Ausg. Nr. 133 • 4. August 2014 Unparteiisches, unabhängiges Monats- magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf-Formaten http://www.oesterreichjournal.at Juncker ist neuer EU- Kommissionspräsident

Das Europäische Parlament hat Jean-Claude Juncker am 15. Juli mit einer starken Mehrheit von 422 Stimmen zum neuen Präsidenten der Europäischen Kommission gewählt. © 2014 European Parliament

Jean-Claude Juncker ist der erste demokratisch gewählte Präsident der EU-Kommission.

or der Abstimmung im Plenum des Eu- den ersten drei Monaten meiner Amtszeit, migkeiten als Kandidat für das Amt des Prä- Vropäischen Parlaments stellte Juncker ein Paket für Arbeitsplätze, Wachstum und sidenten der Europäischen Kommission vor- in einer Rede seine politischen Leitlinien Investition vorlegen, um 300 Milliarden geschlagen wurde, benötigte er eine Mehr- vor: „Meine erste Priorität und der Leitfaden Euro an Investitionen über die kommenden heit von 376 der insgesamt 751 Stimmen im jeden einzelnen Vorschlages ist Wachstum drei Jahre zu generieren.“ Europaparlament – die er mit 422 Stimmen und Arbeitsplätze in Europa zu schaffen“, Nachdem Juncker vom Europäischen Rat schließlich erreicht hatte. sagte er. „Um das zu erreichen werde ich, in am 27. Juni 2014 nach einigen Mißstim- Lesen Sie weiter auf der Seite 3 ¾

Sie sehen hier die Variante A4 mit 72 dpi und geringer Qualität von Bildern und Grafiken ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 2 Die Seite 2

Liebe Leserinnen und Leser, diesmal erwarten Sie leider gleich vier Nachrufe: auf die erst am 2. August verstorbene Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, auf die Schauspieler Gert Voss und Dietmar Schönherr sowie auf den Physiker Heinz Zemanek, Erbauer des »Mailüfterls« – einer der welt- weit ersten Computer, die mit Hilfe von Transistoren funktionierten. Da der Platz auch in unserem pdf-Magazin begrenzt ist, zwingt uns die Notwendigkeit, an diese herausragenden Persönlichkeiten zu erinnern, bei Erfreulichem einzusparen. Wir hoffen nun, daß dies Besuch aus der Slowakei S 9 nicht allzu oft der Fall ist.

Michael Mössmer

Der Inhalt der Ausgabe 133

Nachwahlanalyse zur Europawahl 7 Chinesische Delegation zu Staats- und Ministerpräsident der Besuch im Burgenland 72 Slowakei zu Gesprächen in Wien 9 Gute Nachbarschaft 73 Bundeskanzler Faymann in Prag 11 Größtmögliche Sicherheit 74 Integrationsbericht 2014 12 FH Burgenland veröffentlicht Salzburger Festspiele – Bezug zu 1914 S 37 Österreich unter Gewinnern der erste Gemeinwohlbilanz 75 europäischen Integration 14 Die awarischen Kriegergräber Eurobarometer 15 von Mattersburg 76 Österreichs Exporteure mit guten Klingenbach mit Top-Wertung 77 Marktchancen in BRICS-Länder 16 Bester Russisch-Schüler Öster- Euregio forscht 18 reichs kommt aus Kleinhöflein 77 Burgenlands Politspitze bei ------den Bayreuther Festspielen 19 Aus Südtirol 78 Oö. Gold für Pavel Kohout 20 Schulz: Das EU-Parlament wird »Stolpersteine« in Klagenfurt 21 einflußreicher und sichtbarer 79 Barbara Prammer 1954 – 2014 S 91 Der Steg zum Mont-Saint-Michel Wirtschaftspolitik könnte Von Dietmar Feichtinger. 26 gefordert sein 80 Unterrichten in Ghana Rekord Mai und Juni: Von Sophie Neurath. 28 16,75 Mio Nächtigungen 82 Kindheitserinnerungen an Silba 33 Schleppende Konjunkturerholung 83 20. AuslandsNiederöster- Schwedenbomben aus NÖ 84 reicherInnen-VIP-Treffen in St. Pölten und Krems 34 Österreichs wachstumsstärkste Weltbund-Tagung Auslands- Markenunternehmen 86 österreichertreffen 2014 »Hofmeisterei Hirtzberger« 90 in Baden bei Wien 35 Barbara Prammer 1954 – 2014 91 94. Salzburger Festspiele Gert Voss 1926 – 1988 95 Joan Miró in der Albertina Wien S 108 Eröffnung mit Bezug auf 1914 37 Heinz Zemanek 1920 – 2014 97 Gedenken an den Ersten Weltkrieg 39 Dietmar Schönherr 1926 – 1988 99 Fronterfahrung – Teil 7 der Serie: Therapeutische Parkinson-Impfung 100 von Helmut Konrad 41 Schloß Artstetten:100 Jahre nach Novae senden Gammastrahlen der Ermordung des Thronfolgers 48 durchs All 102 Die Steiermark und der Tür in die Welt der Quasiteilchen 103 »Große Krieg« 55 Neue Theorie ermöglicht Blick Tiroler Ehrenbuch ist online 54 ins Innere der Erde 104 Der Erste Weltkrieg im HGM 56 Joan Miró in der Albertina Wien 108 Wirtschaftsbericht 2014 60 Salotto. in Triest 111 Österreich mit der niedrigsten KHM: Leonardo der Naturmalerei 113 NÖ: Urlaub mit Kultur S 123 Arbeitslosenquote in der EU 63 K.U.SCH. Eine Themenpalette 114 Kärntner Bundesratspräsidentin Punctum. Salzburger Kunstverein 116 Impressum: Eigentümer und Verleger: Österreich Ana Blatnik hat Amt angetreten 64 Journal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho- Oö. Kulturstudie 2014 118 ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her- Gipfeltreffen am Dachstein 67 8. Schrammel.Klang.Festival 119 ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek- »Burgenland-Journal« Serie »Österreicher in Hollywood« torat: Maria Krapfenbauer. jede Art der Veröffentli- chung bei Quellenangabe ausdrücklich erlaubt. Fotos »Chefsache« Wirtschaftsstandort 68 von Rudolf Ulrich. Diesmal: der Keine Neuverschuldung ab 2015 69 S. 2: Peter Lechner / HBF; Parlamentsdirektion / Komponist 120 Bildagentur Zolles KG / Mike Ranz; LMZ/Neumayr/ Gesamtverkehrsstrategie 70 Urlaub mit Kultur und MMV; Successió Mirò 2014/Bildrecht, Wien, 2014; Gewalt für den Frieden? 71 Geschmack in Niederösterreich 123 Niederösterreich-Werbung / Lois Lammerhuber

In Zusammenarbeit mit dem Auslandsösterreicher-Weltbund und »Rot-Weiss-Rot« – http://www.weltbund.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 3 Österreich, Europa und die Welt

„Sie sind das erste Parlament, das den Präsidenten der Europäischen Kommission wählt“, sagte der (damals noch) Kandidat für das Amt des Kommissionspräsidenten in der Debatte unmittelbar vor der Abstimmung über seine Nominierung am 15. Juli. Die Abgeordneten applaudierten Jean-Claude Juncker an vielen Stellen seiner Rede. Juncker legte sein Reformprogramm dar, seine Ziele für eine soziale Marktwirtschaft, einschließlich eines Investitionspakets von 300 Mio. Euro zur Förderung von Wachs- tum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähig- keit. Er machte seine Ansichten über eine eu- ropäische Energie-Union deutlich sowie dar- über, wie die Troika aus EU-Kommission/ EZB/IWF demokratischer und der Stabili- täts- und Wachstumspakt flexibler gestaltet werden kann. Hinsichtlich der Beziehungen der Kom- mission zu Rat und Parlament und der Wie- derherstellung des Vertrauens der Bürger in die EU sagte er: „Warten wir ab, was wir konkret bewerkstelligen können, und lassen wir uns damit aufhören, die Bürger mit inter- institutionellen Streitereien zu langweilen. Wir sollten es künftig auch unterlassen, Brüssel für alles verantwortlich zu machen, was schiefläuft. Wenn Sie ,Ja‘ in Brüssel sa- gen, dann sagen Sie bitte nicht woanders ,Nein‘. Wir müssen als Team auftreten, und © 2014 European Parliament die Gemeinschaftsmethode anwenden.“ Er daß Sie dies verstanden haben, insbesondere Für die ALDE-Fraktion sagte Guy Ver- fügte hinzu: „Wir sollten nicht jedes kleine was den Bedarf an mehr Demokratie hofstadt (BE), daß eine Wahl Junckers be- Problem zu einem europäischen machen, betrifft.“ Des weiteren sagte er: „Unsere Zu- deute, gleichzeitig für eine Spar- und eine sondern uns auf die großen Herausforderun- stimmung ist aber kein Blankoscheck. Wir Wachstumspolitik zu stimmen. „Ich hoffe, gen konzentrieren.“ werden unnachgiebig sein.“ Er fügte hinzu: Sie werden beides durchführen: Ohne Haus- Der Vorsitzende der EVP-Fraktion Man- „Es muß ein Ausgleich gefunden werden haltsdisziplin gibt es kein Wachstum, aber fred Weber (DE) sagte: „Heute ist ein guter zwischen Finanzstabilität und der Notwen- wir müssen über die Haushaltsdisziplin hin- Tag für Europa. (...) Wir haben Europa mit digkeit von Investitionen: Wir brauchen ein ausgehen, um Wachstum zu fördern – mit dieser Wahl auch ein großes Stück demokra- sozialeres Europa und mehr Solidarität, vor einem Wachstumspaket“, sagte er. Verhof- tischer gemacht. Es ist ein historischer Tag. allem in Einwanderungsfragen.“ stadt kritisierte jene Abgeordneten, die sich Erstmals haben die Wähler über die Spitze Syed Kamall (UK) von der EKR-Frak- enthalten oder gegen Juncker stimmen wol- der Europäischen Kommission unmittelbar tion sagte: „Die Europawahl sollte der Praxis len: „Sie unterstützen damit die Anti-Euro- mitentscheiden können.“ Er fügte hinzu: der Hinterzimmer-Abkommen ein Ende set- päer, und sie lassen ihre Wähler im Stich, „Jean-Claude Juncker ist der richtige Mann zen, hat sich aber selbst als ein solcher Hin- indem sie Hinterzimmer-Deals bevorzugen.“ zur richtigen Zeit. Er steht für Konsens in terzimmer-Deal erwiesen.“ Seine Fraktion Im Namen der GUE/NGL Gruppe erklär- diesem Europäischen Parlament.“ Weber werde Juncker aber nicht deshalb die Un- te Gabriele Zimmer (DE): „Ich teile diese nannte vier Prioritäten seiner Fraktion für die terstützung verwehren, sondern „weil wir allgemeine Euphorie nicht. Dies ist nur ein neue Kommission: Wachstum, Währungssta- nicht glauben, daß Sie der richtige Kandidat erster Schritt, aber nicht ein Sieg der Demo- bilität, mehr Respekt für nationale Parlamen- sind, um Europa in den nächsten Jahren zu kratie. Die Demokratie hat auch versagt. 3,5 te und ein Europa, das nach den Jahren der führen.“ Er fügte hinzu: „Europa braucht mal mehr Menschen haben nicht für die Kon- Krise wieder den Blick nach außen wenden eine Führung, die nach vorne schaut, nicht servativen gestimmt als jene, die für sie ge- muß. nach hinten.“ Eine solche Führung muß einen stimmt haben. Sie haben anders oder über- Für die S&D-Fraktion hob Gianni Pittella Binnenmarkt gestalten, der fit für die neue haupt nicht gewählt.“ (...) „Meine Gruppe hervor: „Wir lernen aus der Krise, daß alle Zeit ist, sie muß ein Netz integrierter und wird Sie nicht unterstützen, aber wir werden Regeln angewendet werden müssen, aber verbundener Energiequellen aufbauen und Ihre Arbeit täglich im Auge behalten im Lauf zugunsten der Bürger. Wir lernen auch, daß weitere transparente Handelsabkommen in der kommenden Jahre“, so Zimmer. „Wir wir mehr Demokratie brauchen. Wir unter- den kommenden Jahren abschließen, so Ka- erwarten klare Antworten auf Fragen wie: stützen Sie, Herr Juncker, weil wir glauben, mall weiter. Wie beabsichtigen Sie die Arbeit der Troika

