3,50 August 2002 Nr. 35

Essener Nahverkehr - gestern und heute Herausgegeben von der Verkehrshistorischen Arbeitsgemeinschaft EVAG e. V.

Stadtbahnzug der Linie U17 auf der neugebauten Zweigertbrücke über den Rhein-Herne- Kanal und die Emscher. Mit der Inbetriebnahme der -Nordstrecke ist das Essener U-Bahnnetz vorerst vollendet. In diesem Jahr wird die Essener U-Bahn 25 Jahre alt...

25 Jahre U-Stadtbahn

STERNFAHRT - Sonderausgabe Ein Blick in die Baugrube in der Huyssenallee. Im Vordergrund sind die Tunnel für die Weichenstraße, in der Mitte ist das Verzweigungsbauwerk sowie die Stadtgartenschleife und im Hintergrund die provisorische Rampe, die vom Bahnhof Saalbau in Richtung Norden führt, zu erkennen. (Aufnahme: Archiv EVAG) Liebe Leser!

Am 29. Mai 1977 begann der U-Bahn-Betrieb in Essen, das „U-Bahn-Zeitalter“, je nach Wortwahl, die „Stadtbahn-Ära“ genannt oder war es doch die „U-Stadtbahn“? Oder ist die U-Bahn in der hiesigen Form nicht viel mehr als eine etwas größere (bessere?) Straßenbahn? Und: hatten wir sie nicht schon lange, die „schnellste U-Bahn der Welt“ nach Dieter Hildebrandt, 1967?

Je nach Standort des Einzelnen in seinem politischen, unternehmensseitigen oder sonstigen Umfeld waren und sind die Äußerungen zur Stadtbahn höchst unter- schiedlich: anerkennend, gleichgültig, herabsetzend, ironisch... Was fehlt ist „rich- tig begeistert“. Aber gibt unsere Stadtbahn dazu Anlass? Vor 25 Jahren war da viel Euphorie, die der Alltag eingeholt hat. Alles war neu, sauber und frisch. Jetzt ist manches abgenutzt, verstaubt, heruntergefahren. Aber es wird auch dagegen angearbeitet. Baustellen sind in etlichen Bahnhöfen.

„Was wird das da für ein Loch am Hauptbahnhof?“ - „Ein Aufzug!“ - „Gut, ey!“ Und jetzt, nach 25 Jahren, kann man erst sehen, was ein richtige Stadtbahn her- macht. Sehen Sie sich die neue U17 an, die große Süd-Nord-Linie von der Margare- thenhöhe durch Holsterhausen, die Innenstadt nach Altenessen, Karnap und Gel- senkirchen-Horst, mit ihren neuen Haltestellen, den „neuen“ Docklandswagen - das ist das „Highlight“ unseres Stadtverkehrssystems, unser „Flaggschiff“ sozusagen.

Eine Stadtbahn im echten Sinne entsteht eben nicht, wenn man ein paar Tunnel- stücke im Kern baut, sie hat ebenso hochwertige Haltestellen und Strecken

Dr. Wilhelm Kern im Jahre 1941 (Aufnahme: Archiv EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 3 Prof. Erich Thiemer (Aufnahme: Archiv EVAG) draußen oberirdisch. Hieran hat es bisher in Essen gefehlt. Wünschen wir uns ver- gleichbares für andere Stadtteile. Vielleicht für Katernberg. Es muss ja auch nicht immer auf „Hochflur“ sein, in „Niederflur“ geht es genau so gut. Nur man muss es machen.

Wir zeichnen im vorliegenden Themenheft die Entwicklung zur Stadtbahn Essen im Einzelnen nach, so weit es im begrenzten Rahmen möglich ist. Die Entwicklung ist spannend, nicht nur geradlinig. Versucht man einmal, die Entwicklung an han- delnden Personen festzumachen, so sind zwei Namen aus dem Hause SEG/EVAG bedeutsam: Zunächst Dr. Wilhelm Kern, Vorstand der SEG, zeitweise auch der BOGESTRA und des RWE sowie Geschäftsführer der „Studiengesellschaft Rheinisch-Westfälische Schnellbahn“; er arbeitete im Erzhof von 1926 bis 1942, als er hochgeschätzt mit 71 Jahren in Pension ging. Die „Wilhelm-Kern-Stiftung“ trägt seinen Namen.

Und Professor Erich Thiemer, Technischer Vorstand der EVAG von 1957 bis 1974, neben vielem anderen Geschäftsführer der „Planungsgesellschaft mbH“, in der die Planungsgrundlagen für U-Straßenbahnen maßgeblich ausgearbeitet wur- den und aus der dann zum guten Teil das technische Personal der Stadtbahn-Ge- sellschaft Rhein-Ruhr hervorging. Er war der streitbare Vorkämpfer für die kommunalen Verkehrsunternehmen in der turbulentesten Phase der Systemdis- kussion. Er holte die Versuchs- und Modellstrecke nach Essen und Mülheim; ohne ihn hätten wir keine Hauptwerkstatt in der Schweriner Straße. Vor wenigen Wochen wurde er 93: Glückauf! Hans Ahlbrecht

4 STERNFAHRT Nr. 35 25 Jahre U - Stadtbahn in Essen und Mülheim an der Ruhr

- von Hans AHLBRECHT -

Der 29. Mai 1977 war ein großer Tag in Essen: „ Die U-Bahn fährt - fahrt mit“, die Linie U 18 nahm ihren Dienst zwischen Essen, Wiener Platz (heute Hirschlandplatz) und Mülheim, Heißen-Kirche auf, und gleich- zeitig verschwanden in Essen alle Straßenbahnlinien im Innenstadtbe- reich (zwischen den Tunnelrampen Huyssenallee/Glückaufhaus, Aalto Theater/ Stadtgarten, Varnhorststraße/ Steeler Straße und Schützen- bahn) unter der Erde. Sieht man mal von der Friedrich-Ebert-Straße vom Viehofer Platz bis zum Limbecker Platz ab, war die Essener Innen- stadt „schienenfrei“, ein großes lokalpolitisches Ziel der siebziger Jahre war erfüllt.

ie Linie U 18 war die erste „Stadt- Vision „Rheinisch - Westfälische bahnlinie“ im Ruhrgebiet, wobei Schnellbahn“ - der Metrorapid der Dhier der Begriff „Stadtbahn“ an- zwanziger Jahre ders definiert wurde als international üblich (siehe hierzu unser „Glossar“). Offenbar waren die Menschen damals wie heute mit der Qualität und Leistung Vision „Stadtbahn Rhein-Ruhr“ ihres jeweilig verfügbaren Verkehrssy- stems unzufrieden, empfanden es als Aber die Linie U 18 war auch der erste unzureichend, überlastet, zu langsam, sichtbare, Wirklichkeit gewordene Teil zu schmutzig, überholt.... der großen Vision „Stadtbahn Rhein - Ruhr“, die zusammen mit dem ebenfalls im Aufbau befindlichen S-Bahn-Netz ein zusammenhängendes Schnellbahn- system bilden sollte, das die Mobilität der Bürger an Rhein und Ruhr auch ohne Auto und Autostau gewährleisten sollte.

Vision „Metrorapid“

Heute überzieht uns nun bereits eine neue Vision: der „Metrorapid“. Warum ist das so? Wozu und warum braucht man solche Visionen? Gab es vielleicht auch früher schon etwas Ähnliches? Die Antwort lautet: ja, es gibt in der Ver- kehrsgeschichte unserer Region solche Geplantes Liniennetz des Metrorapid Visionen bereits seit 100 Jahren! (Quelle: www.metrorapid.de, 2002 )

STERNFAHRT Nr. 35 5 Alle diese Fragen werden ja auch heute meister Holle. Ein neuartiger techni- wieder - oder immer noch gestellt, ob- scher Aspekt bestand darin, dass diese wohl wir neben Autos auf Straßen und Bahn völlig straßenfrei konzipiert wur- Autobahnen doch auch elektrische Ei- de, mit Hochbahn- oder Tunnelab- senbahnen mit S-Bahnen, Regionalex- schnitten in den Kernbereichen der pressen, Intercityzügen und ICE haben. Städte. Allerdings untersagte der preu- Wie sah es vor hundert Jahren aus? Na- ßische Minister für öffentliche Arbeiten türlich gab es an Rhein und Ruhr Stra- als oberste Aufsichts- und Genehmi- ßen, auf denen im Stadtbereich gungsbehörde diese Planungen bereits elektrische Straßenbahnen fuhren - ein 1911 wieder, da er in der geplanten Technologiesprung gegenüber Pferde- Schnellbahn eine unliebsame Konkur- fuhrwerken! Aber für den Verkehr zwi- renz für die Eisenbahn (die preußische schen den großen Städten gab es nur die Staatsbahn) sah, sicher nicht zu Un- dampfbetriebenen Eisenbahnen, deren recht. Der Minister regte statt dessen Strecken vielfach vorwiegend dem Gü- Verbesserungen im Eisenbahnverkehr terverkehr dienten. Der Personenver- an. kehr im „Bezirksverkehr“, wie es damals hieß, heute sagen wir „Regional- Nicht weiter verwunderlich, dass die verkehr“, war ein Stiefkind. Jahre 1914 bis 1918 mit dem 1. Weltkrieg und seinen Folgen alle weiteren Planun- So hielten die Planer Umschau nach bes- gen unterbrachen. Aber die Idee lebte seren Lösungen. Sie stießen auf einige weiter, verstärkt dadurch, dass die interessante, frühzeitige Lösungen elek- Staatsbahnen nach dem Kriegsende ge- trischer Städte-Schnellbahnen, sozusa- schwächt waren - sie mussten Reparatio- gen Prototypen neuartiger Systeme: nen an die Siegerstaaten leisten - und an besserem Bezirksverkehr kein Interes ê die erste elektrische Überland - Schnell- - bahn Düsseldorf - Krefeld, 1898 eröffnet; se hatten. heute die Stadtbahnlinie U 76 ê die erste elektrische Stadtschnellbahn Deutschlands, Vohwinkel - Elberfeld - Barmen, 1901 eröffnet, die heutige Wup- pertaler Schwebebahn ê die Überland- und Städtebahn als Haupt- bahn von Köln nach Bonn, die 1906 eröff- nete Rheinuferbahn, heute die Stadtbahnlinie 16 Daraus ergaben sich im Ruhrgebiet er- ste gleichartige Planungen in den Jah- ren 1906 bis 1909 durch die Industrie und den Verkehrswissenschaftler Prof. Blum von der Technischen Hochschule Hannover für eine Linie Köln - Düssel- dorf, sozusagen als nördliche Verlänge- rung der Rheinuferbahn. Diese Entwürfe, erweitert um die Strecke Düs- seldorf - wurden 1909 durch die „kommunale Vereinigung“, eine Ar- beitsgemeinschaft der Städte Düssel- dorf, , Mülheim, Essen, , Dortmund aufgegriffen. Vor- sitzender war der Essener Oberbürger-

6 STERNFAHRT Nr. 35 So wurden die Städte wieder aktiv. Die ê Dinslaken, Essen - Gladbeck und Essen- alte „ Kommunale Vereinigung“ wuchs Oberhausen um die Städte Köln und Moers, außer- ê unabhängiger Bahnkörper, Schnell- dem traten der Siedlungsverband Ruhr- bahnbetrieb, dichte Zugfolge, keine Gü- kohlenbezirk (SVR, seit 1920 zuständig terzüge für Straßenbahngenehmigungen) und ê Höchstgeschwindigkeit 130 km/h, Ne- das Rheinisch - Westfälische Elektrizi- benlinien 100 km/h tätswerk (RWE) bei. ê Innenstädtische Bahnhöfe in Tunnellage Sie gründeten 1923 die „Studiengesell- ê Fahrleitungsspannung 1500 Volt schaft Rheinisch-Westfälische Schnell- ê bahn mbH“ mit Sitz in Essen, Erzhof. Zugeinheit Doppeltriebwagen, Motorlei- stung 1000 kW Den Vorsitz übernahm ab 1924 der Ess- ener Oberbürgermeister Bracht; Ge- ê Hauptlinie Köln - Dortmund 113 km, schäftsführer wurde Dr. Wilhelm Kern, Fahrzeit bei 7 Zwischenhalten 78 Min, Reisegeschwindigkeit 87,1 km/h der hauptamtlich Vorstand der Süddeut- (zum Vergleich: damals: Reichsbahn- schen Eisenbahn-Gesellschaft (SEG), Schnellzug 150 Min; heute: Regional- Ex- der Bochum-Gelsenkirchener Straßen- press 81 Min (10 Halte), Intercity 71 Min bahnen und des RWE war, ein sehr akti- (4 Halte)) ver und schöpferischer Mann in der ê Zugfolge 5 Min., induktive Zugsiche- damaligen Verkehrs- und Energiewirt- rung schaft. Diese fortschrittliche Konzeption rief starke Gegner auf den Plan. So befürch- 1924 erhielt die Studiengesellschaft die tete der Bergbau große Probleme durch Genehmigung für die Strecke Köln - Bergsenkungen im Bereich des Unterta- Dortmund mit dem Ziel der Betriebsauf - gebergbaus und entsprechende Berg- nahme im Jahre 1932. Sie hatte vor, eine schädenansprüche. Und die Reichsbahn Betriebsgesellschaft ( „RWS“ ) als Ak - befürchtete Verkehrsverluste durch den tiengesellschaft zu bilden und begann einsetzenden Wettbewerb. sofort und intensiv mit den Planungen. Diese enthielten folgende Grundgedan - Heftige Auseinandersetzungen mit Gut- ken: achten und Gegengutachten sowie son- ê Linienführung Köln - Dortmund, mit stigen Stellungnahmen, Denkschriften Schleife über und Zweig- (von Prof. Giese, gegen die RWS strecken Duisburg - Moers und Duisburg und von Dr. Kemmann für die RWS) und

Wagenstudie der Rheinisch-Westfälischen-Schnellbahn

STERNFAHRT Nr. 35 7 Zeitschriftenaufsätzen schlagen sich in ê den Streckenausbau: viergleisig Düssel- über 100 Veröffentlichungen nieder. dorf - Duisburg, ê den Bahnhofsumbau mit den Klinker- Die RWS vertieft ihre Grundsatzstudien bauten in Düsseldorf, Oberhausen und und schafft hervorragende Entwurfs- Duisburg und leistungsfähigeren Gleis- grundlagen für „Bezirksschnellbah- und Bahnsteiganlagen. nen“, und dazu eine Vorstudie zu einem Schließlich erkennt die RWS, dass sie General-Verkehrsplan des Ruhrgebiets. keine Chance mehr hat. Sie übergibt Sie bietet der Reichsbahn die Beteili- 1933/1934 die Entwurfsplanungen ihrer gung an ihren Planungen an, was diese Haupt- und Nebenlinien an die Städte aber ablehnt. Die RWS muss 1929 ihre und den SVR zum Schutz und zur Siche- Genehmigung verlängern lassen, um 15 rung der Trassen im Rahmen der Gene- Jahre bis 1944. ral-Bebauungspläne. 1938 beschließt sie ihre Auflösung- „ in der Erwartung, dass Der „Ruhr-Schnellverkehr“ - das Ge- die Reichsbahn ihr Versprechen, einen genmittel zur Reichsbahn vollwertigen Ersatz der Schnellbahn [...] in absehbarer Zeit zu schaffen, erfüllen Die Reichsbahn kündigt eigene Maß- wird", wie Dr. Kern im Abschlußbericht nahmen zur Abwehr der RWS an: schreibt. ê ein Ausbauprogramm mit vier- und sechsgleisigen Strecken Unzweifelhaft hat die RWS den Anstoß zu vielen wichtigen Entwicklungen bei ê einen Schnellverkehr mit leichten Dampfzügen, als „Ruhr-Express“ der Reichsbahn gegeben, so z. B. ê Die einsetzende Wirtschaftskrise ab zur Einführung des „Ruhr-Schnell- ver- kehrs“ etwa 1930 lähmt jedoch nahezu alle Akti- vitäten, so auch bei der RWS. ê zum Ausbau der Bahnanlagen für den Nah- und Bezirksverkehr Als es wieder aufwärts geht, setzt die ê zur stromlinienförmigen Bauweise der Reichsbahn tatsächlich einiges um, so Fernschnelltriebwagen ê ê den „Ruhrschnellverkehr“ ab 1932 mit zur Einführung des elektrischen Block- leichten, kurzen Dampfzügen und kur- signalsystems bei der Elektrifizierung zen Haltezeiten, später auch mit Diesel- von Schnellbahnen, wie zum Beispiel triebwagen, der Berliner S-Bahn

Visionen und Wirklichkeit

Die Einlösung des großen Versprechens der Reichsbahn wurde dann zwar durch den 2. Weltkrieg um Jahre verzögert, aber immerhin ê begann der elektrische Ruhr- Schnell- verkehr von Hamm bis Düsseldorf 1957, ê wurde 1974 die S-Bahn mit den Linien S1, S3 und S6 in Gang gebracht, ê fügte sich auch die DB ab 1980 in den Verkehrsverbund Rhein - Ruhr ein. Also hat die Vision der RWS auf indirek- Liniennetz des Ruhrschnellverkehrs in seiner tem Wege und in jahrelangem Prozeß größten Ausdehnung 1937 dazu beigetragen, das heutige Verkehrs- (Quelle: ...mehr S-Bahn, Waldbröl, 1992)

8 STERNFAHRT Nr. 35 system zu formen. Und einer der Grund- Es liegt im Wesen von Visionen , dass die gedanken der RWS, die im Reichs- Wirklichkeit ihnen nur unvollkommen bahnnetz fehlenden Verbindungen in folgt. So ist es auch bei der Stadtbahn Form der Nebenlinien des RWS zu Rhein - Ruhr im Zustand von 2002. Aus schaffen, findet sich prinzipiell auch in der Geschichte der Rheinisch- Westfäli- der Vision des Landes Nordrhein- West- schen Schnellbahn, dem „Metrorapid“ falen von 1968 wieder, wonach die feh- der zwanziger Jahre, erkennen wir, dass lenden Verbindungen im S-Bahnnetz - trotz aller Begrenztheiten in der Wirk- durch die „Stadtbahn Rhein-Ruhr“ ge- lichkeit - Visionen von beachtlichem schlossen werden sollten. Nutzen sind, auch wenn immer wieder und vor allem Geduld und Stehvermö- gen gefordert sind.

Glossar

U - Bahn: Ursprünglich aus „ Untergrundbahn“, heute für „ Unabhängige Bahn“ d. h. unabhän- gig und kreuzungsfrei vom Straßenverkehr Beispiele: Berliner U - Bahn, Münchener U - Bahn, Nürnberger U - Bahn, unsere Linien U11 und U 18, Linie U35 der Bogestra

Stadtbahn: Mit verbesserten Streckenelementen wie unabhängige Bahnkörper, Tunnel - oder Hochbahnabschnitte weiterentwickelte Straßenbahn, die auch zur vollständigen U-Bahn ausgebaut werden kann, aber nicht muß Beispiele: Stadtbahn Bielefeld, Stadtbahn Hannover, unsere Linie U17 Im Ruhrgebiet ab 1970 Bezeichnung der U - Bahn, die von der Stadtbahn - Gesellschaft Rhein-Ruhr geplant wurde, als kommunale Schnellbahn im Gegensatz zur bundeseigenen S - Bahn

U-Stadtbahn: Im Ruhrgebiet (und in Stuttgart) verwendete Bezeichnung für die anfangs als U - Bahn geplante Stadtbahn Rhein - Ruhr

U-Straßenbahn: In der Anfangszeit des Baus unterirdischer Verkehrsanlagen verwendete Bezeichnung von Straßenbahnen mit kurzen Tunnelstücken im Innenstadtbereich oder zur Unterquerung von Knotenpunkten Beispiel: die ursprüngliche Planung in Essen z. B. Saalbautunnel

U-Straßenbahn in U-Bahn-Manier: Tunnelabmessungen und Trassierung erlauben eine spätere Integration in eine U - Bahn - Anlage Beispiel: Ringstrecke in Wien: die damalige U-Straßenbahn ist heute die U-Bahnlinie U2

Straßenbahn: Diese Bezeichnung spricht für sich: die klassische Straßenbahn im Straßenraum oder auf besonderem Bahnkörper Beispiele: Straßenbahn Krefeld, Straßenbahn Erfurt, Straßenbahn Bonn, Straßenbahn Berlin

STERNFAHRT Nr. 35 9 Die Geschichte der U-Stadtbahn Essen

- von Thomas KOCH -

Die Essener U-Stadtbahn stellt zweifelsohne das größte Bauvorhaben nach dem Kriege dar, welches tiefgreifende Änderungen im Essener Verkehrswesen und im Essener Straßenbild mit sich brachte. Daher soll hier die Entwicklung dieses Projektes dargestellt werden.

abei wird zunächst auf die Stra- Die Ortsdurchfahrt Essen war der ßenbahn im Zuge des Ruhr- schwierigste und teuerste Bauabschnitt. Dschnellweges eingegangen. Hier Der Durchschnittspreis für einen Neu- ist sozusagen der Grundstein zur baukilometer Autobahnstrecke betrug U-Straßenbahn Essen, so wie sie damals damals 3,5 bis 4 Mio. DM, währenddes- noch hieß, gelegt worden. Dabei war sen für dieses Teilstück der fünffache man sich Anfang 1958 noch gar nicht so Betrag aufzuwenden war. Man bedenke, sicher, daß es eine U-Straßenbahn ge- es waren allein 800 Wohnungen zu besei- ben sollte; erste Planungen sind 1961, tigen und Ersatz zu schaffen. Im Bereich das konkrete Bauprogramm ist im Juni des Hauptbahnhofes war auf rund ei- 1963 vom Tiefbauamt der Stadt Essen nem Kilometer Länge eine sogenannte (ein U-Bahn-Bauamt gab es noch nicht) Unterpflasterstraße vorgesehen. Diese vorgelegt worden. Tunnellösung wurde nach eingehenden Untersuchungen zahlreicher Trassenal- 1. Die Straßenbahn im ternativen gewählt. Ruhrschnellweg Da sich fast auf der gesamten Länge der Die Gesamtlänge des Ruhrschnellweges Ortsdurchfahrt Essen eine Straßen- im Essener Raum beträgt 11,6 km, von bahntrasse befand, mußten hierfür be- der die 6,0 km lange Ortsdurchfahrt friedigende Lösungen gefunden (Mülheim Stadtgrenze bis zur Kaiser- werden. Aus verkehrlichen und bauli- hofbrücke) durch die Stadt Essen und chen Gründen, insbesondere aus der die restlichen 5,6 km freie Strecke vom Sicht der Straßenbauer, wäre es er- Landschaftsverband Rheinland ausge- wünscht gewesen, die Straßenbahnanla- baut wurden. Dieser Ausbau des Ruhr- gen aus dem Ruhrschnellweg heraus- schnellweges, der in den dreißiger zunehmen und sie in andere Straßenzü- Jahren als “Verbandsstraße” nach den ge zu verlegen. Da jedoch die örtlichen Planungen des Siedlungsverbandes Gegebenheiten eine Verlegung der äu- Ruhrkohlebezierk abschnittsweise als ßerst frequentierten Linien in diesem dreispurige Straße mit plangleichen Raum nicht zuließen, wurde auch eine Kreuzungen angelegt wurde, war auf- Umstellung des Straßenbahnbetriebes grund der starken Verkehrszunahme auf Omnibusbetrieb untersucht. und der damit verbundenen Stauungen Folgende Varianten ergaben sich: und Unfallgefahren notwendig gewor- den. Es handelte sich immerhin um die Straßenbahn in Mittellage Reichsstraße 1, später Bundesstraße 1, die B1. Daher entschloß man sich, ihn in Die Straßenbahn wird auf einem beson- eine autobahnähnliche Schnellstraße deren Bahnkörper zwischen den Rich- ohne plangleiche Kreuzungen umzu- tungsfahrbahnen des Individualver- wandeln. kehrs geführt. Eine Breite des Straßen-

10 STERNFAHRT Nr. 35 bahnkörpers auf der freien Strecke von bar sind und auch vom übrigen Verkehr 11,0 m (2 x 3,5 m + 4,0 m) und im Halte- nicht beachtet werden dürften, bringen stellenbereich von 13,0 m ist unter ande- die Ein- und Ausmündungen insofern rem erforderlich, um in Hinblick auf Schwierigkeiten mit sich, als diese Son- eine weitere Zunahme des Straßenver- derfahrspuren von sämtlichen Ein- und kehrs zu einem späteren Zeitpunkt in je- Ausbiegern gekreuzt werden müssen der Richtung eine weitere Fahrspur ein- und somit die Verkehrssicherheit - ins- bauen zu können. Nach einer Verlegung besondere an den Zu- und Ausfahrts- der Straßenbahn würde dann an Stelle rampen - entscheidend vermindert wird. des besonderen Bahnkörpers ein Mittel- streifen und beiderseitig je eine weitere Kraftomnibus bzw. Obus in den Fahr- Fahrspur möglich sein. spuren des allgemeinen Kraftverkehrs und seitlich angelegte Busbuchten Kraftomnibus bzw. Obus in Mittellage Die gemeinsame Führung des öffentli- Auch hier soll für das öffentliche Nah- chen Nahverkehrsmittels mit dem allge- verkehrsmittel ein besonderer „Bahn- meinen Kraftverkehr in einer Fahrbahn körper“ angeordnet werden, der sich aus der Schnellverkehrsstraße ist nur dann der Fahrspurbreite und den beiden ihn vertretbar, wenn die Haltevorgänge sich seitlich begrenzenden Trennstreifen außerhalb des allgemeinen Verkehrs- zum übrigen Verkehr zusammensetzen stromes abspielen. Die Anordnung von würde. Es ergibt sich ein Gesamtmaß Busbuchten ist somit unbedingt erfor- von 13,0 m (2x3,5 m + 2x3,0 m). Wegen derlich, da anderenfalls - insbesondere der Pendelbewegungen der Omnibusse bei schlechter Sicht - die Gefahr des Auf- und der notwendigen Anlage der Halte- fahrens entsteht und bei größeren Ver- stellen, welche die Fahrspuren nicht ein- kehrsmengen der Fahrzeugstrom der engen dürfen, sollte aus Sicherheits- äußeren Fahrspur zum Stehen kommt. gründen dieses Maß nicht unter- Sofern der Haltevorgang eine Behinde- schritten werden. rung des fließenden Verkehrs ausschlie- ßen soll, sind die Busbuchten mit Kraftomnibus bzw. Obus in einer drit- Verzögerungs- und Beschleunigungs- ten äußeren Fahrspur der Richtungs- spuren zu versehen. Bei einem durch- fahrbahnen schnittlichen Abstand der Haltestellen von rund 500 m und den erforderlichen Durch den Fortfall des besonderen Zu- und Ausfahrtsrampen des Ruhr- Bahnkörpers zwischen den Richtungs- schnellweges ist es jedoch praktisch fahrbahnen wäre im Rahmen der festge- nicht möglich, derartige Busbuchten legten Gesamtausbaubreite des unterzubringen. Die Beschleunigungs- Ruhrschnellweges im Zuge der Krupp- und Verzögerungsspuren der Zu- und und Kaiserhofstraße die Unterbringung Ausfartsrampen sowie der Busbuchten von drei Fahrspuren je Richtung und ei- würden praktisch ineinander überge- nes Mittelstreifens von 4,0 m möglich. hen und somit wieder zu der vorher er- Bei dieser Anordnung sollten die äuße- wähnten Lösung führen. ren Fahrspuren ausschließlich dem Kraftomnibus- bzw. Obusverkehr vorbe- Abgesehen von den vorgenannten halten sein, so daß die Leistungsfähig- Schwierigkeiten treten insofern noch keit des Ruhrschnellweges durch ihn weitere auf, als aus der Busbucht aus- nicht beeinträchtigt würde. fahrende Omnibusse sich nur dann in den allgemeinen Verkehrsstrom einfä- Abgesehen davon, daß derartige „Son- deln können, wenn eine ausreichend derfahrspuren“ betrieblich kaum trag- große Zeitlücke vorhanden ist. Derart

STERNFAHRT Nr. 35 11 Die erste Planung eines U-Straßenbahnnetzes aus dem Jahre 1961 (Quelle: Stadt Essen)

12 STERNFAHRT Nr. 35 ausreichende Zeitlücken kommen je- kehrs auf den Ruhrschnellweg vergrö- doch um so seltener vor, je größer die ßern. (Bildung von Kolonnenfahrten im Verkehrsbelastung der Fahrbahn ist, Omnibusverkehr.) und sie treten überhaupt nicht mehr auf, wenn deren Leistungsfähigkeit erreicht 5. Über die bisher speziell auf den Ab- ist. Soll eine zügige Haltestellenabwick- schnitt Essen des Ruhrschnellweges lung gewährleistet sein, so dürfte sich sich beziehenden Gesichtspunkte hin- der augenblickliche Verkehr auf dem aus dürfte eine Umstellung des Straßen- Ruhrschnellweg nicht mehr wesentlich bahnverkehrs auf Omnibusbetrieb steigern. Aufgrund einer Verkehrszäh- neben den dadurch erforderlichen ho- lung von 1958 würde die Leistungsfähig- hen Investitionen für neue Fahrzeuge keit der Straße aber noch eine auch im Hinblick auf den Bezirksver- Verkehrszunahme von 180% zulassen. kehr (z.B. Essen - Mülheim) auf nicht zu unterschätzende betriebliche Schwie- Zu diesen Untersuchungsergebnissen rigkeiten stoßen. traten noch folgende Überlegungen hinzu: Die angestellten Untersuchungen führten zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Straßenbahn hat eine beträchtlich höhere Beförderungsleistung als der Als öffentliches Verkehrsmittel im Zuge Omnibus. Bei gleicher Zugfolge ist bei der Ortsdurchfahrt des Ruhrschnellwe- Einsatz von Straßenbahnzügen das ges in Essen mußte die Straßenbahn auf zwei- bis dreifache Platzangebot gegen- besonderem Bahnkörper gewählt wer- über den Omnibussen vorhanden. den. Sie konnte hier als einziges Nahver- kehrsmittel den damaligen Verkehrs- 2. Die Reisegeschwindigkeit der Stra- anforderungen gerecht werden. Weiter- ßenbahn auf besonderem Bahnkörper hin galt eine Umstellung des Straßen- und diejenige des Omnibusses unter bahnverkehrs während des Ausbaus der normalen Umständen, das heißt ohne Ortsdurchfahrt aus betriebstechnischen Behinderung bei der Ausfahrt aus den Gründen als unvertretbar. Es mußten Busbuchten, beläuft sich nach Angaben daher während der Bauzeit Straßen- der Essener Verkehrs-AG aus dem Jahre bahnumleitungen und aufwendige Pro- 1956 auf etwa 23 km/h. Die Reisege- visorien in Kauf genommen werden. schwindigkeit eines Omnibusses wird aber mit zunehmender Gesamtver- Der westliche Abschnitt des Ruhr- kehrsmenge geringer, da er in wachsen- schnellweges zwischen Savignystraße dem Maße bei der Ausfahrt aus der und Breslauer Straße in Troglage wurde Busbucht behindert wird. nach zweijähriger Bauzeit am 3. Oktober für die Straßenbahn und am 24. Oktober 3. Mit abnehmender Reisegeschwindig- 1961 für den allgemeinen Verkehr frei- keit des Omnibusses sinkt aber auch gegeben. Der Kreuzungsverkehr wird dessen Beförderungsleistung. Will man mittels Straßenbrücken über die im Omnibusverkehr jedoch die gleiche Schnellstraße hinweggeführt, Treppen- Personenzahl wie im Straßenbahnver- aufgänge dienen den Fahrgästen als Zu- kehr in der Stunde befördern, muß die gang zu den Haltestellen. Die Halte- Wagenfolge wesentlich erhöht werden. stellen erhielten teilweise Schutzzäune aus Drahtglas und verglaste Aufgänge. 4. Die erhöhte Wagenfolge im Omnibus- Die Haltestelle Savignystraße wurde verkehr führt zu Schwierigkeiten im durch eine Unterführung erreicht. Verkehrsablauf, die sich mit der ständi- gen Zunahme des allgemeinen Ver-

STERNFAHRT Nr. 35 13 Links: Blick von der FußgängerbrückeRechts: an Von der derselben Hamburger Stelle Straße in auf Blickrichtung einen Mülheim Mülheimer - Großraumzug ein der Mülheimer Linie Großraumzug 18 beim nach Anfahren dem der Ausbau Haltestelle des Hamburger Ruhrschellweges Straße Links: Im Rahmen der AusbaumaßnahmeRechts: des Ein Ruhrschnellweges Essener verließ Zug die der Straßenbahn Linie über 12 eine befährt provisorische die Rampe Dortmunder die Straße Kruppstraße von Kray in Richtung Wasserturm (Alle Aufnahmen: Dieter Höltge, 60er Jahre)

14 STERNFAHRT Nr. 35 Da dieser Teilabschnitt des Ruhr- schnellweges vorerst an der Brücke im Zuge der Breslauer Straße endete, muß- ten hier provisorische Ausfahrten von der Tiefstraße angelegt werden. Für den Strassenbahnbetrieb wurde eine ein- gleisige Holzrampe mit Betonfunda- menten erbaut, die an ihrem oberen Ende in einer S-Kurve die in Richtung Mülheim verlaufende Fahrbahn über- führte; die anschließende Straßenbahn- strecke wurde während des Baus des zweiten Abschnittes durch die Leipziger und Mülheimer Straße geführt. Im Jah- re 1965 konnte der Anschlußabschnitt von der Breslauer Straße in Richtung Mülheim eröffnet werden. Dadurch ent- fiel die provisorische Umfahrung durch die Leipziger Straße. Der Kreuzungs- punkt Wickenburgstraße wurde für den Strassenbahnverkehr in Nulllage ausge- führt, so dass eine Abzweigung zur be- stehenden Strecke in Richtung Haarzopf realisiert werden konnte. Der Betriebshof Kruppstraße wurde durch eine neu angelegte Zufahrt durch die Adelkamp- und Schweriner Straße er- reicht. Beiderseits des Knotenpunktes Wickenburgstraße wurden langge- streckte Rampen errichtet, auf denen Ursprüngliche Lageplanung des U-Bahnhofes auch die Haltestellen lagen. Diese führ- Essen Hbf direkt unter der Bahnhofsunter- ten die Straßenbahn wieder auf den Mit führung (Planungsbericht zur U-Straßenbahn - Essen vom Januar 1961) telstreifen des Ruhrschnellweges. Die Bedeutung des Kreuzungspunktes läßt Der Ostabschnitt der Bundesstraße 1 er- sich aufgrund der heute noch vorhande- hielt vom Wasserturm bis Kray eine nen Reste der Kreuzungs- und Weichen- Schnellstraßenbahntrasse im Mittella- anlagen erahnen. ge. Auch hier erfolgte in den dreißiger Jahren ein großzügiger Ausbau der Die nächste in Richtung Mülheim ange- Strasse verbunden mit der Anlage eines fahrene Haltestellenanlage Hamburger eigenen Bahnkörpers. Der Umbau zur Straße wurde mittels einer Fußgänger- Stadtautobahn erfolgte ab dem 5. Januar brücke aus Stahl erreicht und befand 1959. Am gleichen Tag wurde der Stras- sich in Höhe der dort heute noch vorhan- senbahnverkehr auf dem Abschnitt Fril- denen Brücke über die Autobahn. An lendorfer Platz - Kray eingestellt. Ab 24. dieser Stelle beginnt heute die eingleisige April 1960 erfolgte eine weiter Rückver- normalspurige Tunnelrampe zum Be- legung der Endstelle nach Westen bis zu triebsgelände Schweriner Straße. An Kaiserhofbrücke (heute ungefähre Lage der Haltestelle Mülheim-Eichbaum fä- der Haltestelle Feldhaushof). Am 7. Mai delte sich die Straßenbahn durch Unter- 1961 erfolgte die Freigabe des Verkehrs querung der Richtungsfahrbahn nach auf dem zunächst 2 km langen Ab- Essen aus dem Ruhrschnellweg aus. schnitt.

STERNFAHRT Nr. 35 15 Im Anschluß verkehrte die Straßen- 2. Warum U-Straßenbahn in bahn durch die Kaiserhof- und Markgra- Essen? fenstraße, um dann den Wasserturm zu erreichen. Die Haltestellen Frillendorfer Es soll nun der Frage nachgegangen Platz und Oberschlesienstraße liegen werden, welche Gründe zu der Entschei- sich an querenden Straßen, die durch dung geführt haben, in Essen eine soge- die Autobahn überführt werden. Die nannte U-Straßenbahn zu bauen. Wir Treppenzugänge befinden sich in den befinden uns nunmehr im Jahre 1961, Brückenbauwerken. Die Haltestelle die Arbeiten am Ruhrschnellweg waren Frillendorfer Platz erhielt eine Wende- im vollen Gange bzw. teilweise schon ab- anlage zwischen den Richtungsgleisen, geschlossen. Man mußte sich nun über- die von Zweirichtungsfahrzeu- gen aus legen, wie der Verkehr im Mittelteil beiden Richtungen erreicht werden zwischen Krupp- und Kaiserhofstraße konnte. Der Umbau des restlichen Ab- vor allem im Bereich des Hauptbahnho- schnittes von der Kaiserhofbrücke bis fes geführt werden sollte. Auch hier, wie zum Wasserturm zum kreuzungsfreien später noch zu zeigen sein wird, steht Schnellstraße erfolgte in Verbindung der Ausbau der Straßenbahn im engen mit dem weiteren Ausbau der Orts- Zusammenhang mit dem Ausbau des durchfahrt Essen. Verbunden mit die- Ruhrschnellweges. sem Ausbau war noch die Anlage der über Brücken zu erreichende Haltestel- Die Ausgangslage le Feldhaushof. Die Inbetriebnahme er- folgte 1969. Die recht kleine Essener Innenstadt mit einer Länge von 1400 m in nord/südli- Die Beleuchtung der Strecke wurde mit- cher Richtung und einer Breite von ca. tels Peitschenmasten erreicht, die je- 700m ist ein Zentrum von großer Kon- weils zwischen Gleis und Fahrbahn zentration geworden, das sich als Ein- montiert wurden; in den siebziger Jah- kaufsstadt im Ruhrgebiet einen Namen ren wurde die Beleuchtungsanlage als gemacht hat. Am südlichen Rand Energiesparmaßnahme stillgesetzt und schließt sich ein geballtes Verwaltungs- größtenteils demontiert. zentrum an. Daher ist das Straßenbahn- netz der EVAG betont radial, nur wenige

Querschnitt durch die U-Bahn-Haltestelle Bismarckplatz (Hochtief-Nachrichten, 02.1972)

16 STERNFAHRT Nr. 35 Linien können als Tangenten mit Erfolg terhin ergab sich, daß nahezu die Hälfte angeboten und betrieben werden. aller täglichen Fahrgäste der EVAG die Innenstadt als Ziel- oder Ausgangs- Zwischen dem Einkaufszentrum und punkt ihrer Fahrt haben. Von den Halte- dem Verwaltungszentrum liegt die Ei- stellen des damaligen Innenstadtringes senbahn mit der sehr wichtigen Ber- hatten die im Bereich des Hauptbahnho- gisch-Märkischen Strecke und dem Ess- fes die größte Bedeutung, deren Bela- ener Hauptbahnhof. Mitten in diese stung größer ist als die Summe der Konzentration führt nun auch noch die anderen Haltstellen des Ringes. Berück- Linienführung des Ruhrschnellweges, sichtigt man den Umsteige- und Durch- direkt im engsten Teil der Stadt Essen gangsverkehr, so wurden am und des Ruhrgebietes. Die Entschei- Hauptbahnhof ungefähr 40% des tägli- dung zu dieser Führung der Autobahn chen Verkehrsaufkommens im Straßen- war damals schon in das Kreuzfeuer der bahnnetz der EVAG erfaßt. Kritik geraten. Die Diskussion hierüber und die Gründe für die Auswahl der Weitere Untersuchungen haben zu dem Trasse für die damalige Bundesstraße 1 Ergebnis geführt, dass bei oberirdischer sollen hier jedoch nicht weiter betrach- Straßenbahnführung und Anordnung tet werden, da es den Rahmen sprengen einer zentralen Haltestelle in der Haupt- würde. bahnhofsunterführung - die damit für den allgemeinen Kfz-Verkehrs gesperrt Das gewählte System werden sollte - die mit dem Ruhrschnell- weg umgebauten Knotenpunkte Gilde- Bevor die System-Entscheidung getrof- hoftunnel, Freiheit, Bismarckplatz und fen wurde, sind drei Möglichkeiten zur Krupp-/Friedrichstraße bei der erwarte- Lösung der Verkehrssituation unter- ten Verkehrszunahme bereits bei der In- sucht worden: betriebnahme des gesamten Ruhr- schnellweges im Jahre 1969 die Grenze a. Beibehaltung der Straßenbahn ihrer Leistungsfähigkeit erreicht hätten. an der Oberfläche Daraus ergab sich die Notwendigkeit, Das Planungsamt der Stadt Essen hat jeder Verkehrsart eine eigene Verkehrs- lange Zeit den Gedanken verfolgt und ebene zuzuordnen. Die örtlichen Gege- untersucht, den Straßenbahnverkehr benheiten ließen es nicht zu, den im Hauptbahnhofsbereich an der Ober- Individualverkehr in eine untere Ver- fläche zu belassen. Dabei war zugunsten kehrsebene zu legen. Eine obere Ebene der Übersichtlichkeit für den Fahrgast schied wegen der Höhenlage der Bahn- und der betrieblichen Abwicklung eine anlagen der Eisenbahn aus. Somit sollte Zusammenfassung der damals getrennt die Straßenbahn als das räumlich an- liegenden drei Straßenbahnhaltestellen spruchsloseste Verkehrsmittel unterir- Handelshof, Hauptpost und Freiheit zu disch geführt werden. einer zentralen Haltestelle vorgesehen. Die hohe Belastung der vorher getrennt b. Schaffung eines reinen liegenden Haltestellen erforderte bei ei- U-Bahn-Systems ner Zusammenfassung eine großzügige Anlage. Eine Analyse der Umsteigebe- Essen als Knotenpunkt zahlreicher Nah- ziehungen aufgrund von Verkehrszäh- verkehrslinien sah sich dem Ruhrgebiet lungen des Jahres 1960 ergab, daß in der gegenüber verpflichtet, die durchge- Hauptverkehrszeit in der 10-Minuten- henden Linien nach Mülheim, Gelsen- verkehrsspitze fast 1.000 Personen im kirchen und Oberhausen nicht nur Hauptbahnhofsbereich umsteigen. Wei- beizubehalten, sondern sogar zu för-

