www.studentenwerke.de 4/2020

Das Magazin des Deutschen Studentenwerks

CORONA- STUDIUM

Wie die Digitalisierung die Lehre revolutioniert – und was Bundesbildungsministerin dazu sagt

Dorothea Wagner Oliver Kaczmarek Julika Griem Die Vorsitzende des Wissen- Arbeiterkind, Bildungs- Studierende für visuelle schaftsrats im Interview aufsteiger, Schalke-Fan Wissenschaftskommunikation! „STUDENT/-IN DES JAHRES“

Auszeichnungskriterium: Es gibt viele unter den 2,9 Millionen Studierenden, die über ihr Fachstudium hinaus in Staat und Gesellschaft, Politik und Vereinen, vor allem aber ehrenamtlich und altruistisch engagiert sind, häufig auch im studiennahen Bereich. Der Deutsche Hochschulverband und das Deutsche Stu- dentenwerk wollen diesen Studierenden Aufmerksamkeit verschaffen. Sie verleihen auf der „Gala der Deutschen Wissenschaft 2021“ in Berlin zum sechsten Mal den Preis „Student/-in des Jahres“. Für die Auszeichnung in Betracht kommen Studierende bzw. Studierendenteams, die ein über die Leistungen im Studium hinausgehendes, herausragendes Engagement vorweisen können, das möglichst einzigartig und innovativ sein sollte. Es besteht keine Beschränkung, in welcher Art und Weise dies gelungen ist. Das Engagement kann, muss aber nicht im direkten Bezug zur Hochschule stehen. Preissumme: Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird vom Stifterverband für die Deutsche Wissen schaft gestiftet. Das Preisgeld steht zur freien Verfügung. Wer kann Vorgeschlagen werden kann jeder Studierende einer deutschen Hochschule oder jeder deutsche vorgeschlagen werden? Studierende an einer ausländischen Hochschule, der sein Studium zum Ablauf des Winter - semesters 2020/21 noch nicht abgeschlossen hat. Nominierungsberechtigt ist jeder. Es kann eine Einzelperson oder eine Gruppe von Studierenden vorgeschlagen werden. Die Studienrichtung ist unerheblich. Vorschlagsfrist: Die Frist zum Vorschlag endet am 31. Dezember 2020. Unterlagen: Vorschläge bedürfen der Schriftform. Zum Vorschlag gehört der Name des/der Vorgeschlagenen, die Hochschule, der er/sie angehört, und eine maximal zweiseitige Begründung des Vorschlags, die das Verdienst des/der Vorgeschlagenen skizziert. Aussagefähige Unterlagen über die Leistung des/der Vorgeschlagenen können dem Vorschlag beigefügt werden. Die Unterlagen sind an die Geschäftsstelle des Deutschen Studentenwerks zu richten: Deutsches Studentenwerk „Student/-in des Jahres“ Monbijouplatz 11, 10178 Berlin Auswahl der Preisträger: Die Preisträgerin/den Preisträger/die Preisträger wählt eine unabhängige, sechsköpfige Jury aus, die Deutscher Hochschulverband und Deutsches Studentenwerk paritätisch besetzen. Die Jury kann auch einen nicht vorgeschlagenen Studierenden/ein nicht vorgeschlagenes Studierenden- team prämieren. Ansprechpartner und Deutsches Studentenwerk weitere Information: Referat Presse- und Verbandskommunikation Stefan Grob | Monbijouplatz 11 | 10178 Berlin Tel.: 030/29 77 27 20 E-Mail: [email protected] EDITORIAL

Neue Welt

igentlich hatten sich das alle anders vorgestellt. Wer sich vor dem Wintersemester 2020/2021 unter Hochschulleitungen umhörte, hörte die Hoffnung heraus, Teile des Lehrbetriebs wieder in Präsenz durchführen zu können. Vor allem den vielen Studienanfänger/-innen im Winter- Esemester sollte damit die sozialakademische Integra- tion erleichtert werden. Aber es kam wieder mal an- ders, als man es sich vorher gedacht hatte. Das Lockdown-light-Wintersemester 2020/2021 ist ein digitales Semester. Aber welche digitalen Lehr- Formate werden eingesetzt? Was macht die Digitali- Dorothea Wager, die Vorsitzende des Wissenschaftsrats, bringt sierung konkret mit Lehrenden und Studierenden? die Gemütslage vieler Menschen in Wissenschaft, Forschung Wir wollten das genauer wissen. Unser Autor Christi- und Hochschulen im Interview „13 Fragen an“ auf den Punkt: an Füller zeigt am Beispiel der Trierer Literaturwis- Sie sei „ein bisschen deprimiert, dass wir wieder ein Semester senschaftlerin Andrea Geier und des Dresdener Lin- mit Videokonferenzen vor uns haben“. Es sei eine neue, merk- guistikers Alexander Lasch, wie „flipped Vorlesun- würdige Welt_S. 41 gen“ funktionieren können, wie die Studierenden Vieles aus der neuen Hochschul-Welt werde auch in einer Zeit während der Online-Vorlesung über Messenger- „nach Corona“ bleiben, sind sich Protagonistinnen und Protago- Dienste ihre Kritik oder Nachfragen als „Memes“ an nisten dieser Ausgabe des DSW-Journals sicher. Ich glaube, es den Professor senden – eine fröhlich betriebene wird – sobald möglich – wieder mehr Präsenz-Lehre geben, an- „Transformation von Vorlesung und Seminar“ mittels gereichert mit digitalen Elementen. feiner digitaler Stellschrauben. Es zeigen sich aber Wie unter den Pandemiebedingungen noch ein Mensa-Betrieb auch Schattenseiten der neuen digitalen Lehr-Welt, möglich ist, zeigen das Studierendenwerk Vorderpfalz und das gerade für Studierende, denen der souveräne Umgang Studierendenwerk Düsseldorf. Die neue Welt auch in der Coro- mit digitalen Medien aus dem Elternhaus nicht mit- na-Mensa: vorbestelltes Essen „to go“, Gästeregistrierung, Ab- gegeben wird. An der Hochschule Ruhr-West etwa, so standsmarkierungen, rot-weiße Absperrbänder, gekennzeichne- erklärt deren Präsidentin Susanne Staude, kommen te Laufwege, Desinfektionsmittel, Plexiglas-Trennwände, Mund-Nasen-Schutz, wechselnde Teams im Zwei-Schicht-Be- »Was macht die Digitalisierung konkret trieb, gähnende Leere statt Studi-Massen, 140 Essen am Tag in der Landauer Mensa des Studierendenwerks Vorderpfalz anstel- mit Lehrenden und Studierenden?« le der sonst üblichen 1.200 … „Wir machen das Beste draus“, sa- gen unsere Mensa-Verantwortlichen, die mit viel Optimismus, viele Erstsemester „aus Familien, in denen noch nie Umsicht und Rücksicht der Pandemie trotzen. Was sie am meis- jemand studiert hat“. Deren akademische Sozialisati- ten vermissen? „Die vertrauten Abläufe, die volle Teamstärke, der on sei „unter Corona-Bedingungen extrem schwie- positive Stress. Das Scherzen und Quatschen mit den rig“, digital gehe das nicht, ist sie überzeugt. Anja Kar- Studierenden“_S. 22-27 liczek, Bundesministerin für Bildung und Forschung, betont hingegen die positiven Potenziale der digita- Eine anregende Lektüre dieses DSW-Journals wünscht Ihnen len Lehre: „Digitale Formate können die Hochschul- Ihr lehre (…) dabei unterstützen, der Heterogenität von Studierendengruppen besser gerecht zu werden“, es könne „viel individueller“ auf einzelne Studierende eingegangen werden. Es stelle sich nicht die Frage „entweder analog oder digital“, es gehe darum, „wo die Achim Meyer auf der Heyde Präsenzlehre durch digitale Ergänzungen verbessert“ Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks

Foto: Kay Herschelmann Foto: werden könne_ S. 12-17 » [email protected]

DSW JOURNAL 4/2020 3 Das Magazin des Deutschen Studentenwerks Heft 4 Dezember 2020

POLITIK PRAXIS

#CORONA-STUDIUM Corona-Mensa Die Studierendenwerke Vorderpfalz und Was die Digitalisierung mit Lehrenden Düsseldorf trotzen der Pandemie / 22-27 und Studierenden macht Die Pandemie zwingt zur digitalen Hochschullehre – die ist viel mehr als nur ein vermeintlicher Gegensatz zur Prä- senzlehre. Christian Füller schildert, wie Hochschule 2.0 in der Praxis aussieht. Und Anja Karliczek erklärt, warum Seite 12-17 sie keinen Hochschul-Digitalpakt will. ESSAY Julika Griem Die DFG-Vizepräsidentin über plakative Wissenschaftskommunikation / 18-21

4 DSW JOURNAL 4/2020 INHALT

PROFIL PERSPEKTIVE

Illustration: Christoph Vieweg Illustration: Christoph Vieweg Bauherr Studierendenwerk Oliver Kaczmarek Thomas Rauschenbach Klug planen, bauen und umnutzen: Empathisch und bodenständig: Porträt des Der Direktor des Deutschen Jugendinsti- Studierendenwerke können das / 28-33 SPD-Politikers und Bildungsexperten / 34-37 tuts über Zuwanderung / 38-39

STANDORT Das Studentenwerk Würzburg ist 99 – 13 FRAGEN AN … und bekommt Studi-Glückwünsche / 8-9 Dorothea Wagner, Vorsitzende des Wissenschaftsrats / 40-41

STANDORT STANDORT

24 STUDI-LIEBE Mensen & Cafeterien Das Studentenwerk Würzburg ist 99, und die Studierenden gratulieren 1.883.169 ausgegebene Essen Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg Schweinfurt 7.444.582 € 2.686 (Studierende in Schweinfurt) Umsatz Hochschulgastronomie Schweinfurt Aschaffenburg 6.012 (Studierende in Würzburg)

| Plakat Saskia Eich | Thomas Rosenthal I Studierendenwerk Bonn | Kay Herschelmann I Bamberg 3.904 Würzburg EINEWohnheimplätze MERKWÜRDIGE WELT Technische Hochschule Otto-Friedrich-Universität Bamberg Aschaffenburg 12.595 Studierende 250,40 € 3.099 Studierende Durchschnittliche Miete im Wohnheim Hochschule für Musik Würzburg 543 Studierende Julius-Maximilians-Universität BAföG 7.557 Würzburg 99 Jahre BAföG-Geförderte 27.551 Studierende Eure Jubiläumsglückwünsche *Zu eurem Jubiläum wünsche ich euch … versalzene Mensagerichte, weil eure Köche alle schwer verliebt sind … außerdem Bauchkrämpfe, 3.772 weil es auf der Arbeit ständig Grund für Lachanfälle gibt … Tränen in den Augen, weil die Studenten aus dem Loben nicht herauskommen … Und Psychologische Beratungskontakte am Ende des Tages wünsche ich euch viele Abschiede von Studenten, 99 Jahre denen ihr tatkräftig dazu verholfen habt, im Leben weiterzuziehen und Eure Jubiläumsglückwünsche das Studium erfolgreich zu beenden. ❤ 833 *Liebes Studentenwerk, Rechtsberatungen ich wünsche Dir selbstreinigende Töpfe, bruchsicheres Geschirr, schmutz- resistente Tischflächen, einen kostenlosen Freundlichkeits-Wasser- 99 Jahre Spender, eine Schale mit Entschleunigungs- und Entspannungs-Bonbons Eure Jubiläumsglückwünsche und alles Erdenkliche, was den Alltag etwas erleichtern und versüßen könnte ... V.a. aber wünsche ich Euch, dass Ihr bleibt, wie ihr seid - denn *Ich wünsche euch, dass die Arbeitstage angenehm werden, dass das 861 so seid ihr einfach prima! Essen fleißig gelobt wird, die Milch lange hält und die Gäste brav ihre Sozialberatungen Vielen Dank :) Tabletts wegbringen, die Veranstaltungen gut besucht werden und die Organisation weiter rund läuft. ❤ *Glückwünsche von Studierenden auf Instagram Ich wünsche euch alles Beste. Macht weiter so tolle Arbeit wie bisher, auf 4 60 dass Besteck und Tassen in den Mensen weniger oft Beine bekommen. Ansonsten danke für die letzten fünf Jahre mit euch in allen Bereichen. ❤ Kitas Kita-Plätze I I Studierendenwerk Vorderpfalz 52.486 »GEMEINSAM, ENGAGIERT, FLEXIBEL UND IDEENREICH – DAS IST DIE BASIS FÜR DIE WoAnzahl der Studierenden (Jahresdurchschn.bleibt 2019) Ihr Protest, liebe Studierende? NÄCHSTEN 100 JAHRE STUDENTENWERK WÜRZBURG« »GESCHULTES SERVICEPERSONAL, FREUNDLICHE ATMOSPHÄRE!«

Vor welchen Herausforderungen steht das Studentenwerk Würzburg? Was zeichnet das Studentenwerk Würzburg aus? Nicht nur die Corona-Pandemie stellt uns vor neue Herausforderungen, sondern auch die Digitalisierung, die Interna- tionalisierung und der zunehmende Wettbewerb der Hochschulen untereinander sowie der höhere Wettbewerbsdruck Bestausgewählte Küchenchefs sorgen für abwechslungsreiches, vielfältiges Essen in unserer Mensa und das privater Anbieter fordern uns verstärkt. Ich bin aber sicher, dass wir gemeinsam, engagiert, flexibel und ideenreich - wie geschulte Servicepersonal sorgt für eine freundliche Atmosphäre bei der Essensausgabe! bisher auch - geeignete und gute Lösungen für alle Leistungsbereiche finden und so die Basis für die nächsten 100 Jahre Das Studentenwerk Würzburg zeichnet sich zudem durch qualitativ hochwertige Beratung in allen Studentenwerk Würzburg schaffen. Leistungsbereichen aus. Michael Ullrich Dr. Dagmar Steuer-Flieser Geschäftsführer des Kanzlerin der Universität Bamberg und Vorsitzende des Studentenwerks Würzburg Trotz Corona – optimistisch in die Zukunft! DSW-Präsident Rolf-Dieter Postlep wünscht sich mehr Enga- Verwaltungsrats des Studentenwerks Würzburg Foto: Jürgen Schabel/Universität Bamberg Foto: Foto: DSW Foto: gement gegen Corona-Leugner/-innen / 42 8 DSW JOURNAL 4/2020 DSW JOURNAL 4/2020 9 Fotos: Kay Herschelmann Fotos:

DSW JOURNAL 4/2020 5 COMMUNITY

AUSLANDSSEMESTER 2020/2021

HEIKO SAKURAI

KOMMUNIKATIONSOFFENSIVE Eine BAföG-Bahn für Heidelberg

HEIDELBERG Seit Anfang Oktober 2020 fährt eine Straßen- bahn durchs Heidelberger Stadtgebiet, die bei Studierenden dafür wirbt, BAföG zu beantragen. Die „BAföG-Bahn“ ist Teil einer Kommunikationsoffensive des Studierendenwerks Hei- delberg; es will Studierende dafür gewinnen, einen BAföG- Antrag zu stellen. Neben der Straßenbahn gehören dazu auch die Plakatierung von Bussen, Leihfahrrädern und Werbeflä- chen. Der Weg der plakatierten Straßenbahnlinie 26 führt vorbei an verschiedenen Wohnanlagen des Studierenden- werks Heidelberg. Dass die Werbemaßnamen erfolgreich sind, zeigt ein deutlicher Anstieg der Anrufe bei der BAföG- Hotline des Studierendenwerks. Die Kampagne läuft von Ok- tober 2020 bis Januar 2021 und ist eine Kooperation mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden- Württemberg. ml.

» https://www.facebook.com/studierendenwerk.heidelberg/photos/a.389741141124199/3308613049236979/?type=3&theater Studierendenwerk Heidelberg Foto:

6 DSW JOURNAL 4/2020 COMMUNITY

EINE FRAGE ... Wie wird das Studium aussehen, wenn die Pandemie einmal beendet oder gut im Griff ist? Antworten der Bildungsexpert/-innen der Bundestagsfraktionen

Dr. Götz Frömming MdB MdB Oliver Kaczmarek MdB AfD CDU/CSU SPD

Die Hochschulen haben sich bundesweit schnell auf Die digital unterstützte Lehre wird in neuer Form blei- Digitale Lehr- und Lernangebote werden – wie vor die Corona-Pandemie eingestellt und entwickeln mit ben. In der SPD setzen wir uns dafür ein, dass die der Pandemie auch – eine sinnvolle Ergänzung des viel Dynamik ihre digitalen Lehrangebote weiter. Um Digitalisierung an den Hochschulen nicht nur als Studienangebots bleiben. Die Universitäten werden das zu ermöglichen, haben wir mit den Wissenschafts- Kriseninstrument, sondern über die Zeit der Pande- sich aber auch sehr schnell wieder mit Menschen pakten Milliarden bereitgestellt. Deutschland ist damit mie hinaus als bereicherndes und flexibel einsetzba- füllen. Persönliche Begegnungen in der realen Welt, international Vorreiter was Planungssicherheit für Hoch- res Mittel zur Durchführung einer bedarfsgerechten die ihren eigenen pädagogischen Wert haben, lassen schulen betrifft. Daher erwarte ich eine positive Ent- Hochschullehre fungiert. Deshalb fordern wir die sich durch keine Software ersetzen. wicklung, die für Studierende einen Wandel hin zu einer Einführung einer Digitalisierungspauschale mit einem besseren Hochschullehre bewirkt. Moderne Lehrange- festen Betrag pro Studierendem zum Aufbau der bote werden den Hochschulalltag zunehmend prägen. digitalen Infrastruktur an den Hochschulen.

» www.albert-rupprecht.de » www.oliver-kaczmarek.de » www.goetz-froemming.de

Dr. MdB MdB MdB FDP Die Linke Bündnis 90/Die Grünen

Der Digitalisierungsschub und die Kreativität vieler Wie das Studium nach der Pandemie aussehen wird, Das Online-Studium ist derzeit nicht die Ausnahme, son- Hochschulen darf nach der Pandemie nicht verpuf- bedeutet auch, darüber nachzudenken, wie das dern die Regel. Nach Abflauen der Pandemie baut Stu- fen. Die Lehre sollte nach Corona moderner, ab- Studium aussehen sollte. Digitale Formate werden dieren wieder auf Präsenz und Campusleben, zugleich wechslungsreicher und qualitativ hochwertiger sein noch selbstverständlicher werden, ohne dass hier- entstehen neue Mischformen aus physischen und virtu- als noch 2019. Digitale und analoge Lehrformate durch die Idee einer teilhabeorientierten demokrati- ellen Lehrveranstaltungen. Bund und Länder müssen die sollten intelligent miteinander kombiniert werden. schen Präsenzuniversität aufgegeben werden dürfte. Qualität der (digitalen) Lehre gemeinsam steigern. Jetzt Monotone Massenvorlesungen in stickigen Hörsälen Es ist zu hoffen, dass vor allem aus den sozialen braucht es wirksame und planbare Corona-Hilfe für Stu- sollten der Vergangenheit angehören. Mit zeitlich wie Folgen der Corona-Pandemie gelernt wird und das dierende in Not – sonst werden aus Geldnöten Studien- örtlich flexibler Lehre und berufsbegleitenden ‚Micro BAföG endlich so reformiert wird, dass der Lebensun- abbrüche. Das wäre fatal für die Bildungschancen jedes Degrees‘ lassen sich neue Zielgruppen erreichen. terhalt von deutlich mehr Studierenden gesichert ist. Einzelnen und die Zukunft unseres Landes.