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 4 Österreich, Europa und die Welt © 2014 European Parliament Jean-Claude Juncker stellte unmittelbar vor der Abstimmung den Mitgliedern des EU-Parlaments sein Arbeitsprogramm vor.

zu reformieren? Wie wollen Sie das Problem daß diese Wahlen irgendetwas mit der No- Juncker stellte unmittelbar vor der der Verschuldung lösen? Was genau verste- minierung des Kommissionpräsidenten zu Abstimmung sein Arbeitsprogramm vor hen Sie unter Mindestlöhnen – ein Einkom- tun hatten. Und nun sind wir alle aufgefor- „Ich möchte für eine Union arbeiten, die men, von dem man auch wirklich leben dert, abzustimmen, aber es gibt nur einen Kan- für Demokratie und Reform steht; die nicht kann?“ didaten, wie in alten Sowjet-Zeiten.“ Farage aufdringlich ist und für, statt gegen ihre Bür- Für die Fraktion der Grünen/EFA sprach kritisierte hingegen die geheime Stimmab- ger arbeitet. Ich möchte für eine Union ar- Philippe Lamberts (BE): „Wenn 25 Prozent gabe. „Politiker sollen nicht geheim abstim- beiten, die Ergebnisse liefert.“ der Europäer von Armut und sozialem Aus- men, sondern sind ihren Wählern Rechen- „Meine erste Priorität und der Leitfaden schluß bedroht sind, wenn 10 Prozent von uns schaft schuldig.“ Juncker habe jüngst „seine jeden einzelnen Vorschlages ist Wachstum 60 Prozent von Europas kollektivem Reich- Hintergrundmusik gewechselt hat, indem er und Arbeitsplätze in Europa zu schaffen. Um tum besitzen, wenn der Klimawandel so weit sich gegen Vereinigte Staaten von Europa das zu erreichen, werde ich in den ersten drei fortgeschritten ist, daß mit 6 Grad globaler ausgesprochen hat“, so Farage, „aber ich Monaten meiner Amtszeit ein Paket für Ar- Erwärmung zu rechnen ist, und wenn 30 Pro- glaube kein Wort davon.“ beitsplätze, Wachstum und Investition vorle- zent aller nicht-erneuerbaren Ressourcen in Aus den Reihen der fraktionslosen Ab- gen, um 300 Milliarden Euro an Investitio- den vergangenen 30 Jahren verbraucht wor- geordneten sprach Marine Le Pen (FR): „Am nen über die kommenden drei Jahre zu gene- den sind, dann steht die Existenz unserer Ge- 25. Mai sind die Völker Europas erwacht rieren.“ sellschaft auf dem Spiel. Werden Sie der und haben den ganzen Kontinent aufgerüt- „KMU sind das Rückgrat unserer Wirt- Mann sein, der angesichts dieser Herausfor- telt. Das europäische Projekt ist ein verrück- schaften. Sie schaffen 85 Prozent der neuen derungen die notwendigen Reformen durch- tes, fatales Projekt geworden und die Men- Arbeitsplätze in Europa – wir können sie setzen wird?“ (...) „Ich will es ehrlich glau- schen wenden sich von der EU ab... Sozia- nicht in Papierkram begraben, sondern müs- ben, und einige unserer Mitglieder werden listen und EVP haben die Botschaft, die aus sen sie von belastender Regulierung be- Sie unterstützen, weil wir glauben, daß der den Wahlurnen kam, ignoriert und teilen sich freien.“ Prozeß, der Sie heute hierher gebracht hat, nun die Top-Jobs (...). Aber glauben sie nur „Es ist in jedermanns Interesse, daß Ener- eindeutig ein bescheidener Schritt in Rich- nicht, daß die Menschen Juncker Schulz vor- giepolitik nicht für politische Ziele genutzt tung eines demokratischeren Europas ist. gezogen hätten: beide sind völlig unbekannt wird. Es ist an Zeit, daß Europa in diesem Andere hingegen trauen Ihnen nicht zu, der und repräsentieren nichts und niemand“, so Gebiet auf eigenen Füßen steht, durch die Mann für die notwendigen Reformen zu sein Le Pen. „Patrioten in Frankreich haben die Zusammenlegung unserer Rohstoffquellen, und sind gespalten.“ Legitimität der Europäischen Kommission Infrastrukturen und die Bündelung unserer Nigel Farage (UK) erklärte, seine EFDD- zurückgewiesen. (...) Wir werden Ihre föde- Verhandlungsmacht.“ Gruppe werde Juncker nicht unterstützen. ralistische Utopie bekämpfen und ihre Ob- „Die Rettung des Euro war notwendig, „Niemand im Vereinigten Königreich wußte, session gegen Nationalstaaten.“ aber hat die soziale Dimension vernachläs-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 5 Österreich, Europa und die Welt sigt. Es ist inakzeptabel, daß in der Krise einfache Rentner die gesamte Last der Struk- turreformen tragen mußten, während Reeder und Spekulanten noch reicher wurden. In Zukunft brauchen wir einen demokratisch le- gitimierten Ersatz für die Troika und gründ- liche soziale Folgenabschätzungen für alle neuen Unterstützungsmaßnahmen und -pro- gramme.“ „Ich will ein vernünftiges und ausgewo- genes Handelsabkommen mit den Vereinig- ten Staaten von Amerika aushandeln. Ich bin nicht bereit die hohen europäischen Sicher- heits-, Gesundheits-, Sozial- und Daten- schutzstandards, sowie unserer kulturelle Vielfalt auf dem Altar des Freihandels opfern.“ „Wir brauchen mehr Solidarität in unse- rer Einwanderungspolitik. Ich werde die Zu- sammenarbeit mit Drittstaaten stärken, um die Frage der irregulären Migration besser

