten. Hierauf wurden Serien yon RShrchen mit fallenden ~Iengen (in kleinen Intervallen) dieser Toxin-Antitoxinmischung beschickt und naeh Zugabe eines Tropfens Kaninchenblut u. s. w. in der gewShnlichen Weise unter- sucht. Es wurde so ffir jedes Toxin-Antitoxingemisch ein Lc-Werth 1 ge- funden, der durch Umrechnung ergab, wie viel Lc-Dosen noch in der betreffenden Probe des Toxin-Antitoxingemisches frei vorhanden waren. Die Tabelle XIV zeigt die Resultate. In der vorstehenden Fig. 1 sind die gefundenen LSsungswerthe, auf das Gesammtquantum des betreffenden Toxin-Antitoxingemisches berechnet, eingezeichnet, oder anders ausgedriickt, die Zahl der in den einzelnen Toxin-Antitoxingemischennoch vorhandenen Lc-Dosen. (Urn Schwankungen, die innerhalb der Fehlergrenzen liegen, auszuschalten, sind in der Curve die Werthe entsprechend abgerundet.) Es geht aus dieser Curve hervor, dass nach Zugabe eines Ffinfzigstels der zur vSlligen Neutralisirung nSthigen Antitoxinmenge nicht nur eia Ffinfzigstel der Lc-Dosen verschwunden ist; denn dann h~tten yon den ursprfinghch vorhandenen 670 Lc-Dosen noch 647 vorhanden sein mfissen, es sind aber nut 210 vorhanden. -- Giebt man ein weiteres Ffinfzigstel Antitoxin hinzu, so ist auffallender Weise die Menge der dann vorhandenen Lc-Dosen nicht verringert, ja man kann noch ein weiteres Ffinfzigstel Antitoxin hinzuffigen, ohne die Zahl der Lc-Dosen zu verringern. Erst Zusatz eines weiteren Ffinfzigstel Antitoxin bedingt Abnahme der Lc-Dosen, welche dann nach Zusatz des nfichsten Ffinfzigstels wieder unver~ndert bleiben u. s. w. Nach Zugabe yon im Ganzen 15 Ffinfzigsteln des zur vSlligen Neu- tralisirung nSthigen Antitoxins sind in den Toxin-Antitoxingemischea complet 15sende Dosen fiberhaupt nicht mehr nachweisbar, selbst viele Cubikcentimeter eines derargg abgesiittigten Toxins vermSgen keine complete LSsung eines ganzen Tropfens Kaninchenblut mehr hervorzurufen. Diese Thatsache steht in vSlligem Widerspruche mit den Erfahrungen des Toxins. Wir mfissen deshalb annehmen, zumal nach Analogie mit dem Diphtherie- and Tetanustoxin, dass dieser zuletzt abges~ttigte Giftthefl-ein andersartiges Gift darstellt, als das eigentliche Toxin, ein Gift n~mlich, welches nur noch verhaltnissm~issig empfindhche Kaninchenerythrocyten aufzulSsen vermag,

Lc (hier als Gif~einhei~ angenommen) bedeutet, um es zu wiederholen, die- jenige Toxinmenge, welche zur completen LSsung yon 1 Tropfen Kaninchenblut er- forderlich war. ~BER DAS STAPHYLOTOXIN. 325 ohne das Gros der Erythrocyten normaler Resistenz zur LSsung bringen zu kSnnen; dieser Theil des Giftes ist demnach nach Ehrlich als Toxon aufzufassen. Berechnet man nun die Differenz zwischen den auf tier ersten Carve eingetragenen Lo-Werthen zweier auf einander folgender Toxin- C 460 440-~1

~10 -

260

770-

14,0. /30. 120. I10. "tOO.

80. 70-

30- 20 20 20 20- 10.

1 2 3 4 S 6 7 8 9 10 11 12 13 1'{" 15 f6 77 1# 19 Fig. 2. .&ntitoxingemische, so erhEtt man Za~en, welche angeben, welGhe Lc- Mengen duroh die weitere Zugabe gleioher • abges~ttigt worden sind. Diese dutch die einzelnen Antitoxinmengen abges~tti~en~ Lc-Werthe geben uns dann diejenigen Lc-Mengen an, welche in diesem 326 ~/~AX NEISSER UND ~RIEDRICH WECHSBERG:

Theile des Giftes vorhanden waren. Und zeiehnen wir uns diese Werthe curvenmiissig ein, so zeigt uns die Curve in directer Weise, wie die einzelnen Lc-Werthe in den verschiedenen Partkieen des Giftes vertheilt sind. Diese Curve wird uns also die LSsungswerthe des in gleiche Theile zerlegten Giftes angeben (Fig. 2). Die Betrachtung der Curve 2 lehrt nun, dass die LSsungswerthe der einzelnen Gifttheile ausserordentlich verschieden sind. Den wei~aus grSssten LSsungseffect hat derjenige Theil des Giftes, welcher bei der Abs~ittigung zuerst yon dem Antitoxin besetzt wird, also dasjenige Gift, welches wegen seiner ~Sssten Avidit~t zum • als Prototoxin an- zusprechen ist. Was bei weiterer Zugabe yon Antitoxin abges~ittigt wird, sind Theile des Giftes, deren Avidit~t zum AntikSrper etwas geringer sein muss als die des Prototoxins. Der LSsungseffect dieser Theile ist eigenthfimhcher Weise gleich Null; es sind also gleiehsam ,,bhnde", d. h. ungiftige Gifte abges~ttigt worden. Diese Theile mfissen wit deshalb als Prototoxoid auffassen. Es folgt bei weiterer Absiittigung wieder ein ,,giftiger" Gifttheil, dessen • zum AntikSrper noeh geringer als die des Prototoxoides is~. Der Liisungseffect dieser Theile ist ein m~issig grosser. Auf dieses Deuterotoxin folgt abermals eine Toxoidzone, das Deuterotoxoid, dann das wenig starke Tritotoxin, und schhesslich eine lunge Zone jenes Gifttheiles, der fiberhaupt fiber ein Lc nicht mehr verffigt, well yon ihm nur noch die empfindhchsten Erythrocyten gelSst werden, die Toxonzone. Aus der Feststellung dieser Abs~ttigungsverhi~ltnisse erhellt die vSlhg analoge Constitution des Staphylolysins im Vergleich mi~ der des Diphtherie- und des Te~anustoxins. Auch diese Gifte stellen ja Gemische yon Giften verschiedener Avidit~t (Proto-, Deutero-, Tritotoxin) dar und besitzen eben- falls eine lange Toxonzone. Und ebenfalls zeigen diese Gifte den spontanen Zerfall in Toxoide. Nur in einer Beziehung unterscheidet sich unser Gift yon den erw~hnten beiden anderen. W~hrend niimlich beim Dip t h t h e ri e- und Tetanustoxin die Toxoide die gleiche Avidit~t haben, wie die entsprechenden T o xi n e (Prototoxoid ebenso avide wie Prototoxin u. s. w.), erleidet augenscheinlich die Avidit~t~ der S~aphylotoxine durch ihre Umwandlung in Toxoid ebenfalls eine Abschw~chung, so dass also alas Prototoxoid schw~cher avide als das Proto~oxin ist, das Deuterotoxoid weniger avide als das Deuterotoxin u. s. w. Diese Unterbreehungen, welche unser Spectrum im Gegensatz zu denen des Diphtherietoxins, des Tetanustoxins und des Schlangengiftes zeigt, sind yon: grosset Wichtigkeit fiir die Deutung dieser eigenthfimMchen Neutralisationscurven. ~BER DAS STAPHYLOTOX~. 327

II. Das Leukoeidin. Van de Velde 1 hatte gelegentlich seiner Studien fiber den ~[eoha- nismus des Staphylococcus pyogenes fiber ein Seeretionsproduct dieses Mikroorganismus beriehtet, dem die Eigensehaft zukommt, Leukocyten in bestimmter Weise sch~digend zu beeinflussen. Er fand nach der Injection einer 8taphylokokkencultur in die PleurahShle eines Kaninchens ein Ex- sudat, das anfangs reich an Leukocyten war, die auf dem geheizten Ob- jecttisch untersueht, alle Charakteristiea des Lebens dieser ZeUea darboten. Untersueht man abet das Exsudat 6 bis 10 Stunden naeh der Injection, so sind s~mmtliehe Leukocyten des Exsudates todt und in eharakteristischer Weise ver~ndert. Ffigt man einem solehen Exsudate lebende weisse Blut- kSrperchen zu, so sieht man, wie sich auch diese ver~ndern und sehliess- rich dieselben Zeichen des Unterganges darbieten, wie die ursprfinglich in demselben vorhandenen. Erhitzt man jedoeh dieses Exsudat durch 10 Minuten auf 58 ~ so behalten die nachtriiglieh zugesetzten weissen Blut- kSrperchen ihre Lebensf~higkeit. Daraus schloss van de Yelde, dass sich in dem Exsudate eine Substanz befindet, die wenig hitzebest~ndig ist und weisse BlutkSrperchen abtSdtet. Diese Substanz nannte er das Leuko- cidin und fasste sie als ein Seeretionsproduet der Staphylokokken auf, das sich ebenso wie im Exsudate naeh van de Velde's Untersuchungen in der im Serum oder Bouillon angelegten Cultur nachweisen l~isst. Wie bereits in dem Abschnitte unserer • fiber das H~molysin des Staphy- lokokkentoxins erw~hnt wurde, beschrieb van d e Veld e iihnliche delet~re Wirkungen dutch das Leukoeidin auch an Haematoblasten, Ganglienzeilen des Sympathicus und anderen Zellen. -- Die Einwirkungen des Leukoeidins auf die weissen Blutk5rperehen, die uns bier aussehliesslich interessiren, ~ussern sieh in folgender Weise: 1. Die Leukocyten ziehen ihre Pseudopodien ein und werden fund. 2. Eine helle Zone erscheint in ihrer Peripherie, w~hrend das Centrum granulirt wird. 3. Die helle Zone erreieht das Centrum, die Granulationen ver- sehwinden allm~hlich vollst~ndig. 4. Die weissen BlutkSrperchen werden zu einer leeren Blase mit deutlieh siehtbarem Kerne, der sp~ter auch nooh versohwindet. Diese Erseheinungen der Degeneration laufen in der Zeit yon 2 Mi- nuten ab.

