Ligerz, Chlyne Twann 7 Und Twann, Chlyne Twann 20 : Zwei Charakteristische Beispiele Für Den Hausbau in Rebdörfern Am Westufer Des Bielersees
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Ligerz, Chlyne Twann 7 und Twann, Chlyne Twann 20 : zwei charakteristische Beispiele für den Hausbau in Rebdörfern am Westufer des Bielersees Autor(en): Herrmann, Volker / König, Katharina Objekttyp: Article Zeitschrift: Archäologie Bern : Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern = Archéologie bernoise : annuaire du Service archéologique du canton de Berne Band (Jahr): - (2015) PDF erstellt am: 26.09.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-726515 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. 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Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch 78 ARCHÄOLOGIE BERN / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2015 Ligerz, Chlyne Twann 7 und Twann, Chlyne Twann 20 Zwei charakteristische Beispiele für den Hausbau in Rebdörfern am Westufer des Bielersees VOLKER HERRMANN UND KATHARINA KÖNIG Aus den Rebsiedlungen am Westufer des Bie- schiede und Gemeinsamkeiten der beiden Bau- lersees liegen im Unterschied zu den Dörfern typen herausarbeiten. am Neuenburgersee bislang kaum Ergebnisse Das Engelhaus, Chlyne Twann 20, war von wissenschaftlicher Untersuchungen zum his- Samuel Frisching, einem einflussreichen Ber- torischen Hausbestand vor. Umso grössere Be- ner Bürger, zwischen 1668 und 1670 errichtet deutung kommt den beiden hier vorgestellten worden. Das Rebhaus Chlyne Twann 7 ist etwa Häusern in Chlyne Twann zu. Ihre Bauge- 100 Jahre älter und bezieht die Gebäudestruk- schichte konnte in den vergangenen zwei Jahren turen von Vorgängerbauten mit ein. Beide Lie- im Rahmen von Umbau- und Sanierungsmass- genschaften befinden sich im Dorfbereich von nahmen näher beleuchtet werden. Die Unter- Chlyne Twann, gehören aber zu zwei unter- suchungen wurden gemeinschaftlich vom Ar- schiedlichen Gemeinden. Haus Chlyne Twann 7 chäologischen Dienst des Kantons Bern und der liegt westlich des Twannbachs und ist damit der Kantonalen Denkmalpflege durchgeführt. Hin- Gemeinde Ligerz zugeordnet. Das Engelhaus ist sichtlich ihrer ursprünglichen Funktion folgen hingegen Teil der Gemeinde Twann. die beiden Häuser unterschiedlichen Gebäu- detypen. Während das Haus Chlyne Twann 7 Haus Chlyne Twann 7 den ständig bewohnten Rebhäusern zugeord- Das Haus setzt sich aus mehreren im Laufe der net werden kann, handelt es sich beim söge- Zeit an- und umgebauten Gebäudeteilen zusam- nannten Engelhaus, Chlyne Twann 20, um ein men (Abb. 1). Die Anfänge sind von bauarchäo- Herbsthaus, das nur während der Weinlese be- logischer Seite nicht sicher einzuschätzen. Der wohnt war. Am Baubestand lassen sich Unter- im Grundriss trapezförmige Kernbau könnte Abb. 1: Ligerz, Chlyne Twann 7. Südfassade. Das Haus wurde im Laufe der Zeit stetig erweitert. Deutlich stechen die nach Süden vorspringende Er- Weiterung und der nach- träglich angebaute Hoch- eingang ins Auge. Die jüngste Erweiterung nach Westen zeichnet sich durch die abgesetzten Fenster am linken Rand ab. Blick nach Nord- westen. LIGERZ, CHLYNE TWANN 7 UND TWANN, CHLYNE TWANN 20 KURZBERICHTE 79 Abb. 2: Ligerz, Chlyne Twann 7. Grundriss des ersten Obergeschosses. Mit dem satten Rot ist der mögliche Kernbau, mit dem hellen Rot die östliche Hausparzelle gekenn- zeichnet. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun- derts zählten diese Teile zur gleichen Liegenschaft. Die südseitige Erweiterung des Saales (dunkelblau), die Unterteilung der Innen- räume (hellblau) und die westseitige Erweiterung (grün) sind jüngere Ver- änderungen. Rot-blau schraffiert sind die Hang- Stützmauer und der rück- wärtige Keller, die beide wohl zum Ursprungsbau zählen, aber auch erst in Phase Blau angelegt worden sein könnten. M. 1:200. auf ein spätmittelalterliches Rebgut zurückge- Das erste Obergeschoss wurde im östli- hen, das als Schenkung in die Hände einer in chen Bereich zu Wohnzwecken genutzt. Auf der Stadt Bern ansässigen Beginengemeinschaft der Strassenseite weisen aufwendig gearbeitete gelangte (Abb. 2). Die zugehörige Wiese west- Reihenfenster auf eine Stube und eine Kammer lieh des Hauses ist bis Ende des 19. Jahrhunderts hin. Auf der Rückseite lag vermutlich die Küche. auf Flurplänen mit den Begriffen «Bégine» oder Der westliche