anzugehen. Zudem, werde ich eine neue Foto: BKA / Andy Wenzel europäische Politik der legalen Migration Beim Europäischen Rat der EU-Staats- und Regierungschefs am 16. Juli in Brüssel verfolgen. Ich möchte, daß Europa auf der (v.l.): Europaparlaments-Präsident Martin Schulz, Bundeskanzler Werner Faymann und Jean-Claude Juncker Weltkarte ein attraktives Ziel für qualifizier- te Zuwanderung wird.“ Faymann (SPÖ) nach der Wahl von Jean- zusammenarbeiten wird“, so der Bundes- „Es ist meine feste Überzeugung, daß wir Claude Juncker zum Präsidenten der EU- kanzler abschließend. gemeinsam als Union voranschreiten müs- Kommission durch das Europaparlament. sen, allerdings nicht alle unbedingt mit der Die demokratischen Grundprinzipien der EU Spindelegger: Juncker ist erfahrener gleichen Geschwindigkeit. Einige von uns seien durch diese Entscheidung untermauert Politiker mit Handschlagqualität und haben vielleicht bereits ihr Ziel erreicht. Ich worden, da man sich auf den Spitzenkandi- Zukunftsorientierung war und bin weiterhin stets bereit, zuzuhören daten der stimmenstärksten Partei der Wah- „Ich gratuliere Jean-Claude Juncker herz- und zu helfen, um Lösungen für die An- len zum Europäischen Parlament geeinigt lich zu seiner Wahl zum Kommissionspräsi- liegen jedes einzelnen Mitgliedstaats zu fin- habe. denten. Bei der Wahl zum Europäischen Par- den.“ „Ich bin froh, daß sich Juncker durch die lament am 25. Mai hat sich die klare Mehr- „Die Geschlechtergleichheit ist kein Lu- Gegenstimmen innerhalb der Union im Vor- heit der Bürger Europas für die Europäische xus, sondern ein politisches Muß. Sie sollte feld seiner Nominierung für diese Funktion Volkspartei ausgesprochen und damit die für uns alle selbstverständlich sein – dies gilt nicht entmutigen ließ. Ein Mann wie er an Weichen für die Wahl von Jean-Claude Jun- insbesondere für die Staats- und Regierungs- der Spitze der Kommission ist ein Garant cker als Kommissionspräsident gestellt. Es chefs, wenn es darum geht, Kandidaten für dafür, daß wir weiterhin den sozialen Her- ist daher ein deutliches Signal zur Stärkung den Posten des EU-Kommissars vorzuschla- ausforderungen auf dem Weg zu einem der Demokratie, daß Juncker nun zum Prä- gen. Das Bekenntnis nationaler Regierungen neuen Europa gewachsen sein werden. Denn sidenten der EU-Kommission gewählt wur- zu einem neuen, demokratischen Ansatz in er hat schon bisher immer deutlich gezeigt, de. Denn es muß nach der Wahl gehalten Zeiten des Wandels steht hierbei auf dem daß ihm die Sorgen und Anliegen der Men- werden, was vor der Wahl versprochen wor- Prüfstand.“ schen in Europa ein besonderes Anliegen den ist“, unterstrich Finanzminister Michael „Das Motto der Wahlkampagne des Euro- sind“, zeigte sich Faymann zuversichtlich, Spindelegger (ÖVP). paparlaments war ,Dieses Mal geht‘s um daß Juncker für stabile Verhältnisse, auch in „Die Bewältigung der Krise war eine der mehr‘ – helfen Sie mir, dieses Wahlverspre- Krisenzeiten, sorgen werde können. Gleich- größten Herausforderungen für die europäi- chen heute wahr zu machen. Helfen Sie mir zeitig sei Juncker kein Politiker, der stur an sche Gemeinschaft. Jetzt gilt es, gemeinsam der Welt zu zeigen, daß wir gemeinsam Eu- Dogmen festhalte. Sein heutiges Eintreten die Lehren aus der Krise zu ziehen. Eine ropa neuen Antrieb verschaffen können.“ für eine stärkere Flexibilisierung des Stabili- klare Absage an Schuldenpolitik und ein tätspakets und das Nützen der vorhandenen deutliches Bekenntnis zum disziplinierten Faymann: Ein engagierter Europäer an Möglichkeiten zeige dies deutlich. Konsolidierungskurs der europäischen Staa- der Spitze der EU-Kommission „Ich gratuliere Jean-Claude Juncker sehr ten hat die Familie der EVP stets glaubwür- „Ich freue mich, daß mit Jean-Claude herzlich zu seiner Wahl und wünsche ihm dig vertreten. Mit der Wahl Junckers sind die Juncker ein äußerst engagierter Europäer die alles Gute bei der Ausübung seiner Funk- Weichen für eine erfolgreiche Konsolidie- erforderliche Stimmenmehrheit bei der Wahl tion. Dabei bin ich überzeugt, daß er sowohl rungspolitik gestellt. Mit Disziplin kann Eu- zum neuen Präsidenten der EU-Kommission mit den Kommissionsmitgliedern als auch ropa gestärkt in eine gemeinsame, solide Zu- erhalten hat“, sagte Bundeskanzler Werner mit dem Europäischen Parlament erfolgreich kunft gehen.“

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 6 Österreich, Europa und die Welt

„Mit Jean-Claude Juncker übernimmt ein Zudem habe Juncker auch durch seine Diese Aufteilung spiegelt sich auch im erfahrener und verläßlicher Politiker den Po- Aussagen wiederholt erkennen lassen, daß er Wahlverhalten der österreichischen Delega- sten des EU-Kommissionspräsidenten, der als Vertreter der Bürger Europas denkbar un- tion wider: Lunacek hat aus genannten auch als deklarierter Freund Österreichs gilt“, geeignet sei. „Wer sich dazu bekennt zu Gründen für, Michel Reimon und Monika so Spindelegger, der vor allem Junckers gros- lügen, wenn es politisch ernst wird, hat in Vana haben gegen Juncker gestimmt. se Erfahrung als Europapolitiker, seine Ziel- dieser Funktion nichts verloren.“ strebigkeit und Zukunftsorientierung hervor- Mlinar: NEOS zufrieden mit der Auf- hob. „Jean-Claude Junckers Arbeit ist ge- Lunacek: Grüne werden Juncker an wertung des Europäischen Parlaments prägt von wirtschaftlichem Sachverstand und seine heutigen Versprechen zu Die erfolgte Bestellung von Jean-Claude Reformwillen. Er hat die nötige Durchset- sozialerem Europa erinnern Juncker zum Präsidenten der Europäischen zungskraft, um Europa in Zukunft noch bes- „Ich gratuliere Jean-Claude Juncker zu Kommission ist für Angelika Mlinar, Euro- ser zu machen.“ Spindelegger abschließend: seiner Wahl zum Kommissionspräsidenten paabgeordnete der NEOS, ein Schritt in die „Ich bin überzeugt: Mit Jean-Claude Juncker und erwarte mir, daß er – im Gegensatz zu richtige Richtung. „Jean-Claude Juncker hat steuert Europa in die richtige Richtung. Ge- seinem Vorgänger – die Kommission wieder als Spitzenkandidat der stimmenstärksten meinsam mit einem Team aus starken Kom- als einen Integrationsmotor für die Euro- Partei die Legitimation durch die europäi- missaren, in dem auch Johannes Hahn eine päische Union zu leiten versteht, und daß er sche Bevölkerung. Er hat den damit verbun- entscheidende Rolle spielen wird, wird er seine Versprechungen für ein sozialeres, trans- denen Anspruch auf den Vorsitz der Kom- Europa nach vorne bringen.“ parenteres und ökologischeres Europa, die er mission auch gegen erbitterten Widerstand heute gemacht hat, auch umsetzt. Für mich so mancher Staatschefs durchgesetzt“, be- Vilimsky: FPÖ-Delegation besonders wichtig an dieser heutigen Ent- tont Mlinar und ergänzt: „Diese Aufwertung geschlossen gegen Juncker scheidung ist, daß der mit der Wahl Junckers des Europäischen Parlaments ist auch in un- Die freiheitliche Delegation im EU- abgeschlossene SpitzenkandidatInnen-Pro- serem Sinne – selbst wenn wir den Kom- Parlament stimmte gegen Juncker. Delega- zeß die EU demokratischer gemacht und das missionspräsidenten oder auch die Kommis- tionsleiter Harald Vilimsky begründete das Europaparlament gestärkt hat. sionspräsidentin durchaus auch aus unseren Abstimmungsverhalten so: „Juncker ist der Enttäuschend war, daß er im Grünen Reihen stellen könnten und möchten.“ Parade-Eurokrat und die Verkörperung des Hearing bei seinen Positionen zu TTIP, zu Mit den im Europaparlament vorgestell- gescheiterten EU-Systems, das sich in fort- Klima-, Energie- und Flüchtlingspolitik mehr ten Plänen zur inhaltlichen Arbeit habe Jun- schreitender Entmündigung der National- als vage geblieben ist. Aus diesem Grund hat cker sich als überzeugter Europäer bewie- staaten und einer längst gescheiterten Wäh- ihm heute auch die Mehrheit unserer Frak- sen, der Sachkompetenz und Erfahrung vor- rungspolitik manifestiert.“ Vilimsky erinner- tion die Zustimmung verweigert. Mich und weisen könne und außerdem großteils richtig te daran, daß Juncker auch in konservativen andere FraktionskollegInnen konnte Juncker Prioritäten setze. „Wir finden zentrale libera- Kreisen – von Cameron bis Orbán – eine aber mit seinen eindeutigen Festlegungen le Forderungen im Juncker-Programm wie- höchst umstrittene Figur sei. gegen eine exzessive Austeritätspolitik, für der. Wie zum Beispiel die Bedeutung des Juncker war in der Vergangenheit immer öffentliche Daseinsvorsorge und soziale Stabilitäts- und Wachstumspakts in seiner wieder mit Aussagen aufgefallen, die nicht Dienstleistungen, die nicht den Binnen- Gesamtheit, die Umsetzung einer Energie- gerade für Transparenz und demokratsiche marktregeln unterworfen werden dürfen, für union zur Stärkung der gemeinsamen Ver- Gesinnung sprechen. Während der Euro-Krise ein verbindliches Lobbyregister für alle EU- handlungsmacht und die Stärkung der EU etwa meinte Juncker bei einer Veranstaltung Institutionen und seine GMO-kritische Hal- durch eigene Einnahmequellen. Wenn wir in Brüssel im April 2011: „Wenn es ernst tung gewinnen. Damit die EU bei Rechts- jetzt auch noch eine ausgewogene personel- wird, muß man lügen“. Über die Tricks, zu staatlichkeit und Einhaltung europäischer le Besetzung der Kommission erreichen und denen Juncker die Staats- und Regierungs- Werte glaubwürdiger auftritt, begrüße ich Gesetzesvorlagen zur digitalen Agenda, der chefs der EU ermuntert, meint Juncker etwa: auch Junckers Vorschlag eine/n eigene/n vollständigen Integration der Kapitalmärkte „Wir beschließen etwas, stellen das dann in Kommissar/in für die Überwachung wie Um- und der Modernisierung der Infrastruktur, den Raum und warten einige Zeit ab, was setzung der Grundrechtecharta einzusetzen. bei gleichzeitiger Reindustrialisierung der passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei Mit unserem Abstimmungsverhalten sen- Europäischen Union, vorliegen haben, befin- gibt und keine Aufstände, weil die meisten den wir Grüne jedenfalls ein klares Signal an den wir uns auf einem guten Weg“, meinte gar nicht begreifen, was da beschlossen den neuen Kommissionspräsidenten: Nur Mlinar. wurde, dann machen wir weiter – Schritt für mit einer sozial wie ökologisch nachhaltigen Abschließend fügt sie noch hinzu, daß die Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ Politik, und mit einer Absage an undurch- Verhandlungen zur finalen Zustimmung des Vilimsky meint, Juncker stehe in seiner sichtige Kompromisse und Verfahren kann Parlaments zur gesamten Kommission im Starrköpfigkeit geradezu als Symbol der Re- er die Stimmen der Grünen gewinnen“, kom- Herbst wohl noch die ein oder andere Kurs- formverweigerung in der Union. Als einsti- mentierte Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin korrektur nach sich ziehen werde und ger Chef der Eurogruppe sei er hauptverant- des Europaparlaments und Delegationsleite- wünscht – in Anspielung auf Junckers Schluß- wortlich für die katastrophalen Schritte, die rin der österreichischen Grünen im Europa- worte im Parlament – auch allen Beteiligten unter dem Deckmantel der Rettung von Kri- parlament, die Wahl Jean-Claude Junckers Mut, Geduld und Entschlossenheit für die senstaaten, in Wahrheit aber zur Sanierung zum neuen Kommissionspräsidenten. lange Reise, die vor uns allen liege. „ von Zockerbanken gesetzt wurden. Seine Rund ein Drittel der Grünen Fraktion hat Einen ausführlichen Lebenslauf von Jean- Beförderung vom „Mister Euro“ zum „Mi- für Juncker gestimmt, zwei Drittel haben Claude Juncker finden Sie auf ster EU“ sei daher ein fatales Signal. sich enthalten oder gegen ihn gestimmt. http://de.wikipedia.org/wiki/Jean-Claude_Juncker

