Vermessung des Bielersees – spannende Blicke unter Wasser

Christoph Iseli, Giovanni de Cesare

metrische Vermessung die nötige Grund- Zusammenfassung lage fehlt, um die langfristigen morphologi- Das Projekt einer genauen Vermessung des Bielersees ist abgeschlossen. Erstmals schen Prozesse verstehen zu können. Und wurde für den Seegrund ein neues, detailliertes Geländemodell erstellt und daraus es fehlt auch eine wichtige Grundlage, um eine Tiefenkarte geschaffen. Das Resultat liefert Antworten auf verschiedene Fragen, angepasste Strategien und Massnahmen welche die sieben beteiligten Auftraggeber aus unterschiedlichsten Fachrichtungen in zum Schutz vor Erosion oder zur ökolo- einem gemeinsamen Projekt formulierten. So liefert die Tiefenkarte zum Beispiel wich- gischen Aufwertung der Ufer entwickeln tige Aufschlüsse über Hangrutschungen und dadurch verursachte Wassertrübungen zu können. Neben wasserbaulichen und oder Informationen zum Sedimenteintrag durch die und zu den anschliessenden,­ ökologischen bestehen zudem noch wei- strömungsbedingten Sedimentverlagerungen. Sie liefert je nach Fragestellung ver- tere Interessen an einer solchen Grundlage schiedene Erklärungen und erlaubt ganz generell einen interessanten Blick auf die (z. B. Trinkwasserversorgung, Archäolo- morphologischen Phänomene und Prozesse am Boden des Sees. gie, Hydrologie, Forschung). Mit den heutigen Technologien ist 1. Ausgangslage zehnte alten Erhebungen, welche zudem es möglich, eine Seegrundvermessung Von den meisten Seen der Schweiz fehlt relativ ungenau sind. Seitdem der natur- in höchster Genauigkeit mit vertretba- eine genaue topografische Vermessung nahe Wasserbau an Seeufern in verschie- rem Aufwand durchzuführen. Seit 2007 des Seegrundes und der Flachwasserzo- denen Fachkreisen als Thema diskutiert wurden mit Unterstützung von swiss­ nen. Die bestehenden bathymetrischen wird, wurde verschiedentlich darauf auf- topo, dem Bundesamt für Umwelt, dem Grundlagen basieren auf mehrere Jahr- merksam gemacht, dass ohne eine bathy- VBS, verschiedenen Kantonen und dem

Bild 1. Bathymetrische Karte des Bielersees. Die Farbtöne stellen die verschiedenen Tiefen dar.