STERNFAHRT Nr. 35 17 dern. Ein U-Bahn-Betrieb zwischen zwei Ausbau wird der Verkehrswert des Tun- Verkehrsschwerpunkten der Stadt Es- nels ständig vergrößert. sen, würde sicher der Stadt Essen in die- ser Verkehrsbeziehung Vorteile Durch den Ausbau in sogenannter bringen. Der durchgehende Straßen- U-Bahn-Manier hat man sich die Mög- bahnbetrieb mit Fahrzeugen der Mül- lichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt heimer, Bochum-Gelsenkirchener und auf ein U-Bahnnetz überzugehen, offen- Oberhausener Verkehrsbetriebe könnte gehalten. Eine Tatsache, die noch eine bei einem U-Bahn Betrieb nicht mehr größere Bedeutung erlangen sollte. aufrechterhalten werden. Der Verkehrs- wert eines U-Bahn Betriebes würde also 3. Die U-Straßenbahn-Planung nicht dem Ruhrgebiet, sondern nur der Stadt Essen zugute kommen. Selbst Mit Hilfe eines schnell geschaffenen hierbei wäre der Verkehrswert und auch Planungsteams, bestehend aus dem die Lösung noch sehr problematisch, Tiefbauamt, der EVAG, dem Planungs- weil ein Torso als Oberflächennetz be- amt und einer Firmengemeinschaft Sie- stehen bleiben müßte, da alle radialen mens-Bauunion/Hochtief wurden bald Linien in einer überschaubaren Bauzeit die ersten Pläne der U-Straßenbahn er- nicht erfaßt werden könnten. Zahlrei- arbeitet, die nach zweijähriger Arbeits- che günstige Verkehrsbeziehungen, die zeit Mitte 1963 dem Rat der Stadt gerade die Attraktivität der öffentlichen vorgelegt wurden. Dieser hat am Verkehrsmittel ausmachen, müssten 26.06.1963 den Beschluß des Hauptaus- jahrelang zum Schaden der Fahrgäste, schusses über die Durchführung des 1. aufgegeben werden. und 2. Bauabschnittes des U-Straßen- Diese Überlegungen führten zur bahntunnels bestätigt. Aus Kostengrün- 3. Variante: den und um aufwendige Provisorien zu vermeiden, ist man zu der Auffassung c. Bau einer U-Straßenbahn mit der gelangt, beide Bauabschnitte zusam- Möglichkeit, auf eine U-Bahn men zu bauen und nördlich der Haupt- überzugehen bahnhofsunterführung zwei Rampen anzulegen. Südlich des Hauptbahnho- Diese Lösung brachte den größten Nut- fes sollten die Tunnelstrecken über die zen für alle Beteiligten. Der Verkehrs- Rampen Kruppstraße, Plankstraße, wert eines solchen Tunnels wirkt sich Glückaufhaus und Rellinghauser Stras- nämlich durch die Beseitigung mehre- se an das vorhandene Straßenbahnnetz rer Engpässe im engsten Ballungsgebiet angeschlossen werden. mit seinen erheblichen Verspätungsur- sachen sofort auf fast alle Linien der Die ganze Baumaßnahme steht im en- EVAG sowie auf die Verbindungslinien gen Zusammenhang mit der Erstellung nach Mülheim, Oberhausen und Gelsen- des Ruhrschnellwegtunnels. Dabei liegt kirchen günstig aus. der Bahnhof Bismarckplatz ganz, der Bahnhof Essen Hbf teilweise und ein Dabei werden die vorhandene Stadt- Teil der Verbindungsstrecke zwischen struktur, die Betriebsform zahlreicher diesen Haltestellen unter dem Tunnel Nahverkehrsbetriebe und die Verkehrs- des Ruhrschnellweges, der heutigen beziehungen zwischen den Städten A40. Es war also folgerichtig, alles in nicht gestört, eine gezielte, stetige Ent- einer gemeinsamen Baumaßnahme durch- wicklung nicht verbaut, eine Möglich- zuführen. Als Realisierungshorizont wa- keit der Anpassung an die Finanzkraft ren fünf Jahre angesetzt, so dass eine Er- der Stadt Essen und des Landes berück- öffnung des U-Straßenbahnbetriebes sichtigt. Mit weiterem, schrittweisem für die Jahre 1970/71 als realistisch

18 STERNFAHRT Nr. 35 Die U-Straßenbahnplanung von 1964 ging noch von einem Ausbau des Straßenbahnnetzes aus, das durch Tunnelstrecken in der Innenstadt und Rüttenscheid ergänzt wurde. Auf diesem Plan sind noch Neubaustrecken nach Bottrop, Katernberg und zum Flughafen verzeichnet, weiterhin überlegte man eine Straßenbahn nach Heisingen, durch die Moltkestraße und die Bochumer Landstraße zu bauen. Auch die Strecke nach Altenessen sollte oberirdisch durch die Karolinger- straße, die Hudebrinkstraße und die Wilhelm-Nieswandt-Allee auf eigenem Bahnkörper geführt werden. Hiervon ist nur das erste Stück bis zur Haltestelle Katzenbruchstraße realisiert worden. (Quelle: Stadt Essen, Archiv EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 19 angesehen wurde. Ein Datum, das sich und berücksichtigte deren Interessen. sowohl wegen auftretender finanzieller Vorgelegt wurde dieser Plan 1968. als auch planerischer Schwierigkeiten nicht halten ließ. Gemeint sind hier ins- Der Startschuß zum Bau der U-Straßen- besondere die Rampenprovisorien auf bahn Essen war gefallen, nun kamen er- der Hauptbahnhofsnordseite. ste Schwierigkeiten auf. Aufgrund der schon recht weit fortgeschrittenden Pla- Besondere Beachtung verdient der nung des Ruhrschnellweg- tunnels, mit U-Bahnhof Essen Hbf: Es waren vier dem die U-Strassenbahn- planung in ei- Strecken vom Süden und Westen her nem engen Zusammenhang steht, hat kommend und zwei, die nach Norden ab- man zunächst das Hauptaugenmerk auf gehen, zu verknüpfen. Absolut notwen- die Hauptbahnhofssüdseite gelegt. Was dig war eine viergleisige Anlage der auf der Hauptbahnhofsnordseite gebaut Haltestelle - wie sie auch an der Oberflä- werden sollte, hatte recht starken pro- che in der Haltestelle Freiheit vorhan- visorischen Charakter. den war - um die zu erwartenden Fahrgastströme bewältigen zu können. Dort hatte man zwei Rampen, je eine in Mit Rücksicht auf die Einrichtungswa- der Hollestraße und in der Hachestraße, gen wurden Seitenbahnsteige angelegt, vorgesehen. Der Vorteil dieser Idee war, die jedoch bei Einsatz von Fahrzeugen dass die vorhandenen Strecken in den mit Türen auf beiden Seiten ohne weite- beiden Straßen, die Bestandteil des In- res als Mittelbahnsteige genutzt werden nenstadtringes waren, einfach an den können. Im Zuge der jetzt anstehenden Tunnel anzuknüpfen waren. Diese Ram- Ausrüstung der Bahnsteige mit Aufzü- pen hatten aber einen entscheidenden gen, wird dies auch geschehen. Es ge- Nachteil: Aufgrund der beengten Platz- lang allerdings nicht, alle Kreuzungen verhältnisse wäre es nicht möglich ge- planfrei zu gestalten, da dies in zwei wesen, die Ausfädelungen aus dem Ebenen unmöglich ist. viergleisigen Bahnhof kreuzungsfrei zu gestalten. Dies hat wiederum einen gra- Der Bau begann bereits im Juli 1964 mit vierenden Einfluß auf die Leistungsfä- der U-Haltestelle Planckstraße in der higkeit des Tunnelsystems. Somit Holsterhauser Straße, der somit die er- mußten Untersuchungen durchgeführt ste Bahnhof im Essener U-Stadtbahn- werden, welche Leistung bei niveauglei- netz ist, der im Rohbau fertig war. Eben- chen Kreuzungen auf der Nordseite falls im Jahre 1964 wurde mit der Rampe überhaupt zu erreichen wäre. Glückaufhaus in der Rüttenscheider Straße begonnen. Nach 1970 sollte dann Diese Aufgabe war nur in Verbindung zunächst die Unterfahrung des Ortsteils mit einem Signalsystem zu sehen, das Rüttenscheid in Angriff genommen wer- bezogen auf den Fall „Essen“ mit den den. Der Ausbau in Richtung Norden zahlreichen Ein- und Ausfädelungen war erst danach vorgesehen, wobei die und der wahlweisen Benutzung der Neuordnung des Verkehrs in der Innen- Bahnsteige des U-Bahnhofes Haupt- stadt mit dem Neubau des Rathauses am bahnhof, entwickelt werden mußte. Porscheplatz erfolgen sollte. Das alte Denn ein solches Signalsystem gab es zu Essener Rathaus am Kennedyplatz (frü- seiner Zeit noch nicht. Der U-Straßen- her Gildenplatz) ist im Jahre 1964 abge- bahnbetrieb weist zudem aufgrund klei- rissen worden. Weitergehende nerer Wageneinheiten eine dichtere Planungen sollten aber erst erfolgen, Zugfolge als beim echten U-Bahnbe- wenn das Gesamtkonzept „Generalver- trieb auf. Daher konnte auf Erfahrungen kehrsplan“ vorlag. Er band alle Städte der U-Bahnen in Berlin und Hamburg und Organisationen im Ruhrgebiet ein mit kleinen örtlich bedienten Stellwer-

20 STERNFAHRT Nr. 35 ken, die insbesondere wegen der hohen flächenverkehr angenäherte Betriebs- Personalkosten abgelehnt wurden, weise ermöglichen. Bei dem einen Sy- nicht zurückgegriffen werden. Ein sol- stem ist jedem Kurzblock eine Leiter- ches konventionelles Signal- und Siche- schleife zugeordnet, beim anderen stellt rungssystem hätte auch bald die Grenze jeder Block einen Gleisstromkreis dar. der Leistungsfähigkeit erreicht. Für den Störungsfall der Automatik ist ein Stelltisch vorgesehen, an dem die Favorisiert wurde daher das Fahren auf Fahrstraßen von Hand gestellt werden „elektrische Sicht“, welches von Herrn können. Beide Sicherungssysteme las- Professor Dr. Lagershausen von der sen einen stufenweisen Ausbau vom Technischen Hochschule Braunschweig Streckensignal bis zum Fahrerstandssi- entwickelt wurde. Dabei sollten die Füh- gnal mit Fahrzeugbeeinflussung (Fahr- rerstände mit Signalen ausgerüstet wer- sperre) zu. Beide Systeme wurden auf den, womit eine dem nornalen Straßen- zwei Versuchsabschnitten im Ruhr- bahnbetrieb angelehnte Betriebsweise schnellweg an der Oberfläche erprobt. möglich wäre. Aufgrund der Größe des Fahrzeugparks, des Gemeinschaftsbe- Die Untersuchungen zeigten, daß die ni- triebes und der Kürze des Tunnelab- veaugleichen Kreuzungen auf der schnittes im Verhältnis zum gesamten Hauptbahnhofsnordseite erhebliche Netz, wurde von diesem „Idealsystem“ Leistungsverluste zur Folge gahabt abgegangen. Parallel hierzu wurden von hätten. Ein längerfristiges Provisorium zwei Signalfirmen neue Signalsysteme mit niveaugleichen Kreuzungen, wel- entwickelt, die speziell für U-Straßen- ches aufgund der begrenzten Finanzie- bahnen vorgesehen waren. Beide rungsmöglichkeiten von Stadt und Firmen sahen Kurzblöcke vor, die zwar Land erforderlich gewesen wäre, war kein absolutes Fahren auf „elektrische nach Auffassung der Essener Ver- Sicht“ bedeuten, jedoch eine dem Ober- kehrs-AG aus betrieblichen Gründen aber nicht zu vertreten. Daher mußte nach einer finanziell tragbaren Lösung gesucht werden, die einerseits länger bestehen bleiben konnte und anderer- seits den Leistungsfähigkeits- und Si- cherheitsansprüchen genügte.

So untersuchte man im weiteren die so- genannte „Y-Lösung“. Diese hatte eine Reihe von Vorteilen: Die Leistungsfä- higkeit des Nord- und Südknotens ist gleich und damit der Verkehrswert opti- mal. Die Rampen sollten am Waldhau- senpark hinter den U-Bahnhof Hirsch- landplatz (damals: Wiener Platz) und in der Bernestraße sowie Varnhorststraße plaziert werden. Die daran anschließen- den Oberflächenstrecken lagen größ- tenteils auf besonderem Bahnkörper. Ein interessantes Detail ist das sicher- lich aus Kostengründen vorgesehene Gleisdreieck im Tunnel vor den beiden Weiterentwickelte Planung aus dem Jahre 1966 östlichen Rampen. Da zu dieser Zeit (Quelle: Archiv EVAG) aber noch etliche Linien zur Helenen-

STERNFAHRT Nr. 35 21 straße den Westast benutzten, war die- nur noch, wenn das Schienenverkehrs- ser Umstand jedoch nicht so schwer- mittel auf eigenem Bahnkörper oder im wiegend. Tunnel geführt wird. Der Bau des drit- ten Abschnittes der U-Straßenbahn Eine erneute Umplanung aus dem Jahre wurde vom Rat der Stadt Essen am 26. 1967 sah nun im 3. Bauabschnitt (Füh- März 1968 beschlossen. rung der U-Straßenbahn nördlich des Hauptbahnhofes) auch die Anlage eines Um nun die nachfolgenden Ereignisse Bahnhofes „Porscheplatz“ vor, wobei zu verstehen, muß einmal der Blick auf eine Ost-West-Strecke (Steele - Frohn- die Finanzierung der U-Straßenbahn- hausen) die Innenstadt auf der Achse strecken gerichtet werden. Als der Rat Porscheplatz - Weberplatz - Limbecker der Stadt Essen 1963 grünes Licht für Platz unterqueren sollte. An eine Reali- den Bau der Tunnelanlagen gab, teilten sierung dieser Strecke war zu dieser Zeit sich Stadt und Land die Kosten anteilig aber noch nicht zu denken. Die Idee war, zur Hälfte. Das heißt genauer, das Land den Innenstadtbereich möglichst gab die Hälfte der sogenannten erstat- gleichmäßig zu erschließen und nicht tungsfähigen Kosten dazu. Diese betru- bestimmte Teilbereiche, die ohnehin gen im Jahre 1963 56 Millionen von den schon bevorzugt sind, durch einen zen- 66 Mio. DM Gesamtkosten. Durch den tralen Kreuzungsbahnhof noch weiter Verzicht auf die provisorischen Rampen auf Kosten anderer Bereiche aufzuwer- nördlich des Hauptbahnhofes und unter ten. Dies wäre bei der allerersten Pla- der Berücksichtigeung der Preissteige- nung aus dem Jahre 1963, die allerdings rungen verteuerte sich das Projekt auf hinsichtlich der Trassierung sehr gün- gut 130 Mio. DM (Preisstand 1966). stig war, der Fall gewesen. Durch die Änderung der Richtlinien für Bundeszuwendungen, dem Vorläufer Ein weiterer Grund war sicherlich noch des Gemeindefinanzierungsgesetzes, woanders zu suchen: Für diesen neuen welche die Zuschüsse des Bundes zur Vorschlag war eine Neuordnung des Verbesserung der Verkehrsverhältnisse Schienennetzes der EVAG notwendig. in den Städten regelte, steuerte der Danach wollte man unter Berücksichti- Bund nun 50 Prozent und das Land gung des geplanten S-Bahnnetzes der 30 Prozent der zuwendungsfähigen damaligen Bundesbahn die Betriebs- Baukosten bei, so dass die Stadt in den streckenlänge von rund 90 km Länge Jahren 1967 und 1968 nur noch 20 Pro- auf 60 km reduzieren. Unter anderem zent tragen mußte. Seit dem 1. Januar verzichtete man in diesem Vorschlag zu- 1969 erhöhte das Land seinen Anteil auf nächst auf die Direktverbindung Steele - 40 Prozent; darin war ein Sonderbeitrag Hauptbahnhof, die allerdings später von 10 Prozent der Baukosten enthalten, über eine Tunnelstrecke Parkfriedhof - der dem “Entwicklungsprogramm Moltkestraße - Kronprinzenstraße - Ro- Ruhr” galt. landstraße realisiert werden sollte. Dies hätte aber im weiteren Verlauf die Ein- 4. Idee der Stadtbahn stellung des Straßenbahnbetriebes auf Rhein-Ruhr der Ringstrecke und nach Rellinghau- sen zur Folge gehabt. Nach den Zielsetzungen des “Entwick- lungsprogrammes Ruhr” der Landesre- Ein Schienenbetrieb war nur noch auf gierung von 1968 war vorgesehen, neben den Strecken vorgesehen, die als „stadt- dem geplanten S-Bahnnetz der bahnwürdig“ angesehen wurden, denn damaligen Bundesbahn ein ergänzen- Bundeszuwendungen gab es aufgrund des kommunales Schnellverkehrsnetz des Steueränderungsgesetzes von 1966 in Form einer vom Individualverkehr

22 STERNFAHRT Nr. 35 Altenessen Altenessen Katernberg

Rheinischer Platz

Viehofer Platz

Berliner Weberplatz Platz

Altendorf Limbecker Platz Porscheplatz

Steele Kray Frohnhausen Wiener Platz

Legende

U-Straßenbahn Essen Planungsvariante von:

1967

1968 Essen Hbf 1972 Holsterhausen Rüttenscheid Rellinghausen

Nachdem man sich für die Y-Lösung entschieden hatte, wurde zunächst ein enges Dreieck um die Innenstadt mit einem Bahnhof Weberplatz favorisiert. Untersuchungen zum Generalverkehrs- plan aus dem Jahre 1968 ergaben die nördlichere Variante. Eine erneute Umplanung von 1972 sah den Anschluß Altenessens über den östlichen Ast vor, um auch das Universitätsviertel anzubin- den. (Zeichnung: Th. Koch, Quelle: Generalverkehrsplan, Hintergrundkarte: Stadt Essen)

STERNFAHRT Nr. 35 23 unabhängig regional geführten Stadt- 1969 wurden dann auch alle Baulose der bahn mit rund 200 km Länge aufzubau- ursprünglich geplanten Bauabschnitte en. Auch diese Planungen gingen davon eins und zwei in Angriff genommen. aus, das Essener Schienennetz auf 58 km zu verkleinern, wovon dann 31 km Der Bodenaufbau im ersten und zweiten als U-Bahn bzw. 27 km als Stadtbahn Bauabschnitt besteht aus Anschüttung, über der Erde auf Normalspur verkeh- Lößlehm, Essener Grünsand, verwitter- ren sollte. Da bei den Planungen der tem Karbon und stark klüftigem Felsge- U-Straßenbahn immer die U-Bahn- stein. Wegen der geringen Über- Tauglichkeit berücksichtigt wurde, lie- deckungshöhe sind die Tunnelanlagen ßen sich die im Bau befindlichen Ab- südlich des Hauptbahnhofes überwie- schnitte in dieses Stadtbahnnetz gend in offener Bauweise erstellt wor- integrieren. den. Vor den eigentlichen Bauarbeiten an der U-Straßenbahn waren in allen Als Fahrzeug war zunächst ein achtach- Baubereichen umfangreiche Vorberei- siger Doppeltriebwagen (Ruhr-Stadt- tungsmaßnahmen durchzuführen, wie bahnwagen, später Stadtbahnwagen A) zum Beispiel die Verlegung der Abwas- mit 36,5 m Länge vorgesehen. Ein ser- und Fernheizkanäle, Wasser- und Sechs-Wagen-Zug ist dann 109,5 m lang, Gasleitungen, Telefon- und Stromkabel. so dass die im Bau befindlichen Bahn- Der Kraftfahrzeug-, Straßenbahn- und steige der U-Bahnhöfe entsprechend Fußgängerverkehr sowie die Zugäng- umgeplant und verlängert wurden. Die lichkeit der anliegenden Gebäude ist Bahnsteighöhe für den U-Straßen- trotz beengter Straßenverhältnisse bahnbetrieb wurde mit 8 cm über Schie- durch den Ausbau von Umleitungsstrek- nenoberkante geplant. Für den Ruhr- ken (zum Beispiel durch die Sachsen- stadtbahnwagen, der für einen Misch- straße), die Errichtung von provisori- betrieb mit Meterspurstraßenbahnwa- schen Richtungsfahrbahnen und durch gen auf einem Dreischienengleis mit ei- die Verlegung der Straßenbahngleise im ner Trittstufe ausgerüstet werden sollte, engeren Baubereich weitgehend auf- wurde die Bahnsteighöhe auf 30 cm fest- rechterhalten worden. gelegt. Für den Endzustand war eine Höhe von 90 cm vorgesehen. Die Ver- An einigen wichtigen Verkehrsknoten- kehrsbetriebe des Ruhrgebietes grün- punkten wurde der Oberflächenverkehr deten daraufhin 1968 die “Planungs- über abgedeckte Baugruben geführt. gesellschaft Ruhr mbH” mit Sitz in Es- Ein starker Verkehrsstrom wurde durch sen zur Ausarbeitung von Planungs- den Einsatz einer neu entwickelten zer- grundlagen. Im Jahre 1969 wurde die legbaren Stahlhochstraße über die 17 m Stadtbahngesellschaft Ruhr, später tiefe und 30 m breite Baugrube an der Rhein-Ruhr mbH gegründet, die sich Kreuzung Kruppstraße/Friedrichstraße mit Planung, Bau und Betrieb des Stadt- geleitet. Die Brücke war 240 m lang und bahnnetzes befassen sollte und in der 6 m breit; sie wurde innerhalb von 48 die “Planungsgesellschaft” aufging. Am Stunden montiert. Bis 2001 stand sie an 1.10.1970 nahm sie ihre Arbeit auf. der Kreuzung Alfredstraße/Martinstraße.

5. Zur Baudurchführung der Als erstes Baulos wurde der Bahnhof U-Straßenbahn Essen Planckstraße mit einer Rampe in der Holsterhauser Straße fertig. Es sollte Wie schon einmal erwähnt wurde zu die- noch lange dauern, bis es in Betrieb ser Zeit schon eine Weile gebaut. Der er- ging. ste Rammschlag fand am 19.10.1964 in der Kruppstraße statt. Bis zum März

24 STERNFAHRT Nr. 35 Oben: Bau der südlichen Tunnelrampe der U-Bahnstrecke am Saalbau (links). Deutlich zu erkennen ist die Aufschotterung der provisorischen südlichen Tunnelrampe, um nach dem Abbau unterirdisch weiter nach Rüttenscheid fahren zu können (rechts) Unten: Die fertigen Rampen in Richtung Norden (links) und Süden (rechts) (Aufnahmen oben: van Heekern, unten. l.: S. Prinzenberg, r.: Stadtbildstelle, Archiv EVAG, 1966)

STERNFAHRT Nr. 35 25 Oben: U-Bahnhof Saalbau 1966 im Rohbauzustand (Aufnahme: van Heekern, Archiv EVAG, 1966) Unten: Beim Bahnhofs- und Streckenausbau am Saalbau kam im Jahre 1967 die Lok 690 mit drei Muldenkippern zum Einsatz (Archiv EVAG)

26 STERNFAHRT Nr. 35 Als zweites Baulos war eine 560 m lange trägerverbau ausgeführt. Auf die Aus- Strecke in der Huyssenallee mit dem steifung der Baugruben nach der Ber- Bahnhof Saalbau fertig, welche mit zwei liner und der Hamburger Bauweise provisorischen Rampen im Oktober wurde bis auf Ausnahmefälle verzichtet. 1967 dem Betrieb übergeben wurde. Sie wurde durch eine rückwärts veran- kerte Baugrubenwand mit vorgespann- Im Jahre 1966 begann man im Zuge der ten Zugankern ersetzt, die bei den Baedekerstraße wegen der großen Tie- Essener Baugrundverhältnissen we- fenlage mit der Auffahrung eines berg- sentliche wirtschaftliche und techni- männisch vorgetrieben Verbindungs- sche Vorteile bietet. In bestimmten tunnels, der den Hauptbahnhof mit dem Fällen wurde bei geeignetem Baugrund Tunnel in der Kruppstraße verbindet. und ausreichenden Platzverhältnissen Dieser beginnt am Bismarckplatz mit mit gutem Erfolg der Essener Verbau, dem gleichnamigen Bahnhof und eine mit Baustahlgewebe und Torkretie- schließt an die vorhandene Schnell- rung gesicherte, steile Böschung, ange- Straßenbahnstrecke in der Kruppstraße wandt. sowie an das 1. Baulos mit dem Bahnhof Planckstraße an. Bei größerer Tiefenlage der Gradiente und für Gebäudeunterfahrungen wur- Der Ruhrschnellwegtunnel und der den die Tunnelbauwerke mehrerer Lose U-Straßenbahntunnel bilden eine kon- in geschlossener Bauweise aufgefahren. struktive Einheit und mußten demzu- Hier haben sich bergmännische Vortrie- folge zusammen erstellt werden. be und Auffahrungen des U-Bahn- Begonnen wurde hiermit im August Querschnittes im Schutz von durchge- 1967. Am 22. Juli 1968 fiel der Startschuß preßten Rohrschirmen gut bewährt. Als für den Tunnel in der Huyssenallee besonders günstig dabei hat sich ein Mi- von Baedekerstraße bis zur Freiheit. Er nimum an Setzungserscheinungen bei schließt an den Bahnhof Saalbau an und der Unterfahrung empfindlicher Bau- beinhaltet teilweise den Bahnhof Haupt- werke erwiesen. Auch hat die geringere bahnhof, die Weichenstraße mit dar- Behinderung des Oberflächenverkehrs überliegender Tiefgarage sowie gegenüber der offenen Bauweise und wiederum einen Teil des Ruhrschnell- die Rücksicht auf den Einzelhandel der wegtunnels. Das letzte noch fehlende Essener Innenstadt zu der Entschei- Stück südlich der Bahnunterführung - dung für geschlossene Bauweisen in ei- die Stadtgartenschleife, die ebenfalls nigen Fällen beigetragen. bergmännisch aufgefahren wurde - wur- de im März 1969 begonnen. Es entstand Der Beschluß des Rates der Stadt Essen eine riesige Baugrube. Alle Anlagen wa- am 26.02.1969 spezifiziert den Bau des ren im Rohbau ein Jahr nach der Eröff- dritten Abschnittes der U-Straßenbahn nung des Ruhrschnellwegtunnels im Essen. Dieser spaltet sich vom Bahnhof Zuge der heutigen A 40 am 25.09.1970 Hauptbahnhof aus in einen Westast mit fertiggestellt. dem Bahnhof Wiener Platz (heute: Hirschlandplatz) samt Tiefgarage und Bei der Baudurchführung wurde da- einer Rampe im Bereich Waldthausen- mals - entsprechend dem Stand der park südlich des Limbecker Platzes so- Technik - vorwiegend die offene Bau- wie in einen Ostast mit dem 4-gleisigen weise angewandt. Bei der offenen Bau- Bahnhof Porscheplatz, verbunden mit weise wurde mit Rücksicht auf den der Neugestaltung des Platzes, auf. Immissionsschutz in den dicht bebau- Der Baubeginn erfolgte am 30.10.1969 ten Gebieten unter Vermeidung von (Westast) bzw. am 18.12.1970 (Ostast, 1. Rammarbeiten ausschließlich der Bohr- Los).

STERNFAHRT Nr. 35 27 Oben: Selten war der Bahnhof Saalbau so stark frequentiert wie am Eröffnungstag. Unten: Reichlich Prominenz war bei der Einweihung der “kürzesten U-Bahn der Welt” am 05.10.1967 vertreten. Der damalige Oberbürgermeister Wilhelm Nieswandt gibt “grünes Licht” für den ersten Zug. Direktor Thiemer ist stolz auf das gelungene Werk. (Beide Aufnahmen: Stadtbildstelle Essen)

28 STERNFAHRT Nr. 35 Die Bahnhöfe Wiener Platz und Porsche- waren notwendig. Hinzu kam, dass bei platz wurden in offener Bauweise er- Ausführung der hier beschriebenen stellt, die dorthin führenden Tunnel- Bauwerke zeitliche Überschneidungen röhren ließen aufgrund der Gebäude- mit drei weiteren Großprojekten zu er- verhältnisse nur die geschlossene Bau- warten waren, die in unmittelbarer Nähe weise zu. Es mussten die Sparkasse, der geplant waren. Es handelte sich dabei Handelshof, das Allianz-Hochhaus, das um das neue Rathaus, das City-Center Aral-Parkhaus sowie Teile des Burg- und um einen Hotelneubau, der aller- gymnasiums unterfahren werden. Im dings nicht zur Ausführung kam. Die Anschluss des Burggymnasiums ver- Baufolge setzte somit eine klare Bauab- läuft die Trasse im Zuge der Schützen- laufkonzeption voraus, die im wesentli- bahn zum Porscheplatz. Ein Abzweig chen von der Führung und Umleitung vom Bahnhof Porscheplatz in östliche des Oberflächenverkehrs während der Richtung gehört ebenfalls mit zum Bau- Bauzeit abhängig war. Daher konnten los. Dieser Abschnitt ist trassiert für eine die Baulose nur abschnittsweise in meh- provisorische Ausfahrt (Rampe Varn- reren Baustufen erstellt werden. Es horststraße) und für die spätere Erweite- wurde von einer Bauzeit von 50 Monaten rung des U-Bahn-Netzes in Richtung ausgegangen. Steele mit dem geplanten U-Bahnhofes Hollestraße. Neben dem Bahnhof Por- 6. Gründung der Stadtbahn- scheplatz befindet sich noch ein Auto- gesellschaft Ruhr mbH tunnel für die Fahrbahnen in Richtung Norden, um den Porscheplatz zu unter- Am 01.10.1970 nahm die Stadtbahnge- queren. Im Nordbereich des Bahnhofes sellschaft Ruhr, später Rhein-Ruhr, die in der Schützenbahn war eine Rampe Arbeit auf. Die Besonderheit des Netzes für die erste Betriebsstufe vorgesehen. der Stadtbahn Rhein-Ruhr war, dass die “erste Betriebsaufnahme” fünfmal statt- Eine Schwierigkeit in der Ausführung fand. Begründet liegt dies in der poly- lag darin, dass sich die Bauteile unter ei- zentrischen Struktur des Rhein-Ruhr- nem stark befahrenen Verkehrsknoten- Gebietes, so dass das Netz von mehreren punkt der Stadt Essen befinden. Um- Kernen aus entwickelt werden musste. fangreiche Umleitungen und eine Daher hat man das Netz in fünf soge- mehrfach veränderte Verkehrsführung nannte Betriebsbereiche aufgeteilt, in

Tunnelführung unter der nördlichen Fußgängerebene am Hauptbahnhof (Hochtief-Nachr., 1972)

STERNFAHRT Nr. 35 29 Im “Zukünftigen Schienenetz” waren viele Schienenstrecken nicht mehr enthalten, die nicht als “stadtbahnwürdig” eingestuft wurden. Die Karte zeigt im wesentlichen die Vorstellungen aus dem Jahre 1972, die im Betriebskonzept von 1977 als Zukunftsperspektive festgehalten wurden. Interessant ist sicherlich die Lösung für die Stadtteile Altendorf, Borbeck und Frintrop mit einer einzigen Stadtbahnlinie. Das Stadtbahnnetz von Essen sollte gemeinsam mit der S-Bahn, die von der damaligen Bundesbahn betrieben wurde, in das Stadtbahnnetz Rhein-Ruhr eingebettet wer- den. (Quelle: Stadt Essen, Archiv EVAG)

30 STERNFAHRT Nr. 35 denen gleichzeitig gebaut wurde. Die den. Somit bestand eine der wichtigsten Betriebsbereiche sind (von West nach Aufgaben darin, so schnell wie möglich Ost): Duisburg/Düsseldorf (A), Mül- zu einer ersten Betriebsaufnahme zu ge- heim/Essen (B), Gelsenkirchen/Watten- langen. Hierfür bot sich nach eingehen- scheid (C), Herne/Bochum (D) und den Untersuchungen ein Strecken- Dortmund (E). Da das Zusammenwach- abschnitt im Betriebsbereich B zwi- sen der Betriebsbereiche noch lange schen Essen Hbf und Mülheim-Heißen dauern wird, muss jeder einzelne selbst- an. Hier sollten im Verlauf der Bundes- ständig sein. Dazu gehörte natürlich straße 1 die bisherigen Straßenbahnli- auch eine Betriebswerkstatt in jedem nien 8 und 18, die erst 1966 im neuen Bereich. Für den Bereich B (Mülheim/ Ruhrschnellweg aufwendig neu tras- Essen) war hier vorgesehen den ehema- siert worden waren, aufgegeben werden, ligen Straßenbahnbetriebshof Krupp- um eine sogenannte “Versuchs- und Mo- straße zu einer Betriebswerkstatt auszu- dellstrecke” der Stadtbahn Rhein-Ruhr bauen. Auch sollte hier die provisorische einzurichten. In diesem Zusammen- Hauptwerkstatt der Stadtbahn (gleich- hang sollte auch der soeben erwähnte zeitig auch die der Essener Straßen- Umbau des Betriebshofes Kruppstraße bahn) eingerichtet werden. Für jeden stattfinden. (Am 01.07.1970 wurde vom Betriebsbereich wurde ein Betriebsstu- Rat der Stadt Essen der Beschluß zur fenplan aufgestellt. Dabei ist eine Be- Ausführung der Versuchs- und Modell- triebsstufe als der kleinste in sich strecke gefaßt.) betriebsfähige Streckenabschnitt mit ei- genem Verkehrswert unter Berücksich- Da zum damaligen Zeitpunkt bereits ab- tigung der Stadtstruktur definiert. zusehen war, dass der Stadtbahnwagen A zur geplanten Eröffnung noch nicht ver- Die erste Betriebsstufe sollte nach den fügbar sein würde, untersucht man, ob Vorstellungen der Stadtbahngesell- ein Modellbetrieb nicht schon mit Hilfe schaft zwischen sechs und elf Kilome- eines schon erprobten U-Bahn- Fahrzeu- tern lang sein und zwischen sieben und ges einer anderen Stadt durchgeführt elf Bahnhöfen umfassen. Die jeweils fol- werden könne. Die Untersuchungen ha- genden Betriebsstufen werden dann aus ben ergeben, dass leihweise der Fahr- betrieblichen und finanziellen Gründen zeugtyp „F74“ der Berliner U-Bahn kleiner sein und dafür rasch aufeinand- geeignet war. Hierzu sollte ein Los von erfolgende Linienerweiterungen erlau- 14 Doppeltriebwagen einer Lieferung an ben. Damit wurde der Begriff “Stadt- die Berliner Verkehrsbetriebe entnom- bahn” fest etabliert, von U-Straßenbahn men werden. Diese Fahrzeuge wären sprach man nicht mehr, von U-Bahn nur nach Eintreffen der Stadtbahnwagen A, noch in Essen, wo aus der U-Bahn- Ab- nach Berlin zurückgegeben worden. teilung des Tiefbauamtes am 1.11.1978 das U-Bahn-Bauamt geworden war. Das Ministerium für Wirtschaft, Mittel- stand und Verkehr des Landes NRW hat Die politischen Zielvorstellungen für neben der Entwicklung des Ruhr- Stadt- das Netz der Stadtbahn Rhein-Ruhr gin- bahnwagens einen weiteren Stadtbahn- gen von einem sehr raschen Wachstum wagen, den Stadtbahnwagen “Kölner aus (das erklärt sicherlich auch die Pla- Bauart”, später als Stadtbahnwagen “B” nungseuphorie, die - vom Land geför- bezeichnet, für den Bereich Köln/Bonn dert - nun in den beteiligten Städten gefördert. 1974 fiel nach heftigen Aus- aufkam). Zudem sollte für das Verkehrs- einandersetzungen unter anderem über gebiet ein neuer Wagentyp - der Ruhr- die Stromzuführung - Stromschiene Stadtbahnwagen, später als Stadtbahn- oder Oberleitung - seitens des Ministeri- wagen “A” bezeichnet - entwickelt wer- ums die Entscheidung den Kölner- Wa-

STERNFAHRT Nr. 35 31 gen auch im Rhein-Ruhr-Gebiet einzu- Durch die Verlängerung der Modellstre- setzen, und somit die Entwicklung des cke zum Wiener Platz (heute: Hirsch- Ruhr-Stadtbahnwagens nicht weiterzu- landplatz) hat sich der Verkehrswert verfolgen. sicherlich weiter erhöht, es sollte aller- dings nicht verschwiegen werden, dass Zwischenzeitlich wurden im Essener dadurch die Meterspurverbindung vom Rathaus weitere Beschlüsse zum Aus- Hauptbahnhof über den Limbecker bau der Essener U-Bahn gefasst. Dazu Platz und weiter in Richtung Frintrop/ gehörten: Verlängerung des Ostastes Borbeck/Frohnhausen aufgegeben wer- zum Viehofer Platz, des Westastes zum den musste. Ursprünglich war vorgese- Berliner Platz, die Südstrecke mit Ab- hen nördlich des Wiener Platzes eine zweig zur Gruga und die Erweiterung im Rampe anzuordnen, die auch baulich Bereich Stadtgarten mit einem Bahnhof günstig im abfallenden Gelände hätte Musiktheater (alle am 01.07.1970) sowie plaziert werden können. Seitdem eine weitere Verlängerung des West- mussten alle in vorgenannte Richtung astes zur Universität und die Anbindung fahrenden Straßenbahnlinen den Um- des Klinikums (21.06.1972). Am weg über den Porscheplatz nehmen. 07.04.1974 wurde auf der Krupp- strasse der Straßenbahnverkehr eingestellt, um Die Planung berücksichtigte eine zeit- den Umbau der Straßenbahnstrecke gleiche Inbetriebnahme von U-Straßen- zur „Versuchs- und Modellstrecke“ der bahn (Meterspurnetz) und U-Stadtbahn Stadtbahn zu ermöglichen. Die Straßen- (Versuchs- und Modellbetrieb in Nor- bahnlinien wurden durch die Omnibus- malspur). Dem Verknüpfungspunkt linien 45 bzw. 58 ersetzt. zwischen Normal- und Meterspurlinien, dem Essener Hauptbahnhof, kam dabei 7. Die Versuchs- und besondere Bedeutung zu. Hier steigen Modellstrecke die meisten Fahrgäste im Essener Schie- nennetz um; daher war es von Vorteil, Da in Essen bereits sehr frühzeitig noch dass ein bahnsteiggleicher Übergang unter der U-Straßenbahn-Konzeption zumindest in stadtauswärtiger Rich- mit dem Bau unterirdischer Anlagen be- tung möglich wurde. Stadteinwärts gonnen wurde, war der Bau insgesamt konnte dieser Übergang wegen der Ein- so weit fortgeschritten, dass die Strecke richtungswagen der Straßenbahn noch zwischen Essen und Mülheim-Heißen nicht angelegt werden. Bei dem heute als einziger zusammenhängender Ab- ausschließlichen Einsatz von Zweirich- schnitt dieser Länge (rund 7,80 km) für tungswagen sowie einer Anpassung von einen Versuchs- und Modellbetrieb aus- Bahnsteighöhe und Fahrzeugeinstieg, gewählt werden konnte. Hier ließ sich steht diese Option weiterhin offen. Sie nämlich unter Beachtung des Zeithori- soll nun in Verbindung mit der Ausrü- zontes relativ schnell ein U-Bahn- Be- steung des Bahnhofes mit Aufzügen ver- trieb einrichten, zumal dieser Abschnitt wirklicht werden. einen eigenen Verkehrswert aufwies. Dies war von besonderer Wichtigkeit, Die Durchführung der Bauaufgaben für weil es nicht möglich war, unter Einbe- Strecken und Bahnhöfe lag bei den ziehung von provisorischen Rampen an Städten Essen und Mülheim, die be- die Oberfläche überzugehen. Weiterhin triebstechnische Ausrüstung (Gleisbau, war vorgesehen, die Linie von Mülheim- Stark- und Schwachstromanlagen aller Heißen zum Mülheimer Hauptbahnhof Art) wurde von den beteiligten Ver- weiterzuführen, womit es möglich war, kehrsbetrieben und der Stadtbahn- Ge- die Strecke als die erste Städtverbin- sellschaft Rhein-Ruhr zunächst in der dung einzurichten. “Arbeitsgemeinschaft Versuchs- und

32 STERNFAHRT Nr. 35 Weichenstraße unter der Huy- ssenallee mit Blick zur Bahn- steighalle Essen Hbf im Jahre 1975 (Archiv EVAG)

U-Bahnhof Essen Hbf in Rich- tung Norden gesehen. Im Jah- re 1975 ist bereits der Schotter eingebracht. (Archiv EVAG)

Für den Bau der Fußgänger- passarelle und die Tunnelröh- ren wurde nördlich des Essener Hbf eine große Bau- grube ausgehoben, die im April 1971auch die Stillegung der Straßenbahnstrecke vom Haupbahnhof zum Limbecker Platz erforderte (Aufnahme: Hochtief, Archiv EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 33 Modellstrecke (VMS)”, ab 1977 in der ge- und der Stadtgrenze Essen/Mülheim meinsam gegründeten “Stadtbahn- Be- benutzen Fahrleitung und die Straßen- triebsführungsgesellschaft Ruhr mbH” beleuchtung (damals auf Stadtautobah- abgewickelt. Das betriebstechnische nen üblich) die gleichen Masten, so daß und verkehrliche Konzept folgt den hier eine sorgfältige Abstimmung mit Richtlinien, die die Stadtbahn- Gesell- den damaligen Essener Städtischen schaft in den vorausgegangenen Jahren Werken erforderlich war. In den Tun- herausgab. Dabei wurden sorgfältig die nelabschnitten ist sie als gewichts- jüngsten Erfahrungen und Entwicklun- nach-gespannte Einfachfahrleitung gen U-Bahnbauender Städte und der an elastischen Deckenfahrdrahthal- einschlägigen Industrie gesammelt, ge- tern und außerhalb als ebenfalls ge- prüft und bei Eignung eingesetzt. wichtsnachgespannte Hochkettenfahr- leitung mit damals neuartigen Kunst- 8. Ausrüstung der Versuchs- stoffauslegern ausgeführt. Die Fahrlei- und Modellstrecke tung ist in Abschnitte eingeteilt, deren Trennpunkte nach Möglichkeit im Die Gleisanlagen umfassen rund 16 km Bremsbereich vor den Haltepunkten lie- Gleis, 29 einfache Weichen, eine Kreu- gen. Im Zusammenhang mit der Inbe- zungsweiche und drei Kreuzungen. triebnahme der Versuchs- und Modell- Eine der Kreuzungen, in der Weichen- strecke wurden auch Unterwerke neu straße südlich des Bahnhofes Essen- errichtet. Es waren dies die Unterwerke: Hauptbahnhof gelegen, weist als Son- ê Heißen Kirche 2 x 2.500 A, 750 V derbauform verstellbare Kreuzungsspit- ê zen auf, da sie in einem Strang von Wickenburgstraße 1x 2.500 A, 750 V normalspurigen Fahrzeugen mit Rad- ê Hobeisenbrücke 2 x 2.500 A, 750V reifen nach EBO (Eisenbahn- Bau- und ê Essen Hbf 2 x 2.500 A, 750 V Betriebsordnung), im anderen von me- terspurigen Fahrzeugen mit Radreifen Außerhalb der Tunnelanlagen versor- gen die Gleichrichterwerke die benach- nach Anlage 3a der damaligen BO- Strab (Verordnung über den Bau und barten Bahnhöfe mit Strom für Licht, Betrieb von Straßenbahnen) befahren Kraft, Rolltreppen und Notstrom. Im Be- werden muss. reich der Essener Innenstadt sind die U-Bahnhöfe an die Zentrale des Ruhr- Der Oberbau ist auf Holzschwellen im schnellweges (RSW) angeschlossen, die mit ihren Sofort-Bereitschaftsaggrega- Schotterbett mit indirekter Schienenbe- ten in diesem Bereich die Notstromver- festigung mit Spannklemmen Skl 3 so- wie mit geneigten Schienen des Profils sorgung übernimmt. S49 ausgeführt. Auf mehreren Beton- und Stahlbrückenbauwerken kamen Die Bahnhöfe sollten grundsätzlich be- setzt sein, die Abfertigung war zunächst Sonderbauformen zum Einsatz; insbe- sondere ist hier der schotterlose BSK- vom Bahnsteig aus vorgesehen. Daher standen in den Bahnhöfen Essen Hbf Oberbau auf der rund 250 m langen Brü- und Porscheplatz die Zugabfertiger- cke über den Frohnhauser Weg in Mül- heim-Heißen zu erwähnen. häuschen. Erst später stimmte auch die Stadtbahngesellschaft Rhein-Ruhr dem Selbstabfertigungssystem mit Türauto- Die Entscheidung für den Stadtbahnwa- matik zu. Räumlich vereint mit der Be- gen B bedeutete für die Essener Ver- kehrs-AG eine Hochleistung-Fahr- triebsleitstelle waren auch die Schalt- warte für die fernbedienten Unterwerke leitungsanlage zu planen und zu errich- und das Stellwerk Essen Hbf (Ehb), das ten. Auf dem Streckenabschnitt zwi- später über Fernsteuerung die Aufga schen dem Tunnelmund am Beiseweg -

34 STERNFAHRT Nr. 35 Oben: Während 1976 der U-Bahnhof Porscheplatz noch ausgebaut und ausgerüstet wurde, fanden bereits Schulungsfahrten statt (Archiv EVAG) Unten: Im Rahmen eines Tages der offenen Tür fand 1976 im U-Bahnhof Hauptbahnhof auch eine Fahrzeugparade statt. Vorgestellt wurden unter anderem die Stadtbahnwagen 1014 und 5003, sowie die normalspurige Diesellokomotive 651 (Archiv EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 35 ben des Stellwerkes Wickenburg (BwW) bahnhof in der Passarellenebene so an- mitübernahm. geordnet, dass eine Glaswand den Blick aus der Leitstelle in die viergleisige Hinsichtlich der Überwachung und Bahnsteighalle erlaubt. Der Bedie- Führung des Betriebs wurde den Zug- nungsraum vereinigt die Funktionen sicherungsanlagen ein neuartiges Pro- der Betriebslenkung und die Betriebs- zessdatenverarbeitungssystem zuge- überwachung für das Busnetz, das Stra- ordnet. Dieses System sieht Prozess- ßenbahnnetz und die Stadtbahnstrecke, rechner in drei Ebenen vor. Die unterste ferner die Aufgaben des Stellwerkes Ebene besteht aus je einem Kleinrech- und der zentralen Schaltwarte. ner in den Bahnhöfen und in den Stell- werken; diese Kleinrechner dienen als Die gemeinsame Straßenbahn/Stadt- sog. „intelligente Unterzentralen“ für bahnHauptwerkstatt im Betriebsgelän- den Datenaustausch zwischen der de Schweriner Straße hat planmäßig Bahnhofsausrüstung (wie z.B. Zugziel- zum 1. September 1975 ihren vollen Be- anzeiger und nachrichtentechnischen trieb aufgenommen. Die alte Haupt- Anlagen) und der nächst höheren Ebe- werkstatt Grillostraße wurde damit ne, der sog. Betriebsführungsebene, die aufgegeben. Die neue Werkstatt ist in al- in den Streckenstellwerken zentralisiert len 8 Gleisen dreischienig ausgeführt, ist. In den Streckenstellwerken befin- um die neu hinzugekommenen normal- det sich je ein Doppelrechnersystem, spurigen Fahrzeuge zu betreuen. Die das aus zwei gleichen Rechnern und ei- dreischienigen Gleisanlagen weisen ner Umschalteinheit als sogenannte Be- eine Reihe von Sonderkonstruktionen triebsführungs- und Zuglenkrechner auf; sie sind überwiegend als Rillen- besteht. Die oberste Ebene bestand aus schienen des Profils Ph 37a ausgebildet. dem sog. Dispositionsrechner, der der Im Außenbereich befinden sich eine 120 zentralen Betriebsleitstelle Ehb zuge- m lange Meßhalle, eine Halle für die Un- ordnet ist. Im Rahmen der vorgegebe- terflurdrehmaschine für Normal- und nen Programme übernimmt dieses Meterspur, eine Waschanlage für Nor- Rechnersystem die automatische Be- malspur und je eine Lok-Abstellhalle für triebsführung. Hierzu gehört insbeson- Normal- und Meterspur. dere die Optimierung der Zugfahrten an den betrieblichen Engpässen im Be- 9. Weitere Planungen reich der Bahnhöfe Porscheplatz mit sei- ner starken Bündelung von Straßen- Nach der Entscheidung für den Stadt- bahnzügen und Essen Hbf mit seiner hö- bahnwagen B im Juli 1974 wurde über- hengleichen Kreuzung zwischen nor- prüft, ob und in welchem Umfang dieses malspuriger Stadtbahnstrecke und normalspurige Fahrzeug auch auf stadt- meterspuriger Straßenbahnstrecke. Ne- bahnähnlich ausgebauten Strecken ein- ben der Überwachung und selbsttätigen gesetzt werden kann. Diese Frage- Einstellung der Fahrstraßen für den stellung erwies sich dahingehend als Zugbetrieb gehört auch die selbsttätige nicht einfach, da es nach dem Krieg ver- Einstellung der Zugzielanzeiger dazu. säumt worden war ausreichende Stra- ßenfluchten neu festzulegen, die die Im Zusammenhang mit der Betriebs- Anordnung eines vom Individualver- aufnahme in den Tunnelanlagen in kehr unabhängigen Schienenweges er- der Essener Innenstadt wurde die Ein- möglichen. Dies führte dazu, dass der richtung einer neuen Betriebsleitstelle Anteil des besonderen Bahnkörpers in erforderlich. Der Bedienungsraum und Essen mit 21 Prozent sehr niedrig im die Nebenräume sind überwiegend im Vergleich zu anderen Großstädten mit Nordkopf des Bahnhofes Essen- Haupt- Straßenbahnverkehr ist.