1 Van de Velde, ]~ude sur le m6eanisme de virulence du staphylocoque pyo- g~ne. J~a eellule. T.X. Fase. 2. 328 NEISSER UND FRI~RIGH WECHSBERG:

Van de Velde beriehtet ferner, dass aviruleute und virulente Sta- phylokokken dieses Gift, das Leukocidin, in den N~hrbSden in gleicher Mengo produciren; im ThierkSrper bes~ehe eine starkere Production yon Seiten der virulenten Kokken, die jedoch nur darauf zurfiekzuffihren sei, dass die avirulenten Bakterien den baktericiden Kr~ften des Serums er- liegen, bevor es zur Production des Leukocidins gekommen ist. Bail 1 und v. Lingelsheim ~ best~itigten sparer in Nachunter- suehungen im Wesentlichen die Befunde van de Velde's.

Herstellung und Conservirung der Filtrate. Zur Prfifung auf ihre leukociden Fi~higkeiten gelangten dieselbeu Filtrate, fiber deren hiimolytische Eigenschaft ffir KaninchenblutkSrper- chen wir bereits berichtet haben, und wir verweisen deshalb bezfiglich der Herstellung der Filtrate und ihrer Conservirung auf den diesbezfig- lichen hbschnitt in den Untersuchungen fiber das tt~molysin des Sta- phylotoxins. Gewinnung der Leukoeyten. Die Leukocyten erhielten wir dutch Injection yon Aleuronat in die PleurahShle yon Kaninchen. Zur Injection gelangte eine ziemlich dichte Aufschwemmung yon PflanzencaseIn (E. Merck, Darmstadt) in 0.85 prec. KochsalzlSsung, etwa 3.0~ ~ Pflanzencasein auf 40.0~ KochsalzlSsung Die Injectionen wurden mit einer Spritze mit stumpfer Canfile in die rechte PleurahShle vorgenommen, wobei, soweit als dies mSglich ist, die Verletzung yon Gef~ssen, namentlich der Intercostalarterien, vermieden ~rurde, um die Beimengung yon rothen BlutkSrperchen zum Exsudate nach Thunlichkeit zu vermeiden. Blutige Exsudate wurden nicht ver- wendet. Die Menge der injicirten Aleuronatsuspension schwankte zwischen 7 bis 12 c~ je nach der GrSsse des Versuchsthieres. 24 Stunden nach der Injection wurden die Thiere entblutet, und das Exsudat nach ErSff- nung der PleurahShle steril mit der Pipette entnommen. Um die Gerinnung des Exsudates im Reagensglase zu vermeiden, warde dasselbe zu gleiehen Theilen mit einer 1 prec. LSsung yon oxal- saurem Natrinm versetzt. Die mikroskopische Beobachtung auf dem er- w~rmten Objecttisch hatte uns den Beweis erbracht, dass dieser Zusatz

Ueber leukocide Substanzen in den S~offwechselproductenyon Staphylococcus pyogenes aureus. 1)ie, e Zeitae~i[~, Bd. XXX und Are~i~ ['d/r H.~giene, Bd. XXXII. 2 2~ a. O. ~JBER DAS STAPHYLOTOXIN. 329 yon oxalsaurem Natrium die Leukocyten nicht im Geringsten sch~digt, dass sie in gleicher Weise wie in der Controle ohne Zusatz yon oxal- saurem Natrium ihre amoeboiden Bewegungen und die fibrigen Charak- teristica des intacten Lebens erkennen lassen. Wir gingen nun zun~chst daran, die soh~idigenden Wirkungen des Leukocidins auf die weissen BlutkSrp~rchen in derselben Weise zu studiren, wie es bisher fiblich war, and wie es aaoh van de Velde gethan hatte, n~mlieh auf dem geheizten Objecttisch im h~ngenden Tropfen. Dabei konnten wir die Angaben van de Velde's beziiglich der Qualit~t der durch das Leukocidin hervorge~fenen u der weissen Blut- kSrperchen in vo]lem Umfange best~tigen. Bei stiirkeren Concentrationen des Filtrates laufen die Ersoheinungen der Degeneration, wie es v a n d e Ve 1d e angegeben butte, in sehr kurzer Zeit ab, bei weiter fortschreitender Verdfin- nung des Toxins oder bei an sieh auch in starker Concentration nur sehwach leukocid wirkenden Giften stellen sich die Verh~ltnisse wesentlieh anders dar. Solche starke Yerdfinnungen sind abet unbedingt nSthig, sobald es sich nicht nut um qualitative, sondern aueh um quantitative Bestimmungen handelt, um z. B. den Grenzwerth zu bestimmen, beiwelohem ein be- stimmtes Toxin noch leukocide Eigenschaften zeigt. u des Toxins, die, wie van de Velde es angegeben butte, nach 10 Minuten, ja nach einer halben Stunde noch keine Sch~digungen der Leukocyten erkennen liessen, wurden yon ihm als Grenzwerth angenommen. Unter- sucht man abet dieselben Leukoeyten nach einer, ja nach 11/2 Stunden, so zeigen sie selbst bei diesen Yerdiinnungen des Toxins noch deutlich die Degenerationserscheinungen, w~hrend in Controlpr~paraten die Leuko- cyten noch intact sind. Die Angabe des Grenzwerthes des Toxins nach 1/2 stfindiger Eiawirkung auf Leukocyten wiire demnaeh eine fehlerhafte gewesen. Dadureh war zur Bestimmung tier Werthigkeit eines Staphylokokken- filtrates bezfighch seiner leukociden F~ihigkeiten die Nothwendigkeit einer l~ngeren mikroskopischen Beobachtung gegeben. Eine solche stSsst jedoch auf gewisse Schwierigkeiten. • yon tier ~usserst ermfidenden Beobachtung mit der Oelimmersion dutch viele Stunden war auch die Zahl tier an einem Tage ausffihrbaren Versuche auf ein Minimum re- ducirt. Ein .weiterer Uebelstand der mikroskopischen Beobachtung, wie sie van de Velde und die Anderen gefibt batten, liegt darin, dass man den Zellreichthum tier versehiedenen Exsudate, der bisweilen zwischen ganz bedeutenden Grenzen schwankt, vollst~ndig vernachl~ssigt hatte. Es mfisste daher einer jeden derartigen Untersuchung eine Bestimmung der weissen BlutkSrperehen durch Z~hlung vorausgehen, um vergleichbare 330 MAX I~EISSER UND FRIEDRICH WECHSBERG:

Resultate zu erreichen. Ferner sieht man oft in den Exsudaten, nament- tich wenn man mit sohw~cher wirksamen Toxinen arbeitet, nut einen Theft der Zellen, die fiir die Leukocidinwirkung charakteristischen Ver- ~aderungen.zeigen, w~hrend andere noch ziemlich intact sind. Es miisste also erst eine neuerliche Z~hlung das Verh~ltniss der intacten zu den nicht intacten Leukocyten klarstellen, um verwerthbare Untersuohungs- resultate zu erhalten. Alle diese Uebelst~nde schaffen aber neue Fehler- quellen, die nut durch weitere zeitraubende Untersuchungen ausgeschieden werden kSnnen.

