O ICON September 2014

Dream on! ICON SEPTEMBER 2014 ICON SEPTEMBER ICON SEPTEMBER 2014 ICON SEPTEMBER ICON - (39L) -520x365 - F-DP MIXED1 - GERMANY - Issue Date: 14 SEPTEMBER O ICON 520x365F-DPMIXED1GER_A25/08/1409:01Page1 Erhältlich ausschließlich inLouis Vuitton Tel. ausschließlich Erhältlich Geschäften. 0211 / 8647 00louisvuitton.com JUERGEN TELLER ANNIE LEIBOVITZ, JUERGENTELLERund BRUCEWEBER Eine Fotoseriekuratiert von O ICON 520x365 F-DP MIXED1 GER_A 25/08/14 09:01 Page2 -520x365 - F-DP MIXED1 - GERMANY - Issue Date: 14 SEPTEMBER -520x365 - F-DP MIXED1 - GERMANY Issue Date: 14 (LWC_PLUS_V2_PT) ICON - ICON

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Icon 260X365SDMichel New.indd 3 29/07/14 15.14 O O ALFRED EISENSTAEDT/THE LIFE PICTURE COLLECTION/GETTY IMAGES) ALFRED EISENSTAEDT/THE Träum weiter, Darling atürlich ist das Foto oben gestellt. Aber das macht nichts. Denn genau so haben wir uns das Leben von Sophia Loren und ihrem Mann Carlo Ponti doch vorgestellt damals. Sie volles Haar, volle Lippen, voller Sex-Appeal, umgeben von Dekora- tionspracht. Er liest ihr wahrscheinlich mal eben einen filmtauglichen Stoff vor. Amore mio. Amore dio. Nein, das Leben N seinerzeit war nicht besser. Vor allem nicht für alle. Und doch lassen wir uns immer wieder gern von dem Glow der Jahre verzaubern, als es noch „Happy Few“, „Jetset“ oder „High Society“ als begehrenswerte Gesellschaftsformen gab. In unserer Selfie-gepeitschten Zeit, da zudem die Weltfugen so beben, wollen wir Sie also einladen, mit uns ein wenig abzutauchen, der schönen Unbeschwertheit nachzuhängen. Wir wollen Sie anregen und ermuntern. Die Allure ist nämlich nicht etwa ausgestorben, sie verzieht sich nur lieber ins Private. Und so möchte ich diese Ausgabe auch Gunter Sachs widmen. Er war der Letzte der wahren Play- boys. Aber seine Inspiration bleibt. Der Jetset, den ich meine und der uns als Leitthema dieser (nun aufwendig gebundenen) Ausgabe begleitet hat, brauchte natürlich Geld für seinen Stil. Aber mit Geld allein gehörte man nicht dazu.

Cover: Kleid von Valentino. Mantel: Ralph Lauren. Schuhe: Dolce & Gabbana. Schmuck: Chanel Haute Joaillerie

IRINA VON GAGERN Das Eintauchen in andere Welten, Menschen treffen, ihre Visionen und Motivation erfahren – ganz egal ob Stier- kämpfer, Golfkriegsveteran oder Hollywoodstar. Das ist es, was Irina von Gagern an ihrem Beruf als TV- und Print- journalistin reizt. Nach einem Volontariat in Berlin bei N24 und ProSieben zog sie 2000 nach London, berichtete für verschiedene Sender aus dem Königreich und begann parallel mit dem Schreiben. Heute lebt die 43-Jährige mit ihrem Mann und drei Kindern in Bayern auf dem Land. Wo sie ihre nächste Reportage hintreiben wird? Abu Dhabi? Kenia? So genau weiß sie das nie. Für uns reiste sie jedenfalls nach Umbrien und besuchte die Fami- lie Bolza, deren Geschichte wie aus dem Märchenbuch klingt. Am liebsten wäre die Journalistin, die auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen ist, min- destens eine ganze Woche lang in Umbrien geblieben, so herzlich war der Empfang. Und die Landschaft erst ... Aber lesen Sie selbst. Seite 96

USCHKA PITTROFF Wenn sich jemand in Sachen Luxus auskennt, dann Uschka Pittroff. Die Autorin mit bayerischen Wurzeln lebt in und hat seit jeher eine Schwäche für die schönen Dinge des Lebens und für Menschen, die sie gestalten. Als Gründerin und langjährige Chefredakteurin von „Amica“ und „fivetonine“, dem ehemaligen Luxusmagazin der „WirtschaftsWoche“, als Chefre- porterin von „Cosmopolitan“ und heute als Autorin für ICON bereist sie die Welt – immer auf der Suche nach inspirierenden Kreativen. Für uns be- suchte sie nun Jean-Claude Ellena, Chefparfümeur von Hermès, in seinem Haus in der Provence („Nicht nur ein Duft-Zauberer, sondern auch ein Bezauberer!“) und führte mit ihm und seiner Nachfolgerin Christine Nagel weltweit das erste Doppelinterview. Getrennt voneinander, aber mit den identischen Fragen. Und natürlich unterschiedlichen Antworten. Seite 110

NIKO SCHMID-BURGK Die Begeisterung für Fotografie hat Niko Schmid-Burgk von seiner Mutter geerbt. Mit 13 Jahren entwickelte er seine ersten Fotos in der Dunkelkammer eines Freundes. Nach dem Abitur assistierte der Münchner zwei Jahre lang bei mehreren Fotografen und studierte im Anschluss das Sujet in seiner Heimatstadt. Ende der 80er-Jahre ging er dann für eine längere Zeit nach Sydney. Das war der Beginn seiner Karriere als selbstständiger Fotograf. Heute lebt und arbeitet Schmid-Burgk wieder von München aus. Ob die Menschen vor seiner Kamera berühmt sind oder nicht, bei der Arbeit zählt für ihn vor allem das „pure menschliche Miteinander“. Das fand er diesmal bei der Familie Bolza in Umbrien. Sowie das für Außenaufnahmen nötige Quentchen Glück. Denn die graziösen Aufnahmen drohten zu- erst im Morgennebel unterzugehen. „Doch plötzlich riss der Himmel auf und das Glück wurde umso größer.“ Seite 96

IMPRESSUM ICON Redaktionsleitung: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Nicola Erdmann, Silvia Ihring, Sarah Lehnert, Lisa Strunz, Ligia Tudorica, Mira Wiesinger. Mitarbeit: Julia Hackober. Korrespondentin in New York: Huberta von Voss, Stylistin in New York: Nadja Rath; Korrespondentin in Paris: Silke Bender. Autoren: Susanne Opalka, Esther Sterath, Andreas Tölke Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Katja Schroedter, Maria Christina Agerkop Fotoredaktion: Julia Sörgel; Elias Gröb, Sophie Henkelmann Verlagsgeschäftsführung: Jan Bayer (Vorsitzender), Dr. Stephanie Caspar General Manager: Johannes Boege Gesamtanzeigenleitung: Stephan Madel; Anzeigen ICON: Roseline Nizet ([email protected]) 21 Objektleitung: Carola Curio ([email protected]) Verlag: Axel Springer SE Repro: Druckvorstufe WELT GRUPPE Berlin Druck: Prinovis Ltd. & Co KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 12. Oktober 2014. Sie erreichen uns unter [email protected]

TITEL: KRISTIAN SCHULLER; DIESE SEITE: MARTIN U.K. LENGEMANN; NIKO SCHMID-BURGK LENGEMANN; NIKO U.K. MARTIN DIESE SEITE: TITEL: KRISTIAN SCHULLER; Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit. O O ICON SEPTEMBER 2014

Oben: Daphne trägt einen Mantel von Saint Laurent. Rechts oben: Mantel von Akris. Kopf- bedeckung und Handschuhe: Dolce & Gabbana. Rechts: Mantel von Michael Kors. Armreif und Ohrringe: Piaget. Mehr von unserem Paris- Shooting finden Sie ab Seite 56 KRISTIAN SCHULLER

52 SEHR RUHMANTISCH AUSGEWÄHLT Was tun, wenn die Leinwandgöttin ganz 28 ÜBERIRDISCH irdisch ein Kleid braucht? Elie Saab weiß, Gibt es ihn überhaupt noch, den echten was zu tun ist – und wir jetzt auch Jetset? Unsere Lifestyle-Weisen sind da wie immer grundpositiv gestimmt 56 AUF DEM DACH DER WELT Das „Peninsula“ ist Inbegriff von Eleganz. Im 38 LA DOLCE ICONA europaweit ersten Haus, in Paris, kleideten Unsere Fashion-Ikone und Icomi lassen es wir unser Model dementsprechend ein fürs süße Leben mal total krachen. Man darf wohl sagen: Es hat sich gelohnt 70 TODSDAL FEMININ Bis Alessandra Facchinetti kam, vermisste man bei Tod’s eine Damenkollektion. Das hat sich geändert. Gründlich MODE FIRENZE OHNE GRENZE 40 DER KICK BEIM STRICK 72 Von wegen großmütterlich: Mit diesen Wo ist der italienische Glamour hin? Strick-Kombinationen gehören Sie mindes- Ermanno Scervino will ihn wiederbeleben. tens auf die Fifth Avenue Wir sagen: mit großer Chance ENORMER DRUCK 42 MEINE HERREN! 76 Lange waren Blazer, Anzug und Co. bei Die High Society liebte ihre Prints. Doch Frauen nicht mehr sonderlich populär. Das Mary Katrantzou orientiert sich derzeit neu. sieht nun anders aus. Im Wortsinn Die High Society liebt’s wieder Kleid: Ungaro. Schmuck: Chopard. Uhr: Patek Philippe. Schuhe: Prada. Koffer: 44 CATWOMAN 78 SEI NICHT MONTY, PYTHON! Louis Vuitton. Der Mann mit der dunklen Für das Tier in der Frau: Schwäne, Katzen Im Paradies hat die Schlange ziemlichen Brille ist der Fotograf Kristian Schuller und Rehe gehören in diesem Herbst nicht Mist gebaut. Als Accessoire macht sie sich nur in Hof und Wald gut. Wir brauchen außerdem mehr Kilim 50 SILBERHOCHZEIT Vintage, aber richtig: Bei Cameron Silver Und natürlich digital: ICON glauben die Stars, früher sei alles besser Auf dem iPad in der WELT gewesen. Oder zumindest die Mode sowie online auf welt.de/icon 23 O D 260x365 ICONW114sept14.indd 1

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Animal-Print gehört nach Afrika: Kassandra Kleid und Mantel von Louis Vuitton trägt ein Oberteil und einen Rock von Gucci. Mehr von unserem Shooting in Namibia sehen Sie ab Seite 80 Ein großes Dankeschön gilt Frauke Haas aus der Botschaft von Namibia in Berlin und auch dem deutschen Botschafter in Windhuk, Onno Hückmann

Oberteil: Tod’s. Rock: Akris. Mantel: Missoni. Schuhe: Casadei

MODE 80 GANZ HEISSES THEMA Mantel und Schuhe: Jil Sander Bei dieser Mode halten Sie die Wüste Nami- bias für mindestens so glamourös wie einen Laufsteg in Paris 108 WEIL’S SO SCHÖN WAR ... 54 CARTIERS CARTE BLANCHE Sie war in den 90ern das erste Kampagnen- In den Ateliers von Cartier scheut man 92 RÖMER MACHEN SCHÖNER motiv von „Eternity“ und ist es nun wieder: weder Kosten noch Mühen, wenn es darum Kennedy und Bond: Wenn es ein Herrenla- Supermodel Christy Turlington. Inga Griese geht, Einzigartiges zu erschaffen. Mira bel gibt, das für Jetset steht, ist es Brioni. traf sie in New York zum Gespräch Wiesinger wurde Zeuge von großer Opulenz Dahinter steckt viel Arbeit 109 HINTER DEN KULISSEN 96 MACH MAL PAUSE Kennen Sie Puig? Nie gehört? Aber die Ihnen sagt Reschio nichts? Dann schauen KOSMETIK Parfüms des spanischen Konzerns kennen Sie mal in Umbrien vorbei. Pferde, Grafen, Sie. Ganz sicher. Susanne Opalka klärt auf Burgen – edler erholt es sich fast nirgends 104 NEUES VON DEN PROFIS Nach unserer Sommerpause haben unsere 112 GLOBAL DIARY Beauty-Beiräte wieder so einiges zu erklären. GESCHICHTEN Unsere Kartenschreiberinnen schicken dies- Plus: neue Lieblings-Produkte mal Post aus Venedig und der Provence 46 GLANZ UND MARELLA (nicht zu verwechseln mit Provinz) 106 BEAUTY MEETS FASHION Sie galt als Stilikone der 60er-Jahre, war mit Längst können Modehäuser uns nicht nur dem Patriarchen Gianni Agnelli verheiratet 113 ALLES VOLL, MR. CRUISE! gut anziehen, nein, sie können uns auch und hat nun ein Fotobuch über ihr schil- San Pietro ist Sardiniens letztes Geheimnis. schöner machen lerndes Leben veröffentlicht. Inga Griese hat Also fast. In manches Restaurant kommen vorab darin geblättert selbst Hollywood-Stars nicht hinein 107 KAUF DICH GLÜCKLICH In einer kleinen New Yorker Galerie finden 48 BELLA? MARBELLA! 114 DER BAUPLAN Superreiche nun Dinge, die das Leben schö- Vergessen Sie St-Tropez. Die Geburtsstätte Alles Normcore, oder was? Dior baut auch ner machen. Und ja, auch ein eigenes Par- des Jetsets ist in Spanien. Wir trafen Sneaker de luxe. Wir haben genau zugese- füm, das nach Glas und Beton duftet Tita von Thyssen, so eine Art Expertin hen, wie das funktioniert 25 O

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STILISTEN UNSERE LIFESTYLEWEISEN SIND NICHT NUR TREND- SONDERN AUCH WAHRE JETSETTER

Wau! EDWARDQUINN.COM 2014 Als Fotograf Edward Quinn (1920–1997) in den 50er-Jahren an die Côte d’Azur zog, entdeckte er die Liebe für ein ganz besonderes Motiv: Berühmtheiten und ihre Tiere. Ob Schauspielerin Brigitte Bardot, die mit ihrem Mischling im Bett kuschelt, Schriftsteller William Maugham, der mit seinem Pekinesen auf dem Boden herumtollt, oder Model Hjordis Tersmeden, die hier mit Zwergpu- NET-SET del und Afghanischem Windhund auf Spritztour geht – im Bildband „Celebrity Pets“ (teNeues Verlag) sind die schönsten Aufnahmen vereint. YESSSS! Ich habe in diesem Sommer nicht gearbeitet und nur Ferien gemacht! Ich habe die dollsten drei Monate meines Lebens ver- bracht. Drei Wochenenden auf Ibiza, zwei Wochen auf Mykonos, Hydra, Patmos, Salzburg, einige Tage in St-Tropez und in den Hamptons. Ich habe alles mitgemacht. Habe alles gesehen. Unvergessliche Sonnenuntergänge auf den Terrassen der teuersten besten Restaurants. Atemberaubende Hochzeiten umgeben von den glück- lichsten Frauen und Männern dieser Welt. Rauschende Feste, Partys in den angesagtesten Nachtklubs bis zum Morgengrauen mit den coolsten Modedesignern, den hippsten Celebrities und sexiest Models ... weiße Strände am Mittelmeer, menschenleer mitten im August. War auf super Yachten und bei Barbecues an endlosen Swimmingpools mit amerikanischen Milliardären. Drei intensive Monate Luxusleben an den schönsten Plätzen dieser Welt, umgeben ausschließlich von „the beautiful people“. Und all das ohne jemals einen Flughafen zu streifen, voll von internatio- Emmanuel de nalen Touristenmassen (keine Zwei-Liter-Flaschen Wasser am Security Check, pleeeaase!!!), ohne ein Hotel oder eine Einladung zu organisieren. Bayser Kurzum: ein 200-Prozent-Jetset-Leben, ohne auch nur einen Cent dafür zu bezahlen. Gratis. Zu Hause. Nach getaner Arbeit. Abends auf Face- Mitbesitzer von book, gefüttert von meinen „Freunden“. The Corner Berlin Ich habe den ganzen Sommer arbeitend verbracht und alles durch Vermittlung und die Augen anderer erlebt. Das ist wunderbar: keine Notwen- digkeit mehr, wie früher Magazine zu kaufen und vom unerreichbaren Glamour des Jetsets zu träumen. Vorbei das „smart set“ der 20er- und 30er- Jahre, der Fitzgeralds, Nouailles und Cocteaus. Vorbei auch der „Jetset“ von Slim Aarons mit Jackie, den Agnellis und Gunter Sachs. Heute ist die ganze Welt Jetset. „Ah, schau, ich habe gerade einen ganzen Abend mit Pharrell Williams verbracht“, sagte unlängst eine Freundin und zeigte mir ein Foto mit ihm auf ihrem iPhone, aufgenommen während der Berlin Fashion Week. Selfies, Social Media – das sind die neuen Schlüssel zum Eingang in das Reich des neu- en Jetset. Ultra easy. In der Umsetzung nicht ganz. Man braucht schon Selbstbewusstsein, um jeden Star, der einem über den Weg läuft, um ein Foto zu bit- ten. Man muss schon extrem exhibitionistisch sein, um vor den Augen der Welt seine täglichen Erfolge auszustellen. Erst die Inszenierung des Ganzen: Out- fit, Make-up, Lippen leicht geöffnet, Lächeln leicht angespannt, der Hintergrund ... und dann das Retouchieren, das Foto online stellen, alles zur richtigen 28 Zeit, damit bloß eine maximale Anzahl von Freunden es auch sieht. Text verfassen, Kommentare beantworten. Ein Fulltime-Job! O

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Mit wildem Wasser gewaschen

Coole Klamotte, provozierender Blick und barfuß: So bekam Jean-Marie Périer den Filmstar 1966 in St-Tropez vor seine Kamera. Alain Delon drehte dort gerade mit den Film „La Piscine“, der drei Jahre später auch in Deutschland für Furore sorgte. Wie kein Zweiter verkörperte der Schauspieler damals das Versprechen von ungezähmter Männlichkeit. 1966 aber lancierte das Modehaus Dior sein erstes Männerparfum: „Eau Sauvage“. Ein Zufall? 2009 verwendete das Unter- nehmen jedenfalls das in seiner Lässig- keit so aufreizende Foto für eine neue Kampagne des Duftklassikers. Nach- zulesen im prachtvollen Bildband „Dior, The Perfumes“ (Rizzoli Bookshops).

Vielflieger brauchen immer handgepäcktaugliche Kosmetik: Dieses (Jet)Set ist von Aesop

ICH REISE, ALSO VERDIEN ICH POUR DIOR JEAN-MARIE PÉRIER (1966) PAR DE MONSIEUR ALAIN DELON UNE PHOTOGRAPHIE Der Begriff „Jetset“ leitet sich, laut Wikipedia, „von einem Lebensstil ab, bei dem mit dem Flugzeug (Jet) in schneller UND SONST NOCH Folge zwischen den schönsten, angesagtesten oder exo- DIE LIEBEN KOLLEGEN: Kann Frau mit vier kleinen Kindern tischsten Plätzen der Welt gewechselt wird“. Er beschreibt mal eben wegen Schatzi ins Valley umziehen? Kann Frau. demnach auch treffend mein Leben. Ich bin Vollblut-Jet- Und nebenbei auch noch zu innerer Gelassenheit finden. setterin und ich stehe dazu. Allein: Im Gegensatz zum tra- Wenn Frau dann noch Katja Kessler heißt, wird aus der Er- ditionellen Jetset-Leben, in dem Reisen um den Globus fahrung ein lebenskluges und zugleich sehr komisches vornehmlich dem Müßiggang dient, reise ich um Geld zu Buch. „Silicon Wahnsinn“, Verlag Marion von Schröder verdienen. Fühlt man sich von klein auf als rastlose Welt-Nomadin, die am ——— SELBST GEMACHT: Prada macht im Oktober liebsten jeden Tag woanders auf- die Kunden zu Designern. In München und wacht, und wurde man nicht mit Berlin können sie ihre Schuhe gestalten. (ziemlich langweiligem) Superrei- ——— GESPRAYT: Graffitikünstler André Sa- ULLSTEIN BUCHVERLAGE

chen-Status geboren, der den wahren PRADA raiva hat für die Winterkollektion von Marc (ziemlich langweiligen) Jetset ermög- O’Polo Damenshirts entworfen. ——— RASANT: Martini kehrt in ei- licht, bleibt nur eine Lösung: ein Job, ner limitierten Edition mit „Racing“-Streifen als Apéritif in Ala Zander der einen ständig auf Reisen schickt, unsere Hausbar zurück – wie auch als Sponsor in die Formel 1. ——— Inhaberin der Business-Jetset quasi. Ich wollte im- SO SCHLAFEN DIE DEUTSCHEN: Über „Art of Travel“ können nun Zim- PR-Agentur Stilart mer ein Traveller sein und ich wurde: mer im Teamhotel der Nationalelf in Campo Bahia gebucht werden. „TravAla“. Es ist mir gelungen, meinen Geschäftsalltag mit den schönsten, angesagtesten oder exotischsten Plätzen der Wäre Donatella Versace eine Welt zu verknüpfen, was mich zu einem weiteren berufli- Tasche, wäre sie wohl dieses chen Projekt inspiriert hat: einem eigenen Reiseblog. Doch auch wenn mein erfülltes Leben, lückenlos in Trava- goldene Modell aus ihrem la-Instagram-Bildern dokumentiert, aussehen mag wie ein schnöder Dauerurlaub: In jedem frisch eröffneten Design- Hause. Die D. Signature Bag Hotelzimmer und an jeder Hotspot-Bar, an jedem Pool gibt es seit Juni. Und das D und jedem Strand ist mein mobiles Büro immer dabei. Und noch ist sehr viel Business-Jetset nötig, um für mein steht, wie könnte es anders Blog-Projekt genügend Müßiggang zu schaffen ... In die- sein, für Donatella. sem Sinne: Ich muss los! O O

So geht Jetset!