«Wasser Energie Luft» – 111. Jahrgang, 2019, Heft 1, CH-5401 Baden 23 Schweizerischen Nationalfonds auf meh- vom 24. Januar 1991 sind Bund und Kan- Aufnahme einige Jahre später wiederholt, reren Seen in der Schweiz Messkampag- tone verpflichtet, die Öffentlichkeit über können­ ­Veränderungen des Seebodens nen durchgeführt, in welchen moderne, den Gewässerzustand und den Gewäs- dokumentiert und quantifiziert werden, hochauflösende bathymetrische Metho- serschutz zu informieren. Da dies umfas- beispielsweise in Deltabereichen, wo Se- den angewandt wurden. Diese Messun- sende Kenntnisse über die Gewässer und dimente abgelagert werden, oder in Ufer- gen wurden durch die Eawag und die Uni- die hydrologischen wie auch ökologischen bereichen, die durch Erosion geprägt sind. versität durchgeführt. Die Daten sind Zusammenhänge erfordert, sind die Auf- Initiiert wurde das Projekt durch auf dem Geoportal des Bundes einsehbar. gaben von Bund und Kantonen zur Grund- den Energie Service Biel, ESB. Der regio­ Für die hochauflösende Vermes- lagenbeschaffung im GSchG aufgeführt nale Wasserversorger suchte neue Er- sung kommen zwei unterschiedliche (2. Kapitel, Grundlagenbeschaffung). kenntnisse über Seebodenrutschungen, Techniken zur Anwendung. Für den tiefen Mit der bathymetrischen Vermes- insbesondere zwischen dem Aare-Hag­ Bereich des Sees ein auf ein Boot montier- sung des Bielersees wurde eine Grund- neck-Kanal und dem -Büren-Kanal, tes Fächerecholot und für die Flachwas- lage für aktuelle und zukünftige Erhe- welche Trübungen verursachen, die für serzone Lasermessungen aus der Luft von bungen und Fragestellungen geschaf- die Seewasseraufbereitung relevant sein einem Kleinflugzeug aus. Die beiden resul- fen. Die Daten können beispielsweise im können. Hinzu kam, dass das Seewasser- tierenden Datensätze müssen schliesslich Hinblick auf Naturgefahren interpretiert werk erneuert werden muss, und es des- ausgewertet und miteinander verrechnet werden. Im Weiteren können z. B. Revi- halb galt, einen möglichst idealen Standort werden, um eine genaue und zeitgemäs­se talisierungsmassnahmen besser geplant für die neue Seewasserfassung zu finden. Aufnahme des gesamten Sees zu erhalten. werden. Zudem dienen die Daten der Der ESB beschloss deshalb, die Tief- Gemäss Gewässerschutzgesetz (GSchG) Schifffahrt oder der Archäologie. Wird die wasserzone im Seebecken zwischen der St- Peters-Insel und Biel zu vermessen. Das Landschaftswerk Biel-See- land wurde auf dieses Vorhaben aufmerk- sam und kontaktierte weitere an einer ba- thymetrischen Vermessung interessierte Partner mit dem Ziel, ein Projekt für den gesamten See zu lancieren. Ende 2014 waren die Partner hinter dem gemeinsa- men Projekt versammelt und die Finan- zierung durch folgende Institutionen ge- sichert: • Bundesamt für Umwelt, BAFU • Bundesamt für Landestopografie, swisstopo • Renaturierungsfonds des Kantons Bern, RenF • Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern, AWA • Archäologischer Dienst des Kantons Bern, ADB • Energie Service Biel, ESB • Verein für Ingenieurbiologie, VIB

2. Fragestellungen

2.1 Aus Sicht des Wasserbaus und der Ökologie Solange eine zuverlässige und wiederhol- bare bathymetrische Aufnahme fehlt, sind auch durch aktuelle, z. B. projektbezo- gene Aufnahmen kaum Rückschlüsse auf die morphologischen Prozesse möglich, und so lange bleiben diese unbekannt. Mit einer bathymetrischen Vermessung steht eine Zustandsaufnahme zur Verfügung, welche zukünftige Vergleichsmessungen ermöglicht. Kenntnisse über Verlandungs- und Erosionsprozesse (Wo finden welche Pro- Bild 2. In der Flachwasserzone (grau und hellrosa) zwischen dem Aaredelta Hagneck zesse statt? Wie schnell laufen sie ab? Wie und Ipsach interessiert die Dynamik des uferparallelen Transports der Feinsedimente verändern sie sich im Laufe der Zeit?) sind aus dem Zufluss der Aare. eine Voraussetzung dafür, zielgerichtete