h[ethode der Leukocidin-Untersuohung. (Bioskopische Methode). Wit versuchten es daher, eine ~ethode ausfindig zu machen, die, wenn mSglich, die mikroskopische Beobachtung duroh die makroskopische ersetzt und andererseits dutch ihre Einfachheit die Anstellung grSsserer Versuchsreihen an einem Tage ermSglicht. Wit ~ haben fiber diese Me- thode, die sich uns auch fiir eine Reihe anderer Untersuchungen als brauchbar erwiesen hat, bereits in Kiirze beriohtet. Wit wollen daher an dieser Stelle auf dieselbe nut insoweit eingehen, als es fiir die in Rede stehenden Untersuchungen nSthig ist. Wir gingen bei der Auf- findung dieser, der bioskopischen h[ethode, anknfipfend an die yon Ehr- lich in seinem ,,Sauerstoffbedfiffniss des Organismus" niedergelegten Be- funde, yon der Erw~gung aus, dass die Leukocyten als lebende Zellen eines gewissen Quantums yon Sauerstoff bedfirfen, den sie ihrer Umgebung entnehmen. Bringen wir also in die Fliissigkeit, in der die Leucocyten suspendirt sind, einen Farbstoff, der leicht reducirbar ist und dessen Reduotionsstufe sich yon dem nicht reducirten dutch die :Farbe unterscheidet, so w~re es auf diese Weise m~glich, aus dem Auftreten der Reduction auf die An- wesenheit lebender Leukooyten zu schliessen. Diese Ueberlegung zeigte sich als vollkommea be~findet. Unter allen diesbezfiglich untersuchten Farbstoffen hat sich uns alas Methylenblau als am besten geeigaet erwiesen, da es verh~ltnissm~ssig leicht zur Leukobase reducirbar ist. Allerdings bietet das Methylenblau den Nachtheil der Verkiipung (Reoxydation), ein Uebelstand, dem man dadurch begegnen kann, dass man die ~I5glichkeit des Zutrittes yon athmosph~rischer Luft verhindert. Ueberschichtung mit Paraffinum ]iquidum bewirkt das fiir unsere Zwecke in ausreichendem Maasse. 1 M. Neisser u. F. Wechsberg, Ueber eine neue einfache Methode zur Beob- achtung yon Schadigungen lebender Zellen und Organismen (Bioskopie)..M.i~nc,~ener me~. ~oe]~enscl~,if~. 1900. Nr. 37. ]~BER DAS STAPHYLOTOXIN. 331

Bringt man also in ein RShrchen yon etwa 7 mm lichtem Durehmesser 1/2 ccm eines zu gleichen Theilen mit einer 1 procentigen LSsung yon oxal- salem Natrium verdfinnten Aleuronatexsudates, ffillt dann mit 0.85 Proc. KochsalzlSsung bis zu 2 c~ Gesammtfliissigkeitsvolumen auf, setzt 2 Tropfen unserer MethylenblaulSsung zu, deren Zusammensetzung wit welter unten geben, and flberschichtet mit Paraffinum liquidum, so erseheint die blau gef~rbte Fl~issigkeit nach 2 stiindigem Verweilen im Thermostaten in der unteren H~ilfte des RShrchens weiss. Wir haben ffir unsere Versuohe stets an dem gleichen Fliissigkeits- niveau festgehalten, um die Bedingungen ffir die Reduction mSglichst gleich zu gestalten. Die l~enge yon 2 ~m ist etwas Conventionelles and wurde aus Zweckm~ssigkeitsgriinden gew~hlt. Centrifugirt man abet aus dem Exsudate die Leukocyten aus, und stellt den gleichen Versuch mit der leukocytenfreien Flfissigkeit an, so tritt keine Reduction aufi Ebenso unterbleibt dieselbe, wean man die Leukoeyten im Exsudate dutch Erhitzen oder durch Zusatz yon Chinin, Alkohol, Sublimat u. s. w. abgetSdtet bezw. gel~hmt hat. --Damit ist der Beweis erbracht, dass die Reduction abh~ngig ist yon der An- wesenheit yon Leukocyten und zwar yon lebenden Leukocyten. Wfirde nach dem Zusatze yon Chinin trotzdem noch Reduction eintreten, so mfissten wir daraus auf eine eventuelle bakterielle Verunreinigung sohliessen, da, wie wir in der bereits citirten Arbeit berichtet haben, auch Bakterien in lebendem Zustande die Kraft tier Reduction zukommt. Aus dem eben Gesagten l~sst sich auoh ungef~hr ersehen, welche Controlversuche stets n5thig sind, um einwandfreie Resultate zu erzielen; man muss speciell an bakterielle Yerunreinigung denken and diesen Ein- wand dutch geeignete Controlversuohe aussohliessen. Natiirlioh wird nicht die Anwesenheit eines einzelnen weissen Blut- kSrperchens geniigen, um wahrnehmbare Reduction des Farbstoffes hervor- zurufen, sondern stets erst eine betr~chtliche Anzahl. Daraus folgt, dass diejenige Menge eines Exsudates, die noch deutliohe Reductionserscheinungen zu erzeugen vermag, r paribus abh~ngig sein wird yon der Zahl der in der Volumseinheit vorhandenen weissen Blutk5rperchen. -- Ein zell- reiches Exsudat, das in der u mehr reducirende Einzel- individuen enth~lt, wird, gleiche u der Zellen natfirlich voraus- gesetzt, schon in geringerer Menge uns einen sichtbaren Ausschlag (Reduction des Methylenblau) geben, als ein zellarmes. Diese Erw~gung ist deshalb yon Wichtigkeit, weft sie bei der Werthbestimmung des Leukocidins in Frage kommen muss. Nehmen wir z. B. aH~ dass 1/2~~ eines in der angegebenen Weise verdiinnten Aleuronatexsudates dutch eine bestimmte Menge a eines Staphylotoxins 332 ~k[AX ~EISS]~R UND FRIEDRICH W]~CHSBERG: sower abgetSdtet wird, dass der noch fibrig bleibende Theft der Leuko- cyten an Zahl schon zu gering ist, um noch deutliche Reduction hervor- zurufen, so wird bei einem anderen Exsudate, das etwa doppelt so zell- reich ist, wie das erste, die gleiche ]~enge Toxin die Reduction nicht verhindern kSnnen. Es wird nach AbtSdtung der gleichen Anzahl yon yon Leukocyten noch immer eine genfigende Menge weisser BlutkSrperchen fibrig sein, um Reduction hervorzurufen. Aus diesen Betraehtungen ergiebt sich als nothwendige Consequenz, class jeder derartigen Untersuchung eine solche fiber den Zellreichthum der Exsudate vorausgehen muss. Diese Untersuchung ist leicht in der Weise ausfiihrbar, dass man abfallende Mengen des Exsudates, die alle zu der Gesammtflfissigkeitsmenge yon 2 ccm aufgeffillt werden, mit ]~ethylen= blau versetzt, und so die k]einste Exsudatmenge bestimmt, welche noeh Reduction hervorzurufen im Stande ist. Wir bezeichnen diesen Grenz- werth als Dosis minima reducens oder Lr = Limes reducens: Nur auf diese Weise 15sst sich die Fehlerquelle, die aus dem verschiedenen Zell- reichthume der Exsudate stammt~ vermeiden, und nut so lassen sich ver- g'leichbare Werthe far die leukocide Kraft, sei es desselben Toxins an ver- schiedenen Tagen, sei es verschiedener Toxine unter einander~ aufstellen. Wir haben bereits erw~hnt, dass Leukocyten verh~ltnissmSssig lang- sam reduciren, bedeutend langsamer z. B. als viele Bakterien, dass man also deshalb eine bestimmte Zeit wird warten mfissen, um das Maximum der Reduction zu erhalten. Dasselbe wird, wie wir aus entspreehenden Versuchsreihen ersehen, naeh 2 Stunden erreicht. Im Allgemeinen wird diejenige Exsudatmenge, die naeh 2 Stunden noch keine sichtbare Reduc- tion hervorgerufen hat, es auch nach dieser Zeit nicht mehr thun. Daraus folgt, dass zwisehen dem Zusatze des Indicators ffir die Reduction (Methylenblau) und dem Ablesen des Reductionsresultates die Zeit yon 2 Stunden verstreichen muss. tI~tten wit also ein Culturfiltrat auf seine leukocide Kraf~ zu prfifen, so w~re die Versuchsanordnung folgende: 1. Bestimmung der Dosis minima reducens, indem wit zu abfallen- den Mengen yon Leukocytefi Methylenblau zusetzen. Nach einer Be- obachtung yon 2 Stunden, w~hrend welcher ZeR die Leukocyten im Thermostaten waren, ersehen wit, welche Exsudatmenge noch reducirt. Dieser Versueh wird ergeben, dass noch die Menge yon 0.25 corn des ver- dfinnten Aleuronatexsudates deutlich Reduction hervorzurufen vermag. Lr ist also ---0.25 r176 Auf diesen Vorversuch folgt 2. der eigentliche Versuch bezfiglich der leukociden Kraft des zu untersuchenden Toxins. Wir nehmen zumeist die doppelte Lr-Dose, in unserem Falle also 0.5 cr der verdfinnten Aleuronatflfissigkeit, und ffigen ~BEE DAS STAPHYLOTOXIN. 333 nun abfallende Mengen des Toxins hinzu, ffillen in allen RShrchen mit 0-85 Procent KochsalzlSsang auf das Gesammtfliissigkeitsvolumen yon 2 r176 auf and fiberlassen die Leukocyten durch 11/2 Standen tier Ein- wirkung des Toxins im Thermostaten. Naoh dieser Zeit setzen wit zu jedem RShrchen 2 Tropfen unserer ]~ethylenblaulSsung zu, fiberschichten mit Paraffin, stellen die RShrehen neuerdings in den Thermostaten und notiren den Reductionsbefund nach 2 Stunden. Es sei nut kurz erw~ihnt, class alas sieh bildende Leukooytensediment eine gleiehe Differenz der Farbe zeigt, wie die darfiber befindliche Fliissig- keit. Sind die Leukoc~en abgetSdtet, so f~rben sie sich blau, leben sie, so bleiben sie weiss. Zwischen diesen beiden Extremen finden sich fliessende Uebergiinge. Wir haben uns bei der Beurtheilung, ob die Leukoeyten noch leben odor nioht, stets anr nach der Farbe der Flfissigkeit gerichtet, da bier die Grenzen sioh sch~rfer auspr~gen, und werden in den Tabellen auch nur den Reductionsbefund der Flfissigkeit angeben, trotzdem wir in unseren Protocollen stets auch die Farbe des Sedimentes notirten. Es bedarf wohl nicht der Erw~hnang, dass wir zu Beginn, borer die Methode in ihrer Brauchbarkeit genfigend erwiesen schien, unsere Befande dureh die mikroskopische Beobaehtang controlirten, und erst sparer, als wit uns yon ihrer Yerl~sslichkeit fiberzeugt hatten, yon der mikroskopischen Beobachtung vSllig absahen. Die Zusammensetzung der MethylenblaulSsung ist folgende: Methylenblau ...... 1.0 Alkohol. absolut...... 20.0 Aqua dest ...... 29.0 Diese LSsang wurde als StammlSsung verwendet, and ffir den jedes- maligen C-ebraueh 1 r162 derselben mit 49 r162 0.85 procentiger Kochsah- 15sung verdfinnt, and yon dieser Yerdfinnung wurden 2 Tropfen zugesetzt.