Er prägte den Begriff des Playboy-Gentle- man und war so viel mehr: Gunter Sachs (1932–2011). Der Un- ternehmer, Mathema- tiker, Künstler und

Kunstsammler wusste PICTURE PEOPLE zu genießen. Sachs war das unverschämt attraktive Gesicht des Jetset der 60er- und 70er-Jahre. Der König der Côte d’Azur. Seine mondäne Leichtigkeit beeindruckte die schönsten Frauen der Welt – nicht seine Millionen. „Ich bin ein Troubadour“, sagte er DAS LEBEN IST einst. Ja, er war ein aus seiner Zeit gefallener Romantiker. ZU KURZ FÜR SCHLECHTEN WEIN

FOREVER Das Wort Jetset ist so 60er-Jahre – zumindest was Deutschland betrifft. Das war damals vor allem der FORTE DEI MARMI junge Gunter Sachs. Quasi der „Godfather“, dem alle in Scharen nach Sylt folgten. Denn da, wo er Als die italienische Industriellenfamilie Agnelli einst Forte dei war, war das Leben. Die Party. Das Vergnügen. Marmi als Ferienort entdeckte, wurde dieses Fleckchen Erde Tagsüber aalten er und seine Jünger sich am schlagartig weltberühmt. In Italien sind der Name und die Lage Strand, ließen die Hüllen fallen und hatten nur an der toskanischen Küste ein Synonym für Erholung und Aus- noch ihr Kofferradio an. Was nicht jedermanns Ge- zeit. Meine Familie hat hier seit vielen Jahren einen Wohnsitz, EMPORIO ARMANI schmack war – Romy Schneider soll sich gar darü- wo wir mit großer Freude unsere Ferien verbringen. Ich gestalte ber beschwert haben, dass „in jeder Welle ein nack- diese Tage sehr leger, fernab von allem Trubel und Telefonaten Mit Verlaub, aber ter Arsch hängt“, und stattete Sylt respektive „Na- und versuche so viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen wie ckedunien“ nur einmal einen Besuch ab. irgendwie möglich. Wir unternehmen lange Ausflüge in die Farbverlauf ist Dabei verpasste sie legendäre Nächte, in herrlichen Kiefernwäldern oder ausgedehnte Strandspaziergän- denen rauschende Feste gefeiert wurden. ge. Für ein köstliches Abendessen sind die in. Drum gibt’s Ja, ja – das Leben wurde damals in vollem Restaurants „Lorenzo“ oder „Maito“ meine erste von Emporio Maße und äußerst mondän genossen. Wahl. Für einen Aperitif am Strand eignet sich Was geblieben ist, sind die Geschichten das „Bagno America“ bestens oder zu späterer Armani nun und die Erkenntnis, dass nichts für die Stunde das „La Capannina di Franceschi“. Wo- Herbert Seckler auch eine kleine Ewigkeit ist. Deshalb sollten Sie sich ru- bei ich hier, als Frühaufsteher, eher seltener Kultwirt vom hig den 2011er „Buccella“ gönnen – ein anzutreffen bin. Ich schätze das Frühstück bei Degradé Capsule Sylter „Sansibar“ Luca Caprai Cabernet Sauvignon aus Napa Valley, „Soldi“ im Stadtkern. Fast alle meine Freunde ein üppiger Wein mit Aromen von dunklen Früch- Inhaber von Cruciani und auch Geschäftspartner sind ebenfalls in Collection ten, Lakritze, Kaffee und schwarzer Schokolade. Forte dei Marmi und nirgendwo lässt es sich entspannter über So kostbar und zeitlos, dass der Jetset von heute neue Projekte sprechen oder Ideen entwickeln. Und ja, hier dafür sogar den Champagner stehen lässt. begann auch der Hype um meine Makramee-Armbändchen.

TRENDBAROMETER VON WOLFGANG JOOP Herr Haka Frau Dob Der Jetset war die Sehnsucht, die Projektionsfläche, zu Interessant eigentlich, dass du wenig vom Vintage-Look der man aufschaute. Ein Leben, das man bewunderte, hältst. Hast du nicht gesagt, dass der alle, die älter als 15 nicht teilte. Heute haben wir ja eher ausgeträumt. Und sind, alt macht? Dabei trägst du doch ständig deine ollen spüren dabei eine Sehnsucht nach alter Zeit. Ich habe Sachen, weil du Schuft da immer noch reinpasst. Wie? damals in Hamburg noch ein wenig davon mitbekommen: Ach so, du erwartest aber auch nicht, dass die Klamotte Curd Jürgens, Harry Meyen, Romy Schneider. Die hatten etwas aus dir macht, sondern du machst etwas Neues aus noch Geheimnisse, mussten sich nicht ständig mitteilen, ihr? Interessant. Ich denke vor allem, dass alles, was nicht gingen nicht auf Nummer sicher. Das war ein völlig nach Mode aussieht, modern ist. Überhaupt, dieses anderer Flirt mit dem Schicksal damals. „Tragen-Müssen“ ist doch vorbei. O O

BRAD PITT WILL ES Brad Pitt führt ein Jetset-Leben, weil er muss, nicht weil er will. Er und Angelina Jolie-Pitt sind das meistfotografierteste Paar der Welt: „Ich habe meine Anony- mität verloren – aber das ist das Busi- ness!“ Luxus ist für ihn Lastlosigkeit. Er hat 50 Motorräder: „Wenn ich einen Helm trage, bin ich jedermann – und frei.“ Einmal fuhr er mit seiner Ducati von Berlin nach Prag – zum Biertrinken mit Angelina – „meinem Fräulein“! Kleidung ist ihm wurscht: „Sie muss nur bequem sein! Ohne Regeln.“ Sein Wein-Schloss in Südfrankreich ist sein Schutzraum (500 Hektar, Flugverbotszone): „Unsere sechs Kinder sollen international aufwachsen!“ Sein Lieblingshaus steht in New Orleans: „Auf dem Balkon ein Bier trinken – und der Kakofonie der Geräusche lauschen –, da bin ich happy.“ 1963 CLAES OLDENBURG 1963 Mit Kindern fährt er Mini-Bus – allein in einem 3er-Konvoi aus Jaguar, Mercedes, Range Rover. Seine Bodyguards sind Hunger auf Ex-SAS-Agenten mit Hawaiishirts. Zu seinem 50. Geburtstag schenkte ihm New York Angelina eine herzförmige Insel bei New Amerikas liebstem Sandwich setzte Claes Oldenburg 1963 mit seiner Arbeit York. Er liebt Berlin (Soho House, Q- Hotel) – hat kein gemunkeltes Apart- „Giant BLT“ ein Denkmal aus Vinyl, Kapokfasern und Holz. Für seinen Snack- ment: „Bin doch nicht Donald Trump!“ klassiker imitierte der Pop-Art-Künstler Speck, Salat, Tomate, Mayo und Brot. Am glücklichsten ist er bei Sonnen- Die fünf Zutaten könnten die Bezirke seiner Heimatstadt symbolisieren. Oder aufgang in seinem 4-Meter-Bett mit einfach nur Lust auf einen großen Apfel machen. Angelina, wenn die Kinder reinkrabbeln „New York 50s & 60s“, ab 22. September im Christian Brandstetter Verlag. (liegen Matratzen davor). Angelina zu mir: „Ich trage immer ihre sechs Pässe in meiner Tasche (Tumi) – mehr brauche ich nicht. Und den Ring von Brad.“ Er hat HAUPTSACHE ALLURE auch seinen Ehering selbst designt: ein Strohhalm-dünnes Goldband – ge- Gibt es heute noch Jetset? Nein! Vielleicht ausgestorben mit dem pflastert mit ca. 30 Mini-Mini-Diaman- Verschwinden der Concorde, verhungert seit dem Tag, als das ten! Wer ist Brad Pitt? „Ich bin ein Vater.“ Flugzeug zum Massentransportmittel verkam. Talitha Getty in Marokko, Marella Agnellis Porträt in der Villa Leopolda oder der Marchese Pucci auf Capri im extravaganten Samtanzug – sind die Bilder, die einem aufs Stichwort in den Sinn kommen. Die Saint- Laurent-Clique im „Studio 54" bei der „Opium“-Premiere 1977 ist ein Beispiel für Lässigkeit de luxe und eben nicht den schrillen Bling-Bling-Stil, der heute oft mit Glamour verwechselt wird. Geld war nicht das Allheilmittel, so wie es die neuen Reichen zur Schau stellen, ohne Individualität und Qualität war alles nichts. David Blieswood Stilistisch, besonders in den 60er- und 70er-Jahren, mischten die Connaisseur aus Hamburg Exzentriker gern couturige Einflüsse mit lässigem Ethno-Stil. Die Interieurs von David Hicks sprechen ebenso diese Sprache wie die frühen Kreationen von Diane von Furstenberg. Ob Capri oder UND SONST NOCH Portofino im Sommer, St. Moritz oder Megève im Winter – längst FÜR SIE: Inès de la Fressange hat ist alles in der Hand der Allgemeinheit, die wirklich schicken Leute zum zweiten Mal eine Kollektion haben eine Alternative zum Um-die-Welt-Hetzen für Uniqlo entworfen. Darun- gefunden. Entschleunigung und Intimität bilden den ter auch diese Strickjacke Gegensatz zum Exhibitionismus der Massenmedien. mit Bambi-Zwillingen. ——— Ich fahre seit 40 Jahren im Sommer in das gleiche Buchstäblich FÜR IHN: Von Hermès gibt es Hotel in Italien und im Winter nach Österreich zum schön: In der nun die „Tie Break“ App. Sie Skilaufen an meinen Lieblingsort, umgebe mich mit erzählt die Geschichte der wenigen Menschen. Individualität wird großgeschrie- neuen „Tiffany Krawatte, erklärt den Weg ben, Bodenständigkeit und Extravaganz gehen flie- Petra Fischer zum perfekten Knoten und ßend ineinander über. Heute würde die Jetsetterin T“-Kollektion Geschäftsführerin zeigt, welche Farben am vom „Modehaus

eher Marni oder Odeeh tragen, die in ihren Mustern UNIQLO wird das T zum besten zum Hemd passen. ——— Fischer“ in Singen von der flamboyanten Zeit inspiriert werden, und sie wäre wahrscheinlich verwundert darüber, was man heute mit dem Designelement FÜR BEIDE: Till Brönner kann verbindet, was sie damals eher zufällig trug. Den stärksten Glamour auch fotografieren. Von Beth Ditto über verbreiten eher die intellektuellen und schlichten Sachen, das wuss- Armin Mueller-Stahl bis hin zu David te schon Jackie Kennedy, die mit Valentino-Pulli, Hose und Son- Guetta – seine Schwarz-Weiß-Portraits nenbrille durch Capri streifte und nicht unter der Last ihrer Status- von Musikerkollegen und Schauspielern symbole zusammenbrach. Der neue Jetset ist längst gestartet. sind im Bildband „Faces of Talent“ (te- Destination: Privatsphäre. Luxus ist: die Einfachheit genießen und Neues Verlag) erschienen. das Flugzeug einfach mal stehen lassen. O

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Hinter der Fassade Richard Avedon (1923–2004) galt als einer der einflussreichsten Modefoto- grafen seiner Zeit. Doch der gebürti- ge New Yorker hatte auch ein Auge für das Leben hinter der Glitzerwelt. Er zeigte Persönlichkeiten wie Bob Dylan oder Marilyn Monroe von ihrer nachdenklichen Seite, und dokumen- tierte Ende der 60er-Jahre – während sozialer Unruhen in den USA – das Leben von Fabrikarbeitern, Bauern, Landstreichern. Die eher unbekann- ten Werke des Künstlers werden bis zum 9. November unter dem Titel „Richard Avedon. Wandbilder und Porträts“ im Münchner Museum Brandhorst ausgestellt.

SCHAMPUS! Was wurde ich herablassend als Jetsetter abgetan, nur weil ich im August ein paar Ta- ge nach Ibiza fahren würde. Namen wie Jus- tin Bieber, Paris Hilton und Rihanna flogen mir um die Ohren, genauso wie die Frage, ob ich denn auch Champagnerflaschen für 600 Euro am Strand bestellen würde. Also, ich habe schon Urlaub auf Ibiza gemacht, da war Bieber noch gar nicht geboren. Der Ruf der Insel war aber offenbar noch nie so schlecht wie heute, jedenfalls unter Leuten,

2014 THE RICHARD AVEDON FOUNDATION THE RICHARD AVEDON 2014 die nicht Urlaub machen, um sich hinterher in bunten Blättern abgebildet zu finden. Was ist bloß mit dem Jetset passiert, dass außer Horden von Paparazzi und Billigtou- REISEN AUF DEM risten mit Smartphones niemand mehr in ih- rer Nähe sein will? Ach ja, ein paar Russen ROTEN TEPPICH noch, die sich in den Event- Restaurants am Hafen tat- Wieso weiß eigentlich jeder, was „Jetset“ ist, obwohl kaum einer dazugehört? Fragt sächlich den teuren Cham- man nach, fallen Namen von deutschen „Playboys“ (als Synonym für das leichte, pagner bringen lassen und ih- schöne Leben, in Zeiten von Playstations komplett aus der Mode gekommen), fran- re Yachten für alle sichtbar zösischen Schauspielerinnen und aus dem Adel. Als in den 50er-Jahren erste „Jet“- vor den beliebtesten Bade- Linienflüge die Propellermaschinen ablösten, war dieses schnelle Reisen noch kaum buchten ankern lassen. Aus erschwinglich. Der eigentlich für militärischen Einsatz entwickelte Düsenantrieb Mykonos und Portofino Johnny Talbot & erlaubte es wenigen Ausgewählten, immer am schönsten und angesagtesten Ort zu hört man das Gleiche, von Adrian Runhof sein (einige stiegen vom Hubschrauber gleich in die Concorde, war kürzlich zu lesen). St-Tropez erst. Designer-Duo des Sehnsuchtsorte wie St-Tropez, Sylt, St. Moritz oder Marbella sind zwar heute wie man Wenn Jetset also nur noch Münchner Modelabels ADELTA Talbot Runhof so sagt, touristisch erschlossen, aber es ist ihnen der Ruf des Exklusiven für die Schö- mit vulgärem „Show off“ nen und die Reichen geblieben. Düsenflugzeuge sind heute längst Standard im all- assoziiert wird, muss drin- gemeinen Passagierverkehr und wirklich Luxusreisende nutzen schon eher eines ihrer gend ein neues Wortspiel her für jene, die eigenen Flugzeuge. Was macht dann aber heute den Jetset noch aus, gibt es ihn ausgelassen, aber unaufgeregt und genie- überhaupt noch als einen besonders exklusiven Lebensstil, der sich darüber definiert, Design aus der ßerisch, Land und Leute achtend, um die dass man am „richtigen“ Ort geladen ist, und wer gehört eigentlich dazu? Eine von Zeit des Jetsets: Welt ziehen, um ihren größten vielen Antworten gibt die Berichterstattung der Magazinpresse: Wer über den roten Luxus, Freizeit in Gesellschaft ech- Teppich läuft, bei den Golden Globe Awards, den Academy Awards Der „Ball Chair“ ter Freunde, zu zelebrieren. Ich oder bei einer der zahllosen Filmpreisverleihungen, in richtiger Be- von Eero nehme gern Vorschläge entgegen, gleitung und richtiger Garderobe stilsicher im Small Talk ist, gilt in je- derweil mache ich woanders dem Fall als Jetset-verdächtig. Reisen zu diesen Anlässen und Orten Aarnio ist von Urlaub. Wo, verrate ich ein ande- werden allerdings für jedermann immer populärer, was in jedem Fall für res Mal … ausreichend Zuschauer und Bewunderer sorgt. Auch wenn die rote 1963. Über Farbe des Teppichs heute schon chemisch hergestellt werden kann und Dr. Maria nicht mehr aus dem Drüsensekret der Purpurschnecke gewonnen wird, theiconist.de Schneider auch wenn die rote Farbe als die ehemals teuerste nicht mehr Ausdruck Kein „Schampus“: Kreativdirektorin von Reichtum ist, der rote Teppich hat seine Magie behalten. Und der neue Dom der Autostadt Pérignon „P2“ in Wolfsburg vielleicht transportiert er, als fliegender Teppich das Glück, an einem Sehnsuchtsort zu sein, auch als Nichtmilliardär. O

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Beim Fernsehen sagt man: „Kinder und Tiere gehen immer“. Letzteres gilt auch für die Modebranche. Allover-Prints im Leo-, Zebra- und Schlangenlook bleiben uns freilich Valentino auch in dieser Saison erhalten. Neu ist allerdings eine figürliche

Detailverliebtheit – Jagdtrophäen Wunderkind für den Kleiderschrank 44 ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER; GETTY IMAGES/MONTAGE: ICON MIRA WIESINGER; GETTY IMAGES/MONTAGE: VON ZUSAMMENGESTELLT O

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Küsschen links, Küsschen rechts: Marella mit ihren Hunden in der FAST SET Villa Frescot. Unten: Das Faible für verwunschene Gärten hatte Marella von ihrer amerikanischen Großmutter geerbt

Links: Marella Agnelli und ihre Freundin Luciana Pignatelli im Hafen von Beaulieu-sur-Mer, 1962. Unten: Mit ihren Kindern Edoardo und Margherita

Der letzte Schwan Schwäne, so nannte Truman Capote seine klugen Freundinnen wie Marella Agnelli

Man muss sich allein in diese Szene hineindenken: Die Mutter pflegte im großen Baldachinbett im Schlafzimmer in der ersten Etage des Florentiner Palastes aus dem 16. Jahrhundert stun- denlang philosophische und religiöse Literatur zu lesen, die Knie mit einer leichten Decke aus rosafarbenen Maraboufedern bedeckt. In diesem Geist wuchs Donna Marella Caracciolo di Castagneto, besser bekannt als Marella Agnelli, Witwe des le- gendären Fiat-Chefs Gianni, Model, Fotografin, Künstlerin, Grande Dame, Gärtnerin auf. Der Vater, freiheitsliebender Dichter, von bestem alten Adel, im Krieg Agent im Dienst der

Briten. Die amerikanische Mutter von Vermögen, Esprit und FOCUS (2); FRANÇOIS (3); PHILIPPE HALSMAN/MAGNUM PHOTOS/AGENTUR © EARL MCGRATH MCGRATH BLUNT (5); CAMILLA PECCI MARELLA AGNELLI GILI NAST ARCHIVE/CORBIS; L. KNUDSEN PRESIDENTIAL COLLECTION;OBERTO HALARD (2); CONDÉ ROBERT Bildung. Marella verliebte sich in Gianni, bevor sie ihn traf, Hel- dengeschichten wurden über ihn erzählt. Und überhaupt, die Oben: Marella in einer Robe von Agnellis: Sie waren der Mittelpunkt dessen, was in den 1930er- Balenciaga auf den Stufen der Jahren als „Fast Set“ bewundert wurde, ein glamouröses Leben, Villa „La Leopolda“, 1963. Rechts: befreit von moralischen Zwängen. Sie war 18, er Mitte zwanzig, Die private Kapelle der Villa. Daneben: Tochter Margherita als sie sich nach dem Krieg schließlich kennenlernten. Eine On- off-Liebe, zunächst. Die Mutter war wenig begeistert vom Agnelli-Glamour. Doch 1953 heirateten die beiden in Straßburg. Es wurde ein kolossales gemeinsames Leben. Gianni starb 2003, nun hat Marella ihre Memoiren verfasst. In Wort und vor allem in Bildern. „The last Swan“, bei Rizzoli. Ein Traum. IG

Golden Nineties: Gianni und Marella Agnelli in Turin (unten). Die beiden waren 49 Jahre lang, bis zu Giannis Tod 2003, verheiratet

Cool an Bord: Gianni und 46 Marella Agnelli mit den Kennedys beim America’s Cup vor Rhode Island, 1962 O

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FEIERABEND Generation Easy-Jetset Es gab Zeiten, da waren die Worte Marbella und Glamour beinahe Synonyme. Tita Baroness Thyssen kennt die Costa del Sol seit damals. Ein Terrassenbesuch. Alex Trebusfotografierte

enn sich langsam fürs Leben eingegangen. Der hat ihr eine „Shabby Chic Leopard“ hier in Marbella am der Billigflieger Kunstsammlung von van Gogh bis Picasso Strand tanzten. Es ist heiß. 37 Grad, Tita Richtung Lande- hinterlassen, die weltweit im Wert auf Platz schwitzt nicht. Stil ist ein Frage von Conte- bahn senkt, wenn zwei rangiert. Nach der von Elizabeth II. Und nance. Sie hat sich auch gehen lassen, obwohl die Funktions- ihr ist es allen Ernstes schnuppe, wie sie reist? die Spuren in ihrem Gesicht kaum lesbar sind. kleidung raschelt Es ist schön auf ihrer überdachten Terrasse. Wie ein Kerl hat sie breitbeinig ihre Sitzposi- W – dann hat einen Still, mit Blick auf Bananenstauden, dahinter tion eingenommen, ihre Stimme ist tief, die die Wirklichkeit der Pool. Ausladende Sofas mit dicken türki- Gesamterscheinung eher metrosexuell denn im Würgegriff. „Ach, was waren das für Zei- sen Polstern, einem Esstisch für acht Perso- Vamp, trotz blonder Mähne und halb geschlos- ten“, seufzt Tita Thyssen beim Gedanken an nen, alles ein bisschen Bali-Style. Schön, aber sener Augen. Ihr, dem ehemaligen Fotomo- die 60er- und 70er-Jahre an der spanischen längst nicht so glamourös, wie es zu erwarten dell, wird von der globalen Klatschpresse be- Küste. „Heini hatte einen eigenen Jet“, sagt sie wäre. Eher wie ein teures Ferienhaus auf Mal- vorzugt unterstellt, sie habe sich nach oben und zieht noch mal an ihrer Zigarette. Mal lorca. Es ist das Dritt- oder Viertheim von Tita, geschlafen. Erst der Lex und dann Heini und ehrlich, Tita, also ob Sie je in Ihrem Leben ei- die gerade von einem Segeltörn um Ibiza dann ausgesorgt. Will man das wissen? Ausge- nen Flieger mit orangefarbenem Emblem be- kommt. Immerhin mit der eigenen Yacht. Uff. sorgt aber hat sie, hat die berühmte Samm- stiegen hätten? „Habe ich natürlich gemacht“, Was das Haus glamourös macht, ist zum Bei- lung ausgebaut, kümmert sich um vier Mu- behauptet sie. Tita von Thyssen, geborene spiel Brad Pitt als Nachbar. seen, ist auf den Messen präsent und zahlt da- Carmen Cervera, in erster Ehe verheiratet mit Ein Abstieg in die Schäbigkeit ist also nicht zu für mit dem Kalender einer Top-Managerin. „Old Shatterhand“ Lex Barker, ist 1985 mit befürchten. Indes: Es hat sich viel geändert, In Zeiten, in denen eine Katzenberger und Co. dem millionenschweren Hans-Heinrich – seit die Bardot, der junge Sean Connery, seit als It-Girls gelten, ist sie der reine Glamour. „Heini“ – von Thyssen-Bornemisza den Bund Gina Lollobrigida auf Partys mit dem Motto Paris Hilton? „Sie ist blond – oder?“, fällt ihr ein. Als Tita und Heini sich fanden, war das „Marbella Club Hotel“ auf dem Zenit. Irgend- wann in den 50ern verschlug es Alfonso von Hohenlohe an die Costa del Sol, er fand es duf- te, lud Freunde ein, das Ganze geriet aus dem Ruder und der Ansturm von vermögenden Buddies führte dazu, dass Alfonso seinen Hi- deaway in ein Hotel umfunktionierte. Mit nachhaltiger Wirkung: Die Straße vor dem Areal trägt seinen Namen. Heute ist das Hotel eine Anlage mit mehr als hundert Zimmern und 14 Villen. Plus der Privathäuser, die auf dem Clubgelände stehen, so auch das von Tita Thyssen. Weiß gekalkte Häuser, spanisch eben, an einem Sträßchen, das zum legendä- ren Beach Club führt, unauffällige Security- Männer. Direkt vor dem Beach-Club ein Park- platz mit einem Rolls-Royce mit Berliner Kennzeichen. Der Firmenwagen, der verrät: Conde Rudi ist da. Er kam vor 60 Jahren, kurz nach der Gründung der Keimzelle des Jetsets (und nichts anderes ist Marbella). „Rudi“, Ru- dolf Graf von Schönburg, trat an, um Alfonso zu unterstützen, und ist hier der gute Geist ge- worden. In der Lobby grinst er dem Gast von einem Bild und sehr verjüngt entgegen. Di- rekt daneben hängen die Gemälde von Titas Busenfreundin Mercedes Legrandre. Die beiden kennen sich aus Los Angeles, aus Zeiten, in denen Tita noch mit Barker verheiratet war. Mercedes schaut noch immer gern bei Tita vorbei, sie hat auch ihre alterslosen Porträts gemalt, Mein Haus, mein Boot, meine die in ihrem Schlafzimmer hängen. Party: Tita von Thyssen kennt Ein Raum, ein Mädchentraum. Weiß sich da aus. Also, so wirklich und rosa. In allen Häusern? „Einige sind hellblau, einige türkis“, sagt die Gastgeberin mitten im Boudoir. „Aber die Grundfarbe ist immer Weiß.“ Un- schuldiges Weiß. Hier, in dieser Umge- bung, wirkt es fast unwirklich. AT