36 STERNFAHRT Nr. 35 Die Überlegungen zielten im weiteren 10. Beginn der Probefahrten Verlauf darauf ab, einen im Rohbau be- reits fertiggestellten Streckentunnel Am 29. Juni 1976 wurde der erste von 16 vom Bismarckplatz in südwestlicher Stadtbahnwagen B mit einem überlan- Richtung ausgehend zum ebenfalls fer- gen Straßentransporter in der Schie- tiggestellten Bahnhof Jugendzentrum nenfahrzeug-Hauptwerkstatt Schwe- (heute: Planckstraße) in die neuen Aus- riner Straße der Essener Verkehrs-AG baubeschlüsse einzubeziehen. Er findet angeliefert. Sofort nach dem Aufsetzen über eine Tunnelrampe den Anschluß des Stromabnehmers konnte das Fahr- an die Oberfläche in der Holsterhauser zeug mit eigener Kraft in die Werkstatt Straße. Aus finanziellen Gründen ließ fahren. Hier schlossen sich der Einbau sich eine ursprünglich vorgesehene Ver- der Funkanlagen, der Haltstellenansa- längerung der Tunnelstrecke mit den gegeräte, die Ergänzung der Beschrif- Bahnhöfen Germarkenplatz und Hol- tung sowie kleinere Restarbeiten an der sterhauser Platz nicht verwirklichen, so elektrischen Ausrüstung an. Nach um- dass erneut nach einer Möglichkeit ge- fangreichen Funktionsprüfungen be- sucht wurde, die vorhandene Tunnel- gannen die Einstellfahrten für die strecke zu nutzen. Hierfür ergeben sich elektronische Fahr- und Bremsrege- nach gründlichen Untersuchungen lung. Alle Fahrzeuge wurden einer um- mehrere Varianten. Eine Nutzung mit fangreichen Bremsprüfung zunächst in Meterspur wäre nur dann sinnvoll Einzelfahrt und später auch in Doppel- gewesen, wenn die nach Mülheim füh- und Dreifachtraktion unterzogen. rende Strecke ebenfalls in Meterspur ausgeführt wäre. Da dies aber nicht der Mit Freigabe des westlichen Strecken- Fall war, sah man die günstigste Lösung abschnittes im Bereich des Stellwerkes darin, die meterspurige Straßenbahn- Wickenburg am 16.12.1976 konnte die strecke Gemarkenplatz - Holsterhauser Personalschulung an den neuen Anla- Platz - Margarethenhöhe ebenfalls auf gen beginnen. Neben dem Schulungs- Normalspur umzustellen. programm wurde im Januar 1977 auf Veranlassung der Herstellerfirmen DÜ- Nachdem die Praxis alle Zeitpläne für WAG und Siemens der erste von vier- die Betriebsaufnahme immer wieder zehn für die Verkehrsbetriebe umwarf und die allgemeine wirtschaftli- Edmonton, Kanada, bestimmten Stadt- che Lage eine Reduzierung der Mittel bahnwagen in Essen bei zahlreichen für den immer teurer werdenden Tun- Einstell- und Probefahrten geprüft. nelbau zur Folge hatte, musste die Pla- nung noch einmal überarbeitet werden. 11. Der Straßenbahn- Nun war es nicht mehr der Bauzeiten- Vorlaufbetrieb plan „Technisch kürzeste Bauzeit“ son- dern der Bauzeitenplan „Finanzierbares Unter diesem Arbeitstitel wurden die Bauvolumen“, der der Progammpla- „restlichen“ 2,5 km Tunnelstrecke be- nung zugrunde gelegt werden muss- handelt, die nun schon seit geraumer te. Demzufolge wurde vom Rat der Stadt Zeit im Bau waren. Es handelte sich Essen am 13. März 1975 eine Reduzie- nunmehr um den Nord-Süd-Abschnitt rung des Stadtbahngrundnetzes von bis- vom bereits im Betrieb befindlichen her 31 km auf 20 km beschlossen. Mit Bahnhof Saalbau über Hauptbahnhof den Bauarbeiten für die Tunnelstrecke zum Porscheplatz mit einer Tunnelram- vom Limbecker Platz zur Universität, pe in der Schützenbahn in Richtung Vie- dem vorläufigen Endpunkt der Linie hofer Platz und einer Rampe in der von der Margarethenhöhe wurde im Varnhorststraße in Richtung Wasser- Jahre 1976 begonnen... turm. Außerdem waren eine Abzwei-

STERNFAHRT Nr. 35 37 Oben: Ein Stadtbahnwagen vom Typ U2 für Edmonton weilte 1976 für Erprobungszwecke in Essen (Aufnahme DÜWAG, Sammlung Ahlbrecht) Unten: Im Rahmen des Schulungsbetriebes begegnen sich 1977 die Wagen 1533 und 1001 auf der Tunnelrampe Schützenbahn (Aufnahme: van Heekern, Archiv EVAG)

38 STERNFAHRT Nr. 35 gung vom Hauptbahnhof in südwest- bahnhof, Wickenburgstraße bis licher Richtung mit einer Rampe am Mülheim, Heißen, Kirche. Gleichzeitig Stadtgarten sowie eine unterirdische wurden die unterirdischen Straßen- Schleifen- und Abstellanlage unter dem bahnstrecken vom Saalbau bis zum Por- Stadtgarten vorhanden. scheplatz und die Tunnelrampen Ro- landstraße, Schützenbahn und Varn- Um diese Strecken einem baldigen Be- horststraße dem Verkehr übergeben. trieb zuzuführen, bot sich am zweckmä- Die Eröffnungsfeier begann mit einer ßigsten eine Integration in das Meter- Ansprache des damaligen Oberbürger- spurnetz an. Die besondere Herausfor- meisters Katzor. Nach Begrüßung der derung war, dass hier 16 von 17 Straßen- Ehrengäste bedankte er sich bei den bahnlinien verkehren sollten. Es musste 33.000 Bürgern, die durch ihre Teilnah- ein Straßenbahnbetrieb mit einer be- me an diesem einmaligen Ereignis ihr sonders hohen Streckenbelastung von großes Interesse bekundeten. Nach bis zu 56 Zügen pro Stunde und Rich- rund zwölf Jahren Bauzeit könne in Es- tung erstmalig im Tunnel durchgeführt sen als der fünftgrößten Stadt Deutsch- werden. Da in den Tunnelstrecken aber lands die U-Bahn Ära endlich beginnen. nicht wie an der Oberfläche auf Sicht ge- Nach einem Rückblick auf die Entste- fahren werden kann, sondern genau wie auf der Versuchs- und Modellstrecke nach Signal, waren besondere Maßnah- men erforderlich, um die geforderte kur- ze Zugfolge zu ermöglichen. Es mussten alle denkbaren Möglichkeiten ausge- schöpft werden, die Streckenleistungs- fähigkeit bereitzustellen. Zur Eröffnung des Stadtbahnbetriebes und des soge- nannten Vorlaufbetriebes seien noch ab- schließend einige Fakten genannt, die den bevorstehenden „Kraftakt“ verdeut- lichen: ê 7 km kreuzugsfreie Stadtbahnstrecke ê 3 km Vorlaufstrecke mit 4 Tunnelrampen ê zur Umstellung müssen 146 Straßen- bahn-Triebwagen mit Meldungsüber- tragung und Fahrsperren ausgerüstet werden ê es sind 600 Fahrer zu schulen ê mit den Strecken sind 13 Bahnhöfe mit 80 Fahrtreppen, 21 Prozessrechnern, 22 Megawatt installierter Unterwerkslei- stung in Betrieb zu nehmen.

12. Die Eröffnung des U-Stadtbahn Betriebes

Am 28. Mai 1977 erfolgte die Verkehrs- freigabe der Versuchs- und Modellstre- Gleisplan von U-Stadtbahn und Straßenbahn - cke von Wiener Platz über Haupt- Vorlaufbetrieb 1977 (Quelle: Archiv EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 39 Oben: Bei der Ausrüstung des U-Bahnhofes Heißen Kirche war auch die Diesellok 651 mit von der Partie Unten: Im Herbst 1976 standen die nagelneuen Stadtbahnwagen B in der Abstellanlage im Bw Wickenburg in langen Reihen (Beide Aufnahmen: Rolf Riefenstahl, 1976)

40 STERNFAHRT Nr. 35 hung und Durchführung dieses Projek- Abschließend überbrachte Staatssekre- tes ging er auf weitere Ausbaustufen im tär Wrede vom Bundesverkehrsminste- Bereich der Stadt Essen ein: Die Verlän- rium die Grüße der Bundesregierung. gerung der Normalspurstrecke vom Er betonte, dass das wiederholt bekräf- Wiener Platz soll bis 1981, die Umspu- tigte Engagement des Bundes für den rung des Abschnittes Bismarckplatz - ÖPNV in Ballungsgebieten auch in die Margarethenhöhe bis 1979 vollendet Tat umgesetzt werde. Die heutige Inbe- sein. Weitere Baulose würden ab Saal- triebnahme sei ein Beweis hierfür. Er bau in Richtung /Gruga voran- wies außerdem Vorwürfe zurück, die getrieben. Als dringende Erweiterungen Bundesregierung betriebe eine Politik bezeichnete er außerdem die Stadtbahn- gegen das Auto. Man werde auch in Zu- strecken in die Bezirke Borbeck, Frohn- kunft Milliarden für den Straßenbau hausen und die Verbindung nach ausgeben. Die Verkehrsprobleme in den Gelsenkirchen. Abschließend dankte er Städten könne man jedoch nur mit ei- Bund und Land für die finanzielle Un- nem leistungsstarken ÖPNV lösen. Die terstützung mit der Bitte, auch in Zu- große Anteilnahme an der Eröffnungs- kunft die erforderlichen Mittel für die feier beweise, dass diese Auffassung ge- Erreichung der Planziele bereitzustel- teilt werde. Durch eine verstärkte len, denn nicht zuletzt sei der Stadt- Benutzung des neuen Verkehrssystems bahnbau ein Wirtschaftsfaktor ge- könne die Bevölkerung in der Zukunft worden und die Erhaltung zahlreicher die Notwendigkeit derartiger Investitio- Arbeitsplätze von großer Wichtigkeit. nen bekräftigen.

Für das Land Nordrhein-Westfalen stell- Bei der anschließenden Eröffnungs- te Wirtschafts- und Verkehrsminister fahrt nach Mülheim-Heißen richteten Dr. Riemer fest, dass die Eröffnung ein die genannten Sprecher dort auch Gruß- “Markstein der Verkehrspolitik” in die- worte an die Mülheimer Bevölkerung. sem Bundesland sei. Er erinnerte an den Danach wurde bis 18 Uhr die Strecke zur Beschluß der Landesregierung aus dem kostenlosen Benutzung freigegeben Jahre 1968, im Rahmen der verkehrspo- und zusätzlich mit Stadtbahnwagen M litischen Zielsetzungen ein regionales ein Pendelverkehr in Essen zwischen Schnellbahnnetz, bestehend aus den der Stadtgartenschleife und Viehofer S-Bahnlinien der Bundesbahn und nor- Platz eingerichtet. malspurigen Stadtbahnstrecken, zu schaffen. Dieses Konzept habe dann Beide Bahnsysteme waren dem An- auch Eingang in das Nordrhein- Westfa- sturm durchaus gewachsen. Unter dem len-Programm des Jahres 1975 gefun- Motto „Sag Du zum U“ fand außerdem den. Damit sei verkehrspolitisches Neu- im U-Bahnhof „“ land betreten worden. Dies erforderte ein Rahmenprogramm mit Musik, Bier- die Entwicklung und Erprobung neuer brunnen, Modeschauen und Tanzshow Techniken. Hierin habe die Stadt Essen statt. Vor dem Hauptbahnhof an der die Chance erkannt und dem Land den Oberfläche war der heutige Museums- Bahnkörper der Straßenbahn im Zuge wagen 888 als Infor- mationsstand auf- des Ruhrschnellweges angeboten. Die gestellt. Hier wurden Faltblätter mit den beträchtlichen Investitionen bedingen neuen Linienwegen und Info- Broschü- jedoch auch ein Zusammenwirken aller ren zur neuen Stadtbahn verteilt. Der Nahverkehrsträger nicht nur im Bau- fahrplanmäßige Betrieb wurde am sondern auch im Betriebsbereich, was 29. Mai 1977 mit Betriebsbeginn aufge- die Schaffung eines Fahrplan- und Ta- nommen. rifverbundes im gesamten Ballungsge- biet Rhein-Ruhr voraussetze.

STERNFAHRT Nr. 35 41 13. Linienänderungen zur Linien 49, 53, 57, 69 und 79 geboten. Die- Aufnahme des se konnten nachdem die neuen Bus- U-Stadtbahnbetriebes steiganlagen unter der Hauptbahnhofs- unterführung fertiggestellt waren, dort Im Vorgriff auf den einzurichtenden ohnehin nicht mehr wenden und wur- Verkehrsverbund wurden die Linienbe- den zum Betriebshof Stadtmitte verlän- zeichnungen mit den Betrieben der gert. Die Fertigstellung erfolgte aller- Stadt Mülheim an der Ruhr so abge- dings erst ein Jahr später, weil vorher stimmt, dass nochmalige Umbenennun- die Gleisanlagen der Straßenbahn gen zum Verbundstart vermieden entfernt werden mußten und Indivi- werden konnten. dualverkehr und ÖPNV die Fahrspuren in der Unterführung tauschten. Wäh- Die Städte Essen und Mülheim sollten rend die Straßenbahn die mittlere Brü- zum Fahrplanbereich 1 zusammenge- ckenöffung benutzte, wurden nun die faßt werden, in dem Doppelbenennun- Bushaltestellen unter den beiden äuße- gen nicht mehr zulässig waren. Alle in ren Unterführungen angelegt. diesem Bereich verkehrenden Linien erhielten eine 1 als erste Ziffer der drei- 14. Die ersten Betriebs- stelligen verbundgemäßen Liniennum- erfahrungen mer. Nach Überwindung der ersten üblichen Die Stadtbahnlinie von Essen, Wiener Anlaufschwierigkeiten verlief der Stadt- Platz (heute Hirschlandplatz) nach Mül- bahnbetrieb auf der Linie U 18 fast stö- heim, Heißen Kirche erhielt sogleich die rungsfrei. Die Linie war für voll- VRR- (Verkehrsverbund Rhein-Ruhr) ständige Fahrgastselbstbedienung ein- Nummer U 18. Sie ersetzte die Buslinie gerichtet. Es fand im U-Bahnbereich 58, die den Verkehr während der Bauar- kein Fahrkartenverkauf auf den Fahr- beiten aufrecht erhielt. Da die Bauarbei- zeugen mehr statt. Dafür wurden in den ten für die neue Stadtbahnstrecke nach Bahnhöfen 6 0 Fahrkartenautomaten Holsterhausen und zur Margarethen- und 100 Entwerter aufgestellt. Die Zu- höhe bald beginnen sollten wurden die gänge sind mit 80 Fahrtreppen ausgerü- Straßenbahnlinien 7, 17 und 37 auf die- stet worden. Erste Zählungen haben sem Streckenabschnitt eingestellt und ergeben, dass das Fahrgastaufkommen durch die Gelenkbuslinie 57 Gold- um rund 30% gegenüber dem Schienen- schmidtstraße - Hauptbahnhof - Marga- ersatzverkehr angestiegen ist. retenhöhe ersetzt. Im Bereich der tunnelgeführten Stras- Der gesamte Straßenbahnverkehr mit senbahnlinien traten jedoch erheblich insgesamt 15 Linien - mit Ausnahme der mehr Störungen auf. Nachteilig wirkte HVZ-Linie 28 - berührte nun den zu- sich unter anderem die Tatsache aus, nächst nur zweigleisigen Bahnhof Por- dass die Verbindungen zu den oberirdi- scheplatz. Dies bedeutete eine schen Strecken erst in der Nacht vor der Spitzenbelastung von 56 Zügen je Stun- Inbetriebnahme hergestellt werden de und Richtung im Bahnhof Porsche- konnten, so dass praktisch keine Erpro- platz. bungszeit vorhanden war. Als Sofort- maßnahme musste die Maximal- Nach dem Abbau der stark befahrenen belastung im Bahnhof Porschplatz von Straßenbahndirektverbindung Wasser- 56 Zügen pro Stunde auf 49 Züge zu- turm - Hollestraße (Volkshochschule) - rückgenommen werden. Möglich wur- Hauptbahnhof wurde ein Ersatz durch de dies durch Streichung von E-Wagen die bisher am Hauptbahnhof endenden bzw. Führung einzelner Kurse am Tun-

42 STERNFAHRT Nr. 35 nel vorbei durch die Herkulesstraße erteilt, ein Betriebskonzept für den Be- sowie von Altenessen über den Viehofer reich Essen zu erstellen. Als Planungs- Platz direkt zum Berliner Platz. horizont der Investitionsplanung ‘77 war das Jahr 1990 angetrebt. Als kleinste Der gesamte Zugverkehr wird normaler- betriebsfähige Einheit zur Erreichung weise vollautomatisch von einem Zug- dieses Zieles ist die “Betriebsstufe” defi- lenkrechner durchgeführt. In der niert worden. Für Essen waren insge- Anfangszeit mußten allerdings noch samt acht Betriebsstufen vorgesehen. 60% der Zugbewegungen von Hand Sie erhielten die Bezeichnung „B“ - für durch den Tunnel gelenkt werden. Ein den Betriebsbereich Essen/Mülheim - weiteres Betätigungfeld entdeckten Ju- eine fortlaufende Nummer und den Zu- gendliche, indem sie die Rolltreppen satz „E“ - für Essen. Die erste Betriebstu- durch Drücken der Nottaster außer Be- fe hieß also B1E für die “Versuchs- und trieb setzten. Modellstrecke (VMS)”.

15. Betriebskonzept für den Als weitere Betriebsstufen wurden Bereich Essen von 1977 durch Ratsbeschluß vom 25. Januar 1978 festgelegt: Da das Stadtbahnsystem in Essen in das regionale Schnellbahnkonzept für den B2E Bahnhof Bismarckplatz bis gesamten Rhein-Ruhr-Bereich einge- Margarethenhöhe bettet war, hat das Land NRW über die Stadt Essen einer Arbeitsgemeinschaft Diese Betriebsstufe beginnt im bereits aus EVAG und Stadtbahngesellschaft dreigleisig ausgebauten Verzweigungs- Rhein-Ruhr am 13. Juli 1977 den Auftrag bahnhof Bismarckplatz berührt den

STERNFAHRT Nr. 35 43 Oben: Nur spärlicher Autoverkehr ist auf dem “längsten Parkplatz des Reviers” Ende der 80er Jahre unterwegs. Der Doppelzug der Line U18 verlässt gerade den Bahnhof Hobeisenbrücke in Richtung Innenstadt (Aufnahme: Hochtief, Archiv EVAG) Unten: Im Mai 2002 begegneten sich zwei Einzelwagen auf der Linie U18 im Bereich der Tunnel- einfahrt zum Bismarckplatz. (Aufnahme: Christian Trockel)

44 STERNFAHRT Nr. 35 schon im Rohbau als erstes Baulos der Überholen der Fahrzeuge in der Schlei- Essener U-Straßenbahn fertiggestellten fenanlage ist zwar theoretisch möglich, Bahnhof Planckstraße und erreicht un- wird praktisch aber nicht durchgeführt, mittelbar im Anschluss daran die Ober- weil sich auf dem Innengleis die Endhal- fläche. testelle der anschließenden Erschlies- sungsbuslinie befindet. Die Umrüstung der bestehenden Meter- spurstrecke in der Holsterhauser Straße B3E Bf Hirschlandplatz bis erfordert zunächst eine Betriebsaufnah- Bf Universität me als „vorlaufender Stadtbahnbe- trieb“, da zu einem späteren Zeitpunkt Diese Betriebssufe schließt unmittelbar eine unterirdische Führung bis zum an die bestehende „VMS“ an und hat Holsterhauser Platz vorgesehen ist. Ein eine Länge von 1,2 km. Als Zwischen- eigener Bahnkörper kann hier wegen bahnhof dient der Bf Berliner Platz, der der beengten Platzverhältnisse nicht einen weiteren Verknüpfungspunkt eingeplant werden. Südlich von Holster- zum Strassenbahnnetz darstellt. Das hauser Platz bis zur Haltestelle Halbe Stadtbahnnetz ist von nun an mit allen Höhe verläuft die Strecke auf einem ei- Straßenbahnlinien verknüpft. Zu einem genen Bahnkörper. Aufgrund des Gefäl- späteren Zeitpunkt soll dieser Bahnhof les muss zur Vermeidung von Unfällen zu einem Turmbahnhof erweitert wer- ein Zaun zwischen den Gleisen angeord- den. Als bauliche Vorleistung wird ein net werden, um das Überschreiten zu Teil des unteren Bahnsteiges für die verhindern. Daran anschließend führt Weststrecke nach Borbeck bereits mit- die Strecke im Straßenpflaster über das gebaut. Der Bedeutung als Verknüp- Brückenbauwerk, welches das Mühl- fungspunkt entsprechend sind Bahn- bachtal überspannt. Die Fundamente steiganlagen und Verteilerebene sehr der unter Denkmalschutz stehenden großzügig angelegt. Jedes Ziel, auch die Brücke müssen für den Einsatz der ver- Straßenbahnhaltestellen in der Kreu- hältnismäßig schweren B-Wagen ver- zungsmitte, ist ohne weitere Straßen- stärkt werden. Hinter der Brücke überquerung erreichbar. (An der Ober- befindet sich einer der engsten Kurven- fläche ist eine gigantische Straßenkreu- radien der Strecke. Da der Mindest- zung entstanden.) Jeweils zwei Stellglei- kurvenradius für den B-Wagen 25 Meter se befinden sich nördlich und südlich beträgt, muss eine „S-Kurve“ angelegt des in dieser Betriebsstufe in Betrieb ge- werden, die die Straße mitbenutzt. Die henden Bahnsteiges. Die beiden nördli- Stadtbahn erhält ab hier bis zum End- chen werden als Wendeanlage genutzt. punkt eine Ampelvorrangschaltung. Bis zur Haltestelle Laubenweg wird ein Der vorläufige Endbahnhof Universität zweigleisiger Bahnkörper in Randlage liegt am Rande der Universität Essen. gebaut. Ab Laubenweg erfolgt die Stre- (Der Arbeitstitel „Reckhammerweg“ ckenführung eingleisig, wie es zu Stras- wäre als Bahnhofsbezeichnung eigent- senbahnzeiten auch schon war, weil sich lich den örtlichen Gegebenheiten näher die Anwohner verständlicherweise nicht gekommen.) Das Baulos endet am nörd- von ihren Kastanienbäumen und den lichen Kopf des Bahnhofes. Daher ist Parkplätzen in ihrer Anliegerfahr- bahn eine Nutzung der späteren Strecken- trennen wollen. gleise als Wendeanlage nicht möglich. Zur Durchführung des regel- mäßigen Die Endschleife Margarethenhöhe Kehrbetriebes ist vor dem Bahnhof eine (Lührmannwald) sowie die übrigen Hal- doppelte Gleisverbindung vorgesehen. testellenanlagen werden mit 15 cm ho- Eine Inbetriebnahme war für 1981 ge- hen Bahnsteigen ausgestattet. Ein plant.

STERNFAHRT Nr. 35 45 SCHIENENNETZ 2010

Die Karte zeigt das Schienennetz welches im Rahmen des Betriebskonzeptes von 1989 bis zum Jahre 2010 realisiert werden sollte. Ob die Tunnelbauten innerhalb der genannten Termine fertig- zustellen sind ist angesichts der heutigen Finanzsituation der Stadt Essen, des Landes und des Bundes äußerst fraglich. Es ist aber durchaus im Rahmen des Möglichen, dass die Ost-West- Strecke einmal gebaut wird... (Quelle: Stadt Essen, Archiv EVAG)

46 STERNFAHRT Nr. 35 B4E Bf Saalbau bis Bf Florastraße Südwestlich des Bahnhofes befinden und Bf Grugastadion sich in Tunnellage drei Stellgleise von je 120 Metern Länge, die zum Abstellen Südlich des Bahnhofes Saalbau - mit von 12 B-Wagen dienen. Zwei dieser Wegfall der dort befindlichen provisori- Gleise können später der Verlängerung schen Rampe - schließt die Strecke nach nach Südwesten (Haarzopf, Margareten- Rüttenscheid an. Die Strecke verläuft höhe II) dienen. Das Kehren der Fahr- als bergmännisch aufgefahrener zwei- zeuge erfolgt am Bahnsteig, hierfür ist gleisiger Tunnel unter der Rüttenschei- vor dem Bahnhof ein doppelter Gleis- der Straße. Die Bahnhöfe Rüttenschei- wechsel vorhanden. Hier werden die der Stern, Martinstraße und Flora- Buslinien aus / Düsseldorf ange- straße werden ebenfalls in bergmänni- bunden, so dass die stark befahrene Al- scher Bauweise erstellt und erhalten fredstraße (B224) bis auf einen kurzen Seitenbahnsteige. Lediglich die Verteil- Abschnitt völlig „busfrei“ ist. ergeschosse werden in offener Bauweise ausgeführt. Über eine Rampe südlich Ein Abzweig zum Stadtwaldplatz ist des Bahnhofes Florastraße in Höhe der nicht mehr eingeplant worden, da der Manfredstraße erreicht die Strecke die Stadtwaldplatz durch die S-Bahnlinie Oberfläche. Der folgende 1,8 km lange S6 bedient wird. Die Inbetriebnahme Abschnitt sollte umgespurt werden und war für 1984 geplant. im Straßenpflaster velaufen. Wegen der geringen zu erwartenden Behinderun- B5E Bf Porscheplatz bis gen des Individualverkehrs ist eine ge- Rampe Beginenkamp sonderte Anlage eines Bahnkörpers nicht erforderlich. Die Verkehrsführung Diese zwar recht kurze Betriebsstufe auf der Straßenkreuzung Bredeneyer von nur 0,5 km Tunnel mit dem Bahnhof Straße/Wiedfeldstraße/Einigkeitstraße Viehofer Platz wird eine große Erleichte- wird neu geordnet und mit einer Ampel- rung im Straßenbahnbetrieb mit sich vorrangschaltung für die Stadtbahn ver- bringen. Nun können die nach Altenes- sehen. Die Haltestelle Alfredusbad wird sen bzw. Katernberg fahrenden Stras- aus dem Kreuzungsbereich heraus nach senbahnlinien die Außenbahnsteige im Süden verschoben. Am Endpunkt Bre- Bahnhof Porscheplatz benutzen. Das deney ist eine zweigleisige Stumpfend- nach Süden verlaufende Streckengleis stelle mit Weichenkreuz davor vorge- unterfährt die später zu bauende Stre- sehen. Die bisherige Schleife soll entfal- cke zum Berliner Platz (Ost-West- Span- len und die von Süden kommenden Bus- ge). Der Abzweig wird als bauliche linien hier angebunden werden. Vorleistung mitgebaut. Die in offener Bauweise errichtete Strecke erreicht un- Südlich des Bahnhofes Martinstraße mittelbar nördlich des Bahnhofes Vie- zweigt die Strecke zum Grugastadion hofer Platz und nördlich der Eisenbahn- ab, wobei das Gleis aus Richtung Gruga- unterführung die Oberfläche. Aufgrund stadion die Gleise von und zur Florastraße ihres Zusammenhanges mit den übri- unterfährt. Der nächste Bahnhof Messe/ gen Straßenbahnstrecken kommt hier Gruga ist wie die Strecke bergmännisch nur ein vorlaufender Straßenbahnbe- in zwei Einzelröhren aufgefahren, die im trieb in Frage. Bedingt durch die not- Bahnsteigbereich aufgebrochen sind. wendige Beibehaltung der proviso- Zum Abstützen des Gewölbes befinden rischen Rampe Schützenbahn können sich auf dem Mittelbahnsteig massive, nördlich des Bahnhofes Porscheplatz bauchig ausgeführte Stützen. Der End- keine Gleisverbindungen eingebaut bahnhof Grugastadion liegt im Ein- werden. Der Bahnhof Viehofer Platz ist schnitt. in einfacher Tieflage mit einem Mittel-

STERNFAHRT Nr. 35 47 Oben: Für die Umbaudauer der Versuchs- und Modellstrecke verkehrte zwischen 1974 und 1977 die Buslinie 58 von MH-Heißen über Essen Hbf zur Goldschmidtstraße. Typisch war der Einsatz der Ludewig Gelenkbusse der Reihe 3700 (Aufnahme: Rolf Riefenstahl) Unten: Mit Inbetriebnahme der Stadtbahn im Jahre 1977 wurde die Straßenbahn zur Marga- rethenhöhe umgebaut. Bis November 1981 ersetzte die Buslinie 57 bzw. 157 hier die Bahn. Ein “Schawbbel” befährt die Sommerburgbrücke in Richtung Margarethenhöhe (Aufn.: G. Mayza)

48 STERNFAHRT Nr. 35 bahnsteig ausgestattet, was den aus- des Bahnhofes Universität an und bietet schließlichen Einsatz von Zweirich- eine durchgehende attraktive Nord-Süd tungsfahrzeugen bedingt. Im Jahr 1983 Verbindung. Damit wird auch der wirt- war die Inbetriebnahme vorgesehen. schaftlichere Betrieb von Durchmesser- linien erzielt und durch die Anbindung B6E Bf Porscheplatz bis Rampe der nördlichen Stadtteile eine gleichmä- Turmhaus ßigere Auslastung gewährleistet.

Im Zuge der künftig am stärksten bela- Der Streckenabschnitt führt zwischen steten Stadtbahnstrecke von Frintrop/ Universität und Bahnhof Altenessen Mülheim/Borbeck/Frohnhausen nach durch Wohn- und Gewerbegebiete, die Steele/ Kray liegt im Bereich der nördli- bisher nur durch Buslinien erschlossen chen Innenstadt die sogenannte Ost- wurden. Es sind die Bahnhöfe Bamler- West- Spange. Dieses zentrale Teilstück straße, Bäuminghausstraße und Alten- reicht von der Westendstraße bis zur essen Bahnhof vorgesehen. Nach Un- Varnhorststraße mit einem Abzweig in terquerung der “Köln-Mindener-Strecke” Richtung Hauptbahnhof. Gelsenkirchen - Oberhausen und der geplanten Autobahn A52 soll die Stre- Nördlich des Bahnhofes Porscheplatz cke auf der Trasse der ehemaligen “rhei- schließt diese Betriebsstufe an die bei- nischen” Güterstrecke nach Norden den Mittelgleise an. Die hier befindliche weitergeführt werden. Ursprünglich Rampe entfällt. Nach Unterquerung der waren auf diesem Abschnitt nur zwei Strecke zum Viehofer Platz folgt nach ei- Bahnhöfe vorgesehen: Kaiser Wilhelm- ner Linkskurve der Bahnhof Rheini- Park und Altenessen Mitte. Nördlich des scher Platz. In zweiter Tieflage wird im Bahnhofes Altenessen Mitte soll die Turmbahnhof Berliner Platz die Nord- Strecke über die Trasse der Anschluss- Süd- Strecke Hauptbahnhof - Universi- bahn zur ehemaligen Zeche Emscher tät unterfahren. Östlich des Bahnhofes über die Rampe II. Schichtstraße in die Berliner Platz ist ein Stellgleis von 240 Altenessener Straße hineingeführt Metern Länge vorgesehen. Die Strecke werden. erreicht nach Unterquerung der Bun- desstraße 224 mit der Rampe “Turm- Diese Planung ist später zugunsten ei- haus” an der Krupp- Hauptverwaltung ner Führung unter der Altenessener wieder die Oberfläche. Der Bahnhof ist Straße verändert worden. Statt des zen- am Beginn der Rampe angeordnet. Die tralen Bahnhofes Altenessen Mitte wur- Fortsetzung der Strecke in Richtung den die Bahnhöfe Altenessen Mitte und Westen ist bereits berücksichtigt, so Karlsplatz vorgesehen. Allerdings konn- dass die Rampe Turmhaus bestehen te dann die kostengünstigere offene bleiben kann. Die ganze Strecke wird Bauweise auf dem freigeräumten Güter- bergmännisch in zwei Einzelröhren auf- zugstreckenareal nicht mehr angewandt gefahren und besitzt im Tunnelbe- werden. Stattdessen musste eine unter- reich ausschließlich Mittelbahnsteige. irdische Bauweise zur Vermeidung der Auch hier ist nur ein Straßenbahnvor- Belästigungen und Behinderungen in laufbetrieb sinnvoll. Die Inbetriebnah- der engen Altenessener Straße vorgese- me ist für 1987/88 geplant. hen werden.