24 «Wasser Energie Luft» – 111. Jahrgang, 2019, Heft 1, CH-5401 Baden Schutzstrategien und optimierte Mass- 3. Projektziele 4. Methode nahmen zu entwickeln. Gerade im Hinblick und -organisation Grundlage für das Geländemodell und auf die durch das Gewässerschutzgesetz die Karte waren zwei Datensätze aus je (GSchG) und die strategische Planung ge- 3.1 Projektziele einer Echolot- und einer LIDAR-Vermes- förderte Revitalisierung von Seeufern sind • Mit dem Projekt sollte eine Grundlage sung, bei der mit Laserstrahlen gearbeitet diese Kenntnisse von grundlegender Be- zur Bearbeitung einer Vielzahl von Fra- wird. Die beiden Datensätze wurden an- deutung, dienen doch Geländemodelle als gestellungen verschiedener Akteure schliessend miteinander kombiniert, und Grundlage für die Projektierung und für die im Zusammenhang mit dem Bielersee aus den bereinigten Rohdaten wurde ein numerische Modellierung von Uferschutz- geschaffen werden. 1 × 1-m-Raster erstellt, aus dem schliess- oder Revitalisierungsmassnahmen. • Durch den Einsatz von neuen Techno- lich der Geodatensatz BATHYBIE gene- Kenntnisse der Morphologie (Form logien zur Datenerfassung sollte das riert werden konnte. Die Darstellung die- und Tiefenlage der Haldenkante, Form Wissen über die Bathymetrie des Bie- ses Datensatzes ist unter der Bezeichnung und Richtung der Dünung in der Flach- lersees und die im See ablaufenden «Tiefenkarte Bielersee» auf dem Geopor- wasserzone, Vorkommen von Kliffen Prozesse erhöht werden. tal des Kantons Bern aufgeschaltet (www. usw.), kombiniert mit einem verbesser- geo.apps.be.ch > Karten > Tiefenkarte ten Prozessverständnis, ermöglichen 3.2 Projektorganisation Bielersee). es aber auch, bereits aufgrund des mor- Das Projekt gliederte sich in zwei Teil- Die Echolotaufnahmen wurden von phologischen Zustands Aussagen über projekte. Die Unterteilung in die beiden Mitarbeitenden des Instituts für Geologie die morphologische Dynamik machen zu Teilprojekte erfolgte in Abhängigkeit der der Universität Bern im März 2015 mit können. So kann z. B. die Tiefenlage der Wassertiefe und der daraus resultierenden einem Fächerecholot durchgeführt. Die LI- Haldenkante unter Berücksichtigung der Methode zur Datenerfassung. Je nach Teil- DAR-Daten für die Flachwasserzone wur- Beschaffenheit des Untergrundes eine zu- projekt waren unterschiedliche Projekt- den von der Firma Airborne HydroMapping verlässige Grundlage bilden, auf welcher partner beteiligt, für welche unterschiedli- AHM GmbH, Innsbruck, erhoben und aus- eine einfache Abschätzung des Wellenkli- che Fragestellungen im Vordergrund stan- gewertet. Der Vermessungsflug fand am mas resp. der Wellenbelastung am jewei- den. Das Teilprojekt Tiefenwasserbereich 6. Januar 2016 statt. Details zu beiden Er- ligen Uferabschnitt möglich ist. wurde durch Alfred Johny Wüest (eawag) hebungen finden sich im technischen Be- und Flavio Anselmetti (Universität Bern) richt, der ebenfalls auf dem Geoportal des 2.2 Aus Sicht der Archäologie koordiniert. Die Gesamtkoordination der Kantons Bern abrufbar ist (www.geo.apps. Von den im Bielersee vorkommenden ar- beiden Teilprojekte sowie die die Koordi- be.ch > Geodaten > Geoprodukte > Bathy- chäologischen Fundstellen sind seit 2011 nation des Teilprojekts Flachwasserbe- metrie Bielersee). fünf als UNESCO-Welterbe-Stätten einge- reich wurde vom Landschaftswerk Biel- Das Zusammenführen der beiden stuft. Die Welterbekonvention verpflichtet Seeland übernommen. Das Landschafts- Datensätze erledigte die AHM GmbH mit die Vertragsstaaten zum Schutz und zum werk setzt sich seit Längerem aktiv für den Unterstützung durch die Universität Bern Erhalt der Stätten. Im Managementplan Schutz der Bielerseeufer und den natur- und swisstopo. Die Projektleitung lag bei der Eidgenossenschaft ist hierzu unter an- nahen Wasserbau ein und beteiligt sich in Prof. Dr. Flavio Anselmetti, Universität derem ein Monitoring der schweizerischen diesem Zusammenhang an angewandten Bern. Die administrative Projektleitung und Unesco-Fundstellen vorgesehen. Die ba- Forschungsprojekten. die Koordination der Projektpartner über- thymetrische Aufnahme des Bielersees mit hoher Genauigkeit liefert für diese Aufgabe eine wichtige Grundlage.