Heini Thyssen Bornemisza

GETTY IMAGES MARBELLA CLUB, SLIM AARONS/GETTY IMAGES; MONTAGE: ICON ICON SLIM AARONS/GETTY MONTAGE: MARBELLA CLUB, IMAGES; GETTY IMAGES mit seiner Schwägerin Charlene Shorto bei einer Party 1971 in Marbella O

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Von früher. Für immer Cameron Silver bringt das Gestern ins Heute. Mr. Vintage aus Hollywood schickt die Stars in Retro-Roben auf den Roten Teppich. Andreas Tölke traf einen echten Fashion-Jetsetter

Für Fotograf Thomas Meyer stand Cameron Silver im Efeu der Galerie Camera Work

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FOREVER YOUNG

as Einzige, was noch feh- hört er zu den 25 wichtigsten Modeexperten. len würde, wäre das Bana- Der Vintage-Botschafter im Hier und Heute. nenröckchen von Balu Seine Ansage „Werft nichts weg!“ ist aktueller dem Bären von 1967. Das denn je. Aber wenn niemand entsorgen soll, ist doch nun wirklich Vin- woher kommen dann seine Neuerwerbun- tage at it’s best. Obwohl gen? „Ich war gerade bei Anjelica Houston D selbst dieses Kleidungs- und wir sind ihren Kleiderschrank durchge- Alles Vintage: Die Mode vergangener stück bereits vor dem „Dschungelbuch“ da ge- gangen.“ Für Cameron Silver eine Art Schla- Jahrzehnte, wie hier an Models in den wesen ist: an den Hüften der legendären Jose- raffenland, denn: „Es sind nicht allein exquisi- 60er-Jahren, interessiert Cameron Silver phine Baker, die in den Zwanzigern tout Paris te Teile, Anjelica weiß zu jedem Stück die Ge- (also die Welt) in Verzückung versetzt hat. Ei- schichte zu erzählen.“ Er gibt diese Geschich- ne Schwarze, die Sexyness mit Humor ver- band. Wirklich exquisite Mode ist eben zeit- los. Der Zeremonienmeister für Nachhall und Substanz in einer scheinbar flüchtigen Bran- che stammt ausgerechnet aus Los Angeles, aus Hollywood. Cameron Silver ist angetreten gegen das Vergessen und für Profundes. Und das mit einem außerordentlichen Fundus. Vintage – das waren vor Cameron Silver alte Klamotten, die ausgemistet werden können. 1997 eröffnete er in Los Angeles „Decades“. Was vorher als Secondhand-Shop für mini- males Aufsehen gesorgt hätte, wurde von Sil- ver geadelt. „Heute schwingen in dem Wort Vintage Glamour und Begierde mit“, sagt er. Nachdem der smarte Amerikaner 2001 Julia Roberts mit einer Valentino-Vintage-Robe für die Oscars ausstattete, ist der Hype unge- bremst. Zuvor hatten zwar schon Stars wie Dita von Teese und Gwyneth Paltrow bei „De- cades“ gekauft, aber dass Julia Roberts in der Robe von 1992 für derartigen Wirbel sorgen würde, damit hatte er nicht gerechnet. „Vintage steht für das Unverfälschte. Schiapa- relli, Givenchy, Balmain, Yves Saint Laurent – die ganz Großen der Fashionwelt haben Im- posantes geschaffen, das unvergänglich ist“, sagt Silver. Es schwingt Kritik am Istzustand mit. „Ich fahre natürlich immer zu den Schau- en nach Paris und Mailand. Aber ich überlege jedes Mal, ob ich mir das noch antue. Für viele Labels sind die Schauen Vehikel, um das nächste Duschgel zu promoten.“ Es spricht sozusagen der Karl Lagerfeld des Vintage. Und wie Karl der Große ist Cameron Silver ein Multitalent. Nach dem Valentino-Oscar- Coup wurde er Markenbotschafter für Bou- cheron und Pringle, er wurde Creative Con- sultant für Samsonite, als die Marke mit Christina Ricci 2007 die Sixties-Accessoire- Linie im Premiumsegment auf den Markt brachte. Es lag auf der Hand: Sechziger und Cameron Silver. Wie kaum ein Zweiter kennt er sich in der Geschichte der Mode aus. Und ten weiter. Auf seiner Trunk-Show in der ist in der Lage, sie in einen zeitgenössischen Berliner Galerie Camera Work beeindruckte Kontext zu stellen. Auch darum hatte ihn das er die Kunden mit Anekdoten zu seinen Fund- leicht angestaubte Label Azzaro engagiert. stücken, drückte die Kopfkino-Starttaste mit „Ich habe 2008 an der Neupositionierung ge- Sätzen wie: „Den Pucci-Kaftan hat Jane Birkin arbeitet.“ Aber: „Es gibt wenig Etats, die lang- an der Côte d’Azur getragen.“ Was in Berlin fristig für Visionen bereitgestellt werden.“ keine Abnehmer fand, wanderte weiter. Er ist ein kritischer Kopf, der Mr. Silver. Jetzt Bis nach Capri. Mr. Silver kombinierte dort ei- schließt sich der Kreis zur Kunst. Es kommt ne Autogrammstunde zu seinem Buch „Deca- einem Ritterschlag in der Szene gleich, dass des: A Century of Fashion“ mit Trunk-Show der Modehändler im Museum of Contempora- und einer Hochzeitseinladung. Erica Pelosini, ry Arts Design Center in Los Angeles (MOCA) italienische Stylistin, heiratet Louis Leeman, eine Ausstellung kuratiert hat. Sie trägt den holländischen Schuhdesigner. Silvers Look ambitionierten Titel: „The Total Look: The für die Events: sechs verschiedene Outfits. Creative Collaboration between Rudi Gern- Vintage selbstredend. Meisterstücke sind Stil reich, Peggy Moffitt and William Claxton“. Sil- und Anlage. Bis zu 50.000 Euro bringt Cha- ver verbindet die österreichische Modelegen- nel-Haute-Couture, aber Prêt-à-porter der Lu- de mit der Muse Moffitt und dem Werk des Fo- xusmarken ist auch eine gute Aktie: „Hermès, tografen Claxton. Grenzüberschreitende Kre- Givenchy und Thierry Mugler nie weggeben.“ ativität mit ihrem Ursprung in den 60ern. Das Denn wie sagte schon Iman, Gattin von David Contemporary Art Museum St. Louis hat ihn Bowie? „Verschwende nie dein bestes Paar für solche Ideen mit dem Honorary Chair aus- High Heels an jemanden, der gerade mal Flip-

gezeichnet, und für das „Time“-Magazin ge- Flops verdienen würde.“ IMAGES ROUCHON/AKG THOMAS MEYER; JACQUES O

BAUSCH UND BOGEN Der Stoff der Stars Wie kommt man zu einer wahrhaft großen Robe? Die Stylistin Emily Legendre, seit zehn Jahren im Inner Circle von Elie Saab, empfängt Stars wie Angelina Jolie in der VIP-Suite des Designers in Cannes. Selbstverständlich nur mit lange vorher vereinbartem Termin. Andreas Tölke hat auch einen ergattert

enn die Top-Res- nämlich Stil, Anmut und die Lust, sich schön zwanzig Minuten auf dem roten Teppich die taurants und Bars zu machen. In ebenjenem Spannungsfeld kre- Fotografen in den Wahnsinn zu treiben. Emily die Saison eröff- iert Elie Saab Außergewöhnliches. erläutert die Regeln des Hauses: „Wir spre- nen, ist die Dichte Aus dem Libanon stammend, betrat er 1982 chen keine Celebrities an, damit sie unsere an schönen Men- mit seinem Label „Beirut-based fashion“ die Kleider tragen. Wir honorieren keine der Trä- schen auf den Bühne und präsentiert in Paris seit 2003 Hau- gerinnen dafür, dass sie unsere Kleider trägt. W Dachterrassen von te Couture. Die Filmfestspiele, die Oscars – Die Kleider werden für einen Auftritt verlie- Beirut nach wie das sind auch seine großen Events. Auf dem hen, kommen dann wieder zu uns zurück und vor geradezu irritierend. Eine Armada an Da- roten Teppich beweist sich die Modemacht- wandern in unser Archiv.“ men erobert die Rooftops, Jimmy Choos und stellung. Minutiöse Planung – wer was an- Würden sie Paris Hilton anziehen? Pause. Manolo Blahniks klackern über den Boden, zieht, und bitte auch wo und in welcher Funk- „Nein.“ Kim Kardashian? Pause. „Kim Kardas- Dekolletés kurz vor FKS-Altersbeschränkung tion –, das ist der Job von Emily Legendre. Sie hian ist eine sehr loyale Kundin des Hauses, werden souverän präsentiert, viel Seide und reist zu den bekannten Weltglamourspielen trotzdem sehen wir uns nicht in der Rolle, sie Eleganz ist im Spiel. Schnitt. an, um in den besten Hotels am Platze mit ei- für einen Auftritt einzukleiden.“ Aber was Die Croisette in Cannes zu den Filmfestspie- nem in jedem Jahr neu designten Showroom passiert, wenn die Hilton-Erbin oder die Ka- len. Sogar pubertierende Teenies paradieren: einzuziehen. Jetzt hat sie also im „Martinez“ in nye-West-Gattin Roben in Los Angeles erste- Jünglinge mit Flaum, aber in Smoking und Cannes eine Suite umbauen lassen, die bei- hen und sich darin in Cannes präsentieren? Fliege, die jungen Damen in Cocktailkleidern. nahe wie das Pentagon gesichert ist. Hinter ei- „Das wird nicht passieren, da wir jeden Kauf Zwischen dem Libanon und der Côte d’Azur ner Absperrung quetschen sich die Fans von allumfänglich begleiten. Wir wissen, für wel- liegt viel Meer. Aber es gibt eine Verbindung: Jane Fonda und dem Bollywood-Superstar So- ches Event wer welche Robe ersteht. Dement- sprechend fällt die Auswahl aus.“ Emily strahlt in der Suite eine fast buddhistische Gelassen- heit aus, obwohl ihr Handy nonstop klingelt. Wie meistert sie diesen Ansturm? „Mit Blei- stift und Papier. Oft ändern sich im Minuten- takt die Termine. Die Dame, die um 11Uhr zum Fitting kommen wollte, hat sich für 16 Uhr an- gekündigt und steht dann um 14 Uhr vor der Tür. Für uns ist das Alltag.“ Dann wird der Vor- hang zum Entree diskret geschlossen, damit im Showroom die andere Kundin weiter be- treut werden kann. Zuvor werden die Roben auf Anforderung zu den Stars gebracht. Damit ist aber noch lange nicht klar, dass zum Bei- spiel Angelina Jolie auch Elie Saab trägt: „Wenn sich jemand nicht wirklich mit dem Kleid identifizieren kann, dann soll, dann darf er es auch nicht tragen.“ Es ist auch selten der Star allein, der entschei- det. „Ich berate mich meistens als Erstes mit der Stylistin. Sie weiß genau, welche Vorlie- ben die Trägerin hat, weiß, in welcher Rolle sie ihren Auftritt absolviert“, sagt Emily. In Cannes 2014 war eines der Mega-Events das Erscheinen von Nicole Kidman. Paz Vega wollte und sollte dank ihrer Nebenrolle nicht die Aufmerksamkeit auf sich lenken, darum nam Kapoor ans Git- trug sie ein vergleichsweise schlichtes Elie- ter. Beide werden Elie Saab-Cocktailkleid in Creme. Sie hat der Saab tragen. Hauptdarstellerin ihren Raum gegeben. Emily ist das gewöhnt, In der Suite hängen aktuell 20 Kleider: „Nach seit zehn Jahren Teil des Elie- der Auswahl kommt das Fitting, wir sind im- Saab-Teams und zum sechsten mer mit einer Schneiderin vor Ort, die das Mal vor Ort. Ihre Mission ändert Kleid entsprechend modifiziert“, erklärt Emi- sich im Minutentakt. Sie ist zwölf ly. Und wie geht sie damit um, wenn sich je- Tage fast rund um die Uhr im Ein- mand ein Outfit aussucht, das so gar nicht zu satz, selbst nachts begleitet sie oft ihm passt? „Wir haben es hier mit Profis zu die Trägerinnen der Roben. Tags- tun. Die Stars wissen alle um ihre Wirkung über ist im dritten Stock des und haben ihren Look perfekt im Kopf.“ Aha. ELIE SAAB; GETTY IMAGES (2)ELIE SAAB; GETTY IMAGES „Martinez“ von dem Stress nichts Und ein Fauxpas wie der, als Angelina Jolies zu spüren. In der Suite sind die schwarzes Louis-Vuitton-Kleid bei den Oscars Das Kleid fürs Event: Sonam Kapoor und Naomi Couture-Preziosen aufgereiht. In einem 2012 ihr nacktes Bein bis fast zur Hüfte ent- Watts auf dem Roten Teppich in Elie Saab – mehr Raum versammelt sich der Gegenwert eines hüllte? „Es war nicht das Kleid, es war die Po- muss man jetzt wirklich nicht sagen, oder? wirklich schönen Landhauses in der Toskana. se“, erwidert Emily. Haute Couture – das ist 52 Die Textilien haben nur eine Aufgabe: zehn, auch Haltung. Emily verkörpert sie. O

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Edelsteine für größere Geschmeide, etwa ein üppiges Collier, werden im Atelier von Cartier mittels Knetmasse an einer Büste platziert. Ein Smaragd- Pendant wartet derweil auf Vollendung

2500 Arbeitsstunden würden benötigt, bis ein „Tutti Frutti“-Collier fertig ist. „Allein 400 Stunden fließen in das Wachsmodell“, erklärt Xavier Gargat, seit 15 Jahren Manager des Ate- liers. Genau wie sein Vater und sein Sohn ist auch er Goldschmied – seit 43 Jahren. Mit al- len Prozessen im Atelier ist er vertraut. Ein jedes Kleinod beginnt mit einer zweidi- mensionalen Zeichnung. Die Umsetzung, also das dreidimensionale Modell, bleibt dann der Kreativität der Goldschmiede überlassen. „Ein Goldschmied ist ebenso Schöpfer, wie ein De- signer“, so der 59-Jährige. Mit Farbe wird die Position der einzelnen Steinchen auf das Mo- dell gebracht. Das kann schon mal zwei Wo- chen in Anspruch nehmen. Anschließend werden mit einem Miniaturskalpell kleine Lö- cher in das Wachs gebohrt. Dabei entsteht ei- ne wabenartige Struktur, die später Licht in die Steine bringen soll. Schließlich wird ein

CARTIER Gipsabdruck genommen als Antiform für das Edelmetall. Dies sei eine jahrhundertealte Technik namens „Fonte à la Cire Perdue“ GLANZSTUNDE (auch: „Lost Wax“), die ursprünglich aus Ägyp- ten stamme und von den Chinesen ebenfalls geschätzt worden sei. Erst 1925 entdeckte man das Verfahren erneut. Xavier Gargat, imposan- te Statur, eisblaue Augen, Silberhaar, erzählt, Ein ganz man hätte sie bei Cartier sogar verfeinert. Das Montieren von Einzelteilen, etwa die be- weglichen Tatzen an ein für das Haus typi- privater sches Panthère-Schmuckstück, das Fassen der Steine, das Polieren eines jeden einzelnen Lochs mit Baumwollfäden und einer jeden Kante mit Gänsefederkielen (fest genug, um Meilenstein das Metall auf Hochglanz zu bringen, weich genug, um es nicht zu zerkratzen) verschlingt weitere Aberhunderte von Stunden. Unsere Autorin hat schon so manche Manufaktur besucht. Bis sich Für eine aus 100 Unikaten bestehende Kollek- aber die vielen Sicherheitstüren zu den heiligen Hallen der tion arbeitet man in den Ateliers rund zwei Jahre. Aktuell, noch bis zum 21. September, Juwelierkunst, den Ateliers von Cartier, für sie öffneten, musste sich wird auf der Biennale des Antiquaires in Paris eine solche Kollektion ausgestellt. „Royal“ Mira Wiesinger einige Jahre gedulden. Und war dann recht verblüfft heißt sie kurz und prägnant und vereint all das, wofür Cartier exemplarisch steht: opulen- te Farbsteine, höchste Handwerkskunst und anmutige Pracht, die eines Königs würdig wä- ine viel zitierte Lebens- schleusen, immer dem Zwei-Türen-System re. Nicht umsonst genießt das Haus den Ruf weisheit lautet: „Wenn folgend, gilt es zu passieren, um bis hierhin, in als „Joaillier des Rois, Roi des Joailliers“ (Ju- sich eine Tür schließt, das Herz der Marke vorzudringen. welier der Könige, König der Juweliere). 15 öffnet sich eine andere.“ Und das ist um einiges, nun ja: unglamouröser, Königshäuser belieferte man einst, darunter In der Pariser Rue de la als man es sich in der Fantasie ausgemalt hat- den tonangebenden russischen Zarenhof. Paix 13, im Haupthaus te. Gerüche, Geräusche und Gerät erinnern an Später kamen noch die Königinnen der Holly- E von Cartier – man darf den Zahnarzt. Die Erscheinung der Kunst- wood-Leinwände hinzu. es getrost als heilige handwerker, mit Lampen und Lupen vor den Und während diese Stücke bewundert wer- Hallen der Juwelierkunst bezeichnen, denn Augen ausgestattet, in weiße Kittel gehüllt, den, wird in den Ateliers, nur wenige Schritte nichts anderes ist der große, von einer Galerie tun ihr Übriges. Doch was unter den Händen von der Pariser Place Vendôme entfernt, die gesäumte Verkaufsraum –, wird aus diesem dieser Goldschmiede, Gießer, Graveure, Uhr- nächste Haute-Joaillerie-Kollektion erdacht. Spruch eine Obliegenheit. Erst wenn sich die macher, Polierer, Perlenknüpfer, Steinschlei- Wird gezeichnet, gebohrt, gegossen, gehäm- Tür zur Straße geschlossen hat, öffnet sich ei- fer und -fasser entsteht, sind Objekte, die ein- mert, geschliffen, gefeilt, geknüpft und Gold- ne zweite. Es dient der Sicherheit. zig positive Gefühle hervorrufen. Es sind klei- staub geatmet. Ganz recht, denn der ist hier Zu schützen gilt es allerdings nicht nur jene ne Skulpturen von größter Präzision und un- überall: in der Luft, den Waschbecken, auf den Juwelen, Uhren, Verlobungs- und Eheringe, fassbar hohem Wert, der sich nicht allein aus Arbeitsflächen, dem schwarzen Linoliumbo- die im Erdgeschoss in Glasvitrinen auf neue den verwendeten Edelmetallen, den Diaman- den. Was die Putzfrau abends zusammen- Besitzer warten. Sondern, für das 1847 gegrün- ten, Smaragden, Saphiren, Rubinen und Ony- kehrt, wird sorgfältig aufbewahrt. Ein Kilo- dete Luxusjuwelierhaus noch wichtiger, die xen ableitet. Sondern, allem voran, aus der gramm Gold pro Jahr sammelt sich auf diese Ateliers im vierten und fünften Stock des Vielzahl von Arbeitsstunden, die es braucht, Weise. Womit wir am Ende nicht umhinkom- Gründerzeithauses. Rund 70 Menschen arbei- bis ein Geschmeide vollendet ist. men, eine weitere Lebensweisheit zu zitieren. ten hier tagtäglich an Einzelstücken und Son- Schon die Auswahl der Steine, etwa ein Tag Eine, die auf Cartier wörtlich wie metaphor- 54 deranfertigungen. Mehrere Sicherheits- pro Stein, sei ein langwieriger Prozess. Rund sich zutrifft: „Handwerk hat goldenen Boden.“ O

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Paris,Paris

ZIMMERMÄDCHEN IN SCHWARZEN KOSTÜMEN, PAGEN MIT BLÜTENWEISSEN HANDSCHUHEN, STILVOLLE TEA TIME IN DER LOBBY: IM GERADE ERÖFFNETEN „PENINSULA“ IN PARIS, DEM ERSTEN HAUS DER ASIATISCHEN LUXUS-HOTELGRUPPE IN EUROPA, WEHT DER GEIST DER VERGANGENHEIT. UND DOCH IST ALLES SO GEGENWÄRTIG UND LUXURIÖS, WIE MAN ES ERHOFFT. ES SCHIEN UNS ALSO DER PERFEKTE ORT, UM DIE AKTUELLE HERBSTMODE ZU FOTOGRAFIEREN

FOTO: KRISTIAN SCHULLER ASSISTENTEN: QUENTIN CHAMARD-BOIS UND MORGANE POULIQUEN STYLING: NADIA RATH ASSISTENZ: ULI SEMMLER UND EMMANUEL MARIA HAARE UND MAKE-UP: GABRIELLE THEURER C/O BASICS-BERLIN.DE MIT PRODUKTEN VON SENSILIS MODEL: DAPHNE VELGE C/O MODELS 1 LONDON CASTING: ANDREA DEANESI FÜR BROKECREATIVES PRODUZENT: HANS-JOACHIM RICHTER C/O RICHTERPRODUKTION POSTPRODUKTION: PEGGY SCHULLER SET: PENINSULA HOTEL VIELEN DANK AN MAMA SHELTER PARIS (MAMASHELTER.COM)

MANTEL: WUNDERKIND. BLUSE: TOD’S. HOSE: BRUNELLO 56 CUCINELLI. SCHMUCK: HERMÈS O O

KLEID, GÜRTEL, STIEFELETTEN, KETTE UND GEPÄCK: LOUIS VUITTON O O

HOSENANZUG: MULBERRY. SCHUHE: ROCHAS. RING UND ARMREIF: CHRISTIAN DIOR HAUTE JOAILLERIE. RING: BULGARI

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DER LOOK VOM COVER: MANTEL VON RALPH LAUREN. KLEID: VALENTINO. SCHMUCK: CHANEL HAUTE JOAILLERIE

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KLEID: ETIENNE AIGNER. SCHUHE: JEFFREY CAMPBELL. OHRRINGE: BUCHERER. ARMREIF UND RING AN DER LINKEN HAND: H. STERN. RING AN DER RECHTEN HAND: CHAUMET 63 O

MANTEL: AKRIS. KOPFBEDE- CKUNG UND HANDSCHUHE: DOLCE & GABBANA. RECHTE SEITE: MANTEL VON MICHAEL KORS. OHRRINGE: PIAGET. UHR: JAEGER- LECOULTRE. SCHUHE: JIMMY CHOO O

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JACKE: VERSACE. KLEID: GIAMBATTISTA VALLI. ARMREIF: SÉVIGNÉ. 66 RING RINGFINGER: FOPE. RING ZEIGEFINGER: OLE LYNGGAARD O

KLEID: SPORTMAX. SCHMUCK: GUCCI 67 O

Ein Blick genügt: Paris – die Stadt wahrer Schöhnheit

LIEBE ZUM LUXUS Träum weiter, Paris Wenn es an verschwenderische Pracht geht, bleibt diese Stadt unschlagbar: Paris ist der beste Ort, um Jetset in Szene zu setzen. Ein neues Grandhotel gibt es auch. Esther Strerath war da. Und wollte nicht mehr weg