Abschnitt unterscheidet sich da- «Les Béguienes» bezeichnet. von deutlich. Hier ist ursprünglich ein ungeteil- Bauhistorisch fassbar wird das Haus erst in ter Saal anzunehmen. Der mit etwa 40 rrP Fläche der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Zu die- ser Zeit ist der trapezförmige Kernbau bereits Abb. 3: Ligerz, Chlyne um eine östlich daran anschliessende Hauspar- Twann 7. Dachgeschoss. Der wurde zelle erweitert worden (Abb. 2; Phase Hellrot). Aufzugsgiebel zusammen mit dem Die trennende Brandwand und unterschiedli- Dachstuhl gebaut. Links che Bodenniveaus der zwei Hausteile sind im im Bild ist die originale Baubestand erhalten. Ein einheitlicher hegen- Winde zu sehen, mit deren der Dachstuhl überspannt beide Hausteile. Der Hilfe die Lasten unters Dach befördert werden. noch Aufzugsgiebel mit einer funktionstüchtige Blick nach Südosten. zugehörigen Winde macht das Dachgeschoss als Lagerraum nutzbar (Abb. 3). Im Erdgeschoss befindet sich unter dem tra- pezförmigen Kernbau ein grosser Kellerraum, der von der Strasse aus durch ein zweiflügeli- ges Rundportal betreten wird (Abb. 6). Auf der Westseite besteht ein zweiter Zugang mit einem für die Spätgotik typischen Kalksteingewände (Abb. 4). Im modern ausgestatteten Raum steht zentral ein mächtiger Holzständer. In den öst- lieh anschliessenden Kellerräumen waren ver- mutlich Fässer aufgestellt, in denen die Gärung und Lagerung des Weines erfolgte. 80 ARCHÄOLOGIE BERN / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2015 grosszügig bemessene Raum konnte während allen Hausteilen noch in beachtlichem Masse er- der Weinlese als Speisesaal der Arbeiterschaft halten. Besonders eindrucksvoll ist der Bestand und nach Abschluss der Ernte als Festsaal ge- im östlichen Teil des zweiten Obergeschosses. nutzt werden. Die Türen und die fischgrätförmig verlegten Das zweite Obergeschoss war von Beginn Schiebbodendecken sind in Stube und Kammer an durch einen Mittelgang geteilt. Sowohl west- mit zeittypischen Kammzugverzierungen verse- lieh als auch östlich davon waren Wohnräume hen (Abb. 5). Die Türschlösser und -beschläge untergebracht. Hervorgehoben sind strassensei- sind aufwendig gearbeitet. tig die Räume der Ostseite. Die ähnlich wie im In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ersten Obergeschoss gestalteten Reihenfenster wurde der Treppenturm abgebrochen und das gehören zu einer Stube und einer lang gestreck- Haus nach Süden erweitert (Abb. 2, Phase Dun- ten Kammer. kelblau). Frühestens zu diesem Zeitpunkt ent- Auffällig ist die Erschliessung des Gebäu- stand der heutige Treppenaufgang an der Süd- des. Von Beginn an boten sich mehrere Zu- fassade als Haupterschliessung. Über dem gangsmöglichkeiten. Auf der nördlichen Reb- neuen Kellerraum auf der Strassenseite (Abb. 6) Abb. 4: Ligerz, Chlyne hangseite bestand im ersten Obergeschoss ein wurde der Saal im ersten Obergeschoss auf über Twann 7. Erdgeschoss. ebenerdiger Zugang vom Innenhof aus. Im 56 m* vergrössert. Im zweiten Obergeschoss Der westseitige Keller- zweiten Obergeschoss konnte das Haus von der nutzte man den zusätzlichen Raum als Erwei- Zugang. Das Türgewände Rückseite über eine Brücke der Wohnräume. besteht aus Jurakalkstein, direkt vom Hang terung Der Dachstuhl musste der Türsturz ist mit einem aus betreten werden. Auf der Westseite ist eine mit einigen Aufschieblingen auf der Südseite er- Eselsrücken hervorgeho- Laube mit einem Zugangsportal zu den westli- gänzt werden. ben. Die seitlich herunter- chen Räumen anzunehmen. Im Süden ist zu- Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gezogene Fase endet je- sätzlich ein rekonstruieren, veränderte sich die Grundstruktur des ersten weils in einem schrägen Treppenturm zu Abwurf. Blick nach Osten. über den von der Strasse aus die Wohngeschosse Obergeschosses nachhaltig. Der grosse Saal erschlossen waren. wurde nun zugunsten kleinerer Innenräume Besondere Beachtung verdient die Ausstat- aufgegeben und durch einen Mittelgang vom tung der Räume des 16. Jahrhunderts. Sie ist in östlichen Hausteil getrennt (Abb. 2, Phase Hell- blau). Dem Zeitgeschmack folgend, wurde ein Abb. 5: Ligerz, Chlyne neuer Wohnraum mit Grisaillemalerei ausge- Twann 7. Zweites Ober- staltet. Eine letzte Erweiterung erfuhr das Haus geschoss. Die Decke im im 19. Jahrhundert, als im Westen anstelle der östlichen Saal wurde mit Laube bis hinauf Dach ein fischgrätförmig