-- Wiihrend die StammlSsung sieh in Folge ihres hohen Alkoholgehaltes lange keimfrei erh~lt, ist die eigentliche GebrauchslSsung oft zu erneuern. LSsungen, in denen sich im Laufe tier Zeit Niederschl/ige gebildet haben, sind nicht zu verwenden. Nach ErSrterang dieser technischen Fragen wollen wir zu unseren Untersuehungen fiber die leukocide Wirkung tier Culturfiltrate yon Staphylo- coccus aureus and albus fibergehen. Wit haben bereits eingangs erw/ihnt, dass die qualitativen Ver- /inderungen, die das Leukooidin an den weissen BlutkSrperchen hervorruft, yon uns genau ebenso beobaehtet wurden, wie yon van de Velde, dass wit also diesbezfiglich vollstfindig dessen Befunde bestfitigen kSnnen. 334 _~L[AX ~EISS:ER UED ]~RI:EDBICH WECHSBERG:

1~ach welcher Zeit erreioht die Leukocidinwirkung ihren HShepunkt? Van de Velde hatte angegeben, dass die Leukocidineinwirkung sich sehr rasch vollzieht. Wit haben oben erw~hnt, class dies ffir stark wirk- same Gifte wohl seine Gfiltigkeit ha L dass dies jedoch bei sohwach wirk- samen Giften oder bei st~rkeren Verdfinnungen eines stark wirksamen niche; zutrifft. Die folgende Tabelle XV giebt uns ein Beispiel daffir.

Tabelle XV. Verschieden lange Einwirkung des Toxins auf Leukocyten. Lr = 0.25 co~ des zu gleichen Theilen mit 1 procentiger oxalsaurer l~atriumlSsung verdfinnten Exsudates.

Reduction Reduction Reduction Reduction Exsudat- Toxinmen e H naeh J nach t naeh I nach menge g 1]2 stiindiger 1 stiindiger 1 llg stiindiger 3 stiindiger ~m eem IIT~176176176 0.5 1-0 0 0 0 0 0.5 0.75 0 0 0 0 0.5 0.5 spurweise 0 0 0 0.5 0.25 spurweise 0 0 0 0.5 0.1 + 0 0 0 0.5 0.075 + 0 0 0 0.5 0.05 + 0 0 0 0.5 0"025 + + 0 0 0"5 0-01 + + + + 0.5 0.0075 + + + +

1 "0 ccm i Con- } 0.5ecru + i + + + trole inaet. Toxin I Einwirkung des Toxins auf die Leukocyten 1/2, 1, 11/2 und 3 $tunden. Dann Zusatz yon 2 Tropfen tier Me~hylenblaulSsung. -- Nach weiteren 2 Stunden den Be- fund tier Reduction notirt. -- hlle RShrchen wurden auf 2 r Gesammtfliissigkeits- Volumen aufgef~llt. -- 0 bedeutct keine Reduction, also todte Leukoeyten. + bedeutet complete Reduction, also lebende Leukocyten.

Aus diesem Versuche folgt, dass dasselbe Toxin nach 1/2stfindiger Einwirkung nut in einer Menge yon 0.75 r die Leukocyten in 1/2 ce~ unseres verdfinnten Aleuronatexsudates complet abzutSdten vermag, nach 1 stfindiger Einwirkung bereits in der Menge yon 0.05 oom, nach 11/2 stiin- diger Einwirkung in einer solchen yon 0.025 o~ dass ferner nach liingerer Einwirkung (3 Stunden) eine weitere Steigerung der leukociden Wirkung des Toxins nicht nachweisbar ist. Daraus ergiebt sich, dass zur Bestim- mung des Grenzwerthes der leukociden Kraft eines Staphylotoxins eine Beobachtungsdauer yon mindestens 11/2 Stunden nSthig ist. ~.~BER DAS STAPHYLOTOXIN. 335

kbschwiichung des Leukocidins. Zur Conservirung unserer Filtrate benutzten wit Carbol, wie dies be- reits bei unseren Untersuchungen fiber die h~molytische Wirkung des Staphylotoxins erw~ihnt wurde. W~hrend auf solche Weise conservirte Filtrate ihre hhmolytisohe Wirkung durch verh~ltnissmtssig lange Zeit beibehalten, sohw~cht sich die leukocide Wirkung ziemlich bald ab, um s~hliesslich ganz zu verschwinden, kls Beispiel diene hierfiir die Ein- stellung eines Toxins, wie sie in nachfolgender Tabelle wiedergegeben ist (Tabelle XVI). Tabelle XVI. Spontane Abschw~ichung eines conservirten Leukocidins. Lr = 0.25 ~ kleuronat-Exsudat.

Exsudat- Einstellung Einstellung Einstellung menge Toxinmenge am 10. IX. 1900 am 21. IX. 1900 am 26. IX. 1900 eem cem Reduction Reduction Reduction

0.5 1-0 0 0 0 0.5 0"75 0 0 0 0"5 0-5 0 0 0 0.5 0"25 0 0 0 0.5 0"1 0 0 spurweise 0.5 0"075 0 0 spurweise 0"5 0"05 0 0 + 0.5 0-025 0 0 + 0.5 0"01 0 + + 0.5 0"0075 0 + + 0.5 0.005 spurweise + + 0.5 0"0025 + + + l~]~stiindige Einwirkung des Toxins auf die Leukocyten, dann Zusatz yon hie- thylenblau (2 Tropfen). -- Nach weiteren 2 Stunden den Stand der Reduction notirt. W~hrend das urspriingliche Toxin in der Menge yon 0.0075 ~ die Leukocyten in 1/2cem verdiinnten Aleuronatexsudates complet abtSdtet~ wurde nach 11 Tagen dieselbe Wirkung nurmehr durch 0.025 ~ nach weiteren 5 Tagen durch 0.25 ~ hervorgerufen, w~hrend weleher Zeit die carbolisirten Toxine im Eisschranke aufbewahrt worden waren. Ein anderes Toxin vermochte nach 15 Tagen die gleiche leukocide Wirkung nurmehr in der Menge yon 0.5 ~cm auszufiben, die es vorher in der ~enge yon 0-0075 ~m hervorgerufen hatte. Bei l~nger dauernder Aufbewahrung verloren manohe Filtrate ihre leukocide Kraft endlieh vollst~ndig, w~hrend in der gleiehen Zeit das H~molysin des Staphylotoxins sich auf derselben H6he erhalten hatte, q Ob es sich bei dieser Absehw~chung des Leukocidins um einen voilst~ndigen Giftzerfall oder einen Uebergang in die ungiftige ]~Iodification, das Toxoid, handelt, k5nnen wir nicht entscheiden. 336 ]~IAX ~EISSER UND FRIEDRICH W:ECHSBERG:

Wann tritt das Leukocidin in Bouillonculturen auf?