» www.jens-brandenburg.de » www.nicole-gohlke.de » www.kai-gehring.de

INTERNATIONALES Preis des Auswärtigen Amts fürs Studierendenwerk Freiburg

INTERNATIONALER CLUB Das Studierendenwerk Freiburg gewinnt den Preis für exzellente Betreuung internationaler Studierender des Aus- wärtigen Amts, der mit 30.000 Euro dotiert ist. Seit 1994 betreut der „In- ternationale Club“ des Studierendenwerks Freiburg Studierende aus dem Ausland und bietet ihnen Vernetzungs- und Integrationsmöglich- keiten. Tandem-Programme und Exkursionen zählen ebenso zu den Formaten wie Länderabende oder Begegnungsformate wie Sprachcafés. Die Angebote stehen allen Studierenden der Hochschulen im Betreu- ungsbereich des Studierendenwerks Freiburg offen, internationalen Studierenden ebenso wie deutschen. Das Angebot ist hervorragend digi- talisiert und kann deshalb während der Corvid-19-Pandemie nahezu uneingeschränkt weiterlaufen. Das Auswärtige Amt zeichnet wirksame und innovative Modelle der Betreuung internationaler Studierender aus. Ziel des Preises ist es, zur Verbesserung der Willkommenskultur an deutschen Hochschulen beizutragen. ml. CDU Nina-Altmann.com | SPD Benno Kraehahn | AfD Olja Grenner | FDP Tobias Koch | Die Linke Trialon/Thomas Kläber | Bündnis 90/Die Grünen I Studierendenwerk Freiburg/Rahel Locher Trialon/Thomas Koch | Die Linke Tobias AfD Olja Grenner | FDP CDU Nina-Altmann.com | SPD Benno Kraehahn

» https://www.daad.de/de/der-daad/kommunikation-publikationen/presse/pressemitteilungen/aa-preis/ Fotos:

DSW JOURNAL 4/2020 7 Das Studentenwerk Würzburg ist 99,unddieStudierenden gratulieren STUDI-LIEBE STANDORT 8 NÄCHSTEN 100JAHRESTUDENTENWERK WÜRZBURG« »GEMEINSAM, ENGAGIERT, FLEXIBELUNDIDEENREICH–DASISTDIEBASIS FÜRDIE Studentenwerks Würzburg Michael Ullrich 3.099 Studierende Aschaffenburg Technische Hochschule Geschäftsführer des * * Glückwünsche vonStudierenden aufInstagram Vielen Dank:) so seidIhreinfachprima! könnte ... V.a. aberwünscheichEuch, dassIhrbleibt, wieIhrseid-denn und allesErdenkliche, wasden etwaserleichternundversüßen Alltag Spender, eineSchalemitEntschleunigungs-undEntspannungs-Bonbons resistente Tischflächen, einenkostenlosen Freundlichkeits-Wasser- ich wünscheDirselbstreinigende Töpfe, bruchsicheresGeschirr, schmutz- Liebes Studentenwerk, Eure Jubiläumsglückwünsche 99 Jahre 99 Jahre Trotz Corona–optimistischindie Zukunft! Studentenwerk Würzburgschaffen. bisher auch findenundsodieBasisfürnächsten100 -geeigneteJahre füralleLeistungsbereiche und guteLösungen privater Anbieter fordernuns verstärkt. sicher, Ichbin aber dass wir gemeinsam, engagiert, undideenreich- flexibel wie tionalisierung undderzunehmende Wettbewerb untereinander derHochschulen sowie derhöhere Wettbewerbsdruck Nicht nurdieCorona-Pandemie stelltuns vor neueHerausforderungen, sondernauch dieDigitalisierung, dieInterna Vor welchen Herausforderungen steht dasStudentenwerk Würzburg? Aschaffenburg 27.551 Studierende Würzburg Julius-Maximilians-Universität Würzburg Schweinfurt 543 Studierende Hochschule fürMusikWürzburg Bamberg * Ansonsten dankefürdieletztenfünfJahremiteuchinallenBereichen. ❤ dass Besteckund Tassen indenMensenwenigeroftBeinebekommen. Ich wünscheeuchallesBeste. Machtweitersotolle Arbeit wiebisher, auf weiterrundläuft.Organisation ❤ Tabletts wegbringen, die Veranstaltungen gutbesuchtwerdenunddie Essen fleißiggelobtwird, ihre dieMilchlangehältundGästebrav Ich wünscheeuch, dassdie angenehmwerden,Arbeitstage dassdas 6.012 (Studierende inWürzburg) 2.686 (Studierende inSchweinfurt) Wissenschaften Würzburg Schweinfurt Hochschule fürangewandte * Eure Jubiläumsglückwünsche das Studiumerfolgreichzubeenden. ❤ dazuverholfenhabt,denen ihrtatkräftig imLebenweiterzuziehenund am Endedes Tages wünscheicheuchviele Abschiede vonStudenten, Augen, weildieStudentenausdemLobennichtherauskommen…Und weil esaufder Arbeit ständigGrundfürLachanfällegibt… Tränen inden weil eureKöche alleschwerverliebtsind…außerdemBauchkrämpfe, Zu euremJubiläumwünscheicheuch…versalzeneMensagerichte, 99 Jahre 99 Jahre 12.595 Studierende Otto-Friedrich-Universität Bamberg Eure Jubiläumsglückwünsche 99 Jahre 99 Jahre

DSW JOURNAL4/2020 -

Foto: DSW Foto: Jürgen Schabel/Universität Bamberg DSW JOURNAL4/2020 9 »GESCHULTES SERVICEPERSONAL,FREUNDLICHEATMOSPHÄRE!« Kanzlerin derUniversität Bamberg undVorsitzende des Verwaltungsrats des Studentenwerks Würzburg Dr. DagmarSteuer-Flieser BAföG Anzahl derStudierenden (Jahresdurchschn. 2019) Durchschnittliche Miete imWohnheim Psychologische Beratungskontakte Umsatz Hochschulgastronomie Kitas 4 7.444.582 € Mensen &Cafeterien ausgegebene Essen 1.883.169 250,40 € Rechtsberatungen Sozialberatungen BAföG-Geförderte Wohnheimplätze 52.486 3.904 7.557 3.772 Kita-Plätze 833 861 Leistungsbereichen aus. Leistungsbereichen Das Studentenwerk Würzburg zeichnetsichzudem durchqualitativ hochwertige Beratung inallen geschulte sorgtfüreinefreundliche Servicepersonal Atmosphäre derEssensausgabe! bei Bestausgewählte Küchenchefs sorgen fürabwechslungsreiches, vielfältiges Essen inunsererMensaunddas Was zeichnet dasStudentenwerk Würzburg aus? 24 60

STANDORT COMMUNITY

AUSGEZEICHNET

Umweltpreis KOLUMNE MANNHEIM Das Studierendenwerk GROB GESAGT Mannheim hat den Umweltpreis 2020 der Stadt Mannheim gewon- nen. Ausgezeichnet wurde das Nach- haltigkeitskonzept „Cup to go“; Kern- element ist die vollständige Umstel- lung auf Mehrweggefäße in den vom Studierendenwerk betriebenen Mensen und Cafeterien an den Mehr Digitalisierung! Mannheimer Hochschulen. Der Konzeptentwicklung ging eine fun- Ja, auch ich hänge in diesen Pandemie-Zeiten dierte wissenschaftliche Analyse vo- oft und lange in Videokonferenzen. Aber ich raus, bei der eine Verbesserung der mag nicht einstimmen in die Klagen über Ökobilanz nachgewiesen werden konnte. Demzufolge können durch die Abschaffung von „Zoom-Fatigue“, digitale Erschöpfung und Ka- Einwegbechern und die Umstellung auf das Mehrwegsystem „Cup to Go“ an der Hochschu- cheln-Überdruss. Ich will nicht weniger, ich le Mannheim während eines Semesters 800 Kilogramm CO2 und 2.700 Liter Wasser einge- will noch mehr Digitalisierung! spart werden, an der Universität Mannheim ist sogar eine Einsparung in dreifacher Höhe zu erwarten. Das überzeugte auch die Jury des Umweltpreises. ml. Warum? Gremiensitzungen, wenn sie digitali- » www.stw-ma.de/index.php?id=28612&lang=de&site=studentenwerk sowie siert laufen, laufen schneller, strukturierter, www.stw-ma.de/cuptogo.html zielgerichteter, effizienter. Das spart Lebenszeit, Arbeitszeit, Ressourcen – und schont in aller Regel auch die Nerven. Vermisst jemand tat- INTERNE KOMMUNIKATION sächlich Dienstreisen? Ich nicht. Im Zug sitze ich normalerweise auch vor dem Laptop und Studentenwerk München nutzt Threema Work versuche, so gut es geht zu arbeiten. Nun sitze DIGITALISIERUNG Das Studentenwerk München geht in der Pandemie neue Wege bei der internen Kommunikation mit seinen rund 600 Beschäftigten: Für die mobile, schnelle und »Die pandemiegetriebene Digita- DSGVO-konforme innerbetriebliche Kommunikation nutzt das Studentenwerk seit neues- tem die Instant Messaging App „Threema Work“. Sie funktioniert, wie das Studentenwerk lisierung macht mich effektiver« Bildunterschrift München betont, auch ohne Mobilfunknummer oder andere private Informationen wie Kontaktdaten, Metadaten oder Geodaten. „Damit bietet die Applikation eine klare Trennung ich stattdessen vor meinem Laptop – und arbei- zwischen privater und geschäftlicher Kommunikation bei einem gleichzeitigen Höchst- te. Anstatt dass ich zu einer hochschul- oder maß an Sicherheit und Datenschutz“, heißt es in einer Pressemitteilung, und weiter: wissenschaftspolitischen Konferenz nach, sa- „Manchmal muss ein Unternehmen schnell und zielgerichtet kommunizieren – gerade gen wir: Hamburg fahre, dort gehetzt ankom- wenn sich die Arbeitssituation so schnell ändern kann, wie es während einer Pandemie der me, mich in die hinterste Reihe setze und mich Fall ist.“ Das Studentenwerk München betreut mehr als 131.000 Studierende an den Hoch- ärgere, dass der prominente Keynote speaker schulen in München, Garching, Freising, Rosenheim, Burghausen, Mühldorf am Inn und das erzählt, was er immer erzählt, und keine Benediktbeuern. sg. Fragen aus dem Publikum zulässt, höre ich mir » www.studentenwerk-muenchen.de seine Keynote online am Rechner an, schreibe gleichzeitig eine Rede fertig und twittere zur IMPRESSUM Überbrückungshilfe. DSW-Journal, Das Magazin des Prof. Dr. Thomas Rauschenbach Deutschen Studentenwerks (DSW) Ausgabe 4/2020, 15. Jahrgang Die pandemiebedingte Digitalisierung macht Grafik: BlazekGrafik Redaktionsanschrift: Das DSW-Journal erscheint viermal im Jahr, www.blazekgrafik.de Deutsches Studentenwerk e. V. meine Arbeit effizienter, schneller, produktiver. 2020 dreimal. Karikatur: Heiko Sakurai Redaktion DSW-Journal Das will ich nicht mehr missen. Herausgeber: Deutsches Studentenwerk e. V., Monbijouplatz 11, 10178 Berlin Monbijouplatz 11, 10178 Berlin Druck: Henrich Druck + Medien GmbH www.henrich.de Tel.: +49 (0)30 29 77 27-20 Verantwortlich: Achim Meyer auf der Heyde, Fax: +49 (0)30 29 77 27-99 Stefan Grob Generalsekretär Beratung: Helmut Ortner E-Mail: [email protected] www.ortner-concept.de Internet: www.studentenwerke.de Redaktionsleiter DSW-Journal Redaktionsleitung: Stefan Grob (sg.), [email protected] Anzeigen: Nachdruck und Wiedergabe von [email protected] [email protected] Beiträgen aus dem DSW-Journal sind Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe: Es gilt die Anzeigenpreisliste vom Christian Füller, Prof. Dr. Julika Griem, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion erlaubt. Der Bezugspreis Heike Hucht, Marijke Lass, Moritz Leetz (ml.), 1. Januar 2020 ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Prof Dr. Rolf-Dieter Postlep, Christine Prußky,

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10 DSW JOURNAL 4/2020 Foto: Kay Herschelmann hamburg.de » DSW JOURNAL4/2020 11 him tolles Team!“ ist einfach eingigantisch beserklärung hinterher: „Das niemand zuhört, diese Lie der Chef. Undschiebt, als und füreinander dasind, sagt gelingt? Indemallemitziehen mung gutbleibt. Wie das pflegt werden –unddieStim Gäste weiter bestens ver gesorgt, dassdieMensa- Laufwegmarkierungen dafür und neuer Tischordnung mit Trennscheiben,haben und Möglichmacher. Und und KollegensindFreigeister ger undseineKolleginnen Hamburg. AberSchollenber des Studierendenwerks leiter derMensaFinkenau mit derMöhre istBetriebs Schollenberger. DerMann mierend“, sagtAlexander arbeit: „Dasistschondepri Hygienehinweise undKurz abstand undKontaktlisten, knapp 200, dafürMindest Statt 600Essenpro Tag nur Mensa inderPandemie: www.studierendenwerk- »EIN GIGANTISCHTOLLESTEAM!« ------Sylke Voigt, leiderohneFoto Claudia Jensen Katarzyna Breisa Katrin Petersen Auch zumTeam gehören: v. l.n.r.: AfuaDavis,AlinaKunkel,Toni Sauer, CarmenGrumbrecht, AlexanderSchollenberger, SallyFrank,EkiHoppe SERIE im Studierendenwerk TEAMWORK 27 28 29 30 31 32 33 34 35 POLITIK

#CORONA-STUDIUM WIE DIE DIGITALISIERUNG DIE HOCHSCHULLEHRE REVOLUTIONIERT

12 DSW JOURNAL 4/2020 POLITIK

PANDEMIE-SEMESTER Deutschlands Hochschulen haben fast über Nacht auf Online-Lehre umgestellt. Nun müssen sie mit der Notlösung ein zweites Semester leben. Was heißt das für die Lehrenden, was für die Studierenden?

Eine Analyse von Christian Füller

ndrea Geier gehört zu den engagierten „Digitalistinnen“ an Deutschlands Hochschulen. Die Trierer Professorin für Literaturwissenschaft stellte ihre Lehrtätigkeit nach der Corona-bedingten Schließung der Hochschulen im März 2020 blitzschnell ins Netz. Aber sie zweifelt auch immer wieder. „Nie- mand kann nächste Woche nochmal kurz den Kopf reinstrecken und se- hen, ob doch noch Platz ist“, sagt sie über das Verhalten mancher Studie- Arender. „Es kann nur kommen, wer eine Zoom-Einladung hat.“ Jede Professorin und jeder Dozent kennt das Phänomen. Studierende können sich nicht entscheiden. Manche sind erst in der dritten Sitzung richtig dabei, manche springen dann erst ab. Die digitale Hochschule könnte das Problem nun verschär- fen. Manche Studierende denken offenbar, Teilnahme an einem Online-Seminar lasse sich leichter simulieren. „Studierende wollen mit mir ‚verhandeln‘ und doch ‚irgendwie teilnehmen‘“, sagt Geier. „Die haben digitale Lehre nicht verstanden. Dass ich die grundlegenden Informationen auch schriftlich gebe, ersetzt nicht den direkten Austausch.“ Der Austausch, die Gründungsidee der deutschen Universität. Und damit die Kampfzone beim Übergang in die digitale Hochschule. Löst sich die große Arena der Vorlesung im Stimmen- und Bilder-Gewirr der vielen digitalen Kanäle auf? Oder erlauben neue digitale Formate vielleicht sogar einen genaueren Blick auf die Stu- dierenden? Das DSW-Journal hat sich auf die Suche nach der Seele der „Hoch- schule 2.0“ gemacht. Dem Gespräch zwischen, wie Humboldt es ausdrückte, „der geübten, aber schon weniger lebhaften Kraft“ der Lehrenden – und „der noch par- teiloser nach allen Richtungen mutig hinstrebenden“ Energie der Studierenden. Wie verbinden sich Studis und Profs aber in Zoom-Konferenzen, digitalen Lern- plattformen und Messenger-Chats? Verbindet sie das überhaupt? Die Pandemie hat alle überrumpelt – auch die Hochschulen. Die Schulen muss- ten in wenigen Tagen vom klassischen Unterricht im Klassenzimmer auf Video- konferenzen umschalten. Die Hochschulen hatten dafür mehrere Wochen Zeit.

*Es ist Montag. Der erste Tag des neuen Semesters in Pandemie- zeiten. Um mich in die erste Vorlesung einzuwählen, brauche ich den Link zum Zoom-Meeting. Auf der digitalen Lernplatt- form Sachsens, OPAL, sollte eben dieser zu finden sein. Doch die Plattform ist nicht verfügbar: Sie ist überlastet. Man stelle sich vor, am ersten Tag des neuen Semesters wären alle Türen der Uni verschlossen – und der Schlüssel nicht zu finden. Illustration: Rose Schwarz Illustration:

DSW JOURNAL 4/2020 13 POLITIK

Ihre Voraussetzungen waren obendrein viel bes- trieren den Diskurs zur Hochschulbildung im digita- ser. In der akademischen Welt sind – anders als an len Zeitalter“, heißt das nicht uneitle Motto. Das Co- Schulen – Mails, Clouds und eigene IT-Administrati- ronavirus aber hat dem Forum den Vorsprung ge- onen gang und gäbe. Trotzdem war die digitale Wen- raubt. Im November 2020, sieben Monate nach der de ein Schock. Zweitausend Hochschullehrerinnen Sturzgeburt der digitalen Lehre, veröffentlichte es und Hochschullehrer veröffentlichten schon im Ju- eine Umfrage unter mehr als 8.000 Studierenden – ni 2020 einen Offenen Brief „zur Verteidigung der die aus dem Jahr 2019 stammt. Keine einzige aktuelle Susanne Staude Präsenzlehre“, inzwischen haben ihn mehr als 6.000 Frage zum Digitalisierungs-Tsunami seit März 2020 unterschrieben. Gerade so, als hätte nicht das Virus, findet sich in dem Hochglanzpapier. Die Studieren- sondern ein „Digitaldiktator“ die Präsenz-Uni dicht- »Die akademische Soziali- den setzen darin das altehrwürdige E-Book auf Platz gemacht. sation der Erstsemester ist 1 der digitalen Tools. Fast alle unsere Gesprächspartner/-innen für unter Corona-Bedingungen Bohrt man bei den Verantwortlichen nach, mag diese Recherche bestehen auf der Präsenz als dem extrem schwierig« keiner eine Definition jener digitalen Formate ge- offenbar Seligmachenden. Bundesbildungsministe- ben, die der Uni bleiben werden. Alles sei irgendwie rin Anja Karliczek (CDU) etwa will gleich zu Beginn Prof. Dr. Susanne Staude, im Fluß, heißt es. Das ist die Haltung, die sich über Präsidentin der Hochschule des Interviews ein Missverständnis ausräumen, wie Ruhr West weite Teile der Professorenschaft und Hochschuleli- ten erstreckt. Hauptsache, das Virus geht wieder weg! „Die Dozenten sehnen sich nach der Begegnung mit den Studierenden“, sagt Bernhard Kempen. Wie per- *Einen Tag später funktioniert alles wieder so wie sönlich kann eine Begegnung in einem Audi Max immer: so lala. Die Vorlesung zu Völkerrecht II ist nur direkt mit 500 Studierenden sein? auf OPAL abrufbar. Sobald ich den Tab wechseln möchte, um mir Auch die Literaturprofessorin Andrea Geier und etwas zu notieren, stoppt das Video. Die 90-minütige Vorlesung der Linguist Alexander Lasch wollen die Zoom-Uni- ist ab und an von Fragen unterbrochen. Ich fülle also die Lücken versität nicht zur Dauereinrichtung machen. Trotz- aus. Meine Antworten sind richtig. Aber das Programm wider- dem halten sie sich nicht damit auf, die digitale Leh- spricht trotzdem – weil es den Unterschied zwischen einer und re zu verdammen. Sie wollen sie verstehen. Sie bilden zwei Lösungen nicht versteht. Es sind oft die kleinen Dinge, keine Gruppe, Geier lehrt in Trier, Lasch 637 Kilome- die mir die Online-Lehre verderben. ter östlich an der TU Dresden. Was sie verbindet sind die gleichen Stichworte und Tools: Es entstünden „flipped Vorlesungen“; man mache mit neuen Prak- tiken Studierende sichtbar, „die mir vorher nicht auf- sie sagt: „Ich kenne niemanden, der die Präsenzlehre gefallen wären“ (Geier); mit digitalen Anwendungen als Grundsatz ablösen will“ (vgl. das Interview auf wie Messenger-Räumen entstünden Foren, „die si- Seite 17). Für den Präsidenten der Hochschulrekto- cher bleiben werden“ (Lasch). renkonferenz (HRK), Peter-André Alt, „ist die Sehn- Geier etwa hat sogenannte Study-Buddies gebil- sucht verständlich, die persönliche Begegnung fehlt det, Pärchen von Studierenden, die gemeinsam Se- definitiv.“ Er macht sich aber „keine Sorgen, dass die minarthemen vorbereiten, die zusammen schreiben analoge Universität verschwindet.“ – „und dabei wahnsinnig viel lernen“, sagt Geier. „So Der Vorsitzende des Deutschen Hochschulver- viel wie jetzt haben die Studis im analogen Seminar bands (DHV), der Jurist Bernhard Kempen, greift eine Andrea Geier nicht geschrieben.“ berühmte Formel auf: „Die Universität ist in ihrem Alexander Lasch hat seine Vorlesung mit einem Kern keine Fernuni, sondern eine Präsenzuniversität“. Wechsel vom Stream zum aufgezeichneten Video völ- Noch immer freilich, wenn jemand den rhetorischen »Früher hatten wir lig verwandelt. Er wohnt nun seiner eigenen Vorle- „Im-Kern“-Dauerbrenner des ehemaligen preußi- 90 Minuten für Vorlesung sung bei. Es gibt Countdown und Premierengong, ein schen Wissenschaftsministers Carl-Heinrich Becker und Diskussion – jetzt Happening für die Studierenden. „Sie fordern mich aufgreifen musste, lag etwas im Argen. haben wir allein fürs heraus mit Memes, mit Nachfragen, Kritik, auch mit Gespräch eineinhalb Widerstand, die sie im Messenger zur Vorlesung pos- Wie sehr Corona die Alma Mater erschüttert hat, Stunden« ten“, erzählt Lasch. „Und ich muss mit der Reaktion kann man zum Beispiel am Thinktank „Hochschul- nicht warten, bis ich mit der Vorlesung durch bin.“ forum Digitalisierung“ (HFD) sehen. Das Forum wird Prof. Dr. Andrea Geier, Professorin Was die beiden unabhängig voneinander illust- für Neuere deutsche Literaturwis- vom mächtigen Stifterverband für die Deutsche senschaft an der Universität Trier rieren, ist nicht das Erfinden gänzlich neuer Lehr- Wissenschaft, der Hochschulrektorenkonferenz und formate. Vielmehr beschreiben sie die Transformati- der allgegenwärtigen Bertelsmann-Stiftungs-Tochter on von Vorlesung und Seminar mittels des Justie- Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) betrie- rens feiner Stellschrauben. Dabei entstehen Diskurs- ben. Das Forum sieht sich als Taktgeber. „Wir orches- und Erkenntnisräume, die es vorher so nicht gab. Ramos Tamara Privat | Fotos:

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len Umfragen. Die größte, im Pandemie-Sommer *Ich öffne den Ordner Vorlesungen. Während sich die 2020 durchgeführt vom Zentrum für Hochschul- und PowerPoint-Präsentation aufbaut, gieße ich mir grünen Tee ein. Wissenschaftsforschung (DZHW), zählte 28.000 teil- Bereits nach fünf Minuten fordert mich meine Professorin dazu auf, nehmende Studierende. Sie zeigte einen regelrech- eine Minirecherche durchzuführen. Ich google mich also ein paar ten Umsturz der Lehrformen von 88 Prozent analog Minuten durchs Netz und schreibe meine Ergebnisse auf. Zurück in der zu 93 Prozent digital – und eine gespaltene Studie- Vorlesung dauert es keine zwei Folien, bis ich den nächsten Auftrag rendenschaft: 40 Prozent waren zufrieden mit dem erhalte. Die Teekanne leert sich und ich merke erst gar nicht, wie ich Online-Semester, 30 Prozent unzufrieden. immer energischer Notizen mache – bis die Vorlesung plötzlich zu Ende Eine Studie aus Würzburg legte bereits im April ist. Meine Professorin verabschiedet sich mit dem Hinweis auf weiterfüh- 2020 offen, was das bedeutet: 83 Prozent der Studie- rende Literatur. Und wünscht einen schönen Tag. Ich blicke auf die Uhr renden beklagen einen Mangel an sozialem Aus- und stelle fest, dass 90 Minuten vorüber sind. Wenn die Vorlesung tausch. 57 Prozent berichteten von psychischen und interaktiv gestaltet ist, vergeht die Zeit wie im Flug. Nur – eine emotionalen Belastungen im Homeoffice. In Hildes- richtige Vorlesung ist das dann nicht mehr. heim gaben dann im Juli 74 Prozent der Studieren- den an, dass sie im Online-Semester deutlich mehr arbeiteten. Fast zwei Drittel fanden die Vorstellung, im Wintersemester wieder vor dem Rechner und in Videokonferenzen zu sitzen, schlecht oder sehr „Wir schaffen es durch die digitalen Tools, uns von schlecht. den 90 Minuten Präsenz an einem Ort zu lösen“, Eine Befragung des Hochschulforums Digitali- meint der Linguist und Sprachhistoriker Lasch. „Da- sierung zusammen mit der Unternehmensberatung durch wird die Diskussion sehr viel gehaltvoller, in- McKinsey machte deutlich, was Studierende von den tensiver und für die Studierenden abwechslungsrei- Cyberkompetenzen der Lehrenden halten: wenig. 35 cher als im Seminar.“ Alexander Lasch Prozent der 11.000 befragten Studierenden beklagten Geier und Lasch haben ihre Vorlesung in kleinere deren Digital-Fertigkeiten. Videoformate gepackt, die vor dem Termin von den »Durch die digitalen Tools Studien in Bonn und die große DZHW-Studie Studierenden angesehen werden. Das Format heißt wiederum fragten nach den am meisten verwende- „flipped classroom“, existiert seit zehn Jahren – ver- wird die Diskussion sehr ten Tools. Die Videokonferenz lag dabei stets auf Platz breitet sich aber erst jetzt an den Hochschulen. „Frü- viel gehaltvoller, intensiver eins. Bei den Studierenden der Universität Hamburg her hatten wir 90 Minuten für Vorlesung und Dis- und für die Studierenden ließ sich ablesen, welchen Boom das Videokonfe- kussion – jetzt haben wir allein fürs Gespräch einein- abwechslungsreicher als renztool Zoom erlebte – einen Zuwachs von 707 Nut- halb Stunden“, berichtet Andrea Geier. im Seminar« zerinnen und Nutzern auf fast 5.000, also eine Versie- Alexander Lasch hat das Seminar verändert. benfachung der Zahl. Wichtigstes Instrument ist dabei das meist verwen- Prof. Dr. Alexander Lasch, Profes- Was bei allen Studien auffällt, ist, dass sie zu sor für Germanistische Linguistik dete Tool der Studierenden, ein Messenger. Nur eben und Sprachgeschichte an der TU grobkörnig fragen, um die kleinen, aber feinen Jus- als sichere Instanz des Messengers „Element“, den Dresden tierungen erfassen zu können, die bei einer guten die TU Dresden angeschafft hat. „Das ist ein unver- digitalen Lehre entscheidend sind. So kommen Mes- zichtbares Tool geworden“, sagt Lasch. Was sich auf senger in den Umfragen praktisch nicht vor – obwohl den ersten Blick banal anhört, bringt große Erleich- dieses Instrument zentral ist, für Studierende wie für terungen: Für den Professor fällt die aufwendige die digitale Lehre. Was immer wieder genannt wird: 1:1-Mail-Kommunikation mit Dutzenden Seminaris- ten weg, er erreicht jetzt alle Studierenden auf ein- mal. „Die one-to-many-Kommunikation ist wie im Seminar – und sie ist schnell und einfach ohne kom- *Die meisten meiner Seminare finden in ganz neuer Form statt. plizierte Umwege über Content-Management-Syste- Selbstverständlich digital, so wie alles andere auch. Doch nicht das me oder Lernplattformen möglich.“ Digitale ist das Besondere. Im „International Human Rights“ zum Beispiel Zu den essenziellen Tools gehören für Lasch aber treffen wir uns nur alle paar Wochen zu gemeinsamen Zoom-Meetings. auch Plattformen zum Ablegen von Dateien und sol- Zwischen diesen Treffen ist Eigenarbeit angesagt. Jede Woche gibt es neue che fürs kollaborative Arbeiten, sprich: Studierende Pflicht- und Zusatzliteratur zur Lektüre. Vor den Videokonferenzen ist in der sehen, wie ihre Mitstudierenden in Echtzeit etwas Regel eine Aufgabe zu erledigen, ich soll ein Essay oder einen kurzen Lexi- an einem Dokument ändern. „Hier entwickelt sich koneintrag verfassen. Ob ich nun die Texte der letzten drei Wochen alle am eine ganz andere Dynamik, die in einem Seminar zu Sonntag lese oder ob ich mir das klüger einteile, bleibt ganz mir überlassen. mehr Ergebnissen beitragen kann“, sagt Lasch. Ich genieße absolute Freiheit. Dennoch habe ich immer die Möglichkeit, Die Studierenden allerdings erleben digitale Leh- Dozentin oder Kommilitonen im Forum etwas zu fragen. Auch,

Foto: Privat Foto: re extrem unterschiedlich. Das äußern sie in den vie- wenn das, wenn ich ehrlich bin, kaum passiert.

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Sozialisation dieser Studierenden ist unter Corona- Bedingungen extrem schwierig.“ Digital geht das nach Meinung der Ingenieurin praktisch nicht. Die Hochschule im Ruhrpott macht ihren *Ein Tag an der Uni ist anstrengend – aber abwechslungs- Studienanfänger/-innen eine ganze Reihe zusätzli- reich. Ich diskutiere mit Kommilitonen, sitze in der cher Angebote. Sie können sich online mit Studie- Bibliothek, verabrede mich zum Mittagessen in der Mensa. Zwi- renden höherer Semester vernetzen. Es finden Son- schen den Seminaren und Vorlesungen treffe ich Leute. Es ist was dersprechstunden statt: „Wie strukturiere ich mei- los. Zuhause findet das auch irgendwie statt – aber immer im nen Tag im digitalen Raum?“, „Wie motiviere ich Computer. Videokonferenzen, Texte schreiben, googeln für die mich, wie entspanne ich?“. Das De-facto-Fernstudi- Uni. Musik hören, Mails schreiben, per Facetime mit meiner um wirft die neuen Studierenden freilich gleich zu Freundin chatten – ich tue alles im selben Rechner, Studium wie Studienbeginn zurück in ihren Milieus. „Das sind Privates, BAföG-Anträge und die nächste Netflix-Folge. Es gibt nur Familien und ‚Peer Groups‘, in denen bewusstes Ler- dieses eine Fenster nach draußen. Alles fließt in einem großen nen nicht die Regel ist. Wie organisiere ich da mein Brei zusammen. Und schon kommen die nächsten Kontaktbe- Selbststudium, wenn alle um mich herum was ande- schränkungen. Die einzige Abwechslung besteht in Tee und Es- res machen?“, fragt Staude. „Unsere älteren Semester sen. Ich finde es schwer, ein besonderer Held zu sein. treffen sich morgens für eine halben Stunde und stimmen sich in einer Webex-Konferenz ab, was sie lernen. Aber was machen die Neuen?“ Das Phänomen der Akkulturation in die Hoch- Dass Studierende – nicht alle! – Folgendes gut finden: schule sieht der oberste Rektor der Republik ganz Alle hier einge- die asynchrone Teilhabe an der Hochschule. Das zeit- * ähnlich. „Worauf wir noch keine Antwort haben ist streuten Zitate versetzte, selbstbestimmte Aufrufen von Videos oder die Frage der akademischen Persönlichkeitsent- sind von Podcasts. Das freie und selbstständige Arbeiten. Robert Saar, wicklung“, sagt HRK-Präsident Peter-André Alt. „Nur Wenn man so will etwas, das schon bei Humboldt 21; er studiert in der direkten Begegnung mit den Regeln und Dis- ganz oben auf der Liste stand: die Einsamkeit und Internationale tinktionen des akademischen Betriebs wird wissen- Freiheit im Studium. Beziehungen im schaftlicher Diskurs für die Studierenden erfahrbar.“ Dennoch und gerade deswegen steht digitale dritten Semester Die Forscherinnen und Forscher des DZHW nennen Lehre vor vielen ungelösten Fragen. Denn selbstbe- an der Techni- Studienanfänger/-innen die vulnerabelste Gruppe stimmte Lernszenarien setzen zweierlei voraus: en- schen Universität an den Hochschulen. gagierte Lehrende, die nach vorne denken. Und Stu- Dresden. Womöglich wird dies der tiefste Einschnitt in die dierende, die bereits einigermaßen souverän mit ih- alte Idee der deutschen Universität werden. Der aka- rem wissenschaftlichen Arbeiten umgehen können. demische Cyberspace kann der perfekte Ort für Was aber passiert mit den Studienanfänger/-innen? Humboldts Einsamkeit und Diskurs sein – aber er Skeptiker befürchten bereits eine „lost generati- überfordert allzu schnell. Ist das die Seele der Hoch- on“ von Nachwuchsakademiker/-innen. Eine, die in schule 2.0? der Schule das Abitur unter Coronabedingungen ab- Folgt man den digitalen Pionierinnen und Pio- legen musste – und gleich danach in ein Online-Se- nieren in ihre Vorlesungen und Seminare, bekommt mester an der Uni schlidderte. Die Hochschulen hat- man eine Anmutung, wie die Zukunft aussehen ten darauf zwar reagiert. Sie verschoben den Beginn könnte. Die Plattformen, auf denen Professor/-innen des Wintersemesters etwas nach hinten – landeten und Studierende in Kontakt treten, werden egalitä- aber so direkt in der zweiten Kontakteinschränkung rer. Wenn ein Student seiner Dozentin als Kommen- ab November. Die Furcht, Studierende und Lehrende tar zur Vorlesung ein „Meme“ schickt, dann ist das einer Infektionsgefahr auszusetzen, lähmte manche mehr als das Stirnrunzeln im Hörsaal. Der Linguist Hochschulleitung. Offiziell geschlossen wurden die Alexander Lasch antwortet in Videochats seinerseits Hochschulen aber nicht. Jede Einrichtung entschei- gern mit einem Meme – das er auf einen DIN-A2- det für sich selbst. Malblock gepinselt hat und etwas umständlich in „Es war uns sehr wichtig, die neuen Studieren- die Kamera hält. Seine ironische Art, sich auf die Stu- den auf den Campus zu holen“, berichtet die Präsi- dierenden einzulassen – und gleichzeitig Distanz dentin der Hochschule Ruhr West, Susanne Staude. herzustellen. „Es werden neue Distinktionen entste- Das ist auf dem Campus in Bottrop und Mühlheim/ hen und andere Praktiken akademischer Anerken- Ruhr nur halb gelungen. „Wir hatten die alle einmal nung“, vermutet Lasch. „Vielleicht tut das der Uni- bei uns“, sagt Staude beinahe glücklich. Aber reicht versität ja auch ganz gut.“ das eine Mal für Erstsemester? An der Hochschule Die Illustration zu diesem Ruhr sind über 4.000 von 6.500 Studierenden nicht Artikel stammt von diesem Plakat, mit dem die damalige DER AUTOR vom Gymnasium. Propädeutik heißt dort viel mehr, Design-Studentin Rose Christian Füller ist Journalist, Buchautor und Pisaversteher. als Fußnoten und Laborfleiß zu lehren. „Diese Erstse- Schwarz im Jahr 2010 bei unserem 24. Plaktwettbewerb Er fragte sich bei der Recherche, wo die Neugier bleibt auf die mester kommen aus Familien, in denen noch nie je- „Studium Digital“ einen digitale Uni-Welt. mand studiert hat“, erzählt Staude. „Die akademische dritten Platz gewann. christianfueller.com, Twitter: @ciffi Privat Fotos:

16 DSW JOURNAL 4/2020 INTERVIEW

NACHGEFRAGT »In der Digitalisierung sind die Hochschulen weiter als die Schulen«

Anja Karliczek Bundesministerin für Bildung und Forschung

Frau Karliczek, kann digitale Lehre die humboldtsche Uni- santer Trend ist die sogenannte Gamification. Sie kann Studieren- versität ersetzen? den, die sich gerade schwertun, den Stoff auf spielerische Art und Die Lehre in hoffentlich bald wieder gut besetzten Hörsälen Weise näherbringen. Mehr noch: Mit gamifizierten Übungen und Seminarräumen wird auch künftig das Herzstück der akade- kann es sogar Spaß machen, bestimmte Themen zu wiederholen mischen Lehre bleiben. Ich kennen niemanden, der die Präsenz- und zu festigen. Das Gute ist, dass durch digitale Methoden Frei- lehre als Grundsatz ablösen will. Der direkte Austausch in der räume entstehen, um mehr Zeit für Studierende in Präsenz zu ha- Vorlesung, im Seminar – ja auch das Gespräch in der Mensa ist ben. Das ist der Mehrwert, den ich in der Digitalisierung sehe. durch nichts zu ersetzen. Mit digitalen Methoden kann in der Lehre aber noch einmal viel individueller auf die einzelnen Stu- Wenn mit der digitalen Lehre so tolle Möglichkeiten ent- dierenden eingegangen werden. Das wäre ein großer Fortschritt. stehen, warum haben sie dann mit den Schulen einen Di- Digitale Formate können die Hochschullehre also dabei unter- gitalpakt verabredet, verweigern den Hochschulen aber ei- stützen, der Heterogenität von Studiengruppen besser gerecht zu nen solchen Pakt? werden. Bisher war es so, dass sich die Lehrenden – etwa in einer Nach unserer föderalen Ordnung sind die Länder zuständig großen Vorlesung – am durchschnittlichen Kenntnisstand im für die Hochschulen. Der Bund unterstützt die Hochschulen je- Auditorium ausgerichtet haben. Die digitale Welt ermöglicht es, doch seit Langem aktiv in ihren Bestrebungen, die Digitalisie- besser auf die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen einzuge- rung voranzutreiben, etwa mit dem Hochschulforum Digitalisie- hen. Mit einem passenden Lernmodul kann man genau dem Stu- rung und dem Qualitätspakt Lehre. Der Bund stellt den Ländern dierenden helfen, der sich gerade mit dem aktuellen Thema für den Zukunftsvertrag Studium und Lehre von 2021 bis 2023 schwertut. Gleichzeitig können einem „Überflieger“ ganz andere 1,88 Milliarden Euro und ab dem Jahr 2024 dauerhaft 2,05 Milli- Herausforderungen gestellt werden. Es geht also nicht um die Al- arden Euro zur Verfügung – beides jährlich, wohlgemerkt. Und ternative „Entweder analog oder digital“, sondern um die Frage, diese Mittel können die Hochschulen auch für die Digitalisie- wo die Präsenzlehre durch digitale Ergänzungen verbessert wer- rung im Lehrbetrieb verwenden. Wir werden ab 2021 eine halbe den kann. So können wir es jedem Studierenden erleichtern, sei- Milliarde zusätzlich zur Verfügung stellen. Die „Stiftung für In- nen individuellen Studien- und Forschungsweg zu finden. novation in der Hochschullehre“ hat kürzlich ihre erste Förder- bekanntmachung veröffentlicht, in deren Mittelpunkt gerade die Welches sind die Formate, die die Hochschule nachhaltig Digitalisierung steht. Und: Wir haben gerade mit den Ländern verändern werden? ein Programm für Künstliche Intelligenz in der Hochschulbil- Ich glaube, das wird sich mit der Zeit zeigen. Es gibt viele er- dung verabschiedet. Das ist neu, das schieben wir gerne mit an. folgversprechende digitale Formate, und es kommen ständig neue Die Hochschulen sind in der Digitalisierung heute weiter als die hinzu. Es gibt zum Beispiel jetzt schon Module, die Methoden Schulen. Wir haben gesehen, dass viele Hochschulen, anders als Künstlicher Intelligenz nutzen, mit erstaunlichen Fähigkeiten. die meisten Schulen, bereits eine digitale Grundausstattung mit Die meisten davon sind noch in der Erprobung, aber man kann E-Learning-Zentren und Lernmanagementsystemen haben – damit viel genauer als bisher feststellen, wie der einzelne Studie- deswegen konnten sie zügig eine flächendeckende digitale Lehre

Foto: Kay Herschelmann Foto: rende „tickt“ – und wie man ihm helfen kann. Ein anderer interes- anbieten.