Der Gast kommt schon an, bevor er da ist. Er Alle Mitarbeiterinnen tragen kleine, kniebe- den gemeißelten Blumen, Bögen und Schlei- schreitet die Gangway der Maschine am Flug- deckte Schwarze, eine Dame in Chanel trinkt fen wieder instand gesetzt, fehlende Stücke hafen Paris-Charles de Gaulle hinunter. Dort Coke zero (wie Lagerfeld), eine ältere Chinesin wurden per Hand mit einer Gesteinsstaub- erwartet ihn bereits ein grüner Rolls-Royce mit Sonnenhut, Stock und Hermès-Tasche mag Paste nachgebildet, für ein einziges Blumen- samt Chauffeur. Im Leder des Fonds versin- offenbar keine Drehtüren und wird von einem relief benötigte ein Handwerker drei Wo- kend und mit dem altmodischen Telefonhörer Pagen mit schneeweißen Handschuhen zu ei- chen. Auch drei zusätzliche Untergeschosse seine Ankunft kommunizierend, ist Monsieur nem anderen Ausgang geführt, eine Gruppe von wurden ausgehoben, für eine 2000 Quadrat- bereits in die Welt des „Peninsula“ eingebettet acht Asiaten trinkt Tee. Voilà, das „Peninsula“ ist meter große „Küchenstadt“ und ein beinahe und so gleitet er in die Metropole an der der Ort für eine stilechte Tea Time. ebenso großes Spa samt 22 Meter langem In- Seine. Der Rolls, ein Phantom II von Wer sich unter den mehr als 20 Sorten door-Pool. 1934, wurde vor einiger Zeit komplett entscheiden kann (taiwanischer Dong Vier Jahre lang dauerte die Restaurierung. saniert und technisch auf den neuesten Ding Oolong, japanischer Sencha Fu- 200 Zimmer, das kleinste misst 29 Quadrat- Stand getunt (mit 15 Lautsprechern, 420 meter, die größte Suite Watt). Genau wie das Haus, zu dem er 318, erwarten jetzt Gäste. gehört: das gerade eröffnete „Peninsula Fünf der Suiten verfügen Paris“, zehntes Mitglied der Super-Lu-D über einen Dachgarten. xus-Hotelkette der Kadoorie-Familie, die 1928 Ein Ufo-förmiges Gerät in Hongkong erstmals Gäste empfing. im Schminktisch ver- Am Arc de Triomphe vorbei, die Avenue de la spricht sofortige Trock- Grande-Armée entlang, gelangt man zur Ave- nung des Nagellacks. nue Kléber. Kurz vor der Eröffnung des Hotels Einen famosen Blick war der sechsgeschossige Häuserblock noch über Paris bietet auch das abgesperrt – „Fort Peninsula“ – nichts sollte Dachterrassen-Restau- nach außen dringen. Vielleicht auch, weil das rant „‚L’Oiseau Blanc“. „Hôtel de Crillon“ derzeit wegen Renovierung kuya oder Puh-Erh Printemps von 2004), wird Aber nun ins Herz jedes Grandhotels, in die bis 2015 geschlossen ist, ebenso das Ritz. Und flugs mit Silberschälchen samt Sieb, Etagère Lobby: Gerade bringt der Ober noch Konfitü- das „Plaza Athénée“ hat nach Überarbeitung mit Mousse au Chocolat, Mini-Erdbeerküch- re für winzige Berliner, die auch auf der gerade erst wieder seinen Betrieb aufgenom- lein, Macaron Apricots, Feigenkeks und Mini- Etagère gereicht wurden. Die Drehtür men. Das „Peninsula“, das erste in Europa, be- Sandwiches beglückt. Aussicht inklusive. quietscht nicht mehr, weil ein Mann in An- ansprucht, eine „Klasse für sich“ zu sein. So Die Mauern des „Pen“ beherbergten schon zug und Krawatte dem unliebsamen Ge- wird, nach filmreifem Eintreffen – raus aus einmal ein luxuriöses Hotel: Das „Majestic“ räusch mit einer „Ölpistole“ den Garaus dem Rolls, vorbei an Löwen aus Stein, die Stu- wurde 1908 eingeweiht. Dort dinierten 1922 machte. Der Blick schweift abwechselnd fen hinauf über die Terrasse –, der Gast so- Igor Strawinsky, James Joyce, Pablo Picasso, über aktuelle Kollektionen französischer De- gleich von der Aura des „Pen“ umhüllt. Anstatt Marcel Proust und weitere an einer Tafel. Mit signer an frisch frisierten Modelmaßen oder Pariser Straßenlärm klirrt gedämpft Silber dem Zweiten Weltkrieg war das Kapitel Ho- das glänzende Gold an Decke und Wänden. (britisch) und Porzellan (Bernardaud). In tellerie erst einmal beendet. Der französi- Die Blattgoldarbeiten wurden von dem Fami- Hongkonger „Pen“ drehten sie einst den 007- sche Staat übernahm den Komplex 1936, lienunternehmen Ateliers Gohard durchge- Streifen „Der Mann mit dem goldenen Colt“ machte es zum Sitz der Unesco, die USA und führt, die bereits die vergoldete Fackel der und „Batman“. In Paris war die Avenue Kléber Vietnam unterschrieben hier 1973 die Frie- Freiheitsstatue in New York restaurierten. Kulisse für Szenen in „The Bourne Identity“– densvereinbarung, den Pariser Vertrag. Und das junge Jazz-Trio spielt „Some day my und nun durfte ICON als erstes Magazin hier Nun haben 20 Steinmetze die 10.000 Qua- prince will come“. In diesem Ambiente 68 Mode fotografieren. dratmeter große Fassade des Gebäudes mit glaubt man’s sofort. O

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Die Kollektion atmet eine wohltemperierte Nonchalance, die hinzukriegen bekanntlich keine kleine Kunst ist

Angekommen Aufregend, aber nicht aufgeregt: Alessandra Facchinetti entwirft für Tod’s Mode für radikal heutige Frauen. Adriano Sack ist überzeugt

Die Mailänderin Alessandra Facchinetti hat schon bei zahlreichen großen Häusern gearbeitet. Bei Tod’s erstrahlt ihr Talent wie nie O

PORTRÄT

ast nichts ist einfacher, als Die Schaufenster von Tod’s folgen einer lasern und flicken sie; tragen Schichten des den Posten des Creative Di- schlichten und überaus wirksamen Verfüh- Leders ab, um es dünner zu machen, oder las- rectors bei einem Traditions- rungsformel. Einem Pantonefächer ähnlich sen es gummiartig wirken, wie einen at- haus zu übernehmen. Man sind die Gominos in ihrer fast verwirrenden mungsaktiven Kunststoff. schickt einfach seine Assis- Farbvielfalt arrangiert: Zitrone, Heidelbeere Doch Facchinetti und ihr Designteam (Italie- tenten in die Archive, wo die und Pfirsich; Riva-Braun, Taubenblau und ner, fünf Frauen, ein Mann) verlieren sich F „iconic pieces“ der hoffent- Feuerwehrrot. Unterschiedlichste Sommer- nicht in Materialpirouetten. Sie entwerfen die lich glorreichen Vergangenheit hängen. Man partys ziehen am geistigen Auge vorbei, zu- Garderobe für Frauen, die beides wollen: Gla- lässt sie wochenlang in alten, staubigen Mode- mal die Noppen auch nach dem zweiten Glas mour und Funktion. So gibt es ein wie überge- magazinen blättern und nach der sogenann- Rosé noch ein Ausrutschen verhindern. Ein worfenes Lederkleid mit Lochmuster, nah am ten DNA der Marke forschen. Schließlich prä- Schuh von Tod’s verspricht ein Leben, in dem Torso geschneiderte Jacken, die in locker fal- sentiert man eine erste Kollektion, in der man die Schwerkraft nicht aufgehoben, aber doch lende Röcke münden, vieles ist von Schlaufen ein paar Klassiker, an die sich kaum noch je- auf das notwendige Minimum reduziert ist. geziert und wirkt kunstvoll geschichtet. Die mand erinnert, behutsam dem Zeitgeschmack So weit, so narrensicher. Aber wie erfindet Kollektion atmet eine wohltemperierte Non- und den gängigen Körperformen angepasst man die Mode einer Marke, die bis dato eben chalance, die hinzukriegen bekanntlich keine hat: rotgolden für die Golfstaaten, knabenhaft nur Schuhe und Taschen produziert hat? Zwar kleine Kunst ist. Muster werden selten, aber eng für den asiatischen Markt, offenherzig für gab es bereits eine kleine Damenkollektion, beherzt eingesetzt, die Farbpalette ist exquisit: die roten Teppiche. So weit, so Klischee. die der amerikanische Designer Derek Lam Ochsenblut, Altrosa, Ultramarin. Alessandra Facchinetti stand vor einer etwas für Tod’s entwarf, doch für einen ernst ge- Einer der wirkungsvollsten Looks ist zugleich anderen Aufgabe, als sie vor knapp zwei Jah- meinten Anlauf lagen dessen Prioritäten zu einer der schlichtesten. ren bei Tod’s anheuerte. Das Mailänder Tradi- klar bei seinem eigenen Label in New York. Eine taubenblaue Leder- tionshaus wurde zum Global Player, weil sich Und auch wenn man am Corso Venezia, dem bluse, die geschnitten ist der Enkel des Gründers, Diego Della Valle, auf Hauptquartier des Hauses, einen lässigen Lu- wie ein etwas zu weites T- ein sehr überschaubares Sortiment und die xus zelebriert: Halbe Sachen sind nicht so das Shirt. Dazu ein silberner Wiedererkennbarkeit – und mutmaßlich die Ding von Diego Della Valle. Lederrock: Er fällt weich enormen Gewinnspannen – seines Kernpro- Da ist ihm seine neue Mitarbeiterin ähnlich. und weit und nicht eben dukts verließ: den federleichten Mokassin für Facchinetti ist eine schöne Frau, aber davon kurz, als sei er auch für Mann und Frau. Am berühmtesten ist wohl sollte man sich nicht täuschen lassen. An ih- einen Ausritt geeignet; die Variante des Gomino, benannt nach seinen ren Armen und Händen ist sehr sichtbar plat- ins Leder eingraviert ist Gumminoppen, der ursprünglich zum Auto- ziert der komplizierte, zauberhafte Schmuck ein Madrasmuster. „Sehr fahren erfunden wurde. Heute steht er, kurz ihrer guten Freundin Ossana Visconti, denn in clean, nichts Überflüssi- gesagt, für ein entspanntes Leben in Wohl- circa 55 Minuten wird die bekennende Vielar- ges“, attestiert Facchinet- stand und Sonnenschein. Quasi der Schuh für beiterin für eine asiatische Modezeitschrift ti ihrem „Rock der Sai- Yachtbesitzer. Egal ob mit oder ohne Boot. fotografiert. Sie setzt sich, macht es sich nicht son“, wie sie ihn beiläufig Zum Imperium gehören auch die Marken Ho- übermäßig bequem und sofort ist klar, dass sie nennt. Eine strategische gan, Fay, Roger Vivier und Schiaparelli. Ach ja, weiß, was sie tut. „Ausgangspunkt für meine Untertreibung. Tatsäch- und die Restaurierung des Kolosseums in Kollektion war der Schuh. Wenn eine Frau lich erzielt die Designe- Rom unterstützt man auch mit 25 Millionen keine High Heels trägt, erfordert das andere rin eine Art von ent- Euro. Da muss sich Ralph Lauren mit seinem Schnitte und Rocklängen“, sagt sie: „Flache schlackter Romantik, wie restaurierten „Star-spangled Banner" warm Schuhe sind dynamischer. Selbst ein Abend- sie nur wenige beherr- anziehen! Die Idee dahinter ist freilich die kleid wirkt damit zeitgemäßer.“ schen. Eine Frau sieht da- gleiche. So wie der Kollege in New York seine Das klingt einfach und richtig, doch ihre Si- rin aus, als hätte sie gera- Marke zum Synonym für Amerika machen cherheit ist hart erarbeitet. Die Karriere der de einen Wimpernschlag will, soll Tod’s die universell verständliche 42-jährigen Designerin ist gespickt mit Erfol- lang vor dem Kleider- Verkörperung von Bella Italia sein. gen und Rückschlägen. Sie hat bei Miu Miu, schrank verbracht, könn-

Für so einen Anspruch sind Taschen und Gucci, Valentino und Moncler gearbeitet, te aber wahlweise einen ICON (2);MONTAGE: REUTERS, (8); GETTY IMAGES TOD’S Schuhe allein zu wenig. Dieser Tage wird kennt sich also aus mit großen Häusern und sauteuren Kindergarten, Alessandra Facchinetti bei der Mailänder Mo- noch größeren Erwartungen. Sowohl bei Guc- eine Privatbank oder eine Galerie in War- dewoche ihre dritte Kollektion zeigen. Und ci als auch bei Valentino war sie nur kurz die schau leiten und sich die Männer in ihrem Le- wenn man die bisherigen zwei als Maßstab Chefdesignerin und die Abschiede waren we- ben aussuchen. Es schwingt bei Tod’s immer nehmen darf, wird es wieder eine Lehrstunde der elegant noch behutsam. Alessandra ein wenig Dolce-Vita-Nostalgie mit, doch das darin sein, was die italienische Mode groß und Facchinetti wurde zeitweise als Hoffnungsträ- Frauenbild ist absolut heutig. „Es geht uns erfolgreich gemacht hat: ungenierte Tragbar- gerin und dann auch mal als das genaue Ge- nicht um Sexiness, sondern um Weiblichkeit“, keit, mühelose Eleganz und eine Sicherheit, genteil davon gehandelt. Heute sagt sie nur di- sagt Facchinetti: „Frauen sind auf mehr Quali- was Silhouette, Materialien und Proportionen plomatisch, dass jede Station zum Erwachsen- täten stolz als nur auf ihren Körper. Sie haben betrifft. Und bei der man unweigerlich an das werden beigetragen habe. Persönlichkeit, Wissen und Karriere.“ kulturelle Erbe ihres Heimatlandes denken „Wir wollen nicht jede Saison etwas drama- Die Kritiker waren begeistert von Facchinettis muss, dem es seit 2500 Jahren einfach nicht tisch Neues präsentieren. Wir setzen keine Arbeit. Und tatsächlich scheint die Zusam- gelingen will, Hässlichkeit zu produzieren. Trends. Tod’s glaubt an Tradition und Konti- menarbeit folgerichtig: ein Haus mit Linie Ausnahme ist selbstverständlich der irgend- nuität“, sagt Facchinetti. „Wir sind konserva- und Expansionshunger, eine Designerin mit wie realsozialistisch wirkende Flughafen Mai- tiv. Und das ist keine schlechte Sache.“ Grund- der Balance aus Geschmack und Realismus. land Malpensa. lage ihrer Entwürfe sei nicht das Streben nach Seit sie mit 17 aus Bergamo nach Mailand ge- Ein warmer, vielversprechender Julimorgen Schocks oder Sensationen, sondern etwas zogen ist, lebt und arbeitet sie in dieser Stadt. in Mailand. Der Sommer in Norditalien war „Tieferes und Erwachseneres“. Die Basis ist Jetzt ist sie bei einer Marke angekommen, wo bisher unerfreulich regnerisch. Heute aber, Leder. Mit diesem fast archaischen Klassiker ihr Talent erstrahlt wie nie. Sie reist viel, wie das spürt man bereits direkt nach der Ankunft stellt Facchinetti wirklich Erstaunliches an. jeder in ihrem Beruf, doch sie hat ihren eige- um 8.25 Uhr, rekelt sich die Stadt genieße- Mal fällt es leicht wie Seide, mal erinnert seine nen Kopf. Sie schwärmt nicht von exotischen risch. Den müßigen August schon zum Grei- stumpfe Oberfläche an Baumwolle. „Die Ein- Ländern und pulsierenden Metropolen: „Der fen nah, werden ihre modevernarrten Bewoh- schränkungen, die Leder normalerweise mit beste Platz ist das Flugzeug. Jedes Mal nehme ner im Laufe des Tages Gelegenheit haben, ih- sich bringt, versuchen wir aufzuheben. Wir ich mir vor zu schlafen und nie gelingt es mir. re geliebten Sonnenbrillen auszuführen. An behandeln es wie Stoff.“ Ich mache mir Notizen. Und ich denke nach.“ ihren Handgelenken werden die Uhren blit- Ob Tomas Maier von Bottega Veneta oder Ma- Ihre Liebe zur Kunst reicht von dem Aller- zen und die It-Bags baumeln. Und nicht weni- ria Grazia Chiuri von Valentino – ein Gespräch weltssurealisten Fornasetti bis zu den Alt- ge von ihnen werden lässig in weichen Schu- mit einem Designer einer italienischen Marke meisterparodien von Markus Schinwald, sie hen mit Gumminoppen schlendern, die sie in mündet unweigerlich in einer Hymne auf das träumt von Filmausstattungen und Bühnen- der prächtigen Galleria Vittorio Emanuele handwerkliche Geschick der Mitarbeiter. In bildern. Später mal. Vielleicht. Vorerst macht oder in der Via Spiga erworben haben. den Manufakturen von Tod’s ölen und ätzen, sie ihren Job: Und den macht sie ziemlich gut. 71 O

ATELIERBESUCH Italienische Spitze

Gibt es ihn noch, den Glamour „made in Italy“? Ermanno und Toni Scervino wollen es beweisen. Silvia Ihring hat sich in der florentinischen Provinz auf die – erfreuliche – Suche gemacht. Thomas Meyer fotografierte

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Die Partner Ermanno (l.) und Toni Scervino THOMAS MEYER, ERMANO SCERVINO; MONTAGE: ICON MONTAGE: THOMAS MEYER, ERMANO SCERVINO; O

einst geschaffen wurde, langsam verschwin- det, muss man etwas dagegen tun. Was sollen wir denn sonst in 50 oder 100 Jahren von die- ser Zeit erzählen?“ Gute Frage. Ermanno Scervino, geboren in Mailand und aufgewachsen zwischen Florenz und der Wintersportstadt Cortina in den Do- lomiten, sorgt selbst dafür, dass gewisse Dinge in Italien nicht verschwinden. Sein Label ist für italienische Verhältnisse recht neu. Im Jahr 2000 gründeten die Freunde Ermanno Daelli, der sich heute am liebsten mit seinem Künstlernamen Scervino anreden lässt, und Toni Scervino das Unternehmen. Sie versuch- ten ihr Glück mit einem damals etwas aus der Mode gekommenen Konzept: Ihre Kollektio- nen sollten komplett in Italien hergestellt werden. Von den Menschen, die ein von Gene- ration zu Generation weitergegebenes Hand- werk erlernt und die „Eccellenza“ der italieni- schen Mode gewährleistet hatten. „Wir haben an ,made in Italy‘ geglaubt, als ganz Italien seine Produktion ins Ausland ver- lagerte“, sagt Toni Scervino – er ist im Unter- nehmen für das Geschäftliche zuständig. Im- mer mehr Hersteller mussten in jenen Jahren schließen, erzählt er, weil Fabriken in Bulga- rien, Rumänien und China die Aufträge beka- men. „Wir haben es auch ausprobiert. Haben mal ein Hemd zur Probe in Rumänien herstel- len lassen.“ Es folgt ein glaubwürdiger Seuf- zer: „Als es bei uns ankam ... Es war einfach nicht ... Man hatte keine Lust, es zu besitzen. Es war ein Hemd mit den exakten Maßen, aber ohne Leben, ohne Seele, ohne Charisma.“ Also machten sie es doch lieber selbst. Im Laufe der Jahre kauften Ermanno und Toni Scervino eine seit drei Generationen beste- hende Schneiderei, einen Hersteller für Strickwaren und ein Atelier für Couture-Mo- de. Alle Unternehmen stammten aus Florenz oder der Toskana. „Es waren Spezialisten für das Handwerk, aber sie hatten kein Label, kein Image. Sie standen für Qualität, aber sie ha- ben keine Mode gemacht, wie sie internatio- nal gefragt ist.“ Bei den neuen Besitzern konn- ten die Manufakturen nicht nur überleben, sondern sogar wachsen. Heute befinden sich alle unter einem Dach, mehr als 250 Ange- stellte arbeiten in der Unternehmenszentrale in Grassina, Ortsteil der Gemeinde Bagno a Ripoli, circa 30 Minuten von Florenz entfernt. Der größte Teil der gesamten Produktion – ERMANNO SCERVINO; MONTAGE: ICON MONTAGE: ERMANNO SCERVINO; Damen-, Kinder- und Männerkollektionen – entsteht hier und in weiteren Fabriken in der ie viele „Panini al Tartufo“ aus dem Florenti- Toskana. Der Rest kommt aus anderen Pro- ner Feinkostgeschäft „Procacci“ darf man sich duktionsstätten in Italien. gönnen? Zwei doch wohl mindestens, immer- Beim Besuch in Grassina sitzt der Designer in hin sind diese Hefebrötchen mit Trüffelcreme seinem loftartigen Studio am Ende eines lan- nur gerade so lang wie ein Mittelfinger. Am gen schwarz glänzenden Tisches. Am anderen ersten Abend in Florenz hat Ermanno Scervi- Ende stapeln sich, exakt nebeneinander auf- W nos deutsche Besucherin gleich mal drei da- gereiht, Modemagazine und Bildbände. Alles von zum Aperitif verschlungen. ist so „glossy“, so verführerisch wie die Buch- „Bei mir sind es locker fünf“, sagt der Desig- auslage in einem großstädtischen Concept- ner. Schon als Kind ging er regelmäßig zu Store. Wenn man aus den langen, sich über „Procacci“ in die Via de Tornabuoni. Und noch die gesamte Wand erstreckenden Fenstern heute zieht es ihn immer wieder auf ein oder schaut, blickt man auf Hügel in verschiedenen ein paar mehr Panini dorthin zurück. Auch Grüntönen, angestrahlt vom Sonnenschein. wenn der Laden inzwischen etwas kommer- „Diese Landschaft ist magisch“, hatte Toni ziell geworden sei, der Besitzer habe gewech- Scervino kurz zuvor in seinem Büro ge- selt: „Ich hoffe, dass dort nicht irgendwann ei- schwärmt. Er könne niemals weiter nördlich ne Boutique eröffnen wird“, sagt Scervino. als Florenz leben. An so einem Tag wie heute Und gibt sogleich zu, dass in dem Gebäude im versteht man das besonders gut. Stadtzentrum, in dem sich heute der Erman- Ermanno Scervino dagegen hat es in seiner no-Scervino-Store befindet, einst das schöns- Karriere nie lange an einem Ort ausgehalten. te Musikgeschäft von Florenz ansässig war. Ei- Er erzählt in Sprüngen, mit Unterbrechungen gentlich müsse man solche Läden unter Ar- und abrupten Themenwechseln – vielleicht, 74 tenschutz stellen, findet er. „Wenn alles, was weil sein Leben genauso verlief. Mit 17 Jahren O