In gleicher Weise, wie fiir das H~imolysin suchten wit auch fiir das Leukocidin des Staphylotoxins den Tag seiner Bfldung in Bouillonculturen zu bestimmen. Wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht, war in 2 t~gigeu Culturfiltraten Leukocidin mittels der bioskopischen Methode noch nicht sicher nachweisbar. Ein 4 t~giges Culturfiltrat desselben S~ammes war in der Menge yon 0.5~% ein 8t~giges in der Menge yon 0.025 ~176ffir die Leukocyten eines 112 ~ des verdfinnten Aleuronatexsudates leuc0cid. Bemerkt sei, class der Mangel eines Auftretens yon Reduction bei Zu- satz yon 1 o~m des 2t~gigen Culturfiltrates nicht absolut beweisend ffir die Anwesenheit yon Leukocidin spricht, da es nicht auszuschliessen ist, dass der in dieser Menge Fil~rat enthaltene Carbohusatz oder aber die Salzconcentration, die Alkalit~t oder dergleichen die Leukoeyten so weir sch~digt , dass sie das ~[ethylenblau nicht zu reduciren vermSgen. Aus der folgenden Tabelle geht des Weiteren hervor, dass naeh dem 8. Tage eine nennenswerthe weitere Zunahme an Leukocidin nicht effolgt war, da das 16t~gige Culturfiltrat ebenso wie das 8t~gige seinen Grenzwerth (L+) bei 0.025 ~om hatte. -- Aus diesen Versuchen folgt, dass die Leukocidin- Production bereits am 4. Tage deutlich ausgesprochen ist und stetig bis zum 8. Tage zunimmt, dass nach diesem Zeitpunkte aber in Bouillon, culturen eine weitere Leukoeidinbildung nicht stattzuhaben scheint (Tabelle XVII).

Tabelle XVII. Einstellung verschieden alter Culturfiltrate desselben Stammes. Lr = 0" 25 ~m des verdiinnten Aleuronatexsudates.

Exsudat- 2 t~giges 4t~tgiges 6tiigiges 8t~giges 16 t~giges menge Toxinmenge Filtrat Filtrat Filtrat Filtrat Filtrat;

C~II1 ccm Reduction Reduction Reduction Reduction Reduction 0.5 1-0 0 0 0 0 0 0-5 0"75 spurweise 0 0 0 0 0.5 0"5 + 0 0 0 0 0.5 0"25 + spurweise 0 0 0 0.5 0"1 + spurweise 0 0 0 0.5 0"025 + + spurweise 0 0 0.5 0.05 + + + 0 0 0.5 0"025 + + + 0 0 0-5 0"01 + + + + + 0.5 0-0025 + + +

Beziiglich Einwirkungs. and Beobachtungsdauer wie Versuch in Tabelle XV. ~'BER DAS STAPHYLOTOXIN. 337

Einfluss der Alkalescenz der N~hrbouillon auf die Leuko- cidinproduction. • die Frage, in wieweit die Alkalescenz dot N~hrbouillon ffir die Leukoeidinbildung in Betracht kommt, haben wir in Angriff genommen. Auch fiir die Production des Leukocidins seheint die 2/6-Bouillon am ge- eignetsten zu sein. Inaetivirung und Reactivirung. Van de Ve]de hatte, wie bereits erw~ihnt, in seiner des Oefteren citirten Arbeit angegeben, dass das Leukoeidin dutch Erhitzen auf 58 o dutch 10 Minuten zerstSrt wird. Wit kSnnen auf Grund unserer Yer- suehe diese Angabe van de Velde's dahin erweitern~ dass, wie sich aus der folgenden Tabelle ergiebt, bereits die Temperatur yon 500 dureh 20' genii~, um das Leukocidin vollst~ndig zu zerstSren (Tabelle XVIII).

Tabelle XVIII. Inactivirung des Leukoeidins bei versehiedenen Temperaturen. Lr- 0.25 e~m des verdfinnten Aleuronat-Exsudates.

InacHvirt Inactivirt Inactivirt Exsuda~ - Aetives Toxin menge Toxinmenge bei 45 ~ bei 48 o bei 50 o Reduction dureh 20" durch 20' durch 20' ccm Reduction Reduction Reduction 0.5 1.0 0 0 0 § 0.5 0-75 0 0 0 + 0.5 0.5 0 0 0 + 0-5 0.25 0 0 spurweise + 0-5 0.l 0 0 + + 0.5 0.075 0 0 + + 0.5 0.05 0 0 + + 0.5 0.025 0 0 + + 0.5 0.01 0 spurweise + § 0.5 0.0075 0 + + + 0.5 0 005 spurweise + § + Beztiglich Einwirkungs- und Beobachtungsdauer wie Versuch in Tabelle XV. Fiir das H~molysin hat sich ergeben, dass bei 50 0 noch Spuren des Giftes vorhanden waren, die erst bei 56 0 vollstandig verschwanden. Diese Differenz in tier Inactivirungstemperatur zwischen den beiden Giften wollen wir jedoch nicht zu hoeh ansohlagen; eventueI1 noch vorhandene Spuren des Leukocidins kSnnen leicht dem Nachweis entgehen, da wir bei der Leukocidinuntersuehung mit einem weniger empfindliehen Indicator arbeiten als bei dem H~molysin. Eine Reactivirung des inactivirten Leukocidins gelang ebenso wenig, wie die des H~molysins. Zeitsehr. f, Hygieue. XXXVI. 22 338 ~AX ~EISSER UND ~RIEDRICH WECHSBERG:

Leukooidinproduktion verschiedener Aureus- und Albus-St~mme. In gleicher Weise, wie auf HgLmolysin haben wit auch eine Anzahl derselben Sti~mme beziiglich ihrer Leukooidinproduktion gepriift. Das Resultat giebt die nachstehende Tabelle XIX.

Tabelle XIX. Quantitiit des Leukocidins in den Filtraten versehiedener St~mme yon Staphylococcus aureus und albus. Lr = 0.25 oc~ des verdfinnten Aleuronat-Exsudates.

Menge des L.~ (einfache, complet Wie vielfach normal, wenn Aleuronat- Nr. des abt5dtende Dose fiir 0-5 earn ein Gift, dessen L+ = 0.1 exsudates Stammes Aleuronatexsudat) ist, als normal angenommen C~III CCrll wird

0.5 1 0-075 1 "33 0.5 2 1.0 (0 1/lo (?) 0.5 3 1.0 (?) 1:'1o (?) 0-5 4 1.0 (P) '/lo (?) 0-5 5 0.5 I/5 0.5 6 1.0 (?) 111o (?) g 0.5 7 0"5 8 0.25 0.5 9 1-0 (P) 1/lo (?)

4.a 0.5 11 0.0075 13.3 0.5 12 0-25 2/5 0.5 15 0.5 19 [0.5 la 0.5 2a 0-5 3a 0.5 4a 0-005 20 0-5 5a 0.025 4

Exsudat + Toxin wurden zun~ehst 11/2 Stunden im Thermostaten gehalten, dann Methylenblau zugesctzt, und die Reduction naeh weiterem 2 stiind. Aufenthalt im Thermostaten beobaehtet. -- bedeutet, class Leukocidin nieht naehweisbar war:

Wie bereits erw~hnt, kSnnen wir bei jenen St~mmen, deren Ffltrat erst in der Menge yon 1.0 ~~ leukocide Wirkungen erkennen liessen, nicht mit Sicherheit angeben, ob das • der Reduction auf die Einwirkung des Leukocidins zurfickzuffihren ist, oder eventuell auf den Carbolgehalt oder andere Erscheinungen, die mit dem Salzgehalte u. s. w. tier Bouillon zusammenhiingen. ~.~BER DAS STAPHYLOTOXIN. 339

Aus diesen Untersuchungen erhellt, dass die Leukocidinproduction der untersuchten Aureusst/~mme innerhalb weiter Grenzen schwankt, da ein Stature die 133fache Menge Toxin produciren kann als ein anderer. Die beiden nicht pyogenen St/~mme 15 und 19, in deren Cultur- filtraten wir kein H/~molysin nachweisen konnten, zeigten auch keine L eukoeidinproduction. Dagegen fanden wit auch eine Anzahl pyogener Aurei, bei denen wit Leukocidinproduction nicht re.it Sieherheit naohweisen konnten. Be- zfiglioh dieser St~mme m~issten erst weitere Untersuchungen ergeben, ob die Leukocidinproduction thats~r vollkommen fehlt; namentlich miissten die Filtrate dieser St~mme nach verschieden langem Wachsthum unter- sueh~ werden, um bei dem verh~ltnissmassig rasch vet sioh gehenden Zeffall des gebildeten Leukocidins den richtigen Zeitpunkt fiir die Unter- suchung zu gewinnen. Ein Theil dieser Untersuchungen fiel iibrigens in die Zeit, in weloher wir noch nicht mit der Thatsache bekannt waxen, class die 2/6-Bouillon ffir die Toxinproduction am geeignetsten ist. Einen Stature, der Leukocidin, abet kein H/imolysin producirt h~tte, konnten wir bisher nicht auffinden. Durch Vergleieh der H/~molysin- und Leukooidinproduction eines und desselben Stammes fanden wir~ dass einzelne St/imme beide Gifte ziem- lich gleichm~ssig produciren, dass es abet andererseits St/imme giebt~ bei denen das Leukocidin yon dem H/imolysin an Menge weir iibertroffen wird, dass also Leukocidin- und H'~molysinproduction nicht Hand in Hand gehen. Von 5 untersuchten Albusst~mmen zeigten 3 keine Leukocidin- production. Bei diesen liess sich auch H/~molysin nicht nachweisen. Da- gegeu zeigten zwei aus pathologischen Processen stammende Albusst~mme Leukocidin in sehr reichlicher ~[enge, ebenso, wie diese St/~mme ja auch im Gegensatz zu den fibrigen Albusst/~mmen H/~molysin gebildet hatten. Sind die Leukocidine verschiedener Aureusst~mme unter einander identisch? Sind Aureus- und Albusleukocidin identisch? Die Frage nach der Identit~t des yon verschiedenen Aureusstfimmen producirten Leuk0cidins liess Sich leicht dadurch entscheiden, dass wir die leukocide Wirkung tier verschiedenen Filtrate dureh ein Serum aufzuheben versuchten, das dutch die Immunisirung mit einem einzigen Aureustoxin gewonnen war. Diese Untersuchungen fiihrten zu dem Resultate~ dass die leukocide Wirkung s~mmtlicher Aureusfiltrate sich dutch ein solches Immunserum neutralisiren liess, dass wir also das Recht haben, die Leukocidine s~mmtlicher untersuehter Aureus- st~mme als identisch anzusehen. 22* 340 ~[A~ NEISSER UND ~RLEDRICH WECHSBERG:

In gleicher Weise wurde die Frage entschieden, ob das Albus- uud Aureusleukocidin identisch seien, indem wit die leukocide Wirkung der Albusfiltrate dutch ein Aureus-Antitoxin zu neutralisiren versuchten. Es ergab sich, dass auch das yon den 2 Albusst~immen producirte Leukocidin mit dem Aureusleukocidin identisch war.

Steigerung der Leukocidinproduction dutch Thierpassage. In Kfirze sei noch darauf hingewiesen, dass es mSglich war, einen Stature, der dutch lange Fortzfichtung auf Agar zum grSssten Theile die F~higkeit der Leukocidinproduction verloren hatte, dutch einige Thier- passagen (Kaninchen, intrapleural) auf die ursprfingliche HShe der Toxin- production, ja sogar fiber diese hinaus zu bringen.

An tileuko.eidin. Denys und van de Velde 1 war es bereits gelungen, durch Immuni- sirung yon Kaninchen mit dem Culturfiltrat yon Staphylococcus pyogenes aureus einen AntikSrper im Serum der-Versuchsthiere zu erzeugen, der im Stande ist, die leukociden Wirkungen des Culturtiltrates aufzuheben. Wit haben diese Yersuche yon Denys und van de Velde wiederholt. Bezfiglich der Art der Toxininjectionen, die for die Erzeugung des Antitoxins zu wiihlen ist, gelten dieselben Bedingungen, die bereits aus- ffihrlich bei dem AntikSrper des H~molysins des Staphylotoxins angegeben worden sind.

Antileukooidin normaler Sera. Zun~chst untersuchten wir die Frage, ob die normalen Sera ver- schiedener Thierspecies Antileukocidin in nachweisbarer h[enge besitzen.- Entgegen der Annahme yon Denys und van de Velde miissen wir be- richten, dass es uns night gelang, im normalen Kaninchenserum Anti- leukocidin nachzuweisen. Denys und van de Velde stfitzten ihre Be- hauptung yon der Anwesenheit eines normalen AntikSrpers gegen das Leukocidinim Kaninchenserum auf folgende Beobach~ung: ZurBestimmung der Werthigkeit eines Staphylotoxins wurde dasselbe bis zu demjenigen Grade verdfinnt, bei welehem eben noch bemerkbare, wenn auch verzSgerte Sch~idigungen der beschriebenen Art sich an den weissen BlutkSrperchen milrroskopisch nachweisen liessen. Diese Verdfinnungen des Toxins wurden

1 Denys und van de Velde, Sur la production d'une antileucocidine chez les lapins vaccines contre le staphylocoque pyog~ne. ~a cellule. T. XI. Faso. 2. ~_~B:ER DAS STAPHYLOTOXIN. 341

zum Theile mit physiologischer Kochsalz15sung, zum Theile mit normalem Kaninchenserum ausgeffihrt, und da zeigte sich die Thatsache, dass man bei der Verdfinnung mit Kaninehenserum nicht so weit hinabgehen konnte, wie bei der mit physiologischer KoehsalzlSsung, d. h. dass man bei u diinnung mit normalem Kaninchenserum grSssere Toxinmengen nSthig hatte, um den gleiehen Effect zu erzielen. Denys und van de Velde sehlossen voraus auf eine partielle Giftneutralisation, bedingt dutch einen im normalen Kaninehenserum enthaltenen • Wie bereits er- w~hnt, konaten wir einen solchen AntikSrper night naehweisen, und es hesse sich die Differenz, die Denys und van de Velde zwischen einem mit physiologischer KoGhsalzlSsung und einem mit normalem Kaninchenserum verdiinnteu Toxin constatierten, vielleieht dadurch erklareu, dass das Serum ffir die Leukoeyten eine adaequatere Flfissigkeit war, als die Koehsah- 15sung, und dass deshalb die LeukoGyten sigh gegen das Toxin resistenter erwiesen. Dagegen konnten wit im normalen P fe r d e s e r um und im M e n s c h e n- serum ~hnlieh wie ffir das H~molysin einen AntikSrper des Leuko- cidins nachweisen, wie aus den beiden folgenden Tabellen XX und XXI hervorgeht. Tabelle XX. Antitoxingehalt eines normalen Pferdeserums (bei 560 inactivirt) gegen- fiber Leukoeidin. Lr = 0.25 ecru des verdfinnten Aleuronatexsudates.

Menge des Exsudatmenge Toxinmenge inactiven Reduction Pferdeserums

0,5 ccra 0-05 cc~ 1"0 ccra + 0.5 ,, 0.05 ,, 0- 75 ,, + 0-5 ,, 0.05 ,, 0.5 ,, + 0.5 ,, 0-05 ,, 0.25 ,, + 0.5 ,, 0.05 ,, 0-1 ,, spurweise

Controle I 0- 5 ~~ 0.05 r Controle II 0.5 corn

Controle I beweist, dass 0.05 corn Toxin ohne Pferdeserum im Stande sind, die Leukooyten zu t5dten. Controle II beweist, dass das Pferdeserum allein keine Redaction hervorrief. (Sterilitiitspriifung.) Das Toxin + Pferdeserum wurden zun~ichst eine Stunde im Brutschrank ge- lassen, dann die Leukoeyten zugesetz~. Einwirkungsdauer des Toxin-Pferdeserum- Gemisehes und Beobaehtungsdauer wie bei Versuch in Tabelle XXII. Das Pferdeserum war bei 56 0 durch eine halbe Stunde inactivirt worden, um eventuell im normalen Pferdeseram vorhandene Lysine fiir Kaninchen- Leukoeyten zu zerstSrem 342 ~]-AX NEISSER UI~D ~RIEDRICH W~ECHSBERG:

Tabelle XXI. Antitoxingehalt eines normalen Menschenserums (bei 560 inactivirt) gegeniiber Leukocidin. Lr ---- 0" 25 c~ des verdfinnten Aleuronatexsudates.

Inactives Exsuda~menge Toxinmenge Reduction Menschenserum

0.5 ccm 0.05 r176 1 o0 ccm +

0-5 ,, 0 05 ,, 0.75 ,, + 0.5, 0-05 ,, 0.5 ,. + 0-5 ,, 0-05 ,, 0.25 ,, + 0.5 ,, 0.05 ,, 0.1 + 0.5 ,, 0-05 ,, 0*075 ,, 0 0-5 ,, 0-05 ,, 0-05 ,, 0

Controle 1 0-5 r176 O. 05 ~c,. Controle II 0.5 ccm

Beztiglieh Conlrole I und H, sowie beziiglioh der iibrigen Bemerkungen zum Vel~uche vergleiche Tabelle XX. Tabelle XX1L Einstellung eines kfinstlich erzeugten Antitoxins (Kaninchen) gegentiber Leukocidin. Lr----0.25 ecru des verdfinnten kleuronatexsudates.