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 7 Österreich, Europa und die Welt Nachwahlanalyse zur Europawahl 6 Prozent fühlen sich besser informiert – Für 42 Prozent EU-Mitgliedschaft »gute«, für 29 Prozent »schlechte Sache« – 69 Prozent sehen EU-Entscheidungen kritisch – Europa-Wahlkampf generierte weniger Aufmerksamkeit als Nationalratswahlkampf ie Europawahlen werden in Österreich Bundesregierung“ als Grund für ihre Wahl- Knapp jede/r zweite Befragte (49 %) gab an, Dnach wie vor als Wahlen zweiter Ord- teilnahme an. den EU-Wahlkampf aufmerksam verfolgt zu nung wahrgenommen. Daran hat sich auch Die Motive der Nicht-WählerInnen bei haben. Bei der Nationalratswahl waren es bei der vergangenen Wahl am 25. Mai – trotz den Europawahlen sind ebenso vielfältig: noch 61 %. Der EU-Wahlkampf wurde zwar hoher Erwartungen – nichts geändert. Die- kein Vertrauen in die Politik (60 %), Protest- fairer als der Nationalratswahlkampf, aber sen Schluß läßt eine aktuelle Umfrage zu, verhalten (51 %), gefolgt von „Österreich eben auch mehrheitlich als langweilig und die im Auftrag der Österreichischen Gesell- hat in der EU nichts zu sagen“ (47 %). Nur wenig unterhaltsam wahrgenommen (53 % schaft für Europapolitik (ÖGfE) und der eine Minderheit nahm aus Desinteresse fanden ihn ziemlich oder sehr „fair“, 60 % „Österreichischen Nationalen Wahlstudie an (21 %) oder „Unwichtigkeit der Europawah- fanden ihn „langweilig“. Bewertung des Na- der Universität Wien“ (AUTNES) im An- len“ (20 %) nicht teil. Die Gründe der tionalratswahlkampfs: 32 % „fair“ und 44 % schluß an die Europawahl durchgeführt wur- Nichtteilnahme divergieren kaum zwischen „langweilig“). de. den ParteianhängerInnen. Der größte Anteil Themen wie Beschäftigung, Zuwande- Neben der – im Vergleich zu den Natio- an EU-Wahlenthaltungen fand sich unter tra- rung und Steuergerechtigkeit hatten sowohl nalratswahlen – geringen Wahlbeteiligung ditionellen FPÖ-WählerInnen. Sie sind ver- im September 2013 als auch im Mai 2014 bei den Europawahlen waren auch die Moti- gleichsweise stärker davon überzeugt, daß Hochkonjunktur. Inhaltliche Bereiche der ve für die Wahlentscheidung unterschied- ihre Stimme bedeutungslos sei. Europapolitik, wie etwa die Bewältigung der lich. Die 45,4 %, die an der Europawahl teil- Der Großteil der WählerInnen stimmte Finanz- und Eurokrise, gewannen hingegen nahmen, taten dies aus Pflichtgefühl (92 %). bei der Europawahl für dieselbe Partei wie im Kontext der Europawahl stark an Bedeu- Aber auch, weil sie die zukünftige Ausrich- bei den Nationalratswahlen. 72 % der ÖVP- tung. Gleichzeitig verloren Thematiken wie tung der EU mitbestimmen wollten (78 %) WählerInnen haben diese auch am 25. Mai Bildungspolitik und Pensionen/Alterssiche- und weil sie das Europäische Parlament als unterstützt, bei der FPÖ waren es gar 80 %. rung an Wichtigkeit. Politikfelder, die be- eine wichtige Institution erachten (54 %). Bei SPÖ und Grünen waren es 65, die NEOS sonders auf europäischer Ebene behandelt Letztgenannter Grund trifft insbesondere auf erzielten mit 43 % den geringsten Wert. werden, wurden bei der Europawahl von den WählerInnen der ÖVP, der SPÖ, der Grünen Die Aufmerksamkeit gegenüber dem Eu- ÖsterreicherInnen auch als wichtiger einge- und der NEOS zu. Die FPÖ-WählerInnen ropa-Wahlkampf war deutlich geringer als schätzt als bei der Nationalratswahl. Insge- wiederum geben häufig „Protest gegen die gegenüber dem Nationalratswahlkampf. samt 69 % der Befragten gaben an, mit den

Wahl zum Europaparlament 2014 im Vergleich zur Nationalratswahl 2014

Aufmerksamkeit bei der 49 % Europawahl 2014

Aufmerksamkeit bei der 61 % Nationalratswahl 2013

Fairnessempfindung bei 53 % der Europawahl 2014

Fairnessempfindung bei 32 % der Nationalratswahl 2013

Langeweilegefühl bei 60 % der Europawahl 2014

Langeweilegefühl bei 44 % der Nationalratswahl 2013

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 8 Österreich, Europa und die Welt

aktuell getroffenen EU-Entscheidungen nicht zufrieden zu sein (45 % „eher nicht zufrie- Österreich nominiert Johannes den“, 24 % „gar nicht zufrieden“). 58 % kri- tisierten, wie Demokratie auf EU-Ebene Hahn wieder als EU-Kommissar funktioniere (35 % zeigten sich „eher nicht zufrieden“, 23 % „gar nicht zufrieden“). enn Österreich nun offiziell einen konnte doch mithilfe regionalpolitischer Lediglich 6 % der ÖsterreicherInnen füh- WKandidaten für die neue EU-Kommis- Instrumente eine weitere Annäherung und len sich nach den EU-Wahlen besser über sion nominiert, dann muß das jemand sein, Integration in der Europäischen Union er- europäische Inhalte informiert als davor. der seine Aufgabe darin sieht, sich mit voller reicht werden. Unser Ziel muß es weiterhin Eine Mehrheit von 65 % fühlt sich gleich Kraft für das gemeinsame Europa einzuset- bleiben, daß überall in Europa lebenswerte, gut, 17 % schlechter über europäische The- zen. Johannes Hahn hat in seiner bisherigen wirtschaftsfreundliche und soziale Bedin- men informiert. Funktion als Kommissar für Regionalpolitik gungen herrschen“, sagte der Kanzler. Insgesamt wird die EU-Mitgliedschaft bewiesen, daß er die Europäische Integration Johannes Hahn habe sich während seiner Österreichs derzeit von 42 % der Österrei- als eine zentrale gemeinsame Aufgabe wahr- Amtsperiode als EU-Kommissar nicht nur cherInnen als gute Sache gesehen. 29 % be- nimmt“, sagte Bundeskanzler Werner Fay- für die gemeinsame Weiterentwicklung Eu- werten sie als schlechte Sache, 27 % äußer- mann am 11. Juli beim EU-Hauptausschuß ropas eingesetzt, sondern auch immer engen ten sich mit „weder noch“. im Parlament. Auf der Tagesordnung stand Kontakt zu Österreich gepflegt: Hahn sei Die Umfrage wurde Ende Mai 2014 im damals in Vorbereitung auf das außerordent- auch für die neue Kommission eine Berei- Auftrag der ÖGfE und AUTNES von TNS liche Treffen des Europäischen Rates am 16. cherung, da er einer der wenigen sein werde, Opinion online durchgeführt. Dieselben Juli die Nominierung von Johannes Hahn die bereits Erfahrungen als EU-Kommissar 1222 Personen, die im Kontext der National- zum EU-Kommissar. mitbringen. „Johannes Hahn erfüllt für uns ratswahl 2013 an einer Umfrage teilnahmen, „Kommissar Hahn hat bereits hervorra- alle wesentlichen Kriterien, um dieses ver- wurden im Mai 2014 zur Europawahl wieder gende Arbeit in einem der wichtigsten Be- antwortungsvolle Amt auszufüllen.“ Im An- befragt. Schwankungsbreiten liegen in etwa reiche, der Regionalpolitik, geleistet. Auch schluß an die Aussprache im Ausschuß wur- bei +/- 2,8 %. „ wenn die Wirtschaftskrise die Förderung der de Johannes Hahn offiziell für das Amt eines http://www.oegfe.at regionalen Entwicklung erschwert hat, so EU-Kommissars nominiert. „