DSW JOURNAL 4/2020 17 ESSAY Künstlerische Forschung PLAKATWETTBEWERB »Ich studiere – was geht mich Forschung an?«: Das fragen wir gemeinsam mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die Design-Studierenden. Ihre Plakate zeigen: Studierende können visuelle Wissenschaftskommunikation – was für ein ungenutztes Potenzial! Ein Essay von DFG-Vizepräsidentin Julika Griem

ngesichts der vielen gelungenen Entwürfe von Design-Stu- künstlerische Forschung betreiben bzw. ihrem Verständnis von For- dierenden für den aktuellen Plakatwettbewerb des Deut- schung künstlerisch Ausdruck zu verleihen vermögen. schen Studentenwerks in Kooperation mit der Deutschen Deutlich wird dies in zwei ausgezeichneten Plakaten, die die re- Forschungsgemeinschaft zum Thema „Ich studiere – was flexive Dimension von Forschung auf besonders eindringliche Weise geht mich Forschung an?“ war mein erster Gedanke: So hätte visualisieren: Felix Plachtziks Sieger-Entwurf „Auf zwei Beinen den- ich auch gern studiert – an einer Hochschule, an der Denken ken“ und Ricardo Meyers Motiv „Forschen ist Verstehen“, das mit Aund Machen viel intensivere Verbindungen eingehen als in einem dem zweiten Preis ausgezeichnet wurde. Beide Entwürfe regen zum Studium zum Beispiel der Anglistik, Rechtswissenschaften oder Ma- genauen Beobachten und Nachdenken an, weil sie, auf die visuellen thematik. Schon bei einem Besuch der neuen Ateliers und Labore der Irritationen M.C. Eschers rekurrierend, Raumverhältnisse und Sinn- Gestaltungs-Studiengänge der Folkwang Universität auf dem Gelän- zusammenhänge vielschichtig und mehrdeutig werden lassen. Und de der ehemaligen Zeche Zollverein in Essen hatte mich der retros- genau damit haben wir es ja auch in der Forschung zu tun: Gerade pektive Neid gepackt. Allein die Räume strahlten aus, dass hier ganz nicht nur mit eindeutigen Ableitungen und Anwendungen, sondern anders studiert wird: Man auch mit der Freude daran, lernt früh, mit Materialen, Antworten zu hinterfragen, Techniken und Gerätschaf- Hypothesen zu bezweifeln, ten umzugehen; man muss »WIR SOLLTEN DIE STUDIERENDEN IN Perspektiven zu kontrastie- handwerkliche Fähigkei- ren und Fragen noch einmal ten ausbilden und über ih- DER WISSENSCHAFTSKOMMUNIKATION anders zu stellen. Forschung re Geschichte Bescheid löst Probleme nicht nur, wissen; man stellt Objekte ALS EINE BESONDERS GROSSE sondern erzeugt dabei auch und Produkte her, lernt immer wieder neue Proble- aber auch, diese zu kontex- UND DIVERSE GRUPPE VON me – und mit dieser Heraus- tualisieren und zu kritisie- forderung, das zeigt der Pla- ren. Man arbeitet eng und kat-Wettbewerb, beschäfti- praktisch zusammen und MULTIPLIKATOR*INNEN NOCH VIEL gen sich auch Studierende lernt sich darüber vermut- in kreativer und anregender lich viel genauer kennen ERNSTER NEHMEN« Weise. als in einer Lerngruppe für Und liefern damit Bei- die nächste BWL-Klausur. träge für eine Wissen- Das Wettbewerbs-Motto „Ich studiere – was geht mich Forschung schaftskommunikation, die nicht allein darauf abzielt, ihre Zielgrup- an?“ entfaltet aus der Perspektive von Design-Studierenden einen be- pen auf möglichst unterhaltsame und vereinfachende Weise „abzu- sonderen Eigensinn. Hier geht es nicht nur um den immer wieder holen“ und „mitzunehmen“. Viele der Plakatentwürfe regen dazu an, beschworenen Zusammenhang von Lehre und Forschung, der im Ge- genauer hinzuschauen und nachzudenken; sie stellen auf sinnlich tümmel von Finanzierungsproblemen leider häufig ein Konkurrenz- attraktive, auf überraschende und witzige Weise unter Beweis, dass verhältnis bleibt. Forschung an Kunst-, Architektur- und Design- Reflexion nicht notwendigerweise elitär, und nicht einseitig verkopft hochschulen eröffnet ihre eigenen Möglichkeiten: Oft fehlen zwar sein muss. Besonders gut gefällt mir am Wettbewerb des Deutschen die Mittel und Programme, um sich in den Wettbewerb um Förder- Studentenwerks, dass er nicht wie viele andere dazu einlädt, jetzt mal mittel zu begeben, aber ein forschendes, und damit neugieriges und unbedingt „was mit Digitalisierung“ zu machen. Damit kennen sich formbewusstes Weltverhältnis kann man den Expert*innen für Ge- Studierende der Gestaltung im Jahr 2020 ohnehin aus, und zwar so staltung bestimmt nicht absprechen. Auch in Deutschland ist seit ei- gut, dass sie sich auch für Formate und Techniken interessieren kön- ner Weile von „artistic research“ die Rede, um neue Verbindungen nen, die eine längere Geschichte haben – wie zum Beispiel Plakate, zwischen Wissenschaft und Kunst, Analyse und Ästhetik, Problem- die wir in ihren Frühformen schon im 17. Jahrhundert auffinden. beschreibung und Produktentwicklung zu finden. Die Entwürfe für Als multimodal verdichtete Bildideen überleben Plakate in der diesen Plakatwettbewerb zeigen, dass Studierende längst ihre eigene digitalen Kultur und verbinden überlieferte Gestaltungstraditionen

18 DSW JOURNAL 4/2020 Plakat: Saskia Eich betreut von Prof. Taner Ercan Hochschule RheinMain, Saskia Eich »Wer nichtforscht, muss allesglauben« DFG-Sonderpreis POLITIK-ESSAY ESSAY

mit neuen technischen Möglichkeiten. Und erinnern uns daran, dass es in der Wissenschaftskommunikation nicht schaden kann, sich möglichst gut damit auszukennen, wie zum Beispiel mündliche und schriftliche Sprache, Beschreiben und Erzählen, oder eben auch visuelle und verbale Elemente aufeinander zu beziehen sind. Saskia Eichs Entwurf „Wer nicht forscht, muss alles glauben“, der mit dem Sonderpreis der DFG ausgezeichnet wurde, führt dies überzeugend vor Augen: Dieses Plakat lebt von der geschickten Redukti- on seiner Mittel; die rote Schrift auf dem Grund eines wie eine schlechte Re- produktion anmutenden Schwarz-weiß-Fotos wirkt wie ein Wiedergänger agitatorischer Plakatkunst aus den 1970er-Jahren und politisiert damit das Thema der Verschwörungserzählungen auf eine visuell provozierende Weise. Über den Plakatwettbewerb hinaus sollten wir im Auge behalten, dass nicht allein Studierende an Design-Hochschulen eine Rolle in der Wissen- schaftskommunikation spielen können. Weil sich viele Lehrende gerade fra- gen, wie die wichtige Aufgabe der Kommunikation in schon dicht bepackte Aufgaben-Portfolios einzufügen ist, könnte es sich lohnen, die Studierenden als eine besonders große und diverse Gruppe von Multiplikator*innen noch viel ernster zu nehmen: Wenn wir unsere Lehre attraktiver gestalten, bele- ben wir ein kollektives Gespräch über Wissenschaft und Forschung, das über Studierende in ganz unterschiedliche Teile der Gesellschaft weitergetragen werden kann. Natürlich muss man sich zunächst einmal mit Wissenschaft beschäftigen, um sie kommunizieren zu können. Aber jenseits der bei Agen- turen in Auftrag gegebenen Hochglanzbroschüren, jenseits von langen Nächten der Forschung, Science Slams und Kinder-Universitäten können uns Studierende bereits im sogenannten und so oft vernachlässigten „Nor- malbetrieb“ der Lehre wesentliche Rückmeldungen dazu geben, ob wir unser 1. Preis: »Auf zwei Beinen denken«, Felix Plachtzik Tun anschaulich und eindringlich genug übersetzen. Staatliche Hochschule für Gestaltung (HfG) Ich freue mich immer noch darüber, dass die Deutsche Forschungsge- meinschaft sich an dieser Auflage des Plakatwettbewerbs des Deutschen Studentenwerks beteiligt hat – es kann der größten deutschen Forschungs- fördereinrichtung nicht schaden, möglichst viel über jene zu wissen, die über Studium und Lehre für Forschung zu begeistern sind. In nicht nur wis- senschaftspolitischer, sondern auch kulturtheoretischer Hinsicht interes- siert mich auch als Direktorin des Kulturwissenschaftlichen Instituts (KWI) in Essen, was Design-Expert*innen wissen, können und erforschen. Sie erin- nern uns daran, dass Wissenschaft nicht nur aus Inhalten und Resultaten besteht, sondern auch aus Prozessen und Formen, die ihre eigenen Wirkun- gen entfalten. Am KWI versuchen wir, diese besser zu verstehen: Wir disku- tieren viel darüber, wie zum Beispiel geisteswissenschaftliche Qualifikati- onsschriften sprachlich gestaltet werden können und welche Rolle visuelle Elemente für die wissenschaftliche Kommunikation spielen; wie sich die Gerätschaften und Handwerkszeuge geisteswissenschaftlicher Praxis verän- dert haben, und von welchen Selbst- und Fremdbildern unsere Forschung geprägt wird. Die Zusammenarbeit von Kultur- und Bildwissenschaften, und der Auf- bau einer „visual literacy“, der Kompetenz also, visuelle Zeichen einschätzen und deuten zu können, spielen eine wichtige Rolle für unsere Arbeit am KWI in Essen. Aber gerade in der Wissenschaftskommunikation geht es nicht allein um die Analyse von Strategien und Zielgruppen, sondern auch um die Gestaltung von Kommunikationsakten und - formaten. Direkt neben dem KWI liegt das Folkwang Museum, diese wunderschöne und transparen- te Heimstatt von bildender Kunst, in deren Fundus auch eine reichhaltige Sammlung historischer Plakate lagert. Schaut man sich nicht allein die aus- gezeichneten Entwürfe an, so wird deutlich, dass sich auch die Studieren- den, die sich in insgesamt 34 Plakatwettbewerben des Deutschen Studenten- werks beworben haben, sehr gut mit der historischen Entwicklung plakati- ver Bildsprachen und mit dem formalen Repertoire auskennen, aus dem 2. Preis: »Forschen ist Verstehen«, Ricardo Meyer Fachhochschule Potsdam, betreut von Prof. Sven Völker und sich neue visuelle Pointen entwickeln lassen. In dem Forschungsinstitut, Prof. Klaus Dufke das ich leite, gibt es immer noch viel zu viele leere weiße Wände, und wir

20 DSW JOURNAL 4/2020 Foto: Anzeige lernen. digitale Student Guides, Blogsund vieles anderegenauer kennenzu- anspruchsvolle Formate wie Videos, Ausstellungen undFotobücher, Möglichkeit, diePerspektiven derStudierendendurchgestalterisch empirischer FaktorundDatensammlung. Sondernauch alseine senschaftslandschaft imRuhrgebiet interessieren unsnicht nurals nungsbau, auch aber ihreMöglichkeitenderMitgestaltung der Wis re Einstellungen zu Themen wie Mobilität, Stadtentwicklung, Woh Menschen anunterschiedlichen Hochschulen. IhreErfahrungen, ih dengeben. studiereninsgesamt IndieserMetropolregion 250.000 den sattsam bekannten Charakterisierungen desRuhrgebiets zufrie problemorientierte Lagebeschreibungen erstellen, diesichnicht mit imRuhrgebietten zustudentischem Leben sammelnundaus diesen staltungen andendreiRuhr-Universitäten solltenStudierendeDa zu dokumentieren undzudeuten. Inunterschiedlichen Lehrveran Lage versetzen wollen, undihreLage auto-ethnografisch ihrLeben trag unternommen, mitdem wir StudierendeimRuhrgebiet indie Einen Versuch, dieszurealisieren, haben wir miteinemProjektan sind,titut ohneLehraufgaben mitStudierendenzusammenarbeiten. len. lieber Noch würden wir aber, gerade weil wir einForschungsins würfen aus dem Wettbewerb desDeutschenStudentenwerks vorstel aus demFolkwang Museum wie auch ganzeSerien von Plakatent könnten unsandiesen Wänden guthistorischeReiseplakate ebenso [email protected] Informieren Siesichhier: Zahlungseingang. undprofiService tieren Sievom schnellenundkomfortablen Bieten SieIhren Studierenden mitPayPaleinenbesseren Wofür können Studierende PayPalnutzen? Zahlungslösung an.FürmehrLustamStudiumundwenigerFrustimStudi-Alltag. Erleichtern SiesichundIhrenStudierendendenAlltag undbietenSiePayPalals GEHT’S AUCH ENTSPANNTER? ------In Unishopsbezahlen Semestergebühren begleichen &–beiträge Kurs- &Veranstaltungsgebühren zahlen Waschmaschine &Coaufladen Studierendenkarte fürMensa,Kopierer, und StudierendenderFolkwang Universität derKünste zusammen Forschung aus studentischer Sicht! von interessanten und Lehrforschungsprojekten von künstlerischer Plakate nicht nurinderletzten Wettbewerbsrunde. Berichten Sie von Studierenden–gern auch soüberzeugend über gestaltete wie die Blog istoffenfür Vorschläge, und Einsendungen wirfreuenunsüber chend zuillustrieren, zukontrastieren, zukommentieren. Dieser schungsthemen nicht einfachnuraufzuschreiben, sondernanspre onell inSchwung, undzwingtuns, vielfältige Perspektiven auf For kation –zumBeispielmitunseremneuenBlog. Erhältunskonzepti Essener KWIauch selbstdasGestalten von Wissenschaftskommuni schaft sindeinGeschenk. In viel kleineremMaßstabüben wir am –solche Kooperationsmöglichkeitenzuarbeiten inderNachbar Mit diesemProjektplanen wir, möglichstengmitKolleg*innen Schreiben SiegernSchreiben an:[email protected]. www.studentenwerke.de/de/34-plakatwettbewerb-20192020-Forschung Unser 34. Plakatwettbewerb„Ich studiere–wasgehtmichForschungan?“online: (KWI) inEssen. DerKWI-Blog: https://blog.kulturwissenschaften.de/ Forschungsgemeinschaft (DFG). SieistDirektorindesKulturwissenschaftlichenInstituts Prof. Dr. JulikaGriem, 57, ist Anglistin undseit2016 Vizepräsidentin derDeutschen DIE AUTORIN ESSAY ------PRAXIS

»Wir machen das Beste daraus«

22 DSW JOURNAL 4/2020 PRAXIS

CORONA-MENSA Hochschulgastronomie in der Pandemie, Mensa im Digitalsemester: Eine Momentaufnahme mit Abstand am Beispiel der Studierendenwerke Düsseldorf und Vorderpfalz TEXT: Heike Hucht

itte November 2020 in Landau: Der Campus – wie leergefegt. Ruhe statt Tru- bel, obwohl das Wintersemester 2020/2021 gerade begonnen hat. „Normaler- weise“, so Andreas Dubiel, Leiter der Hochschulgastronomie des Studieren- denwerks Vorderpfalz, „haben wir zu dieser Zeit Hochbetrieb.“ Volles Haus, volles Programm, pralles Leben. Hunderte junge Frauen und Männer strö- men jeden Tag in die Mensa. Erzählen, lachen, treffen sich zur gemeinsa- Mmen Mittagspause. Aber normal ist zurzeit fast gar nichts. „Seit der Wiedereröffnung zum Semesterbeginn verkaufen wir beispielsweise in unserer größten Mensa in Landau gerade mal 140 Essensportionen am Tag.“ Durchschnittlich 1.200 waren es vor der Pandemie. „Das heißt, plusminus 90 Prozent unseres Geschäfts sind weggebrochen. Einige unserer Versorgungseinheiten mussten wir sogar komplett schließen.“ Insgesamt 14 Einrichtungen – Mensen und Cafeterien – an fünf Hochschulstandorten betreibt das Studierendenwerk Vorderpfalz, neben Landau auch in Ludwigshafen, Worms, Germersheim und Neustadt an der Weinstraße. Etwa 18.500 Studierende sind dort eingeschrieben. Damit gehört das rheinland-pfälzische Studierendenwerk zu den kleineren in Deutschland. Obwohl die Zahl der Studierenden in den vergangenen Jah- ren an manchen Standorten sank, sind die Essenszahlen kontinuierlich gestiegen: auf 440.000 Mahlzeiten im Jahr 2019. Eine Summe, die in diesem Jahr so fern liegt wie Landau von der Nordsee.

„Hochschulgastronomische Apokalypse“

Die Pandemie – sie ist für Andreas Dubiel nichts weniger als „die hochschulgastrono- mische Apokalypse“. Was ihn zurzeit am meisten fordert? „Die fehlende Routine! Nicht zu wissen, was uns nächste Woche erwartet. Als ob man in eine Glaskugel guckt, die mit Salamischeiben gewischt ist.“ Trotzdem wolle und müsse man natürlich den Versor- gungsauftrag erfüllen, gleichzeitig wirtschaftlich arbeiten und die Corona-Schutzver- ordnung befolgen. Zwischen diesen drei Eckpfeilern einen gangbaren Weg zu finden: „Das ist wie die Quadratur des Kreises“, findet Andreas Schülke, Geschäftsführer des Studierendenwerks Vorderpfalz. „Zumal sich täglich etwas ändern kann und wir kurz- fristig umdisponieren müssen. Zum Beispiel, wenn eine Hochschulleitung wie jüngst in Ludwigshafen anordnet, ihre Gebäude zum Ende der Woche zu schließen. Davon ist natürlich auch die dort integrierte Mensa betroffen.“ Statt nach Plan heißt es momen- tan, auf Sicht zu arbeiten. Mund-Nasen-Schutz, Abstandsmarkierungen, gekennzeichnete Laufwege. Plexiglas- scheiben zwischen Gästen und Mitarbeiter/-innen – und gleich am Eingang die Regis- trierung an Stehtischen mit desinfizierten Kugelschreibern: alles neu und fremd, aber unabdingbar. Studierende, die das Registrierungsformular nicht ordnungs- und wahr- heitsgemäß ausfüllen, bleibt der Zutritt verwehrt. Vertrauen reicht nicht, Kontrolle ist besser, haben die Verantwortlichen des Studierendenwerks schnell gelernt. „Anfangs, als Gäste die Formulare lediglich in einen Behälter einwerfen mussten, wurde noch Vor der Pandemie hat Claudia Weiss die Cafeteria in der Fortstraße 7 in Landau geleitet. Jetzt steht sie hinter der viel geschummelt. Einträge wie Donald Duck oder Donald Trump waren keine Selten- Ausgabe des Cafeteria-Notschalters in der Mensa. heit“, berichtet Andreas Dubiel. Mittlerweile wird jedes Formular händisch kontrol- liert: Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter nimmt es mit einer Zange vom Tablett, prüft es auf Plausibilität und steckt es dann in die dafür vorgesehene Box. „Eine digita-

Foto: Studierendenwerk Vorderpfalz Foto: le Registrierung haben wir gerade an einem Standort eingeführt, natürlich in enger

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Andreas Schülke

»Die Pandemie stellt uns jeden Tag vor neue Herausforderungen. Ein Gefühl wie in einer Achterbahn. Die richti- gen Entscheidungen zu treffen, ist schwieri- Eingeschränktes Angebot, gesperrte Außenplätze: ein Jonglieren zwischen Versorgungsauftrag, Wirtschaftlichkeit und Einhalten der Corona-Schutzverordnung. ger denn je. Ich bin dankbar, wie gut das Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten. Wir meiner Mannschaft werden dieses Verfahren ausweiten, wenn es sich be- gelingt« währt“, erklärt Dubiel.