zog er nach Paris und sammelte Erfahrungen „Made in Italy“ – dieses Qualitätsversprechen bei mehreren großen Modehäusern, Namen zieht wohlhabende Kunden vor allem aus Chi- will er nicht nennen. Später eröffnete er eine na oder Russland an wie Anna dello Russo die Boutique in London, ging nach New York und Streetstylefotografen. Wenn man mit Toni nach Ibiza. Über die meisten seiner alten Ar- und Ermanno Scervino über ihre Heimat beitgeber spricht er nicht sehr gern, bei Carla spricht, erlebt man eine gewisse Schizo- Fendi jedoch macht er eine Ausnahme. Sie phrenie in ihrer Beziehung zu Italien, so wie hatte ihn Ende der 70er-Jahre in seinem ers- sie vermutlich einige ihrer Landsleute emp- ten Geschäft in Florenz entdeckt und zu Fendi finden. Einerseits schwärmen sie, von dem nach Rom geholt: „Im Grunde war sie die Ers- Licht, dem Essen, der Landschaft. Anderer- te, die es mir ermöglicht hat, als Designer zu seits klagen sie über die Bürokratie, die es so arbeiten“, resümiert Scervino, der Mode nie schwierig mache, ein Unternehmen aufzu- studiert hat, weil seine Familie gegen diesen bauen, Menschen einzustellen, zu expandie- Berufswunsch war. „Mein Vater war der Mei- ren. Über den italienischen Markt, der „nicht nung, ich könnte mich in dieser Branche existent“ sei. „Ich war in unserer Boutique in nicht entwickeln. Schade, dass er heute nicht London. Eine wunderschöne Russin hat dort mehr lebt“, bedauert er. für 34.000 Pfund eingekauft. In Italien pas- Denn die Entwicklung schreitet zügig voran. siert so etwas nicht mehr“, sagt Ermanno Jetzt sei sein Unternehmen seine Familie, und Scervino bedauernd. Es ist ein etwas arger diese werde immer größer. Erst gerade habe Vergleich angesichts der hohen Arbeitslosig- man zu dem 7000 Quadratmeter großen keit und des vergleichsweise niedrigen Lohn- Areal, in dem das Unternehmen seit 2007 sei- niveaus in Italien. Aber er zeigt, dass auch ver- nen Sitz hat, noch den Gebäudekomplex ne- mögende Italiener sich nicht mehr trauen, vor benan gekauft. Die Frauen in der „Familie“ Ort viel Geld für Prêt-à-porter auszugeben. heißen beispielsweise Evora, Marina, Sandra. Doch die Freunde wissen wohl, welche Strahl- Ihre Hände schaffen nach den Anweisungen kraft die Kultur und die Geschichte ihres Lan- des Chefs die Entwürfe, die später auf dem des immer noch hat. Auf der Männermode- Laufsteg zu sehen sind: Negligés zu Lammfell- messe „Pitti Uomo“ im vergangenen Juni in mänteln, Spitzentops zu Daunenjacken, be- Florenz feierte das Label mit einer pompösen stickte XL-Pullover, Kleider aus mit Lochmus- Veranstaltung das 60-jährige Messe-Jubiläum tern perforiertem Leder. Wer Ermanno Scer- auf Forte Belvedere, einer Festung aus dem 16. vino trägt, dürfte sich ein bisschen Jahrhundert mit Blick auf die Stadt. wie die hippere, jüngere Sophia Ein Potpourri aus Der Name der Veranstaltung „The Loren fühlen. Gabriella Maiani, ei- Rüschen, Stoffen White Renaissance“ bezog sich nicht ne alerte, ganz in Schwarz geklei- und Inspirationen nur auf die dort vorgestellte, kom- dete Dame, ist die Leiterin des findet sich auf plett in Weiß gehaltene Kollektion. Ateliers der „Alta Moda“. Hier ent- dieser Pinnwand. Er erinnerte auch an die ersten Mo- stehen die besonders aufwendi- Die brünette desalons in der „Sala Bianca“ im Pa- gen Stücke. Frauen von mehr als Martina hat als lazzo Pitti in Florenz, die in den 60 Jahren sitzen neben 18-jähri- Model angefan- 50er-Jahren den Ruf der italieni- gen Mädchen an großen Tischen gen, heute ar- schen Mode im Ausland etablierten. und arbeiten konzentriert an den beitet sie mit Diese glorreiche Zeit schien auf For- vor ihnen ausgebreiteten Stoffen, Ermanno Scervino te Belvedere plötzlich gar nicht umgeben von bis an die Decke rei- an den Kollektio- mehr so weit weg. chenden Regalen, in denen sich nen. Im Atelier der Natürlich kam auch Agnese Renzi, Stoffrollen stapeln. Auf ihre wei- „Alta Moda“ die Ehefrau des italienischen Minis- ßen Kitteln ist mit goldenem Fa- entstehen be- terpräsidenten Matteo Renzi. Sie den das Logo des Hauses gestickt. sonders auf- trug ein Etuikleid aus weißer Spitze Signora Maiani führt zu einer Kol- wendige Kleider. von Ermanno Scervino. (Wir hatten legin, die gerade an einer Kleider- Die blonde Evora zufällig die Fertigung beobachten puppe per Hand mehrere Chiffon- gehört zu den können). Die Scervinos und die Ren- lagen stufenweise übereinander- Jüngsten im Team zis kennen sich gut, der heutige Mi- legt und zusammennäht. Sie weist und übt denselben nisterpräsident hat schon in seiner auf die Wellenformen, die der Beruf aus wie Zeit als Bürgermeister von Florenz Chiffon bildet. „Eine Maschine einst ihre Groß- das Headquarter besucht, seine Frau kann solch einen Effekt gar nicht mutter wird regelmäßig mit Kleidern aus- schaffen“, sagt sie. Zart, dieses gestattet. „Für mich repräsentiert er Wort fällt einem als Erstes ein beim Anblick die Zukunft dieses Landes“, sagt Ermanno von Stücken wie einem weißen, mit einem Scervino. „Er kommt und schaut sich die Mo- dünnen Netz überzogenen Kaschmirtop, das denschauen an, was vorher nie ein Politiker mit einer Bordüre aus Valenciennespitze ver- getan hat. Er hat verstanden, dass Mode einen ziert ist. Man habe das Muster selbst entwor- extrem wichtigen wirtschaftlichen Faktor für fen und von einer toskanischen Stickerei her- dieses Land darstellt.“ stellen lassen, fügt Maiani hinzu. Am Ende des Aber auch im kriselnden Italien geht es beim Rundganges stellt sie einem noch Evora vor, Thema Mode immer noch um die ganz große eine Frau von nur 22 Jahren mit stark ge- Show. Ein Gast auf der „White Renaissance“ tuschten Wimpern und blondem, hochge- war der US-Rapper Kanye West. Erst einen stecktem Lockenschopf. Evoras Mutter arbei- Monat zuvor hatte West auf Forte Belvedere tet ebenfalls für Ermanno Scervino, sie hat ih- seine Hochzeit mit Kim Kardashian gefeiert re Tochter in den Schneiderberuf eingeführt. und die Vorbereitungszeit vor der Party in ei- Am Ende des Tages ein fertiges Produkt in der nem Landhaus von Ermanno Scervino ver- Hand zu halten, das mache ihr Freude, sagt sie. bracht. Kim Kardashians Hochzeitskleid Man könnte diesen Satz als eine schon oft ge- stammte zwar nicht von Scervino, aber sie hörte Phrase aus der Manufakturwelt abtun. wurde schon oft in seinen Entwürfen gese- Glaubt aber doch gern, dass sie es ernst meint. hen. Mode entwerfen, die bei einem italieni- Und denkt bei sich: Sie hat einen Job, in ei- schen Politikerehepaar ebenso gut ankommt nem Land, in dem die Jugendarbeitslosigkeit wie bei zwei Kunstfiguren aus der Popkultur? bei über 40 Prozent liegt. Das muss man erst mal schaffen. O

DRUCKSACHEN Marys Magie

Bisher kannte

man Mary Für die neue Herbst-/ Katrantzou für Winterkollektion ließ sich Mary Katrantzou (im Bild ihre links oben) von der Welt der Uniformen und Digitalprints. Symbole inspirieren Nun schwenkt sie um. Ihre berühmten

Kundinnen entstehen: Sie bedruckte sie mit Parfümfla- folgen ihr kons, Ansichten von luxuriösen Wohnungen, Fabergé-Eiern, Unterwassermotiven und Briefmarken. Diese komplizierten Motive übertrug die Designerin auf ebenso kompli- zierte Silhouetten, die oft an Schnitte der Haute Couture erinnerten, mit Krinolinen, lötzlich, nachdem man ei- „Im Vergleich dazu, wie sich Modelabels vor Schößchen, Drapierungen und Keulenär- ne Stunde in der Stille ih- zehn Jahren entwickelt haben, ist bei mir alles meln. Sechs Jahre lang perfektionierte Mary res Büros auf sie gewartet sehr schnell gegangen“, sagt Katrantzou. Am Katrantzou ihren „Signature Style“. hat, rauscht Mary Katrant- Anfang sei sie sehr unsicher gewesen, doch als Doch der Erfolg des Digitalprints ist seiner zou wie ein Wirbelwind Stores wie Colette in Paris und Barneys in New wichtigsten Vertreterin zu viel geworden. herein. „Sorry!!!“, ruft sie York anfingen, ihre Kollektionen zu kaufen, „Modeketten sind auf das Thema aufmerksam P mit heller, gehetzt klin- wurde sie immer ehrgeiziger. Ihr Unternehmen geworden und wollten es kommerziell für gender Stimme, sie habe soll wachsen und dafür ist sie bereit, am Tag sich nutzen. Gerade, weil die Motive digital er- in einem Meeting festgesteckt. Mit einem er- zwölf Meetings abzuarbeiten und nachts zu zeugt sind, kann man sie sehr leicht kopieren. leichterten Seufzer setzt sie sich auf das dun- entwerfen. Mary Katrantzou hat keine Angst Plötzlich war Digitalprint überall“, sagt sie. kelblaue Sofa. Sie wirkt gestresst, aber so vor Herausforderungen, sie stürzt sich mit Neu- Und fügt hinzu: „Es ist heute kein Trend mehr, energiegeladen und gut gelaunt, dass es anste- gierde in sie hinein. Ihr Unternehmen gründete es ist eine Art, sich zu kleiden.“ ckend ist. Es braucht nur einen Iced Coffee, sie mitten in der Wirtschaftskrise, ohne groß Für die Designerin war es an der Zeit, ihre den Marys Assistentin Laura ihr serviert, eine darüber nachzudenken, ob diese womöglich Komfortzone zu verlassen. Auf der Show für Zigarette und schon sprudeln die Worte aus ihr Geschäft beeinflussen könnte. „Ich dachte die Herbst-/Winterkollektion 2014 wollten die der vergnügten Griechin so richtig heraus. mir: Du weißt nicht, ob du Erfolg haben wirst Zuschauer es kaum glauben: keine Prints! „Am Anfang dachte ich, ich würde keine fünf oder versagst. Aber du bist naiv genug, um es Stattdessen lange, gerade geschnittene Roben, Kleider verkaufen. Jetzt denke ich: Weltherr- einfach umzusetzen. Und falls es schiefgehen die über und über mit Symbolen wie Ver- schaft!“, sagt Katrantzou lachend. Sie meint es sollte, findest du es sowieso früh genug heraus.“ kehrszeichen, Wappen und Figuren bestickt scherzhaft – und doch ernst. Mary Katrantzou Dabei hatte Katrantzou ursprünglich kein In- waren. Ein Plisseekleid, dessen Vorderseite an begann als eines der vielversprechendsten teresse an Mode. Sie studierte erst Architektur eine Metallschürze erinnerte, wie sie sonst Nachwuchstalente Londons und gilt als dieje- an der Rhode Island School of Design in den Fleischer tragen. „Eine Befreiung“ sei es ge- nige, die den Boom des Digitalprints in der USA. Dann führte sie die Liebe zu ihrem wesen, endlich über das Thema Prints hinaus- Mode am stärksten befeuert hat. Freund, der aus beruflichen Gründen nach denken zu dürfen, sagt Mary Katrantzou. 2008 machte die in Athen geborene Tochter London ziehen musste, ebenfalls nach Groß- Die neue Kollektion spiegelt dennoch völlig einer Innenarchitektin und eines Textildesig- britannien und damit nach Central Saint Mar- die DNA ihres Labels wider. Nur, dass die star- ners ihren Abschluss an der Londoner Central tins, wo sie Textildesign und anschließend ken, visuellen Effekte dieses Mal durch die Saint Martins School of Design und gründete Mode studierte. „Mein Freund sagt immer: Applikationen und Materialien entstehen, wie ihr eigenes Label. Das ist auf dem besten Weg, Wer weiß, was du jetzt machen würdest, wenn einer aus 800.000 Stichen bestehenden Spit- das nächste große britische Modeunterneh- du in Amerika geblieben wärst.“ ze, die in einem Schweizer Atelier hergestellt men zu werden. 250 Shops verkaufen die Kol- Vielleicht hätte ihre Forschungsreise durch wurde. Ein Traum für die wohlhabenden Ma- lektionen heute weltweit. Frauen von Diane die Welt der Digitalprints, die vorher noch ry-Katrantzou-Anhängerinnen, die gern fast Kruger über Beyoncé bis zu Michelle Obama niemand in der Mode in dem Ausmaß gewagt 25.000 Euro für ein Kleid ausgeben. „Diese tragen die Entwürfe. Katrantzou hat mit La- hatte, nie stattgefunden. „Digitalprint war da- Frauen kaufen meine Sachen, um sie zu sam- bels wie Longchamp und Moncler kooperiert, mals total tabu. Jeder arbeitete mit Siebdruck meln. Ich habe wirklich großes Glück, denn so im November lanciert sie eine Kollektion mit und wer sich doch an Digitalprint versuchte, tragen sie dazu bei, dass es irgendwann ein Adidas Originals. Inzwischen kreiert die 31- tat dies auf sehr sterile Weise. Man machte ein Archiv mit meiner Mode geben wird.“ Sie Jährige auch eine Resort-Kollektion, und ab Foto und druckte es einfach auf irgendwas. könne es schon jetzt kaum erwarten, bis es so der kommenden Wintersaison bietet das La- Nichts, was man gern anzieht.“ Mary Katrant- weit sei. Eine Vorfreude, die ansteckt. 76 bel auch Handtaschen an. zou dagegen ließ digitale Welten auf Kleidern Silvia Ihring O

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Die Magie der karg schönen Landschaft Namibias? Das Zusammenspiel von Reduktion und Opulenz. Wie in der neuen Herbstmode 81 O

VORHERIGE SEITE: KLEID VON ELIE SAAB. OBEN: JACKE UND HOSE: CHANEL. HANDSCHUHE: DOLCE & GABBANA. SCHUHE: SANTONI

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Links: im Persianer, weitere Kommentare überflüssig. Unten: Plaudern vorm Kolosseum BRIONI GAROLLA/CONTRASTO/LAIF FEDERICO (7); BILDAGENTUR-ONLINE/TIPS-IMAGES;

Oben: Brioni interpretiert den Trend zum Zweireiher. Rechts: Ein bisschen Muster schadet nie – auch nicht auf dem Sakko

Oben: Italiener in London – für eine Modenschau im „Hyde Park Hotel“ reiste eine Delegation 1959 ins UK. Rechts: Die Mittelmeerinsel Brioni – einst ein Jetset-Ort – diente den Gründern Nazareno Fonticoli und Gaetano Savini als Inspiration für den Namen ihres Unternehmens O

JACKE WIE HOSE

Herrliche Herren James Bond, Cary Grant und John F. Kennedy trugen ihre Anzüge: Kein Herrenmode-Label steht so für Jetset wie Brioni. Kommendes Jahr werden die Römer 70 – bereits jetzt sind sie dabei, kräftig zu expandieren. Grund genug für Philip Cassier, einmal umfassend auf Tuchfühlung zu gehen

ür den einen sind es nur erst einmal schaffen. Brioni habe die Taillie- Dazu passen Pescis Worte, bei Brioni sei die drei Spritzer Essig und Öl rung am Jackett erfunden, steht überall zu le- Schönheit nichts Äußerliches. Die innen ver- auf einem mit Stoff über- sen. Doch der sanduhrförmige Schnitt des nähten Einlagen aus Steifleinen, die Schulter, zogenen Notizbuch bei Sakkos geht auf die englischen Schneider des Taille und Revers zu einer unverwechselbaren Farfalle und Salat in der späten 19. Jahrhunderts zurück. Bis Brioni Silhouette formten, die sehe man nicht, aber Kantine. Für den anderen kam, waren die Angelsachsen rund um die nur sie garantierten zeitlose Eleganz. Eine Be- F handelt es sich um einen Londoner Savile Row in der Herrenmode un- merkung voller Ironie: Brioni nahm den Mo- unhaltbaren Zustand: angefochten. Die Römer sorgten dafür, dass deaspekt der Herrenbekleidung als Erster „Bitte“, sagt Brionis Chef-Schneider Angelo die Taille fließend und natürlich wurde und ernst. 1952 initiierte man eine Schau für Her- Petrucci, ein Mann, der sich um die Klientel die eckige Formgebung aus dem United King- ren im Florentiner Palazzo Pitti – und weil es von Woody Allen an aufwärts kümmert, „bitte dom bald recht alt aussah. Noch dazu bewie- noch keine männlichen Models gab, lief eben geben Sie mir das Buch. Das hält ja kein sen die Italiener einen bis dahin unbekannten der Storemanager Angelo Vittucci über den Mensch aus.“ Die Stimme steht kurz vorm Fle- Mut zu Farben und Stoffen. Rote Smokings, Catwalk. In den folgenden Jahren zeigte man hen, gegeben wird eine pico Inszenierung des rosa Westen zu cremefarbenen Jacketts, ganze den Briten auf Präsentationen in Flugzeugen heiligen Ernstes. Dem Besitzer des Buchs ist Anzüge aus Seide – im Rom der 50er-Jahre und auf Ozeanlinern, wie man jede Saison ei- die Angelegenheit grottenpeinlich. Es ist von experimentierte man mit Dingen, die sich die ne neue Kollektion verkauft. Nun sind sie Agnona, der Konkurrenz, der Besucher hatte Briten bis heute kaum vorstellen wollen. selbst teilweise beim Zeitlosen angekommen. es erst gemerkt, als er zum Termin kam. Pe- Eine Stadt, ästhetisch ausgehungert nach Pescis Unternehmen war seit dem Rückzug trucci muss es erkannt haben, er fährt unge- Jahrzehnten faschistischer Gleichmacherei, der Gründer-Nachfahren oft im Gespräch. 2011 rührt fort: „Agnona? Am besten, wir geben Ih- in der jeder alles vorzeigen wollte, was er hat- übernahm die französische Kering-Gruppe, nen auch eins und Sie schauen mit unserem te; in der die Bügelfalten notfalls den knurren- zu der auch Marken wie Gucci und Bottega Notizbuch dann bei denen vorbei.“ Gelächter. den Magen überdeckten; die gleichzeitig von Veneta gehören, die Römer. Mancher in der Ein Mann mit Seitenscheitel steht wie herge- Hollywood auf der Suche nach ein bisschen Branche fragte sich, wie viel Italien bei Brioni zaubert da: Er nimmt das Buch, nach zwei Mi- wahrer Ewigkeit entdeckt wurde: Das ist die bleiben würde. Pesci verweist darauf, dass nuten sind die Spritzer verschwunden, der Geburtsstätte der modernen Männermode. Brioni durch die besondere Nähe zu den USA Stoff sieht genau so aus wie vorher. Und Ange- Bald schon gehörten Brioni die Vereinigten und Europa schon immer sehr international lo Petrucci hebt mal kurz die Brauen. Staaten. Also: Clark Gable. Cary Grant. John ausgerichtet gewesen sei. Die Worte „made in Ein Haus von Brionis Dimensionen – der Na- Fitzgerald Kennedy. Eigene Boutiquen. Dass Italy“ spricht er dann mit einem Verve aus, der me ist an eine Mittelmeer-Insel angelehnt, die manch Savile-Row-Haus in diesen Jahren Ki- jede Nachfrage gleich beiseitewischt. nicht zuletzt für ihre glamourösen Polo-Tur- no-Heroen wie Fred Astaire eisig ans Kauf- Das spiegelt sich auch in den Entwürfen wi- niere bekannt war – hat viele ungleich größe- haus Harrods verwies, wird auch nicht ge- der: Brionis Creative Director Brendan Mulla- re Geschichten erlebt. Kommendes Jahr wer- schadet haben. Ökonomisch hängten die Ita- ne, seit 2012 ist der gebürtige Brite nach Sta- den die Römer 70 Jahre alt, und wer seit circa liener die Briten ab. Etwas mehr als 7000 tionen bei Labels wie Givenchy, Hermès und 1960 männlichen Geschlechts war und auf Maßanzüge produzieren die Häuser, die man Louis Vuitton an Bord, zitiert gern aus der Ge- dem Planeten wirklich im Rampenlicht stand, Savile Row zurechnet, heute jährlich. Allein schichte des Hauses. So stand ein Trip Fonti- für den haben sie fast ausnahmslos gearbeitet. bei Brioni müssen es ein Vielfaches sein – colis 1962 nach Asien, im firmeneigenen Ar- Viele Deutsche verbinden mit der Marke zu- auch wenn dort nicht alle in traditioneller chiv wie alles andere lückenlos dokumentiert, erst Gerhard Schröder, wobei ihm der „Brioni- Maßarbeit entstehen. Pate für einen Blouson, dessen Rückseite aus Kanzler“ Ende der 90er-Jahre eher schadete. Der CEO Francesco Pesci steht dem Unter- Seide sie in Japan mit der Hand bemalen. Im Aber die Italiener haben weltweit einen so ge- nehmen seit 2010 vor. Ein Mann mit breitem kommenden Sommer wird es farbenfroh zu- waltigen Ruf, dass sie sogar James Bond be- Scheitel, wie es Schneider ausdrücken, fein gehen, etwas von der Leichtigkeit des Los An- schneiderten – der ist bekanntlich Brite. Und gestreiftem Anzug, perfektem Englisch und geles der 50er-Jahre wollte Mullane einfan- selbst die kleine Szene mit der Salatsoße war schwarzen Tasselloafers an den Füßen. Er hat gen: „Wir haben so viel erfunden, aus dem wir von Petrucci ausgezeichnet kalkuliert: Sie beinahe sein gesamtes Berufsleben bei Brioni immer wieder schöpfen können. Diesen Mix zeigt ein detailversessenes Unternehmen mit verbracht. Wahre Schönheit zu erschaffen, das aus Tradition und nach vorne blicken, den fin- dem souveränen Humor von Gewinnern. betont er beim Gespräch im Hauptquartier an det man selten“, sagt er nach der Präsentation. Siege sind sie bei Brioni gewöhnt, seit der der Piazza San Bernardo immer wieder, das Und ja, sie werden den ersten Store in der Via Schneider Nazareno Fonticoli und der Unter- sei Zweck des Unternehmens. Man sollte sich Barberini schließen. Aber sie werden ein grö- nehmer Gaetano Savini 1945 in der römischen das nicht etwa verschnörkelt vorstellen: Die ßeres Geschäft in ihrer Stadt eröffnen und er- Via Barberini 79 ihr Atelier eröffneten. So Einrichtung hat mit weißen Wänden und den obern neue Standorte. So gibt es in Deutsch- übergroß ist die Geschichte der Marke, so eng schlichten Holztischen nichts Antikes oder land inzwischen Brioni-Boutiquen in Mün- ihre Verknüpfung mit dem Jetset, dass ihr Barockes, da mag vor der Tür jeder Pflaster- chen, Düsseldorf, Frankfurt und Hamburg. In selbst Neuerungen zugeschrieben werden, die stein davon erzählen, dass dieser Ort mal der allen sind eigene Schneider vor Ort. Wer noch gar nicht auf sie zurückgehen. Das muss man absolute Mittelpunkt der ganzen Welt war. den geringsten Zweifel hat, wie wichtig 3 93 O