Expertengespräche zu US-Spionageaffäre vereinbart Foto: BMeiA / Dragan Tatic Außenminister Sebastian Kurz (r.) traf am Flughafen Wien mit US Außenminister John Kerry zusammen. -Außenminister John Kerry ist am senminister „vereinbart, daß die Zuständigen kollegen Mohammad Javad Zarif im Atom- US15. Juli zum Abschluß seines Wien- auf amerikanischer Seite den Sicherheitsex- streit zu verhandeln. Zwar berichtete der US- Besuchs auch mit seinem österreichischen perten aus Innen- und Verteidigungsministe- Außenminister von Fortschritten, räumte aber Amtskollegen Sebastian Kurz (ÖVP) zusam- rium zur Verfügung stehen, um diese Fragen Differenzen in Schlüsselfragen ein. Kurz mengetroffen. Er habe dabei auch die US- zu klären“. sagte, daß sich Kerry bei Österreich für die Spionageaffäre angesprochen, teilte Kurz Kurz hatte zuvor betont, er nehme die „Gastfreundschaft“ bedankt habe „und die der APA nach dem Treffen am Wiener Flug- Spionagevorwürfe „sehr ernst“. Ausdrück- Möglichkeit, die Iran-Atomverhandlungen hafen mit. Es sei vereinbart worden, offene lich behielt er sich vor, analog zur deutschen in Österreich durchzuführen“. Fragen in Expertengesprächen zu klären. Entscheidung ebenfalls US-Geheimdienstler Seit Februar wird in Wien über ein dauer- „Selbstverständlich habe ich die Spiona- des Landes zu verweisen. Zunächst müsse haftes Abkommen zur Beilegung des Kon- geaffäre angesprochen“, betonte Kurz. Dies- man aber den Vorwürfen nachgehen. „Viel- flikts um das iranische Atomprogramm ver- bezüglich gebe es nämlich „offene Fragen leicht läßt sich alles auflösen, vielleicht aber handelt. Das Übergangsabkommen, das vor- von unserer Seite“, sagte er in Anspielung auch nicht, und dann werden wir die ent- erst am 20. Juli hätte enden sollen, wurde auf Medienberichte, daß CIA-Maulwürfe in sprechenden Konsequenzen ziehen“, betonte nach Diplomatenangaben bis November ver- Deutschland von der US-Botschaft in Wien der Außenminister. längert. Kurz sagte, daß Wien auch über die- gesteuert worden seien. Daher habe er in Ge- Kerry hatte sich drei Tage lang in Wien ses Datum hinaus als Gastgeber zur Ver- sprächen mit der US-Botschafterin dem Aus- aufgehalten, um mit seinem iranischen Amts- fügung stehe. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 9 Österreich, Europa und die Welt Besuch aus Bratislava Staatspräsident und Ministerpräsident der Slowakei trafen ihre Amtskollegen in Wien zu Gesprächen Foto: Peter Lechner / HBF Empfang mit militärischen Ehren in der Hofburg: Bundespräsident Heinz Fischer (l.) und sein Amtskollege Andrej Kiska. undespräsident Heinz Fischer und sein Ende Juni. Es gelte „klare Schranken zu set- der Annexion der Halbinsel Krim durch Ruß- Bslowakischer Amtskollege Andrej Kiska zen wenn internationales Rechte verletzt land. Gleichzeitig gebe es aber auch keine haben die am 16. Juli beschlossenen EU- wird“, sagte der Bundespräsident angesichts „Alternative“ zu gemeinsamen Bemühun- Sanktionen gegen Rußland als „notwendig“ bezeichnet. Zwar müsse der Ukraine-Kon- flikt „in erste Linie“ durch Dialog stabilisiert werden, aber die erlassenen Strafmaßnah- men seien „Teil der momentanen Notwen- digkeit“, so Bundespräsident Heinz Fischer am 17. Juli bei einem Besuch Andrej Kiskas in Wien. Ähnlich äußerte sich der neue slowaki- sche Präsident: „Was gesagt wird, muß gel- ten“, sagte er bei der gemeinsamen Presse- konferenz mit dem Bundespräsidenten. Wenn dies aber nicht eingehalten werde, erfordere es klare Schritte, so der 51jährige im Hin- blick auf die Strafmaßnahmen. Präsident Kiska machte sich im Gegen- satz zu seinem slowakischen Regierungschef Robert Fico bisher für eine härtere Gangart gegenüber Rußland stark. Die neuen Sank- tionen, die zum ersten Mal auch Firmen be- treffen, bezeichnete er aber damals als vor- erst „ausreichend“. Heinz Fischer informierte seinen slowa-

kischen Kollegen nach eigenen Angaben Foto: Peter Lechner / HBF auch über den Inhalt des Besuchs des russi- Bundespräsident Heinz Fischer (r.) und sein Amtskollege Andrej Kiska nach ihrem schen Präsidenten Wladimir Putin in Wien Gespräch in der Präsidentschaftskanzlei in der Wiener Hofburg

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 10 Österreich, Europa und die Welt Foto: BKA / Andy Wenzel Am 16. Juli traf Bundeskanzler Werner Faymann (l.) seinen Amtskollegen den slowakischen Premierminister Robert Fico gen, um die „Beziehung zwischen Europa und Rußland besser zu organisieren und Vertrauen zu schaffen“. Präsident Kiska habe ihm diesbezüglich zugestimmt. Neben der Ukraine Krise wurde auch über die EU-Personalien gesprochen. Daß es beim EU-Gipfel am noch zu keinen Perso- nalentscheidungen gekommen sei, kam für Heinz Fischer nicht unerwartet. Ein Ergebnis beim ersten Anlauf hätten nur die „aller größten Optimisten“ angenommen. Viel rea- listischer sei, daß sich „dieser Prozeß durch den Sommer bis in den Herbst hinein er- strecken wird“, sagte der Bundespräsident im Hinblick auf die ersten personellen Ent- scheidungen für die EU-Kommission, die nach bisheriger Planung am 1. November ihr Amt antreten soll. Foto: BKA / Andy Wenzel Am 17. Juli empfing Bundeskanzler Werner Faymann (r.) den slowakischen Präsi- Thema des Arbeitsgesprächs der Staats- denten Andrej Kiska zu einem Gespräch im Bundeskanzleramt. oberhäupter waren auch die Wirtschaftsbe- ziehungen der beiden Länder. Österreich ist Tags darauf empfing Bundeskanzler Wer- Wachstum und Jobs, vor allem für die Ju- der zweitgrößte Investor in der Slowakei. ner Faymann den neuen slowakischen Präsi- gend, zu sorgen“, so Faymann. Heinz Fischer und Andrej Kiska begrüßten denten Andrej Kiska im Bundeskanzleramt. Auch im Gespräch zwischen Faymann dabei, daß Bundeskanzler Werner Faymann Es waren vor allem die bilateralen Bezie- und seinem Amtskollegen Robert Fico am (SPÖ) und der slowakische Regierungschef hungen zwischen Österreich und der Slowa- 16. Juli in Bratislava standen die sehr guten Fico bereits für Herbst Gespräche auf Mini- kei und die gemeinsamen Aufgaben in bilateralen Beziehungen beider Länder so- sterebene anvisiert haben. Europa Gesprächsthemen. wie die gemeinsame Arbeit auf EU-Ebene Es war der erste Besuch Andrej Kiskas „Unsere beiden Länder halten nicht nur im Mittelpunkt. Der Kampf gegen Arbeits- als Staatsoberhaupt in Österreich. Der 51jäh- aufgrund der geografischen Nähe sowohl auf losigkeit und für die Stärkung der Wirtschaft rige Millionär hatte Ende März mit 59 zu 41 politischer als auch auf wirtschaftlicher Ebe- sei hingegen nicht nur auf europäischer Ebe- Prozent der Wählerstimmen überraschend ne engen Kontakt. Auch auf europäischer ne eine Herausforderung: „Österreich ist der deutlich die Präsidenten-Direktwahl gegen Ebene versuchen wir uns in vielen Bereichen zweitgrößte Auslandsinvestor in unserem den als Favorit geltenden amtierenden Mini- abzustimmen und uns für gemeinsame Posi- Nachbarland, unsere Wirtschaftsbeziehungen sterpräsidenten Robert Fico gewonnen. Als tionen stark zu machen“, sagte der Bundes- verfügen über großes Potential. Aus diesem vierter Präsident des Landes seit der Erlan- kanzler. So wolle man in Europa Investitio- Grund wollen wir noch in diesem Jahr ein gung der Selbständigkeit im Jahr 1993 will nen in Beschäftigung und Wirtschaftswachs- Wirtschaftsforum abhalten. Gerade auf re- der erste parteilose Präsident der Slowakei tum vorantreiben. „Ein soziales, stabiles und gionaler Ebene ist es wichtig, die Beziehun- eine neue, menschennahe Politik im Präsi- sicheres Europa ist unser gemeinsames An- gen zu stärken und gemeinsam Lösungen zu dentenpalast etablieren. liegen. Daher ist es unsere Aufgabe, für erarbeiten“, so der Kanzler abschließend. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 11 Österreich, Europa und die Welt Arbeitsgespräch in Prag Bundeskanzler Werner Faymann bei tschechischem Ministerpräsidenten Bohuslav Sobotka: Gemeinsam für sozialen Ausgleich und Beschäftigung in Europa einsetzen – Trilaterales Treffen Tschechien-Slowakei-Österreich vereinbart