Andreas Schülke , Gleich drei Gänge zurückschalten Geschäftsführer des Studie- rendenwerks Vorderpfalz Gäste können nach wie vor zwischen zwei Angeboten mit jeweils fünf Komponenten wählen. Essen 1 enthält neben Gemüse und einer Sättigungsbeilage Fleisch oder Fisch; Essen 2 ist vegetarisch oder vegan. Dazu gibt es ei- ne Suppe und ein Dessert. Für beide Varianten zahlen Studierende unverändert 2,90 Euro, alle Anderen 5,20 Eu- ro. Außer Betrieb sind dagegen die sonst so üppig be- stückte Salattheke und der Aktionsstand. „Abgesehen davon, dass eine Corona-konforme Umrüstung sehr auf- wendig wäre: Die aktuelle Nachfrage würde das gar nicht hergeben“, begründet Andreas Dubiel. Leere Gänge statt volles Haus: Ein ungewohntes Bild für Andreas Dubiel, 144 Sitzplätze können Gäste theoretisch zeitgleich bele- Leiter Hochschulgastronomie des Studierendenwerks Vorderpfalz. gen. In der Praxis ist das mehr als genug. „Tatsächlich Andreas Dubiel sind wir weit davon entfernt, unser Kontingent auszu- Weil diese Versorgungseinheit bis auf Weiteres geschlos- schöpfen.“ Während der gesamten Öffnungszeit zwi- sen ist, steht sie zurzeit hinter dem Cafeteria-Notschal- »Die größte Herausfor- schen halb zwölf und halb zwei reicht das Personal an ter, der in der Landauer Mensa integriert ist. Improvisie- derung ist die fehlende der Ausgabe kaum mehr als 140 Tabletts über den Tresen, ren und sich arrangieren – der neue Normal-Modus alle fix und fertig konfektioniert inklusive Besteck und während der Pandemie. Routine! Nicht zu wis- Serviette. Platz gibt es also satt, deshalb ist eine Reservie- Am schwierigsten findet Claudia Weiss, nicht nur einen, sen, was uns nächste rung nicht notwendig, die Wahl von Tisch und Stuhl sondern gleich drei Gänge zurückzuschalten. Auf Kund- Woche erwartet. Als ob noch frei. Auf das Durchnummerieren hat das Studie- schaft warten, statt rotieren. „Viel lieber habe ich alle man in eine Glaskugel rendenwerk Vorderpfalz bisher verzichtet. Damit Gäste Hände voll zu tun, dann macht die Arbeit am meisten guckt, die mit Salami- nicht zusammenrücken können, sind die Stühle mit Ab- Spaß.“ Doch sie denkt auch: „Man muss jetzt das Beste scheiben gewischt ist« sperrband festgebunden. Das Mensapersonal geht regel- aus der Situation machen“, dankbar, nach der langen mäßig durch die Reihen, kontrolliert die Umsetzung der Pause endlich wieder im Einsatz sein zu dürfen – Kurzar- Andreas Dubiel, Richtlinien und desinfiziert die Oberflächen. beit hin oder her. Leiter Hochschulgastrono- mie des Studierendenwerks Viele Veränderungen also, an die Hinweisschilder auf Dieses Glück haben nicht alle in der Abteilung Hoch- Vorderpfalz Schritt und Tritt erinnern. Wie gehen die Studierenden schulgastronomie des Studierendenwerks Vorderpfalz. damit um? „Mein Eindruck ist, dass viele einfach nur Vor allem die 51 Saisonkräfte hat es hart getroffen. Nie- froh sind, wieder in die Mensa kommen zu dürfen“, er- mandem wurde im Herbst ein neuer Vertrag angeboten. zählt Claudia Weiss, die eigentlich die Cafeteria leitet. Wie ein Erdbeben habe diese Nachricht eingeschlagen.

24 DSW JOURNAL 4/2020 Foto:Fotos: Studierendenwerk Vorderpfalz | Studierendenwerk Düsseldorf | A. Bretz DSWJOURNAL4/2020 25 schulgastronomie-Einheiten zwischenXSund XL. Dazu managt dasStudierendenwerk Düsseldorffünf Hoch gungsauftrag erfüllen. Allein inderLandeshauptstadt rhein-Westfalen unter strengen Auflagen ihren Versor fen auch dieMensenderStudierendenwerke inNord nach DüsseldorfamRhein. Wie inRheinland-Pfalz dür Ortswechsel, von Landau andersüdlichen Weinstraße Düsseldorf: 114Essenstatt6.000 bracht.“ einenneuenMensa-Standortnoch andenStartge in derRepublikstillstandeinemobileMensaunddazu dieKrisezurChancegemachthaben und während alles rückzufinden –mitneuerKraftundneuenIdeen. Wir wegfallen, haben wir guteChancen, zualterStärke standen ist, unddiedamit verbundenen Auflagen wieder festdavonLeiter „Wenn überzeugt: diePandemieausge die Krisezuführen. Schließlichistdergastronomische darin, Zuversicht zu vermitteln, mitruhiger Handdurch ne wichtigste Aufgabe sieht Andreas Dubielmomentan daraufebene vorbereitet, imHomeofficezuarbeiten. Sei einer Quarantäneanordnung istdiegesamte Leitungs heitsamt mitteilen, was genau zutunist.“FürdenFall in derMensagegessen hat? „Dann wird unsdasGesund wenn maldazukäme, esdoch dassjemandmitInfektion men von derPrüfgesellschaft Dekraüberwachen. Und Zusätzlich lässtdasStudierendenwerk seineMaßnah der Gemeinschaftsverpflegung schonimmersehrhoch.“ neauflagen sehr gewissenhaft. Schließlich waren diein könnte, hat ernicht. „Wir erfüllensämtliche Hygie Team der bei mitdemCorona-VirusArbeit infizieren Sorge, dasssichjemandinseinemstarkausgedünnten führen Zuversicht vermitteln,durch dieKrise bens.“ eine derbitterstenEntscheidungen meinesBerufsle und hörbaresBedauern schwingt ihmmit. bei „Das war wirtschaftlich nicht rechtfertigen“, sagt Andreas Dubiel, stützen, können wir derzeiteine Wiederbeschäftigung „Obwohl uns viele schon Jahre Jahrzehnteoder unter der Mensaessen. Wie inLandaugiltauchDüsseldorf:Nurwersichregistriert hat,darfin ------anmelden. Eine Reservierung ist also verpflichtend. vor umEssenmitzunehmen –, Ortoder musssich online unterteilt. Wer vorbeikommen möchte –obzumSpeisen schen halbzwölf undzwei UhrinfünfSlotsà30Minuten hat diezweieinhalb StundenderMensaöffnungzwi Abteilungsleiter klar. DasStudierendenwerk Düsseldorf „Nicht zeitgleich, sondernjeweils 80proSlot“, stelltder Aktuell können 400Gästeam Tag in derMensaessen. möglich wäre.gungen einmal halbso viele, wie unter den veränderten Bedin 157.“ EinBruchteil desnormalÜblichen also, undnicht te, amFreitag114. Dazwischen waren esimHöchstfall vergangenen Montag hatten wir beispielsweise 198Gäs vierstelligen Bereichkannerzurzeit nurträumen. „Am der PandemieüblicheSpanne. Von einerNachfrage im gefähr 1.500bis2.000“, umreißtStephanBrunsdie vor sen am Tag. An schwächeren Tagen kommen wir auf un die Nachfrage zwischen5.000und6.000Es dortlocker rendenwerks Düsseldorf ab. „ZuSpitzenzeitenpendelt sie knapp45Prozent aller verkauften EssendesStudie sität Düsseldorf. Mitrund740.000EssenimJahr deckt tätsstraße auf demCampus derHeinrich-Heine-Univer Der meistfrequentierte BetriebistdieMensaUniversi Abteilungsleiter Gastronomie. 70.000 Studierendezuständig“, erklärtStephanBruns, undKleve.Kamp-Lintfort „Insgesamt sind wir fürrund kommen jeeineMensainMönchengladbach, Krefeld, Mitarbeiter. Abstand halten:DasmüssenindenMensenStudierende genausowie ------rendenwerks Düsseldorf Geschäftsführer des Studie- Frank Zehetner, machbare Lösungen« der vernünftige und und findenimmerwie- Herausforderungen Zeiten jedenTag neuen sen schwierigen »Wir stellen unsindie- Frank Zehetner PRAXIS PRAXIS

„Theoretisch funktioniert das noch fünf Minuten vor Belegschaft ist in zwei Gruppen unterteilt; sie arbeiten dem Wunschtermin, aber frühestens 48 Stunden davor.“ im Zweiwochenrhythmus. Darüber hinaus hat man dar- Der gesamte Vorgang läuft automatisiert: Die Gäste wäh- auf geachtet, dass Teammitglieder mit nebeneinander- len Ort, Datum und Uhrzeit aus und bekommen an- liegenden Spinden im Umkleideraum ihren Dienst zeit- schließend eine Mail mit der Aufforderung, den Termin versetzt starten und beenden. Ebenfalls neu: ein tägli- zu bestätigen. Nach der Bestätigung erhalten sie einen cher Lage-Check. Mittels Fragebogen halten Vorgesetzte Link mit QR-Code. Die obligatorische Registrierung ist unter anderem fest, dass ihre Beschäftigten weder erkäl- tet sind noch andere Krankheitssymptome zeigen.

„Uns fehlt der positive Stress“

Neben Spuckschutzwänden aus Plexiglas, Desinfekti- onsmitteln und Materialien, um Markierungen und Hinweise anzubringen, hat das Studierendenwerk Düs- seldorf für alle Arbeitskräfte jeweils zehn personalisierte Masken angeschafft. „Inklusive Programmierung des Reservierungstools alles in allem fünfstellige Zusatzaus- gaben bei unverändert hohen Fixkosten, insbesondere für Energie“, hält der Abteilungsleiter fest. Heißt: Viel Soll, aber wenig Haben. Schließlich sind Nachfrage und Umsatz auf ein Minimum geschrumpft.“ Was ebenfalls Küchenmeister der Mensa Universitätsstraße in Düsseldorf spürbar fehlt: „Die vertrauten Abläufe, die volle Teamstär- ke, der positive Stress. Das Scherzen und Quatschen mit ebenfalls online möglich. Studierende, die ihre Daten Kolleginnen und Kollegen, aber auch mit den Studieren- nicht digital übermitteln möchten, können alternativ den“, so Wirtschafterin Britta Müller, die seit 28 Jahren das Registrierungsformular vor Ort händisch ausfüllen. in der Mensa arbeitet. Für alle gilt: Wer erkältet ist, darf die Mensa nicht betre- Der vorgeschriebene Abstand – er schafft unweigerlich ten und wird wieder nach Hause geschickt. mehr Distanz, nicht nur räumlich. Zudem erschweren Masken und Spuckschutz die Kommunikation. Das Ver- Mensa im Zwei-Gruppen-Betrieb ständnis für die neuen Maßnahmen ebenso wie die Diszi- plin, sie einzuhalten, sei auf beiden Seiten hoch, sowohl Weil viele Gäste sich tatsächlich sehr kurzfristig zum Es- vor als auch hinter dem Plexiglas, so Britta Müller. Bislang sen anmelden, ist das Kalkulieren schwieriger denn je. ihr weder Beschwerden noch Proteste zu Ohren. „Vor der Wiedereröffnung am 26. Oktober 2020 hatten „Die Kolleginnen und Kollegen sind durch die Bank froh, wir noch damit gerechnet, dass die 400 Plätze gar nicht endlich wieder zur Arbeit gehen zu können.“ Auch wenn Stephan Bruns reichen würden“, erzählt Stephan Bruns. Nur konse- sich das nun ganz anders anfühle als noch Anfang des quent und wirtschaftlich alternativlos: ein deutlich ein- Jahres. „Im Grunde sind wir auf eine reine Versorgerrolle gedampftes Speisenangebot. „Vor der Pandemie konnten zurückgefallen“, so Hauptmensaleiter Michael Abendroth. »Die durch das Virus unsere Gäste zwischen drei subventionierten Essen und Die Mensa als Begegnungsstätte, die Studierende nicht beschleunigte Digitali- und mehreren Zusatzangeboten wählen, von Aktions- nur sattmachen, sondern begeistern möchte: Unter pan- sierungsoffensive wird und Vario-Theke über Grill-Station bis Green Corner und demischen Bedingungen und Auflagen könne man die- mit Sicherheit einiges Salatbuffet.“ Aktuell haben sie die Wahl zwischen zwei sem Anspruch schlicht nicht gerecht werden. „Dennoch verändern, auch für die Tellergerichten, entweder mit Fleisch oder Fisch zum sind wir zuversichtlich, dass sich das Blatt wieder wen- Hochschulgastrono- Preis von 2,50 Euro oder vegetarisch beziehungsweise ve- den wird“, sagt Stephan Bruns. Wie schnell, das hänge mie« gan zum Preis von 2,50 Euro. Hinter der Kassenzone ist davon ab, in welchem Maße die Auflagen gelockert wer- jeweils ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin postiert, den. Ob man dann tatsächlich an Vor-Pandemie-Zahlen Stephan Bruns, um Gästen zu helfen, ihren via QR-Code zugewiesenen anknüpfen könne, bleibe dahingestellt. „Darüber ent- Abteilungsleiter Gastrono- mie des Studierendenwerks Sitzplatz zu finden. Das heißt, der Zufall entscheidet über scheidet nicht zuletzt, wie sich das Verhältnis von On- Düsseldorf die Platzierung, nicht der Gast. Frei wählen zu dürfen, line- und Präsenzlehre in Zukunft gestaltet.“ Die durch wurde binnen weniger Tage wieder abgeschafft. „Die ein- das Virus beschleunigte Digitalisierungsoffensive – sie fachste Maßnahme, um das Zusammenrücken zu Grup- wird mit Sicherheit einiges verändern, auch für die pen zu unterbinden“, so Bruns. Hochschulgastronomie. „Darauf müssen wir uns ein- Abstand halten, Hände desinfizieren, einen Mund-Na- stellen.“ sen-Schutz tragen – das müssen nicht nur die Studieren- den befolgen, sondern selbstverständlich auch die Men- DIE AUTORIN sa-Belegschaft. Außerdem verlangt die neue Situation Heike Hucht schreibt am liebsten über Essen und Trinken. Vor der eine angepasste Personalplanung. „Aktuell gibt es ver- Pandemie besuchte sie fürs DSW-Journal regelmäßig Mensen von schiedene Kurzarbeitsmodelle zwischen Null und 50 Studierendenwerken; für diesen Artikel hat sie vom heimischen

Prozent, nur die Leitungsebene ist voll im Einsatz.“ Die Schreibtisch in Münster aus recherchiert. Solutions I Privat Waste Studierendenwerk Düsseldorf / MEIKO GREEN Fotos:

26 DSW JOURNAL 4/2020 PRAXIS Kreative Hochschulgastronomie in der Pandemie Fünf Beispiele aus den Studenten- und Studierendenwerken

Studentenwerk Potsdam: Food Hopper Der 2018 generalüberholte Food Hopper des Studentenwerks Potsdam tingelt eigentlich von Campus zu Campus, quer durch Westbrandenburg. Seit Mai 2020 steht er, umringt von Wohnheimen, ganz in Campusnähe in der Potsdamer Kaiser-Friedrich-Straße. Während der Mittagszeit gibt es dort etwas Warmes zum Mitnehmen: Vegetarisches wie Falafel- Burger oder gratinierte Weizentortillas genauso wie Zünftiges, ob Eintopf oder Bratwurst mit Bayerisch Kraut. Zubereitet wird alles frisch in der nächstgelegenen Mensa Am Neuen Palais. Peter Heiß, Geschäftsführer des Studentenwerks Pots- dam: „Corona hat uns gezeigt, dass es neben der klassischen Verpflegung in Mensen und Cafeterien noch viel Potenzial gibt.“ Bereits fest geplant: Automaten auf dem Wohnheimgelände, in die sich Studierende eine komplette Mensa-Mahlzeit zum Aufwärmen liefern lassen können.

www.studentenwerk-potsdam.de/wir-ueber-uns/news/news-detailansicht/food-hopper-ab-sofort-in-der-kaiser-friedrich-strasse-142

Kölner Studierendenwerk: Gans to go Festlich tafeln, ohne dafür stundenlang in der Küche stehen zu müssen: Das ist die Idee hinter ‚Gans to go‘ – und inzwi- schen eine schöne Tradition. Bereits seit 2012 kredenzen die Mensaköche des Kölner Studierendenwerks den Studieren- den ein kulinarisches Rundum-sorglos-Paket, das pünktlich zum Heiligabend abholbereit ist. Das tranchierte Geflügel muss nur noch zum Erwärmen in den Backofen, währenddessen werden auch die Bratäpfel schön saftig. Rotkohl, Klöße und Maronensoße sind ebenfalls vorgegart. Ein gelingsicheres Festtagsmenü für Vier zum Komplettpreis von 70 Euro. „Damit möchten wir allen, die an Weihnachten gern schlemmen, unkomplizierte Schützenhilfe bieten“, sagt Joachim Ge- rigk, Betriebs- und Bereichsleiter in der Mensa Zülpicher Straße. In diesem Jahr ist das All-inclusive-Angebot besonders begehrt. „Wir hatten bereits im November doppelt so viele Anfragen wie üblich.“ www.kstw.de/gans-to-go

Studierendenwerk Mannheim: Mensa Wagon & Coffeetainer MA(h)l mit Fleisch, MA(h)l vegan oder vegetarisch, MA(h)l mit einer Beilage dazu, alternativ ein belegtes Brötchen oder frische Brezeln: Der Mensa Wagon des Studierendenwerks Mannheim soll möglichst viele Studierende satt und glücklich machen. Seit dem 2. November 2020 steht er von montags bis freitags im Schloss-Ehrenhof, Herzstück des Campus der Mannheimer Universität. Der Verkauf startet morgens um 9 Uhr, um 14.30 Uhr endet das Zeitfenster zum Bestellen, Ab- holen und andernorts Genießen. „Das MA(h)lzeitenangebot wechselt monatlich, dabei greifen wir vor allem Street-food- Trends auf“, berichtet Ulrich Opatz, Abteilungsleiter Hochschulgastronomie. Im benachbarten Coffeetainer, dessen Design exakt auf den Wagon abgestimmt ist, servieren die Kaffeeautomaten alles, was Koffeinfans glücklich macht. Bezahlen können Studierende Latte Macchiato & Co. wie am Wagon mit ihrer Chipkarte, und mit der elektronischen Stempelkarte Coffeeload® ist jedes 10. Heißgetränk sogar gratis. https://mensawagon.de

Studentenwerk OstNiedersachsen: Foodtrucks Erst eine mobile Einheit – die Ca(r)feteria, dann zwei, inzwischen drei und ganz bald vier: In den vergangen Jahren hat das Studentenwerk OstNiedersachsen peu à peu eine richtige Foodtruck-Flotte aufgebaut. „Mobil und flexibel zu sein – das ist ein großer Vorteil während der Pandemie. Schließlich lohnt es sich wirtschaftlich für uns im Moment nicht, die Mensen im Regelbetrieb zu öffnen“, sagt Geschäftsführer Sönke Nimz. „Über die Möglichkeit, an den Trucks ein Mittagessen bekom- men zu können, freuen sich die Studierenden sehr.“ Das Angebot variiert von Wagen zu Wagen. In der Regel gibt es zwei warme Gerichte, dazu belegte Brötchen, weitere Backwaren und einige Süßwaren. Den größten Zulauf hat der Foodtruck vor dem Hauptgebäude der TU in Braunschweig. Rund 140 Essen gehen hier durchschnittlich am Tag über den Tresen. www.stw-on.de/braunschweig/essen/mensen-cafeterien/foodtruck/