B7E Bf Universität - Der anschließende Streckenabschnitt Gelsenkirchen Horst über Karnap bis zum, im Einvernehmen mit der BOGESTRA und der Stadt Gel- Diese Betriebsstufe ist die Fortsetzung senkirchen, festzulegenden Endpunkt der Stufe B3E. Sie schließt am Nordkopf in GE-Horst kann wegen des größeren

STERNFAHRT Nr. 35 49 Straßenquerschnitts im Straßenniveau gen Vollziehung des Planfeststellungs- geführt werden. Unabhängig vom Stadt- beschlusses wurde Ende 1979 sofort mit bahnbau wird die Beseitigung des schie- den Bauarbeiten begonnen. Gebaut nengleichen Überganges am Bahnhof wurde abschnittsweise, um die Behinde- Karnap bis Ende der 70er Jahre erfolgen. rungen möglichst gering zu halten. Au- Damit entfallen die bis dahin auftreten- ßerdem wurde für die Beobachtung und den erheblichen Behinderungen. Behandlung des Baumbestandes ein Baumsachverständiger des städtischen Die neue Betriebsstufe erschließt in Grünflächenamtes eingeschaltet. Zur Süd-Nord Richtung die Stadtteile Alten- Einpflasterung der Schienen in der Hol- essen und Karnap, in GE-Horst werden sterhauser Straße wurde erstmals in Es- gute Übergangsmöglichkeiten zu den sen das sogenannte Verbundpflaster Linien der Bochum-Gelsenkirchener verwendet. Hiervon erwartete man eine und Vestischen Straßenbahnen ge- günstigere Auswirkungen auf die Ge- schaffen. räuschemission des Individualverkehrs. Die Inbetriebnahme ist für 1987/88 vor- Die Gesamtbauzeit betrug zwei Jahre. gesehen. Die Inbetriebnahme am 27.11.1981 er- 16. Margarethenhöhe folgte gleichzeitig mit der Verlängerung der Tunnelanlagen vom U-Bahnhof Wie- Die nächste Strecke, die in Angriff ge- ner Platz (heute: Hirschlandplatz) bis nommen wurde, war also gemäß Be- zum Bahnhof Universität Essen. Die triebskonzept die Linie U 17. Die Bahnhöfe Berliner Platz und Universität Entscheidung für einen oberirdischen wurden in offener Bauweise errichtet. Ausbau dieser Strecke als Stadtbahn- Beim Auffahren der dazwischenliegen- vorlaufstrecke fiel im März 1975 beim den Tunnelstrecke in zwei Einzelröhren Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand kam die “Neue Österreichische Tunnel- und Verkehr des Landes NRW. Bei den bauweise” zur Anwendung. Der Bahn- Planungen wurde unter anderem Rück- hof Berliner Platz erhielt eine groß- sicht darauf genommen, dass insbeson- zügige Fußgängerpassage mit Läden dere auf der Margarethenhöhe und Kiosken, die als Fortsetzung der möglichst wenig Eingriffe in vorhande- Fußgängerzone Limbecker Straße und nen Gegebenheiten notwendig wurden. Bindeglied zum Universitätsviertel kon- So wurde zur Erhaltung des Baumbe- zipiert wurde. An sie wurden auch die standes und der verkehrlichen Situation noch oberirdischen Bahnsteige der hier auf der Sommerburgstraße der einglei- verkehrenden Straßenbahnlinien ange- siger Abschnitt von ca. 400 Metern Län- schlossen. Die dritte Ebene für die ge beibehalten, für den eine besondere Ost-West-Spange wurde baulich vorbe- Zugsicherungsanlage notwendig wurde. reitet und unterhalb des Tunnels der In der Holsterhauser Straße zwischen Nord-Süd-Strecke mitgebaut. der Kaulbachstraße und Halbe Höhe wurde der besondere Bahnkörper in die 17. Der Spurbus Straßenmitte verlegt um die Verkehrssi- tuation, insbesondere an den Knoten- Ende der Siebziger Jahre war der Spur- punkten zu verbessern. Das Genehmi- bus der von MAN und Daimler-Benz AG gungsverfahren dauerte fünf Jahre erst unter anderem nach der Vorführung auf im November 1980 waren alle rechtli- der Internationalen Verkehrsausstel- chen Schwierigkeiten ausgeräumt (Ein- lung in Hamburg im Jahre 1979 soweit sprüche), nachdem der Planfeststel- einsatzreif, dass man sich auf die Suche lungsbeschluss im November 1980 er- nach einer Test- und Demonstrations- gangen war. Auf dem Wege der soforti- strecke für den Fahrgastverkehr ma-

50 STERNFAHRT Nr. 35 Oben: Die Fußgängerpassarelle des Bahnhofes Berliner Platz vermittelt einen großzügigen Ein- druck. Sie stellt das Bindeglied zwischen Innenstadt und der Uni dar. (Werkfoto Hochtief, 1981) Unten: Das letzte Streckenstück zur Margaretenhöhe verläuft eingleisig zwischen der Sommer- burgstraße und einer Anliegerstraße. Der B-Wagen 5107 aus der ersten Serie erhielt im Zuge der letzten Hauptuntersuchung noch einmal den traditionellen Stadtbahnlack. (A.: Ch. Trockel, 05.02)

STERNFAHRT Nr. 35 51 chen konnte. Der technische Betrieb Der vorhandene eigene Bahnkörper der war zuvor auf den Testanlagen in Mün- Straßenbahn in der Fulerumer Straße chen und Rastatt erprobt worden. Ein legte nahe, hier die erste Spurbus- Tras- neues System kann aber nur Serienreife se einzurichten. Diese Straßenbahnstre- erlangen wenn es auch im harten Be- cke war im Zuge des Stadtbahn- triebsalltag seine Stärken beweisen Betriebskonzeptes ohnehin zur Umstel- kann. Dazu ist die Studiengesellschaft lung auf Busbetrieb vorgesehen. Nahverkehr mbH mit einer Planstudie für die Auswahl der Demonstrationsli- Die 1,3 km lange Demonstrationsstre- nie beauftragt worden, deren Ergebnis- cke beginnt an der Wickenburgstraße se im Mai 1980 vorlagen. Dabei war von am gleichnamigen U-Bahnhof der Linie Anfang an der Betrieb im U-Bahn- Tun- U18 nach Mülheim und besitzt hier ei- nel vorgesehen. Der Grund hierfür ist nen kurzen Spurführungsabschnitt in vielmehr darin zu sehen, den Stadtbahn- Mittellage. Dann folgt ein kurzer Ab- tunnel stärker auszulasten. Der Spurbus schnitt ohne Spurführung über die zeichnet sich durch seine Vielseitigkeit Mühlenbachbrücke. Anschließend aus: Er kann sowohl auf eigenem Bahn- wechseln die Spurbusse auf den beson- körper, wobei dieser schmaler ist als deren Bahnkörper in Seitenlage auf der eine Busstraße und zudem noch teil- Westseite der Fulerumer Straße. Von weise begrünt werden kann, im Tunnel, hier ab verläuft die Strecke parallel zum wenn ein Betrieb auf der Straße nicht er- Südwestfriedhof und endet an der wünscht ist z. B. in engen Altstadtgas- S-förmigen Straßenführung mit Über- sen, als auch auf der normalen Straße leitung in die Humboldtstraße. Hier war verkehren. Der eigene Bahnkörper zeitweise geplant, die Spurbusstrecke kann, anders als bei der Straßenbahn, in im Zuge der geplanten Umgehungsstraße Teilabschnitten in Betrieb genommen für die Humboldtstraße zu verlän gern. werden und somit schneller genutzt werden. Der Wermutstropfen dabei ist, Die drei Haltestellen Heimatdank (nur dass sich das System hervorragend für in Richtung Norden), Südwestfriedhof- die Umstellung von Straßenbahnlinien Haupteingang und Südwestfriedhof- eignet (und so von der Busindustrie Westeingang erhielten jeweils 32 cm auch geplant war). hohe Seitenbahnsteige mit rückwärti- gen Geländern, Schutzdächern und stu- Auswahl der Demonstrationsstrecke fenlosen Zugängen über kurze Rampen. Die Leitkanten pro Fahrtrichtung besit- Aus betrieblicher Sicht war es sinnvoll, zen einen Abstand von 2,60 m und eine für dieses Vorhaben eine Durchmesser- Höhe von 18 cm über der Fahrbahn. Sie linie oder eine verbundene Radiallinie, wurde aus 10 Meter langen Betonfertig- die die Innenstadt durchquert, auszu- teilen zusammengebaut. Im Einfahrtbe- wählen. Da der Anteil von Strecken, die reich sind Stahlleitkanten angeordnet, die Anlage eines neuen besonderen wobei die linke Leitkante zum leichten Bahnkörpers ermöglichen, in Essen Gegenlenken der Spurbusse etwas vor- sehr gering ist, fiel die Wahl auf die heu- gezogen wurde. tige Linie CE 45, vormals 166-Südwest und 145-Süd. Weiterhin sollten mög- Die Spurbusstrecke weist insgesamt lichst viele Fahrgäste an den Vorteilen vier Unterbrechungen durch Anlieger- eines Busbetriebes im Stadtbahntunnel straßen bzw. die Brücke auf, die teilwei- teilhaben. Die Verbindungen mußten se aber so kurz sind, dass an zwei Stellen also vorher mindestens im 10-Minuten- nur eine Abschrägung der Leitkanten- Takt mit Gelenkbussen bedient worden enden vorgenommen wurde, während sein. die anderen wiederum Einspurungs-

52 STERNFAHRT Nr. 35 strecken erhielten. Die Strecke wurde ê Betonfahrweg mit Beton- bzw. Stahlleit- am 28.09.1980 dem Betrieb mit der Linie kante, Firma Züblin 166 - Haarzopf überge- ê Betonfahrweg mit Stahlleitkante, ben. Firma Krupp ê Holzfahrweg mit Stahlleitkante, Mischbetrieb von DUO-Bussen mit Firma Richtberg Straßenbahnen Außerdem kam eine Hubkantenweiche der Firma Krupp zum Einbau, die als Der zweite Teil des Demonstrationsvor- DUO-Weiche gleichzeitig Straßenbahn habens beinhaltete einen Mischbetrieb und Spurbus dient. von spurgeführten Omnibussen, O-Bus- sen und Straßenbahnen auf vorhande- Parallel zum Straßenbahnfahrdraht nen Straßenbahntrassen. Hierfür wurde wurde eine Obus-Fahrleitung montiert, die Strecke in der Wittenbergstraße zwi- hierbei waren fünf Kreuzungen mit der schen den Haltestellen Uhlenkrug und Fahrleitung der Straßenbahn erforder- Stadtwaldplatz im Zuge der Omnibusli- lich. Am Anfang der Obusfahrleitungen nie 145 ausgewählt. Auf dem etwa 1 km an den Haltestellen wurden Trichter un- langen Streckenabschnitt wurden auf mittelbar über den Fahrdrähten ange- dem eigenen Bahnkörper beiderseits bracht, um mittels vom Fahrerplatz aus der Meterspurgleise (Vignolschienen ferngesteuerter elektrischer Hub- und auf Holzschwellen im Schotterbett) die Schwenkantriebe die Stangenstromab- Fahrbalken für die Spurbusse einge- nehmer der Busse anzulegen, so dass baut, wobei drei Systeme erprobt wur - anschließend die Umschaltung von Die- den: sel- auf Elektroantrieb erfolgen kann.

Jahr der Betriebsaufnahme:

1 Wittenbergstraße 1983 2 Kray 1986 3 Porscheplatz 1988 4 Steeler Straße 1989 5 Berliner Platz 1991 6 Fulerumer Straße 1980

Streckenübersicht der DUO-Buslinien (Quelle: Archiv EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 53 Oben: 1983 wurde als 2. Stufe des Spurbusprogramms die Trasse in der Wittenbergstraße für den Mischbetrieb von Straßenbahn und DUO-Spurbus hergerichtet und elektrifziert (Archiv EVAG) Unten: DUO- Spurbus der Linie CE 47 im U- Bahnhof Berliner Platz (Aufnahme: M. Lasek, 1992)

54 STERNFAHRT Nr. 35 Die Fahrleitungsanlage sollte noch mit den Stimmen der SPD und CDU. Die vom Stadtwaldplatz nach Heisingen ver- Strecke wurde bis zum 29.09.1985 längert werden, was aber unterblieb. zunächst einspurig umgebaut. Bis zum 1. Juni 1986 wurde auch die zweite Fahr- Die Spurbusstrecke nach Kray bahn errichtet und der Betrieb vollstän- dig aufgenommen. Indes begab man sich auf die Suche nach weiteren Anwendungsstrecken für Betriebsaufnahme im U-Bahntunnel den Spurbus. Während ein EVAG- Vor- stand in einem Seminar mit dem Titel Phase 3 des Spurbusvorhabens sah den "Hat der Obus eine Zukunft" über die ho- Mischbetrieb von DUO-Bussen mit hen Kosten von Straßenbahnstrecken Schienenfahrzeugen im Tunnel vor. Die sowie die immensen Vorteilen des technischen Einrichtungen hierfür wur- DUO-Spurbussystem philosophierte, den im Streckenabschnitt in der - betrieb die auch Politik die Umstellung bergstraße getestet. Das Problem der der Schnellstraßenbahn nach Kray im Weichen löste man dahingehend, dass Mittelstreifen der Autobahn A430 (heute man auf der Außenseite die Leitkante A40) auf Spurbus bzw. DUO-Bus. Im durchzog und die Innenseite unterbro- Rahmen des Forschungsprojektes wa- chen ausführte. Der Busfahrer ren zwar keinerlei neue Erkenntnisse zu durchfährt den Abschnitt - unterstützt erwarten. Als Begründung wurden viel- durch Markierungen und Beleuchtung - mehr tiefe und langjährig zurückliegen- mit Handlenkung. Bewegliche Leitkan- de kommunalpolitische Gründe ten mit aufwändigen und störanfälligen angeführt: In der Tat betrieb die örtliche Hub- und Schwenkeinrichtungen waren SPD schon länger die Herausnahme der dann nicht mehr erforderlich. Straßenbahn aus der engen Krayer Orts- durchfahrt mit einer Straßenbahn- End- Die Betriebsaufnahme erfolgte im Jahre stelle auf der Krayer Brückenrampe. 1988 auf der Strecke Rampe Varnhorst- straße - Porscheplatz - Rampe Schützen- Ein weiteres Indiz ist sicherlich auch der bahn, am 9. November 1991 wurde die für die Testphase 3 für den Mischbetrieb Anlage im Rahmen der Ost-West- Span- Straßenbahn - DUO-Bus sehr aufwändig ge bis zur Rampe Krupp- Hauptverwal- auszurüstende Streckenabschnitt von tung erweitert. der Rampe Stadtgarten bis zur Rampe Schützenbahn im Tunnelbetrieb. Hier- Aufgrund technischer Probleme wurde zu wären neun Weichen und drei Kreu- der DUO-Spurbusbetrieb im Tunnel zungen mit meterspurigen bzw. normal- jedoch mehrfach unterbrochen und im spurigen Gleisen erforderlich gewesen. Herbst 1994 wieder oberirdisch geführt. Der neue nun vorgesehene Mischfahr- Der Linienverkehr der Busse im Tunnel weg von der Rampe Varnhorststraße bis wurde trotz zahlreicher Untersuchun- zur Rampe Schützenbahn war wesent- gen zu Verbesserungen am Spurbus- lich einfacher zu realisieren, zumal im fahrzeug nicht wieder aufgenommen. Stadtbahnkonzept die Umstellung von weiteren Straßenbahnlinien auf Omni- 18. Viehofer Platz bus vorgesehen war: Moltkestraße - Rel- linghausen, Berliner Platz - Frohn- Eine zwar von der Streckenlänge her hausen, Borbeck - Dellwig, Rütten- eher bescheidene, aber aus betrieblicher scheid - Stadtwald - Rellinghausen. Sicht sehr wertvolle Erweiterung erfuhr das U-Stadtbahnnetz am 27. September Der Ratsbeschluß zur Umstellung der 1985: Krayer Strecke fiel am 23. Januar 1985 Durch die Inbetriebnahme der Tunnel-

STERNFAHRT Nr. 35 55 strecke zum Viehofer Platz konnte auch cke nach Bredeney beizubehalten und der Bahnhof Porscheplatz erstmals voll in das Stadtbahnnetz zu integrieren. Die viergleisig genutzt werden. Durch An- aus dem Süden kommenden Buslinien schluß der beiden Aussengleise an die sollten an den neu zu schaffenden Ver- neue Tunnelstrecke wurden diese von knüpfungspunkten Bredeney und Gru- den Linien in Richtung Altenessen und gastadion angebunden werden. Katernberg befahren. Die provisorische Hierdurch sollte die Pünktlichkeit und Rampe Schützenbahn wurde hierdurch Zuverlässigkeit der Linien erheblich ge- erheblich entlastet, die Staus von Stra- steigert werden. Zur Debatte standen ßenbahnen vor der Tunneleinfahrt ge- zuvor noch die Varianten die Bredeney- hörten der Vergangenheit an. er Strecke zwischen Florastraße und Bredeney auf Normalspur unter Wegfall Der Bahnhof Viehofer Platz wurde über fast aller Vorgärten und Parkplätze eine Fußgängerbrücke an die Einkaufs- sowie großen Eingriffen in den Baumbe- zone Viehofer Straße/Pferdemarkt ange- stand umzuspuren oder die Schienen- schlossen. Der nördliche Zugang liegt in strecke auf dem Gelände des ehema- der Schützenbahn. Mit Eröffnung dieser ligen Betriebshofes Alfredusbad enden wurde auch die während des Baus ange- zu lassen und die Busverknüpfung dort legte Umleitungsstrecke der Straßen- durchzuführen. Beide Varianten mobili- bahn durch die Gerlingstraße aufge- sierten große Widerstände in der Bevöl- geben. kerung.

19. Die Südstrecke Die Beibehaltung der Meterspur im Sü- den erforderte allerdings einige techni- Die nächste Eröffnung stand am 31. Mai sche "Raffinessen": Da aufgrund des 1986 an. Die ersten Auswirkungen wa- großen Verkehrsaufkommens auf der ren, von Baustelleneinrichtungen ein- Südstrecke Hochbahnsteige für den ra- mal abgesehen, die Umleitung der schen und bequemen Fahrgastwechsel Straßenbahnlinien zwischen Haupt- vorgesehen waren und die Linie U11 zur bahnhof und Rüttenscheider Stern ab Messe gemäß den Richtlinien der Stadt- dem 02.09.1984 über die Moltkestraße. bahn Rhein-Ruhr als Normalspur- Die Tunnelanlagen wurden in der berg- strecke ausgeführt werden wurde, wa- männischen Bauweise erstellt, wobei ren einerseits die Meterspurfahrzeuge auch die Bahnsteighallen unterirdisch mit Klapptrittstufen und andererseits aufgefahren wurden. Lediglich die Ver- die Strecke mit einem Dreischienen- teilerebenen sind in offener Bauweise gleis auszurüsten. entstanden. Die zwischen 1979-81 be- gonnenen Rohbauarbeiten waren nun Die drei gewölbeartigen Stationen Rüt- soweit fortgeschritten, dass nun der tenscheider Stern, Martinstraße und neue Tunnel an die bestehenden ange- Florastraße wurden zur leichteren Er- schlossen werden konnte. Die Rampe kennbarkeit mit verschiedenfarbigen Glückaufhaus wurde entfernt, so dass Wandverkleidungen aus Keramik, Be- der Straßenbahnverkehr hier einge- tonwerksteinen, emaillierten Stahlplat- stellt werden musste. 1983 wurde mit ten, Glasvitrinen und mit hellen Beton- dem Ausbau der Bahnhöfe (einschließ- werksteinplatten als Bahnsteigbelag lich Umbau des Bahnhofes Saalbau, der ausgestattet. Die Station Messe/Gruga nun hohe Bahnsteige erhielt) bzw. den mit Granitpflasterung, Mittelstützen Ausrüstungsarbeiten begonnen. und Gewölbe über jeder Bahnsteighälfte wurde mit geometrischen Motiven, die Zuvor traf der Rat der Stadt Essen die mit Acrylfarben auf die Betonflächen Entscheidung, die meterspurige Stre- aufgetragen wurden vielfarbig ausge-

56 STERNFAHRT Nr. 35 Oben: Der im Septeber 1985 eröffnete U-Bahnhof Viehofer Platz wurde im Wandbereich künstle- risch gestaltet, wobei die Motive aus ursprünglichen Werbeplakaten zusammengestellt wurden. Unten: Mit einem großen Volksfest wurde am 31.05.1986 die Südstrecke eröffnet. Ein Zug aus Stadtbahnwagen B der zweiten Generation fährt festlich geschmückt in den Bahnhof Rütten- scheider Stern ein. (Beide Aufnahmen: Hochtief, Archiv EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 57 Oben: Als architektonisch sehr gelungen kann der im Einschnitt liegende Endbahnhof Grugasta- dion bezeichnet werden (Aufnahme: Hochtief, Archiv EVAG) Unten: Im Frühjahr 1995 wurden im Rahmen der Umgestaltung des Berliner Platzes die oberirdi- schen Haltestellen- und Gleisanlagen entfernt; schon seit September 1991 wurde der Straßenbahnverkehr hier unterirdisch abgewickelt. (Aufnahme:

58 STERNFAHRT Nr. 35 schmückt. Die am Hang gelegene ober- kehrenden Straßenbahnlinien und die irdische Endstation Grugastadion mit beiden Spurbuslinien nach Haarzopf Mittelbahnsteig bekam an der Nordseite auf. Während die beiden Spurbuslinie einen Rampenzugang, der von der hinter der Rampe nach links abzweigen mehrarmigen Fußgängerbrücke über und durch die Westendstraße und die die Norbertstraße abzweigt. Auf der Frohnhauser Straße zur Alfred- Krupp- Südseite führt der Aufgang zur Bushal- Schule fahren, muss die Straßenbahnli- testelle der Buslinien aus Kettwig mit ei- nie 109 dem Umweg über die Altendor- nem großen an Kragträgern gehaltenen fer Straße, den Knotenpunkt Helenen- Merostabtragwerk mit Acrylglaskup- straße und Westbahnhof nehmen. Für peln. Der Fahrgast gelangt vollkommen sie ist an der Kreuzung Helenenstraße überdacht von den Bushaltestellen zum ein zusätzlicher Linksabzweig einge- Stadtbahnbahnsteig. baut worden.

Die verbliebene Straßenbahnstrecke Die Inbetriebnahme stellte eine große nach Bredeney wurde im wesentlichen Herausforderung dar, weil Probefahrten nicht verändert. Am Endpunkt Brede- nicht möglich waren und verschiedene ney wurde wegen der Busverknüpfung Baumaßnahmen unter laufendem Be- die Schleife modifiziert und eine Bus- trieb fertiggestellt werden mussten. umfahrung geschaffen, die gegenläufig Erstmals sind alle neuen Bahnhöfe mit zur Gleisschleife befahren wird. Die Aufzügen ausgestattet. Im U-Bahnhof Fahrgäste können hier nun Tür-an-Tür Porscheplatz konnten nach Abbau der umsteigen. Die Straßenbahnzweigstrecke provisorischen Rampe Schützenbahn über die Wittenbergstraße zum Stadt- alle endgültigen Gleisverbindungen waldplatz und im weiteren Verlauf bis hergestellt werden. Die oberirdische Rellinghausen wurde nun von den Bus- Strecke, die oberirdischen Haltestellen- linien 142/152 mit übernommen,die in anlagen am Viehofer und Berliner Platz der Wittenbergstraße weiterhin den wurden entbehrlich und daher beseitigt. Spurbusfahrweg befahren. Die Essener Innenstadt war an der Ober- fläche “Schienenfrei” - ein altes kommu- 20. Die Ost-West-Spange nalpolitisches Ziel war erreicht.

Schon am 23.08.1984 begannen die Bau- 21. Das Bau- und arbeiten an der Ost-West-Spange, die Betriebskonzept von 1989 das U-Stadtbahnnetz in der Innenstadt vervollständigt. Dieser 1,5 km lange Mit dem Baubeginn der Nordstrecke Streckenabschnitt wurde am 09.11.1991 war das Bau- und Betriebskonzept von dem Verkehr übergeben. Er umfasst die 1977 abgearbeitet. Um nun die Kontinui- neuen Bahnhöfe Rheinischer Platz (un- tät des Netzausbaus zu gewährleisten ter der alten oberirdischen Haltestelle war die Fortschreibung des Betriebs- Viehofer Platz) und Berliner Platz (un- konzeptes erforderlich. Gleichzeitig war ten). Die Strecke wurde komplett im vorgesehen das Meterspurnetz noch le- Schildvortrieb gebaut. Eine neue Tun- bensfähig zu erhalten und die Gesamt- nelrampe vor der Westendstraße stellt umstellung auf Normalspur erst zu einem die Verbindung zur Oberflächenstrecke späteren Zeitpunkt durchzuführen. in Richtung Altendorf her. Vor dem Ende der Rampe liegt die dreigleisige Für den weiteren Netzausbau kamen Haltestelle Krupp Hautverwaltung (das folgende Strecken in Frage: mittlere "Gleis" wird allerdings nur vom ê Strecke Stoppenberg/Katernberg von Spurbus benutzt). Der neue Strecken- der Rampe Beginnenkamp bis zur abschnitt nimmt alle nach Westen ver- Stadtgrenze Gelsenkirchen

STERNFAHRT Nr. 35 59 ê Oststrecke von der Rampe Varnhorst- unterirdisch bis zur Rampe am Steeler straße bis Steele Stadtgarten. Die restlichen 200 Meter ê Weststrecke von der Rampe Krupp- bis zur heutuigen Endstelle Steele sol- Hauptverwaltung über Altendorf noch len oberirdisch verlaufen. Geplant sind Schönebeck/Frintrop die Bahnhöfe: Volkshochschule, Was- Da die Belastung der Strecke Stoppen- serturm, Schwanenbuschstraße, Park- berg/Katernberg gringer ist als die der friedhof, Dinnendahlstraße, Knapp- Ost- bzw. Westachse und eine sinnvolle schaftskrankenhaus Stadtgarten sowie regelspurige Verknüpfung mit einer der die oberirdische Enstelle am S-Bahnhof anderen beiden Ästen betrieblich nicht Steele. Da die Strecke fast vollständig möglich ist, wurde sie für den weiteren im Tunnel verläuft und nur ein kleiner Ausbau des Stadtbahnnetzes zurück- Abschnitt umgespurt werden muß, sol- gestellt. len hier sofort Stadtbahnwagen auf Nor- malspur verkehren. Für den Betrieb mit Durch die Beibehaltung der westlichen der Linie U14: Steele - Berliner Platz und insbeondere nördlichen Zufahrt sollte der Abschnitt vom Porscheplatz zum Betriebshof Stadtmitte bleibt das bis zum Berliner Platz mit einem Drei- verbleibende Meterspurnetz weiterhin schienengleis versehen werden. Zu- voll funktiontüchtig. Der Ausbau der sätzlich ist ein Dreischienengleis Ost- bzw. Weststrecke hat gleicherma- zwischen Hauptbahnhof und Porsche- ßen hohe verkehrliche Priorität. Daher platz als Betriebsverbindung zur Haupt- müssen diese beiden Strecken Bestand- werkstatt und den übrigen Stadtbahn- teil des fortgeschriebenen Bau- und Be- linien erforderlich. Auch die Rampe triebskonzeptes werden. Varnhorststraße wird als Verbindung zum Betriebshof Stadtmitte erhalten Folgende Betriebsstufen wurden vor- bleiben, da eine Ausfahrt über Gerlings- gesehen: traße, Rampe Beginnenamp für die Li- nen nach Borbeck und Frohnhausen B8E Rampe Krupp-Hauptverwaltung störende Kehrvorgänge am Porsche- Rampe Bockmühle platz notwendig machen würden. Die In- betriebnahme war für 2006 geplant. Diese Betriebsstufe umfaßt die Verlän- gerung der unterirdischen Strecke von B10E Rampe Bockmühle - der Rampe Krupp-Hauptverwaltung bis Rampe Aktienstraße zur neuen Rampe Bockmühle und den Bau der unterirdischen Bahnhöfe Als letzte Baustufe ist vorgesehen die Krupp- Hauptverwaltung, Helenenstra- Rampe Bockmühle wieder abzubauen ße, Grieperstraße und Bockmühle. Hier und die Strecke unterirdische bis zur soll zunächst ein meterspuriger Vorlauf- Rampe Aktienstraße weiterzubauen. betrieb durchgeführt werden, da eine so- Hier soll dann ein oberirdischer Ab- fortige Umspurung auf Normalspur zweig für die Linen nach Frintrop und wegen der Insellage, die keine Verbin- Grenze Mülheim entstehen. Geplant dung zu den anderen U-Bahn-Linien sind folgende U-Bahnhöfe: Borbeck hat, nicht sinnvoll wäre. Die Inbetrieb- Süd, Fliegenbusch und Fürstenberg- nahme war für 2002 vorgesehen. straße. Die anschließenden oberirdi- schen Abschnitte bis Frintroper Höhe B9E Rampe Varnhorststraße - und zur Stadtgrenze Mülheim sowie der Rampe Stadtgarten dann bereits bestehende unterirdische Abschnitt vom Berliner Platz aus soll Diese Betriebsstufe beginnt unterhalb gleichzeitig auf Normalspur umgestellt der Rampe Varnhorststraße und führt werden. Die oberirdischen Verbindun-

60 STERNFAHRT Nr. 35 gen Fliegenbusch Borbeck und Frintro- Hierbei wurden im wesentlichen fünf per Höhe - Unterstraße waren zur Um- Varianten diskutiert: stellung auf Bus vorgesehen. Die Inbe- ê Erweiterung des Dreischienenbetriebes triebnahme sollte im Jahre 2008 erfol- vom Hauptbahnhof über Berliner Platz gen. bis Karlsplatz, anschließend Meterspur- gleise oberirdisch wie bisher bis Die Strecke sollte von den Linien U13 GE-Horst. Steele - Porscheplatz - Stadtgrenze Mül- ê Einbau einer zusätzlichen Tunnelrampe heim, U14 Steele - Porscheplatz - Frin- am Hölteberg südlich des Bahnhofes Al- troper Höhe und U18 Mülheim - Haupt- tenessen, Mischbetrieb mit Dreischie- bahnhof - Porscheplatz - Borbeck Süd nengleis bis Karlsplatz, Meterspur bis GE-Horst. befahren werden. Die Verstäkerfahrten auf der U 18 sollte die Linie U19 Wi- ê Parallelbetrieb von Tunnelstrecke und ckenburgstraße - Hirschlandplatz - Ber- oberirdischer Strecke zwischen Altenes- sen Bahnhofe und Karlsplatz, U-Bahn liner Platz übernehmen. nur bis Karlsplatz. ê Stadtbahnbetrieb bis GE-Horst, Busver- 22. Die Nordstrecke kehr von Essen Hbf bis Altenessen Bahnhof über Hölteberg (wie im Be- Am 22. Juli 1986 fand am Reckhammer- triebskonzept gplant). weg (nördlich des Bahnhofes Universi- ê Stadtbahnbetrieb bis GE-Horst, Stras- tät) der offizielle Baubeginn der Nord- senbahnbetrieb von Essen Hbf bis Alten- strecke statt. Die Vorarbeiten begannen essen Bahnhof über Hölteberg. jedoch schon am 1. April 1986. Der zen- Erörterungen mit dem Zuschussgeber trale Punkt der Arbeiten war der Start- schacht der Schildvortriebsmaschine. ergaben, dass die Varianten 1-3 sehr Von dort aus arbeitete sich der Bohrer in wahrscheinlich nicht förderwürdig ge- wesen wären. Hierzu wäre eine erneute Richtung Norden vor. Die gesamte Stre- standardisierte Bewertung erforderlich cke liegt in sehr unterschiedlichen Ge- steinsarten vom harten Mergel bis zum gewesen, die eine weitere Bauverzöge- rung bedeutet hätte. Außerdem war weichen Schluff mit Schlammablage- man der Meinung, dass die Bewertun- rungen und teilweise großem Wasseran- drang. Hierzu war ein besonderes gen nicht zu einem positiven Ergebnis Baukonzept erforderlich: So wurden die geführt hätten. Somit blieben die letzten beiden Streckentunnel einzeln mittels beiden Varianten, die nach Belieben der Schild aufgefahren. Das besondere an Essener Politik entschieden werden dem hier angewandten Bauverfahren konnten. Um nun nicht die ganze Stre- ist, dass unmittelbar nach dem Vortrieb cke dem Bus preiszugeben, entschied sich der Rat der Stadt 22.02.1995 für die mit dem Nachlaufschild eine Betonau- ßenschale in den ringförmigen Raum letztgenannte Variante. Hiermit war zwischen dem Nachlaufschild und dem auch die Forderung verbunden, das umgebenden Gebirge eingebacht wird. Teilstück Universität - Altenessen so Diese Betonschale ist wasserdicht. schnell wie möglich - ohne weitere Ver- zögerungen - in Betrieb zu nehmen und Im Jahr 1992 entbrannte ein großer einen durchgehenden Busersatzver- kehr vom Hauptbahnhof bis GE-Horst Streit über das zukünftige Betriebskon- zept. Hierbei ging es in erster Linie um während des Umbaus der Oberflächen- strecke auf Stadtbahnbetrieb einzurich- die Erhaltung der meterspurigen Stra- ten. ßenbahn in Richtung Norden. Ange- dacht war eine Lösung wie auf der Südstrecke mit Dreischienengleis und Am 22.05.1998 wurde der Straßenbahn- Klapptrittstufen-M-Wagen. verkehr zwischen Altenessen Bahnhof

STERNFAHRT Nr. 35 61 Oben: Im Juni 2002 steht ein Doppelzug P89 der Linie U17 an der Haltestelle Margarethenhöhe abfahrbereit nach Karnap. Unten: Der im September 2001 eröffnete U-Bahnhof Kaiser-Wilhelm-Park präsentiert sich in hellen Farbtönen mit zahlreichen Edelstahl-Applikationen; die Doppeltraktion der Linie U17 - bestehend aus zwei Stadtbahnwagen B80C - wird gleich die Fahrt in Richtung Essen Hbf fortsetzen. (Beide Aufnahmen: Christian Trockel, Juni 2002)

62 STERNFAHRT Nr. 35 und Karlsplatz eingestellt, um die neue von der örtlichen Bürgerschaft und Poli- Endstelle auf dem dortigen Bahnhofs- tik abgelehnt, weil man eine zu starke vorplatz an das Netz anzuschließen. Bis Trennungswirkung des Hochbahnstei- zum 23.05. wurde auf dem Reststück bis ges in der Straße befürchtete. GE-Horst noch ein Inselbetrieb zwi- schen Badanstalt und GE-Horst einge- Dieser zweite Teilabschnitt der Nord- richtet, der auch Abschiedsfahrten mit strecke wurde am 29. September 2001 historischen Wagen ermöglichte. Am mit einem Volksfest eröffnet. Auch hier 24.05.1998 wurde schließlich der wurde der parallele Busverkehr über die U-Bahnbetrieb bis Altenessen Bahnhof B224/Gladbecker Straße zurückgenom- mit der nun vom Berliner Platz verlän- men und die Linien aus Bottrop und gerten U-Bahnlinie U11 feierlich eröff- Gladbeck in Karnap an die Stadtbahn net. Am gleichen Tag nahm auch der angebunden. Die Linie 176 zwischen Schienenersatzverkehr den Betrieb auf. Karnap und Essen Hbf wurde einge- stellt. Der abschließende Teilabschnitt In den folgenden drei Jahren wurde die der Stadtbahn bis Buerer Straße auf restliche Tunnelstrecke mit der an- Gelsenkirchener Gebiet ist derzeit im schließenden Rampe II. Schichtstraße Bau. Die künftige Endstelle der Linie mit den U-Bahnhöfen Kaiser-Wilhelm- U17 wird näher an das Stadtteilzentrum Park, Altenessen Mitte und Karlsplatz herangerückt und zu einem Verknüp- fertiggestellt. Die letzte Haltestelle im fungspunkt mit der Straßenbahnline U-Bahn-Bereich liegt am Ende der Ram- 301 der BOGESTRA und zahlreichen pe und trägt den Namen II. Schicht- Buslinien ausgebaut. straße. Der anschließende Streckenab- schnitt wurde grundlegend umgestaltet. 23. Margarethenhöhe 2.Teil Die Haltestellen wurden als Hochbahn- steige ausgeführt. Die Autobahnbrücke Der oberirdische Abschnitt der Linie der A42 war schon für die Stadtbahn U17 in Holsterhausen und Margarethen- breit genug gebaut worden. Ersetzt wer- höhe wurde vollständig erneuert, nach- den musste die Zweigertbrücke, die den dem man erkannt hatte, dass das Rhein-Herne-Kanal und die Emscher “Provisorium” doch länger halten wird überspannt. Bis hierhin ist auch weitge- als ursprünglich angenommen. Der sei- hend ein eigener Bahnkörper vorhan- nerzeit als endgültige Lösung vorgese- den. Die Strecke im Stadtteil Karnap hene Tunnel zwischen dem Bahnhof musste teilweise wegen beengter Stra- Planckstraße und Holsterhauser Platz ßenverhältnisse im Straßenpflaster ver- dürfte in absehbarer Zeit nicht finan- legt werden. Der weitere oberirdische zierbar sein und rückt damit in weite Streckenabschnitt erhielt die Haltestel- Ferne. Um den oberirdischen Abschnitt len Heßlerstraße, Arenbergstraße, Boy- der Linie U17 zwischen Gemarkenplatz er Straße, Alte Landstraße und und Margarethenhöhe mit Hochbahn- GE-Fischerstraße (als provisorische steigen behindertengerecht ausrüsten Endstelle der Linie U17). Der ursprüng- zu können, wurde die Linie U17 bis Ge- lich vorgesehene Haltepunkt Sigram- markenplatz verkürzt und eine Ersatzli- berweg im Zentrum von Karnap wurde nie 117 eingerichtet, die mit den DUO-

Prinzipskizze der neuen oberirdischen Hochbahnsteige (EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 63 Die Bahnhöfe der ersten Geration werden zur Zeit einer Verjüngungskur unterzogen: Oben: Im Jahre 1999 ist der Bahnhof Savignystraße/ETEC fertiggestellt worden und bietet seit- dem einen erheblich besseren Wartekomfort. (Aufnahme: Christian Trockel, 05.2002) Unten: Seit dem 4. April 1998 erstrahlt der Bahnhof Essen Hbf im blauen Licht. Aufgrund bauli- cher Mängel war eine Neugestaltung dringend erforderlich. Zur Zeit wird der Bahnhof behindertenfreundlich mit Aufzügen nachgerüstet, wodurch sich das Gesamtbild abermals verän- dern wird. (Aufnahme: EVAG)

64 STERNFAHRT Nr. 35 Bussen bestückt wurde, da am Gemar- ner neuen Beleuchtung auch der Wand- kenplatz Omnibusse mit linksseitigen bereich künstlerisch neu gestaltet. Der Türen benötigt wurden. Bahnhof Porscheplatz präsentiert sich heute noch im ursprünglichen Erschei- Mit der Inbetriebnahme der kompletten nungsbild, es kamen jedoch drei Aufzü- Nordstrecke auf Essener Stadtgebiet am ge zur Verbindung der Bahnsteige mit 30. September 2001 wurden die umge- der Verteilerebene und der darüber lie- bauten Haltestellen Gemarkenplatz und genden Omnibushaltestelle zum Ein- Holsterhauser Platz wieder in Betrieb bau. genommen, wobei die Züge an der Hal- ben Höhe umsetzten. Am 16. Juni 2002 Weiterhin steht ein Umbau der Bahnhö- wurde die U17 wieder zur Endstelle Mar- fe Berliner Platz, Hirschlandplatz, Es- garethenhöhe geführt, die allerdings als sen Hbf, Hobeisenbrücke, Breslauer zweigleisige Stumpfendstelle mit Hoch- Straße und Wickenburgstraße an. bahnsteig in Straßenmitte ausgeführt ist. Die Schleife Margarethenhöhe wur- Essen Hauptbahnhof de abgebaut. Unter dem Motto „Auf. Ab. Rüber“ be- 24. Modernisierungsprogramm gann im Februar 2002 eine große Um- baumaßnahme des Hauptbahnhofes. Bereits im Frühjahr 1998 wurde der zen- Ziel ist es hier, die Erreichbarkeit der trale U-Bahnhof Essen Hbf - bedingt Gleise zu verbessern und den Umstieg durch starken Frost mussten sämtliche zwischen den Gleisen 1 und 3 - dem Me- Wandfliesen entfernt werden - umge- terspurgleis in Richtung Porscheplatz staltet und das Erscheinungsbild dem und dem Normalspurgleis in Richtung Zeitgeschmack angepasst. Ebenfalls Berliner Platz - zu erleichtern; bedingt wurden in den vergangen Jahren die durch den Einsatz von Einrichtungs- Bahnhöfe Saalbau und Viehofer Platz fahrzeugen war es bis 1991 nicht mög- optisch modernisiert. Im Bahnhof Saal- lich, den Fahrgastwechsel vom Gleis 1 bau wurde die Deckenverkleidung ent- als Mittelbahnsteig mit dem Gleis 3 zu fernt, die Decke dunkel gestrichen und kombinieren. Umbaupläne für eine be- eine neue Beleuchtung mittels großer hindertengerechte Gestaltung des kugelförmiger Strahler eingebaut. Im Bahnhofes gab es bereits 1990, doch Bahnhof Viehofer Platz wurde neben ei- scheiterten diese immer wieder an der Finanzierung. Mit Fördermitteln des Landes Nordrhein-Westfalen konnte dieser Umbau nun begonnen werden.

Für den Bau der neuen Aufzüge und der Aufzugsbrücke, die die Bahnhofshalle in der gesamten Breite überspannen wird, zeichnet sich die Stadt Essen als Bauherr verantwortlich. Die Brücke wird direkt von der Passarelle und über einen Aufzug am Postscheckamt zu- gänglich sein und wird samt Aufzügen voraussichtlich im Februar 2003 fertig gestellt werden. Die Essener Ver- kehrs-AG wird mit dem Umbau des Aufzüge und Brückenkonstruktion im Bahnsteiges zwischen den Gleisen 1 und U-Bahnhof Essen Hbf (EVAG) 3 im Dezember 2002 beginnen, wobei

STERNFAHRT Nr. 35 65 hier die Bahnsteigplatte halbseitig abge- Hirschlandplatz brochen und für die Niederflurfahrzeu- ge am Gleis 1 tiefergelegt wird. Vorab Der im Mai 1977 eröffnete Bahnhof werden die notwendigen Leitungen, ins- Hirschlandplatz wird durch den Einbau besondere für die Zugsicherungsanla- von Aufzügen ebenfalls behindertenge- gen, neu verlegt. Rampen erleichtern recht umgebaut, wobei auch hier eine dann den Zugang zum höher gelegenen Erneuerung der technischen Anlagen Teil des Bahnsteigs. Im Dezember 2003 ansteht. Die endgültige architektoni- soll der Bahnsteig komplett umgebaut sche Gestaltung soll auch die historische sein, wobei der Zugang zum Gleis 1 bis Entwicklung der Essener Straßenbah- zu diesem Zeitpunkt nur über die be- nen widerspiegeln, zumal die Verkehrs- reits vorhandenen Zugänge möglich historische Arbeitsgemeinschaft EVAG sein wird. Ein Zugang über die dann be- e.V. in diesem Bahnhof ihr neues Domi- reits vorhandene Brücke ist nicht vorge- zil erhält. Eine detaillierte Beschreibung sehen, da dieser Bahnsteig nach der Umgestaltung ist zur Zeit noch nicht Abschluss aller Arbeiten nicht mehr möglich, da sich die Planungen noch im benutzt wird. frühen Anfangsstadium befinden.

Berliner Platz Savignystraße/ETEC und Wickenburgstraße Der Bahnhof Berliner Platz wird unter dem Motto „Heller. Schöner. Sicher“ Im Frühjahr 1999 wurde der Bahnhof ebenfalls seit Februar 2002 umgebaut. Savignystraße/ETEC als erster im Ver- Ziel der Maßnahme ist hier die Verbes- lauf der Versuchs- und Modellstrecke serung der Sicherheit und der Aufent- auf Essener Gebiet modernisiert. Um haltsqualität für die Fahrgäste. In die Aufenthaltsqualität für die Fahrgä- diesem Fall ist die EVAG Bauherr des ste zu verbessern - insbesondere die Projektes. Eine Aufwertung der Passa- relle wird mit einer Deckenneugestal- tung durch den Einbau von Lichtbän- dern im Dreiecksquerschnitt erreicht, die teilweise im Raster, teilweise strah- lenförmig angeordnet werden und mit Edelstahlnetzen und Spiegeln ergänzt werden. Die Abgangsbereiche zur obe- ren Bahnsteigebene werden mit einer lichtdurchfluteten Edelstahloptik aus- gestaltet und eine neu hinterleuchtete Säulenverkleidung wird die architekto- nische Neugestaltung der Passarelle er- gänzen. Hinzu kommt die Erstellung weiterer Verkaufsflächen, die zur At- traktivitätssteigerung dienen werden und durch gezielte Standortsetzung eine konkrete Führung der Fußgänger- ströme erreichen wird. Der optischen Umgestaltung geht die Erneuerung des Brandschutzes, der elektrischen und sa- nitären Installation sowie der Klima- und Lüftungsanlage voraus. Zeichnung der Aufzugsanlage im Bahnhof Wickenburgstraße (EVAG)

66 STERNFAHRT Nr. 35 Oben: Architektonisch sehr gelungen ist der U-Bahnhof Messe Ost/Gruga. Die Doppeltraktion von Stadtbahnwagen P89 befindet sich abfahrbereit zum Berliner Platz. Unten: Der neugestaltete Deckenbereich mit neuer Beleuchtung verleiht dem U-Bahnhof Saalbau ein freundliches Bild. (Beide Aufnahmen: Christian Trockel, Mai 2002)

STERNFAHRT Nr. 35 67 Lärm- und Abgasbelastung der Fahrgä- schriebenen Standard entsprechen. Die ste durch die Lage im Mittelstreifen des erforderliche Finanzierung vorausge- Ruhrschnellweges (BAB 40) war nicht setzt werden in näherer Zukunft auch mehr zu vertreten - wurden schalldichte die Bahnhöfe der Südstrecke behinder- und lichtdurchflutete Wartebereiche an tengerecht umgebaut; hier besitzt bis- beiden Bahnsteigzugängen errichtet, her nur der Bf Martinstraße Aufzüge. die mit Informationsvitrinen, Verkaufs- automaten und Informations- und Not- 25. Ausblick rufsprechstellen ausgestattet sind. Eine modernisierte Videoüberwachung Hier sei auf die Ausführungen von schließt sich an. Herrn Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger bei der Eröffnung der Nord- Der Wartebereich des Bahnhofes Wicken- strecke am 29. September 2001 verwie- burgstraße befindet sich im Gegensatz sen: “Nach mehr als einem Viertel- zum Bahnhof Savignystraße/ETEC un- jahrhundert U-Bahnbau geht heute das terhalb der Wickenburgbrücke, wo- zumindest vorläufig letzte Stück ans durch die Lärmbelästigung der Netz. [...] Die Kosten weiterer U-Bahn- Fahrgäste nahezu unerträglich ist. Mit strecken waren und sind derzeit nicht dem behindertengerechten Umbau wur- aufzubringen. Dies hatten und haben de im Februar diesen Jahres begonnen; wir zur Kenntnis zu nehmen. Und den- der westliche Aufgang ist zur Zeit ge- noch: Ich bin sicher, auch dieses Kapitel sperrt, um einen zweiten Aufzug instal- wird eines Tages wieder aufgeschlagen lieren zu können und die Fahrtreppen werden. Für weitere kritische Ver- durch eine feste Treppe zu ersetzen. Um kehrs- achsen unserer Stadt macht Platz für, dem Bahnhof Savignystraße/ eine U-Bahn einfach Sinn. Mehr ETEC ähnlich gestaltete Wartebereiche U-Bahn brächte angesichts weiter stei- zu schaffen, wird die Bahnsteig- länge genden Verkehrsaufkommens, ange- für den Platzbedarf einer Doppeltrak- sichts von Stau, Lärm und Abgasen, an tion Stadtbahnwagen B bzw. P86/P89 machen Stellen mehr Lebensqualität verkürzt; ein Einsatz von Dreifachtrak- über der Oberfläche. So, wie wir jetzt auf tionen findet auf der Linie U18 linienmä- der Nord-Süd-Achse kritische Bereiche ßig ohnehin nicht statt, so dass diese unterfahren, hätte dies auch die Ost- Verkürzung keine Beeinträchtigungen West-Achse verdient. Ich denke hierbei für die Fahrgäste mit sich bringt. Die an die Engpässe im Bereich der Steeler Ausgestaltung der Wartebereiche wird Straße im Osten wie der Altendorfer ähnlich dem Bahnhof Savignystraße/ Straße im Westen unserer Stadt.” ETEC realisiert; bedingt durch die Lage unter der Brücke muss eine Blendung Zwischenzeitlich ernsthaft diskutiert des Kfz-Verkehrs auf der Autobahn wird die Verlängerung der U11 vom vermieden werden, weshalb der Bahn- Bahnhof Messe West/Süd (früher: Gru- steig mittels Lichtrohrsystemen be- gastadion, welches 2002 abgerissen wur- leuchtet werden wird, die durch Re- de) über Haarzopf zum in Kürze ent- flektionsschirme die Beleuchtung auf stehenden Messeparkplatz an der Li- den Bahnsteigbereich konzentrieren. lienthalstraße. Zur Zeit werden hier Die Bauarbeiten werden voraussichtlich verschiedene Planungsvarianten aus- im Februar 2003 abgeschlossen sein. führlich diskutiert. Die bislang geplante Dem Umbau des Bahnhofes Wicken- südliche Verlängerung der U17 in der burgstraße werden die Bahnhöfe Hobei- Sommerburgstraße könnte in gekürzter senbrücke und Breslauer Straße folgen, Form für die Erschließung des Berei- wobei auch hier Aufzüge installiert wer- ches Margarethenhöhe II noch von Be- den. Die Ausstattung wird dem oben be- deutung sein.