eim Arbeitsbesuch von Bundeskanzler BWerner Faymann bei seinem tschechi- schen Amtskollegen Bohuslav Sobotka in Prag am 31. Juli standen die Beziehungen der beiden Nachbarländer sowie aktuelle Herausforderungen in der Europapolitik im Mittelpunkt der Gespräche. „Gerade ange- sichts so dramatischer Entwicklungen wie in der Ukraine wird deutlich, wie wichtig es ist, daß wir in der Europäischen Union eng zu- sammenarbeiten. Wir müssen uns gemein- sam für einen friedlichen Dialog zwischen den Konfliktparteien einsetzen und dabei eine starke Vermittlerrolle einnehmen“, sag- te Faymann. Er sei sich mit Premierminister Sobotka auch darin einig, daß sich die EU noch stär- ker für einen sozialen Ausgleich in Europa und die Bekämpfung der hohen Arbeitslosig- keit einsetzen müsse. „Maßnahmen für Be- schäftigung und zur Förderung des Wirt- schaftswachstums müssen im neuen Arbeits- programm der Europäischen Union ganz Foto: BKA / Andy Wenzel oben auf der Agenda stehen“, so Faymann. Bundeskanzler Werner Faymann (l.) und Premierminister Bohuslav Sobotka Um die Zusammenarbeit in der Region zu einem Sinken der hohen Standards führen Angesprochen auf die europäischen Sank- stärken, werde es bis zum Frühjahr 2015 dürfe. Wenn das der Fall sein sollte, werden tionen gegen Rußland betonte Faymann, daß auch ein trilaterales Treffen zwischen Tsche- beide Länder gemeinsam dagegen vorgehen. die Europäische Union hier gemeinsam vor- chien, der Slowakei und Österreich geben, Faymann bekräftigte weiter, daß es für Ös- gehe. „Ich messe den Friedensinitiativen und kündigte Faymann an. „In einem Europa, das terreich ein Anliegen ist, daß die Gespräche -gesprächen aber eine größere Bedeutung als immer stärker zusammenwächst, sind die zu den Verhandlungen stärker an die Öffent- den Sanktionen bei“, so der Bundeskanzler Regionen von besonderer Bedeutung“, so lichkeit kommen. abschließend. „ der Bundeskanzler, der bei diesem Gespräch die Themen Wirtschaftswachstum, Wettbe- Neutralität aktiv interpretieren werbsfähigkeit und die Ausbildung von Fachkräften in den Vordergrund stellen will. s ist eine Ehre für mich, als Bundes- ist bekannt als Verhandlungsort. Wir werden In Fragen der Klima- und Energiepolitik Ekanzler den Soldatinnen und Soldaten weiter den Frieden unterstützen und bei Mis- bekräftigte Faymann erneut, daß Atom- meinen Respekt auszudrücken und mich für sionen wie der gerade in Bosnien absolvier- energie für Österreich keine Option darstel- Ihren Einsatz in Bosnien zu bedanken“, sag- ten eine wichtige Rolle spielen“, so der Bun- le: „Wir treten entschieden gegen die Ver- te Bundeskanzler Werner Faymann am 29. deskanzler und er verwies darauf, daß man wendung von Nuklearenergie ein und sind Juli beim Empfang von 78 Soldaten und zwei sich in den betroffenen Ländern entsprechend für eine stärkere Nutzung erneuerbarer Ener- Soldatinnen der Katastrophenhilfseinheit dankbar zeigt. „Wer sieht, wie Menschen gieformen und für mehr Energieeffizienz. des Bundesheeres (AFDRU) in der Dabsch- nach Naturkatastrophen auf Hilfsorganisa- Kernenergie ist weder sicher noch nachhal- Kaserne, Korneuburg. „Österreich wird be- tionen und auf die professionelle Leitung tig und rechnet sich letztlich auch wirt- sonders dafür geachtet, weil es seine Neutra- solcher Einsätze seitens des Bundesheeres an- schaftlich nicht.“ lität nicht teilnahmslos interpretiert, sondern gewiesen sind, weiß, wie wichtig es ist, daß in aktiver Rolle im humanitären Sinne im unser Land bei solchen Missionen zur Stelle TTIP darf hohe Standards Rahmen der Friedenserhaltung interpretiert.“ ist“, bedankte sich Faymann für die geleiste- nicht absenken „In Zeiten, in denen die Unterstützung ten Einsätze der jüngeren Vergangenheit. Faymann und Sobotka betonten gemein- von Friedensprozessen sehr wichtig ist, er- „Damit stellt Österreich unter Beweis, daß sam, daß für beide Länder klar sei, daß ein heben wir Deeskalation und friedliches Zu- es Teil der Staatengemeinschaft ist“, so der Freihandelsabkommen wie TTIP nicht zu sammenleben zu einem Prinzip. Österreich Bundeskanzler abschließend. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 12 Österreich, Europa und die Welt Integrationsbericht 2014 Am 28. Juli präsentierte Integrationsminister Sebastian Kurz gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Expertenrats Prof. Heinz Fassmann den neuen Integrationsbericht. Foto: BMeiA / Dragan Tatic Bei der Präsentation des Integrationsberichts 2014 (v.l.): Stephan Marik-Lebeck (Statistik ), Integrationsminister Sebastian Kurz und der Sprecher des »unabhängigen Expertenrats für Integration«, Heinz Fassmann. er Integrationsbericht des unabhängi- Die im Vorjahr erstmals präsentierte Da- lichen Frühförderung, also ab dem Kinder- Dgen Expertenrats für Integration doku- tenbank für Integrationsprojekte wurde 2014 garten, an. Die Mittel hierfür werden deut- mentiert die Umsetzung der bisherigen Inte- aktualisiert und bietet ein umfangreiches lich erhöht: Ab 2015 stellt der Bund 20 Mio. grationsmaßnahmen und definiert weitere Nachschlagewerk integrationsrelevanter Ini- Euro im Jahr zur Verfügung, die Länder ver- integrationspolitische Ziele und Handlungs- tiativen in Österreich (Links siehe am Ende doppeln diesen Betrag. So wird der Betrag empfehlungen für die nächsten Jahre. Als des Beitrags). auf das Jahr 2015 hin beinahe Vervierfacht. zentrale Themenschwerpunkte für 2014 Kinder mit Sprachdefiziten sollen zudem wurden Integration von Anfang an, die Aner- Kurz: Integrationsbericht in vorbereitenden Förderklassen, quasi in kennung von im Ausland erworbenen Qua- bestätigt Kurs einem „Crashkurs“, fit für das Regelschul- lifikationen, die Unterstützung von ausländi- „Nicht, wo jemand herkommt, sondern, wesen gemacht werden. Kurz unterstreicht, schen Studierenden sowie Sprachförderung was jemand leistet, steht im Vordergrund.“ daß sich die Maßnahme allein am Bedarf identifiziert. Mit seinem Ansatz „Integration durch Lei- und nicht an der Herkunft orientiert. stung“ hatte Sebastian Kurz (ÖVP) die In- Schwerpunkt: Integration von tegrationspolitik in Österreich völlig neu Leistung stärker anerkennen EU-BürgerInnen aufgestellt – mit Erfolg! 90 der Zuwanderer Ein weiterer wichtiger Punkt ist, daß im Aufgrund der intensivierten Zuwande- fühlen sich in Österreich heimisch, die Ausland erbrachte Leistungen in Österreich rung aus EU-Staaten setzt der Integrations- gesetzten Maßnahmen wirken. So das positi- einfacher anerkannt werden und die „Rot- bericht 2014 einen weiteren Schwerpunkt ve Resümee aus dem Integrationsbericht Weiß-Rot-Karte“ entbürokratisiert sowie auf ZuwanderInnen aus der EU und präsen- 2014 des unabhängigen Expertenrates, der modernisiert wird. Ziele muß es sein, die tiert Ergebnisse einer neuen GfK-Umfrage gemeinsam mit Sebastian Kurz präsentiert besten Köpfe nach Österreich zu holen bzw. unter EU-MigrantInnen. Darüber hinaus wurde. Klar ist auch: Die Anstrengungen im hier zu halten. werden Empfehlungen zur Integration von Bereich Integration müssen weiter verstärkt Damit zusammen hängt eine echte Will- EU-BürgerInnen in Österreich definiert. Das werden! kommenskultur in Österreich. Hier leistet Statistische Jahrbuch „migration & integra- Deutschkenntnisse sind Schlüssel der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) tion 2014“ bietet in seiner aktuellen Ausgabe für erfolgreiche Integration als Erstanlaufstelle wichtige Arbeit – ganz eine Darstellung zentraler Integrationsindika- Denn noch immer haben gerade junge nach dem Motto: „Integration von Anfang toren wie den Bildungsstand von MigrantIn- ÖsterreicherInnen mit Migrationshintergrund an!“ Der ÖIF berät und unterstützt die Zu- nen, Erwerbs- und Arbeitslosenquoten sowie im Bildungsbereich und am Arbeitsmarkt wanderer bei deren Eingliederung in die Zahlen zur Identifikation von ZuwanderInnen Probleme. Der Schlüssel für deren Lösung Gesellschaft. Dabei geht es auch darum, den mit Österreich und präsentiert Zahlen und liegt im Beherrschen der Sprache Deutsch. MigrantInnen von Beginn an österreichische Fakten zu diesen Themenbereichen. Sebastian Kurz setzt bereits bei der sprach- Werte näherzubringen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 13 Österreich, Europa und die Welt