Studierendenwerk Paderborn: Mensa Academica Konzentriert lernen statt entspannt genießen: In Paderborn ist die Mensa Academica vom Speisesaal zum Lern- und Ar- beitsraum geworden. „Damit bieten wir Studierenden, die eine Präsenzveranstaltung auf dem Campus besuchen, einen Ort, wo sie davor oder danach in Ruhe arbeiten oder an Online-Veranstaltungen teilnehmen können“, so Annette Ettings- hausen vom Studierendenwerk Paderborn. Es gibt 150 Plätze, ausschließlich buchbar via Registrierungs-App. Wer sich einloggt, muss sich auch ausloggen. Meldet sich jemand ab, können die Plätze desinfiziert und neu vergeben werden. Viel Platz, viel Tageslicht und gleich um die Ecke die Möglichkeit, in den geöffneten Gastro-Einheiten wie der Caféte oder der Mensa Forum etwas zu essen oder zu trinken: „Das kommt bei den Studierenden hervorragend an.“

www.studierendenwerk-pb.de/wir-ueber-uns/das-studierendenwerk/news/archiv/details/mensa-academica-als-lern-und-arbeitsraum Fotos: Studentenwerk Potsdam I Kölner Studierendenwerk I Studierendenwerk Mannheim I Studentenwerk OstNiedersachsen I Studierendenwerk Paderborn Studentenwerk Potsdam I Kölner Studierendenwerk Mannheim OstNiedersachsen Paderborn Fotos:

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Vorabdruck aus DSW-Journal Wir können bauen! 4/2020 BAUHERR STUDIERENDENWERK Studenten- und Studierendenwerke planen, bauen und sanieren – schnell, sozial und auf höchstem architektonischem, energetischem und ökologischem Niveau. Drei Beispiele TEXT: Marijke Lass

Katja Dörner

»Bonn ist eine Hoch- schulstadt mit Traditi- on. Die Universität und mit ihr die Studieren- den und Beschäftigten sind ein wichtiger Teil der Stadtgesellschaft. #gut planen Ich bin daher sehr froh, dass das Studieren- denwerk Bonn den Großbauprojekt »Carré Nassestraße«: Zentrale Mensa, Studierendenservice- Standort Nassestraße zentrum und studentisches Wohnen des Studierendenwerks Bonn als zentrale Anlauf- und Servicestelle für ut geplant ist halb gewonnen. Das weiß auch der heit ließen nun keinen Aufschub mehr zu. Daher wurde Studierende erneuert Bauherr des Großprojekts zwischen Kaiser-, Nas- das „Carré Nassestraße“ bis ins Detail neu beplant. Im und ausbaut« se- und Lennéstraße, das Studierendenwerk ersten Quartal 2021 werden die Arbeiten beginnen. Katja Dörner Bonn. Es plant den Neubau von drei Gebäuden (Bündnis 90/Die Grünen), und der denkmalgerechten Sanierung von zwei Rundum-Exzellenz Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn weiteren auf dem 6.400 Quadratmeter großen GAreal mitten im von Gründerzeitarchitektur geprägten „Gerade zum richtigen Zeitpunkt“, erklärt Jürgen Huber, Wohnviertel der Bonner Südstadt. Die bestehenden Lie- Geschäftsführer des Studierendenwerks, „denn als Part- genschaften des Studierendenwerks Bonn wurden seit ner der Exzellenz-Universität Bonn wollen wir auch in den 1950er-Jahren intensiv genutzt; unter anderem be- Zukunft einen exzellenten Service anbieten, und ange- fand sich dort die zentrale Mensa Nassestraße, die sieben messen dazu beitragen, das Profil des Hochschulstand- Jahrzehnte lang für das Wohl der Studierenden, orts Bonn national wie international weiter zu schär- Wissenschaftler/-innen und Mitarbeitenden der Uni- fen.“ Die Zentralmensa, das Studierendenservicezent- versität Bonn sorgte. Doch altersbedingte Schäden, drin- rum, 115 Wohnheimplätze sowie die Verwaltung des

gender Sanierungsbedarf sowie fehlende Barrierefrei- Studierendenwerks werden auf dem Gelände neu entste- Bonn Studierendenwerk Schafgans/Bundesstadt Bonn | Fotos:

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hen. Zudem wird der AStA der Universität wieder integ- gern Bonns werden wir versuchen, unser Ziel bis zum riert. Auch die „Rheinische Friedrich-Wilhelms-Univer- Sommer 2024 zu erreichen: Ein architektonisch über- sität begrüßt nachdrücklich die Planung des Studieren- zeugendes, städtebaulich verträgliches Großbauprojekt denwerks Bonn, die Mensa Nassestraße durch einen Er- abzuschließen, das ein zentraler Ort für Begegnung, Ver- satzneubau auf Basis eines breit abgestimmten sorgung, Lernen und Freizeit wird und der Hochschul- Gesamtkonzepts zu modernisieren“, bekräftigt Rektor stadt Bonn noch mehr Exzellenz verleiht“, so das Fazit Michael Hoch. Der Standort der Mensa sei zweifellos ein von Studierendenwerks-Chef Jürgen Huber. infrastrukturelles Herzstück innerhalb des Campus In- nenstadt der Universität Bonn. Aber nicht nur für die Universität, sondern auch für die Stadt Bonn hat dieses DREI FRAGEN AN ... Bauprojekt eine große Bedeutung. Oberbürgermeisterin Katja Dörner begrüßt, dass das Studierendenwerk Bonn Michael Hoch den Standort Nassestraße als zentrale Anlauf- und Service- stelle für Studierende erneuere und ausbaue. „Bonn ist eine Hochschulstadt mit Tradition. Die Universität und »Die Studierenden mit ihr die Studierenden und Beschäftigten sind ein schätzen die Mensa wichtiger Teil der Stadtgesellschaft“, so Dörner. Und mit Nassestraße nicht nur der Kombination aus Mensa, Verwaltung, Dienstleistun- wegen der dort ange- gen und Wohnen mitten in der Stadt entstehe ein zent- botenen Beratungs- raler Kommunikationsort, der auch für andere Bevölke- und Serviceleistungen, rungsgruppen und Aktionen offen sei. JÜRGEN HUBER sondern auch als Ort Realisierungswettbewerb Geschäftsführer des Studierendenwerks Bonn und Vorsitzender des der Kommunikation, Ausschusses Wohnen des Deutschen Studentenwerks des Austauschs und Dieses Großprojekt ist kein leichtes Unterfangen. Deut- Was zeichnet die Studierendenwerke als Bauherren aus? Miteinanders, des kul- lich wird das, wenn man bedenkt, dass die Neubauten Wir betreiben die Immobilien selbst, die wir bauen, und turellen studentischen sich in die städtebauliche Struktur, die durch denkmal- analysieren die zukünftigen Bedarfe sehr genau. Als lokal Lebens und auch der geschützte Häuser geprägt ist, einfügen müssen. Außer- verwurzelte öffentliche Unternehmen investieren wir Regeneration. Das Stu- dem sind viele Forderungen zu berücksichtigen: Ener- nachhaltig mit Rücksicht auf unser Umfeld. Zudem ach- dierendenwerk Bonn gieeffizienz, hohe Qualität der Bausubstanz, Nachbar- ten wir als kleinere Akteure im Hochschulumfeld auf ein schaftsbelange, attraktiver, begrünter Freiraum. trägt damit ganz straffes Projekt- und Kostenmanagement. Denn unser wesentlich zu den Um allen Ansprüchen und Vorgabe gerecht zu werden, Alltagsgeschäft sind ja die Mensen und Kitas, die Vermie- entschied sich das Studierendenwerk Bonn in enger Zu- tung von Wohnraum und das BAföG. Wir bauen also ne- „weichen“ Standortfak- sammenarbeit mit der Stadt Bonn für einen Realisie- benbei – und das will gut organisiert sein. toren unserer Universi- rungswettbewerb. Das Berliner Büro Baumschlager tät bei« Eberle Architekten ging im Juli 2019 als Sieger aus die- Wird diese Pandemie die Studierendenwohnheime längerfris- sem Wettbewerb hervor. Zusammen mit den Innenar- Prof. Dr. Michael Hoch, tig verändern? Rektor der Rheinischen chitekten von Kinzo werden sie den Gebäudekomplex so Ich bin davon überzeugt, dass Studieren im Kern vom per- Friedrich-Wilhelms-Univer- klug gestalten, dass die Schnittstellen zwischen Lebens- sönlichen Austausch lebt – auch zukünftig. Wohnheime sität Bonn und Arbeitswelten fließend, funktional und modern bieten allen Studierenden die Chance, dort zu studieren, werden – angepasst an hybrides Lernen. wo sie studieren wollen. Auch für internationale Studie- rende wird Deutschland attraktiv bleiben und damit un- Gut geplant ist halb gewonnen sere Wohnheime. Das Voll-Apartment als individuelle Wohnform wird nochmals an Bedeutung zunehmen. Das Seit vier Jahren kümmert sich das Team des Studieren- heißt andererseits: Wir brauchen attraktive Gemein- denwerks um die Planung und Vorbereitung des Baupro- schaftsflächen. jekts. In der aktuellen Leistungsphase drei, werden Ent- würfe und Skizzen zu konkreten Plänen, Grundrisse op- Welche Unterstützung wünschen Sie sich von der Politik? timiert und Konzepte noch einmal überprüft. Parallel Auf lokaler Ebene brauchen wir eine wohlwollende Koope- dazu ziehen die Mensa und die Mitarbeitenden in zuvor ration, um Projekte anschieben und zügig umsetzen zu entwickelte Interimslösungen um – das alles parallel zur können. Das betrifft Grundstücke und Planungsverfahren Unterstützung der Studierenden, Wissenschaftler und gleichermaßen. Auf Landes- und Bundesebene bedarf es Mitarbeitenden der Hochschulen mit gastronomischer studierendenwerkspezifischer Förderung mit echten Til- Versorgung, Wohnheimplätzen, Kinderbetreuung, Stu- gungszuschüssen für Sanierung und Neubau. Wir betrei- dienfinanzierung und Beratung. Ganz zu schweigen von ben immense Wohnheimbestände, die in den 1960er- bis den Corona-bedingten Einschränkungen. 1980er-Jahren entstanden sind – und wollen diese lang- „Wir haben noch einige Leistungsphasen, Höhen und fristig adäquat erhalten, modernisieren und bezahlbar ver- Tiefen vor uns, aber als Team und in Zusammenarbeit mieten.

Fotos: Studierendenwerk Barbara Fotos: Frommann/Uni Bonn | Bonn mit der Stadt, der Universität, den Planern und den Bür-

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Jörg Lüken

»Die Zuständigen im Rathaus haben die Idee einer Studieren- denwohnanlage in Heiligenhaus von Anfang an wirklich #schön bauen gelebt. Wir sind stolz und glücklich, mit Wohnanlage »Campusallee« auf dem Campus Velbert/Heiligenhaus einer modernen und großzügigen Wohnan- des Akademischen Förderungswerks (AKAFÖ) lage den Studierenden ochwertige Materialien, energieeffiziente Bau- brauchen mehr Wohnungen, die flexibel nutzbar sind zeitgemäßes und weise, moderne Architektur – und bezahlbare und deren Warmmiete auch mit geringen Einkommen günstiges Wohnen zu Mieten. All das zeichnet die Studierendenwohn- bezahlt werden können“, erklärte die damalige Bundes- ermöglichen und den anlage „Campusallee“ des AKAFÖ in Heiligen- bauministerin Barbara Hendricks (SPD). Die Idee dahin- Studienstandort haus aus. Es ist eines von deutschlandweit 18 ter: Was heute Wohneinheiten für junge Leute in Ausbil- Heiligenhaus damit Projekten aus dem Förderprogramm Variowoh- dungsphasen sind, können in einigen Jahren Wohnun- Hnen, dem „Modellvorhaben nachhaltiges Wohnen für gen für Familien oder Senioren sein. noch attraktiver zu machen« Studenten und Auszubildende“ welches das Bundesbau- ministeriums (BMI) im Jahr 2017 aufgelegt hat. In die- Zentral, campusnah, modern Jörg Lüken, sem Modellprogramm werden effiziente und zukunfts- Geschäftsführer des AKAFÖ weisende Wohnkonzepte für junge und ältere Menschen Im März 2019 zogen die ersten Studierenden ein in die erprobt. Die daraus entstehenden rund 2.600 Wohnein- Wohnanlage „Campusallee“ des AKAFÖ auf den Campus heiten werden mit rund 35 Mio. Euro gefördert und soll- Velbert/Heiligenhaus, einem Außenstandort der Hoch- ten ursprünglich bis Ende 2019 fertiggestellt sein. Letzte- schule Bochum. Vor allem Studierende mit ingenieur- res hat zwar nicht bei allen Bauvorhaben geklappt, je- wissenschaftlichen Studiengängen wohnen hier. Das doch die Studierendenanlage „Campusallee“ des Akade- Gebäude ist nur einen Steinwurf vom Hochschulgebäu- mischen Förderungswerks (AKAFÖ) war das erste de entfernt, vom Bett bis in den Hörsaal sind es drei Mi- fertiggestellte Projekt aus dem Modellvorhaben. nuten. Obwohl die Studierendenwohnanlage im Grünen liegt, ist der Weg in die Innenstadt von Heiligenhaus Das Besondere kurz, ebenso wie zum innerstädtischen Hefelmannpark direkt neben dem Gebäude. In 42 teilmöblierten Zim- Variowohnungen sind modular konzipiert, sowohl im mern, 6 Einzelapartments mit je 30 qm Wohnfläche so- Bau als auch in der Nutzung. Sie können flexibel gestal- wie 18 Doppelapartments mit 14,5 qm pro Zimmer, in- tet und für Nachnutzungen leicht verändert werden. klusive zwei barrierefreien Apartments, leben die Stu- Dieses Bauprogramm, das Bestandteil des Zukunftsin- dierenden qualitativ hochwertig, zentral und gleichzei- vestitionsprogramms ist, plante die Bundesregierung tig quasi auf der grünen Wiese. Außerdem: Für neun schon im Jahr 2015 als langfristiges Programm. „Wir Kinder im Alter von zwei Monaten bis drei Jahre von

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Jan Heinisch

»Gutes Wohnen ist essenziell für ein gutes Studienergebnis. So sollte es auch für unseren kleinen Campus in Heiligen- haus sein, damit auch er ein echter „Campus“ anlage bietet alle Möglichkeiten für von Studieren über eine hervorragende Work-life-balance. Forschen bis zum Auch Jörg Lüken, Geschäftsführer des AKAFÖ, das sich gemeinsamen Leben um 70.000 Studierende kümmert, ist froh über diese würde. Insofern war Wohnanlage. Dem Bau, der nur 14 Monate gedauert hat, gingen einige Jahre der Ungewissheit und Planung vor- das Projekt für mich aus, allein von der Ausschreibung bis zum Planungsbe- eine einzige Freude. ginn gingen zweieinhalb Jahre ins Land. Aber letztend- Man sieht ihm an, dass Studierenden und Mitarbeiter/-innen der Hochschule lich zählt das Ergebnis und nicht die Nerven, die Lüken alle Beteiligten Spaß gibt es im Erdgeschoss eine hauseigene Großtagespflege. dieses Projekt gekostet haben. Und das ist insbesondere daran hatten und auch auf die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Heili- perfekt zusammenge- Langlebige Materialien und Nachhaltigkeit genhaus zurückzuführen. „Die Zuständigen im Rathaus wirkt haben. Denn das haben die Idee einer Studierendenwohnanlage in Heili- Bei den verwendeten Baumaterialien hatten die Planer genhaus von Anfang an wirklich gelebt“, erklärt der Ge- Wohnheim ist in vieler- klare Vorstellungen: „Wir haben Baumaterialien verwen- schäftsführer. Er sei stolz und glücklich, mit einer mo- lei Hinsicht ein Hingu- det, die sehr langlebige, robuste Oberflächen garantieren, dernen und großzügigen Wohnanlage den Studierenden cker geworden: bei angefangen beim Verblendmauerwerk der Fassade bis hin zeitgemäßes und günstiges Wohnen zu ermöglichen Architektur, Wohnqua- zum hochwertigen Werkstein in den Fluren und in den und den Studienstandort Heiligenhaus damit noch at- lität, Nachhaltigkeit, Wohnungen, beispielsweise bei den Granitarbeitsplatten traktiver zu machen. Flexibilität und Moder- der Küchentheken“, erklärt Florian Krampe, Geschäftsfüh- rer von Krampe Schmidt Architekten. Auch Nachhaltig- nität« keit stand oben auf der Agenda. Die hochwärmegedämm- AKAFÖ Dr. Jan Heinisch, Staats- te Lochfassade sorgt für eine wirksame Energiebilanz. Im sekretär im Ministerium für Studierendenwerk für die Bochumer Hochschulen Heimat, Kommunales, Bau Untergeschoss gibt es ein gasbetriebenes Blockheizkraft- und die Westfälische Hochschule in Gelsenkirchen, und Gleichstellung des Lan- werk und dezentrale Lüftungsgeräte mit Wärmerückge- Recklinghausen und Bocholt des Nordrhein-Westfalen, 70.000 Studierende bis 2017 Bürgermeister winnung, die das Energiekonzept ergänzen. Die Flachdä- 22 Wohnheime mit 4.500 Plätzen von Heiligenhaus cher sind zudem extensiv begrünt. Durchschnittliche Brutto-Warmmiete: 300,00 Euro Die Ausstattung ist modern, die Badzellen sind großzü- plus 40 Euro Pauschale für Internet, Fernsehen, Individualstrom gig gestaltet und verfügen über ebenerdige Duschen. Ge- Wohnheim „Campusallee 4“ in Heiligenhaus meinschaftsraum, Tiefgarage, Fahrradkeller, Waschma- Baukosten: 4,2 Millionen Euro schinen und Trockner sind Bestandteile dieser moder- Bauzeit: 14 Monate nen Wohnanlage. Und: Auf der 140 qm großen Terrasse Plätze: 42 teilmöblierte Zimmer, davon 6 Einzelapartments à 30 qm mit Blick ins Grüne können die Studierenden sich vom und 18 Doppelapartments à 14,5 qm pro Zimmer Bruttowarmmiete: 300,00 Euro plus 40 Euro für Internet, Studium erholen und – wenn Corona es wieder zulässt – Fernsehen und Strom

Fotos: AKAFÖ I Hans Jürgen Landes (2) I MHKBG/F. Berger Berger AKAFÖ I Hans Jürgen Landes (2) MHKBG/F. Fotos: die eine oder andere Party feiern. Man sieht: Die Wohn-

DSW JOURNAL 4/2020 31 und DigitaleGesellschaft Wirtschaft, Wissenschaft Thüringer Ministerfür (SPD), derne Studentenunter abzubauen undmo- den Wohnheimen Sanierungsstau bei dafür gesorgt, den Thüringen habenwir Studierendenwerk »Gemeinsam mitdem Wolfgang Tiefensee Universität Erfurt ander Germanistik und studiert Anglistik Antonia Kusche mein eigenes Bad« der Uniundichhabe ist schönneu,nahan entscheiden, dennes dieses Wohnheim jederzeit wiederfür »Ich würde mich Antonia Kusche PRAXIS 32 künfte zuschaffen«