3 das Unternehmen das Siegel „made in Italy“ Brioni investiert zwei Stunden mehr als vor 15 allerdings schon die ganze Zeit rum, wie gern nimmt, dem sei eine Reise nach Penne in die Jahren: Die immer dünneren Stofffasern tra- er einmal vom Chef persönlich vermessen Abruzzen empfohlen. Dort befinden sich die gen sich zwar angenehm, sind aber schwieri- werden würde. Also führt ihn der Schneider Fertigungsstätten. Bereits die Fahrt durch die ger zu verarbeiten. 18 Mikrometer misst die noch in sein Büro mit den vielen Erinne- Berge gibt einen neuen Begriff davon, worum Faser eines klassischen Super-100s, die nun rungsfotos an der Wand: Petrucci mit Woody es sich bei wahrer Schönheit handeln könnte: populären Qualitäten haben noch um die Allen, mit Gerhard Schröder, mit Geoff Rush, Die Berge wirken majestätischer, das Gras zwölf Mikrometer. Da herrscht schnell Knit- dem „Schneider von Panama“. grüner, der Himmel blauer, die Ortskerne sind teralarm. Um dem vorzubeugen, läuft jeder Er bittet, einen Anzug in passender Konfekti- belebter als anderswo. Stoff über Rollen, davor steht ein Mann und onsgröße anzuziehen. Es folgt ein analyti- Das Auto gleitet durch Serpentinen, vorne markiert mit einem Plastikfähnchen, wenn sches Spektakel. Die Hände an fast jedem sitzt Global Communications Director Paola ihm eine Unregelmäßigkeit auffällt. Dann Fleck des Körpers, die Augen zu Schlitzen ver- Milani – eine Mailänderin, die schon in Paris wird ein Probestück unter echten Bedingun- kniffen, rotiert Petrucci um seinen Kunden. arbeitete – und interpretiert eine Disziplin zu gen gebügelt. Wenn’s zu sehr schrumpft oder Der glaubt, beim Chirurgen angelangt zu sein: Ende, die Italienerinnen vorbehalten ist. Sie Wellen schlägt, geht es zurück zur Weberei. Jede noch so kleine Unregelmäßigkeit hat Pe- führt gleichzeitig ein mobiles Dauertelefonat, Petrucci ist nun richtig ins Reden und Gesti- trucci nach Sekunden erkannt, hängende passt dabei auf, dass keine Betriebsgeheimnis- kulieren gekommen und erklärt zwischen Schulter links, linkes Bein 1,5 Zentimeter kür- se preisgegeben werden – und von einer Nähmaschinen und Bügelautomaten in sei- zer als das rechte, so geht das weiter. Gleich- überbordenden Herzlichkeit ist sie noch dazu. nem blau karierten Zweiteiler, dass seinem zeitig aber hat der Besucher den Eindruck, In den Abruzzen zählen dann die Hände we- Unternehmen 53 Sorten Steifleinen für das In- dass Petrucci es schon richten wird – und sentlich mehr als Worte. Es fängt beim Nach- nenleben des Anzugs zur Verfügung stünden. Wünsche darf er obendrein äußern: abge- wuchs an. Brioni unterhält eine eigene So passe das Innenleben immer zum Ober- schrägte Taschen, Länge des Rockschoßes, In- Schneiderschule, sie ist staatlich zertifiziert, stoff (deutsche Schneider stöhnen, dass sie nenfutter, Bundfalten, Umschläge, Knopfleis- die Ausbildung beginnt früh. 16 Jungs und kaum noch passende Einlagen finden). Der ten ... zu viel, um es hier aufzulisten. Mädchen um die 14 Jahre sitzen im Klassen- Zuschnitt erfolgt ausschließlich per Hand und Alles notiert Brionis erster Schneider akri- raum zumeist in T-Shirts an Holztischen. Vor ist ausgebildeten Schneidern vorbehalten. Für bisch auf ein Formblatt, sodass er die Ferti- ihnen liegt Steifleinen, sie vernähen es Stich Arbeiten wie das manuelle Ausnähen der gungsschablonen beim Aufmalen des Anzugs für Stich mit dem Oberstoff, bis ein einheitli- Knopflöcher, das Einsetzen des Futters und auf den Stoff anpassen kann. Am Ende sieht ches Muster entsteht: „Mit 14 bildet sich die vor allem das 40-malige Bügeln des Stoffs ha- das Blatt aus wie ein wissenschaftlicher Be- Sensorik der Hände aus, mit 25 kannst du kein ben sie Spezialisten. Viele schauen beim Ar- richtsbogen. „Sehen Sie mich an“, sagt Petruc- Schneider mehr werden“, sagt Petrucci. Er ab- beiten ein wenig in die Gegend, weil sie ihre ci, „gefällt Ihnen der Schnitt meines Anzugs? solvierte die dreijährige Schule in den 80er- Arbeitsabläufe blind beherrschen müssen. Eng am Körper, aber ich könnte darin Tennis Jahren selbst. Die Aufnahmeprüfung ist hart: Und jedes fertige Teil, vom Ärmel bis zum an- spielen.“ Was soll man da erwidern? In der Bei der Begrüßung merkt der Meister, ob die genähten Naturhornknopf, begutachtet dann Rhetorik, so formulierte es der große Römer Hand des Bewerbers zu feucht oder zu unbe- wieder ein Meister, notfalls mit der Lupe. Was Cicero vor 2000 Jahren, komme wahre Ele- weglich ist. Es folgen Tests in Englisch – das das bedeutet, hat unter anderem Creative Di- ganz ohne unnötigen Zierrat aus und sei von Personal muss weltweit einsatzfähig sein – rector Brendan Mullane erlebt: Als er vor der einer gewissen Lässigkeit. Das fiel dem Besu- und Mathematik. ersten Show seinen Anzug benötigte, erklärte cher aber erst lange nach der Frage ein. Vor allem aber will Brioni man ihm, er müsse noch eine Woche Angelo Petrucci sagt, er habe mal einen be- Leidenschaft für den Beruf warten, das Stück habe nach dem fi- rühmten Kunden gehabt, der nicht glauben sehen. Eine Schneiderleh- nalen Bügeln noch zu ruhen. wollte, dass er ein Jackett in einer Stunde für re macht viel Mühe. Sara Es gebe bei Brioni keinen Qualitäts- die erste Anprobe fertigstellen könne. Also Romano, eine 15-Jährige unterschied zwischen einem nach habe er den Kunden mit den Augen vermes- mit Lockenmähne aus L’A- Maß gefertigten Anzug und einem sen, das Sakko zugeschnitten und proviso- quila, erzählt, dass sie als von der Stange, hatte der CEO risch zusammengenäht. Er sei deutlich unter Kind die Kleider ihrer Pup- Francesco Pesci beim Interview ge- einer Stunde und der Kunde für immer treu pen selbst entwarf. In Brio- sagt. Das stimmt und stimmt nicht – geblieben. „Soll ich Ihnen das schnell mal vor- nis Schule durfte sie, bevor Innenleben und Oberstoff werden machen?“ Der Besucher verzichtet. Ein Mann man ihr eine Nadel in die beispielsweise bei der Konfektion in Petruccis Position könnte sich niemals er- Hand gab, wie ihr gesamter mit der Maschine vernäht, sonst von lauben, jetzt zu versagen. Sie zeigen bei Brioni Jahrgang eine Collage ent- Hand. Aber erstens hat die Maschi- eben gern vor, was sie haben und können. Da- werfen: „Wer ich heute bin nennaht bei Brioni die Elastizität ran wird sich nichts ändern. Und daran, dass und wer ich werden möch- von Handarbeit und zweitens wird sie fast jeden anziehen werden, der auf dem te“. Die Ergebnisse hängen jeder Anzug in der Boutique ange- Planeten wirklich im Rampenlicht steht, ver- an der Wand – ein Boule- passt. Petruccis Besucher quengelt mutlich auch nichts. vard von gewaltigen Träu- men mit Skateboards und Jeans auf der einen und Sportwagen und feinsten Kleidern auf der an- deren Seite. Und Angelo Petrucci ist der große Held. Kein Wunder, er steht ja nicht nur der Fertigung vor, er reist als Chef des VIP-Ser- vices auch durch die ganze Welt. In der Produktionshalle wird Petrucci zum kleinen Jungen voller Enthusiasmus. Oder ist es Schauspiel? Auf alle Fälle freut ihn jede Fra- ge, er bittet nur, nicht von einer Fabrik, son- dern von einer Manufaktur zu sprechen. Nun „Man muss früh ist dieses Wort derzeit sehr en vogue. Man anfangen. Mit wartet nur noch darauf, dass der Fleischer sein Geschäft in eine Wurst-Manufaktur um- 25 kannst du kein tauft. Einem Schneider-Atelier ähnelt die Hal- Schneider mehr le zudem kaum: Maschinen sind zu sehen, viel Neonlicht, es fehlt die Ruhe, weil viele Men- werden“ schen am Werk sind. Aber die meisten ver- ANGELO PETRUCCI, richten ihre Aufgabe mit den Händen. 220 Ar- Chef-Schneider bei Brioni beitsschritte in 22 Stunden stecken in einem zweiteiligen Anzug, das sind mehr als doppelt 94 so viele wie bei einem industriell gefertigten. O

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jeder augenblick wird schöner, wenn man ihn teilt. O

ZU BESUCH Die etwas andere Rosskur

Downton Abbey goes Italy? Bei den Bolzas in Umbrien kommt man sich vor wie am Filmset: Burg, Grafen, Prinzessin, Pferde, Personal – hier ist einfach alles da. Irina von Gagern hat sie besucht, Niko Schmid-Burgk fotografierte O

Wo das Glück dieser Erde liegt? Klar, auf dem Rü- cken der Pferde. Graf Antonio Bolza und seine Schwiegertochter Nencia während eines gemein- samen Ausrittes in der umbrischen Landschaft

D Der Volksmund weiß, dass die Welt morgens um sieben noch in Ordnung ist. Genauso be- kannt ist, dass der schöne Sinnspruch mal mehr und mal weniger stimmt. Also montags mit defekter Kaffeemaschine stimmt er mehr so mittel. Wie gut also, dass es Reschio gibt. Dort nämlich ist an der Richtigkeit kein Zwei- fel erlaubt: Graf Antonio Bolza besteigt – der Kopf ist hoch, der Zwirn ist fein – seinen ebenso aristokratisch anmutenden andalusi- schen Hengst und begibt sich auf einen Mor- genritt mit seiner Schwiegertochter Gräfin Nencia. Die aufsteigende Sonne vertreibt den dichten Nebel und gibt den Blick frei auf das Panorama: sanfte, bewaldete Hügel, durchbro- chen von piniengesäumten Wiesen und Oli- venhainen. Als ob alles rufe: Willkommen! Reschio ist ein 1200 Hektar großer Besitz im westlichen Umbrien an der Grenze zur Toska- na. Geerbt? Mitnichten! Früher hatte die Fa- milie Bolza einen großen Grundbesitz in Un- garn, durch die Revolution verloren sie alles. Als Flüchtling landete Graf Antonio mit seiner Familie in Österreich, da war er gerade mal fünf Jahre alt. Dieser frühe Verlust scheint ihn anzutreiben. Schon als junger Mann gründet Antonio Bolza einen erfolgreichen Kunstver- lag. Er heiratet eine österreichische Gräfin, sie bekommt fünf Kinder. Erst leben sie in Lon- don, dann in München. Die Ferien verbringen sie in Umbrien. Als das Castello di Reschio, eine alte Burg mit all dem Land drum herum und darauf weit verstreuten 50 alten, meist verfallenen Häu- sern, auf den Markt kommt, entscheidet der Graf, hier zu investieren: „Ich wollte wieder Wurzeln haben, hier leben und arbeiten. Also verkauften wir das Haus in München und den Verlag und setzten alles auf eine Karte.“ Was aber tun mit 1200 Hektar Land? Antonio Bolza hat einen Plan: Er will die bis zu 500 Jahre alten Häuser nach und nach auf höchs- tem Niveau renovieren und entsprechend gut verkaufen. Mit dem Verkauf will er den nächs- ten Umbau finanzieren. Um den 3 97 O BENEDIKT BOLZA (3)

Die Landschaft in Umbrien darf man als üppig bezeichnen – das Design in den Ferienhäusern der Bolzas ist eher schlicht. Auch die Möbel darin stammen aus der 98 Feder des Architekten Benedikt Bolza O

Hier plant der Hausherr noch selbst: Architekt Graf Benedikt Bolza (Mitte) kümmert sich um die Renovierung der alten Bauernhäuser

3 anspruchsvollen Kunden gerecht zu wer- müssen. Wir garantieren und halten den Ein- den, stellt er eine Freskenmalerin ein, Prin- zugstermin, so etwas gibt es sonst nicht in Ita- zessin Nencia Corsini. Sie kommt aus einer lien.“ Das ist der wahre Luxus. der ältesten und einflussreichsten Familien Je nach Größe und Ausstattung kostet eine Italiens. Einer ihrer Vorfahren – Papst Cle- Villa hier ab fünf Millionen Euro aufwärts. mens VII. – hat den Trevi-Brunnen in Rom er- Manche Anwesen haben einen eigenen Wein- baut. Die junge Prinzessin hatte, bevor sie berg und den ganz persönlichen Olivenhain. nach Umbrien kam, in London gelebt und hat- Die Häuser werden das ganze Jahr gesäubert, te genug von der Großstadt: „Als ich das erste überwacht, die Gärten gepflegt. Wenn der Be- Mal hierherkam“, erinnert sich Nencia, „fühlte sitzer ankommt, sind die Betten bezogen, der ich mich gleich zu Hause, die Landschaft kam Kühlschrank ist gefüllt, der Pool frisch gefüllt, mir so vertraut vor und ich hatte das Gefühl, der Garten in Ordnung. angekommen zu sein.“ Auf der Baustelle trifft Viele Hauskäufer wollen, dass Graf Benedikt sie auf den Sohn der Familie, Benedikt Bolza, das Haus auch ihnen einrichtet. In der riesi- einen Architekten, der zufällig auch gerade gen alten Tabaccaia, einer Tabakfabrik aus den aus London hierhergezogen war, um seinen 40er-Jahren, hat er sein Büro und das Design- Eltern beim Umbau zu helfen. Die beiden ver- studio. Unter dem Label B.B. for Reschio ent- lieben sich. Zwei Jahre später heiraten sie. wirft er Lampen und Möbel. Ein Stockwerk 14 Jahre sind seither vergangen. tiefer werden sie gebaut. Reschio ist ein wich- Benedikt und Nencia empfangen tiger Wirtschaftsfaktor für die Region. 48 in ihrem Haus. Früher lebten hier Menschen arbeiten hier – und das in Vollzeit: sechs Bauernfamilien. Jetzt bevöl- Gärtner, Zimmermädchen, Köche, Kellner, kern die jungen Bolzas das riesige, Handwerker, Pferdepfleger, und die Mitarbei- verschachtelte Anwesen mit ihren ter in den Büros. Wenn ein weiteres Haus um- fünf Kindern. Die beiden Großen, gebaut wird, kommen noch einmal gut 60 Giorgiana, 13, und Nerina, 11, gehen Handwerker dazu. mittlerweile im 150 Kilometer ent- Zehn der 24 fertigen Villen kann man mieten fernten Florenz auf das Lycée (reschio.com). So zum Beispiel auch „Palazzo“. Français. Unter der Woche leben Von außen eine großzügige Palladio-Villa, von sie dort. Gräfin Nencia erzählt, dass innen eine Art Ferienhaus für Männer wie sie sich erst Gedanken gemacht James Bond. Mit riesigem Pool, Weinkeller, hat, ob eine vierte Sprache die Kin- Heimkino, Fitnessraum, Billardzimmer, Ten- der verwirren würde. Die Familie nisplatz und vielem mehr. Zehn Leute passen wechselt mühelos zwischen Eng- hier hinein, Träume haben einen Preis, in der lisch, Italienisch und Deutsch. Hochsaison kostet das Anwesen rund 29.000 Doch nach wenigen Monaten spra- Euro pro Woche. chen die Mädchen fließend Fran- Graf Antonio zeigt seinen Stall. Kein Halm zösisch. Die dritte Tochter, Vita, 9, liegt am Boden. Wenn man den Grafen auf sei- besucht gerade ihre gleichaltrigen nem Andalusier sieht, denkt man, er sei mit Cousins an der Küste. Die beiden Pferden aufgewachsen. Doch weit gefehlt. Jüngsten, Olimpia, 7, und Geza, 5, „Als Flüchtlinge konnten wir uns das Reiten der einzige Junge, beleben das nicht leisten“, erzählt der Graf. „Erst mit 56 Haus auf ihre Weise. Sie tollen mit Jahren habe ich hier damit angefangen.“ Und den beiden Labradoren durch die er bleibt konsequent dabei, lernt neben Rei- Küche. Die ersten zehn Jahre ihrer ten auch Dressur und baut eine erfolgreiche Ehe lebten Benedikt und Nencia Andalusier-Zucht auf. Über 40 dieser Tiere Bolza mit ihren Kindern in der springen über die Weiden. baufälligen Burg. „Jedes Mal, wenn Sogar eine eigene Osteria gibt es in Reschio – es regnete“, erzählt Gräfin Nencia sie ist den Gästen exklusiv vorbehalten. Hier „hatte ich keine Schüsseln mehr, arbeitet Gräfin Nencia. Sie bespricht mit Kü- weil die überall das Wasser auffan- chenchef Rosario jedes Menü: „Wir haben gen mussten.“ hier die herrlichsten Zutaten quasi vor der Mit der Familie ist auch Reschio Haustür, wilden Spargel, schwarzen Trüffel, gewachsen. 24 der Bauernhäuser unser eigenes Olivenöl.“ sind verkauft. Es wird Abend. Benedikt und Nencia laden Eines nach dem anderen hat Graf zum Essen in ihr Gartenhaus ein. Nach vorn Benedikt, der mittlerweile den Fa- hin ist es ganz offen und wir haben wir einen milienbetrieb leitet, renoviert. Er weiten Blick über das Tal. Vor uns stehen Tel- Bella famiglia: Benedikt und seine Ehefrau plant und überwacht persönlich je- ler mit dampfendem Risotto. Die frisch ge- Nencia mit zwei ihrer fünf Kinder, Tochter den Umbau, entwirft die parkartigen Gärten. pflückten Kräuter erinnern einen daran, wie Olimpia und Sohn Geza „Für unsere Käufer ist es wichtig, dass sie sich nahe man der Natur ist. Die letzten Sonnen- um nichts kümmern müssen“, erläutert der strahlen des Tages bringen den Rosé im Glas Entwickler. „Sie kaufen sich ein Haus im wun- zum Leuchten. Denn auch abends ist die Welt derschönen Umbrien, ohne sich mit Hand- noch in Ordnung. Nach Lage der Dinge zu- werkern oder Behörden herumschlagen zu mindest in Reschio. 99 O

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STILISTEN DURSTLÖSCHER Sommerferien ade. Schade, aber bestimmt ist noch etwas von der Sommerbräune übrig geblieben. Doch merken Sie auch, dass Ihre Haut im Gesicht Weniger ist spannt? Vielleicht hat sie doch zu viel Dolce Vita abbekommen und hat nun Nachdurst? Abhilfe mehr!? kann eine Vliesmaske von Guerlain schaffen. Die „Super Aqua-Mask“ gilt schließlich als „Kind, schmier dir nicht so Durstlöscher unter den Kosme- viel Zeug ins Gesicht.“ tikprodukten, ist einzeln ver- Diesen Rat musste sich packt, enthält pro Maske etwa Armin Morbach von seiner 30 Milliliter des Super Aqua- Mutter wahrscheinlich nie Serums und kann je nach Bedarf anhören. Unwirkliche Illu- auf dem Gesicht aufliegen. sionen schafft der Stylist Zehn bis 20 Minuten reichen der Stars jedoch mit seiner aber völlig aus und der Effekt Kamera – nicht mit seinen hält bis zu eine Woche lang: Schminkutensilien. Seine Tipp: Machen Sie die Masken- aktuellen Arbeiten tragen pause abends und verteilen Sie das Motto „Position statt die Überreste aus der Packung Pose“ und brechen erneut gleich noch an Hals und Dekol- die Regeln der Modefoto- leté. Na dann ... prost! grafie. Zu sehen ab dem 20. Andreas September im Crossover Florig

ARMIN MORBACH Showroom in Hamburg. Inhaber der Parfümerie Florig in Griesheim HIER KOMMEN UNSERE KOSMETIKEXPERTEN ZU WORT AUGENÖFFNER Das ganze Jetset-durch-die- Welt-Gefliege macht zwar Spaß, bedeutet für unsere Haut aber leider auch Stress. Die Lippen fatale: Frau- Augenblick mal ... Verführerisch: Die Helferlein: Was dem trockene Luft im Flugzeug lässt en wissen, dass nicht Sind die echt? Eine Macarons von La- Tischler sein Akku- Fältchen schneller entstehen, nur ein schön ge- typische Frage in durée kennen Sie schrauber, ist uns besonders rund ums Auge. Nun schminkter Mund Zeiten, da Kunst- bestimmt. Die Pari- Frauen der Pinsel. Er gibt es speziell dafür ein neues Männerherzen wimpern so täu- ser Konditorei hat ist Werkzeug, ein Helferlein, das Sie (nicht nur) im höherschlagen schend natürlich nun mit dem franzö- Hilfsmittel, um sich Handgepäck gut gebrauchen lassen kann, sondern eingesetzt werden. sischen Modelabel Tag für Tag (noch) können: das Augen-Serum der erst recht dann, Aber manchmal ist Nina Ricci gemein- schön(er) zu schmin- kleinen isländischen Kosmetik- wenn er gepflegt ist. es eben doch nur die same Sache gemacht ken. Nun gibt’s auch marke Bioeffect. Nach EGF- Farbe und Pflege zu richtige Wimperntu- und die Duftkerze von CK one das Serum, einer Tages- und Kör- kombinieren ist zwar sche. Giorgio Arma- „La tentation de passende, handliche perpflege, gibt es nun erstmals nichts Neues, aber ni ist längst bekannt Nina“ geschaffen, Utensil. Der „3-in-1 auch etwas für die Augen. Und wenn Terry de Gunz- für Volumen-Masca- die frisch-floral face make-up brush“ wie nicht anders zu erwarten, burg ihren Lieblings- ra mit Namen wie duftet (über ludwig- mit den angeschräg- auch als klare Flüssigkeit, die die Lip-Balm „Baume de „Eyes to kill“. Nun beck.de). Aber ten Pinselfasern soll Augenpartie durchfeuchten Rose“ nun in sechs folgt die nächste Achtung: nicht sich prima zum soll. Mithilfe einer kleinen Roll- Farben getaucht hat, Generation mit hineinbeißen! Auftragen flüssigen kugel lässt sich das geruchlose dann scheint uns das „Black Ecstasy“. Die passenden Make-ups eignen. „EGF Eye Serum“ einfach erwähnenswert. Also, Augen auf! Nina-Ricci-Maca- Gibt’s bei Karstadt auftragen. Tipp: Rollen Sie Schön für den rons bitte bei La- und Breuninger. immer von innen nach außen! Herbst ist die Farbe durée vor Ort er- Das regt die Lymphe an und „Bloom Berry“, über werben. kann so auch Augenringen niche-beauty.de vorbeugen.