Die meisten NeuzuwanderInnen sondern vielmehr eine Angelegenheit der lich oft in Sonderschulen landen, wie das bei kommen aus der EU Innenpolitik sei. uns noch immer der Fall ist, wird klar: Wir Die Herkunftsgebiete der Neuzuwan- „Das Vorhaben von Minister Kurz, die von brauchen ganz konkrete Maßnahmen und derInnen haben sich indes verändert. So ihm propagierte Willkommenskultur jetzt bis Projekte zur Erreichung von Chancengleich- kommen immer weniger Menschen aus der in die Botschaften nach Ankara oder Belgrad heit“, fordert die Integrationssprecherin der Türkei, früher ein Spitzenzuwanderungsland. auszudehnen, ist nicht mehr als ein untaug- Grünen, Alev Korun. Heute stellen die größte Zuwanderergruppe licher Versuch, diese merkwürdige Ressort- „Unser StaatsbürgerInnenschaftsrecht die Deutschen dar. Insgesamt kommen mitt- zusammenstellung zu rechtfertigen“, so Stra- vollbringt sogar das Kunststück, aus hier ge- lerweile 60 Prozent aller ZuwandererInnen che. Positiv ist für ihn, daß der Expertenrat borenen und aufgewachsenen Kindern, die aus der EU. Kurz setzt sich daher dafür ein, endlich erkannt habe, was die FPÖ schon nie das Ausland gesehen haben, ,Auslän- daß EU-Fördermittel stärker auch für EU- lange fordere. Nämlich, daß Personen, die derInnen‘ zu machen, wenn ihre Eltern einen Bürger verwendet werden können. am Regelunterricht teilnehmen wollen zuerst anderen Paß haben. Eine Politik der Chan- die deutsche Sprache erlernen müßten. cengleichheit, die das Zugehörigkeitsgefühl Yilmaz: Chancen für Strache übte auch Kritik an den Plänen fördert, ist aber, diese Kinder bei der Geburt alle MigrantInnen verbessern von Kurz, sich mehr um EU-Bürger zu küm- einzubürgern und Chancengleichheit von „Integrationspolitik ist der Einsatz für so- mern, da diese die wenigsten Probleme ma- Anfang an sicherzustellen. Dafür braucht es ziale, kulturelle, politische und ökonomische chen würden. Man sollte sich von Seiten der aktive Maßnahmen in Schule, Beruf und Teilnahme und Teilhabe aller hier lebenden Regierung lieber auf die Türken konzentrie- Leben und ein modernes Staatsbürger- Menschen“, betont SPÖ-Integrationsspreche- ren, da diese deutlich größere Integrations- schaftsrecht, das hier geborenen, auf Dauer rin Nurten Yilmaz angesichts des Integra- schwierigkeiten aufweisen würden. hier lebenden Kindern von Anfang an auch tionsberichtes. „Es geht um die Erhöhung Strache forderte auch die teilweise gleiche Chancen garantiert. Das Vorhaben von Partizipationschancen von Personen mit Schließung des Arbeitsmarktes innerhalb der der ÖVP, in das Bildungssystem quereinstei- Migrationsgeschichte in allen gesellschaft- EU: „In den Branchen mit besonders hoher gende Kinder in Parallelklassen zu stecken, lichen Teilbereichen, insbesondere im Schul- Arbeitslosigkeit braucht es eine sektorale wäre hingegen Trennung statt Integration system, am Arbeitsmarkt und auch im politi- Schließung des Arbeitsmarktes auch für Zu- von Anfang an. Die Vorschläge, die ,Rot- schen System“, so die Abgeordnete. Das Er- wanderer aus der EU und insgesamt anstelle Weiß-Rot-Karte‘ endlich zu modernisieren, lernen der gemeinsamen Sprache Deutsch sei der ,Rot-Weiß-Rot-Karte‘ ein zeitlich be- und aus dem Ausland mitgebrachte Qualifi- von zentraler Bedeutung, aber Integration grenztes Gastarbeitermodell, wie es etwa kationen durch ein modernes Anerkennungs- sei immer „mehrdimensional“. auch die Schweiz hat, um bei Dauerarbeits- gesetz in und für Österreich besser und ra- Die im Integrationsbericht 2014 festge- losigkeit auch sicherzustellen, daß die Men- scher fruchtbar zu machen, unterstütze ich“, haltenen Vorschläge und Ideen der ExpertIn- schen wieder in ihre Heimat zurückkehren.“ sagt Korun. nen gelte es nun zu diskutieren und gegebe- Ausländer, die beispielsweise nur ein Jahr in nenfalls aufzugreifen, so Yilmaz. Erfreulich Österreich arbeiten würden und dann lang- Scherak: ÖVP Kurz zeigt Einsicht sei jedenfalls die Steigerung des Anteils von zeit arbeitslos wären, müß te man laut bei »Rot-Weiß-Rot-Karte« SchülerInnen mit Migrationshintergrund in Strache, ebenso wie straffällige Ausländer, NEOS-Wissenschaftssprecher Niki Sche- maturaführenden Schulen und die Steige- abschieben. rak zeigt sich erfreut über die Aussagen von rung des „Zugehörigkeitsgefühls“ der neuen Der FPÖ-Obmann unterstrich auch seine Bundesminister Sebastian Kurz zur „Rot- ÖsterreicherInnen. „Trotzdem“, so Yilmaz Haltung, daß wenn jemand sich nicht inte- Weiß-Rot-Karte“ anläßlich der Präsentation weiter, „gibt es noch viel zu tun, um dem griere, ihm klar die Grenzen aufgezeigt ge- des Integrationsberichtes 2014. Scherak kri- Ziel einer offenen, freien und gleichen Ge- hören: „Wer Integration verweigert und dies tisiert in diesem Zusammenhang ÖVP und sellschaft näherzukommen“. Die von der frei- noch dazu ganz offen mit Worten und Taten SPÖ, die die von NEOS bereits im April ein- heitlichen „Parallelgesellschaft“ ventilierte zeigt, der muß auch konsequent wieder in gebrachten Anträge im Parlament bis dato Forderung nach segregierten „Ausländer- seine Heimat abgeschoben werden!“ nicht zustimmen wollten. klassen“ sei jedenfalls entschieden zurük- „Es ist höchst an der Zeit, daß Teile der kzuweisen Korun: In Österreich geborene Kinder Bundesregierung die NEOS Reformvor- einbürgern statt zu »Ausländern« schläge zur ,Rot-Weiß-Rot-Karte‘ aufneh- Strache: Schönen Worten erklären men. Ganz wichtig wäre es allerdings, wenn müssen Taten folgen! „Obwohl der neue Integrationsbericht es ein umfassendes Bekenntnis der gesamten Bei einer Pressekonferenz ging der Bun- teilweise von positiven Entwicklungen be- Regierung dazu gibt und dieses auch im Par- desparteiobmann der FPÖ, Heinz-Christian richtet, braucht es gelebte Chancengleichheit lament Gehör findet. Trotzdem ist es schön Strache, näher auf den Integrationsbericht in Österreich für ein besseres Zugehörig- zu sehen, daß hier offensichtlich etwas wei- ein. Er meinte, daß auf die schönen Worte keitsgefühl. Die Politik ist daher gefordert tergeht. Wir werden insofern ein weiteres Mal von Sebastian Kurz jetzt auch Taten folgen proaktive Maßnahmen zu schaffen, egal ob eine Initiative im Parlament starten. Dann müßten. Es sei jedoch schön zu sehen, daß jemand aus einem EU- oder Nicht-EU-Land werden wir ja sehen, ob den Worten endlich die Experten immer mehr Forderungen und stammt. Denn nur wo ich die gleichen Ent- auch Taten folgen“, schließt Scherak. „ Vorschläge der FPÖ übernehmen würden, wicklungs-, Bildungs- und Berufschancen http://www.integrationsfonds.at die früher heftig kritisiert wurden. wie andere BürgerInnen habe, dort fühle ich Die Datenbank zu Integrationsprojekten in Strache betonte auch, daß Integration mich auch wirklich zugehörig. Wenn hinge- Österreich finden Sie hier: keineswegs ein Thema des Außenministers, gen MigrantInnenkinder überdurchschnitt- http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/integration/integrationsbericht/datenbank-integrationsprojekte.html

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 14 Österreich, Europa und die Welt Je stärker die Integration, desto höher der Vorteil Dänemark, Deutschland und Österreich größte Gewinner der europäischen Integration seit Schaffung des EU-Binnenmarkts