68 STERNFAHRT Nr. 35 Die Entwicklung der Linienführungen

- von Martin RUHNAU -

Bedingt durch den Ausbau der Straßenbahnstrecken im Hinblick auf den zukünftigen Vorlaufbetrieb und die Stadtbahnstrecken kam es zu erheblichen Änderungen der Streckenführungen der Straßenbahnli- nien.

nsbesondere im Zuge des Baus der aufgreifen und die äußerst interessante Tunnelstrecken im Innenstadtbe- Entwicklung sowohl im Bereich der In- Ireich wurden Gleise entweder still- nenstadt als auch zum Beispiel im Ver- gelegt oder in andere Straßenzüge lauf des Ruhrschnellweges ausführlich verlegt. An dieser Stelle sollen nur die abhandeln. Um einen Überblick über gravierenden Veränderungen beschrie- die Linienführung der Straßenbahnen ben werden, da eine nähere Betrachtung zu erhalten, beginnen wir hier bereits im sämtlicher Provisorien den Rahmen Jahre 1956, also bevor überhaupt die de- sprengen würde. Wir werden aber in Zu- taillierten Planungen zum Bau der kunft in loser Folge in der STERN- U-Straßenbahn bzw. Stadtbahn abge- FAHRT auch derartige Veränderungen schlossen waren.

Der Fahrplan vom 6. Mai 1956 sah folgendes Straßenbahn-Liniennetz vor: 1 Bredeney - Rüttenscheid - Essen Hbf - Porscheplatz - Altenessen - Karnap - GE-Horst - GE-Buer - Gelsenkirchen Hbf 2 Bredeney - Rüttenscheid - Essen Hbf - Porscheplatz - Altenessen, Karlsplatz 3 Kray Sparkasse - Wasserturm - Essen Hbf - Limbecker Platz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Borbeck - Bottrop 4 Steele, Kaiser-Otto-Platz - Kray - GE-Rotthausen - Gelsenkirchen Hbf - Wanne-Eickel Hbf 5 Rellinghausen Rathaus - Essen-Süd Bf - Essen Hbf - Limbecker Platz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Frintroper Höhe - Lipperheidebaum - Oberhausen Hbf - OB-Südmarkt 6 Porscheplatz - Essen Hbf - Moltkestraße - Holsterhauser Platz - Helenenstraße - - Borbeck - Dellwig Bf - Frintrop, Unterstraße 7 Margarethenhöhe Laubenweg - Holsterhauser Platz - Gemarkenplatz - Essen Hbf- Porscheplatz - Abzweig Katernberg - GE-Rotthausen - Gelsenkirchen Hbf 8 Porscheplatz - Essen Hbf - Wickenburgstraße - MH-Heißen - Mülheim Hbf - MH-Uhlenhorst 9 Steele, Kaiser-Otto-Platz - Wasserturm - Porscheplatz - Limbecker Platz - Frohnhausen, Breilsort 10 Margarethenhöhe Lührmannstraße - Holsterhauser Platz - Gemarkenplatz - Essen Hbf - Porscheplatz - Altenessen Karlsplatz 11 Alfredusbad - Rüttenscheid - Essen Hbf - Limbecker Platz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Grenze Borbeck - Mülheim Stadtmitte - MH-Flughafen 12 Kray Sparkasse - Porscheplatz - Limbecker Platz - Haarzopf, Fängershof 15 Rellinghausen Rathaus - Heisinger Straße (heute: Stadtwaldpl.) - Rüttenscheid - Essen Hbf - Limbecker Pl. - Helenenstraße - Fliegenbusch - Borbeck - Reuenberg 16 Essen Hbf - Moltkestraße - Holsterhauser Platz - Helenenstraße - Bergeborbeck, Zinkstraße 17 (Rellinghausen Rathaus -) Heisinger Straße - Rüttenscheid - Essen Hbf - Porscheplatz - Abzweig Katernberg - Trabrennbahn - Gelsenkirchen Hbf

STERNFAHRT Nr. 35 69 70 STERNFAHRT Nr. 35 18 Steele, Kaiser-Otto-Platz - Essen Hbf - Wickenburgstraße - MH-Heißen - Mülheim Hbf - MH-Uhlenhorst 20 Rellinghausen Rathaus - Essen-Süd Bf - Essen Hbf - Porscheplatz - Altenessen - Karnap - GE-Horst, Sparkasse 25* (Steele, Kaiser-Otto-Platz - Wasserturm -) Essen Hbf - Limbecker Platz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Frintroper Höhe (- Lipperheidebaum) 26 Essen Hbf - Limbecker Platz - Helenenstraße - Bergeborbeck - Borbeck, Germaniaplatz 27* Haarzopf Erbach - Wickenburgstraße - Essen Hbf - Porscheplatz - Abzweig Katernberg 29 Knappschafts-Krankenhaus - Wasserturm - Porscheplatz - Limbecker Platz - Frohnhausen, Breilsort 33* Frillendorfer Platz - Wasserturm - Essen Hbf - Limbecker Platz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Borbeck, Germaniaplatz 35* Heisinger Straße - Rüttenscheid - Essen Hbf - Limbecker Platz - Helenenstraße - Fliegenbusch 36 Klarastraße - Holsterhauser Platz - Helenenstraße - Jahnplatz 38* Haarzopf, Humboldtstraße - Wickenburgstraße - Limbecker Platz - Altenessen Karlsplatz D Porscheplatz - Essen Hbf - Wickenburgstraße - MH-Heißen - Mülheim Stadtmitte

Die mit „*“ gekennzeichneten Linien verkehrten nur zur Hauptverkehrszeit, in Klammern gesetzte Ziele wurden nur zeitweise angefahren.

Die Linie D verkehrte nur werktags im wurde. An der Hamburger Straße wur- Stundentakt als Schnellverkehr; im Ge- den die Züge der Linie 8 überholt, da gensatz zu den Linien 8 und 18 benötigte sich dort ein drittes Gleis befand. Für die sie zwischen Essen Hbf und Mülheim Linie D wurde ein Schnellverkehrs- Zu- Stadtmitte 6 Minuten weniger Fahrzeit, schlag berechnet. Sie wurde am 8. April da nicht an allen Haltestellen gehalten 1958 wieder eingestellt.

STERNFAHRT Nr. 35 71 Oben: Sehr ländlich ging es in Haazopf zu. Wagen 1003 hat die Haltestelle Fängershof verlassen und fährt nun zurück in die Innenstadt. Im April 1980 wurde der Straßenbahnverkehr hier einge- stellt. (Aufnahme: Klaus Giesen, 25. August 1979) Unten: Der Bereich Abzweig Aktienstraße hat sich heute gegenüber der Situation auf der Aufnah- me stark verändert. (Aufnahme: Dieter Höltge, 1974)

72 STERNFAHRT Nr. 35 Das Liniennetz vom 1971 den konnte. Hier erhielt die Straßen- bahn einen eigenen Bahnkörper in Mit- Im Jahre 1961 wurde die Linie 4 auf Om- tellage der heutigen A40 - besser be- nibusbetrieb umgestellt. Eine wichtige kannt als Ruhrschnellweg - wobei die Umbaumaßnahme stellte der Ausbau Haltestellen über Fußgängerbrücken der Kruppstraße dar, der nach mehrjäh- oder Tunnel zugänglich waren. Bis auf riger Bauzeit 1966 abgeschlossen wer- die Haltestelle Wickenburgstraße waren

Das Liniennetz von 1971 1 (Rolandstraße -) Porscheplatz - Gelsenkirchen-Horst, Rosenhügel 2 Bredeney - Essen Hbf - Karlsplatz 3 (Steele, Kaiser-Otto-Platz -) Porscheplatz - Berliner Platz - Borbeck - Dellwig, Wertstraße 5 Rellinghausen, Finefraustraße - Essen-Süd Bf - Porscheplatz - Frintrop, Unterstraße 6 Helenenstraße - Moltkestraße - Rolandstraße 7 Margarethenhöhe, Lührmannwald - Essen Hbf - Porscheplatz - Abzweig Katernberg - GE-Rotthausen - Gelsenkirchen Hbf 8 Steele, Kaiser-Otto-Platz - Essen Hbf - Wickenburgstraße - Mülheim Hbf - MH-Uhlenhorst 9 Steele, Kaiser-Otto-Platz - Porscheplatz - Limbecker Platz - Frohnhausen, Breilsort 9/10 Rellinghausen, Finefraustraße - Stadtwaldplatz - Essen Hbf - Porscheplatz - Limbecker Platz - Frohnhausen, Breilsort (außerhalb der Hauptverkehrszeit) 10 Rellinghausen, Finefraustraße - Stadtwaldplatz - Essen Hbf - Porscheplatz - Karlsplatz (HVZ) 11 Stadtwaldplatz - Essen Hbf - Porscheplatz - Grenze Borbeck - Mülheim Stadtmitte - MH-Flughafen 12 Kray Nord Bf - Porscheplatz - Limbecker Platz - Haarzopf, Fängershof 15 Bredeney - Essen Hbf - Porscheplatz - Fliegenbusch - Germaniaplatz 16 (Bergeborbeck Bf -) Helenenstraße - Moltkestraße - Essen Hbf - Porscheplatz - Karlsplatz (- Karnap, Alte Landstraße) 17 Margarethenhöhe, Lührmannwald - Essen Hbf - Porscheplatz - Abzweig Katernberg - Trabrennbahn - Gelsenkirchen Hbf 18 Kray Nord Bf - Essen Hbf - Wickenburgstraße - Mülheim Stadtmitte - Grenze Borbeck 22 Haarzopf, Humboldtstraße - Wickenburgstraße - Limbecker Platz - Karlsplatz 26 Germaniaplatz - Bergeborbeck - Helenenstraße - Holsterhauser Platz - Saalbau - Essen Hbf - Porscheplatz - Helenenstraße - Bergeborbeck - Germaniaplatz - Dellwig, Wertstraße 27 Germaniaplatz - Fliegenbusch - Helenenstraße - Viehofer Platz - Katernberg, Hanielstraße (HVZ) 28 (Hamburger Straße - Wickenburgstraße -) Essen Hbf - Kray Nord Bf (HVZ) (die Scleife Hamburger Straße liegt in der Schweriner Straße) 32 Porscheplatz - Essen Hbf - Gruga/Messe (nur in den Sommermonaten bzw. Bei Messen) 33 Germaniaplatz - Fliegenbusch - Helenenstraße - Viehofer Platz - Karlsplatz (HVZ) 35 Zeche Ludwig - Essen Hbf - Porscheplatz - Helenenstraße - Frintroper Höhe (HVZ) 36 Gegenrichtung zur Linie 26 37 Margarethenhöhe, Lührmannwald - Essen Hbf - Porscheplatz - Abzweig Katernberg (HVZ) 38 (Haarzopf, Erbach - Wickenburgstraße -) Essen Hbf - Steele, Kaiser-Otto-Platz (HVZ)

STERNFAHRT Nr. 35 73 Der Liniennetzplan aus dem Jahre 1974 zeigt das Netz der Straßenbahn- und Buslinien vor der U-Bahneröffnung. (Quelle: Archiv EVAG)

74 STERNFAHRT Nr. 35 alle anderen Haltestellen zwischen Sa- eingestellt und durch die Rellinghauser vignystraße und Heißen kreuzungsfrei Straße geführt. angelegt. Um die Schnellstraße in Tief- lage versetzen zu können, waren auch Im Jahre 1967 wurde mit Einstellung der für die Straßenbahn provisorische Ram- Linie 5 zwischen Frintrop Unterstraße pen und Umleitungen durch die Leipzi- und Oberhausen sowie der Linie 3 zwi- ger und Mülheimer Straße erforderlich, schen Donnerstraße und Bottrop das Li- und erst im Jahre 1966 war die Trasse niennetz verändert. endgültig fertiggestellt. Einschneidende Veränderungen brach- Beim Bau des Ruhrschnellwegtunnels te der Fahrplanwechsel am 5. April 1971 wurden im Bereich Bismarckplatz - Es- mit sich; die fortschreitenden Bauarbei- sen Hauptbahnhof die entsprechenden ten auf der nördlichen Seite des Haupt- Tunnelröhren mitgebaut. Diese Arbei- bahnhofes führten zur Einstellung der ten fanden in offener Bauweise statt, so Straßenbahnstrecke zwischen Essen dass auch hier zahlreiche Provisorien Hbf und Limbecker Platz im Zuge der mit einer Umleitungsstrecke durch die Hache- und Hindenburgstraße. Von die- Sachsenstraße erforderlich waren. In sem Zeitpunkt an war der Porscheplatz diesem Rahmen wurde auch die Strecke der zentrale Umsteigepunkt im Stra- zwischen Freiheit und Huyssenallee ßenbahnnetz.

Das Liniennetz von 1977: U18 Essen, Wiener Platz - Essen Hbf - Wickenburgstraße - Mülheim Heißen Kirche 1 Essen Hbf (Stadtgartenschleife) - Porscheplatz - Karnap - GE-Horst Rosenhügel (bei Verkehrsruhe der Linie 11) 3 Kray Nord Bf - Porscheplatz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Germaniaplatz 4 Stadtwaldplatz - Essen Hbf - Porscheplatz - Grenze Borbeck - Mülheim Stadtmitte - MH-Flughafen 5 Rellinghausen, Finefraustraße - Moltkestraße - Essen Hbf - Porscheplatz - Helenenstraße - Frintrop, Unterstraße 6 (Bergeborbeck Bf -) Helenenstraße - Holsterhauser Platz - Moltkestraße - Essen Hbf - Porscheplatz - Karlsplatz (- Karnap, Alte Landstraße) 7 Bredeney - Essen Hbf - Porscheplatz - Abzweig Katernberg - GE-Rotthausen - Gelsenkirchen, Musiktheater 9 Steele (S) - Porscheplatz - Limbecker Platz - Frohnhausen Breilsort 11 Gruga/Messe - Essen Hbf - Porscheplatz - Karnap - Gelsenkirchen-Horst, Rosenhügel 13 Kray Nord Bf - Porscheplatz - Limbecker Platz - Haarzopf Fängershof 15 Rellinghausen, Finefraustraße - Stadtwaldplatz - Essen Hbf - Porscheplatz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Dellwig, Wertstraße 16 Dellwig, Wertstraße - Germaniaplatz - Bergeborbeck - Helenenstraße - Porscheplatz - Essen Hbf - Saalbau - Holsterhauser Platz - Helenenstraße - Bergeborbeck - Germaniaplatz 19 Steele (S) - Porscheplatz - Karlsplatz (HVZ) 23 Kray Nord Bf - Porscheplatz - Limbecker Platz - Haarzopf, Erbach (HVZ) 25 Zeche Ludwig - Moltkestraße - Essen Hbf - Porscheplatz - Helenenstraße - Frintroper Höhe (HVZ) 26 Gegenrichtung zur Linie 16 27 Bredeney - Essen Hbf - Porscheplatz - Abzweig Katernberg - Trabrennbahn - Gelsenkirchen Hbf 28 Katernberg, Hanielstraße - Viehofer Platz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Germaniaplatz (HVZ)

STERNFAHRT Nr. 35 75 Oben: So sahen vor dem U-Bahn-Bau die Haltestellenverknüpfungsanlagen in der Innenstadt aus. Nachdem die Straßenbahnstrecke durch die Hindenburgstraße 1971 stillgelegt wurde, baute man die Anlage Limbecker Platz auf zwei Gleise zurück. (Aufnahme: Archiv EVAG, 16. Juli 1970) Unten: Der Wagen 1540 befährt die Schützenbahn und befindet sich kurz vor der Haltestelle Vie- hofer Platz. (Aufnahme: Rainer Stolorz, Archiv VHAG, 05.1977)

76 STERNFAHRT Nr. 35 Das Liniennetz von 1977 die Linie 7 zur Hanielstraße geführt, wo- durch die Linie 28 entfiel. In der Folgezeit kam es insbesondere im Am 27. Mai 1979 wurde daher die Mül- Bereich Porscheplatz bedingt durch die heimer Linie 14 von der Grenze Borbeck U-Bahnbauarbeiten zu Änderungen in über Viehofer Platz zum Abzweig Ka- der Gleisführung und zur Verlegung der ternberg verlängert, allerdings nur in Gleisschleife auf die östliche Seite. Die der morgendlichen HVZ. Haltestellenanlage am Viehofer Platz wurde in der Schützenbahn viergleisig Am 1. Januar 1980 nahm der Verkehrs- angelegt; der ehemalige zentrale Um- verbund Rhein-Ruhr (VRR) seine Tätig- steigepunkt Limbecker Platz wurde von keit auf und die Linien erhielten um 100 vier auf zwei Gleise zurückgebaut. erhöhte Liniennummern.

Am 8. April 1974 mußte der Straßen- Zum Umbau der Straßenbahnstrecke in bahnverkehr in der Kruppstraße zwi- der Fulerumer Straße wurden die Li- schen Beiseweg und Mülheim, Heißen nien 113 und 123 am 8. April 1980 zwi- Kirche gänzlich eingestellt werden, um schen Haarzopf und Wickenburgstraße die Strecke zur Versuchs- und Modell- bzw. Hamburger Straße eingestellt. Mit strecke der Stadtbahn Rhein/Ruhr um- dem Winterfahrplan vom 28. September bauen zu können. Es wurde ein 1980 wurden die Linien 113, 116, 123, 125 Omnibus-Ersatzverkehr als Linie 58 und 126 eingestellt; die Linie 115 fuhr zwischen Porscheplatz und Heißen Kir- nun statt über Fliegenbusch über Bahn- che eingerichtet. hof Bergeborbeck nach Dellwig und je- der 2. Zug der Linie 106 wurde ebenfalls Zum Abbau der nördlichen Tunnelram- nach Dellwig verlängert. Für den Bau pe Saalbau in der Huyssenallee wurden der Stadtbahn zur Messe wurde die Li- 1977 die entsprechenden Linien vor- nie 111 am 25. Februar 1981 zur neuen übergehend über Moltkestraße umge- Endstelle Grugahalle zurückgezogen, leitet. wodurch die großzügige Wendeschleife Gruga/Messe entfiel. Mit der Eröffnung der unterirdischen Stadtbahnstrecken und des Vorlaufbe- Am 27. November 1981 wurde als zweite triebes am 29. Mai 1977 wurde das Li- Stadtbahnlinie die U17 zwischen Marga- niennetz abermals völlig umgestaltet, rethenhöhe und Universität Essen eröff- zumal auch die Straßenbahnstrecke net, wobei die Linie U18 zum Bahnhof vom Hauptbahnhof zur Margarethenhö- Berliner Platz verlängert wurde. Zwecks he zwecks Umbau zur Stadtbahn einge- Bau der Tunnelrampe Beginenkamp stellt wurde. Am gleichen Tag wurde nördlich des zukünftigen Bahnhofes auch die Straßenbahnstrecke im Kern Viehofer Platz wurden von 1982 bis Sep- von Steele zugunsten der neuen Halte- tember 1985 die Linien 101, 106, 107, 111, stelle am Verkehrsplatz Steele (S) einge- 119 und 127 über die Umleitungsstrecke stellt. Die HVZ-Linie 28 war somit die durch die Gerlingstraße geführt, die an- einzige Linie, die nicht die unterirdi- schließend wieder abgebaut wurde. schen Tunnelstrecken in der Innenstadt mitbenutzte. Weitere Änderungen brachte der 2. Sep- tember 1984 mit sich; um den Bahnhof Das Liniennetz von 1986 Saalbau mit der unterirdischen Südstre- cke verbinden zu können, wurden die Am 1. Juli 1978 wurde der Streckenast Linien 104, 107, 111, 115 und 127 vom vom Abzweig Katernberg über Rotthau- Hauptbahnhof kommend über Moltke- sen nach Gelsenkirchen eingestellt und straße zum Rüttenscheider Stern ge-

STERNFAHRT Nr. 35 77 Das Liniennetz von 1986: U11 Grugastadion - Rüttenscheider Stern - Essen Hbf - Berliner Platz U17 Margarethenhöhe - Holsterhauser Platz - Essen Hbf - Universität Essen U18 Mülheim Hbf - MH-Heißen Kirche - Wickenburgstraße - Essen Hbf - Berliner Platz 101 Bredeney - Rüttenscheider Stern - Essen Hbf - Porscheplatz - Karlsplatz (- Karnap, Alte Landstraße) (nur montags - freitags) 103 (Steele S - Knappschafts-Krankenhaus -) Volkshochschule - Porscheplatz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Germaniaplatz - Dellwig, Wertstraße 104 Rellinghausen, Finefraustraße - Moltkestraße - Essen Hbf - Porscheplatz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Grenze Borbeck - Mülheim-Stadtmitte - MH-Hauptfriedhof 105 Frintrop, Unterstraße - Fliegenbusch - Helenenstraße - Porscheplatz - Essen Hbf (Stadtgartenschleife) 106 Germaniaplatz - Bergeborbeck - Helenenstraße - Holsterhauser Platz - Moltkestraße - Essen Hbf - Porscheplatz - Karlsplatz - Karnap -Gelsenkirchen Schloß Horst 107 Bredeney - Rüttenscheider Stern - Essen Hbf - Porscheplatz - Katernberg, Hanielstraße 109 Frohnhausen, Breilsort - Limbecker Platz - Porscheplatz - Volkshochschule - Steele (S) 114 Volkshochschule - Porscheplatz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Grenze Borbeck - Mülheim Stadtmitte - MH-Hauptfriedhof (zwischen Volkshochschule und Grenze Borbeck nur morgentliche HVZ) 115 Zeche Ludwig - Moltkestraße - Essen Hbf - Porscheplatz - Helenenstraße - Bergeborbeck - Germaniaplatz 127 Bredeney- Rüttenscheider Stern - Essen Hbf - Porscheplatz - Abzweig Katernberg - Trabrennbahn - Gelsenkirchen Hbf führt und die Tunnelrampe an der äste zur Grugahalle und nach Stadtwald Baumstraße abgebaut. und weiter nach Rellinghausen wurden stillgelegt. Am 27. September 1985 wurde die Tun- nelstrecke vom Bahnhof Porscheplatz Das Liniennetz von 2002 zum Bahnhof Viehofer Platz feierlich in Betrieb genommen. Damit wurden erst- Ab 25. September 1988 wurde weltweit mals alle vier Gleise des Bahnhofes Por- erstmals mit der Linie 146 vom Berliner scheplatz befahren. Im Mai 1986 wurde Platz nach Kray Nord Bahnhof eine Om- die Linie 103 zwischen Wasserturm und nibuslinie im Mischbetrieb unterirdisch Kray Nord Bahnhof eingestellt und tags- mit Straßenbahnen betrieben, wobei die über nach Steele geführt, wodurch auch Busse über die Tunnelrampen Schüt- die Linie 119 entfallen konnte. zenbahn und Varnhorststraße den Bahnhof Porscheplatz anfuhren. Die am 31.05.1986 mit einem Volksfest verknüpfte Inbetriebnahme der Süd- Mit der Eröffnung der Ost-West-Spange strecke zwischen Saalbau und Grugasta- kam es erneut zu Linienveränderungen, dion bzw. Rampe Florastraße mit Ein- da der oberirdische Straßenbahnver- führung der Stadtbahnlinie U11 brachte kehr zwischen Rampe Porscheplatz und die Einstellung des oberirdischen Stra- Krupp-Hauptverwaltung bzw. Limbe- ßenbahnverkehrs auf der Rüttenschei- cker Platz - Alfred-Krupp-Schule einge- der Straße. Die Straßenbahnstrecken- stellt wurde. Die Linie 109 wurde über

78 STERNFAHRT Nr. 35 Oben: Dichtes Verkehrsaufkommen im Bereich der Haltestelle Sparkasse Rüttenscheid (heute: Martinstraße) vor Eröffnung der U-Bahn im Jahre 1986 (Aufnahme: Thomas Koch, 05.1986) Unten: Mit Inbetriebnahme der Ost-West-Spange wurde an der Haltestelle Helenenstraße ein Linksabzweig für die Linie 109 zum Westbahnhof eingebaut. Wagen 1114 hat gerade die Baustelle passiert und fährt nun in Richtung Berliner Platz (Aufnahme: Martin Ruhnau, 08.1991)

STERNFAHRT Nr. 35 79 Helenenstraße zur Alfred-Krupp- Schule Am 16. Juni 2002 wurde die U17 wieder geleitet, weshalb beide Kreuzungen ent- zur Endstelle Margarethenhöhe geführt, sprechend umgebaut wurden. Die Linie wo jetzt ein zweigleisiger Endbahnhof 114 wurde eingestellt. mit Mittelbahnsteig besteht, der eine Streckenverlängerung zur Erschlies- Mit Verlängerung der Stadtbahnlinie sung des Bereiches Margarethenhöhe II U11 vom Berliner Platz bis Altenessen ermöglicht. Bf wurde am 24. Mai 1998 das Liniennetz völlig umstrukturiert; wegen der Um- Bedingt durch die Zusammenlegung spurung der oberirdischen Straßen- mehrerer sich überlagernder Straßen- bahnstrecke zwischen Karlsplatz und bahnlinien ist die Netzstruktur recht Gelsenkirchen-Horst wurde die Linie überschaubar geworden, man sollte je- 106 zum Bahnhof Altenessen verkürzt. doch bedenken, dass alle Linien mit Um den oberirdischen Abschnitt der Li- Ausnahme der Linie 107 zwischen Ha- nie U17 zur Margarethenhöhe mit Hoch- nielstraße und Gelsenkirchen Hbf tags- bahnsteigen ausrüsten zu können, über im 10-Minutentakt verkehren. wurde die Linie bis zum Gemarken- platz verkürzt und eine Ersatzbuslinie Inwieweit sich das Netz in absehbarer 117 einrichtet. Zeit vergrößern wird hängt nicht zuletzt von der Verfügbarkeit finanzieller Mit- Die Inbetriebnahme der kompletten tel ab. Fest eingeplant ist die Verlänge- Nordstrecke auf Essener Stadtgebiet am rung der Linie 105 von Frintrop nach 30. September 2001 brachte die Verlän- Oberhausen, wobei der Anteil auf Ess- gerung der Linie U17 vom Berliner Platz ener Stadtgebiet nur wenige hundert nach Gelsenkirchen- Horst bis zur vor- Meter beträgt. Weiterhin ist die Erschlie- übergehenden Endstelle Fischerstraße ßung des Krupp-Gürtels mit der Stra- sowie auf dem Südast die wiederinbe- ßenbahn geplant. triebnahme der Haltestellen Gemarken- platz und Holsterhauser Platz.

Das Liniennetz von 2002 U11 Messe West/Süd (vorherige Bezeichnung: Grugastadion) - Rüttenscheider Stern - Essen Hbf - Berliner Platz (- Karlsplatz) U17 Margarethenhöhe - Holsterhauser Platz - Essen Hbf - Karlsplatz - Karnap - Gelsenkirchen-Horst, Fischerstraße U18 Mülheim Hbf - MH-Heißen Kirche - Wickenburgstraße - Essen Hbf - Berliner Platz 101 (Bredeney - Rüttenscheider Stern -) Essen Hbf - Porscheplatz - Helenenstraße - Bergeborbeck - Germaniaplatz 103 (Steele S -) Volkshochschule - Porscheplatz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Germaniaplatz - Dellwig, Wertstraße 104 Abzweig Aktienstraße - Grenze Borbeck - Mülheim-Stadtmitte - MH-Hauptfriedhof 105 Rellinghausen, Finefraustraße - Moltkestraße - Essen Hbf - Porscheplatz - Helenenstraße - Fliegenbusch - Abzweig Aktienstraße - Frintrop, Unterstraße 106 (Bergeborbeck Bf -) Helenenstraße - Holsterhauser Platz - Moltkestraße - Essen Hbf - Porscheplatz - Altenessen Bf 107 Bredeney - Rüttenscheider Stern - Essen Hbf - Porscheplatz - Abzweig Katernberg - Trabrennbahn - Gelsenkirchen Hbf 109 Steele (S) - Volkshochschule - Porscheplatz - Helenenstraße - Frohnhausen, Breilsort

80 STERNFAHRT Nr. 35 nach GE-Horst

Karnap Alte Landstr.

U17 nach Gelsenkirchen

Neuessener Str. Rhein-Herne-Kanal Karlsplatz

Dellwig Wertstr. U11 Abzw. U17 Katernberg Frintrop 103 Borbeck Altenessen Bf Unterstr. Germaniaplatz 107 106 105 101 106 103 Seumannstr. 103 Abzw. 105 Hele- Aktienstr. nenstr. Berliner Fliegenbusch Platz Porschepl. 104 106 109 U11 Frohnhausen U17 Steele (S) Breisort U18 Wasserturm Bismarkpl. Essen Hbf nach Mülheim 109 103 Moltkestr. U18 109 U17 106 nach Mülheim 105 Ruhr U11 101 Margarethen- 107 Rellinghausen Messe höhe Florastr. Finefraustraße

Bredeney

Baldeneysee

Das aktuelle Liniennetz aus dem Jahre 2002 (Zeichnung: Thomas Koch)

STERNFAHRT Nr. 35 81 Der Fahrzeugeinsatz

- von Martin RUHNAU -

Wie schon ausführlich geschildert wurde der erste unterirdische Stre- ckenabschnitt der Essener U-Staßenbahn als Vorläufer der Stadtbahn im Oktober 1967 mit dem Bahnhof Saalbau in Betrieb genommen. Die- ses Streckenstück wurde von allen seinerzeit eingesetzten Zugkombi- nationen befahren.

ie Tunnelstrecke war mit einer 1. Die vierachsigen Zugsicherungsanlage der Firma Einrichungs- DAEG ausgestattet, die hier er- Großraumtriebwagen probt wurde, um Erfahrungen mit dieser Technik zu sammeln, ohne dass eine Im Zeitraum von 1951 bis 1956 beschaff- Zugbeeinflussung stattfand, da man sei- ten die Essener Straßenbahnen (ab 1954 nerzeit den aufwändigen Umbau der die Essener Verkehrs-AG) insgesamt 50 Fahrzeuge vermeiden wollte. Bei der vierachsige Großraum-Triebwagen in U-Straßenbahn verkehrten nur die sei- Einrichtungsbauweise der Firma DÜ- nerzeit vorhandenen Straßenbahnzüge. WAG. Die Wagen wurden unter den Nummern 513 bis 562 in Dienst gestellt Die Inbetriebnahme des sogenannten und im Zuge der Neuordnung des Wa- Vorlaufbetriebs im Mai 1977 machte genparks im Sommer 1960 in 1501 bis dann die Ausrüstung der meterspurigen 1507 (1. Serie Baujahr 1951/52, Hannove- Straßenbahntriebfahrzeuge mit den er- raner Front), 1531-1570 (2. Serie Baujahr forderlichen Zugsicherungsanlagen 1953/54, Düsseldorfer Front, kleine Sei- und Zugeeinflussungsanlagen notwen- tenfenster) und 1581-1583 (3. Serie Bau- dig; die eigentliche ZS-Technologie wird jahr 1956, Düsseldorfer Front, große an dieser Stelle nicht weiter verdeut- Seitenscheiben) umnummeriert. Wäh- licht, sondern im Kapitel „Zugsicherung rend die 1. Serie ursprünglich die Türan- und Meldungsübertragung“ präzisiert. ordnung 3-2-1 (von hinten nach vorn) Zum Einsatzbestand zählten im Mai besaß, wurden die 2. und 3. Bauserie be- 1977 die vierachsigen Großraum- Trieb- reits mit der Anordnung 2-2-1 geliefert, wagen der Baujahre 1953 bis 1956, die wobei der Fahrgastfluss von hinten am sechs- und achtachsigen Gelenktrieb- festen Schaffnerplatz vorbei nach vorne wagen der Baujahre 1958 bis 1966 sowie erfolgte. Der Vereinheitlichung halber die Stadtbahnwagen vom Typ M8S von wurde auch bei den Fahrzeugen der 1. 1975/76; ferner wurden noch die zwei- Serie die Türanordnung in 2-2-1 umge- achsigen Leichtbau-Beiwagen von 1956 ändert. Diese Fahrzeuge besaßen als An- sowie die vierachsigen Großraum- Bei- triebssteuerung BBC-Feinstufer, aller- wagen der Baujahre 1959 bis 1966 einge- dings dem jeweiligen Stand der Technik setzt. entsprechend in unterschiedlicher Aus- führung. Alle Wagen waren von 1953/54 Für die normalspurige Stadtbahnlinie an mit Zweiwagenzug-Steuerung ausge- U18 standen vorerst 16 sechsachsige rüstet, das heißt, die Triebwagen konn- Stadtbahntriebwagen vom Typ B100S ten in Doppeltraktion verkehren, wobei zur Verfügung, von denen fünf den Be- die Steuerung niederspannungsseitig trieben der Stadt Mülheim an der Ruhr erfolgte und somit beide Stromabneh- zugeteilt waren. mer angelegt waren. Die Wagen 513 bis

82 STERNFAHRT Nr. 35 Oben: Ein typisches Gespann der 60er und 70er Jahre fährt in Richtung Haarzopf in den eigenen Bahnkörper in der Fulerumer Straße ein. 1980 wurde hier die erste Essener Spurbusstrecke eröffnet. (Aufnahme: Dieter Höltge, 1976) Unten: Im Jahre 1968 vollzieht ein Zug der Linie 15 im Bahnhof Saalbau seinen Fahgastwechsel. Der sechsachsige Triebwagen 1605 führt einen zweiachsigen Leichtbau-Beiwagen des Baujahres 1956 mit. (Aufnahme: Archiv EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 83 519 besaßen bis 1959 altbrauchbare schen Mai und November 1982 ausge- Drehgestelle der Vorkriegsvierachser mustert. Die Triebwagen 1521 und 1522 von 1938/39 mit 1,45 m Achsstand und je- der 3. Serie wurden im November aus weils 59 kW Leistung. Im Jahre 1959 er- dem Einsatzbestand genommen und hielten sie neue DÜWAG-Triebdreh- 1986 bzw. 1988 verschrottet. Der Wagen gestelle mit Tandemantrieb und 100 kW 1583, seit 1970 unter der Nummer 1588 Leistung (Achsstand 1,8 m). Die 2. Bau- eingesetzt, wurde 1980 an einen Privat- serie verfügte ursprünglich über DÜ- mann veräußert und sollte eigentlich WAG-Drehgestelle mit jeweils 72,5 kW am Bahnhof Essen-Borbeck als Denk- Leistung und einem Achsstand von 1,74 mal aufgestellt werden, wo er aber inner- m. Im Jahre 1962 bzw. 1977 erhielten di- halb kürzester Zeit völlig zerstört und verse Wagen neue Drehgestelle mit je- 1981 verschrottet wurde. weils 100 kW Leistung und wurden in 1511 bis 1515 bzw. 1516 bis 1520 umnum- Somit sind heute noch die Wagen 1501, meriert , wobei letztere die Gestelle der der 1989 von Viernheim zurück nach Es- Wagen 1502, 1504 bis 1507 erhielten, die sen kam, und der Fahrschulwagen 640 dann ausgemustert wurden. Der Trieb- vorhanden. Der Triebwagen 1501 ist je- wagen 1535 wurde 1963 zum Fahrschul- doch im nicht betriebsfähigen Zustand wagen umgebaut und steht auch heute hinterstellt und wartet auf die museale noch unter der Nummer 640 im tägli- Aufarbeitung. chen Fahrschuleinsatz. Die Wagen 1581 und 1582 erhielten 1978 ebenfalls andere 2. Die sechs- und achtachsigen Drehgestelle - allerdings von den DWM- Einrichtungs- Gelenkwagen 1619 und 1620 - und wur- Gelenktriebwagen den in 1521 und 1522 umnummeriert. Zwischen 1958 und 1966 wurden insge- Auf den Vorlaufstrecken wurden die samt 69 sechsachsige Gelenktriebwagen Großraumwagen je nach Verkehrslage in Einrichtungsbauart beschafft. Mit entweder als Solotriebwagen bzw. mit Einführung der vierstelligen Ordnungs- Beiwagen eingesetzt, wobei die schwä- nummern im Juli 1960 wurden sie als cher motorisierten Wagen der Reihe 1601 bis 1660 (Baujahre 1958-60), 1661 bis 1531 bis 1570 in der Regel nur mit den 1663 (Baujahr 1963) und 1671 bis 1676 zweiachsigen Leichtbaubeiwagen der (Baujahr 1966) bezeichnet. Mit Ausnah- Reihe 2401 bis 2429 und die Triebwagen me der Einheiten 1619 und 1620, die von mit 100 kW-Motoren mit den vierachsi- der Firma DWM in Berlin gefertigt wur- gen Großraumwagen der Reihe 2500 be- den, wurden alle Fahrzeuge von der DÜ- hängt wurden. WAG geliefert. Im Jahre 1960 wurden zudem sechs achtachsige Triebwagen Alle Großraumwagen wurden für die mit den Nummern 1801 bis 1806 be- Ausrüstung mit Zugsicherungsanlagen schafft, die um ein türloses Mittelteil vorbereitet, die Wagen der ersten Serie und ein weiteres Laufdrehgestell er- erhielten diese aber nicht mehr einge- gänzt waren, sich ansonsten aber kon- baut, da sie zwischen Oktober 1976 und struktiv nicht von den Sechsachsern März 1977 ausgemustert und bis auf den unterschieden. Alle Triebwagen besa- Wagen 1501, der für museale Zwecke in ßen kurbelbetätigte Kiepe-Nockenfahr- das Verkehrsmuseum in Viernheim ab- schalter vom Typ NF52 und den bewähr- gegeben wurde, verschrottet wurden. ten DÜWAG-Tandemantrieb mit 100 Die Ausmusterung der Wagen 1531 bis kW-Motoren. Als Erprobungsträger für 1570 erfolgte zwischen 1977 und 1980, Komponenten des zukünftigen Stadt- die aus dieser Serie hervorgegangenen bahnwagens M wurde der Wagen 1615 Triebwagen 1511 bis 1520 wurden zwi- im Jahre 1974 erheblich umgebaut. Äu-

84 STERNFAHRT Nr. 35 Typenzeichnung eines 8-achsigen Einrichtungsgelenktriebwagens der Serie 1801-1806 und 1815-1830 (EVAG) ßerlich fiel die neuartige Lackierung in Die Ausmusterung der sechsachsigen weiß/rot mit dunklem Fensterband Triebwagen erstreckte sich von 1982 bis ebenso auf wie der elektromotorisch be- 1991; mit Eröffnung der Ost-West- Span- tätigte Einholm-Stromabnehmer. Die ge vom Porscheplatz zur Rampe Krupp- Frontansicht wurde zudem durch zwei Hauptverwaltung wurden die im Herbst neuartige rechteckige Halogen- Schein- 1991 noch vorhandenen neun Triebwa- werfer geprägt. Die zweite Tür erhielt gen 1615, 1623, 1628, 1636, 1638, 1639, eine ausfahrbare Schwenk- Schiebestu- 1643, 1647 und 1668 von September bis fe um den Einstieg zu erleichtern. Der November nochmals auf der- wegen des Fahrerplatz erhielt ein neuartiges Arma- Abbaus der Tunnelrampe Porscheplatz turenbrett mit Piktogrammschaltern von Frohnhausen Breilsort zur Helenen- und ein Tonbandgerät für die Haltestel- straße verkürzten Linie 109 - eingesetzt lenansage, ferner wurden Leuchtstoff- und dann abgestellt. Bis auf den Wagen lampen anstelle der Glühlampenbe- 1628 wurden diese Triebwagen im Win- leuchtung eingebaut und die Fahrgast- ter 1995/96 verschrottet. sitze mit dunkelroten Kunstlederbezü- gen versehen. Die Ausmusterung der Achtachser 1801 bis 1806 erfolgte zwischen 1989 und Im Jahre 1974 wurden die sechs Wagen 1991, wobei deren Mittelteile weiter ver- des Baujahres 1974 durch Einfügen ei- wendet bzw. die der Wagen 1804 und nes türlosen Mittelteils zu Achtachsern 1806 nach Mülheim verkauft wurden. verlängert und als Serie 1815 bis 1820 be- zeichnet; im Jahre 1977 wurden auch die Aufgrund gestiegener Fahrgastzahlen Einheiten 1651 bis 1660 zu Achtachsern ergab sich ein weiterer Bedarf von fünf- umgebaut und in 1821 bis 1830 umbe- zehn Wagen der Reihe 1600 bzw. 1800 zeichnet. Für den 1979 ausgebrannten auch nach Eröffnung der Ost-West- Triebwagen 1826 wurde der Wagen 1666 Spange. Da diese jedoch über Mittel- zum Achtachser umgebaut und als bahnsteige verfügt, mussten die Fahr- 1826 (II) bezeichnet. Die sechsachsigen zeuge mit linksseitigen Türen Triebwagen waren heckseitig mit Schar- ausgerüstet werden. Dieser Umbau ge- fenberg-Kupplungen ausgerüstet und schah in der Hauptwerkstatt Schweri- wurden - insbesondere nach der Ausmu- ner Straße und umfasste die Einheiten sterung der Großraum-Triebwagen - mit 1821, 1822, 1824 bis 1827, 1829 und 1830 vierachsigen Großraum-Beiwagen der sowie 1815 bis 1820. Lediglich der sechs- Reihe 2500 behängt. Die letzten Einsätze achsige Triebwagen 1628 wurde noch mit Beiwagen wurden im Jahre 1988 ge- zum Achtachser verlängert und eben- fahren, danach erfolgte nur noch ein So- falls mit linksseitigen Türen ausgerü- lobetrieb. Die achtachsigen Triebwagen stet. Im Zuge des Umbaus wurden die der Reihe 1800 besaßen nur einsteckba- Wagen im Innenraum modernisiert und re Albertkupplungen, so dass ein Ein- erhielten u.a. auch neue Armaturenbret- satz mit Beiwagen hier nie erfolgte. ter. Die ersten acht umgebauten Wagen -