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P SS SSt! Die Neulinge

Sammlerstück Neuer Absatzmarkt Einige Frauen sammeln Kleider mit den Bloß Schuhe entwerfen? Das scheint dem Meister der Stilettos, berühmten Marni-Mustern, andere Parfumflakons. Christian Louboutin (Sie wissen schon, der mit den roten Soh- Das Modehaus Marni bietet nun gleich beides an. len) wohl nicht zu reichen. Denn nun brachte er eine Nagellack- Für ihren bewährten Duft „Marni Rose“ gibt es ab Kollektion heraus (in klassischem Louboutin-Rot sowie November einen auf 3000 Stück limitierten 30 weiteren Farben). Natürlich nicht in irgendein Fläschchen Sammlerflakon – in, klar, unverwechselbarem abgefüllt, sondern in ein elf Zentimeter hohes, ziemlich scharfes Print. Nur Geduld, Geduld ... „Objekt“. Gibt’s nur bei apropos-store.com

Zum Ansprühen Beflügelnd Was hat ein Brite immer dabei? Einen Trenchcoat, gern von Burberry. Aller guten Dinge sind zwölf, darum hat Jean-Claude Ellena für Könnte ja regnen. Nun gibt es quasi auch einen Überzug im Flakon, seine Hermèssence-Duftreihe etwas Neues kreiert: Cuir d’Ange denn die britische Marke um Chefdesigner Christopher Bailey hat – sprich Engelsleder. Den Duft des Leders einzufangen, das gemeinsam mit Francis Kurkdjian einen Duft entwickelt. „My Burber- beschäftigt die Nase von Hermès schon lange. Ab Oktober ry“ soll an einen blumenübersäten Londoner Stadtgarten erinnern – kann man in den Hermès-Boutiquen testen, was dabei heraus- klar, nach dem Regen. Die kleine Zierschleife ist aus Gabardine, dem gekommen ist. Und da alles bei den Franzosen auf Tradition Stoff, aus dem der „Trench“ seit 1879 hergestellt wird. beruht, gibt es auch eine Hülle aus roséfarbenem Kalbsleder.

Zweite Premiere Kopfverdreher Bei Gucci verzettelt man sich nicht. Chefdesignerin Pechschwarz war der Flakon zu seinem ersten Duft „l’Eau“. Frida Giannini erfindet nicht ständig eine neue Das ist zehn Jahre her. Nun ist der Flakon zu Narciso Rodri- DNA, baut vielmehr zeitgenössisch auf der reichen guez’ neuestem Coup milchig-weiß und nudefarben. Das sei Geschichte auf. Ihr Erfolg erklärt, warum es zwei seine Farbwelt, erklärt der Designer. „Narciso“ duftet übrigens Jahre dauerte, bin es nun vom Eau de Parfum „Gucci nach Vetiver, weißem Moschus, Zedern. „Ich wollte etwas Première“ die leichtere Eau-de-Toilette-Version gibt. schaffen, das Männern den Kopf verdreht.“ Na bitte ...

Für wahre Fans Samtweich Haben Sie die beiden „F“ auf dem Flakon entdeckt? Ja, Wenn Sie den schicken schwarzen Chanel-Karton genau die, die auch die Schließe der berühmten Baguette öffnen, dann kommt darin nicht nur die neue „Vita- Bag des italienischen Modehauses zieren und für „Fendi lumière Loose Powder Foundation“ zutage, sondern forever“ stehen. Klar, dass die auf den Flakons der neuen auch ein Pinselchen. Nur drei Zentimeter groß, „Fan di Fendi“-Duftreihe nicht fehlen dürfen. Wonach das dennoch lässt sich mit den samtweichen Kabuki- Eau de Parfum duftet? Nach Leder, Rosen, Birne, Härchen das Make-up hauchzart (am besten in Johannisbeere und römischer Sonne ... kleinen Kreisbewegungen) auftragen. CAROLINE BÖRGER VON ZUSAMMENGESTELLT 106 O

KUNST TRIFFT KOSMETIK Galerie des Außergewöhnlichen In New York eröffnet eine Art Manufactum de luxe, das die Lust von Superreichen an limitierten Objekten befriedigen soll. Huberta von Voss schaute vorbei

Er habe sich das Paradies immer als eine Art gendären Design-Store Moss sowie das MoMa Bibliothek vorgestellt, gestand der argentini- arbeitete, klapperte persönlich die lebenden sche Kultautor Jorge Luis Borges, der nur in- Künstler ab, befragte und filmte sie in ihren mitten von Bücherstapeln einschlafen konnte. Studios. Daraus entstanden Videos, die die Be- Wie es in diesem Paradiesgarten riecht, in sucher zum Verweilen einladen sollen. „Mich dem uns nicht Äpfel, sondern intellektuelle faszinieren die Geschichten von Objekten und Früchte die Unschuld rauben, dazu hat der ar- die der Sammler. Wir müssen uns die Zeit da- gentinische Parfümeur Julián Bedel einst ei- NY für nehmen.“ Deswegen sei er nach Chelsea nen eigenen Duft kreiert. Nun bekam der Be- gegangen, sagt der Galerist und nippt im schö- sitzer des exklusiven Parfumlabors „Fueguia nen Innenhof des „High Line Hotels“ an ei- 1833“ von seinem jungen Landsmann Juan nem doppelten Espresso. Er wolle den Kun- Garcia Mosqueda eine ungleich abstraktere den ein langsames Einkaufserlebnis ermögli- Aufgabe: Er solle einen Duft schaffen, der eine Raumstruktur des verstorbenen amerikani- schen Star-Architekten Louis Kahn wider- spiegele. Diese Kreation aus „Beton, Gras, Licht und Poesie“ soll der Signaturduft für die direkt unter dem High Line Park liegende De- sign-Galerie Chamber sein, die Mosqueda Mit- te September im Herzen von Chelsea eröffnet. Der Anspruch des erst 26-jährigen Gründers, der einer vermögenden Unternehmerfamilie aus Buenos Aires entstammt, scheint schließ- Objekte für den ganz lich ebenso monumental und versponnen normalen New Yorker poetisch wie die Architektur Louis Kahns. Sammler-Wahnsinn: Denn Chamber will nichts weniger sein, als Puppe von Viktor & Rolf ein „Reliquiar für einzigartige Objekte“ von jungen und etablierten Designern. Sein räum- lich eher kleiner Laden soll ein „Pilgerort“ für Designliebhaber werden, eine Art Manu- factum de luxe mit Galerieanspruch und limi- tierten Auflagen von großteils eigens kreier- ten Objekten, quasi ein Ort für Borges-gleiche Signatur Duft: So riecht die Galerie Chambers in Soho Sammler, die wie Mosqueda daran glauben, dass die Summe eines Gegenstandes mehr ist chen. Die Preisspanne reicht vom limitierten als seine Abmessungen und ihm erst die Ge- Handtuch des noch wenig bekannten Sjoerd schichte seiner Entstehung, sein Narrativ, die Kooistra für 50 Dollar bis hin zu einer Puppe seelenhafte Schönheit verleiht. von Viktor & Rolf für 70.000 Dollar. Die Ach so, und die Magie einer der fortschrittsbe- Superreichen aus China und Brasilien wollten geisterten Wunderkammern der Spätrenais- durchaus hochwertige Objekte, die nicht sance will man auch noch versprühen und alle haben. „Inkubator und Plattform experimentellen Für Überraschungen ist auch gesorgt. So Designs“ sein. Ist das nun Mut zur Prätention, schuf die junge niederländische Modedesig- Zitierfreude oder die geschickt durchkalku- nerin Jantine van Peski ein hübsches kleines lierte Spielfreude eines kultivierten Investors Zelt, das ihre Materialfixiertheit zum Aus- mit großer Portokasse? Oder auch beides? druck bringen soll. Vielleicht werden darin Gekleckert wird jedenfalls nicht. Das angese- demnächst die Kinder von vermögenden hene New Yorker Architekturbüro MOS schuf Hipster-Eltern mit Vintage-Holzblöcken von für das Projekt die antiminimalistischen ADO aus den Fünfzigern spielen, während Räumlichkeiten, die mit organisch geschwun- sich ihre mit Vornamen anzusprechende Ma- genen Deckenbögen und Nischen Kirchenele- ma im Bad zum Schein einer „Mae West mente aufgreifen. Kuratiert wird das Pro- Tit Lamp“ (Kreation Studio Job für Venini) gramm der kommenden zwei Jahre von den den exklusiven Licht-Beton-Gras-Duft hinters holländischen Design-Stars Job und Nynke Ohrläppchen tupft. Wir wollen hoffen, dass Smeets (Studio Job), die an die siebzig Desig- der sicher komplexe Geruch den Mann davon ner für die Chamber Collection #1 ausgewählt abhält, in den apokalyptischen Gewändern haben, darunter den Mitbegründer der Wie- von Martijn van Striens aus der Dystopian ner Werkstätte Koloman Moser und Bauhaus- Brutalist Collection als Edelzombie rumzu- Ikone Marianne Brandt, Dieter Rams und sein laufen. legendäres Braun-Radio, aber auch junge Oder man hält es doch mit Autor Borges. Stimmen wie das Mailänder Duo Formafan- Wenn er sein Leben noch einmal leben könne, tasma oder bereits etablierte Designer wie die meinte er hochbetagt, würde er mehr Eis es- Französin Matali Crasset. Mosqueda, der nach sen, leichter reisen und insgesamt die Dinge seinem Designstudium in Chicago für den le- weniger ernst nehmen.

Gallery 107 O

SCHÖNHEIT Für immer und alle Zeiten Sie ist wirklich verdammt attraktiv. Eben nicht nur schön gemacht. Wie bereits 1994 wirbt Supermodel Christy Turlington erneut für Eternity. Inga Griese hätte sie auch wieder engagiert

Das Greenwich Hotel in New York ist einer Aura, ihrer Attraktivität, die eben mit dem zu dieser angesagten Plätze in Downtown New tun hat, was in Amerika leider aus der Mode York, es gehört Robert de Niro, liegt unweit gekommen ist. Eine ehrliche Schönheit. Viel- vom TriBeCa Komplex, wo auch John-John leicht hat sie ein ganz klein bisschen Botox im Kennedy lieber wohnte. Die Atmosphäre ist Bereich um die Oberlippe? Reflexfrage, sie entspannter als in den hippen Herbergen im laut zu stellen, wäre albern. Wenn überhaupt, Meatpacking District, eher Bohème, in der dann wäre es jedenfalls so perfekt injiziert, Lobby mit den bunten Samtsesseln und ge- dass man es nur beurteilen könnte, wäre man streiften Sofas auf Holzboden herrscht Club- ihre Kosmetikerin. Christy Turlington ist eine Atmopshäre. Auch wenn fast jeder Gast in ein schmale, filigrane, sportliche Frau mit feinen Mac-Book oder Smartphone vertieft ist. Das Fältchen um die Ozean-Augen und auf der Konzept des Shibui Spa basiert auf Balance Stirn und einer derart gesunden Ausstrah- zwischen Innen und Außen, zwischen Natur lung, dass man schlagartig die beiden Venti und Stadt, ein alter japanischer Bambuswin- Vanilla Latte von Starbucks eben bereut. tergarten umhüllt den Indoorpool, jeden Mor- Ihre Zeit scheint stehen geblieben zu sein – gen um acht wird Yoga angeboten. Im Hotel- und sie darin nicht. Zur äußeren Attraktivität restaurant Locarna Verde mit hohen Bücher- kommt eine innere. Manchmal sind längere und Weinregalen, Holztischen und lederge- Interviewzeiten eine Frage der Ehre, in ihrem polsterten Bänken wird frische, köstliche ita- Fall würde man sich gern auf ein ganzes Wo- lienische Küche serviert, natürlich nicht nur chenende mit Mann, an Hausgäste – einen besseren Ort hätte Coty Kindern, Freunden ein- kaum auswählen können für ein Interview lassen. Sie strahlt innere mit Christy Turlington. Ruhe aus, die nicht nur Auf dem schmalen Hotelflur im 6. Stockwerk mit dem Yoga-Faible zu steht eine kleine Gruppe gut gepflegter, aufge- tun haben kann, sie kann regter Frauen. Ein vertrautes Bild, fast schon lachen und gute Sätze ein Ritual bei solchen internationalen Presse- sagen. terminen in der Kosmetikbranche: „Sorry, we „Eternity“ ist unser are running late“, sagt eine freundliche Ame- Stichwort, schließlich rikanerin und hantiert mit dem Smartphone. war sie 1994 das Werbe- Mehr weiß sie nicht. Am Ende des Flurs öffnet gesicht für den spekta- sich eine Tür, ein Grüppchen fröhlicher Jour- kulären Duft damals von nalistinnen aus Spanien kommt heraus, muss Calvin Klein. Der Name ja nett gewesen sein mit Mrs. Turlington. Die war klug gewählt, „Eter- etwas Ältere in der Truppe scheint kurz vor nity“ scheint wirklich Schnappatmung: „So beautifull! So nice.“ für die Ewigkeit ge- Nun muss man auch wissen, dass auf allen Sei- macht, ein Bestseller für immer. Zwanzig Jah- ten der Parfümbranche eine gewisse Hysterie re später hat Coty das Supermodel aus der gepflegt wird, und dazu gehört angesichts ste- Lindbergh-Truppe nun also wieder verpflich- tig wachsender Märkte auch die Vergabe von tet. Mit 45 Jahren. Ein smarter Schachzug in „Wir hatten Spass.“ Die neue Eterni- Interviewzeiten mit den prominenten Testi- der jugendverrückten Branche. Mehr Glaub- ty Kampagne drehte Christy Turling- monials. Schon ein Einzeltermin ist soviel würdigkeit geht nicht. Beide sind einfach gut Cton mit Ehemann Edward Burns Wert wie eine Chefarzt-Behandlung als Kas- geblieben. Die Amerikanerin hat in der Zwi- senpatient, wenn der „Slot“ dann noch mehr schenzeit studiert, wurde Unternehmerin und als fünf Minuten beträgt, dann darf man sich zum Sinnbild für gesunden Lifestyle, heirate- schon fast selbst als Star fühlen. te den Schauspieler und Produzenten Edward Soviel Gewese um ein neues, zugegeben groß- Burns, bekam zwei Kinder, setzt sich für Drit- artiges Parfüm? Einige Kaffees und einen te-Welt-Länder ein, produzierte den Doku- Bummel durch TriBeCa später stehe ich wie- mentarfilm „No Woman, No Cry“, initierte da- der auf dem Flur mit dem schönen Holzboden raufhin 2010 die „Every Mother Counts“-Ini- und werde – „sorry, we are running late“ – auf- tiative für sichere Geburten. 2013 meldete sie gerufen. Die Tür zu einer Suite mit Kamin öff- sich großformatig in Calvin Klein-Unterwä- net sich, eine nette Frau begrüßt mich über- sche als Model zurück. schwänglich: „Hi, Inga, so sorry that we are „Wenn ich an Ewigkeit denke, dann eher im running late!“ Sie wird darauf achten, dass Sinne von Kontinuität“, sagt sie mit ihrer kla- sich mit mir die Verspätung nicht noch weiter ren Stimme. Erst recht, seit sie Kinder hat. „Es aufbaut. Ich habe zwanzig Minuten! geht nicht um dich, sondern um sie und Schlagartig ist das alles egal. Mrs. Turlington gleichzeitig doch um dich, weil sie ein Teil reicht angenehm die Hand, schon, dass sie von dir sind. Und sie wiederum sind ein Teil nicht als Erstes sagt: „Hi, I’m Christy!“ (wer vom Ganzen, so spannen sich die Fäden im- denn sonst?) macht sie sympathisch. Über- mer weiter.“ Das ist das, was „forever young“ 108 haupt ist man gleich wie erfrischt von ihrer eigentlich meint. FILMMAGIC/GILBERT CARRASQUILLO; INEZ VAN LAMSWEERDE UND VINOODH MATADIN INEZ VAN CARRASQUILLO; FILMMAGIC/GILBERT O

MARKENGESCHICHTE Puig. Mehr als eine Marke Wenige Unternehmen wirken so im Hintergrund wie die spanischen Parfümeure. Dabei stehen sie hinter Marken wie Prada und Valentino. Susanne Opalka ging auf historische Entdeckungsreise

Marc Puig steht auf der Bühne des Royal Bar- nem vierten Sohn Enrique. Der ist sich daher fümerie. Und im Hintergrund, um Paris nicht celona Yacht Club, eine kurze Ansprache, auch sicher, dass nicht Blut, sondern „Agva La- zu verärgern, legt Rabanne auch seine Mode dann fügt er sich in die Reihen. Sein Blick vanda“ durch seine Adern fließt. Dieser länd- in Puigs Hände. gleitet über applaudierende Menschen, er- lich-idyllische Duft des Windes, der über Fel- Das öffnet den Spaniern die Türen zum inter- schöpfte, fröhliche Gesichter strahlen ihm der von Lavendel, Salbei und Thymian nationalen Luxusmarkt, durch die nach und entgegen: Segelprofis aus aller Welt feiern vor streicht, weht Puig in eine andere Liga. Rafael nach andere Couturiers spazieren werden. der Kulisse der hippen Stadt, seiner Stadt, die Lopez, der spanische Couturier in Paris, ver- Heute besitzt Puig komplett die Marken Paco eng mit der Familie und dem Unternehmen traut dem Landsmann seinen ersten Duft an, Rabanne, Nina Ricci und Carolina Herrera – verbunden ist. Marc Puig hat die America’s es folgen die Vertriebsrechte für Jean Patou, dazu die Lizenzen für Duft von Prada, Comme Cup Challenge hierhergeholt, die nun seinen Chanel, Max Factor. des Garçons, Valentino, Celebrities wie Anto- Namen trägt: „Puig 12mR World Champion- Ab Mitte der Fünfziger steigen die Söhne An- nio Banderas und Shakira und die Kosmetik ship“. Tagelang segelten die Boote vor der tonio und Mariano ins Geschäft ein, schreiben von Payot. Füllen die Sehnsüchte, die Mode Küste, eingerahmt von historischen Yachten 1962 Geschichte, als sie André Ricard und Yves weckt, in Flaschen ab. Aber auch die Mode aus vergangenen Jahrhunderten – die „Puig Zimmermann die zukünftige Designsprache profitiert: Die Marke Paco Rabanne, ab 1999 Vela Classica“, die der Unternehmer vor sie- überlassen. Jean Miró wird seine Skulptur klinisch tot, als die Haute Couture und die ben Jahren ins Leben rief. Auf dem Plaza Eu- „Femme“ 1973 nach einem Flakonentwurf von Prêt-à-porter eingestellt werden, hat allein ei- ropa steht schimmernd weiß und gerade fer- Ricard für Puigs Herrenduft „Agua Brava“ ge- nem Duft die Wiedergeburt zu verdanken: „1 tig der „Puig Tower“, vom spanischen Top-Ar- stalten. („Femme“ steht heute vor dem Fir- Million“ – fast 30 Millionen der Goldbarren- chitekten Rafael Moneo entworfen. Der neue men-Tower). Antonio senior setzt sich zur Ru- Flakons wurden seit dem Launch 2008 ver- Hauptsitz der Firma. he, er hat Spanien erobert, nun sollen seine kauft. 2011geht mit Manish Arora als Designer Die ist Ihnen gar nicht so geläufig? Marc Puig Söhne Antonio (für Design verantwortlich), die erste neue Kollektion über den Laufsteg. würde lächeln – solange Ihnen Pra- da, Valentino, Comme des Gar- çons, Jean Paul Gaultier, Paco Ra- banne, Carolina Herrera oder Nina Ricci mehr sagen. Puig (spricht sich „Puutsch“) ist 100 Jahre nach Grün- P dung das sechst- größte Unterneh- men der Welt im Premium-Duft- markt, mit einem Nettoumsatz von 1,499 Milliarden Euro, 4204 Mitar- beitern und Nie- derlassungen in 21 Ländern. Dazu ist es das einzige Un- ternehmen, das weder von einem PUIG (2) MARTINEZ; NICO Konzern absor- Ähnliche Reha-Maßnahmen per Dufttherapie biert noch an der Mehr als Parfüm: Puig macht nicht nur in Duft (etwa von Prada und brachten Nina Ricci zurück in den Fashionzir- Börse gehandelt Valentino), sondern veranstaltet auch die Regatta „Puig Vela Classica“ kus. Am 3. Mai 2011 geht ein Beben durch die wird. Szene: Puig übernimmt von Hermès maßgeb- Antonio Puig Cas- lich die Marke Jean Paul Gaultier. Ab 2016 telló, 1889 gebo- werden die Spanier nach der Mode auch seine ren, kehrt 1912 nach zwei Jahren Jesuitenschu- Geschäftsmann Mariano, José Maria und Enri- Düfte produzieren. „Eine Familienfirma hat le aus London mit dem Recht zurück, diverse que, der Mann für PR, für internationalen Er- eine ganz andere Motivation, weil die Mitglie- Produkte zu importieren – ein Portfolio aus folg sorgen. Und das in schwieriger Zeit: „Es der etwas für die nächste Generation aufbau- Büchern, Gummireifen und „Parfum d’Orsay“. war die Zeit der Diktatur, made in Spain war en wollen, sie erschaffen ein Vermächtnis“, 1914 gründet er „A. Puig“. Am 28. Juli versenkt nichts wert“, so Mariano. Man konzentriert sagt Marc Puig, seit 2007 CEO. Antonio Puig ein deutsches U-Boot ein Schiff mit der ge- sich auf exklusive Premiumprodukte, baut ei- hat Spanien erobert, die vier Söhne das inter- samten, nicht versicherten Puig-Ladung. Der ne neue Fabrik. Ein eigenes Labor stellt die nationale Geschäft, die dritte Generation mit Jungunternehmer gibt nicht auf. Acht Jahre Meisterparfümeure ein, die Flakons, selbst die den Cousins Manuel und Marc hat aus der Par- dauert es, bis er seinen Coup landet: „Milady“, Verschlüsse, alles wird im Hause entworfen füm- eine globale Luxusfirma geformt. Das der erste spanische Lippenstift. 1929, zur Ex- und gefertigt. Mit „Calandre“, dem ersten Duft Erfolgsrezept hat Mariano Puig bereits in den po, erwirbt Antonio Puig das Recht, „4711“ zu von Paco Rabanne, durchbricht Puig dann Sechzigern formuliert: „Wir lieben diese Fir- vertreiben. Doch was er wirklich ersehnt, 1969 die Grenzen, 1973 markiert „Paco Raban- ma so sehr, dass ihr Fortbestehen wichtiger ist, kommt 1940 zur Welt – gleichzeitig mit sei- ne pour Homme“ eine neue Kategorie der Par- als sich an Positionen zu klammern.“ 109 O

SINN UND VERSTAND Bitte beschreiben Sie, wie für Sie ein Stein riecht? Jean-Claude Ellena: Auch wenn das jetzt merkwürdig erscheint, aber für mich ist der Stein kalt und hart, auch Ewenn es natürlich ein warmer Stein sein könnte. Wir können auch einen Feuerstein nehmen. Da ist der Geruch auf der einen Seite verbrannt, auf der anderen Seite wie ein Alde- Der Duft ihres Lebens hyd, also kalt. Wir Laien fragen uns immer, was kommt zu- erst: die Henne oder das Ei? Was ist Ihr Ge- Jean-Claude Ellena war lange Parfümeur bei Hermès. Nun heimnis? Riechen Sie anders als wir Norma- beerbt ihn Christine Nagel. Unsere Autorin Uschka Pittroff hat los? Mit anderen Worten: Haben Sie zuerst ein Objekt, eine Landschaft, ein Bild, eine Idee im beiden die gleichen Fragen rund ums Riechen gestellt. Und Kopf – und daraus folgt die Kreation eines Parfüms? Oder sagen Sie sich: Uff, da gibt’s zweimal buchstäblich naseweise Antworten erhalten diesen interessanten Ledergeruch, daraus möchte ich jetzt was Großes schaffen? Wie funktioniert das bei Ihnen? Jede Kreation geht auf ein Indiz zurück, nicht eine Idee. Es gibt ein gewisses Signal für eine kleine Sache, also es gibt da irgendetwas, und dann spiele ich Detektiv und ziehe am Faden, bis ich den Schuldigen herausfinde. Der Schuldige ist hier die Idee am Ende des Fa- dens. Die Kette sieht folgendermaßen aus: In- diz, Idee, Thema, Parfüm.