- K in Erfurt sindjetzt Studierendenwohnanlagen desStudierendenwerks Thüringen Aus altwird neu:EineehemaligeZahnklinik undeinvormaliges Blutspendezentrum Oktober 2019–pünktlichzumBeginn des Oktober Wintersemes gen das um dieFinanzierungüber Vario-Programm, im Im Jahr 2016 bewarb sich das Studierendenwerk Thürin Umbau undUmnutzung bei, denRestfinanzierte dasStudierendenwerk. Land Thüringen steuerte weitere 5,4MillionenEuro Gebäudeder beiden zuStudierendenwohnheimen. Das Euro förderte das Bundesbauministerium den Umbau gen“ aus dem Jahr 2015 gerade richtig. Mit 4,2 Millionen nachhaltiger Bau undbezahlbarer von Variowohnun Darum kamdasFörderprogramm„Modellvorhaben raum inHochschulnähe. der istknappinErfurt. Doch und benötigen preiswerten, studiengerechten Wohn eingeschrieben. Vielesind vonaußerhalb vonihnen zeit anderUniversität Erfurt undderFachhochschule ringen erwarb. beide Rund 10.000Studierendesindder untergekommen aus, als das Studierendenwerk Thü Zahnärzten genutzt wurde, sahdementsprechend her Plattenbau, derfrüherauch fürdie Ausbildung von #intelligent umnutzen #intelligent Studierende: dieehemaligeZahnklinikinErfurt. Hochhausmit247Wohnplätzenmodernen für In nur21MonatenvomhässlichenEntleinzum re leer, der12-geschossige undinsbesondere ren. Häuser Diebeiden standenschon viele Jah und einBlutspendezentrum untergebracht wa und 79inErfurtfrühereinmaleineZahnklinik denwohnheimen inderNordhäuser Straße78 aum zuglauben, Studieren dassindenbeiden ------Ergänzung, anders alsdieehemalige Zahnklinik, dieals Das ehemalige Blutspendezentrum erfuhreinebauliche ner 2er-WG. in 4er-WGs undzwei behindertengerechte Zimmerinei Blutspendezentrums sindesdagegen 56Einzelzimmer rechte Zimmerin2er-WGs. Im Gebäude desehemaligen WGs, 50Einzelapartments sowie zehnbehindertenge 12-Geschosser, davon 187Einzelzimmer in2er- bis4er- Entstanden sindso305 Wohneinheiten, 247alleinim gemessenen Wohnraum fürStudierendezuschaffen. baukonsult-Knabe GmbH. Das war erforderlich, uman komplett neudefiniert werden“, erklärt Axel Knabe von „Der Grundrissineinem Altbaugebäude konnte somit war dasbisauf wenige tragende Innenwände möglich. gehend entkernt, aufgrund derStützen-Riegel-Bauweise für Überraschungen sorgte. DasGebäude wurde weitest Baubestand der insbesondere Zahnklinik immer wieder wenn auch nicht immerallesnachPlanlief, weil deralte plandrei hatten dieProjekte von Anfang angutimGriff, arbeitsgemeinschaft baukonsult-knabe-stadelmann- das StudierendenwerkDoch Thüringen und die Projekt zungen, dieeinStudierendenwohnheim erfüllenmuss. baulichen Gegebenheiten undnatürlich die Vorausset berücksichtigtgramms musstenebenso werden wie die zu absolvieren. Denn:Die Anforderungen des Vario-Pro Ein strammesPensumhatten dieBeteiligten bisdahin ters –eröffnetedasStudierendenwerk die Wohnanlagen. DSWJOURNAL4/2020 ------

Fotos: Peter Baum | baukonsult-Knabe GmbH | spdfraktion.de (Susie Knoll / Florian Jänicke) Fotos: baukonsult-Knabe GmbH | Studierendenwerk Thüringen | Kay Herschelmann | Dr. Ralf Schmidt-Röh DSWJOURNAL4/2020 33 sche. Die20-jährige Studentin isteineder glücklichen denwohnheimen? „Ziemlichgut“, meint Antonia Ku Und neuenStudieren wie lebtessichindiesenbeiden Neues LebeninderZahnklinik kraftwerk installiert, Gebäude dasfürbeide genutzt wird. ehemaligen Zahnklinik wurde ergänzendeinBlockheiz Helios-Kliniken-Erfurt angebunden. Im Kellergeschoss der Beide Gebäude sindaußerdem andasFernwärmenetz der gebaut werden. eine andere, spätere Bedarfein Nutzungbei Aufzug an danken des Vario-Programms folgend, könnte hierfür OrtfüreineZigarettenpause.ein beliebter GanzdemGe gang ergänzt. Dieseristmittlerweile fürdieBewohner und umeineaußenliegende undeinenLaubenTreppe Eingangssituation verändertdie spendezentrum wurde staltet werden sollte, erklärt Architekt Knabe. BeimBlut nicht überformt, noch sonderneherzurückhaltendge Solitärbaukörper aneinersehrfreieinsehbaren Stelle Zimmer miteigenemBad. Gemeinschaftsküchenundjedes moderne zwei behindertengerechte ineiner2er-WG, zuerkennen: 56Wohnplätze in4er-WGs und zentrum istnachdemUmbaukaumwieder Das viergeschossige ehemaligeBlutspende- Bruttowarmmiete: 228,00-300,00 Euro (jenachGröße) 3er- und4er-WGs und12behindertengerechte Zimmerin2er-WGs Plätze: 305,davon50Einzelapartments, 243Einzelzimmerin2er-, Bauzeit: 21Monate Baukosten: 18MillionenEuro Wohnanlagen Nordhäuser Straße78 und79 Durchschnittliche Brutto-Warmmiete: 207,00 Euro Wohnanlagen: 73mitca.8.200Plätzen an derIUBHGmbHErfurt Studierende: knapp50.000plusca.25.000Fernstudierende Weimar Ilmenau, Jena,Nordhausen, Schmalkaldenund Zuständig fürStudierende inEisenach,Erfurt,Gera, Studierendenwerk Thüringen ------350 Zimmern. dierendenwohnheims amJakobsplan 1 in Weimar mit projekt gekümmert hat –die GrundsanierungdesStu Team gerade schon wieder umdasnächste Wohnheim konnten“, erklärt Schmidt-Röh, dersichmit seinem unmittelbarer NähezurErfurterUniversität schaffen benötigte, moderne Wohneinheiten für Studierende in bäude so geschickt umzubauen, dass wir 305 dringend wir esgeschafft, die alteBausubstanzbeiden Ge dieser macht. „MitUnterstützung von BundundLandhaben und bezahlbaren Wohnraum fürStudierendestark Schmidt-Röh, dersichseitJahren fürausreichenden schäftsführer desStudierendenwerks Thüringen, Ralf rende gebaut undumgebaut. Dasliegtauch an demGe Freistaat Im Thüringen wirdvielWohnraumStudie für der WGs untergekommen sind. egal obsieeinEinzelapartment bewohnen ineiner oder alle Bewohner den Vorzug eineseigenen Badezimmers, Anglistik- und Germanistik- Studentin Kusche genießen teilen muss, und die Uni ganz in der Nähe ist“. So wie die ßerdem eineigenes Badhat, dasmanmitniemandem ist schonetwas Besonderes, wenn allesneuist, manau ergattert hätte, beantwortet siemiteinem klarenJa: „Es hen würde, wenn siegerade einenStudienplatz in Erfurt Zahnklinik. Gefragt, obsieauch heute wieder hiereinzie Euro monatlich ineiner2er-WG inderehemaligen senach stammendeStudentin wohnt seitdemfür280,00 der Nordhäuser Straßefanden. Dieaus der Nähe von Ei „Erstbezüge“, 2019ihrneuesZuhause dieimOktober in digital stattfand. Sie bedauertsehr, dassderInformationsaustausch diesmalnur Marijke LassarbeitetalsJournalistinundLektorininBerlin. DIE AUTORIN ------Thüringen Studierendenwerks Geschäftsführer des Dr. RalfSchmidt-Röh, schaffen konnten« Erfurter Universität mittelbarer Nähezur Studierende inun- Wohneinheiten für benötigte, moderne dass wir305dringend geschickt umzubauen, heitseinrichtungen so ehemalige Gesund- uns gelungen,zwei Bund undLand ist es »Mit Unterstützung von Ralf Schmidt-Röh PRAXIS PROFIL

Der Mann mit dem roten Rucksack

OLIVER KACZMAREK Bildungsaufstieg, Empathie für Benachteiligte, Schalke: Porträt des Sozialdemokraten und Wissenschaftspolitikers aus dem Ruhrgebiet, der die Sorgen seiner Wähler/-innen in einem Rucksack sammelt TEXT: Christine Prußky FOTOS: Kay Herschelmann

eine Mutter findet, er sollte öfter im Parlaments- fest. Und vielleicht ist genau das auch schon charakteris- fernsehen zu sehen sein. Seitdem Oliver Kaczma- tisch für ihn und seine Art, Politik zu machen. rek wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD- Oliver Kaczmarek betrachtet die Dinge zunächst, erkun- Bundestagsfraktion ist, kommt das immerhin det den Sachverhalt – und erst später zieht er Schlüsse häufiger vor. Tritt er im Reichstag ans Redner- daraus. „Der Oliver ist besonnen“, wird sein Fraktions- pult, sieht seine Mutter daheim in Kamen: Der kollege im , der Hagener Bundestagsagabge- SJunge arbeitet. Sohn bleibt Sohn. Und auch wenn dieser ordnete René Röspel, am Tag nach dem Besuch in Ka- 50 ist und drei Mal das Direktmandat für die SPD im Hei- men am Telefon sagen, „er ist Westfale. Die brausen matwahlkreis der Kaczmareks geholt hat: Schlakst Oli- nicht auf. Die sagen allerdings sehr klar, was los ist.“ ver nicht genauso zum Rednerpult wie aufgeschossene Oberstufenschüler an die Tafel? Ja, er schlakst. Arbeiterkind, Bildungsaufsteiger, Kamen. Eine Stadt im Ruhrgebiet mit Bergbaugeschich- Schalke-Fan te. Die Zeche Monopol ist heute ein Museum. Wo früher Bergleute mit Arschleder – ja, so heißt das – um die Hüf- Um den SPD-Politiker zu erklären, betrachtet man am ten im Schacht malochten, kichern heute Schülergrup- besten den Menschen Oliver Kaczmarek, seine Herkunft pen in Ausflugslaune. Auf den Halden erholt man sich. und seinen Werdegang. Ein paar Punkte sind besonders Man guckt Fußball, fiebert mit Borussia Dortmund oder wichtig. Schalke 04. Und man wählt SPD. Wenn es schlecht für Erstens: Oliver Kaczmarek stammt aus einfachen Ver- die Sozialdemokraten läuft, verpassen sie bei einer Wahl hältnissen. Seine Mutter war Hausfrau, sein Vater ein die absolute Mehrheit. In Kamen und im Bundestags- Bergmann. Die Eltern machten keine Schulden, kauften wahlkreis Unna I ist die Welt der SPD noch ziemlich in ein Auto in bar und vertrauten darauf, dass die Sozialde- Ordnung. mokratie schon die richtige Politik für Leute wie sie Hier ist Oliver Kaczmarek aufgewachsen. Hier lebt er bis machten. Wie hart seinem Vater die Arbeit im Schacht heute. Zu praktisch jeder Ecke fällt ihm eine Geschichte zusetzte, erfuhr Oliver Kaczmarek erst, als er sich für den ein. Da drüben, die erste eigene Wohnung. Dort, die alte Erhalt der Zeche Monopol als Museum einsetzte. „Oliver, Grundschule! Sie ist heute ein Seniorenheim. Hier der wieso machst du das?“, fragte dieser seinen Sohn, Jugendclub, den er mitbegründet hat zu einer Zeit, in der „denkst du, ich bin all die Jahre gern dahin gegangen?“ er selbst schon Juso und aus dem Jugendclub-Alter raus Zweitens: Oliver Kaczmarek ist wie so viele seiner Gene- war. ration der erste in seiner Familie, der überhaupt studier- „Jetzt, wenn ich Ihnen die Orte zeige, merke ich erst, wie te. Im Fahrwasser der SPD-Bildungspolitik der 1970-Jah- nah sie beieinanderliegen. Auf welch kleinem Raum sich re kam er an die Universität. Er bekam BAföG, aber nur so vieles in meinen Leben abgespielt hat“, sagt Kaczma- ein paar Semester lang. Danach musste er arbeiten, um rek, ohne das weiter zu bewerten. Er stellt es einfach nur das angefangene Studium der Geschichte und Sozialwis- PROFIL

DSW JOURNAL 4/2020 35 PROFIL

Oliver Kaczmarek über …

… Studieren in der Pandemie: Studieren in der Pandemie ist herausfordernd. Mein aufrichtiger Dank geht an die Hochschulen, die versuchen, das Studium so gut es geht zu ermöglichen. Die Pandemie zeigt uns aber auch, wo die Schwächen liegen und was wir dagegen tun müssen. Die digitale Infrastruktur an den Hochschulen zum Beispiel müssen wir verbessern.

... die BMBF-Überbrückungshilfe für Studierende: Das war ein politischer Kompromiss. Wir hätten uns gewünscht, das BAföG in der Pandemie zu öffnen. In der zweiten Welle werden Studierende wieder in Notlagen geraten. Wir müssen deshalb entweder die Überbrückungshilfe verbessern oder – wie wir vorschlagen – einen Notfallmechanismus ins BAföG einbauen.

… das BAföG: Ohne BAföG hätte ich nicht studieren können. Ich möchte, dass wieder mehr junge Leute und Familien unterstützt werden, als das derzeit der Fall ist. Junge Erwachsene müssen ihr Studium erfolgreich beenden können. Da müssen wir viel mehr schaffen als bisher.

… die Pakte für Wissenschaft und Hochschulen: Die Pakte sind unverzichtbar für das Wissenschaftssystem. Es ist eine der großen Leistungen dieser Koalition, dass wir die Pakte verstetigen und regelmäßige Zuschusssteigerungen sicherstellen konnten. Wir erwarten, dass die Mit 18 Jahren trat Oliver Kaczmarek in die SPD ein, er Wissenschaft dafür mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse schafft. engagierte sich bei den Jusos, stieg auf bei den Jusos, stieg auf in der Partei und in der Bundestagsfraktion. … die Studierendenwerke: Sie sind unverzichtbar für ein gutes Studium. Dort gehört er zum linken Flügel der Fraktion, in der Sie leisten vielfältig gute Arbeit – und sie verdienen mehr Unterstützung von den auch Faktionschef Rolf Mützenich, SPD-Chefin Saskia Ländern, aber auch vom Bund. Esken und der Doyen der SPD-Wissenschaftspolitik, Ernst-Dieter Rossmann, organisiert sind. Mit Rossmann gelang ihm Anfang 2018 eine bemerkenswert geräusch- senschaften auf Lehramt zu Ende zu bringen. Zur Ruhr- lose Übergabe des wissenschaftspolitischen Sprecher- Uni in Bochum pendelte er, ein Studentenzimmer war postens. Es hätte krachen können zwischen dem Alten für ihn zu teuer. und dem Jungen. Doch die Sache lief glatt. Rossmann Drittens: Oliver Kaczmarek ist seit der Kindheit Fan des wurde Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses, und Fußballvereins FC Schalke 04, der in der Bundesliga ge- der Fall war geklärt. rade einmal wieder besonders schwer gebeutelt ist. Das Solche einvernehmlichen Lösungen liegen Oliver Kacz- macht leidensfähig. marek. Eine Krawallschachtel ist er ganz bestimmt nicht. Politische Gefährten und Vertreter der Wissen- Ein SPD-Linker schaftsszene erleben ihn als zugewandten Mensch, auf- merksamen Zuhörer und klugen Strategen. Er selbst be- Die Dauerkarte im Gelsenkirchener Stadion hatte Oliver schreibt sich als jemand, der Kompromisse sucht und Kaczmarek schon, als er nach dem Studium Referent sie annimmt, wenn er spürt: Mehr geht gerade nicht. beim nordrhein-westfälischen Schulministerium wur- Das ist pragmatisch, effizient und spart Nerven. de und dort Verwaltungsabläufe genauso zu verstehen In die Auseinandersetzung mit Genossen geht der und schätzen lernte wie den warmen Mittagstisch. Erst Westfale jedenfalls nur, wenn es aus seiner Sicht wirk- nach der Geburt seiner heute fast sechsjährigen Tochter lich nicht anders geht. Vor den Bundestagswahlen 2009 gab er die Dauerkarte auf. Als alleinerziehendem Teil- zum Beispiel war das so. Oliver Kaczmarek war damals zeitvater fehlte ihm die Zeit fürs Stadion. Familie geht schon Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Unna. Seit Ju- vor. Zu ihr gehört auch sein rund zehn Jahre älterer so-Zeiten in der Partei aktiv, war er bestens vernetzt, Bruder. Der leistete den Wehrdienst in der Marine ab doch verstand er sein politisches Handeln als einen Bei- und bewahrte seinen kleinen Bruder davor, das gleiche trag zur Demokratie. „Das Ehrenamt war mir immer zu tun: „Oliver, das ist nichts für dich. Mach Zivil- wichtig und das ist bis heute so“, sagt Kaczmarek. Dass dienst.“ er im Jahr 2009 doch Berufspolitiker wurde, war der da- Zusammenhalt – das ist ihm wichtig. „Zusammenhalt maligen Unruhe in der Partei geschuldet. Es gab Kritik heißt für mich, füreinander einzustehen. Darauf zu ach- an der Großen Koalition in Berlin und am damaligen ten, was andere brauchen und nicht nur auf sich selbst Wahlkreisabgeordneten. Kaczmarek musste sich ent- zu gucken.“ Das klingt fast ein wenig pastoral. Aber scheiden, kandidierte und gewann gegen seinen Kon- Kaczmarek ist kein Pfarrer geworden, wie es seine Mut- kurrenten die parteiinterne Abstimmung um das Di- ter einmal vorschlug. Er ist Sozialdemokrat. rektmandat im Wahlkreis. „Ich hatte schlaflose Nächte

36 DSW JOURNAL 4/2019 Fotos: Kay Herschelmann DSW JOURNAL4/2019 37 Möglich wären die Wanderungen mit Corona-Abstand Gemeinsames Gehenschafft Nähe und Vertrautheit. netenbüro findet. das sich–natürlich –auch inseinemBerliner Abgeord te-Rucksack-Wanderungen hat erdas„Daypack“ dabei, und Ideen vor Ortfürseine inBerlin.Arbeit BeidenRo kreis erfand. InihmsammeltersinnbildlichdieSorgen sack“ insSpiel, denOliver Kaczmarekfürseinen Wahl und erfahrbarPolitikist. Unddakommt der„roteRuck Erfolgdavondort hängtderpolitische ab, wie konkret und im Wahlkreis UnnaInatürlich keine Wahl. Auch solch wolkigen Begriffen gewinnt manselbstinKamen Zusammenhalt, Solidarität undGerechtigkeit –mit Kaczmareks roter Rucksack tur. nicht.noch Ersteinmalplant ereineerneuteKandida danachgeben.Es wird einLeben soweit Doch istes fahr sieht. Under weiß: Politikistnicht allesimLeben. kann, wenn ermussunddas Wohl seinerParteiinGe und fürsichauswerten. Heute weiß er, dasserhartsein sen. Kaczmarekdagegen musstedieSache verarbeiten BeißersindsolcheGeschichtenFür politische Petites ist“,tei ambesten sagtKaczmarekheute. bis ich verstand, dassichdastunmuss, was fürdiePar ------terin KarliczekimStichgelassen“, erklärteer. DerNot Notlage nicht ist, pandemiebedingt werden von Minis Opposition. „Besondersdiejenigen Studierenden, deren vember öffentlich soharschkritisierte, alssäßeerin SPD soaus, dassKaczmarekdieMinisterinMitteNo die CDUundihreBildungsministerin Anja Karliczekdie Im FrühjahrundjetztimHerbst2020 wieder bremste mehr gewünscht. es Aber war einfachnicht mehrdrin.“ promiss“, sagtOliver Kaczmarek. „Wir hätten uns viel BAföG-Änderungen etwa waren Kom „einpolitischer dessenjüngste Bildung undForschung(BMBF)oder desBundesministeriumsfür Die Überbrückungshilfe mit derUnionerlaubt. viel mehrerreichen, alsesihm dieaktuelleKoalition wissen, wie siesichfinanzierensollen. Fürsie willer dierende, dieinderPandemieerstrecht nicht mehr hen ihnan. Fürsiesetztersich ein. So wie jetztfürStu ihren Strukturengefallen sind, dieinNotsind, diege ganz bestimmt. DieSchicksale von Menschen, dieaus ne. Wachsam undempathisch, dasistOliver Kaczmarek auch MitgliedimSPD-Fraktionsvorstand. SprecherseinerFraktion,schaftspolitischer sondern arbeitete. HeuteistOliver Kaczmareknicht nur wissen auch, was zutun war. die Erkrempelte und Ärmel hoch Die Ansage war hartfürihn. er Doch wusste danach Wir nicht haben auf dichgewartet.“ seinem ersten Tag imBundestag, „dumusstnur wissen: Sprecher derSPD-FraktionDieter Wiefelspütz noch vor Oliver“, erklärteihmderdamalige innenpolitische dann auch schon. „Wir freuenunsalle, wenn dudabist, als anderUni wurde erzwar begrüßt. das Doch war es ankam, fühlteersich„wie imerstenSemester“. Anders nesfalls. Als erfrischgewählt imBerlinerPolitikbetrieb unauffällig wirken–unterschätzen solltemanihnkei mal wird klar:DieserMannmag mitseinerHornbrille leicht, auf eindringlicheraber jedenFall. ein Undnoch Laut wird ernicht, erspricht eineSpurschneller viel So hörtsichOliver Kaczmarekan, wenn ersichaufregt. schluss aus finanziellerNot aufgeben muss.“ Quatsch, wenn jemanddasStudium kurz vor dem Ab Denn: „Aus volkswirtschaftlicher Sicht istesdoch schließen können–erbleibtauf Kaczmareks Agenda. nanznot sounterstützen soll, dasssieihrStudiumab spruchsberechtigten ausweiten undStudierendeinFi fallmechanismus imBAföG, derdenKreis An achtet sorgfältiger noch dabei alssonstauf Zwischentö eingestellt. Viele GesprächeführterjetztOnlineund auch inderPandemie. Trotzdem hat ersie vorsorglich www.christine-prussky.de und die Arena inGelsenkirchen–nochFragen? stilisiertes PorträtvonOliverKaczmarek, dasLogovonSchalke04 für die Arbeit imSchachtnennen. Auf dem gutenStückprangteein gepinnte „Arschleder“auf, wieBergleutedenledernenHosenschutz In OliverKaczmareks Wahlkreisbüro inUnnafielihrdas andie Wand Christine PrußkyistJournalistin, DozentinundMediatorininBerlin. DIE AUTORIN ------user/OliverKaczmarek Youtube: www.youtube.com/ com/kaczmarekoliver/?hl=de Instragram: www.instagram. overview oliver.kaczmarek/about_ Facebook: facebook.com/ Twitter: @KaczmarekOliver www.oliver-kaczmarek.de Heimatstadt Kamen. lebt bisheuteinseiner sechsjährigen Tochter –und Teilzeitvater einerfast Oliver Kazcmarekistledig, Oberregierungsrat. Dort brachteereszum ans NRW-Schulministerium. dienst, sondernalsReferent schaften nichtindenSchul schichte undSozialwissen aminierte LehrerfürGe dem Abschluss gingder ex erster seinerFamilie. Nach Kamen studierteer–als Schmid-Gesamtschule dem Abitur anderCarlo- Bildungsaufsteiger. Nach ein Arbeiterkind undein Unna. OliverKaczmarekist im Wahlkreis Direktmandat Partei holterseit2009das tionsvorstands. Fürseine und MitglieddesSPD-Frak im DeutschenBundestag Sprecher derSPD-Fraktion wissenschaftspolitischer ren 1970inKamen, ist Oliver Kaczmarek ZUR PERSON PROFIL , gebo ------PERSPEKTIVE 38 Herausforderung Vielfalt Vielfalt Herausforderung