2.3 Aus Sicht der Trinkwasser- versorgung Aus Sicht des Energie Service Biel, ESB, sind Erkenntnisse über Rutschungen, ins- besondere zwischen dem Aare-Hagneck- Kanal und dem Nidau-Büren-Kanal von Interesse. Ende 2009 / Anfang 2010 führ- ten Trübungen des Wassers zur Abschal- tung der Trinkwasserentnahme aus dem Bielersee. Im Hinblick auf die Erneuerung des Seewasserwerks mussten die Gründe für die Trübung untersucht und der ideale Standort der Seewasserfassung evalu- iert werden, um einen ähnlichen Vorfall zu vermeiden. Die Bathymetrie ergab Auf- schlüsse zu den unterseeischen Hangrut- schungen, welche die Trübung verursacht hatten. In Kombination mit einer weiteren Bild 3. Im Ausschnitt der Flachwasserzone bei Gerolfingen ist die Haldenkante auf der Studie der eawag, welche die Strömungs- Höhenlinie von ca. 424 m ü. M. gut sichtbar. Weiter landwärts befindet sich ein Kliff von verhältnisse untersuchte, konnte der ide- rund 2 m Höhe. Gut sichtbar sind auch die Dünen, welche auf eine aktive wellen- und ale Standort evaluiert werden. strömungsbedingte Sedimentdynamik hinweisen.