Ein Beispiel bitte. Das Indiz ist ein Pfahl, der in die Erde einge- rammt ist – also ein Bild, eine Vorstellung. Die

Wie riecht Glück? Für Jean- Claude Ellena und Christine Nagel ist das die große Frage

110 HERMÈS (5); BRICE TOUL O

Idee ist der Geruch von Holz. Das Thema ist thylanthranilat und dass Hyazinthenduft dass wir uns vielleicht mehr als Frau fühlen, die Vertikalität, also der Ausdruck des Ge- nicht aus Hyazinthen gemacht wird, sondern dass wir uns romantischer fühlen. Ein Parfü- ruchs. Dies sehen wir zum Beispiel bei „Terre aus Phenylethylalkohol, Benzylacetat und meur ist für mich ein Künstler, der es schafft, d’Hermès“ (Anm. der Red.: ein Bestseller, den Galbanum – machen Sie damit die Menschen zum Beispiel Werte wie Eleganz, Originalität Monsieur Ellena kreiert hat). Ich versuche, nicht traurig? und Stil – und auch Überraschung in einen mit diesem Parfüm einen Menschen auszu- Eh ... alors. Diese Namen für Gerüche und Par- Flakon zu packen. Es geht um die Seele, ein drücken als einen vertikalen Wert, und das füm-Rohstoffe sind für mich Wörter, die Parfüm als ihr Ausdrucksmittel. Ganze über einen Holzgeruch. schön, die poetisch klingen. Sie sind abstrakt für die Öffentlichkeit, und gerade deshalb, Man sagt, die Umgebung beeinflusst uns, und Was macht eigentlich ein Parfümeur? Ein aufgrund ihres abstrakten Charakters, klingen wir kreieren umgekehrt unsere Umgebung. Laie stellt sich das immer so vor: Er mixt ir- sie wie eine Melodie. Kommen wir auf die Ma- Welchen Einfluss hat das auf Ihre Arbeit? gendwelche Sachen zusammen, und dann lerei zu sprechen. Wir haben ein Stillleben. In Wenn Sie jetzt in zum Beispiel Chicago oder kommt was Tolles raus. Oder unterhält man diesem Stillleben sehen wir Äpfel, Aprikosen, Papua-Neuguinea aufgewachsen wären, wür- sich in Formeln, wie ein Chemiker? Beschrei- Bananen. Aber das bedeutet natürlich nicht, den Sie die gleichen Parfüms kreieren? ben Sie bitte Ihren Beruf? dass wir reale Äpfel, Aprikosen und Bananen Ich wäre also die Gangsterbraut für Jean-Clau- Ich bin ein Schriftsteller des Duftes. Ich stelle vor uns haben, sondern vielmehr einen Kunst- de! Aber im Ernst: Ich habe das große Glück, in die Düfte mit Worten gleich. Diese Wörter bil- griff, der etwas abzubilden vermag mit unse- einer Region geboren zu sein, in der die Parfü- den dann einen Satz. Und das ist der Beginn rer Vorstellungskraft. Und diese Fantasie merie eine Kunst ist. Ja, ich glaube auch, dass einer Geschichte, die ich erzählen möchte. übersteigt meiner Meinung nach die Realität. vieles von unserer Abstammung abhängt und Dabei gibt es natürlich gewisse Regeln. Aber Wenn ich Erdbeergeruch aus Erdbeeren her- diese unser Leben beeinflusst. Und das fängt für mich ist jeder Inhaltsstoff wie ein Wort – stellen müsste, dann wäre das für mich nicht mit den Ur-Baby-Duftwahrnehmungen an. so entsteht langsam eine Parfüm-Geschichte. interessant und dann wäre ich nicht Parfü- Wir Franzosen sind von „Mustela“ geprägt, die meur. Ich denke, der menschliche Geist hat ei- Amerikaner von „Johnson & Johnson“, die Man sagt, die Umgebung beeinflusst uns, und ne Fähigkeit, Systeme zu erfinden und eine Deutschen von „Penaten“. Das sind unsere wir kreieren umgekehrt unsere Umgebung. Realität zu suggerieren, zu transzendieren. Grund-Wohlfühlgerüche voller Glücksgefühle. Welchen Einfluss hat das auf Ihre Arbeit? Das ist, was mich interessiert. Das ist das, was Wenn ich also Ägypterin wäre oder Australie- Wenn Sie jetzt in zum Beispiel Chicago oder ich den Menschen mit meinen Parfüms erklä- rin – ich würde andere Düfte liefern und auch Papua-Neuguinea aufgewachsen wären, wür- ren möchte. Der Mensch ist eine wunderbare kreieren. den Sie die gleichen Parfüms kreieren? Maschine, der zu Erfindungen fähig ist. Nein (lacht). Wenn ich in Chicago aufgewach- Welche Düfte machen uns glücklich? sen wäre, dann wäre ich Architekt geworden. Wenn ich den Duft des Glücks kreieren könn- Oder Gangster. Und in Neuguinea hätte ich te, würde ich das tun und ihn in große Fla- mich tätowieren lassen und hätte mich als schen abfüllen (lacht)! Düfte sind irrational. Stammesfürst etabliert. Bitte beschreiben Sie, Sie folgen der Person, die wir lieben, oder der wie für Sie ein Stein Person, „die man nicht mehr riechen kann“, Welche Düfte machen uns glücklich? riecht? sie sind also mit privaten, persönlichen Erleb- Das Gefühl von Glück, von Freude, ist immer Christine Nagel: Es nissen verbunden. Und Ereignissen, die einen mit Erinnerung verbunden, und die Erinne- hängt davon ab, woher – positiv oder negativ – berühren. rung ihrerseits geht auf ein Ereignis zurück. dieser Stein kommt. Ei- Wenn das ein glückliches Ereignis war, dann N ner aus dem Meer hat Welche Parfüms oder Düfte haben Ihr Leben werden Sie sich an diesen Tag erinnern und eine salzige Note. Einer vom Land ist für mich verändert? dann diesen Geruch, den Sie an diesem Tag wärmer und sinnlicher. Sie werden lachen, ich Eine sehr schwierige Frage, weil Düfte jeden wahrgenommen haben, als einen angeneh- mache solche Stein-Erkundungen und Ge- Tag mein Leben verändern. Der Duft lebt mit men Geruch empfinden. Nehmen wir ein Bei- ruchs-Reisen, da zerschlage ich manche wie mir. Ich ernähre mich davon. Ich existiere spiel. Als junge Frau mit 17 Jahren lernen Sie ein Steinmetz mit einem Hammer. In man- durch den Duft. Das ist fast wie Benzin. Es ist einen Jungen kennen, der „Brut“ von Fabergé chen Steinen sind Luftblasen, Millionen Jahre ein Antriebsmittel. Ja, ich verändere mich da- trägt. Mit 35 Jahren lernen Sie wieder einen alt, und deren austretender Geruch ist metal- durch jeden Tag. Mann kennen, der das gleiche Parfüm be- lisch. Ein sinnlicher Geruch, der für mich eng nutzt, und ich kann Ihnen sagen, selbst wenn mit dem taktilen Aspekt verknüpft ist. Wenn Sie Menschen die Wahrheit sagen, näm- der Mann total hässlich ist, wird das für Sie ein lich dass in Erdbeerduft keine Erdbeere ist, Moment des Glücks. Das ist also der Geruch Wir Laien fragen uns immer, was kommt zu- dass er nichts mehr ist als eine chemische For- des ersten Flirts. erst: die Henne oder das Ei? Was ist Ihr Ge- mel, nämlich: Fructon, Ethylmaltol und Methy- heimnis? Riechen Sie anders als wir Norma- lanthranilat und dass Hyazinthenduft nicht Welche Parfüms oder Düfte haben Ihr Leben los? Mit anderen Worten: Haben Sie zuerst ein aus Hyazinthen gemacht wird, sondern aus verändert? Objekt, eine Landschaft, ein Bild, eine Idee im Phenylethylalkohol, Benzylacetat und Galba- Hmm ... Das ist keine kleine Angelegenheit. Kopf – und daraus folgt die Kreation eines num – machen Sie damit die Menschen nicht Parfüms? Oder sagen Sie sich: Uff, da gibt’s traurig? Das wissen wir. diesen interessanten Ledergeruch, daraus Diese Rohstoff-Begriffe sind für mich wie (Denkpause) Ich weiß nicht, wie ich auf diese möchte ich jetzt was Großes schaffen? Wie Buchstaben, mein Abc. Diese Buchstaben füh- Frage antworten soll. Ganz konkret: Das erste funktioniert das bei Ihnen? ren zu Wörtern, daraus entsteht eine Ge- Mal in meinem Leben, als ich mich anders ge- Die Idee von Jean-Claude mit den detektivi- schichte, daraus entstehen dann Bücher, es fühlt habe als die anderen, das war im Alter schen Indizien gefällt mir. Meine Indizien sind entsteht Poesie. Das ist das Gleiche wie bei ei- von 16 Jahren. Ich lernte damals in der Parfü- meine Emotionen, meine Gefühle. Ich bin wie nem Maler. Er kann in eine Landschaft hinaus- merie-Branche in einem Labor und sollte ein ein Schwamm, der jeden Tag etwas aufnimmt. gehen, ein Foto schießen, er kommt dann zu- ‚Absolue de Jasmin‘ herstellen. Ich stellte fest, Nur was mich davon wirklich berührt, verfolge rück nach Hause und malt dieses Foto ab. Er dass meine Nase, mein Geruchssinn unter- ich wie einen roten Faden. Das kann die Be- kann aber auch einfach in die Landschaft ge- scheiden konnte, ob das Parfüm in einem Be- gegnung mit einer Landschaft sein, mit Musik. hen, diese Landschaft nur betrachten, dann hälter aus Glas, einem aus Kupfer oder einem Das Gefühl, das sie in mir auslösen, ist mein kommt er zurück, und mit seiner Vorstellungs- aus rostfreien Stahl hergestellt wurde. Mein Ausgangspunkt. kraft wird er seine Landschaft malen. Es ent- Chef sagte zu mir: „Du kannst etwas, was ich steht eine neue Geschichte niemals konnte.“ Es war das erste Mal, dass ich Was macht eigentlich ein Parfümeur? Ein Laie erfahren habe, dass meine Nase vielleicht et- stellt sich das immer so vor, er mixt irgendwel- was besser ist als das Mittelmaß. Das hat mein che Sachen zusammen, und dann kommt was Leben verändert: Ich bin Parfümeur gewor- Tolles raus. Oder unterhält man sich in For- Egal ob Eau de den. meln, wie ein Chemiker? Beschreiben Sie bitte Toilette, Dusch- Ihren Beruf? gel oder Seife: Wenn Sie Menschen die Wahrheit sagen, näm- Ich bin eine Geschichten-Erzählerin. Hier Dies sind alles lich dass in Erdbeerduft keine Erdbeere ist, kommen wieder meine Gefühle ins Spiel. Mit Kreationen von 111 dass er nichts mehr ist als eine chemische For- meinen Parfüms möchte ich berühren; ein Jean-Claude mel, nämlich: Fructon, Ethylmaltol und Me- Parfüm bedeutet ja, dass wir uns gut fühlen, Ellena für Hermès O

SONNTAG, 14. SEPTEMBER 2014

So richtig Urlaub. Anzeige Ganz in der Nähe, inmitten großartiger Natur. Mit Charme, Stil und Spaß für Groß und Klein. Einfach zum Wohlfühlen. Ganz A-ROSA. Global Diary Erinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt SMS und E-Mail noch Nur noch für kurze Zeit Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer verfügbar.

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VENEDIG, ITALIEN

Draußen lockt Venedig mit seinen Reizen. Und die Biennale mit ihrer unüberschaubaren Zahl an Kunstausstellungen. Und was machen wir? Wir hängen ab im „Aman Canal Grande“, im „Palaz- zo Papadopoli“. Stehen mal mit Drink in der Hand auf dem Balkon des Ballsaals, fühlen uns wie Stars und winken aus Spaß den Touristen, die vorbeischippern und ihre Kameras auf uns richten. Und dabei wissen wir: Das wahre Fotomotiv befin- det sich im Rücken hinter offenen Glastüren – die Ro- koko-Ausschmückung des Raums. Er ist über und über mit Fresken, Stuck-Reliefs, Putten und Spiegeln dekoriert. Die Menschen auf Vaporettos und Gondeln halten uns wohl für Hausgäste eines venezianischen Adeligen. Damit liegen sie im Prinzip richtig. Graf Giberto Arri- vabene Valenti Gonzaga bewohnt mit seiner Familie ein paar Hundert Quadratmeter auf der vier- ten Etage des 450 Jahre alten Palazzo. Die restlichen 5500 Quadratmeter (!) sind Hotel. Wobei ei- nem in Sachen Wohngefühl dieser Begriff nicht in den Sinn kommt. Die Gesellschaftsräume wie Ballsaal, Boudoirs, Esszimmer und Bibliothek wurden mit schlichtem und einfarbigem Mobiliar zu Lounges gestaltet, in denen man sich gern aufhält. Einen Aperol Spritz nippen, in Büchern blät- tern, speisen oder sich einfach vom prunkvollen Dekor einlullen lassen. Der „Palazzo Papadopoli“ ist nämlich eine Kunstkammer, die Schätze aus fünf Jahrhunderten birgt. Wie die mit Fresken in der Tiepolo Suite – erschaffen von Giovanni Battista Tiepolo, einem der bedeutendsten italienischen Maler des 18. Jahrhunderts. Oder der Sansevino-Kamin aus dem 16. Jahrhundert in Nummer 14. Oder die Murano-Kronleuchter aus der Mitte des 19. Jahrhunderts – damals die ersten in Venedig mit elektrischen Kerzen. Jede der 24 Suiten ist eigen, manche origi- nal antik ausgestattet mit sechs Meter hohen Decken, andere modern. Die kleinste misst 47, die größte 103 Quadratmeter. Auch in rückwärtig gelegenen Zimmern freut man sich über einen reizvollen Blick nach draußen. Auf den Canal Grande oder in die Gärten oder beides. Und bewun- dert insgeheim die Papadopolis, die vor 150 Jahren ihren Palazzo neu inszenierten. Einerseits um Venedigs verwöhnte High Society zu beeindrucken, andererseits um luftiges Grün an Venedigs Hauptschlagader zu platzieren. Kein Wunder also, dass man sich zweimal überlegt, ob hinausge- hen oder bleiben.

ILLUSTRATIONEN: TIM DINTER ILLUSTRATIONEN: Die Lagunenstadt zählt zu Kiki Barons liebsten Städten. Dort fand sie das ultimative Refugium

A-ROSA Resort und Hotel GmbH, Am Kaiserkai 69, 20457 Hamburg, www.a-rosa.de O

UNTERWEGS SardiniensSardiniens letztesletztes GeheimnisGeheimnis

Wenn selbst für Tom Cruise kein Tisch auf der Insel vor Sardiniens Südküste mehr frei ist, muss es ein besonderes Eiland sein. Helge Sobik weiß mehr SEATOPS

tonello Pomata tat es wirklich leid. Cruise und geöffneten Holztoren sitzen und von Hand Co schleppten deshalb selbst und wirkten so- Reusen und Netze flicken. Die Kleineren ste- gar so, als ob sie durchaus Spaß daran gehabt hen Schlange an der Eisdiele. Wirkliche Hek- hätten. Spät am Abend tik? Gibt es hier nicht. konnte Antonello immer- Wer zum Strand will, muss ein Stück laufen hin ein paar Mitarbeiter und erst an der Lagune mit all den Flamingos Am Ende musste er an Deck der Yacht schicken, um das Geschirr vorbei – hinaus aus dem Ort Richtung Osten. essen, mit der er gekommen war. Da- wieder abzuholen. Denn den einen langen Paradestrand gibt es bei hätte Antonello Pomata ihm gern „Wissen Sie“, sagt der Maes- hier nicht, dafür viele kleine Buchten: so geholfen und konnte trotzdem nur tro, während er seine große schön wie drüben auf Sardinien. Spiaggia la mit den Schultern zucken: „Kein Hornbrille mit den Bobba zum Beispiel oder Spiaggia la Caletta, Tisch frei diesen Abend, nicht mal ein A schwarz-grünen Bügeln den schönsten Strand der Insel. Der Sand ist Stuhl. Und an den nächsten fünf, sechs Aben- aufsetzt, „die Insel San Pietro gehört zwar ir- hell, das Wasser klar. Es schillert in schönstem den auch nicht.“ Nicht mal für Tom Cruise mit gendwie zu Sardinien, aber wir sind das kras- karibischem Türkisblau – und manchmal Gefolge. Alles reserviert. Wie immer im Au- se Gegenteil der Costa Smeralda, wo viele Su- schauen von der Seeseite sogar ein paar Delfi- gust, wie üblich um diese Jahreszeit im besten perreiche unterwegs sind. Wir sind boden- ne nach den Urlaubern an Land. Restaurant von Carloforte auf der Insel San ständig.“ Weite Teile der Küste sind steil, felsig, zugäng- Pietro gut sieben Kilometer vor der Südspitze 54 Quadratkilometer groß ist die Insel, weni- lich nur für Kletterkünstler. Noch immer le- Sardiniens. ger als ein Vierhundertstel der Fläche Sardi- ben Fischer in Carloforte, noch immer stam- Ins „Da Nicolo“ in vorderster Linie mit Blick nens. Gut 6200 Menschen leben hier, fast alle men die meisten permanenten Einwohner auf den Yachthafen kommen sie alle: die, die in der Hauptstadt Carloforte. Fünf Straßen er- von Fischerfamilien ab, auch wenn sie inzwi- dann doch ganz gern gesehen werden wollen, schließen den Rest der Insel, jede strahlenför- schen auf den Fähren arbeiten, die die meiste und die, die darauf gut verzichten können und mig in eine andere Richtung, und wer von der Zeit des Tages im Anderthalbstundentakt un- einfach nur hervorragend essen möchten – 15 einen Piste auf die andere will, muss immer terwegs sind. Ihr Schutzherr war historisch Schritte vom Mittelmeer. erst wieder zurückkommen an den Ortsrand. kein Sarde, sondern der König von Savoyen. Italienische Fußballstars kehren hier ein, Mo- Die Gassen sind schmal, die Altstadt ist ver- Ihre Architektur erinnert eher an einen ligu- dedesigner wie Roberto Cavalli, die Fiat-Be- kehrsberuhigt, und weil Carloforte am Hang rischen Küstenort als an ein sardisches Dorf, sitzerfamilie Agnelli, der Bulgari-Juwelen- liegt, kommen nicht mal die Vespas und Mo- ihre Kultur ist die Norditaliens – wenn auch Clan – und viele mehr, an die Antonello und peds überall durch. längst verquickt mit allerlei anderen Einflüs- sein Vater Nicolo sich aus Diskretion gar nicht Nur wenige Hotels haben sich angesiedelt, ein sen. Selbst der Dialekt, den sie sprechen, ist erst erinnern. Die meisten von denen reisen paar Pensionen, 300 Gästezimmer insgesamt ein veraltetes Genuesisch – mit manchen Be- mit einer Yacht an, und alle reservieren zur Si- bloß, dazu viele Häuschen, die überall auf der griffen, die dort oben längst aus dem aktiven cherheit vorher. Wichtig ist das ohnehin nur Insel in die Landschaft gewürfelt und meist Wortschatz verschwunden und über die Jahr- im August, wenn ganz Italien Urlaub macht. von dichtem Grün umgeben sind, von Strand- hunderte sogar in Vergessenheit geraten sind. In allen anderen Monaten ist viel weniger los hafer oder riesigen Diesteln, von Zistrosen Hier aber haben sie sich gehalten. und fast immer auf Anhieb ein Tisch im „Da und Wacholder, von Aleppo-Kiefern und Für die Küche gilt dasselbe. Antonellos Vater Nicolo“ zu bekommen. Aber offenbar hat nie- Steineichen. Meistens gehören sie ebenso wie Nicolo Pomata kocht nach traditionellen Re- mand Mister Cruise davon erzählt. viele der kleinen Stadthäuser und Eigentums- zepten von der Insel, und deren Wurzeln sind Nachdem der Mann aus Hollywood am Ein- wohnungen Festland-Italienern, die sie als ebenfalls ligurisch. Ob Tom Cruise davon gang im Stehen die ausgehängte Speisekarte Sommerquartiere nutzen. wohl etwas weiß? „Keine Ahnung“, sagt Anto- studiert hatte, mochte er nicht mehr woan- Die betagten Autofähren vom Festland, die 35 nello, „wichtig ist nur, dass es ihm geschmeckt ders hingehen oder sieben Tage auf einen Minuten für die Überfahrt brauchen, machen hat.“ Will der Mann aus Hollywood wieder- Sitzplatz warten. Er bestellte einfach außer ebenso wie die privaten Ausflugsschiffe der kommen? „Weiß nicht. Zumindest hat er bis- Haus: Filet vom St. Petersfisch mit Babykar- Leute mit dem pralleren Geldbeutel direkt vor lang nicht reserviert.“ Dafür war kürzlich toffeln, Rinderfilet mit Pecorino-Kruste, Tem- der ersten Häuserzeile und den Platanen fest – Johnny Depp da. Er hat auf Anhieb einen pura-Crêpes gefüllt mit Muscheln und Scam- dort, wo von den Balkonen die Wäsche zum Tisch bekommen. Wie es dazu kam? „Ganz pi, dazu Salate und Mozzarella-Tomaten mit Trocknen hängt. Dort hocken die Alten und einfach“, sagt Antonello. „Es war September. Basilikum und hervorragendem Balsamico. plaudern, während manche der etwas Jünge- Und da ist es kein Problem.“ Leider war kein Kellner frei, um all das zur ren entlang des Corso Cavour im Erdgeschoss Yacht zu tragen: zu viel los um diese Zeit. An- ihrer schmalen Häuser hinter sperrangelweit Die Reise wurde von FTI Touristik unterstützt. 113 O

BAUPLAN

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9 10 DIOR

DER „FUSION“- SNEAKER VON DIOR In den Ateliers und Manufakturen dieser Welt werden weiterhin Handwerkskünste gepflegt, und wir schauen zu

Im Januar 2014 trugen die Models zur Haute-Couture-Show von Dior keine High Heels, sondern den jüngst von Chefdesigner Raf Simons entworfe- nen „Fusion“-Sneaker. Das Besondere an dem Schuh: Er verbindet typische Couture-Details wie Bänder, Schleifen und Blumenstickereien mit Hightech-Materialien und kommt ohne Schnürung aus. Gefertigt wird er in Italien, wir zeigen die wichtigsten zehn Schritte: 1. Alles beginnt mit ei- ner Skizze. 2. Wenn der Entwurf steht, folgt die Umsetzung. Zunächst wird das Obermaterial des Schuhs in Handarbeit mit Blumenstickereien ver- ziert. 3. Nun wird am Computer eine 3-D-Animation der Sohle erstellt. 4. Um den Sneaker später in verschiedenen Größen anbieten zu können, stellt man für jede Schuhgröße einen eigenen Leisten aus Holz her. 5. Mithilfe einer Eisenform wird die zweifarbige Gummisohle angefertigt. Die Form verfügt über Erhöhungen und Vertiefungen und verleiht der Sohle ähnlich wie beim Hochdruckverfahren ihr Profil. 6. Die einzelnen Ele- mente des Schuhs werden aus dem Außenmaterial ausgestanzt und anschließend 7. miteinander vernäht. 8. Im nächsten Schritt wird das Außen- material auf die verschiedenen Leisten aufgezogen. 9. Nun folgt das Ankleben der Sohle. 10. Zu guter Letzt kommt die Innensohle in den Sneaker, 114 dann ist er fertig. Übrigens: Den Schuh gibt es in fünf Varianten, erhältlich ist er in allen Dior-Boutiquen und ausgewählten Concept-Stores. O O

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