D – was inderöffentlichen Debatte oftübersehen wird – nicht nur alsSchutz-und Asylsuchende, sondernauch grantinnen undMigranten als insLand,Arbeitskräfte genen Jahren und Jahrzehnten kamenzahlreicheMi vergan Zukunft inDeutschlandsuchen.den in Schon Menschen aus anderenLändernauch weiterhin ihre für Hochqualifizierte, erhöht. InjedemFall werden hierzulande die Attraktivität desLandes, nicht zuletzt bislang ehermoderate Verlauf derCorona-Pandemie Staaten interessant bleiben. Denkbaristsogar, dassder den Jahren fürMenschenaus andereneuropäischen dürfteDeutschlandauchbeitsmarkt indenkommen genteil: Mit seiner Wirtschaftskraft undseinem Ar Direktor desDeutschenJugendinstitutse.V. Hochschulsystem bedeutet,analysiertThomasRauschenbach, Deutschland isteinEinwanderungsland–wasdasfürunser ZUWANDERUNGSORT HOCHSCHULE Daran wird auch dieCorona-Krise wenig ändern. ImGe ohne ausArbeitskräfte dem Ausland ihrePro und Wirtschaftszweige nicht mehrinderLage, dig sindhierzulandeimmermehrBranchen ein Einwanderungsland zusein. Ganzoffenkun eutschland wird sichdarangewöhnen müssen, duktion undDienstleistungen sicherzustellen. ------Deshalb sollten wir Zuwanderung alseineHerausfor ist Teil derRealität einesEinwanderungslandes. beginnen, abschließen. fortsetzen und/oder Auch das ein Teil wird hiereine Ausbildung einStudium oder Zuwanderer undKindern, kommt mit Lebenspartnern nige Jahre, manchefür viele Jahrzehnte. Ein Teil der begründen,neuen Lebensmittelpunkt manchefür we chen Menschen werden alleinDeutschlandeinen gungsfragen blickt. Denndiese vielen unterschiedli zukurz,greift jedoch wenn sienurauf Beschäfti MigrationDie Diskussionüber und Arbeitsmarkt chen. Forschungs-undDienstleistungsbran hochbezahlte im Ausland erworbenen akademischen Abschlüssen in hier einStudiumauf, mitihrenwieder anderestreben land einenJob imNiedriglohnsektor, anderenehmen denste Motive: MancheMenschensuchenin Deutsch ter dieserZuwanderung standenundstehen verschie sungsfreiheit inallenMitgliedsstaaten zusichert. Hin als EU-Bürger, denendaseuropäischeRecht Niederlas DSWJOURNAL4/2020 ------

Illustration: Christoph Vieweg Foto: David Ausserhofer DSW JOURNAL4/2020 39 te von 0,3Prozent. Auch wenn diese Zahlindennächs drei MillionenStudierendenentspricht dies einerQuo len eingeschrieben. BeieinerGesamtzahl von knapp wa 10.000alsStudierendeandendeutschenHochschu 2015/16 nachDeutschlandkamen, sindinzwischenet des deutschenSchulsystems„erben“. und sie andiesemPunktdieLeistungen Versäumnisse Auch dasstelltHochschulen vor Herausforderungen, da mit denschwächsten Schulleistungen ist. amhöchsten die DiskrepanzzudenNicht-Migranten denjenigen bei sind ihreBildungsaspirationen oftauffällig hoch, wobei altrige mitdeutschenElternundGroßeltern. Trotzdem Schulen weiterhin schlechter abschneidenalsGleich Deutschland verbracht haben, inden weiterführenden wanderer, diehäufig ihreKindheitundJugend in tiert. Dashat nicht zuletztdamitzutun, dassdieseZu ihrem Bevölkerungsanteil immer unterrepräsen noch nannten Gastarbeiter. Allerdings sindsieinRelation zu sind dieKinderundKindeskinderdereinstmalssoge derpopulistische bei Verkürzungen naheliegen. nicht von ungefähr andieumstrittene Autobahnmaut, bühren verlangt werden –dieseDiskrepanzerinnert den soll, solange international häufig hoheStudienge gehaltenbührenfreie deutscheHochschulsystem wer auchdabei zubeurteilen, wie offendas weitgehend ge liegt dieser Anteil wohl zehnProzent. bei Schwierig ist sondern auf Englischunterbreitet werden –mittlerweile die Frage, welche Studienangebote nicht auf Deutsch, Schul- undStudienzeugnissen. Immeröfterstelltsich diger werden damitdieFragen der Anerkennung von sende internationale Vernetzung. Administrativ aufwen sind. profitierendavon DieHochschulen durch wach kommen,ausländer“ inzwischenChinaundIndien der, aus dieser„Bildungs denendiegrößtenGruppen manchmal nurfüreinenGastaufenthalt, wobei dieLän anderen LandzumStudiumindieBundesrepublik, PassausSie kommenmiteinemnicht-deutschen einem Zahl hat sichindiesemJahrhundert nahezu verdoppelt. zwischen sogenannte internationale Studierende;ihre dungsbericht 2020: sem Thema stellen. Dazueinige Befundeaus dem Bil Schulen musssichauch derakademischeSektordie schulen, die weiterführenden unddieberuflichen schichten“ konfrontiert sind. Wie dieKitas, dieGrund einer wachsenden Vielfaltmit von„Zuwanderungsge Gemeinsam istallenBildungsinstitutionen, dasssie setzen muss. mit dersicheinLand wie Deutschlandauseinander öser undhabitueller Vielfalten isteineGegebenheit, sprachigkeit, mitden Ambivalenzen kultureller, religi den Zumutungen, auch aber PotenzialenderMehr eigenen familialenZuwanderungsgeschichte, oder mit betrachten.und Familienpolitik Aufwachsen miteiner genden Sozialstaat undeineumfassendeIntegrations- derung fürdasgesamte Bildungswesen, den vorsor •Aus derGeflüchteten, derGruppe die inden Jahren angekommen•Inzwischen andenHochschulen • Mehr alszehnProzent derStudierendensindin ------darüber mitentdarüber und Studium, die seits vonSchule gungen auch jen ve Lebensbedin einen umattrakti gen: Esgeht zum Herausforderun inDeutschland und dieHochschullandschaft vor drei Vor diesemHintergrund stehendasBildungswesen mehr alsnur Wissenserwerb geht. undihre Zukunftplanen,ne leben andenenesum andertreffen, andenenambitionierte junge Erwachse denen Menschenmit vielfältigen Herkünftenaufein reproduziert. sindzuOrtengeworden, Hochschulen an an demdieakademischeElitedesLandessichselbst Jahrhundertnem halben sindsienicht mehrderOrt, enorm gewachsenHochschulen ist. Anders als vor ei zuwanderungsbedingte Vielfalt andendeutschen Schon dieseSchlaglichter lassenerkennen, dassdie ken. gering bleiben, davon dassdie Hochschulen wenig mer ten Jahren steigen noch wird, wird siedoch vorerst so kunft sein. weitere Herausforderung derZu fürdieHochschulen Diese Wege offenzuhalten, aktiv zufördern, wird eine lichkleiten einesbiografischenBildungsaufstieges. zweiten Bildungsweges mitdennachholendenMög gen bildungswilligen Frauen galt:dieÖffnung eines der für diegroßeGruppe undderjun Arbeiterkinder genommen heutzutage das, was inden1970er-Jahren möglichkeiten. Sie Mehrnoch: vollziehen imGrunde nerfamilialen Vorerfahrungen undUnterstützungs schulwesens erfüllenkann. Oftfehlenihnendiein bar nicht ohne Weiteres die Anforderungen desHoch auch diezweite Generation derZugewanderten offen länder mitMigrationshintergrund erkennbar, dass hinausDarüber derBildungsin wird fürdieGruppe und Risiken. falls erhöhensichimMoment dieUngewissheiten den Hürdefürinternationale Mobilität führt. Jeden Corona-Pandemie zueinerZäsurundbleiben rufliche Zukunftzusuchen. Es wirdsichzeigen, obdie land zukommen, hierihrebe hierzustudierenoder aus dem Ausland erlauben, weiterhin nachDeutsch Schwierigste –umdieBedingungen, dieesMenschen ten. Undesgeht schließlich–unddasistaktuell in weiterhinFachkräften wachsenden Arbeitsmärk zum anderenumdasPotenzialanhochqualifizierten Deutschlandentscheidet.bensmittelpunkt Esgeht bilen Bildungsgewinner füreinenlängerfristigen Le dermo die Gruppe scheiden, obsich www.dji.de München und seit2002DirektordesDeutschenJugendinstituts (DJI)in Prof. Dr. ThomasRauschenbach, 68, istErziehungswissenschaftler DER AUTOR ------mit einerVielfalt von Zuwanderungsgeschichten Alle Bildungsinstitutionen sindkonfrontiert ------PERSPEKTIVE 13 FRAGEN

EINE MERKWÜRDIGE WELT Foto: Thomas Rosenthal DSW JOURNAL4/2020 41 Vorsitzende desWissenschaftsrats DOROTHEA WAGNER persönliche Begegnungpersönliche derPräsenzlehrezurückwün Ich denke, dass vieles bleiben wird –sosehrichmirdie haben. wir wieder einSemestermit Videokonferenzen vor uns Gut! Einbisschendeprimiertbinichallerdings, dass Frau Wagner? sen da noch sen danoch viel ausprobieren. Auf jedenFall wird die keinerzuverlässigDas kannnoch vorhersagen. Wir müs schwindigkeit abgespult –undesmir auch erzählt. noch führung indietheoretischeInformatik in1,5facherGe auch schneller. Ein vorwitziger Student hat meine Ein schauen, unterbrechen, langsamerlaufen lassen–oder Die hätte viele Vorteile. Mankanndas Video mehrmals man immerermöglichen. diskutieren: ineinemLive-Format. Interaktion muss den –umsiedanngemeinsam mitden Studierendenzu vorher aufnehmen fertige Lehreinheiten undsie versen eine Vorlesung digitalzuorganisieren, dann würde ich Ich bindakeineExpertin. Wenn ichgezwungen wäre, gen soll: Welche habenSiefürmich? Tipps Präsenzuni. uns inDiskurszutreten. Dasistsichernicht der Tod der Die Studierenden werden weiter herkommen, ummit ration kennen wir das ja bereits. deo abgewickelt werden. Inderinternationalen Koope sche. Vieles unsererGremienarbeit wird künftigper Vi

4 2 6 5 3 1 Welche digitalenFormate werden bleiben? Geht die Videoschalte jemalswieder weg? Wir führen dieses Interview online. Wie gehtes Ihnen, Das wäre danneineArt„flipped university“… Wenn ichProfessor wäre, derseineLehre insNetzverle Wird dieCampus-Universität sterben? Fragen an... Fragen an... 13 13

------Es hat sichgezeigt, dass derFor wir gutdastehenbei Pandemie? der Pandemienachgedacht haben. dieUniin über wir mitForschernundHochschullehrern Wir tatsächlich haben Videos aufgenommen, indenen wirken –odereinenPodcastmachen? begonnen wurden. abschiedet, lange dietopaktuellsind –aber vor Corona Forschung undzudenPerspektiven derInformatik ver horizonte. Wir gerade haben Papierezurdatenintensiven christianfueller.com, Twitter: @ciffi Die 13Fragen stellte Christian Füller, Journalist, Buchautor undPisaversteher Kultur etwa nach Asien zuübertragen. ichhalteesfüreineIllusion,Aber unsereDatenschutz- Im Kleinen vielleicht, sozusagen alsNischenprodukt. Kreativität vertrauen. niemandem hinterherhecheln, sondernauf dieeigene bauenGoogle wir nicht mehrauf. Wir solltenohnehin Ich befürchte, derZugistabgefahren. Amazon oder supermächte USAundChina? nicht ändern! heraus, gar Leben dieihmzuflüstert:DumusstDein gleich mitundsucht sichdannganzgern eineMeinung Veränderungen akzeptieren. Dakommt nicht jeder krass. DieMenschensolleninsehrkurzerZeitriesige ist dasnicht soeinfach. Was wir erleben, ist wirklich einen OrtderfundiertenDebatte. InderÖffentlichkeit Zunächst bieten wir inder Ausbildung jungen Menschen Corona –undgegendieFalschnachrichten? nicht nurChristianDrostenunddiePolitikberater. schwung erlebt. Wir spieleninderKrise einegroßeRolle, dass die Wissenschaft ganzallgemein einengroßen Auf schung amImpfstoff gegen COVID-19. Undichfinde, Wenig? Die des Arbeit Wissenschaftsrats hat andereZeit Wissenschaftsrat? diese Zeit, Frau Wagner. Nur, warum hörtmansowenig vom schwarzen Kachelnsprechensoll. es selbstbefremdlich, wenn ichinein Auditorium von Es isteineneue, manchmalmerkwürdige Welt. Ichfinde Die Entzerrung von Raum undZeitbietetgroße Vorteile. und wirwerdenmehr verzichtenaufnicht viele können. Zahl derdigitalenLehr-Lern-Formate starkansteigen,

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8 9 7 Wo sehenSiedie Wissenschaft inDeutschlandder Und Sieals Vorsitzende? Könnten SienichtmitReden Kann Datenschutz einExportprodukt sein? Haben wirEuropäer nocheineChancegegendieDaten Was könnendieHochschulenleisten imKampf gegen Sie sind als Algorithmikerin eine Idealbesetzung für Sie sindalsAlgorithmikerineineIdealbesetzung für Was machtdas Video mitdenStudierenden? - - - - - www.wissenschaftsrat.de meinschaft (DFG). Deutschen Forschungsge der lang Vizepräsidentin davor warsiesiebenJahre schaftsrat istsieseit2015; Berlin. Mitgliedim Wissen wurde sie1992ander TU promovierte. Habilitiert Aachen, wosieauch Mathematik anderRWTH gewachsen in Trier, studierte Wagner, geborenundauf Institut für Technologie (KIT). Algorithmen amKarlsruher 2003 Professorinfür Wagner istseitdemJahr Informatikerin Dorothea ums inDeutschland. Die politischen Beratungsgremi wichtigsten wissenschafts Wissenschaftsrats, des des 2020 Vorsitzende Wagner, 63, istseitFebruar Prof. Dr. Dorothea ZUR PERSON PERSÖNLICH - - - - - POST VONPOSTLEP 42 der Protest derStudierenden? Corona-Leugnung: Wo bleibt von ihnen wird einegroße Anpassungs Aber ichdenke,Aber gerade Studierendekön Mitstudierenden undLehrenden. missen denpersönlichen Austausch mit aufDauerbelasten. Viele vonihnen ver istfordernd;siekann te Hochschullehre renden-Befragungen zeigen: Digitalisier inzwischen auch repräsentative Studie DSW-Journalsdes verdeutlichtund wie te „Corona-Studium“ indieser Ausgabe leistung erwartet. Wie die Titelgeschich DSW-PRÄSIDENT ROLF-DIETER POSTLEP FORMULIERT EINEN APPELL pien und Werte.pien sie stehenfür wissenschaftliche Prinzi nen, und praktizieren Forschung; üben und praktizieren Wissenschaft; sieerler gibt. DieStudierendenerlernen, üben Hochschulangehörigen, die esüberhaupt mäßig die weitaus größteGruppe von Siesindschonjetztzahlen übersehen: gernesenschaftskommunikation wird Und inden vielen Debatten über Wis Landes. tische, soziale, kulturelleElitedieses wissenschaftliche, wirtschaftliche,poli den BegriffmitBedacht –diekünftige sind dieStudierenden–ich verwende nigermaßen gesichert ist. Grundsätzlich Studienfinanzierung inderPandemieei nal, sozial–zumindestalljene, deren sicher erbringen, intellektuell, emotio nen diegeforderte Anpassungsleistung

E einiges abverlangt; ter 2020/2021erneut bzw. Online-Semes in diesemPandemie- Studierenden wird ausschicken: Den ines mussich vor ------liebe Studierende?« »Wo bleibtIhrProtest, Mir fehltdie weithin vernehmbare StimmederStu zipien und Werte geht? krasseste, lauteste, alldieserPrin schrillsteLeugnung ge ichmich, sindsiesostill, wenn esumdiederzeit Damit kommeichzumeinemPunkt: Warum nur, fra » [email protected] Präsident desDeutschenStudentenwerks Prof. Dr. Rolf-DieterPostlep Ihr senermaßen – warum sostill, sounsichtbar? dieklügstenKöpfeSie sinddoch diesesLandes, erwie Wissenschaft undForschung? ment derStudierendenfürdieoffene Gesellschaft, für und Studierendengetragen – wo bleibtdasEngage „Fridays forFuture“ wird von Schülerinnen, Schülern test, Studierende? liebe hin hörbarunderkennbarist?Kurz: Wo bleibtIhrPro sierter, gerne digitalerstudentischer Protest, der weit trieren – warum formiertsichda nicht klugorgani Feinden, Rechtsextremen und Wirrköpfen demons- und-Leugnern,Corona-Leugnerinnen Wissenschafts- Wenn inBerlin, Leipzig, StuttgartZehntausende von Relevanz vonschaftliche Wissenschaft. den Wertinnerlichen: von Wissenschaft,gesell die der Studierendenfürdas, was sietäglichtunund ver Mir fehltdassichtbare, laute undmassive Eintreten Leugnenund offeneswissenschaftlicherFakten geht. schaft,gegen wennes Wissenschafts-Feindlichkeit dierenden, wenn esumdie Verteidigung der Wissen

DSWJOURNAL4/2020 ------

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