Menge Exsudatmenge Toxinmenge Reduction des Antiserums

0"5 ccm 0-1 ecru 1 "0 r 0"5 ,, 0"1 ,, 0.75 ' ,, + 0"5 ,, 0"1., 0.5 ,, + 0"5 ,, 0"1 ,, 0.25 ,. + 0"5 ,, 0"1 ,, 0.1 ,, + 0-5 ,, 0.1 ,, 0.075 ,, +

0.5 ,, 0.1 ,, 0.05 ,, spurweise 0.5 ,, 0-1 ,. 0.01 spurweise ? 0-5 ,, 0.1 ,, 0.0075 ,, spurweise ? 0.5 ,, 0.1 ,, 0.005 ,, 0 Controle I 0- 5 r176 0-1 ~cm Conlrole II 0-5 ccm

Toxin + Antiserum 1 Stunde im Thermostat dann Zusatz des Exsudates, Ein- wirkung des Toxin-Autitoxin-Gemisches auf die Leukocyten 11/~ Stunden. Zusatz yon 2 Tropfen Methylenblau, Beobachtung nach 2 Stunden. Controle I beweist, dass die Menge yon 0-1 oom Toxin die Leukoeyten in einem halben Cubikeentimeter des verdiinnten Exsudates abtSdtet. Controle II beweist, dass das Antiserum selbst nieht reducirt (SterilitRtspriifung). ~BER DAS STAPHYLOTOXIN. 343

Durch Immunisirung gewonnene AntikSrper. Die Immunisirungen wurden an Kaninchen und Ziegen vorgenommen. Als Beispiel flit die Werthigkeit eines solchen specifischen Antiserums gelte tier in der vorstehenden Tabelle XXII wiedergegebene Versuch. Die Frage der Wirksamkeit des dutch Immunisirung mit einem Toxin erzeugten AntikSrpers gegen alle yon Staphylococcus aureus und ~lbus s~ammenden Leukocidine wurde bereits er5rtert. Wit schliessen aus u dass nur die typischen pyogenen Staphylokokken (Aurei und Albi)ein Leukocidin, und zwar ein und dasselbe Leukocidin, produciren. Ob diese Leukocidinbildung ein ebenso constantes Merkmal der pyogenen Staphylokokken ist, wie wit es ffir das H~molysiu nachweisen konnten, muss weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. Jedenfalls abet bildeten Staphylokokken (Aurei und Albi), welche zum Theft schon culturell, besonders aber dutch den dauern- den Mange] der H~molysinproduction, yon den typischen pyogenen Staphylo- kokken verschieden waren, auch kein Leukocidin.

Nephrotoxin. Gelegentlich der Immunisirung mit dem Staphylotoxin dutch intra- venSse Injection, in geringerem Grade auch bei subcutanen, wurden eigen- thfimliche u in den Nieren tier Versuchsthiere constatirt, fiber welche yon Krn. Collegen Levaditi auf dem vorj~hrigen inter- nationalen Congresse zu Paris bereits berichtet wurde. Diese Nierenveriinderungen haben ihren Sitz in der Nierenrinde; weder die Marksubstanz nooh die eigentliche Papille erscheinen betroffen. In tier Nierenrinde unterscheidet man 3 Zonen. Geht man yon tier Peripherie gegen das Ceutrum, so findet man: 1. Eine fast circulate, unregelm~ssige Zone, in der die tubuli contorti zum Thefle zu Grunde gegangen sind, und in der die peritubul~iren Zwisr erffillt sind mit einer enormen Menge fragmentirter, voll- st~ndig zerstSrter Leukocyten. 2. Eine mittlere Zone, in der die leukor Reaction geringer ist, in der aber die Nekrose des Epithels ausserordentliGh ausgesprochen ist. Nur ein geringer Theft der Epithelien tier tubuli confetti besitzt noch ihren Kern, der jedoch die Zeiohen der Pyknose und damit des Zellunter- ganges zeigt. Der grSsste Theil der Zellen ist nicht gef~rbt, kernlos, im Zustande der Coagmlationsnekrose. Die tIarncan~lchen enthalten vereinzelt hyaline Cylinder, ausserdem fragmentirte zerfallene Leukocyten. In dieser 344 ~AX ~EISSER UND FRI:EDRICH WECHSBERG:

Zone sind die Glomeruli in ausgedehnter Weise ver~indert. Es finden sieh an ihnen alle Ueberg~inge yon der einfachen Hyper~imie bis zur v511igen Nekrose, bei welcher yon dem Glomerulus nichts fibrig ist, als ein form- loser ttaufen ohne Struotur, umgeben yon einer gesehrumpfteu Kapsel. 3. Eine ausgedehnte Zone, die der ersten gleicht und reich ist an fragmentirten Leukocyten, namentlich in den peritubul~iren R~iumen; in dieser Zone findet man, dass, w~hrend ein Theil der Gef~isse normal dt~rchg~ngig ffir das Blur ist, eine grosse Anzahl yon Gefassen erfiillt sind yon Thromben, die aus zeffallenen Leukocyten und ausserdem aus Fibrin bestehen. Diese Ver~inderungen der Nierenrinde sind herdfSrmig, doch .fliessen zumeis~ die veriinderten, nekrotischen Herde zusammen, so dass unver~nderte Rindengebiete nut sehr sp~rlich vertreten sind. Diese Ver~nderungen in der Niere kSnnen nut als Infarcte gedeutet werden, die dureh den Befund thrombosirter Gefasse genfigend erkl~irt werden. Diese Thrombosen der Gef~sse sind bedingt, wie das mikro- skopische Bild es zeigt, dutch den reiehlichen Zerfall yon Leuko- cyten, welchen wir wiederum als Folge tier Leukocidinwirkung auffassen miissen. R ibb eft 1 hatte bereits in seiner Monographie die nach intravenSser Injection yon Staphylokokkenculturen beim Kaninchen auftretenden Ver- anderungen der Nieren, des Herzens, der Lungen, der Milz und des Knochenmarkes beschrieben. Die l~ieren zeigten nach ibm erstens herd- fSrmige, dutch die Gegenwart der Kokken selbst bedingte Erkrankungen (Abscesse, Infarcte) und diffuse Ver~nderungen, die er auf Toxinwirkung zurfickffihrt. Den Beweis ffir die Toxinwirkung erbringt Ribbert dadurch, dass er eine Reihe yon Versuchsthieren mit sterilisirten Cultaren intravenSs und subcutan injicirte. Die Sterilisirung wurde theils dutch Kochen, theils durch mehr- stfindiges Erw~rmen auf 55 bis 60 ~ bewirkt, da Brieger und Fr~nkel nachgewiesen hatten, dass das yon ihnen aus Staphylococcus pyogenes aureus dargestellte Toxalbumin seine Giftigkeit dutch Erwarmen fiber 600 verlor. Nach Injection der'sterilisirten Culturen konnte Ribbert diffuse Degeneration und herdfSrmige thrombotische Ver~ndcrungen in den l~ieren nachweisen. Diese yon Ribbert beschriebenen Befunde haben mit den yon uns eben mitgetheilten niehts Gemeinsames. Zun~ichst erwahnt Ribbert

Ribbert, Die pathologische Anatomle und die Heilung der dutch den Sta- phylococcus pyogenes aureus hervorgerufenen Erkrankungen. Monographie. Bonn 1891. ~BER DiS STAPHYLOTOXIN. 345 nights yon Infarcten, die durch zu Grunde gegangene Leukocyten erzeugt werden, ferner sind auch seine auf Toxinwirkung zuriickgeffihrten Befunde nach Injection sterilisirter Culturen nieht einwandsfrei, weil er zun~chst bei der Injection tier sterilisirten Culturen das todte Kokkenmaterial mit einspritzt~, also durch dieses eine mechanische Verlegung der Gef~sse mSglich war, ferner weil sowohl das Kochen, als auch das mehrstfindige Erhitzen der Culturaufschwemmung auf 550 bis 60 o sigher jede Spur des Toxins zerstSrt hatte, also yon einer Toxinwirkung nicht mehr die Rede sein konnte. Die erw~hnten beiden ~[omente fielen bei der yon uns ausgefiihrten InjeGtion yon Culturfiltrat fort, da in dem Filtrate keinerlei corpuscul~re Elemente vorhanden waren, es sigh also bei den Ver~inderungen um reine Toxinwirkung handeln musste. Unsere Befunde sind deshalb yon WiGhtigkeit, weft aus ihnen erhellt, class dieselben Verhnderungen, die wit im Reagensglase, van de Velde auch im pleuritisehen Exsudate naGhgewiesen batten, auch an den im kreisenden Blute vorhandenen Leukocyten dutch das Toxin hervorgerufen werden. Waren die Nierenver~nderungen duroh die mechanische Verlegung der Gef~sse dutch die abgetSdteten Leukocyten geniigend erkliirt, so war trotzdem noch die MSglichkeit gegeben, dass ausserdem durch das Toxin eine directe Sch~digung des Nierenepithels, namentlich der ge- wundenen ttarncan~lehen erfolgt. Eine solGhe MSglichkeit ersGheint durch (lie iibereinstimmenden Befunde theils degenerativer Natur an den Epi- thelien der Haracan~lchen, theils nephritischer Processe bei lang dauern- den Eiterungen um so wahrscheinliGher. Denn bei allen Formen tier Nephritis handelt es sigh nach Weigert 1 stets auch um Ver~nderungen an dem Epithel der Harnean~lchen, m5gen diese nun Erscheinungen der Degeneration oder einfaGhen Atrophie (W eig ert) darbieten.