STERNFAHRT Nr. 35 85 als 1851, 1853-1857 und 1859, 1860 be- Einsatz von Zweirichtungswagen mög- zeichnet - erhielten linksseitig zwei Dop- lich, und auch der Einsatz von Beiwagen pelfalttüren, die weiteren Umbauten - musste mangels Umsetzmöglichkeit un- 1852, 1858 und 1861-1865 - eine weitere terbleiben. Die Linie 5 verkehrte zeit- Einfachfalttür im Heck, wobei diese Se- weise alle 15 Minuten, so dass sämtliche rie auch für den Einbau einer IBIS- An- Wagen der Reihe 1721 bis 1730 hier ein- lage vorbereitet wurde. Mit der Aus- gesetzt wurden. Erst nach stre- lieferung der Niederflurwagen vom Typ ckenseitigen Anpassungsarbeiten Mitte M8DNF ab Herbst 1999 wurden diese der 80er Jahre war ein Einsatz auch von Gelenkwagen entbehrlich und ab dem Stadtbahnwagen M8 möglich. Anfäng- Jahr 2000 in mehreren Etappen ins ru- lich besaß die Serie Scharfenberg- mänische Arad verkauft, wo sie auch Kupplungen und die Wagen führten ge- heute noch zuverlässig im Einsatz ste- legentlich Beiwagen mit. Anfang der hen. Erst im Herbst 2001 endete der Ein- 80er Jahre wurden die Triebwagen ge- satz in Essen endgültig, wobei der ringfügig modernisiert und in diesem Wagen 1865 - hervorgegangen aus dem Zuge auch die Scharfenberg- Kupplun- Sechsachser 1628 - somit ganze 42 Jahre gen gegen steckbare Albert- Kupplun- (!) auf Essens Schienen unterwegs war. gen ausgetauscht. Bis Anfang der 90er Jahre wurden die Wagen 1721 bis 1730 3. Die sechsachsigen immer noch überwiegend auf der Linie Zweirichtungs- 105 eingesetzt. Gelenktriebwagen Da ein baldiger Ersatz nicht absehbar Ursprünglich für die Linien 26 und 36 war wurden zwischen 1992 und 1994 die- nach Frintrop bzw. Dellwig wurden se Wagen zu Achtachsern, teils mit ge- 1962/63 zehn sechsachsige Gelenktrieb- brauchten Essener, teils mit Duisburger wagen in Zweirichtungsbauart be- Mittelteilen, verlängert und als 1751 bis schafft, die als 1721 bis 1730 bezeichnet 1760 bezeichnet. Da die Linie 105 ab 1994 wurden. Sie verfügten über zwei Moto- aus Kapazitätsgründen morgens mit ren mit je 115 kW Leistung und wurden Doppeltraktionen bestückt wurde - also über Kiepe-Nockenfahrschalter vom mit Stadtbahnwagen M8 - erübrigte sich Typ NF 561 K gesteuert. Nach Einstel- außerhalb der Schulferien der Einsatz lung der Linie 26/36 wurden sie auf die der Reihe 1700 auf der Linie 105, und sie Linie 5 versetzt, die im Herbst 1967 auf wurden vornehmlich auf die kombinier- die Relation Rellinghausen - Frintrop ten Umläufe der Linie 106/115 versetzt. Unterstraße verkürzt wurde; da nach Da nach Einstellung der Linie 106 zwi- Einstellung der Strecke nach Oberhau- schen Altenessen Bahnhof und Karnap - sen an der Unterstraße nur eine Stump- Gelsenkirchen-Horst im Mai 1998 genü- fendstelle verblieb, war hier nur der gend Fahrzeuge vorhanden waren, wur-

Typenzeichnung eines 6-achsigen Zweirichtungsgelenktriebwagens der Serie 1721-1730 (EVAG)

86 STERNFAHRT Nr. 35 Oben: Nach dem Umbau zum Achtachser präsentiert sich der Triebwagen 1755 in der Schleife Frohnhausen Breisort. Im Jahre 1998 wurde der Wagen nach Arad verkauft. (Archiv VHAG) Unten: Wenige Tage vor der Inbetriebnahme des Innenstadttunnels steht hier der erste Stadt- bahnwagen M an der Haltestelle Volkshochschule. (Aufnahme: Rolf Riefenstahl, 1977)

STERNFAHRT Nr. 35 87 den im Herbst 1998 zunächst die Wagen Die Konzeption sah eine zweiteilige 1751, 1754, 1755, 1757 und 1760 ins rumä- sechsachsige und eine dreiteilige acht- nische Arad verkauft. Bis Herbst 2001 achsige Fahrzeugausführung vor, die folgten bis auf den Triebwagen 1753 auch in Einrichtungsbauart ausführbar auch die übrigen Einheiten dorthin. Der war; aufgrund der größeren Flexibilität Wagen 1753 ist als kombinierter Party- wurde aber von Kundenseite - in den und Sonderwagen in Essen verblieben Jahren haben immerhin zwölf deutsche und gehört seit Sommer 2001 im letzten Verkehrsbetriebe den Stadtbahnwagen Umbauzustand zum offiziellen Mu- M/N beschafft - nur die Zweirichtungs- seumsbestand der Essener Ver- version geordert. kehrs-AG. Er erhält somit als letzter Vertreter der klassischen DÜWAG- Ge- Der Stadtbahnwagen M8 stellte von sei- lenkwagen in Essen die Erinnerung an nen Ausstattungsmerkmalen her eine diese Fahrzeuggeneration. völlige Abkehr vom klassischen DÜ- WAG-Gelenktriebwagen dar; das äußere 4. Die Stadtbahnwagen M8 Erscheinungsbild ist von eher kantiger Struktur, die auch heute noch als durch- Anfang der 70er Jahre begannen die me- aus modern bezeichnet werden kann. terspurigen Verkehrsbetriebe im mittle- Im Innenraum kommen großzügige Ab- ren Ruhrgebiet - namentlich die teilsitze zur Anwendung, der Einstieg Bochum-Gelsenkirchener Straßenbah- wird durch eine ausfahrbare Trittstufe nen AG, die Betriebe der Stadt Mülheim erleichtert, und der Fahrer sitzt in einer an der Ruhr, die Stadtwerke Bielefeld großzügig verglasten Kabine. Der erste und die Essener Verkehrs-AG - gemein- Stadtbahnwagen M - der Essener Trieb- sam einen modernen Triebwagen im wagen 1001 vom Typ M8S - wurde im De- Baukastensystem zu entwickeln, der so- zember 1975 ausgeliefert und mit wohl auf herkömmlichen Straßenbahn- weiteren Fahrzeugen ab Frühjahr 1976 strecken als auch im Vorlaufbetrieb im Linienverkehr eingesetzt. Neuartig eingesetzt werden sollte. Der Fahrzeug- war die Lackierung in weiß/rot, den Far- typ sollte nach modernsten Gesichts- ben der Stadtbahn Rhein/Ruhr. Die er- punkten konzipiert sein, ohne die ste Essener Serie umfasste die Wagen Kosten aus den Augen zu verlieren. Die 1001 bis 1021; diese Serie besaß eine Entwicklung gipfelte im sogenannten elektronisch gesteuerte Schützensteue- Stadtbahnwagen M - wobei M ursprüng- rung und wurde daher als M8S bezeich- lich wohl eher für „mittleres“ Ruhrge- net. Die Wagen 1009 und 1010 mussten biet als für Meterspur stand. Als auch die nach Bränden schon 1980 bzw. 1977 aus- Dortmunder Stadtwerke - die ein nor- gemustert werden. Da der Stadtbahnwa- malspuriges Netz betreiben - sich ange- gen M mit 2,30 m zehn Zentimeter schlossen hatten, entstand die Be- breiter ist als die übrigen Meterspur- zeichnung Stadtbahnwagen N für diese fahrzeuge der Essener Verkehrs-AG wa- Variante des Baukastensystems. ren im Streckennetz Anpassungs-

Typenzeichnung eines Stadtbahnwagen M8 der Reihen 1000 und 1100 ohne Klapptrittstufen

88 STERNFAHRT Nr. 35 arbeiten - überwiegend Aufweitungen Als sich die Fahrgastzahlen zu Beginn der Gleismittenabstände - notwendig, der 90er Jahre erhöhten, wurden die und es bestanden noch bis Mitte der 80er Einheiten 1001 bis 1008 und 1101 bis Jahre einige Begegnungsverbote. Der 1116 zwischen 1993 und 1994 wieder mit Einsatz erfolgte daher in den ersten Jah- BSI-Compact-Kupplungen - teils aber ren nur auf den Linien 3 (Dellwig Wert- nur auf einer Seite - ausgerüstet, da die straße - Borbeck - Fliegenbusch - Linie 105 morgens mit Doppeltraktio- Porscheplatz - Steele bzw. ab Mai 1977 nen bestückt werden musste. Mit Ver- Kray Nord Bf), 9 (Frohnhausen Breilsort längerung dieser Linie von Essen Limbecker Platz - Porscheplatz - Steele) Hauptbahnhof nach Rellinghausen im und 12 (Haarzopf Fängershof - Limbe- Mai 1998 konnten Doppeltraktionen nur cker Platz - Porscheplatz - Kray Nord Bf), noch auf den morgendlichen Verstär- wobei die Linie 12 im Mai 1977 zur Linie kerkursen zwischen Essen Hbf und 13 wurde. Frintroper Höhe verkehren, da die Bahnsteiglängen auf dem Rellinghau- Im Jahre 1979 wurde eine zweite Serie ser Streckenast keine ausreichende geliefert, die allerdings eine elektroni- Länge besitzen. Bedingt durch den ver- sche Gleichstromsteller-Steuerung - mehrten Einsatz von Niederflurwagen besser bekannt als Chopper-Steuerung - auf der Linie 105 ist der Einsatz von Dop- besaß, die ein stufenloses Anfahren und peltraktionen allerdings inzwischen Bremsen ermöglicht und zudem Brems- sporadisch geworden. energie ins Netz zurückspeist, sofern ein anderes Fahrzeug im Speisebereich die- In den Jahren 1980 und 1982 wurden ins- se zum Fahren aufnehmen kann. Äußer- gesamt 20 neue M8C mit den Ordnungs- lich unterschieden sich diese Wagen nummern 1116 bis 1120 und 1121 bis vom Typ M8C - das „C“ steht hier für 1135 beschafft, wobei der Wagen 1135 Chopper-Steuerung - durch die La- auf den Drehgestellen des Wagenes 1009 ckierung in den Essener Stadtfarben aufgebaut wurde. Eine weitere Serie gelb und blau mit dunkelgrauem Fen- wurde 1983/84 unter den Nummern 1171 sterband. Der Innenraum war mit dem bis 1176 in Dienst gestellt. Dieses Serie der M8S-Serie identisch. Die Wagen besaß nur noch einen Stromabnehmer wurden als 1101 bis 1115 bezeichnet, wo- auf dem Wagenteil A, da inzwischen alle bei der Wagen 1115 auf den Drehgestel- Weichen induktiv gestellt wurden und len des ausgebrannten Triebwagen 1010 somit die Fahrleitungskontakte entfal- aufgebaut wurde. Ebenfalls 1979 wurde len konnten. Später wurden auch bei ein weiterer M-Wagen beschafft, der die den anderen M-Wagen die Stromabneh- Ordnungsnummer 1200 trug und sich mer auf dem Wagenteil B entfernt. Die elektrisch stark von der Serie unter- Einstiegsstufen der Wagen 1171 bis 1175 schied; dieser Wagen besaß im Gegen- auf der linken Seite (in Fahrtrichtung A satz zu den Wagen 1101 bis 1115 eine gesehen) waren bei der Lieferung durch Antriebssteuerung in Drehstromtech- Bleche ersetzt worden, um für den Ein- nik und wurde als Typ M8D bezeichnet. satz an Hochbahnsteigen Klapptrittstu- Im Jahre 1993 wurde er zum M8C umge- fen einbauen zu können; der Wagen baut und als 1116 bezeichnet. 1176 erhielt diese zur Erprobung bereits werksseitig auf beiden Seiten. Ab 1985 Alle Wagen der bisher beschriebenen wurden die Wagen 1121 bis 1131 und M-Wagen waren anfangs mit 1116 bis 1120 linksseitig ebenfalls mit BSI-Compact-Kupplungen ausgestattet, Klapptrittstufen ausgerüstet (neue die jedoch betrieblich nicht benötigt und Ord.-Nr. 1131 bis 1151 und 1162 bis 1166). später gegen einschiebbare Al- Da diese Wagen jedoch für die Linie 127 bert-Kupplungen ausgetauscht wurden. wegen der Stumpfendstelle in Gelsen-

STERNFAHRT Nr. 35 89 kirchen ungeeignet waren wurden sie und 1014 an die Betriebe der Stadt Mül- 1987 auch rechtsseitig mit Klapptrittstu- heim an der Ruhr verkauft und dort als fen ausgestattet, um einen freizügigen 268 und 269 bezeichnet. Für weitere Einsatz zu ermöglichen. Die Wagen 1132 Fahrzeuge des Typs M8S interessieren bis 1135 (= 1177 bis 1180) und 1171 bis sich die Verkehrsbetriebe im rumäni- 1175 sowie der Wagen 1176 erhielten die- schen Arad; ob diese tatsächlich dorthin se Klapptrittstufen direkt beidseitig. gelangen werden liegt nicht zuletzt an der Finanzierungsfrage, die in Zusam- Die letzte Serie von Stadtbahnwagen menarbeit von EVAG und CTP (Arad) M8C wurde im Jahre 1989/90 unter den aber zurzeit verhandelt wird. Nummern 1401 bis 1415 beschafft. Hier kam eine microprozessor-gesteuerte 5. Die Niederflurwagen Chopper-Steuerung in GTO-Technik M8D-NF zur Anwendung. Auch äußerlich unter- scheiden sie sich durch eine geänderte Im Zuge der Modernisierung des Schie- Fensterteilung von den übrigen Stadt- nenfahrzeugparks und insbesondere im bahnwagen M. Durch eine geänderte Hinblick auf eine Attraktivitätssteige- Sitzanordnung im Mittelteil konnten rung der öffentlichen Verkehrsmittel anstelle von 54 nun 57 Fahrgastsitzplät- hat seit etwa Mitte der 80er Jahre die ze eingebaut werden. Die Serie 1401 bis Niederflurtechnik Einzug gehalten. 1415 besitzt keine Klapptrittstufen für Galt dieses ursprünglich vor allem den Hochbahnsteige, ein Umbau ist aber Omnibussen, so erreichte diese Technik konstruktionsmäßig berücksichtigt. in der Folgezeit auch die Straßenbahn. Die Vorreiterrolle im mittleren Ruhrge- Seit 1985 werden alle Stadtbahnwagen biet übernahm im Jahre 1992 die Bo- M freizügig auf allen Essener Straßen- chum-Gelsenkirchener Straßen- bahnlinien eingesetzt und bilden auch bahnen-AG, die insgesamt 42 dreiteilige heute noch mit 72 anstelle ursprünglich Meterspur-Gelenktriebwagen in Zwei- 76 Einheiten den Großteil der Fahrzeug- richtungsbauart beschaffte. Seit 1996 flotte. Mit Umstellung der Straßenbahn- setzen auch die Betriebe der Stadt Mül- linien 103, 105 und 109 auf Niederflur- heim an der Ruhr vier und die Stadtwer- wagen wird aber der Einsatzbedarf lang- ke Oberhausen sechs baugleiche sam geringer; während die Wagen der Fahrzeuge ein. Diese Niederflurwagen Reihe 1100 mit IBIS-Anlagen ausgestat- besitzen Triebdrehgestelle unter den tet werden, gehören die Triebwagen der Endwagen und Einzelradlaufwerke in Reihe 1000 inzwischen zur Auslaufserie. den Mittelwagen. Diese Technik bringt Bereits im Jahre 2000 wurden die Wagen hinsichtlich Laufruhe und Verschleiß- 1001 und 1002 nach größeren techni- verhalten aber nicht nur Vorteile. Auf schen Defekten als Ersatzteilspender diesen Erfahrungen basierend ent- benutzt und anschließend verschrottet. schloss sich die Essener Verkehrs-AG Im Februar 2002 wurden die Wagen 1010 die Fahrzeugkonzeption auf ein reines

Typenzeichnung eines Niederflurtriebwagens der Reihe 1501-1534 (EVAG)

90 STERNFAHRT Nr. 35 (Alle Aufnahmen: Marcus Lehmann, Januar 2002) Links: Triebwagen 1503 befährt alsRechts: Linie Am 109 selben bei Tag heftigem fährt Schneetreiben Triebwagen die 1516 Tunnelrampe als Varnhorststraße Linie in 103 Richtung von Steele der (S). Ausstiegshaltestelle Volkshochschule zum Betriebshof Stadtmitte. Links: Innenraum eines Niederlurwagens vomRechts: Typ Fahrerstand M8DNF; des man M8DNF beachte die farbenfrohe Gestaltung.

STERNFAHRT Nr. 35 91 Drehgestellfahrzeug zu konzentrieren. Fahrgastinformationssysteme zur An- Die Entwicklung mündete im als Stadt- wendung. Die Doppelverglasung der bahnwagen M8D-NF bezeichneten drei- Seitenscheiben und eine leistungsstar- teiligen Zweirichtungs-Gelenktriebwa- ke Heizungs- und Belüftungsanlage sor- gen, der über vier Drehgestelle verfügt. gen für beschlagfreie Scheiben auch bei Die Lieferbedingungen bezogen sich auf Nässe. eine Serie von zwölf Fahrzeugen mit ei- ner Option auf weitere 22 Einheiten. Der großzügig verglaste, klimatisierte Erstmalig ging der Auftrag an ein Fir- Fahrerraum ist mit einer eigenen Au- menkonsortium, dem die DUEWAG, die ßentür ausgestattet, die Armaturenan- zu dieser Zeit bereits im Siemens- Kon- ordnung erfolgt nach modernsten zern aufgegangen war, nicht angehörte; ergonomischen Gesichtspunkten. Über zum Zuge kam die damalige Deutsche ein Diagnoseterminal werden dem Fahr- Waggonbau AG (DWA) in Bautzen, in- personal eventuelle Fehlfunktionen zwischen zum Bombardier-Konzern ge- und gegebenenfalls auch entsprechen- hörend, mit einer elektrischen Aus- de Hilfshandlungen angezeigt. rüstung von Adtranz. Die niederflurige Bauart bedingt die An- Im Sommer 1999 wurde der erste Wagen ordnung der Antriebselektronik und der mit der Ordnungsnummer 1501 ausge- Hilfsbetriebe auf dem Wagendach in Ge- liefert, bis Herbst 2001 folgten 33 weitere rätecontainern. Die vier wassergekühl- Fahrzeuge, da die Lieferoption für die 22 ten Drehstrom-Asynchronfahrmotoren weiteren Triebwagen noch in der Lie- verfügen über je 95 kW Dauerleistung; ferphase der ersten Serie eingelöst wur- jeder Motor wird über einen eigenen de. Somit umfasst die Reihe die Wechselrichter in IGBT-Bauart mit zu- Einheiten 1501 bis 1534. Die Inbetrieb- gehörigem Antriebsleitgerät selektiv nahme gestaltete sich problemlos, und angesteuert. Der Raddurchmesser be- die Kinderkrankheiten konnten schon trägt einheitlich 590 mm im Neuzu- während der Lieferzeit ausgemerzt wer- stand. Jedes Drehgestell ist mit zwei den. Magnetschienenbremsen ausgerüstet. Die Höchstgeschwindigkeit ist elektro- Der 28,0 Meter lange Wagenkasten ist als nisch auf 60 km/h abgeregelt. Schweißkonstruktion in selbsttragen- der Leichtbauweise ausgeführt, der Auf- Um einen freizügigen Einsatz zu ge- bau in Edelstahl. Die Seitenfenster mit währleisten, ist das Lichtraumprofil Klappoberlichtern sind bündig einge- dem der Stadtbahnwagen M8 angegli- klebt, um ein optimale Reinigungswir- chen. Um einen möglichst ebenerdigen kung in der Waschanlage zu erzielen. Einstieg an den Tunnelbahnsteigen zu Die Gelenkübergänge sind mit unver- ermöglichen, wurden die Gleise in den kleideten Faltenbälgen abgedichtet. Für Bahnhöfen Porscheplatz, Rheinischer einen schnellen Fahrgastwechsel kom- Platz und Berliner Platz angehoben; men auf jeder Wagenseite drei elektro- durch diese Maßnahme entfielen in die- motorisch betätigte Außenschwenk- sen Bereichen die Fahrwegelemente für Schiebetüren zur Anwendung, die sich den DUO-Spurbus. Die Bahnsteighöhe im niederflurigen Bereich befinden; der beträgt nunmehr 22 cm. Fußboden im Einstiegsbereich ist be- heizt, um bei Nässe und Frost die Der Einsatz der Stadtbahnwagen Rutschgefahr zu verringern. Im Fahr- M8DNF erfolgte anfangs auf der Linie gastraum sind 70 gepolsterte Sitzplätze 109; im Juli 2000 war auch der Stre- in Abteilform angeordnet. Im Innen- ckenverlauf der Linie 103 angeglichen, raum kommen optische und akustische so dass auch diese Linie mit den Nieder-

92 STERNFAHRT Nr. 35 flurwagen bestückt werden konnte. Im triebwagen mit Allachsantrieb sein, des- Frühjahr 2001 begann der Einsatz dieser sen Wagenkastenlängen auf jeweils 18 Wagenserie auch auf der Linie 105. Hier m festgelegt wurden. Die Stromzufüh- war auch ein Einsatz der morgendlichen rung war über eine seitliche Stromschie- E-Wagen in Doppeltraktion angedacht, ne vorgesehen. Entsprechend den ge- der jedoch nicht praktiziert wurde. planten Bahnhofslängen waren maxi- male Zugverbände von drei Doppel- 6. Der geplante triebwagen geplant. Ursprünglich Stadtbahnwagen A wurde auch über eine erste und zweite Wagenklasse nachgedacht. Da die ge- Ab Sommer 1969 wurde mit der Ent- planten Einsatzstrecken vom Straßen- wicklung des künftigen Stadtbahnfahr- verkehr unabhängig sein sollten, waren zeuges begonnen. Auf der Ausstellung die Fahrzeuge für vollautomatischen „Schiene und Straße“, die im September Zugverkehr vorzusehen. Eine Bestel- 1970 in Essen stattfand, sollte ein Modell lung der ersten Fahrzeuge war nun für des zukünftigen Wagentyps vorgestellt das erste Halbjahr 1973 vorgesehen, die werden. Der Zeitplan sah die Ausliefe- 1975 ausgeliefert werden sollte, um den rung des ersten fahrbereiten Doppel- Versuchsbetrieb beginnen zu können. triebwagens für Januar 1971 vor, der ab Herbst 1971 erprobt werden sollte. Da der Stadtbahnwagen A für das Stadt- Schon die erste Phase der Planungen bahnnetz Rhein-Sieg als ungeeignet an- zeigte aber Diskrepanzen zwischen den gesehen wurde, weil er die Kölner politischen Zeitvorstellungen und den innerstädtischen Tunnelstrecken nicht tatsächlichen Zeitabläufen auf. Im Som- befahren konnte, entwickelte man für mer 1970 wurde vom Verkehrsministeri- das dortige Netz den Stadtbahnwagen um des Landes Nordrhein-Westfalen der „Kölner Bauart“, der im Jahre 1971 vom Entwicklungsauftrag für einen Land NRW als mit den Stadtbahn- „Schnellverkehrs-Stadtbahnwagen“ er- Richtlinien vereinbar anerkannt wurde. teilt. Die Grundabmessungen entspra- Die Weiterentwicklung wurde von nun chen in etwa denen der Großprofilwagen an auch mit Landesmitteln gefördert der Berliner U-Bahn. Die Breite wurde und unterstützt. Im Herbst 1971 konn- auf 2,65 m festgelegt, um die in verschie- ten die ersten drei Prototypen - zwei für denen Städten an Rhein und Ruhr zu je- Köln und einer für Bonn - bei der Wag- ner Zeit schon in Bau befindlichen gonfabrik Uerdingen AG, Werk Düssel- Tunnelanlagen baldmöglichst befahren dorf, und der Arbeitsgemeinschaft Sie- zu können. Die Länge sollte 36,5 Meter mens/Kiepe in Auftrag gegeben werden. betragen. Im Jahre 1973 wurden die drei Prototy- Der für die Stadtbahn Rhein-Ruhr be- pen fertiggestellt und ausgeliefert. Wäh- stimmte Wagentyp sollte ein Doppel- rend nun die ersten Stadtbahnwagen

Typenentwurfszeichnungzeichnungen des geplanten Stadtbahnwagen Typ A Links der Enwurf der Entwicklungsgemeinschaft DÜWAG/MBB rechts der von MAN/LHB/O&K

STERNFAHRT Nr. 35 93 „Kölner Bauart“ ausgeliefert waren, nicht mehr um eine Bauart ausschließ- konnte die Stadtbahn Rhein-Ruhr im- lich für die Region Köln - Bonn handelte mer noch kein Fahrzeug vorweisen. Vie- wurde zur Unterscheidung zum Stadt- lerlei Gründe führten zu neuerlichen bahnwagen A dieser Typ von nun an Systemdiskussionen im Bereich Rhein- auch als Stadtbahnwagen B bezeichnet. Ruhr, die sich auch auf die Fahrzeug- konzeption auswirkten. Diese Verzöge- Die Weiterentwicklung des Stadtbahn- rungen führten zu der prekären wagens A wurde für das Ruhrgebiet Situation, dass für die Modellstrecke Es- nicht weiter verfolgt. Ein Wagentyp, der sen - Mülheim zur vorgesehenen Auf- gewissermaßen als konzeptionelle Wei- nahme des Probebetriebes im Herbst terentwicklung angesehen werden 1976 keine Fahrzeuge zur Verfügung ge- kann, ist der Stadtbahnwagen für das standen hätten. Im September 1973 wur- ausgebaute Stadtbahnnetz in Stuttgart, den daher die entsprechenden Städte im der jedoch als DT8 bezeichnet wird und Ruhrgebiet aufgefordert, Untersuchun- sich dort in der mittlerweile 10. Bause- gen über die Einsatzmöglichkeit des rie, wovon die drei Prototypen als Serie Stadtbahnwagen „Kölner Bauart“ DT8.1, DT8.2 und DT8.3 typisiert wur- durchzuführen. In diese Überlegungen den, sehr bewährt hat. wurde auch der Berliner U-Bahntyp F74 einbezogen, der dann in 14 Zügen hätte 7. Der Stadtbahnwagen B leihweise beschafft und später nach Ber- (Kölner Bauart) lin zurückgegeben werden sollen. Eine Untersuchung gelangte zu dem Ergeb- Die Konzeption des Stadtbahnwagens nis, dass Fahrzeuge mit Seitenstrom- sah vor, den Wagentyp unter Beachtung schiene wenig dazu geeignet wären, der BOStrab auch auf straßenabhängi- während der Aufbauphase des Stadt- gen Strecken betreiben zu können; hier- bahnnetzes einerseits eine Leistungs- für wurde die Ausrüstung mit Dach- steigerung sicherzustellen und anderer- stromabnehmer notwendig, ein Betrieb seits einen Übergang in das übrige Netz mit seitlicher Stromschiene sollte aber zu ermöglichen. Darüber hinaus führte weiterhin möglich sein. Ein Befahren ein Vergleich beim Einsatz von Stadt- von Gleisradien von 25 Metern sollte bahn- wagen A und F74 mit dem Stadt- ebenso wie der Einstieg an verschiede- bahnwagen „Kölner Bauart“ für nen Bahnsteighöhen vorgesehen wer- letzteren zu erheblichen Netz-, Zeit- und den. Die Konstruktion sollte auch Kostenvorteilen sowie Vorteilen betrieb- Wirtschaftlichkeit, Attraktivität und licher Art. Die Wahl des Kölner Typs hohe Reisegeschwindigkeit maßgeblich würde im übrigen die Möglichkeiten ei- berücksichtigen. ner späteren Netzerweiterung durch sei- ne Stromabnahme aus der Oberleitung Der Stadtbahnwagen B ist im Zeitraum und seine Bremseigenschaften zur Teil- von 1973 bis 1998 gebaut worden, wobei nahme am Straßenverkehr erheblich hier zwei Generationen entstanden sind; vereinfachen. In umfangreichen Ge- äußerlich fallen die Wagen der zweiten sprächen zwischen dem Land, den be- Generation durch die einteilige Front- troffenen Städten, den Verkehrsbe- scheibe und die erheblich vergrößerten trieben und der Stadtbahngesellschaft Linien- und Fahrtzielanzeigen auf. Rhein-Ruhr wurde versucht eine einver- nehmlichen Regelung der Fahrzeugent- Wir werden uns aus Platzgründen im scheidung zu treffen, die schließlich Weiteren nur auf die Stadtbahnwagen B darin gipfelte, auch für das Rhein- Ruhr- der Essener Verkehrs-AG und der Be- gebiet den Stadtbahnwagen „Kölner triebe der Stadt Mülheim an der Ruhr Bauart“ zu beschaffen. Da es sich nun beschränken. Die Einbeziehung der

94 STERNFAHRT Nr. 35 Mülheimer Fahrzeuge ist sinnvoll, da was zur Typenbezeichnung B100S führ- diese von Anfang an im Mischbetrieb te. Die Essener und Mülheimer Fahr- mit Essener Fahrzeuge freizügig einge- zeuge waren vollkommen gleich aus- setzt werden und darüber hinaus auch geführt. Auf jeder Wagenseite kommen von der Essener Verkehrs-AG gewartet elektropneumatische Außenschwenk- und untersucht werden. Schiebetüren zur Anwendung und zwar an den Wagenenden einflügelig, anson- Der Schnellverkehrs-Stadtbahnwagen sten doppelflügelig. Zum Einstieg auch B ist eine geschweißte Stahlleichtbau- an niedrigen Bahnsteigen sind Klapp- Konstruktion. Der Triebwagen hat eine trittstufen sowie eine ausfahrbare Länge von 28,0 Metern - gemessen über Schwenkstufe vorhanden, so dass sich Kupplung - und eine Breite von 2,65 Me- ein dreistufiger Einstieg ergibt. Im tern. Das Zweirichtungsfahrzeug be- Fahrgastraum sind 72 gepolsterte Fahr- steht aus zwei im Wesentlichen gastsitzplätze vorhanden, die abgese- baugleichen Wagenkastenhälften, die hen von den Längssitzen an den Gelenk- durch das aus dem Straßenbahnbau be- portalen in Abteilform angeordnet sind. kannte DÜWAG-Gelenk mit Jacobs- drehgestell miteinander verbunden Im Jahre 1978 erhielt die EVAG acht wei- sind. Der Achsstand in den luftgefeder- tere Stadtbahnwagen B100S, die jedoch ten Drehgestellen beträgt einheitlich anstelle der wartungsintensiven Schie- 2.100 mm; die beiden Triebdrehgestelle betüren nun die bewährten DÜWAG- verfügen über je einen Reihenschluss- Falttüren erhielten und unter den Wa- motor von 235 kW Leistung, der beide gennummern 5021 bis 5028 in Betrieb Achsen antreibt. Das mittlere Drehge- genommen wurden. Der Triebwagen stell ist als gebremstes Laufgestell aus- 5027 wurde 1978 an die Düsseldorfer Fir- geführt. ma Rhein-Consult abgegeben, die im Entwicklungs- und Beratungsbereich Die Stadtbahnwagen B der ersten für Verkehrsunternehmen tätig ist. Der Generation: Wagen wurde dann im Düsseldorfer und Duisburger Bereich als Testfahrzeug Im Jahre 1976 wurde die erste Bauserie und später auch in Dortmund für Meß- für den Stadtbahnbereich Essen - Mül- zwecke eingesetzt. Im Jahre 1988 wurde heim ausgeliefert, wobei die Einheiten der Triebwagen dort nicht mehr für Pro- 5001 bis 5011 der Essener Verkehrs-AG, bezwecke benötigt und daher von der die Einheiten 5012 bis 5016 den Betrie- EVAG zurückgekauft und unter der ben der Stadt Mülheim an der Ruhr Nummer 5128 eingereiht. (BtMH) zugeteilt wurden. Die Fahrzeu- ge besaßen eine Schaltwerksteuerung Für den Einsatz auf der Linie U17 wur- von Kiepe und waren für eine Höchstge- den die Wagen 5009 bis 5011 und 5021 bis schwindigkeit von 100 km/h ausgelegt, 5026 und 5028 mit Fahrscheinentwer-

Typenzeichnung eines Stadtbahnwagen B der ersten Generation mit Schwenkschiebetüren

STERNFAHRT Nr. 35 95 Oben: Armaturenbrett eines B-Wagens der ersten Generation. Deutlich erkennbar ist das nach- träglich eingebaute IBIS-Terminal. (Aufnahme: Christian Trockel) Unten: Mit der seinerzeit typischen Reklame für das Rhein-Ruhr-Zentrum wartet der Mülheimer Wagen 5013 im Bahnhof Heißen Kirche auf seine Abfahrt nach Essen (Aufnahme.: R. Riefenstahl)

96 STERNFAHRT Nr. 35 tern und induktiver Meldungsübertra- sowohl die weiß-rote Lackierung tragen, gung ausgerüstet und in 5101 bis 5103 als auch noch mit den Einzeltüren an und 5121 bis 5127 umnummeriert. Die den Wagenenden ausgestattet sind. Ausstattung auch der übrigen Essener und auch Mülheimer Fahrzeuge mit die- Mit Einführung des Integrierten Bord- sen Anlagen erfolgte später, um auch informationssystems (IBIS) wurden die weiterhin einen freizügigen Einsatz zu Triebwagen 5012 bis 5016 sowie 5101, ermöglichen. Bis Mitte der 80er Jahre 5103, 5105 bis 5107, 5109 bis 5111 und wurde bei allen Essener Wagen die 5121 bis 5128 mit entsprechenden Anla- Schaltwerksteuerung durch eine ener- gen ausgerüstet; ein Mischbetrieb mit giesparende BBC-Gleichstromsteller- Fahrzeugen ohne IBIS -Ausstattung ist Steuerung ersetzt, so dass die Wagen im Linienverkehr nicht möglich, da der 5001 bis 5008 in 5101(II) bis 5108 und die Datenaustausch für die Fahrgastinfor- Wagen 5101(I) bis 5103(I) in 5109 bis 5111 mation und die Entwertersteuerung zwi- umnummeriert wurden. Ihre Bauartbe- schen den einzelnen Wagen aufgrund zeichnung wurde sinngemäß in B80C der unterschiedlichen Technologien umgeändert. Die ursprüngliche weiß- nicht möglich ist. rote Lackierung wurde ab 1994 sukzessi- ve in die aktuelle CityExpress Lackie- Die Stadtbahnwagen B der zweiten rung des Verkehrsverbundes Rhein- Generation: Ruhr umgeändert, die Wagen 5109 bis 5111 tragen inzwischen das aktuelle Die Stadtbahnwagen B der zweiten Ge- Farbschema der EVAG in ginstergelb neration unterscheiden sich schon äu- mit dem bekannten Powerstripe. Eben- ßerlich von denen der ersten falls umlackiert in das CityExpress- De- Generation; auffällig ist hier die einteili- sign wurden die Mülheimer Fahrzeuge ge Frontscheibe mit wesentlich vergrö- 5012 bis 5016, wobei der Wagen 5015 in- ßerten Zielanzeigen und der Wegfall der zwischen eine Lackierung in der Mül- Einzeltüren an den Wagenenden, die ei- heimer Hausfarbe gelb mit schwarzen nen erheblich geräumigeren Fahrer- und weißen Absetzstreifen trägt. Im raum ermöglicht. Im Fahrgastraum Jahre 2001 wurde damit begonnen, die konnten nun 76 gepolsterte Sitzplätze Einzeltüren an den Wagenenden auszu- installiert werden, wobei auch die Bein- bauen und zu verblechen, da diese Tü- freiheit im Bereich zwischen der ersten ren einem zügigen Fahrgastwechsel Doppeltür und der Fahrerkabine groß- eher hinderlich waren. zügiger gestaltet wurde.

Äußerlich im Ursprungszustand präsen- Für die bevorstehende Eröffnung der tieren sich im Juni 2002 nur noch die dritten Essener Stadtbahnlinie - die Li- Stadtbahnwagen 5105 und 5128, da sie nie U11 zwischen Grugastadion und

Typenzeichnungen eines Stadtbahnwagen B der zweiten Generation mit Falttüren (EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 97 Berliner Platz - im Juni 1986, lieferte die ten Ausland Ausschau gehalten wurde. DÜWAG im Herbst 1985 fünf Stadtbahn- Fündig wurde man schließlich in Lon- wagen B80C an die Essener Ver- don bei der Docklands Light Railway kehrs-AG sowie zwei Einheiten B80S an (DLR), die ihre erste im Jahre 1986 für die Betriebe der Stadt Mülheim an der das dort neu entstandene Stadtbahn- Ruhr. Während die Essener Wagen - un- netz von der deutschen Firma Linke- ter den Ordnungsnummern 5141 bis Hofmann-Busch (LHB) in Salzgitter ge- 5145 in Dienst gestellt, mit einer BBC- baute Serie von 11 Fahrzeugen des Typs Choppersteuerung und Falttüren ausge- “P86” zum Verkauf stellte. Sie waren stattet wurden, schloss sich die Mülhei- von den Grundmaßen den Stadtbahn- mer Serie an eine Kölner Lieferung an, wagen B sehr ähnlich. Eine eingehende so dass hier wieder eine Schaltwerk- Überprüfung ergab, dass sich diese steuerung und Schwenk- Schiebetüren Triebwagen nach entsprechenden zum Einbau kamen, wobei die Schalt- durchaus umfangreichen Umbauarbei- werksteuerung aus Kostengründen von ten für die Essener Verhält- nisse adap- auf Chopper-Steuerung umgebauten tieren ließen, so dass eine Neube- Essener Fahrzeugen stammte. Die bei- schaffung von Stadtbahnwagen B nicht den Mülheimer Einheiten trugen bei der mehr in Betracht gezogen wurde. Lieferung die Ordnungsnummern 5131 und 5132, die jedoch bald darauf konse- Die ersten Stadtbahnwagen B von quenterweise in 5031 und 5032 abgeän- EVAG und BtMH haben inzwischen dert wurden, da die Serie 5100 den Stadt- eine zuverlässige Einsatzdauer von über bahnwagen B mit Chopper-Steuerung 25 Jahren hinter sich gebracht. Die Fahr- vorbehalten war. Anfänglich wurden zeuge präsentieren sich nach wie vor in diese sieben Fahrzeuge mit denen der einem sehr guten Erhaltungszustand, ersten Generation freizügig im Zugver- zumal auch hier immer wieder techni- band eingesetzt. Während die Mülhei- sche Umbauten auf den jeweils aktuel- mer Wagen heute mit IBIS ausgestattet len Stand erfolgt sind. Inwieweit es hier sind, besitzen die Essener Einheiten in mittelfristigem Zeitrahmen zu Neu- auch heute noch die ursprüngliche beschaffungen kommen wird, ist noch Technik, so dass ein Einsatz im Zugver- nicht absehbar, doch bleibt anzumer- band nur noch untereinander bzw. mit ken, dass im Frühjahr 2002 ein - maß- den Wagen 5102, 5104 und 5108 möglich geblich von den Kölner und Bonner Ver- ist. Bis auf den Wagen 5031, der eine kehrsbetrieben mitentwickelter - hoch- Ganzreklame trägt, sind die Wagen 5032 fluriger Stadtbahnwagen vorgestellt und 5141 bis 5145 noch in den ursprüng- wurde, der vom Hersteller Bombardier lichen Farben weiß-rot lackiert. unter der Typenbezeichnung K5000 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde und be- Eine Nachbestellung von Stadtbahnwa- reits von den oben genannten Verkehrs- gen B für den weiteren Ausbau des nor- betrieben in größeren Stückzahlen als malspurigen Stadtbahnnetzes wurde zu B-Wagen-Ersatz bzw. als Wagenparker- Beginn der 90er Jahre angedacht; da gänzung bestellt wurde. eine Kleinserie von etwa 10 Fahrzeugen jedoch ein erheblich überhöhtes Investi- 8. Die Stadtbahnwagen tionsvolumen erfordert hätte, wurde P86 und P89 auch nach anderen Möglichkeiten - also der Beschaffung von entsprechenden Wie schon geschildert, zeichnete sich Gebrauchtfahrzeugen - gesucht. Auf ein Mehrbedarf an Stadtbahnwagen B dem deutschen Nahverkehrssektor war zur Inbetriebnahme der Nordstrecke hier aber kein entsprechendes Potenzial von der Universität über Altenessen bis vorhanden, so dass auch im benachbar- Gelsenkirchen-Horst, eingeplant für

98 STERNFAHRT Nr. 35 Typenzeichnung eines Stadtbahnwagen P86 der Reihe 5201 bis 5211 (EVAG) Mitte der 90er Jahre - ab. Hierfür erwarb rüstet sind. Trotz dieser Unterschiede die EVAG elf Stadtbahnwagen vom Typ traf in der Nacht zum 19. November 1991 P86 der DLR, die dort aus verschiedenen der Wagen 11 nach Straßen- und See- Gründen abkömmlich waren und dort transport an der Hauptwerkstatt Schwe- nur fünf Jahre im Einsatz waren. Dem riner Straße ein. Die Anlieferung der Kauf waren umfangreiche Prüfungen übrigen zehn Wagen der Reihe 1 bis 11 vorangegangen, inwieweit ein Umbau erfolgte dann bis 1994. Die Einheiten, auf Essener Verhältnisse aus Kapazi- die nicht sofort zum Umbau gelangten, täts- und Kostengründen überhaupt ver- wurden in der unterirdischen Abstellan- tretbar wäre. Immerhin muss hier lage am Grugastadion hinterstellt. berücksichtigt werden, dass auf den er- sten Blick kaum Übereinstimmungen Der Umbau des ersten Fahrzeuges im Hinblick auf die technische und be- nahm etwa drei Jahre in Anspruch, wo- triebliche Konzeption mit dem Stadt- bei zu berücksichtigen ist, dass die kom- bahnwagen B vorhanden sind. Der plette Planung und der gesamte Umbau zweite Blick lässt aber doch maßgebli- in der Hauptwerkstatt der EVAG erfolg- che Parallelen erkennen; allein schon ten. Lediglich die Konstruktionsarbei- das Wagenprofil entspricht in den we- ten für die am Drehgestell erforder- sentlichen Punkten der zweiten Genera- lichen Anbauten führte die LHB durch. tion des B-Wagens, wenn man einmal von der abweichenden Türanordnung Der Umbau der Triebwagen P86 gestal- absieht. Auch die Stadtbahnwagen vom tete sich folgendermaßen: Typ P86 - die Typenbezeichnung ergibt Der gesamte Aufbau wurde vollständig sich aus der Stationierung im Betriebs- entkernt und die niederspannungsseiti- hof Poplar der DLR und dem Baujahr ge Verkabelung nahezu völlig entfernt; 1986 - sind in geschweißter Stahlleicht- ebenfalls demontiert wurden die Dreh- bauweise konstruiert und weisen u.a. gestelle. Nach Abschluss dieser Arbei- luftgefederte Drehgestelle auf. In Lon- ten konnte damit begonnen werden, don waren die Fahrzeuge im automati- verglaste Fahrerräume samt Armatu- schen Betrieb mit Zugbegleiter, der als rentafeln und Schaltschränken einzu- sogenannter Traincaptain eher als Ser- bauen und die Innenraumverkabelung vicepersonal fungierte, eingesetzt und den neuen Gegebenheiten anzupassen. besaßen daher nur Hilfsfahrerstände für Entsprechend den deutschen Vorschrif- Rangierfahrten bzw. Fahrten im Stö- ten wurde auch die Türsteuerung- und rungsfall der automatischen Betriebs- Überwachung neu eingebaut. Zeitgleich führung. Die Stromversorgung erfolgte wurden die Drehgestelle überholt und über seitliche Stromschienen, so dass mit elektromagnetischen Schienen- ein Dachstromabnehmer nicht vorgese- bremsen versehen. Ebenfalls umgebaut hen war; ebenfalls nicht vorhanden wa- wurde der Dachbereich, um einen elek- ren Klapptrittstufen, da sämtliche tromotorisch betätigten Einholm- Bahnhöfe mit Hochbahnsteigen ausge- Stromabnehmer montieren zu können.