«Wasser Energie Luft» – 111. Jahrgang, 2019, Heft 1, CH-5401 Baden 25 nahm das Landschaftswerk Biel-Seeland Seegrund, der unterhalb der Reichweite die morphologische Anpassung – sprich die unter dem Patronat des Vereins für Inge- der Wellenerosion liegt. Die Haldenkante Erosion – der Flachwasserzone infolge der nieurbiologie. verläuft also entlang der Kote der tiefsten Seespiegelsenkung von rund 2.5 m durch möglichen Einwirkung der Wellenbewe- die erste Juragewässerkorrektion Ende des 5. Resultate gung. Die Tiefenlage der Kante ist dem- 19. Jahrhunderts noch nicht abgeschlos- Die Resultate der Vermessung überra- nach abhängig von der Beschaffenheit des sen ist. Gleichzeitig liegt der Schluss nahe, schen mit einer enormen Detailfülle und Untergrundes und der Wellenexposition. dass es sich beim Sedimentkörper zwi- geben interessante Einblicke in die mit Unter der Annahme, der Unter- schen Kliffkante und Seeufer zumindest dem Seegrund verbundenen Prozesse. grund am ganzen Südufer des Bielersees oberflächlich um «junges» Material aus So liefern die Daten aus der Flachwas- sei ähnlich beschaffen, müsste die Tiefen- dem Zufluss der Aare handelt, welches als serzone wertvolle Informationen über lage der Haldenkante deshalb in Relation Sedimentstrom vom Aaredelta uferparallel die morphologische Dynamik durch zum Wellenklima am jeweiligen Standort in Richtung Ipsach wandert und die Fest- Sediment­umlagerungen und dienen der stehen. Eine einfache Überprüfung dieser stoffbilanz der gesamten Flachwasserzone Beurteilung von wasserbaulichen Mass- Hypothese mit Daten aus dem Wellenat- positiv beeinflusst sowie den Anpassungs- nahmen und der Planung von Revitalisie- las des Bielersees (www.swisslakes.net) prozess verlangsamt. rungsvorhaben. Auch für die Archäologie ergibt, dass die Wassertiefe bei der Hal- und die Schifffahrt sind die neuen Daten denkante tatsächlich ungefähr der hal- 5.1 Periodische Hangrutsche wertvoll. So wurden sie bereits zur Model- ben Länge der signifikanten Welle eines unter Wasser lierung für die Evaluation möglicher Ero- häufigen Windereignisses am jeweiligen Diese Vermutung wird auch durch ein sionsschutzmassnahmen der UNESCO- Standort entspricht. Sie beträgt an den von Bild 4 dokumentiertes Phänomen ge- Welterbe-Stätte «Sutz Rütte» genutzt. südwestlichen Enden des Sees in stützt. Durch die allmähliche Verengung Weiter dienten sie zur Abschätzung der rund 3.5 m und in Erlach 4.5 m. Gegen der Flachwasserzone gegen Ipsach im Sedimentverlagerungen in der Flachwas- Nordosten nimmt sie mit zunehmender Nordosten wird das Sediment über die Hal- serzone in Täuffelen und zur Konzeption Wellenexposition der Hauptwindrichtung denkante hinaus gegen das Tiefenwasser vor Revitalisierungsmassnahmen im Ufer- zu und beträgt in Gerolfingen 5.5 m und geleitet, wo es sich an der Halde ablagert. bereich von Gals. Auch die Daten aus der in Sutz 6 m. Aufgrund der labilen Schichtung ereignen Tiefwasserzone dokumentieren bisher Interessant in diesem Zusammen- sich dort periodisch Hangrutsche, welche unbekannte Strukturen und Prozesse und hang ist nun die auf der neuen Tiefenkarte auf der bathymetrischen Karte gut erkenn- ermöglichen neue Erkenntnisse für den erkennbare Kliffkante, die sich in einem bar sind. Zusammenfassend kann gesagt Gewässerschutz. weit geschwungenen doppelten S auf der werden: Ohne Nachschub von Sedimen- Bekannt ist, dass die Flachwas- Flachwasserzone zwischen Hagneck und ten aus dem Aaredelta wäre die Erosion der serzone vom Aaredelta Hagneck bis nach Ipsach abzeichnet (vgl. Bilder 2 und 3). Die Flachwasserzone zwischen Hagneck und Ipsach (Bild 2) durch die Erosionskraft der Böschungsoberkante des Kliffs liegt auf Ipsach heute viel weiter fortgeschritten. Wellen geformt wurde. Gegen die Seemitte rund 427 m ü. M., was einer Wassertiefe Aus dieser These ergeben sich ver- wird die Flachwasserzone durch die Hal- von etwa 2.5 m entspricht. Sie liegt damit schiedene Fragen zur Nachhaltigkeit des denkante begrenzt. Sie markiert den Über- wesentlich höher als die Haldenkante. Es Sedimentnachschubs respektive zu den gang vom flachen zum steil abfallenden kann deshalb vermutet werden, dass hier möglichen Auswirkungen von baulichen Eingriffen auf den Sedimenthaushalt. So hat sich zum Beispiel durch die Verlegung der Turbinen des Kraftwerks Hagneck vom alten Kraftwerkskanal in den Hauptkanal das Abflussregime geändert. Der Delta- bereich vor dem alten Unterwasserkanal wird künftig nur noch geringfügig mit Se- dimenten alimentiert. Ob dies längerfristig Auswirkungen auf die Feststoffbilanz der Flachwasserzone nördlich des Deltas hat, werden erst künftige Vergleichsmessun- gen zeigen. Negative Folgen können aber nicht ausgeschlossen werden. Auch ein weiteres Beispiel deutet darauf hin, dass Beeinträchtigungen des Sedimenttransports längerfristig nega- tive Folgen haben können. Vor gut zwan- zig Jahren wurde beim Bau des Hafens in Ips­ach eine neue Mole gebaut, welche bis direkt an die Haldenkante reicht. Damit wurde der uferparallele Sedimenttransport Bild 4. Gegen Ipsach wird die Flachwasserzone allmählich schmaler. Das uferparallel vollends unterbrochen. Die bathymetri- transportierte Sediment wird gegen die Seemitte abgelenkt und lagert sich an der sche Karte 2016 zeigt, dass die Flachwas- Halde in einem unstabilen Schüttkegel an. Periodisch ereignen sich Hangrutsche – der serzone im Strömungslee nordöstlich des letzte 2010, ausgelöst wahrscheinlich durch einen Erdstoss (Nathalie Dubois, Eawag). Hafens auf einer Länge von 200 m rund