Werden Nierenepithelien durch Staphylotoxia abgetSdtet? Wir versuchten den Naehweis der AbtSdtung der Epithelien mittels tier bioskopischen Methode zu ffihren. Zun~chst handelte es sieh datum, auGh hier die Dosis minima reducens zu bestimmen. Die Versuchsanordnung war folgende: Da das Staphylotoxin, wie aus den vorhergehenden Versuchen hervorgeht, sowohl die weissen als aueh die rothen BlutkSrperchen sch~digende Toxine enth~lt, und wir nieht wussten, ob dasjenige Gift, das eventuelle Seh~digungen der Nierenepithelien her-

1 Weigert, Die Bright'sche Nierenerkrankung yore pathologisehen Stand- punkte. Volkmann's Sammlung klin. ~rortr~ge. 162 u. 163. 1879. 346 MAX ~:EISSER UND I~RIEDRICH WECHSBERG: vorruft, mit einem der beiden anderen Gifte identisch ist oder nieht, so mussten wit Nierengewebe zur Untersuchung haben, das m5gliehst frei yon Blur war. Zu diesem Zweeke wurde ein lebendes Kaninchen yon der 5ugularis aus mit 11/2 bis 2 Liter warmer physiologischer NaC1-L5sung durchspfilt. Die 0rgane waren dann vollst~ndig an~imisch und sahen wie gekocht ans. Von den Nieren eines so durehbluteten Kaninchens wurde die Nieren- rinde abgetragen, unter Zusatz einer Spur yon sterilem Quarzpulver sorg- f~ltig yen'leben und mit 10 ~~ einer 0.85 proeentigen Koehsalzl5sung aufgeschwemmt. Von dieser Organaufsehwemmung wurde nun die Dosis minima reducens bestimmt, wie aus der n~ichstfolgenden Tabelle XXIII zu ersehen ist. Tabelle XXIII. Bestimmung der Dosis minima reducens einer Nierenrindenaufschwemmung.

Menge Reduction der Nierenaufschwemmung

6 Tropfen + 5 ~, + 4 ~ + + 0 0

Zusatz yon 2 Tropfen Methylenblaul5sung; beobachtet nach I Stunde.

Wit gaben nun zu je 5 Tropfen der Organemulsion fallende Mengen unseres Staphylotoxins zu, liessen dasselbe eine Stunde lang einwirken und setzten dann je 2 Tropfen unserer Methylenblaul5sung zu. Das Resultat des u zeigt die folgende Tabelle XXIV.

Tabelle XXIV. Einstellung eines Toxins gegenfiber einer Nierenriudenaufschwemmung.

Menge Toxinmenge Reduction der Nierenaufschwemmung

5 Tropfcn 1-0 + 5 ~ 0.75 + 5 ~, 0-5 + 5 ~ 0-25 + 0-1 +

Einwirkung des Toxins auf die Organaufschwemmung 1 Stunde. Daun Zusa~z yon 2 Tropfen MethylenblaulSsung. -- Beobachtung nach 1/~ Stunde. ~BER DAB STAP~YLOTOXLN ~. 347

Aus diesem Versuche ergibt sieh, dass die mit Staphylotoxin versetzte Organemulsion genau ebenso rasch und vollst~ndig reducirte, wie die ohne Staphylotoxinzusatz. Da abet durch Koehen oder • u. s. w. abge- tSdtete NiereIisubstanz die Fiihigkeit der Reduction verliert, wie sich aus entsprechenden Versuchsreihen ergab, so mfissen wir annehmen, dass in unserem Falle die Nierenepithelien dureh die Einwirkung des Staphylo- toxins nicht abgetSdtet worden waren. Ein zweiter Yersuch wurde in der Weise angestellt, dass an zwei Kaninchen die Niere yon rfickw~rts frei priiparirt w'urde, und in die Substanz der Nierenrinde des einen Kaninchens 0.25 ~cm Staphylotoxin und in die des anderen Versuchsthieres 0.25 ~176 inactivirten Toxins mittels einer Pravaz'schen Spritze mit feiner Caniile injicirt wurden. 1 Die Wund- heilung ver]ief vollkommen aseptisch. Die nach 5 Tagen getSdteten Thiere liessen makroskopisch keine Differenz in dem Aussehen der Nieren erkennen. Eine mikroskopische Untersuchung wurde nicht vorgenommen. Auch dieser Versuch scheint dafiir zu sprechen, dass eine AbtSdtung der Nierenepithelien dutch das Staphylotoxin nicht stattfindet. Trotzdem uns aber der experimentelle Nachweis der directen Einwirkung des Staphylolysins auf die Nieren- epithelien nicht gelungen ist, m5chten wir gleichwohl die MSgliehkeit einer solchen directen Einwirkung nicht ausschliessen.

Zusammenhang des Staphylokokken-H~molysins und -Leukocidins. Nachdem beide Gifte getrennt untersucht waren, tag die Frage nahe, in welchem Verh~ltniss zu einander beide Gifte stehen. Dass es nicht die Wirkung eines Giftes sein kSnnte, ging schon daraus hervor, dass das • und Verschwinden beider Gifte nioht gleichm~ssig effolgte. So fanden wir einmal, class am vierten Tage Leukocidin schon reichlich vorhanden war, wi~hrend das H~molysin erst spurweise nachweisbar war. Und andererseits verlor ein Gift im Eisschrank sein Leukocidin vSllig, ohne veto H~molysin viel einzubfissen. Und schliesslich enthielten die verschiedenen Gifte, wie aus den Tabellen zu ersehen ist, die beiden Gifte in ganz verschiedenem V~erhiiltniss. Daraus folgt mit Sicherheit, dass die toxophoren Gruppen der beiden Gifte

1 Hr. College Levaditi ha~e die Freundliehkeit, uns diese Technik anzugeben und bei der Ausfiihrung der Versuche behiilflich zu sein. 348 ~EISS:ER UND FRLEDRICH WECHSBERG: verschiedene sein mfissen, die unabhiingig yon einander entstehen und vergehen (oder in Toxoid iibergehen) kSnnen. Es war nun zu untersuchen, ob auch die haptophoren Gruppen verschiedene waren, oder ob etwa beide toxophoren Gruppen die gleiohe haptophore Gruppe besassen. Um es anders auszudrficken, es war also zu untersuchen, ob das Verh~ltniss yon H~molysin und Leukocidin dasjeaige war, wie es ein Toxin zum Toxoa hat, oder ob es so war, wie sich Tetanospasmin zum Tetanolysin verh~lt. FOr die Auffassung der gleichen haptophoren Gruppen spricht mancherlei: Einmal die Thatsache, dass durch Immunisirung mit einem h~molysinhaltigen, abet leukocidinfreien G~ ein AntikSrper auch gegen- fiber dem Leukocidin entsteht. Aber das w~re auch erkl~rlich, wenn die haptophoren Gruppen verschieden sind, nut mfisste man dana annehmen, dass in diesem scheinbar leukocidinfreien Gifte das Leukocidin doch vor- handen war, aber in der erw~hnten ,,blinden" Form als Toxoid. Tizzoni und Centanni 1 haben Derartiges augenscheinlich beim Tetanusgift erleb~. Denn wenn sie mit einem tetanolysinfreien Gifte immunisirten, erhielten sie gleichwohl einen AntikSrper gegen das Tetanolysin. Weiterhin spricht for die Gleichheit der haptophoren Gruppen die ThatsaGhe, dass da, wo normaler Weise Antistaphylolysin vorkommt (~ensch, Pferd), auch stets Antileukocidin vorhanden ist. Man mtisste anderenfalls dann doch an die MSglichkeit einer specifischen Entstehung dieser normalen hntitoxine (also durch fiberstandene Staphylokokken- infectionen) denken. Und schliesslich kann man durch Zugabe yon Erythrocyten zu einem Gifte sowohl das H~molysin als auch das Leukocidin absorbiren. Auch das spricht also fOr die Gleichheit der haptophoren Gruppen, es w~re denn~ dass die Erythrocyten Receptoren sowohl fOr das tI~molysin wie ffir das Leukocidin besitzen. Wir worden nach alledem also annehmen, dass beide Gifte die gleich e haptophore Gruppe besitzen, wenn nicht ein ausschlaggebender Einwand dagegen spr(iche. Es ist uns n~mlich bei sehr zahlreichen Versuchen niemals gelungen, durch Zugabe yon Leukooyten zu einem Staphylotoxin beide Gifte zu absorbiren. Es verschwand wolff stets das Leukocidin und auch etwas H~molysin, abet eine sehr starke Abnahme des tt~molysins haben wir hie erzielt. Dass etwas H~imolysin, verschwindet, ist nicht wunderbar, wenn man bedenkt, dass jedes Leukocytenexsudat ziemlich reichlich Erythrocyten enth~ilt. Auf Grund dieser letzteren u miissen wir

1 R. Academia delle Scier~ze dell" Iatituto di Bologna. Bologna 1900. ]~BER DAS ~TAPHYLOTOXIN. 349 deshalb annehmen, dass Hhmolysin und Leukocidin sowohl ~ver- schiedene toxophore wie verschiedene haptophore Gruppen be- sitzen, dass sie sich also verhalten etwa wie Tetanospasmia zu Tetanolysin.

Schluss. Es ist somit gezeigt worden, dass die pyogenen Staphylokokken zwei Arten Blutgifte produciren, welch~ als T oxine im engeren Sinne zu be- zeichnen sind. Und damit gehSren die Staphylokokken in die Reihe der- jenigen Mikroben~ welche 15sliche Gifte produciren. Man wird deshalb bei der Deutung mancher Erscheinungen in der Pathologie tier Staphylo- mykosen neben den Giften der Kokkenleiber auch diese 15slichen Staphylokokkentoxine in Betracht ziehen diirfen.