STERNFAHRT Nr. 35 99 Oben: Innenansicht eines Stadtbahnwagens vom Typ P89 (Aufnahme: Christian Trockel) Unten: Docklands-Triebwagen vom Typ P86 in der Abstellanlage Bw-Wickenburg (Aufnahme: Klaus Drößler, September 1994)

100 STERNFAHRT Nr. 35 Der Fahrgastraum präsentiert sich nach die Fachkompetenz der Hauptwerkstatt dem Zusammenbau optisch nahezu im der EVAG offenbart und diente darüber Originalzustand; so wurden zum Bei- hinaus in erheblichem Maße auch der spiel die Fahrgastsitzplätze wieder ab- Arbeitsplatzsicherung. wechselnd mit rotem und blauem Woll- plüsch bezogen und auch der genoppte Aufbauend auf den positiven Erfahrun- blaue Fußbodenbelag wurde beibehal- gen beim Umbau der Serie P86 und im ten. Die abschließende Neulackierung Hinblick auf den weiter steigenden Be- des Wagenkastens wurde wieder im ur- darf an normalspurigen Triebwagen sprünglichen Lackschema in blau-rot wurde im Oktober 1996 mit der DLR ein mit weißen Zierstreifen vorgenommen. Kaufvertrag über zehn weitere Wagen - Im Herbst 1994 erfolgte die feierliche In- die Serie 12 bis 21 - vom Typ P89 unter- betriebnahme der ersten beiden Trieb- zeichnet. Diese Wagen wurden im Ge- wagen; im Rahmen eines Tages der gensatz zur Serie P86 in LHB-Lizenz in offenen Tür wurden die Einheiten 5206 England gebaut. Äußerlich unterschei- und 5211 der Öffentlichkeit präsentiert. den sie sich durch eine geänderte Fen- Im Zuge des Serienumbaues kam es steranordnung, bedingt durch die vier noch zu geringfügigen Änderungen, um einflügeligen Taschenschiebetüren; die Fahrzeuge noch weiter zu optimie- hierdurch bedingt ist auch eine leicht ren. Als letzter Stadtbahnwagen P86 abgewandelte Innenraumgestaltung. wurde im Februar 1999 der Wagen 5205 fertiggestellt. Auf den Erfahrungen der Serie 5201 bis 5211 aufbauend wurde die Entschei- Auf die gesamte Serie von elf Fahrzeu- dung getroffen, diese Serie mit einer gen umgerechnet ergaben sich Einspa- neuen Antriebssteuerung - anstelle der rungen von über 20 Mio. DM gegenüber GTO-Technik mit nur einem Gleich- einem Neukauf. Die bemerkenswerte stromsteller bei der Serie P86 kommen Leistung, eine komplette Wagenserie in nun zwei Gleichstromsteller in moder- erheblichem Maße in Eigenregie umzu- ner IGBT-Technik zum Einbau - auszu- bauen - bei laufendem Betrieb der übri- rüsten, die eine höhere Zuverlässigkeit gen Aktivitäten der Hauptwerkstatt - ist aufweist und bessere fahrdynamische von der Fachwelt mit teils skeptischem Werte sicherstellt. Der Fahrzeugumbau Interesse verfolgt und abschließend mit wird ansonsten entsprechend der Serie großer Anerkennung honoriert worden. P86 durchgeführt, so dass sich eine aus- Die seinerzeitige in heutigen Zeiten führliche Beschreibung hier erübrigt. nicht mehr selbstverständliche Ent- Der Vereinheitlichung halber werden scheidung, sämtliche Entwicklungs- die Fahrgastsitze nun mit dem bei der und Umbauarbeiten im eigenen Hause EVAG üblichen blauen Stoffbezug im mit eigenem Personal durchzuführen, Graffitidesign bezogen. Auffallend ist hat die Leistungsbereitschaft und auch auch die neue Lackierung in ginstergelb

Typenzeichnung eines Stadtbahnwagen P89 der Reihe 5221 bis 5230 (EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 101 mit schwarzem Fensterband und dem die geeigneteren Systemkomponenten blauen Powerstripe, der vom Dach- bis erproben und weiterentwickeln zu kön- in den Schürzenbereich auflackiert nen. Es waren dies die Wagen 3700 von wird, wodurch die Fahrzeuge ein sehr MAN mit elektrischer Ausrüstung von gefälliges Bild abgeben. Die Einord- Siemens und 3701 von Mercedes-Benz nung erfolgt in die Wagenserie 5221 bis mit elektrischer Ausrüstung von AEG. 5230. Im Herbst 1999 konnte der umge- baute Wagen 5224 in den Probeeinsatz Diese beiden Fahrzeuge wurden im gehen, ihm folgte dann die Einheit 5228, Mischbetrieb mit Straßenbahnen auf so dass dann diese Doppeltraktion auf der eigenen Trasse im Verlauf der Wit- der Linie U11 zum Einsatz gelangte. Bis tenbergstraße zwischen Uhlenkrugsta- Juni 2002 waren sechs Wagen umgebaut dion und Stadtwaldplatz eingesetzt, die und zwar die Triebwagen 5221 bis 5225 eigens hierfür als elektrifizierte Spur- sowie 5228, der Wagen 5230 befindet sich busstrecke ausgeführt wurde und zu- zur Zeit im weit vorgeschrittenen Um- dem für Erprobungszwecke auch mit baustadium. Der Abschluss des Umbau- einer neuartigen Spurbusweiche verse- programms wird sich wohl bis zum hen wurde. Spätherbst 2003 hinziehen. Die Erfahrungen der beiden Prototypen Während die Serie 5201 bis 5211 auf- gipfelten in der Beschaffung von 18 grund der fahrdynamischen Werte nicht DUO-Spurbussen, die in der techni- im öffentlichen Straßenraum eingesetzt schen Grundkonzeption den seinerzeit wird, verkehrt die Serie 5221 bis 5230 aktuellen Standardbussen der zweiten überwiegend auf der Linie U17 zwischen Generation entsprachen. Die Ausliefe- Margarethenhöhe und Gelsenkirchen- rung der als 3711 bis 3728 bezeichneten Horst. Ein Einsatz der Serie P86 mit P89 Wagenserie erstreckte sich von Dezem- im Mischbetrieb ist grundsätzlich mög- ber 1986 bis Mitte 1987. Es handelte sich lich, wird aber betrieblich nicht reali- hierbei um 17,4 Meter lange Gelenkom- siert, so dass die Serie P86 überwiegend nibusse mit einer doppelten Antriebsan- auf der Linie U11 in Doppeltraktion bzw. lage vom Typ Mercedes-Benz O405GTD; auf den morgendlichen Verstärkerkur- einerseits kam der standardmäßige Die- sen der Linie U18 zwischen Wicken- selantrieb mit einem 177 kW-starken burgstraße und Berliner Platz als Ein- Sechszylinder-Reihendieselmotor, an- zelwagen eingesetzt wird. dererseits ein Elektromotor mit eben- falls 177 kW zum Einbau, der aus der 9. Der DUO-Spurbus vom zweipoligen Fahrleitung mit 750 Volt Typ O405GTD Gleichspannung versorgt wurde. Die äu- ßere Gestaltung kann als sehr gelungen Für den bevorstehenden Einsatz des bezeichnet werden, was nicht zuletzt auf Spurbusses auch auf den innerstädti- die aufwändige Lackierung in silber- schen Tunnelstrecken im Mischbetrieb metallic mit gelben und blauen Absetz- mit Straßenbahnen ergab sich der Be- streifen zurückzuführen ist. darf nach entsprechend elektrisch aus- gerüsteten Omnibussen ab, da wegen Zum Fahrplanwechsel am 25. Septem- fehlender Belüftungsanlagen Dieselan- ber 1988 wurden die DUO-Spurbusse auf triebe im Tunnel nicht eingesetzt wer- der Linie 146 eingesetzt und über die den können. Im Vorfeld wurden bereits Tunnelrampen in der Schützenbahn im Jahre 1983 zwei Prototypen be- und in der Varnhorststraße durch den schafft. Es handelt sich hierbei um zwei unterirdischen Bahnhof Porscheplatz Gelenkomnibusse, die mit unterschied- geführt. Für den Betrieb auf der Ost- licher Ausrüstung beschafft wurden, um West-Spange vom Porscheplatz über

102 STERNFAHRT Nr. 35 Rheinischen Platz und Berliner Platz Betätigungsfeld auf der Linie 117 zur Krupp-Hauptverwaltung ab Novem- zwischen Gemarkenplatz und Marga- ber 1991 waren diese Omnibusse für den rethenhöhe; da man den Fahrgästen am Einbau linksseitiger Türen jeweils ge- Gemarkenplatz einen komfortablen genüber der mittleren und hinteren Tür Umstieg am selben Bahnsteig bieten vorbereitet, da hier nur Mittelbahnstei- wollte, fand der Fahrgastwechsel hier an ge zur Anwendung kamen. Diese Falttü- einem linksseitigen Bahnsteig statt, so ren wurden durch die Firma Ludewig dass eine Wiederinbetriebnahme der eingebaut, wobei einige Sitzplätze ent- linksseitigen Türen erfolgte. Mit der In- fallen mussten; die Lackierung wurde betriebnahme der neuen Hochbahnstei- abgeändert, so dass nun die gelben und ge zwischen Gemarkenplatz und blauen Zierstreifen durch einen Orange- Holsterhauser Platz bzw. Halbe Höhe und Rotton ersetzt wurden, die dem De- und der Wiederaufnahme des Linien- sign des VRR-CityExpress entsprachen. verkehrs der U17 zwischen diesen Halte- stellen wurde die provisorische Umstei- Veschiedene technische Unzulänglich- gehaltestelle am Gemarkenplatz abge- keiten am Fahrweg führten nach einiger baut und die Wagen 3711 bis 3728 wur- Zeit zur Herausnahme der Linien CE45 den entbehrlich. und CE47 aus dem Innenstadttunnel, die zum Einsatz dieser Fahrzeuge auch Nach einer kurzen Abstellzeit konnten auf anderen Omnibuslinien führte. Bei die nunmehr am Ende ihrer wirtschaftli- den linksseitigen Türen wurden die chen Nutzungsdauer angelangten Trittschächte provisorisch verschlos- DUO-Spurbusse ausgemustert und ver- sen. Einzig der Wagen 3711 blieb für Pro- kauft werden, womit nicht nur der schon befahrten mit beiden Antriebsarten länger nicht mehr praktizierte Mischbe- vollständig betriebsbereit. Bedingt trieb mit Straßenbahnen, sondern auch durch das relativ hohe Eigengewicht der die Epoche des DUO-Busses in Essen Fahrzeuge durch die zusätzliche elektri- wohl endgültig der Vergangenheit ange- sche Traktionsanlage war die Fahrdyna- hört. mik im Dieselbetrieb nicht sonderlich befriedigend. Der Vollständigkeit halber soll hier kurz auf die interessante Ausstattung der Die vorübergehende Verkürzung der Li- Fahrzeuge mit der für den Tunnelbe- nie U17 auf die Relation Gemarkenplatz trieb erforderlichen Zugsicherungsan- Berliner Platz im Sommer 2000 im Zuge lage eingegangen werden. Genau wie des Streckenumbaus und die Ausrü- die Schienenfahrzeuge waren auch die stung der oberirdischen Haltestellen DUO-Busse mit der in Essen üblichen mit Hochbahnsteigen, brachte einem Zugsicherungsanlage mit magnetischer Teil der DUO-Busse ein neues, letztes Zugbeeinflussung und induktiver Mel-

Typenzeichnung eines DUO-Surbusses (Quelle: Mercedes-Benz)

STERNFAHRT Nr. 35 103 dungsübertragung ausgestattet. Aus magneten installiert, die auf entspre- Platzgründen war hier eine getrennte chende Ortsdetektoren einwirkten, die Anordnung der schaltungstechnischen an den Leitkanten des Spurbus- Fahr- Komponenten im Dachvoutenbereich weges angeordnet waren. Die weitere erforderlich. Der übliche Kennungs- Funktionsweise der Zugsicherungsan- schalter für die Fahrtzielkodierung und lagen ist im Übrigen weitestgehend die Bedieneinrichtung für die magneti- identisch mit der der schienengebunde- sche Fahrsperre waren am Fahrerplatz nen Fahrzeuge, so dass sich eine detail- angeordnet. Das Beeinflussungsrelais - lierte Beschreibung an dieser Stelle besser bekannt unter der eigentlich erübrigt. nicht korrekten Bezeichnung als Fahr- zeugmagnet - war hier im Bereich der 10. Der heutige Schienenfahr- Vorderachse angeordnet. zeugpark der Stadtbahn Bemerkenswert ist die Installation von Essen - Mülheim und des Doppelfahrsperren im Gleisbereich, die Vorlaufbetriebes aus Gründen der Fahrzeuggeometrie seitlich versetzt waren und somit für Der Vollständigkeit halber soll hier noch Schienenfahrzeuge bzw. Busse geson- einmal in kurzer Form der am 1. Juni dert vorhanden waren, jedoch gemein- 2002 verfügbare Schienenfahrzeugbe- sam geschaltet wurden. Um die Be- stand für den Linienverkehr aufgelistet legung der Gleiskreise, bei den Schie- werden, wobei die Mülheimer Stadt- nenfahrzeugen durch den Achskurz- bahnwagen B ebenfalls berücksichtigt schluss realisiert, auch beim Bus werden, da ihr Einsatz freizügig mit Ess- zuverlässig zu verwirklichen, waren am ener Fahrzeugen auf dem gesamten Nachläufer des Omnibusses Freimelde- Streckennetz erfolgt.

Schienenfahrzeugbestand der EVAG zum 1. Juni 2002

An- Ordnungsnummern Baujahr Typ Bemerkungen zahl

15 1003-1008, 1011-1013, 1976 M8S 1015-1020 16 1101-1116 1979 M8C IBIS-Ausrüstung (außer 1101,1115) 26 1151-1166, 1171-1180 1980-1984 M8C IBIS-Ausrüstung (nur 1151-1154, 1161-1163, 1165, 1166, 1175) 15 1401-1415 1989/90 M8C IBIS-Ausrüstung 34 1501-1534 1999-2001 M8DNF IBIS-Ausrüstung

5 5012-5016 1976 B80S IBIS-Ausrüstung, Eigentum der BtMH 2 5031, 5032 1985 B80S IBIS-Ausrüstung, Eigentum der BtMH 11 5101-5111 1976 B80C IBIS-Ausrüstung (außer 5102, 5104, 5108) 8 5121-5128 1978 B80C IBIS-Ausrüstung 5 5141-5145 1985 B80C 11 5201-5211 1986 P86 IBIS-Ausrüstung 10 5221-5230* 1989 P89 IBIS-Ausrüstung

* : Triebwagen 5226, 5227und 5229 zur Zeit im Umbau bzw. Abgestellt zum Umbau

104 STERNFAHRT Nr. 35 Die angewandten Bautechniken

- von Martin RUHNAU -

Der Bau der U-Bahnen in den Weltmetropolen begann teilweise schon am Ende des 19. Jahrhunderts und forderte auch damals schon den Er- findungsgeist der Ingenieure.

n der Regel wurden diese Bauwerke gen Bahnhöfe als große unterirdische in offener Bauweise erstellt, das Bahnhofshallen ausgeführt sind. Iheißt, der meist dem Verlauf von Hauptstraßen folgende Tunnel wurde Beim Bau der Stadtbahn Essen - Mül- von oben her ausgeschachtet, ausgeklei- heim wurde zunächst überwiegend die det und dann wieder abgedeckt und das offene, später die geschlossene Bauwei- Umfeld der Straße wieder hergerichtet. se angewandt, die gegenüber der offe- Dieses Verfahren ist insbesondere von nen Bauweise den großen Vorteil bietet, der ersten deutschen U-Bahn in Berlin dass riesige Baugruben mit allen Nach- bekannt, wo die Tunnelstrecke meist teilen für die Anwohner und die Ver- unter dem Mittelstreifen der Straßen kehrsführung entfallen. Im Innenstadt- verlaufen. Diese Strecken liegen meist bereich, hier sei vor allem an den Be- nur wenige Meter unter der Straßen- reich Essen Hauptbahnhof und Freiheit, oberfläche, was keine aufwändigen aber auch Porscheplatz, Berliner Platz Kunstbauten erforderte und sich somit und Wiener Platz (heute Hirschland- auch in einem relativ kurzen Zeitrah- platz) gedacht, war die geschlossene men realisieren ließ. Augenfällig ist Bauweise nicht möglich, da hier die un- auch die sehr geringe Höhe der U-Bahn- terirdischen Verkehrsanlagen in mehre- höfe, die im Regelfall nicht wie die heuti- ren Ebenen angelegt wurden;

Querschnitt mit schematischer Darstellung des Baugrubenverbaus (Hochtief-Nachrichten)

STERNFAHRT Nr. 35 105 problematisch waren hier die zahlrei- ger Straße sehr deutlich ersichtlich ist, chen Provisorien vor allem für den ober- zu Schäden an Häusern führen, die im irdischen Straßenbahnverkehr, der Extremfall aufgrund der Baufälligkeit großräumig durch andere Straßenzüge bis zum Abbruch führen. Wir wollen hier umgeleitet oder mittels Behelfsbrücken aber nicht zu weit ausschweifen, son- über die offenen Baugruben geführt dern uns dem eigentlichen Thema zu- wurde. Die unterirdischen Strecken im wenden... Essener Innenstadtbereich unterfahren vielfach dicht bebautes Gebiet mit zahl- Wie schon oben angedeutet, wurden die reichen erhaltenswerten Gebäuden, die Bahnhofsanlagen in den Bereichen Por- nicht dem Tunnelbau zum Opfer fallen scheplatz, Berliner Platz und eben dem durften. Hier ist vor allem an die Stre- Hauptbahnhof in offener Bauweise er- ckenäste vom Hauptbahnhof zum Por- richtet. Aufgrund der engen Bebauung scheplatz beziehungsweise zum Hirsch- und der hohen Verkehrsdichte sind die landplatz und weiter zum Berliner Platz sich anschließenden Strecken hingegen gedacht. in geschlossener Bauweise entstanden, namentlich entweder in der bergmänni- In diesem Kapitel soll kurz auf die ver- schen Vortriebsweise oder in Schild- schiedenen Bautechniken eingegangen Bauweise. werden, ohne technische Details zu sehr zu vertiefen. Die Baumaßnahmen stell- Die offene Bauweise ten häufig größte Ansprüche an die In- genieurbaukunst, zumal seinerzeit die Bei der offenen Bauweise wird zunächst Techniken teilweise erstmals ange- die Oberfläche geräumt, dass heißt Stra- wandt wurden und somit auch unvor- ßen, Versorgungs- und Entsorgungslei- hergesehene „Überraschungen“ tungen und Gleisanlagen werden ver- eintraten. Ferner muss bedacht werden, legt, um dann mit dem Ausheben der dass der Essener Untergrund bedingt Baugrube beginnen zu können. Zur Si- durch die früheren Abbautätigkeiten cherung der senkrechten Baugruben- des Steinkohlenbergbaus ständigen wand werden dann senkrechte Veränderungen durch die sogenannten Stahlträger im Abstand von etwa zwei Bergsenkungen unterworfen ist; ein bis drei Metern im Boden verankert. We- Problem, das heute übrigens örtlich im- gen der wechselnden Bodenfestigkei- mer noch aktuell ist und hohe Folgeko- ten, aber auch wegen der Schall- und sten nach sich zieht, die unter Um- Erschütterungsemissionen wurden die ständen, wie im Verlauf der Stoppenber- Träger meist nicht ins Erdreich ge- rammt, sondern in vorgefertigte Bohrlö- cher eingesetzt. Nach dem Einsetzen der Träger werden diese mit festem Material verfüllt. Dann kann das lagenweise Aus- heben der Baugrube beginnen, wobei hier zur gleichzeitig die Ausbohlung mit eingebaut wird; in Fachkreisen spricht man hier von einer Trägerbohlwand.

Eine besondere Erweiterung zur Ausbil- dung der Trägerbohlwand als Baugru- benverbau besteht darin, die großen seitlichen Erddruckkräfte statt über Gebäudeabfangung mit Hilfe von vorgespann- Aussteifungen durch eine rückwärtige ten Schrägstreifen (Hochtief-Nachrichten,1972) Verankerung mit Verpressankern abzu-

106 STERNFAHRT Nr. 35 Bau des Ruhrschnellweges und der U-Bahn in der Kruppstraße im Jahre 1968 Oben in Blickrichtung Bismarckplatz, unten in Richtung Savignystraße (Beide Aunahmen: van Heekern, Archiv EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 107 fangen. Die rückwärtige Verankerung mente gebaut und mit ihnen verbunden mit Verpressankern stellt ein wirtschaft- wird. Lassen der Zustand der Gebäude- liches und auch elegantes Bauverfahren fundamente und die Tragfähigkeit des zur Sicherung von Baugrubenwänden Bodens es zu, dann wird vielfach die ge- dar; es ermöglichte erst die großen tie- schlossene Wand im Unterfangungs- fen Baugruben in der Essener Innen- pfeiler aufgelöst; aus abgeteuften stadt, wie zum Beispiel an der Huyssen- Schächten, die horizontal bis unter die allee und an den Bahnhöfen der großen Fundamente und vertikal bis unter die Knotenpunkte. Eine Besonderheit stellt Baugrubensohle reichen, werden die der sogenannte Essener Verbau dar, bei Unterfangungen hergestellt. Beim der entsprechend der Bodenbeschaffen- U-Bahnbau im Bereich des Hauptbahn- heit kleinere oder größere Böschungen hofes und der angrenzenden Straßen freigelegt und abschnittsweise mit Dop- wurden so ganze Häuserzeilen abgefan- pel-T-Trägern rückverankert werden. gen. Überall dort, wo die Baugrube sehr Diese im Essener U-Bahnbau neu entwi- nahe an die Bebauung reicht, konnten ckelte Verbausicherung ist allerdings die Unterfangungen auch als Baugru- auf Bereiche beschränkt, wo die Platz- benwände genutzt werden. verhältnisse die Ausbildung einer Bö- schung zulassen, die Neigungswinkel Um die Behinderungen durch die offe- von etwa 60 bis 70 Grad erlauben. Prakti- nen Baugruben möglichst minimal zu ziert wurde dieses Verfahren beispiels- halten, werden diese abgedeckt und, weise teilweise im Bereich der Huyssen- wenn auch eingeschränkt, wieder für allee. den Verkehr freigegeben. Diese De- ckelbauweise ermöglicht es, in der abge- Nicht nur Gebäude, unter denen die deckten Baugrube die Arbeiten U-Bahn hindurchfährt, sondern auch in fortzuführen, während an der Oberflä- unmittelbarer Nähe großer und tiefer che der Individual- und auch der Schien- Baugruben sind gefährdet und müssen verkehr aufrechterhalten werden kann. besonders gesichert werden. Hier hilft Insbesondere wenn an der Oberfläche die Methode der Bauwerksunterfan- auch ein Straßenbahnverkehr stattfin- gung, bei der die Bauwerkslasten unter det, müssen aufwändige Hilfsbrücken die Baugrubensohle in tragfähigen Bau- errichtet werden, um die Kräfte und Er- grund abgetragen werden. Als klassi- schütterungen abzuleiten. Diese De- sche Methode gilt hier die vollständige ckelbauweise fand im Bereich der Unterfangung, die taktweise mittels Be- U-Bahnhöfe in der Rüttenscheider Stra- ton in Streifen unter die Gebäudefunda- ße und zwischen Porscheplatz und Vie- hofer Platz statt.

Die geschlossene Bauweise

Neben der beschriebenen offenen Bau- weise kam in Essen vielfach die ge- schlossene Bauweise zur Anwendung, die den großen Vorteil hat, bei entspre- chender Tiefe die Unabhängigkeit von Verkehr und Versorgungsleitungen zu gewährleisten. Außerdem wird manche Trassenführung durch die geschlossene Bauweise überhaupt erst möglich. Bei Querschnitt des Baedeker-Tunnels Bauwerken, für die sowohl eine offene (Hochtief-Nachrichten, 1972) als auch eine geschlossene Bauweise in

108 STERNFAHRT Nr. 35 schädliche Setzungen auftreten. Dieses Verfahren wurde bei der Unterfahrung des Sparkassen-Gebäudes zwischen Hauptbahnhof und dem heutigen Hirschlandplatz angewandt. Die Her- stellung der Rohrschirmdecke erfolgte hier von einem unter der Bebauung vor- getriebenen Vorstollen aus. Mit Hydrau- likpressen wurden dünnwandige Stahl- rohre waagerecht unter der Bebauung vorgetrieben. Gleichzeitig erfolgte der Aushub und die Rohre wurden anschlie- ßend bewehrt und ausbetoniert. Die so hintereinander hergestellten Rohre bildeten einen Rohrschirm, der entwe- der auf den späteren Tunnellängswän- den oder andren Stützwänden abgesetzt wurde. Da es sich hierbei um eine außer- ordentlich aufwändige Bauweise han- delt, wird sie nur selten und bei hohen Sicherheitsanforderungen ausgeführt.

Zu einer interessanten Hilfsbauweise entschloss sich das Essener U-Bahn- Bau des Sondierstollens im Baedeker-Tunnel 1965 (Archiv EVAG) bauamt beim Baulos 17b unter der Rüt- tenscheider Straße. Der Grundwasser- Frage kommt, ist eine unterirdische stand lag dort 1,50 Meter über der Bauweise vor allem dann anzuwenden, geplanten Tunnelfirste. Die Geologie in wenn der Oberflächenverkehr bei einer diesem Bereich ist äußerst setzungs- offenen Bauweise für Abdeckungen der empfindlich und eine ausreichende Ent- Baugrube, für Umleitungen, Straßen- wässerung war daher nicht möglich. bahnbrücken und Fußgängerbrücken Hier kam deshalb der Vereisungsschirm erhebliche zusätzliche Aufwendungen zur Anwendung, bei dem der Boden mit- erfordern würde. In aller Regel ist die ge- tels durch Vorpressrohre eingebrachter schlossene Bauweise mit erheblich ge- Vereisungslanzen eingefroren wird und ringeren Belästigungen für die Umwelt somit ein Eindringen von Grundwasser verbunden als die offene Bauweise. in die darunter entstehende Baugrube verhindert wird. Unter dem Vereisungs- Die Unterfahrung bestehender Bebau- schirm konnte dann der Tunnelvortrieb ung ist insbesondere im Innenstadtbe- erfolgen, der auf etwa 13,5 Meter pro Wo- reich eine nahezu unvermeidliche Bau- che bemessen war. Der Vortrieb wurde aufgabe. Wenn der aufzufahrende Tun- mit einer Teilschnittmaschine ausge- nel sehr oberflächennah liegt und die führt. vorhandene Bebauung sehr setzungs- empfindlich ist, muss eine Überbrü- Die klassischen Tunnelbauweisen beim ckungs- bzw. Unterstützungskon- bergmännischen oberflächennahen struktion gefunden werden; eine solche Auffahren eines Tunnels sind unter an- Unterstützungskonstruktion stellt die derem dadurch gekennzeichnet, dass Rohrschirmdecke dar. Im Schutze einer zur Beherrschung des Gebirges der Aus- solchen Rohrschirmdecke kann dann bruch in Teilen erfolgt. Der Baedeker- der Tunnel freigelegt werden, ohne dass stollen (1964/67) als erstes bergmän-

STERNFAHRT Nr. 35 109 Oben: Baedeker-Tunnel vor dem Schottereinbau (Quelle: Eine Stadt bahnt sich den Weg, Essen 1986) Unten: B-Wagen im fertiggestellten Baedeker-Tunnel in Fahrtrichtung Hauptbahnhof (Aufnahme: Hochtief 1977)

110 STERNFAHRT Nr. 35 nisch ausgeführtes U-Bahnlos im Ruhr- niert. Der Tunnel wird dann aufgewei- gebiet ist gekennzeichnet durch den tet, gesichert und betoniert. Der mittlere Übergang von den klassischen Tunnel- Erdkern wird zur Abstützung genutzt bauweisen zu den neueren und moder- und erst nach dem Ausbetonieren des nen Auffahrmethoden. Durch die restlichen Tunnels ausgebrochen und Anwendung des Spritzbetons wird ein danach die Sohle geschlossen. sattes, hohlraumloses Anschließen der Sicherung erreicht, wodurch eine Ver- Ein mechanisiertes Verfahren zum Auf- bundkonstruktion Gebirge - Beton zum fahren von Tunnels stellt der Messer- Tragen kommt - eine Baumethode, ohne schildvortrieb dar. Messerschilde die der moderne Tunnelbau undenkbar werden in Lockerböden eingesetzt; zur wäre. Gleichzeitig erfolgt der Ausbruch Anwendung kam er beim Baulos 17a un- in Teilquerschnitten, um das Gebirge zu ter der Rüttenscheider Straße. Bei die- beherrschen und die Setzungen gering sem Vortrieb wird das Gebirge mittels zu halten. Messern ausgeschnitten und mittels Förderbändern zur Verladung zum Ab- Nach dem Auffahren eines Sondierstol- transport gebracht; anschließend wird lens wird ein Kalottenvortrieb mit nach- der Tunnel ausbetoniert. folgendem Strossenabbau ausgeführt. Aus dem Sondierstollen heraus wird die Eine weitere Baumethode stellt die Ausweitung der Kalotte vorgenommen; Neue Österreichische Tunnelbaume- nach den erfolgten Ausbruchs- und Si- thode (NÖT) dar, die in Oberflächennnä- cherungsarbeiten der Kalotte wird ein he angewandt wird. Ihre wesentlichen zusätzliches Hilfsgewölbe aus Beton Kennzeichen sind die Schaffung einer eingebaut. Im Schutz dieses betonierten Verbundwirkung zwischen Ausbau und Gewölbes werden nachfolgend die Gebirge durch die dem Ausbruch unmit- Strossen in zwei Abschnitten ausgebro- telbar folgende Sicherung des Hohlrau- chen. Das eigentlich tragende Tunnelge- mes mit Spritzbeton und der stufen- wölbe mit einem aussteifenden weise Vollausbruch mit kurzen Ring- Sohlbalken wird nach Einbau einer Ab- schlusszeiten unter Ausnutzung der dichtung hergestellt. Standzeit des Gebirges. Der von Einbau- ten freie und gesicherte Hohlraum ge- Auch die Kernbauweise gehört zu den stattet den ungehinderten Einbau der klassischen Vortriebsverfahren. Ihre er- Innenschale zu einem späteren Zeit- ste Anwendung in Essen erfolgte bei der punkt. Herstellung der Baulose 12/13 zwischen Burgplatz und Hauptbahnhof. Hier wur- Ziel der NÖT ist, es die Festigkeit des den die Querschnitte in zwei eingleisi- Gebirges soweit wie möglich zu erhalten gen Hauptsträngen, die sich nach Süden und Auflockerungen zu vermeiden. Der zum Hauptbahnhof hin über Tunnelauf- Vortrieb kann hier sowohl im Bagger- weitungen in Doppeltunnel (Baulos 12) als auch im Fräsvortrieb erfolgen, wobei beziehungsweise zwei eingleisige Tun- die Entscheidung vom Aufbau des Ge- nel (Los 13) auflösten, aus vier Start- birges abhängt. Unter der Rüttenschei- schächten aufgefahren. Mit den der Straße kam im Bereich des Verei- Tunneln wurden mehrere große Gebäu- sungsschirmes der Baggervortrieb zur de unterfahren. Es kamen hier sowohl Anwendung, in Richtung Bredeney und Tunnel im Halbkreisprofil als auch im im Bereich Messe/Gruga der Fräsvortrieb. Rechteckprofil zur Anwendung. Bei bei- den Profilen werden mittels Sohlstollen Die NÖT erlaubt in aller Regel bei nor- zuerst die Wandfundamentstollen auf- malen U-Bahntunneln von circa 40 m² gefahren und die Fundamente beto- Querschnittsfläche den Vollausbruch

STERNFAHRT Nr. 35 111 des Querschnitts. Beim Bau des Bahn- Bauloses 30 der Ost-West-Spange, dar. hofs Messe/Gruga mit etwa 180 m² Ge- Hier wird durch einen künstlich erzeug- samtquerschnittsfläche wurde ein ten Überdruck eine Grundwasserabsen- Synchron-Vortrieb in kleineren Auf- kung vermieden. Der Einsatz dieser fahrquerschnitten gewählt. Zuerst wur- Bauweise erfordert einen hohen instal- de der Mittelstollen mit etwa 75 m² lationstechnischen und baubetriebli- Ausbruchquerschnitt geschaffen, der chen Aufwand. Der unter Druckluft dann mit längslaufenden Sohl- und De- stehende abgeschirmte Tunnel ist über ckenriegeln sowie der Mittelstützenrei- Schleusenanlagen für Material, Großge- he versehen wurde. Es schloss sich der räte und Personal zugänglich. Synchronvortrieb der beiden außenlie- genden Großröhren an, und zum Im Streckenbereich B des Bauloses Schluss wurde der Bahnhofsquerschnitt 30/31 wurden die Maschinenfundamen- hergestellt. Beim Bau des Bahnhofs te der damaligen Turbinenfabrik AEG- Martinstraße wurde die Tunnelauffah- Kanis - dem heutigen Musical-Theater rung nach der NÖT in Teilausbrüchen „Colosseum“ unterfahren. In diesem Be- angewandt, wobei erst seitliche Stollen reich kam neben den Streckengleisen aufgefahren werden, die in mehreren auch ein unterirdisches Abstellgleis Schritten zu einer Hauptröhre aufgewei- zum Einbau. Da die üblichen Senkungs- tet wurden und später um die seitlichen einflüsse hier aufgrund der Hallenfun- Röhren verbreitert wurden. damente von AEG-Kanis auf etwa ein Zehntel der normal zu erwartenden Grö- Eine weitere Variante stellt die NÖT un- ßenordnung zu reduzieren waren, kam ter Druckluft, realisiert beim Bau des hier neben der NÖT das Feststoff- Ein-

Vereisungsbaumethode beim Bau des Tunnels in der Rüttenscheider Straße (Baulos 17b) (Quelle: Stadt Essen U-Bahn-Bauamt)

112 STERNFAHRT Nr. 35 press-Verfahren zur Anwendung, bei reduziert. Durch die besonderen Eigen- dem in den feinkörnigen Boden durch schaften dieses Betons werden das an- Einpressen von Bindemitteln der Boden stehende Gebirge und auch der Wasser- planmäßig und gezielt ausgesprengt druck bereits im flüssigen Zustand des und so ein stabilisierendes Feststoffske- Betons zuverlässig gestützt. Durch den lett eingebaut wurde. hohen Druck beim Einbau des Betons kann dieser wie eine hydraulische Pres- Die geologischen Verhältnisse im Ess- se genutzt werden, so dass Auflocker- ener Norden stellten den U-Bahnbau vor ungen und Entspannungen des umge- besondere Probleme. Der hohe Grund- benden Gebirges aus dem Schildvor- wasserstand, die stark wechselnden Hö- trieb zumindest teilweise wieder ausge- hen der einzelnen Bodenschichten und glichen werden. Durch die hierdurch er- Schlammeinlagerungen zwangen dazu, zielte Vorspannung des Bodens wird von den im Essener Süden üblichen gleichzeitig eine innige Verzahnung Baumethoden abzugehen. Beim ersten zwischen Gebirge und der Betonaußen- Teil der Nordstrecke, den Baulosen schale und eine ideale Bettung der Tun- 32/33 (bzw. Baustufe B 7.1 E) zwischen nelröhre erreicht. Dadurch entstehen den Bahnhöfen Universität und Altenes- keine Setzungen beim Einbau der Tun- sen Bahnhof wurden zwei parallel ge- nelauskleidung. führte eingleisige Streckentunnel mit einer Gesamtlänge von 3,4 Kilometern Die Zugabe von Stahl kann die Werk- aufgefahren. Von den hier besonders ge- stoffeigenschaften des Extrudierbetons, eigneten Schildbaumethoden wurde der insbesondere seine Biegezugfestigkeit, erddruckgeschützte Schild mit „Extru- gegenüber Normalbeton deutlich stei- dierbeton“ gewählt, bei dem der in der gern, wie bei der Baustufe B 7.2 E (Bf Al- geschlossenen Arbeitskammer hinter tenessen - Rampe II. Schichtstraße) der Schneidscheibe befindliche gelöste angewandt. Als anschließende Scha- Boden einen stützenden Gegendruck zu lung der Außenschale dienen stählerne den an der Ortsbrust einwirkenden Erd- Bauelemente - die sogenannten Tüb- und Wasserdruck bildet. Der gelöste Bo- bings - auf die dann die endgültige Tun- den wird über mehrere hinter den nelauskleidung aus Beton-Fertigteilen Schneidbalken angeordnete verschließ- eingebracht werden. Verschiedene tech- bare Öffnungen in die Erddruckkam- nische Schwierigkeiten führten beim mer hereingewonnen. Mittels Förder- Bau der Nordstrecke mit diesem Verfah- schnecke wird der Boden aus der Kam- ren allerdings zu einer erheblichen Bau- mer ausgetragen, wobei ein Erdaustrag verzögerung, so dass der Abschnitt von nur bei Überdruck in der Erddruckkam- der Universität zum Altenessener Bahn- mer möglich ist. Setzungen werden hof erst im Mai 1998 und die weitere durch die direkt im Schildschwanz her- Strecke zur Tunnelrampe an der II. gestellte Tunnelauskleidung mit Extru- Schichtstraße erst im September 2001 in dierbeton, der besonders fließfähig ist, Betrieb genommen werden konnte.