26 «Wasser Energie Luft» – 111. Jahrgang, 2019, Heft 1, CH-5401 Baden einen Meter tiefer liegt als südwestlich des Hafens. Dies deutet auf eine fortschrei- tende Erosion hin, welche wahrschein- lich durch den Bau des Hafens ausgelöst wurde. Der Sedimenttransport kann aber auch positiv beeinflusst werden, wie ein Beispiel in Gals zeigt. Dort wurden im Rahmen eines Revitalisierungsprojekts mehrere Wellenbrecher erstellt, welche eine Ablagerung der Sedimente zwischen den Wellenbrechern und dem Seeufer be- wirkten. Dadurch wurde eine Verlandungs- dynamik initiiert, welche zur Entwicklung einer neuen Röhrichtzone führte. Gerade im Hinblick auf die durch die Revision des Gewässerschutzgesetzes geförderten Revitalisierungen werden Massnahmen, welche eine «positive» morphologische Dynamik bewirken, von grosser Bedeu- tung. Entsprechend wichtig sind Kennt- Bild 5. Die Hafenmole in Ipsach lenkt den uferparallelen Sedimenttransport über die nisse über Zustand und Entwicklung der Haldenkante gegen das Tiefenwasser. Dadurch entsteht nordöstlich des Hafens ein Bathymetrie. Feststoffdefizit, welches längerfristig zu einer Absenkung des Seegrundes führt, Mehrere Hangrutsche sind auch sichtbar an der Höhenlinie 427 m ü. M., welche sich gegen das Ufer verschiebt. am Nordufer des Bielersees zu beob- achten. Wie der Rutsch bei St-Joux in La Neuveville sind die meisten dieser Vorfälle wahrscheinlich durch Bauarbeiten – meist Seeaufschüttungen – ausgelöst worden, zum Beispiel bei der ARA in , beim Hafen Wingreis oder entlang der A5/SBB- Doppelspur vor Tüscherz und Alfermée.

6. Fazit Mit der neuen bathymetrischen Karte des Bielersees lassen sich bereits heute wert- volle Erkenntnisse über die morphologi- schen Prozesse gewinnen. Zudem bildet sie eine wichtige Grundlage für die Pla- nung und die numerische Modellierung von wasserbaulichen Massnahmen und Revitalisierungsprojekten. Interessant wer­den zukünftige Vergleichsmessungen sein, mit welchen die morphologischen Veränderungen auch quantitativ erfasst Bild 6. Hangrutsche können auch durch Baumassnahmen ausgelöst werden, wie werden können. dieser in La Neuveville wahrscheinlich durch die Aufschüttung des Ufers bis an die Haldenkante. Quellen • Alle Bilder: Bathymetrie Bielersee © Amt für Auf Grund der sehr grossen Datenmenge Literatur Wasser und Abfall des Kantons Bern stehen diese Daten nicht als Download zur Amini, A., Dhont, B., Heller, P. (2017): Wave atlas • Die Karte ist im Geoportal des Kantons Bern Verfügung. for Swiss lakes: modeling design waves in moun- unter www.geo.apps.be.ch > Karten > Tie- • Im Wellenatlas (www.swisslakes.net) kön- tainous lakes, Journal of Applied Water Engi- fenkarte Bielersee abrufbar. nen für jeden beliebigen Standort die Wel- neering and Research, Volume 5, 2017 – Issue 2, • Technischer Bericht und Download der lenhöhen für die verschiedenen Windrich- 103–113, doi: 0.1080/23249676.2016.1171733 Karte unter www.geo.apps.be.ch > Geoda- tungen und Windereignisse (Wiederkehrpe- De Cesare, G. (2014): Les rives lacustres et le ten > Geoprodukte > Bathymetrie Bielersee rioden zwei, 20 und 50 Jahre) abgerufen génie biologique, Ingenieurbiologie/Génie bio- • Die LIDAR-Daten sind beim Amt für Was- werden. Nach einer kürzlich erfolgten Über- logique, Heft 4/2014, 5–12. ser und Abfall, AWA, des Kantons Bern auf arbeitung sind neu auch die Wellenperioden Fabbri, S.C., Herwegh, M., Horstmeyer, H., dem Server gespeichert. Auf Anfrage kön- und Wellenlängen abrufbar. Hilbe, M., Hübscher, C., Merz, K., Schlunegger, nen diese Daten und der entsprechende • Weitere Tiefenkarten von Schweizer Seen F., Schmelzbach, C., Weiss, B., Anselmetti, F.S. Viewer beim Gewässer- und Bodenschutz- sind auf dem Geoportal von swisstopo (2017): Combining amphibious geomorphology labor des AWA persönlich bezogen werden. einsehbar: https://map.geo.admin.ch/ with subsurface geophysical and geological

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