STERNFAHRT Nr. 35 113 Die Stromversorgung der Stadtbahn

- von Martin RUHNAU -

Das Streckennetz der Essener Straßenbahnen wurde seit der Eröffnung im Jahre 1893 elektrisch betrieben und aufgrund wachsender Stre- ckenlänge und immer leistungsstärkerer Fahrzeuge kontinuierlich ausgebaut.

rsprünglich betrug die Fahrlei- ßen- und Stadtbahnlinien mit Fahr- tungsspannung 550 Volt. Man be- strom, wobei 10 Anlagen der Stadtbahn- Udenke einmal, dass bei der Eröff- Stromversorgung dienen; es sind dies nung vor über einhundert Jahren im die Gleichrichterwerke: straßenbahneigenen Kraftwerk Grillo- ê Wickenburgstraße (Wis, 1 x 2.500 A) straße eine Kraftwerksleistung von etwa ê 240 Kilowatt zur Verfügung stand, die Hobeisenbrücke (Hob, 2 x 2.500 A) bis 1900 schon auf 2.400 kW angewach- ê Essen Hbf (Ehb, 2 x 2.500 A) sen ist; zum Vergleich betrug diese Lei- ê Berliner Platz (Bpo, 2 x 2.500 A) stung im Jahre 1920 schon 7.800 kW. Der ê Bäuminghausstraße (Bas, 2 x 2.500 A) Kraftwerks-Drehstrom wurde anfäng- lich mittels rotierender Maschinen in ê II. Schichtstraße (Sis, 2 x 2.500 A) den benötigten Gleichstrom umgewan- ê Alte Landstraße (All, 1 x 2.000 A) delt. Mit der Einführung der ersten ê Martinstraße (Mis, 2 x 2.500 A) Quecksilber-Dampfgleichrichter im ê Jahre 1928 begann eine neue Phase der Margarethenhöhe (Mar, 1 x 2.000 A) Stromversorgung. Mit Entwicklung der ê Halbe Höhe (Hal, 1 x 1.500 A) Halbleitertechnik wurden beginnend in Von diesen 10 Gleichrichterwerken die- den sechziger Jahren die Quecksil- nen die Anlagen Essen Hbf und Martin- ber-Dampfgleichrichter durch Anlagen straße auch der Fahrstromversorgung mit Silizium-Dioden ersetzt. des Mischbetriebes mit der meterspuri- gen Strecke zwischen Hauptbahnhof Mit der Einführung der Stadtbahn und und der Tunnelrampe Florastraße. der Inbetriebnahme der U-Bahn- strecken war eine erhebliche Umstruk- Für den meterspurigen Vorlaufbetrieb turierung des Stromversorgungsnetzes sind die vier eigenen Gleichrichterwer- verbunden. So wurden bis 1977 fünf ke U-Bahn-Unterwerke neu errichtet, die ê mit Gleichrichtereinheiten von je 2.500 Krupp-Hauptverwaltung (Krv, 2 x 2.500 A) Ampère ausgestattet waren und die ver- schiedenen Streckenabschnitte der ê Porscheplatz (Pop, 1 x 2.500 A) Stadtbahn mit 750 Volt bzw. der Stras- ê Viehofer Platz (Vhp, 1 x 2.500 A) senbahn mit 600 Volt speisten; diese ê Essen Hbf (Ehb, 1 x 2.500 A) neuen Unterwerke wurden in den Bahn- höfen Heißen Kirche, Hobeisenbrücke, vorhanden, wobei die beiden Gleichrich- Essen Hauptbahnhof und Porscheplatz terwerke Ehb räumlich zusammen ge- sowie im Betriebsgelände Schweriner fasst sind. Straße errichtet. Zum heutigen Zeitpunkt versorgen ins- Außerhalb der innerstädtischen Tun- gesamt 30 Gleichrichterwerke die Stra- nelanlagen versorgen die Gleichrichter-

114 STERNFAHRT Nr. 35 werke nicht nur die Fahrleitungen mit schen Straßen- und Stadtbahnstrecken Fahrstrom, sondern auch die benachbar- angeschlossen, so dass die Schaltvor- ten Bahnhöfe mit Strom für Beleuch- gänge im Regelfall fernbedient werden. tung, Belüftung, Heizung, Pumpen, Rolltreppen und Notstrom. Der Bereich Anzumerken ist, dass bis 1991 auch die Essen Hauptbahnhof ist über Mittel- Fahrleitungsspannung der Straßen- spannungsstationen an die Zentrale des bahn auf 750 Volt angehoben wurde, um Ruhrschnellweges (RSW) angeschlos- die Leitungsverluste zu vermindern; der sen, die auch den Straßentunnel mit DUO-Spurbus wurde seit Beginn der Strom insbesondere für die Beleuch- Elektrifizierung im Sommer 1983 eben- tung versorgt und mit Sofort- Bereit- falls mit 750 Volt Gleichspannung be- schaftsaggregaten in diesem Bereich trieben. auch die Notstromversorgung über- nahm. Je nach Größe verfügen die Gleichrich- terwerke heute über einen oder auch Die Gleichrichterwerke und die Fahrlei- mehrere Gleichrichter. Grob betrachtet tungsanlagen wurden im Dezember besteht ein modernes Unterwerk aus fol- 1976 einer eingehenden Abnahmeprü- genden Elementen: fung unterzogen. Dazu bildete die betei- ê der 10 kV-Einspeisung vom RWE und ligte Elektroindustrie eine Arbeits- der 10 kV-Schaltanlage gemeinschaft mit den beteiligten Ver- ê dem Transformator für den kehrsbetrieben. Das Messprogramm Eigenbedarfsstrom umfasste insbesondere Messungen der ê Fahrleitungs- und Gleiswiderstände dem Transformator für den Fahrstrom und der 750 Volt-Schaltanlage und Induktivitäten sowie Kurzschluss- versuche am Unterwerk und am fernen ê der internen Steuerungs- und Streckenende. Hierbei waren auch Überwachungseinrichtung Kurzschlussversuche am Unterwerk ê der Fernwirkanlage und der Kabel- eingeschlossen, bei denen gleichzeitig anlage für Speise- und Rückleiterkabel ein Stadtbahnzug in Dreifachtraktion in ê der Batterieanlage für die Notstromver- Anfahrt begriffen war. Die Potenzial- sorgung überwachungseinrichtungen in den Die Funktion eines Unterwerkes soll Bahnhöfen, die das Bestehenbleiben zu hier einmal verdeutlicht werden: hoher Berührungsspannungen zwi- Die vom Energieversorgungsunterneh- schen Tunnelerde und Bahnminus ver- men - im Falle der EVAG ist das RWE der hindern, wurden ebenfalls geprüft. In Versorger - eingespeiste Drei-Phasen- einem besonderen Messprogramm Wechselspannung von 10.000 Volt wird überprüfte die Technische Akademie über einen sogenannten Kabeltrenner die Wirksamkeit der Tunnel- geleitet, der es ermöglicht die Hoch- durchverbindungen und der Erdungs- spannung zu unterbrechen um span- anlagen. nungsfrei arbeiten zu können. Dem Kabeltrenner sind Messwandler nach- Die Gleichrichterwerke sind über eine geschaltet, um die eingehenden Ströme Fernwirkanlage mit der Schaltwarte der messtechnisch erfassen zu können. Es Essener Verkehrs-AG verbunden, die folgt nun ein elektromotorisch betätig- sich seinerzeit im Bereich der Zentralen ter dreiphasiger 10-kV-Leistungsschal- Leitstelle im U-Bahnhof Essen Hbf be- ter, der im Falle einer Stromüberlastung fand und im Jahre 1998 zur neuen Leit- die nachfolgende Anlage spannungslos stelle an der Schweriner Straße umzog. schaltet. Die anstehenden Ströme verur- An diese Fernwirkanlage sind ebenfalls sachen Lichtbögen, die in den ölgefüll- die Gleichrichterwerke der oberirdi-

STERNFAHRT Nr. 35 115 ten Löschkammern gelöscht werden. Es folgt nun der eigentliche Leistungs- Der sich anschließende Lasttrenner er- transformator, der die primärseitige möglicht eine sichtbare Stromkreistren- Hochspannung von 10 kV auf 537 Volt nung, wobei dieser nicht bei Belastung sekundärseitig heruntertransformiert. betätigt werden darf, um gefährliche Der sich anschließende Silizium- Lichtbögen zu vermeiden. Brückengleichrichter wandelt den Drehstrom in einen Gleichstrom mit ei- Die Hochspannung wird nun auf drei ge- ner Nennspannung von 750 Volt um, wo- geneinander isolierte 10-kV-Sammel- bei hier die zulässige Toleranz von +20% schienen geführt, denen entsprechende und -30% berücksichtigt werden muss. Wirk- und Blindleistungszähler nachge- Die Einspeisespannung beträgt also bis schaltet sind. Dieser Punkt stellt gleich- zu 900 Volt, wobei sie am Fahrzeug zeitig die Übergabestelle dar, das heißt durch den Spannungsabfall im Lei- die nachfolgenden Anlagenteile werden tungswiderstand der Fahrleitung mit von der EVAG und nicht mehr vom RWE steigender Entfernung abnimmt. bedient. Die Belastungskennlinie sieht - je nach Die anschließenden Felder trennen das Dimensionierung des Unterwerkes - ei- Netz in die Bereiche Gleichrichtertrans- nen Dauerstrom von bis zu 2.500 Ampere formator und Eigenbedarfstransforma- vor. Der Gleichrichterausgang ist mit ei- tor auf. Es folgen nochmals jeweils ein ner weiteren Sammelschiene verbun- 10-kV-Lasttrenner und ein 10-kV-Leis- den, die die Gleichrichterfelder speist. tungsschalter, um auch im eigenen Netz Jedes Feld verfügt über einen elektro- eine sichere Trennung zu gewährlei- motorisch betätigten Gleichstrom- sten. Dem Fahrstromtransformator sind Leistungsschalter, der beim Überschrei- nochmals Strommesswandler vorge- ten des eingestellten Höchststromes so- schaltet, die über ein Überstromrelais fort auslöst. Um Gefahren durch Kurz- den Schutz der Anlage gewährleisten. schlüsse vorzubeugen, sind sogenannte Kurzschlusswächter vorhanden, die die Im Mai 2002 wird das neue Gleichrichter- werk Marga- rethenhöhe ge- rade fertigge- stellt; es befindet sich im Unterge- schoss des im Bau befindli- chen Geräte- hauses der Freiwilligen Feuerwehr, das im Bereich der ehemaligen Gleisscheife er- richtet wird.

(Aufnahme: Christian Trockel)

116 STERNFAHRT Nr. 35 Gleichstrom-Leistungsschalter bei ei- Der ebenfalls im Unterwerk installierte nem sprunghaften Stromanstieg eben- Eigenbedarfs-Transformator wandelt falls abschalten. Ein motorischer den vom RWE eingehenden Drehstrom Trenner ermöglicht eine weitere Strom- von 10 kW in gebräuchlichen Drehstrom kreistrennung. Der nun folgende Aus- von 400 Volt um. Er versorgt das Unter- gang speist über Kabel den eigentlichen werk mit Strom für Beleuchtung, Hei- Fahrstrom über die motorisch betätig- zung, Belüftung, Überwachungs- und ten Mastschalter direkt in die Fahrlei- Schalteinrichtungen sowie für die Fern- tung ein. Um beim Ausfall eines wirkanlage. In den U-Bahnhöfen sind - Gleichstromfeldes einen Fahrbetrieb je nach Größe - für die Bahnhofsversor- weiterhin zu ermöglichen, besteht die gung weitere Transformatoren zum Bei- Gelegenheit ein anderes Feld über die spiel für Rolltreppen, Aufzüge, Licht, Umgehungsschiene einzuschalten und Heizung und Lüftung, Pumpen, Hebe- somit das ausgefallene Feld zu ersetzen. anlagen u.a. vorhanden; immerhin sollte Die Stromrückführung zum Gleichrich- man berücksichtigen, dass allein für die terwerk geschieht durch jeweils mehre- Versorgung der Bahnhofsinfrastruktur re Rückleitungskabel, die an den Fahr- sehr große Leistungen erforderlich sind, schienen angeschlossen sind. Um die so dass zum Energiebedarf für den ei- Gefahren der elektrochemischen Korro- gentlichen Fahrbetrieb ein nicht uner- sion an Rohrleitungen im Erdreich oder heblicher Energiebedarf für die orts- am Tunnelbauwerk zu vermindern, wer- festen Anlagen hinzukommt. Zur Sen- den diese Rückleitungs- kabel an meh- kung der Energiekosten tragen die mo- reren Stellen angeschlossen, um den dernen Fahrzeuge bei, die beim Brem- Widerstand der Rückleitung möglichst sen die überschüssige Bewegungsener- gering zu halten und somit die abirren- gie in elektrische Energie umwandeln den Ströme - sogenannte Streuströme - und in das Fahrleitungsnetz zurückspei- sehr gering zu halten. sen.

Links: Niederspan- nungsvertei- lung im Gleichrichter- werk Wicken- burgstraße

Rechts: 10 kV-Last- trennschalter

(Beide Aufnahmen: Martin Ruhnau, 1994)

STERNFAHRT Nr. 35 117 Zugsicherung und Meldungsübertragung

- von Martin RUHNAU -

1. Die Zugsicherungstechnik ginn der 60er Jahre derartige Anlagen in Betrieb genommen und erprobt, und Schon vor der Eröffnung der Stadtbahn zwar im Verlauf des Ruhrschnellweges. wurden von der Essener Verkehrs-AG Im Bereich des unabhängigen Bahnkör- Zugsicherungssysteme erprobt. Gemäß pers in der Kruppstraße wurde ein Sy- § 22 der BOStrab dienen Zugsicherungs- stem der Firma Siemens erprobt, auf anlagen (ZS-Anlagen) zum Sichern und dem Krayer Streckenabschnitt eines der Steuern des Fahrbetriebes; nach § 49 Firma AEG. Diese ZS-Anlagen sollten sind ZS-Anlagen anzuwenden: Erfahrungswerte für ein zukünftig zu ê - bei unabhängigen Bahnen beschaffendes System liefern, welches den örtlichen Anforderungen besser ge- ê - bei straßenabhängigen Bahnen bei ei- ner Streckengeschwindigkeit über recht würde. Beide Anlagen dienten al- 70 km/h lerdings nur der Signalisierung und noch nicht der Zugbeeinflussung, da ê - in Tunnelstrecken (Ausnahme kurze man die kostenintensive Fahrzeugaus Tunnelstrecken, wenn der Betriebs- - bremsweg einsehbar ist) rüstung für die Erprobung noch nicht beschaffen wollte. Die kurze erste Tun- Im Hinblick auf die Planung der nelstrecke mit dem Bahnhof Saalbau U-Straßenbahn wurden bereits zu Be- wurde im Ergebnis dieser Versuche mit

118 STERNFAHRT Nr. 35 einer Signalisierung System AEG aus- sich an. Dieses System regelt die Zug- gestattet, die allerdings in späteren Jah- folge im Raumabstand, das heißt die ren wieder außer Betrieb genommen Strecke wird in einzelne Blockabschnit- wurde, da die Erfahrungen nicht den Er- te eingeteilt. Jeder dieser Blockab- wartungen entsprachen; es wurde somit schnitte ist durch ein Signal gedeckt, wieder auf Sicht gefahren, jedoch unter das die Haltstellung einnimmt, sobald der Bedingung, die ZS-Anlage erforder- ein Zug diesen Abschnitt besetzt hat; die lichenfalls jederzeit wieder in Betrieb Blockabschnitte sind wiederum in ver- nehmen zu können. schiedene Gleiskreise unterteilt. Die Si- cherheit hängt somit entscheidend von Das Spurplan-Drucktastenstellwerk der Beachtung der Signale durch den (SpDrS) Fahrzeugführer ab. Um hierbei mensch- liches Versagen und schwere Folgen bei Mit Eröffnung der Innenstadtstrecken einer Signalüberfahrung auszuschlie- im Mai 1977 kam das heutige Zugsiche- ßen, findet eine Zugbeeinflussung An- rungssystem der Firma Siemens mit wendung, die bei Vorbeifahrt an einem den Stellwerken Essen Hbf (Ehb) und „Halt-“zeigenden Signal das Fahrzeug Wickenburg (BwW) zum Einsatz, das bis zum Stillstand abbremst. Technisch durch die Spurplantechnik gekenn- realisiert wird dieses mittels einer Fahr- zeichnet ist. Diese Stellwerksart ist dem sperre, bestehend aus einem unter dem System der Fernbahnen ähnlich, wobei Fahrzeug angebrachten Relais - dem so- jedoch stadtbahnspezifische Besonder- genannten Fahrzeugmagneten - das von heiten berücksichtigt werden. Beim dem im Gleis angeordneten und von der SpDrS sind den Start- und den Ziel- Zugsicherungsanlage gesteuerten Mag- punkten der Fahrstraßen sowie den Wei- neten ausgelöst wird und somit eine au- chen und Signalen typisierte Relais- tomatische vom Fahrzeugführer nicht gruppen zugeordnet, die durch standar- beeinflussbare Zwangsbremsung des disierte Spurkabel entsprechend der Zuges bis zum Stillstand ausführt. Die Gleisanlage miteinander verbunden Auslösung einer Zwangsbremsung wird sind. Jedes Stellwerk besteht aus einer an entsprechenden Stellen auch bei Außenanlage und einer Innenanlage. überhöhter Zuggeschwindigkeit mit- Zur Außenanlage gehören unter ande- tels sogenannter Geschwindigkeitsprü- rem Gleisfreimeldeeinrichtungen, Wei- feinrichtungen (GP) ausgelöst. chenantriebe, Schienenkontakte, Die Besetzung der Gleisabschnitte wird Signale und Kabel. Zur Innenanlage durch den Achskurzschluss der Schie- zählen die Relaisanlagen, Rechnersyste- nenfahrzeuge gemeldet; realisiert wird me sowie die Bedien- und Anzeigegerä- dieses mittels Tonfrequenz- Gleiskrei- te. Alle in den Stellwerken eingesezten sen, dass heißt die voneinander isolier- Baugruppen und die Gesamtanlagen ten Schienenstränge werden mit einer (Signale, Gleiskreise, Kabelnetz) sind so Wechselspannung (TF-Spannung) ge- ausgeführt bzw. gestaltet, dass sich Feh- speist. Jeder Gleiskreis besitzt einen ei- ler nur zur “sicheren Seite” also zum An- genen TF-Sender und einen TF-Em- halten des Zuges auswirken können pfänger; durch das Befahren dieses (sog. Signaltechnische Sicherheit). Gleiskreises „fällt“ in der Schaltung - be- dingt durch das Unterschreiten der Hal- Die Stellwerksprüfung des Stellwerkes tespannung durch den Achskurzschluss BwW konnte im Dezember 1976 abge- - ein Relais ab, so dass das Gleis als be- schlossen werden, so dass dieses für die setzt gemeldet wird. (Beim DUO- Spur- Ausbildung und den Schulungsfahrbe- bus wurde diese Gleiskreisbelegung trieb freigegeben werden konnte; die mittels Detektoren in der Leitschiene Prüfung des Stellwerkes Ehb schloss der Spurführung erreicht).

STERNFAHRT Nr. 35 119 Übersichtsplan der Zugsicherungsanlagen des Streckenbereiches Essen Hbf (EVAG)

120 STERNFAHRT Nr. 35 Um eine Zugfahrt im gesicherten Be- Sicherungselementen bestückte reich zu ermöglichen, muss im zugehöri- Geräteeinheiten, die im Relaisraum des gen Stellwerk eine sogenannte Fahrstra- Stellwerks untergebracht sind. ße eingestellt werden. m Fahrstraßenansteuerung Die Fahrstraßeneinstellung läuft nach folgenden Funktionen ab: Im Anschluss an die Zulassungsprü- fung erhalten die Weichen- und Kreu- m Zulassungsüberprüfung zungsgruppen den jeweiligen Fahr- straßenauftrag, wodurch die Weichen, Nach Anwahl der gewünschten Fahr- in die gewünschte Stellung laufen und straße wird überprüft, ob zwischen Start sich in dieser verschließen. Der Ver- und Ziel - bis zum Ende der Schutzstre- schluss verhindert jede weitere Umstel- cke hinter dem Zielsignal - eine Fahr- lung und sperrt feindliche Fahrstraßen straßeneinstellung zulässig ist, das über diese Weiche. heißt, ob die gewünschte Fahrstraße nicht schon durch „feindliche“ Fahrstra- m Flankenschutzsuche und ßen beansprucht wird. Ist diese zulässig, Flankenschutzüberwachung werden in den Weichen- und Kreuzungs- gruppen die gewünschte Fahrstraßenla- Durch den Fahrstraßenauftrag fordert ge und in den Zugstraßen- und jede Weichen- und Kreuzungsgruppe in- Streckengruppen die Fahrtrichtung so- nerhalb der Fahrstraße selbsttätig ihren wie die Start- und Zielaussage gespei- benötigten Flankenschutz an und über- chert. Diese “Baugruppen” sind mit wacht ihn. Den Flankenschutz bilden speziellen Signalrelais als Schalt- und abweisend verschlossene Schutzwei-

Bediengeräte für die Fahrsperre (links) und die Ziel- sowie Seitenrollbänder (rechts) im Fahrerstand eines Stadtbahnwagen B. Ganzlinks ist der plombierte Fahrsperren- Überbrückungschalter zu sehen (Aufnahme: Christian Trockel, Mai 2002)

STERNFAHRT Nr. 35 121 chen, Gleissperren oder haltzeigende Si- und verschlossen wurde. Das Ersatz- gnale. Kann eine Weiche keinen signal wird entweder durch einen Zeit- Flankenschutz geben, so läuft die schalter oder durch die Vorbeifahrt des Schutzsuche selbsttätig bis zum näch- Zuges am Signal gelöscht. sten geeigneten Fahrstraßenelement oder Signal weiter, das den Flanken- m Fahrstraßenauflösung schutz bieten kann. Im Regelfall bewirkt der Zug selbst die m Überwachung der Gesamtfahrstraße Auflösung einer Fahrstraße; der Fahr- weg ist in Gleisfreimeldeabschnitte un- Die Aussagen der jeweiligen Gruppen terteilt, mit deren Hilfe das Freisein über Endlagenüberwachung, Verschlüs- bzw. die Besetzung der einzelnen Ab- se, Flankenschutzüberwachung und schnitte in die zugeordneten Relais- Freimeldung werden geprüft. Mit den gruppen gemeldet wird. Der fahrende Start-, Ziel- und Richtungskriterien der Zug löst also seinen Fahrweg hinter sich Zugstraßen- bzw. Streckengruppen ist gleisabschnittsweise auf. Die verblei- eine lückenlose Gesamtüberwachung bende Schutzstrecke geht automatisch des Fahrweges einschließlich der in die nächste Fahrstraße über und wird Schutzstrecke in der Fahrstraßengrup- vom fahrenden Zug oder bei Fahrtrich- pe am Start vorhanden. tungsänderung bzw. bei endenden Zug- fahrten nach Ablauf einer Verzöger- m Signalwahl ungszeit aufgelöst.

Die zentrale Schalteinrichtung wählt Fahrsignalanlage in MC-Technik von allen Geschwindigkeitsaussagen - aufgrund der Schutzstreckenlänge - den Im Rahmen des Umbauprogramms der korrekten Wert aus und speichert die- Stadtbahnlinie U17 wurde für die ein- sen. Die Überwachung der Gesamtfahr- gleisige Strecke zwischen den Haltestel- straße und der gespeicherte Signal- len Margarethenhöhe und Laubenweg begriff sind Voraussetzung für das Stel- die ehemalige Zugsicherungsanlage in len des Fahrtsignals am ortsfesten herkömmlicher Relaistechnik durch Hauptsignal. Eventuell erforderliche eine Fahrsignalanlage (FSA) ersetzt, die Geschwindigkeitsprüfeinrichtungen funktionsmäßig und sicherheitstech- werden ebenfalls eingeschaltet. nisch einem elektronischen Stellwerk (ESTW) entspricht. Diese FSA nimmt Bei Störungen in der Signalanlage - in grundsätzlich folgende Aufgaben wahr: der Regel eine Gleiskreis-Störung - kann ein Ersatzsignal (Ersatz eines Signalanforderung über Meldundsüber- Fahrtsignals) eingestellt werden. In die- tragung vom Fahrzeug bzw. vom ortsfe- sem Fall wird die Prüfung auf „Freisein“ sten Schlüsselschalter aufnehmen und der Strecke vom Stellwerker per Funk an die Lichtsignalanlage (LSA) weiter- dem Fahrzeugführer übertragen. Zum leiten Sichern des Fahrweges dient jetzt die ê Überprüfung des gewünschten Fahrwe- „Fahrstraßenüberwachung für das Stel- ges auf Verfügbarkeit len des Ersatzsignals“, wobei die Gleis- ê Einstellen und Überwachen der Weichen freimeldung und die Flankenschutz- überwachung aufgehoben werden. Das ê Verschluss des Fahrweges Ersatzsignal kann vom Stellwerksbedie- ê Steuerung der Weichenlagesignale ner also nur durch eine registrierte ê Steuerung der Fahrsperrenmagnete an Handlung gestellt werden, wenn zuvor den Einfahrsignalen der eingleisigen die Fahrstraße bis zum Ziel eingestellt Strecke

122 STERNFAHRT Nr. 35 Fernsteuerstellwerk Essen Hbf; im Hintergrund Stelltisch STW, vorn Rechnerfernsteuerung der 1. Generation im Gehäusedesign Prof. Jablonski (AP-Debis, Archiv EVAG, 11.1991)

ê Fahrweginformation sowie Freigabe für die LSA liegt die Signalsicherung bei ei- das Fahrsignal an die LSA abgeben ner Anlage und durch die wenigen ê Auflösen des Fahrweges nach der Zug- Schnittstellen sinkt die Störanfälligkeit. fahrt Bei einer Störung oder Wartung der FSA kann der IV weiter durch die LSA gere- ê Manuelle Fahrwegrücknahme durch den Fahrer gelt werden; bei einer Störung oder War- tung der LSA werden die Fahrwege und Da sich innerhalb der FSA mehrere Kno- damit auch die Weichen von der FSA tenpunkte mit dem Individualverkehr weiter gestellt, wobei die Weichenlagesi- (IV) sowie Fußgängerüberwege befin- gnale, die von der FSA gesteuert wer- den ist hier ein funktionsmäßige Kombi- den, hier im Störungsfalle die Sicherheit nation mit der neukonzipierten LSA erhöhen. realisiert worden. Alle Signale für ÖPNV und IV werden von der LSA gesteuert, Vor der Eröffnung der umgebauten wobei das angeforderte Fahrsignal für Strecke zur Margarethenhöhe wurde im die Stadtbahn nur bei vorhandenem Rahmen von zahlreichen Erprobungs- Fahrweg und Freigabemeldung an die fahrten die Anlage ausgiebig getestet LSA angeschaltet wird. Die Signalbilder und insbesondere die Vorrangschaltung der LSA werden hierbei an die FSA zu- für die Stadtbahn optimiert; sämtliche rückgemeldet. Betriebszustände wie auch Störungen Diese Anlagekonstellation bringt fol- wurden durchgespielt. Die Aufnahme gende Vorteile mit sich: des regulären Linienverkehrs am Durch die Steuerung aller Signale durch 16. Juni 2002 erfolgte somit problemlos

STERNFAHRT Nr. 35 123 und die Anlage arbeitet seitdem zuver- mation auf den Bahnhöfen beziehungs- lässig. Gegenüber dem vorherigen Zu- weise neuerdings auch an den ober- irdi- stand ergab sich eine erhebliche schen Haltestellen insbesondere der Beschleunigung der Stadtbahn. Stadtbahnlinie U17 zwischen Margaret- henhöhe und Gelsenkirchen- Horst. 2. Das Automatische Betriebs- führungssystem (ABF) Mit der Betriebsaufnahme der neuen Leitstelle an der Schweriner Straße im Hinsichtlich der selbsttätigen Überwa- Sommer 1998 wurden dort auch das Zen- chung und automatischen Führung des tralstellwerk für die Fernsteuerung der Betriebes der Stadtbahn und des meter- Streckenstellwerke, die Schaltwarte spurigen Vorlaufbetriebs - also durch und die zentrale Verkehrssteuerung der technische Einrichtungen und nicht Stadt Essen konzentriert. Nach rund durch Handbedienung durch die Stell- 21-jährigem Betrieb konnten somit die werker - wurde ein seinerzeit neuartiges Räumlichkeiten am Hauptbahnhof ver- Prozessdatenverarbeitungssystem ein- lassen werden, die heute jedoch noch für geführt. Für die Automatisierung des die im Störungsfalle notwendige örtli- Fahrbetriebes ist dieses System speziell che Bedienung des Stelltisches des für die Essener Betriebsbedingungen Stellwerkes Ehb weiterhin vorhanden entwickelt worden. Von 1977 bis 1992 sind. stand für diese Aufgaben ein Prozess- rechnersystem mit Prozessrechnern Das heute in Betrieb befindliche Stell- vom Typ MULBY der Firma Krantz- werkssystem besteht aus dem Strecken- Computer zur Verfügung, das sich in der stellwerk Ehb, dem Streckenstellwerk Zentralen Leitstelle im U-Bahnhof Es- BwW - in Betrieb seit der Eröffnung des sen-Hauptbahnhof befand. Das ABF Stadtbahnbetriebes 1977 - dem Stre- umfasst im wesentlichen die folgenden ckenstellwerk Messe/Gruga Mgr (1986) Komponenten: und dem Streckenstellwerk Altenessen ê die - oben schon eingehend beschriebene Bf Alt (1998). Die einzelnen Stellwerke - Zugsicherungsanlage für die Sicherung sind wiederum in bis zu vier Anschalt- der Fahrwege und die Abstandhaltung bereiche unterteilt. zwischen den Zügen in Form eines Spurplandrucktasten-Stellwerkes; Das Prozessrechnersystem gliedert sich ê das Automatische Betriebsführungssy- in folgende Ebenen auf: stem für den personalfreien Betrieb der Der Bahnhofsbedienrechner (BBR) in Stellwerke und der Bahnhöfe; das ABF der unteren Ebene bildet die Schnitt- stellt die Fahrwege der Züge automa- stelle zwischen den Disponenten in der tisch nach Zuglenkplänen ein, verfolgt die Zugfahrten und ermöglicht so die Betriebsleitstelle und dem Bahnhofsbe- Überwachung und Steuerung des Bahn- diensystem. An den Bildschirmarbeits- betriebs von der Zentralen Leitstelle aus plätzen können über die Bahnhofs- bei gleichzeitiger Entlastung des Stell- bedienrechner zum Beispiel die Fern- werkers von den regelmäßigen Stellvor- sehkameras für die Beobachtung der gängen. Bahnsteige, Verteilerebenen und Aufzü- ê die Kommunikationsanlagen zwischen ge ferngesteuert angewählt und Zugziel- verschiedenen Betriebsbereichen unter- anzeiger mit Sonderinformationen einander und mit der Leitstelle sowie mit versorgt werden. den Zügen über Funk bzw. Telefon sowie mittels Notrufanlagen und Informa- tionssprechstellen für die Fahrgäste. Die im jeweiligen Stellwerk installierten Bahnhofsteuerrechner (BSR) verbinden Ebenfalls diesem System zugeordnet die Bahnhofsrechner (BFR) des entspre- sind die Anlagen für die Fahrgastinfor- chenden Stellwerkbereiches mit dem

124 STERNFAHRT Nr. 35 Leitstellengebäude mit Betriebsleitstelle, Zentralstell- werk und Schaltwarte in der Schweriner Straße (EVAG)

Bedienerraum der Betriebleit- stelle (EVAG)

Bedienung der Stellwerksan- lagen über rechnergestützte Fernsteuerung (EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 125 zugehörigen Zuglenkrechner (ZLR) und gaben wahrnehmen zu können, wird der dem Bahnhofsbedienrechner für die Be- ZZR von allen Zuglenkrechnern (ZLR) triebsleitstelle; sie koordinieren also ständig mit allen für die Betriebsüber- den Datenfluss zwischen diesen Rech- wachung notwendigen Informationen nern. versorgt.

Die Bahnhofsrechner empfangen vom Die Zuglenkrechner müssen den Zug- Bahnhofsbedienrechner und vom Zug- verkehr innerhalb der jeweiligen Stell- lenkrechner des entsprechenden Stell- werksbereiche automatisch steuern, das werkes Schaltinformationen und setzen heißt Fahrstraßen in Kehranlagen nach diese Informationen in Steuerkomman- Fahrplan und an Gleisverzweigungen dos für die an sie angeschlossenen Anla- dem Fahrziel des jeweiligen Zuges ent- gen um und kontrollieren ihre Aus- sprechend einstellen, Störungen im Be- führung, wobei eventuelle Störungen trieb erkennen und entweder selbst der Betriebsleitstelle mitgeteilt werden. reagieren oder detaillierte Störmeldun- Den Bahnhofsrechnern angeschlossene gen in das Zentralstellwerk absetzen. Hardware- Komponenten sind insbe- Die Grundlage für diese Zuglenkung ist sondere die Bahnhofskameras, die An- die Zuglaufverfolgung. Ein ZLR bildet zeigen für die dynamische Fahrgastin- zu diesem Zweck das Streckennetz des formation, die - sofern vorhanden - Fahr- ihm zugeordneten Stellwerkbereiches ausweisentwerter, die zyklisch mit Da- und dessen signaltechnische Ausrü- tum und Uhrzeit versorgt werden, fern- stung in einem Datenmodell nach und bedienbare Rolltore und richtungsum- trägt darin die Zugnummern der im An- schaltbare Fahrtreppen. Zusätzlich schaltbereich (ASB) momentan befindli- muss jeder Bahnhofsrechner ständig chen Züge so ein, dass sich zu jedem seine eigene Funktionsfähigkeit und Zeitpunkt ein exaktes Abbild des Be- auch die der ihm übergeordneten Sy- triebszustandes ergibt. Aus diesen In- stemkomponenten überwachen und bei formationen leitet der ZLR ab, welche Störungen die an ihn angeschlossenen Fahrstraße für einen Zug von Fall zu Anlagen in einen definierten Notbe- Fall eingestellt werden muss. Ein ZLR triebszustand schalten. ist über einen oder auch mehrere Daten- übertrager und -konzentratoren (DÜK) Der Zentrale Zuglenkrechner (ZZR) un- mit der Zugsicherungsanlage des jewei- terstützt innerhalb der Leitstelle das ligen Stellwerkes verbunden. Er erhält Zentralstellwerk; über ihn können die über sie die Daten für die Zuglaufverfol- Zuglenksysteme in den Stellwerken gung, zum Beispiel Frei- und Belegtmel- überwacht und fernbedient werden. Der dungen von Gleiskreisen, Weichenlage- ZZR stellt grafische beziehungsweise meldungen usw. und übergibt ihnen die tabellarische Übersichten über den Fahrstraßeneinstellkommandos zur Standort jedes einzelnen Zuges im Leit- Weiterleitung an die ZS-Anlage. Neben stellen- bereich zur Verfügung, verwal- der eigentlichen Automatisierung des tet alle für den Zugbetrieb notwendigen Bahnbetriebs haben die ZLR die Aufga- Fahrpläne und sendet sie, soweit jeweils be, die für die Betriebsüberwachung im erforderlich, zum Zwecke der Zuglen- Zentralstellwerk benötigten Daten zu kung an die Zuglenkrechner und be- erarbeiten und dem ZZR zur Verfügung rücksichtigt dabei auch Änderungen, zu stellen. Alle Rechner arbeiten im Re- die sich zum Beispiel durch Wochenfei- gelfalle personalfrei; trotzdem ist dafür ertage ergeben. Ebenfalls übermittelt gesorgt, dass bei einer notwendig wer- der ZZR dem Stellwerker eventuelle denden Besetzung der Stellwerke, zum Störungen des Betriebes, der Stellwerke Beispiel bei einer technischen Störung und des Rechnersystems. Um diese Auf- des ZZR, alle Funktionen, die normaler-

126 STERNFAHRT Nr. 35 weise im Zentralstellwerk über den ZZR dem angeschlossenen System alle Stel- wahrgenommen werden, auch im Stell- lanforderungen empfängt, speichert, werk selbst übernommen werden kön- nach Prioritäten ordnet und nacheinan- nen. Die ZLR sind hierfür mit der an das Stellwerk weiterleitet und an- Bedienungseinrichtungen wie Tastatur dererseits die an sich einkanalige und Datensichtgeräten versehen, mit Relaisschnittstelle vervielfältigt. Das denen in ähnlicher Weise gearbeitet Stellwerk wird damit auf seine ur- wird wie am ZZR. sprünglichen Funktionen der sicheren Fahrwegbildung und Abstandshaltung Die ZS-Anlage eines Stellwerkes muss reduziert und die Steuerfunktionen mit dem zugeordneten ZLR und einer si- werden nunmehr über den DÜK vorge- gnaltechnisch sicheren Fernsteuerung, nommen. Aufgrund dieser Aufgaben- mit der vom Zentralstellwerk aus die stellung muss der DÜK signaltechnisch Zugsicherungsanlage in vollem Umfang sicher arbeiten. Eine weitere Eigen- bedient werden kann, zusammenarbei- schaft des DÜK ist die des gestuften ten. Die Ansteuerung eines solchen Ausfallverhaltens; bei technischen Stö- Stellwerkes von diesen unterschiedli- rungen an der Anlage sind zwar die si- chen elektronischen Steuerungssyste- cherheitsrelevanten Funktionen zu men erfordert anstelle der bisherigen blockieren, nicht sicherheitsrelevante Relaissteuerung die Zwischenschaltung Aufgaben müssen jedoch weiterhin einer Einrichtung, die einerseits von je- durchführbar sein. Dieses gilt insbeson-

Anlässlich des 25- jährigen Jubiläums der Abteilung Zugsicherungstechnik von mehreren Kolle- gen geschaffenes vorbildgerechtes Modell einer Zugsicherungsstrecke im Maßstab 1:10. (Aufnahme: Christian Trockel, Mai 2002)

STERNFAHRT Nr. 35 127 dre beim automatisierten Fahrbetrieb wird dies entweder mit im Gleisbereich mit dem ZLR. angeordneten Empfangs-Koppelspulen oder - heute weiter verbreitet - mit ent- 3. Die induktive Meldungs- sprechen Koppelschleifen duchgeführt. übertragung (IMU) Wurden die Informationen vom Fahr- Während auf den ausschließlich im zeug am Anfang mittels Kennungs- Zugsicherungsbereich verkehrenden schaltern, in die der Fahrer die Zug- Linien die Züge im sogenannten Tages- nummer samt Fahrtziel eingeben muss- lenkplan gespeichert werden, dass heißt te, zu den ortsfesten Streckenanlagen die einzelnen Züge werden mit ihrer übertragen, so geschieht dies heute vor- Zugnummer beim Ersteinsatz einge- nehmlich selbsttätig mit Hilfe des Inte- speichert und dann automatisch bis zum grierten Bordinformationssystems Einsatzende weiterverfolgt, ist dies bei (IBIS), das auch die Betriebsfunkanla- Zügen, die aus dem Straßenbahnbe- ge, die Haltestellen- ansage- bzw. anzei- reich in den Zugsicherungsbereich ein- ge steuert und prinzipiell auch in der fahren, schon aufgrund von möglichen Lage ist, das Fahrzeug genau zu orten Fahrplanunregelmäßigkeiten nicht und hierdurch auch die aktuelle Fahr- ohne weiteres möglich. planlage zu verarbeiten.

Um hier eine präzise Anmeldung der Fahrzeuge beim Übergang vom Sicht- fahrbereich zu den zuggesicherten Stre- cken zu erlangen, sind alle Trieb- fahrzeuge mit Sende-Koppelspulen aus- gerüstet, die an den Anfangspunkten der Zugsicherungsabschnitte ihre Zug- nummer, bestehend aus Liniennum- mer, der Kursnummer und dem ge- wünschten Fahrtziel induktiv übertra- gen und somit vom Prozessrechnersy- stem erfasst werden. Diese Ausrüstung wird als induktive Meldungs- übertra- gung bezeichnet.

Im oberirdischen Streckennetz macht man sich diese Ausrüstung zunutze, um beispielsweise entsprechend ausgerü- stete Weichen in die gewünschte Lage zu stellen oder - was insbesondere in der heutigen Zeit praktiziert wird - um zwecks Beschleunigung die Lichtsignal- anlagen (LSA) zu beeinflussen und so- mit Vorrang vor dem Individualverkehr zu erlangen. Ebenfalls auf diesem Sy- stem basiert die moderne Fahrgastinfor- mation, die die Zugzielanzeiger im oberirdischen Streckennetz mit Infor- mationen versorgt, um zum Beispiel die Koppelschleife zur induktiven Meldungsüber- nächsten Zugfahrten und Abfahrtzeiten tragung im Bereich der Weiche am Laubenweg. (Aufnahme: Christian Trockel, Mai 2002) dem Fahrgast mitzuteilen. Technisch

128 STERNFAHRT Nr. 35 Werbung für die U-Bahn wie sie in den siebziger Jahren üblich war. Die Abbildung zeigt das Deckblatt einer 24-seitigen Broschüre, die 300.000-fach in Essen verteilt wurde. Hieran läßt sich auch der Stellenwert ablesen, der der U-Bahn beigemessen wurde. (Quelle: Archiv EVAG)

STERNFAHRT Nr. 35 129 Literaturhinweise * Orwart, Fritz: Planung, Planung - aber im- mer noch kein U-Bahnbetrieb in Essen; Der 1. Geschichtlicher Teil: Stadtverkehr, Bielefeld 1975 * Ahlbrecht, Hans: Stadtbahn ind Esse - etwa * Oehm; Die Straßenbahn im Ruhrschnell- ein Jahr vor der Inbetriebnahme; Der Stadt- weg, Nahverkehrs-Praxis, Dortmund 1960 verkehr, Bielefeld 1976 * Stock, Werner; Kreuzungsfreier Straßen- * Handke, Jürgen: Stadtbahn Rhein-Ruhr er- bahn-Schnellverkehr auf dem Ruhrschnell- öffnet im Mai 1977 Modellstrecke; Der Stadt- weg in Essen, Der Stadtverkehr, Bielefeld verkehr, Bielefeld 1977 1961 * Ahlbrecht, Hans: Beginn der Probefahrten * Thiemer, Erich; Warum U-Straßenbahn in auf der Stadtbahnstrecke Essen-Mülheim; Essen, Nahverkehrs-Praxis, Dortmund 1964 Der Stadtverkehr, Bielefeld 1977 * Thiemer, Erich; U-Straßenbahn-Planung in * Müller, Frank; Linienänderungen bei der Essen, Verkehr und Technik, Bielefeld 1964 Aufnahme des unterirdischen Betriebes in * U-Straßenbahn-Essen, Bericht über Pla- Essen; aus: Der Stadtverkehr, Bielefeld 1977 nungs- und Bauprogramm, Hrsg.: Stadt Es- * Frenz, E.; Erster Abschnitt der Stadtbahn sen - Tiefbauamt, Essen 1964 Rhein-Ruhr eröffnet; aus: Der Stadtverkehr, * Thiemer, Erich; Bau- und Planungsproble- Bielefeld 1977 me der U-Straßenbahn Essen, Nahver- * Stadt Essen (Hrsg.); Essen ist U-Bahn-Stadt kehrs-Praxis, Dortmund 1966 "Sag Du zum U"; Essen 1977 * Thiemer, Erich; Eröffnung des ersten Teil- * Arbeitsgemeinschaft Stadtbahnbetriebsbe- stücks der U-Straßenbahn in Essen, Ver- reich B: Essener Verkehrs-AG und Stadt- kehrs und Technik, Bielefeld 1967 bahngesellschaft Rhein-Ruhr mbH (Hrsg.); * Thiemer, Erich/Maaß, Hans-Joachim; Die zu- Betriebskonzept Essen, Essen 1977 künftige Führung der Stadtbahn in der Ess- ener Innenstadt, Nahverkehrs-Praxis, Dortmund 1968 2. Technischer Teil: * Stadt Essen (Hrsg.); Untersuchungen für den Generalverkehrsplan der Stadt Essen, Band * Hans Ahlbrecht, Klaus Giesen: "Der Wagen- IV, Essen 1969 park der Essener Straßenbahnen von 1893 * Braun, Herbert; U-Bahn/Stadtbahn in Essen, bis heute";Verlag Uhle & Kleimann, Lübbe- aus: Heitkamp-Mitteilungen, Essen 1970 cke, 1992 * Beckonert, Josef; Planung der U-Bahn/ * Verband Deutscher Verkehrsunternehmen: Stadtbahn in Essen, aus: Heit- "Der Straßenbahner"; Einkaufs- und Wirt- kamp-Mitteilungen, Essen 1970 schaftsgesellschaft für Verkehrsunterneh- * Nieder, Heinz; Stadtbahn Essen Baulose men GmbH, Köln, 2002 10/11 - Wiener Platz und Baulose 12/13 - Por- * Stadt Essen - U-Bahn-Bauamt: "Eine Stadt scheplatz, aus: Heitkamp-Mitteilungen, Es- bahnt sich den Weg"; Verlag A. F. Koska, Ber- sen 1971 lin - Wien, 1986 * Handke, Jürgen; Stadtbahn Rhein-Ruhr, * Essener Verkehrs-AG: "Spurbus Essen"; aus: Der Stadtverkehr, Bielefeld 1973 EVAG Essen, 1991 * Stadt Essen (Hrsg.); U-Bahnbroschüren der * Axel Reuther: "Die Stadtbahnwagen Kölner Baulose 9, 10/11, 12/13 und 14/15 Bauart"; Historische Straßenbahn Köln e.V., * Büsing, Fred: Stadtbahn Rhein-Ruhr: Ver- Köln 1998 suchs- und Modellstrecke Essen- Mülheim; * Verkehrshistorische Arbeitsgemeinschaft Der Satdtverkehr, Bielefeld 1975 EVAG e.V.: "STERNFAHRT", diverse Ausga- * Maaß, Hans-Joachim: Planung und Bau der ben, Essen, 1993 bis 2001 U-Stadtbahn in Essen; Nahverkehrs-Praxis, * Essener Verkehrs-AG: diverse technische Dortmund 1975 Dokumentationen, EVAG Essen, 1975 bis 2002 Impressum:

Herausgeber: Verkehrshistorische Arbeits- Für Vereinsmitglieder ist der Bezugspreis im gemeinschaft EVAG e.V. Mitgliedsbeitrag enthalten. c/o: Hans Ahlbrecht Konten des Vereins: Soniusweg 9, 45259 Essen Vereinskonto 210 9999 (z.B. für Beitragszahlungen) Chefredakteur und verantwortlich im Sinne des Tramshopkonto 210 5815 Pressegesetzes: Martin Ruhnau beide bei der Sparkasse Essen (BLZ 360 501 05); Redaktion: Thomas Koch, Martin Ruhnau, Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Hans Ahlbrecht Genehmigung des Herausgebers. Satz, Gestaltung und Layout: Thomas Koch Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Repros: Nolte Druck Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Druck: Medien-Werkstatt Redaktion wieder. Auflage: 1.000

130 STERNFAHRT Nr. 35

Blick auf die Kreuzung Ehb Kr 94 - Kreuzung zwischen Meter- und Normalspurstrecke - südliche des Bahnhofes Essen Hbf (Aufnahme: Hochtief)