ie zunehmende europäische Integration Handelsbeziehungen und der Anpassung an jährliche Einkommenszuwachs aufgrund zu- Dim EU-Binnenmarkt hat sich seit 1992 konjunkturelle Verläufe innerhalb der EU. nehmender europäischer Integration in Ita- für alle Gründungsländer positiv auf deren Insgesamt gilt: je stärker die eigene Inte- lien bei 80, in Spanien und Griechenland bei Wirtschaftswachstum ausgewirkt. Beson- gration, desto höher der volkswirtschaftliche 70 und in Portugal bei 20 Euro pro Einwoh- ders stark profitierte Deutschland. Von 1992 Nutzen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine ner. Am Ende der Liste findet sich das bis 2012 ließ das Zusammenwachsen Euro- aktuelle Studie der Prognos AG im Auftrag Vereinigte Königreich mit 10 Euro pro Ein- pas das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Bertelsmann Stiftung. wohner. Das Zusammenwachsen Europas Deutschland in jedem Jahr um durchschnitt- Den höchsten integrationsbedingten BIP- hat vor allem jenen Volkswirtschaften gehol- lich 37 Milliarden Euro steigen. Das ent- Zuwachs aller Gründungsländer im EU-Bin- fen, die wirtschaftlich besonders eng mit den spricht einem jährlichen Einkommensgewinn nenmarkt verzeichnete Dänemark mit jähr- übrigen EU-Ländern verflochten sind und von 450 Euro pro Einwohner. Höhere Ge- lich 500 Euro pro Kopf. Auf das zweitplat- damit auch einen konjunkturell ähnlichen winne in diesem Zeitraum verzeichnete le- zierte Deutschland folgen Österreich (280 Verlauf wie der EU-Durchschnitt aufweisen. diglich Dänemark. Die durch den Binnen- Euro), Finnland (220 Euro) sowie Belgien Eine zentrale Rolle für das Zusammen- markt ausgelösten Wachstumseffekte fallen und Schweden (je 180 Euro). Deutlich gerin- wachsen Europas spielt der Binnenmarkt. von Land zu Land sehr unterschiedlich aus – gere Zuwächse weisen die südlichen EU- Sein Fundament ist der freie Verkehr von abhängig etwa vom jeweiligen Ausbau der Länder auf. So liegt der durchschnittliche Waren, Personen, Dienstleistungen und Ka-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 15 Österreich, Europa und die Welt pital. Diese vier Grundfreiheiten bauen Zeitraum von 1992 bis 2012 und für 14 Mit- auf die Wachstumsrate des realen Bruttoin- Handelshemmnisse zwischen den beteiligten gliedstaaten der EU-15 entwickelt (für Lu- landsprodukts je Einwohner hatte. In einem Ländern ab und machen Importe preiswerter, xemburg lassen sich aufgrund von großen letzten Schritt wurde berechnet, wie sich das was die Kaufkraft der Konsumenten erhöht. Datenlücken keine verläßlichen Indexwerte reale Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in den Der Binnenmarkt ermöglicht es somit den bilden). Mittels Regressionsanalysen er- 14 Ländern entwickelt hätte, sofern die euro- Unternehmen, für einen größeren Markt zu mittelt die Studie ökonometrisch, welchen päische Integration seit 1992 nicht vorange- produzieren und über die Vorteile der Mas- Einfluß ein Anstieg des Integrationsindexes schritten wäre. „ senproduktion die Preise weiter zu senken. Die grenzüberschreitende Mobilität von Ar- beitskräften und Kapital führt schließlich dazu, daß Produktionsfaktoren dort einge- Eurobarometer setzt werden können, wo sie die größte Wert- schöpfung erzeugen, was ebenfalls einen Bürger beurteilen Zukunft der EU positiver Wachstumsimpuls darstellt. Primäres Ziel der Schaffung eines ge- ie erste EU-weite Meinungsumfrage che Lage in den nächsten 12 Monaten ver- meinsamen Markts war die Steigerung des Dseit der Wahl zum Europäischen Parla- bessern wird, und fast drei Viertel rechnen wirtschaftlichen Wohlstands der Bürger. Die- ment im Mai zeigt positive Entwicklungen: nicht mit einer negativen Entwicklung. Und se Erwartung hat der gemeinsame Markt Laut dem am 25. Juli veröffentlichten Stan- zum ersten Mal seit Jahren ist der Anteil der erfüllt. „Der EU-Binnenmarkt ist das Herz- dard-Eurobarometer sehen die BürgerInnen Europäer, die der Auffassung sind, daß die stück der europäischen Integration und be- die Zukunft der EU wieder optimistischer. Auswirkungen der Krise auf den Arbeits- schleunigt das Wirtschaftswachstum in allen Dank der Debatten bei den Europawahlen markt ihren Höhepunkt erreicht haben, grös- Mitgliedsstaaten“, sagte Thieß Petersen, haben auch immer mehr Menschen den ser als der Anteil derjenigen, die befürchten, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung. Eindruck, daß ihre Stimme in der EU zählt. das Schlimmste stehe noch aus. Die positiven Effekte einer stärkeren europä- ischen Integration, die die Studie in der Lang- Immer mehr Menschen haben den Der Euro findet immer fristperspektive nachweist, sollte die EU Eindruck, daß ihre Stimme zählt breitere Unterstützung bestärken, den Binnenmarkt weiter zu ver- Die Zahl der BürgerInnen, die der An- Während Litauen sich für die Einführung tiefen. sicht sind, daß ihre Stimme in der EU zählt, der einheitlichen europäischen Währung be- Chancen auf zusätzliche Wachstumsim- von 29 Prozent im November 2013 auf 42 reitmacht, ist die Zahl der LitauerInnen, die pulse bietet vor allem der Ausbau des euro- gestiegen. Dies ist der höchste Stand, seit dem Euro positiv gegenüberstehen, (seit dem päischen Dienstleistungs- und Arbeitsmarkts. diese Frage vor zehn Jahren in die Standard- letzten Herbst) um 10 Prozentpunkte gestie- Während der gemeinsame Markt für Waren Eurobarometer-Umfrage aufgenommen wur- gen. Diese Entwicklung ist auch in anderen bereits sehr gut funktioniert, gibt es im de. Zudem fühlen sich nun 65 Prozent der Ländern der EU zu beobachten: +10 Prozent- Dienstleistungsbereich noch Nachbesse- Europäer als EU-Bürger, verglichen mit 59 punkte in Lettland und Zypern, +5 Prozent- rungsbedarf. So machen Dienstleistungen in der letzten Eurobarometer-Umfrage vom punkte in Portugal und Griechenland. gegenwärtig rund 70 Prozent des europäi- Herbst. Und schließlich sehen die EU-Bür- schen Bruttoinlandsprodukts aus, aber nur Vizepräsident Maroš Šefcovic, zuständig gerInnen die Zukunft der EU optimistischer. 20 Prozent des grenzüberschreitenden Han- für interinstitutionelle Beziehungen und Ver- Seit November letzten Jahres hat die Zahl dels zwischen den EU-Ländern. Geeignete waltung, erklärte hierzu: „Wir haben schwie- derer, die die Zukunft der EU positiv beur- Maßnahmen zur Förderung der grenzüber- rige Zeiten hinter uns, aber nun scheint sich teilen, um fünf Prozentpunkte zugenommen, schreitenden Versorgung mit Dienstleistun- das Blatt für Europa zu wenden. Unsere ge- während die Zahl der Pessimisten um fünf gen innerhalb der EU wären eine bessere meinsamen Anstrengungen, Europa auf den Prozentpunkte gesunken ist (siehe Punkt 6 Standardisierung von Dienstleistungen und Pfad der wirtschaftlichen Erholung zu füh- der Anlage). Mehr als die Hälfte der Men- die vollständige Umsetzung der Dienstlei- ren, zeigen nun Wirkung. Nicht nur bei den schen sind nun optimistisch eingestellt, und stungsrichtlinie. Die Arbeitsmobilität inner- Konjunkturindikatoren ist ein Aufwärtstrend nur zwei von fünf teilen diese Einschätzung halb der EU erhöhen könnten die schnelle zu beobachten, auch die Einschätzung der nicht in vollem Umfang. und unbürokratische Anerkennung der im Bürgerinnen und Bürger zur Wirtschaftslage 50 Prozent der ÖsterreicherInnen sind der Heimatland erworbenen Qualifikationen und ist positiver. Es sind sicherlich auch die zahl- Meinung, daß ihre Stimme in der EU zählt. Abschlüsse, bessere grenzüberschreitende reichen Debatten rund um die Europawahl – Zudem fühlen sich nun 65 Prozent der Eu- Informationen über Stellenangebote und nicht zuletzt die Bürgerdialoge und das ropäerInnen und 77 Prozent der Österrei- eine erleichterte Mitnahme von Ansprüchen Spitzenkandidatenprinzip, die Europa den cherInnen als EU-BürgerInnen. 67 Prozent in der Sozialversicherung. Bürgerinnen und Bürgern nähergebracht der ÖsterreicherInnen und 55 Prozent der Zur Methodik der Studie: Um die Wachs- haben.“ EuropäerInnen unterstützen den Euro. tumseffekte des europäischen Binnenmark- Die Standard-Eurobarometer-Umfrage tes zu quantifizieren, mißt die Studie die Wirtschaftslage und Zukunft der EU vom Frühjahr 2014 wurde vom 31. Mai bis europäische Integration mit Hilfe eines eige- werden zunehmend positiv beurteilt zum 14. Juni 2014 in persönlichen Gesprä- nen Indexes. Daran läßt sich ablesen, wie Zum ersten Mal seit dem Beginn der chen durchgeführt. Insgesamt wurden eng die Staaten wirtschaftlich miteinander Finanzkrise vor sieben Jahren glauben wie- 32.689 Personen in allen EU-Mitgliedsstaa- verbunden sind. Der Index wurde für den der mehr Europäer, daß sich die wirtschaftli- ten sowie den Kandidatenländern befragt. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 16 Österreich, Europa und die Welt Zukunftspotentiale der BRICS-Länder Österreichs Exporteure mit guten Marktchancen – Wirtschaftsminster Reinhold Mitterlehner will Potential der BRICS noch besser ausschöpfen und Weg zur Technologieführerschaft unterstützen m Auftrag des Wirtschaftsministeriums Ihat eine neue Studie von OeKB Research Services und IHS das Potential von Brasilen, Rußland, Indien, China und Südafrika für Österreichs Wirtschaft beleuchtet. Öster- reichs Außenhandelsverflechtung mit den BRICS-Ländern hat in den vergangenen Jah- ren deutlich zugenommen: Zwischen 2005 und 2013 stiegen die Exporte in diese Län- dergruppe um durchschnittlich acht Prozent pro Jahr. Der Beitrag zur Entwicklung der heimischen Wertschöpfung wurde zuletzt auf 7,3 Milliarden Euro geschätzt. 872 Mil- lionen Euro davon stammen aus mittelbaren Exporten heimischer Zulieferer via Deutsch- land in die BRICS-Staaten. „Wir wollen das Potential der BRICS-Märkte in Zukunft noch besser ausschöpfen und die Exportaktivitäten unserer Unternehmen gezielt in diese Rich-

tung unterstützen. Eine wichtige Basis dafür Foto: Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ist ein fundiertes Wissen über Geschäfts- Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner: »„Wir wollen das Potential der BRICS- chancen, Herausforderungen und Erfolgs- Märkte in Zukunft noch besser ausschöpfen und die Exportaktivitäten unserer faktoren in großen Wachstumsmärkten“, be- Unternehmen gezielt in diese Richtung unterstützen.« gründet Wirtschaftsminister Reinhold Mit- sind vor allem Marktgröße und Wachstum. chende Marken- und Patentschutz, wie es in terlehner die Ziele der Marktanalyse, die am In China und Indien werden zudem Pro- der Studie heißt. 9. Juli im Wirtschaftsministerium präsentiert duktions- und Lohnkostenvorteile als ent- wurde. scheidende Motive genannt. In welchen Sektoren liegen Einerseits hat die Studie eine makroöko- Geschäftschancen für Österreich? nomische sowie struktur- und sektorspezifi- Was macht BRICS-Märkte attraktiv, Die wichtigste Exportbranche Öster- sche Untersuchung dieser Märkte durchge- was macht sie schwierig? reichs in Bezug auf die BRICS-Märkte ist führt. Andererseits wurde die mikroökono- Als entscheidende Erfolgsfaktoren nen- der Maschinenbau, dessen Anteil an den Ge- mische Perspektive aus Sicht der derzeitigen nen die Unternehmen für Indien, China und samtausfuhren in die BRICS zwischen 15 und potentiellen Akteure eingeholt sowie Südafrika an erster Stelle gute Kontakte vor Prozent (Südafrika) und 35 Prozent (China) durch Expertenwissen untermauert. Ein Er- Ort und lokale Netzwerke. In Russland und liegt. Damit positioniert sich Österreichs Ex- gebnis ist, daß die rund 400 befragten Un- Brasilien wird die Produktqualität als we- portwirtschaft primär im mittleren Technolo- ternehmen die fünf BRICS-Märkte sehr un- sentliches Asset gesehen. Sehr wichtig ist zu- giesegment, konnte in den vergangenen Jah- terschiedlich einschätzen. Der regionale Fo- dem in sämtlichen BRICS die Reputation ren aber auch im High-Tech-Segment zule- kus liegt eindeutig auf Rußland: 82 Prozent der ÖsterreicherInnen als verläßliche Ge- gen. In Anbetracht des steigenden globalen der befragten Unternehmen sind dort tätig, schäftspartner sowie eine gründliche Markt- Wettbewerbs im Medium-High-Tech-Sektor schwerpunktmäßig über Exporte. Rußland kenntnis und qualifizierte Arbeitskräfte vor sind Österreichs Unternehmen gemäß Studie wird gemäß der Umfrage auch mittel- bis Ort. Als größte Hürde für ein Engagement in gut beraten, auch in Zukunft ihre Strategie langfristig trotz politischer Risikofaktoren den BRICS werden Faktoren wie die dortige der Nischenbesetzung in Verbindung mit das höchste Potential zugesprochen. China Bürokratie oder auch Rechtsunsicherheit ge- Technologieführerschaft fortzuführen. Inter- ist der zweitwichtigste Zielmarkt (65 Pro- nannt. Bezogen auf die einzelnen Länder essante Perspektiven ergeben sich auch für zent sind dort aktiv), gefolgt von Indien (56 stellen aus Unternehmenssicht in Brasilien Anbieter von spezialisierten Produkten und Prozent) und Brasilien (52 Prozent). In Süd- die vergleichsweise hohen Steuern und Ab- wissensintensiven Dienstleistungen. Gerade afrika sind 44 Prozent der befragten Unter- gaben ein Problem dar, in Indien die gerin- bei der Modernisierung der Infrastruktur nehmen engagiert. Wichtigste Motivations- gen erzielbaren Preise, in Rußland die finan- (Verkehr, Stadtentwicklung, Abwasserwirt- faktoren für ein Engagement in den BRICS ziellen Risiken und in China der unzurei- schaft, Kraftwerksbau, Umwelttechnologie,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 17 Österreich, Europa und die Welt Grafik: BMWFW

Eckdaten zu BRICS im Vergleich zu Österreich, Eurozone und USA (Quellen: OECD, IMF, Eurostat, Berechnungen OeKB Research Services)

etc.) ist der Bedarf enorm. „Hier können „Die BRICS-Staaten sind ein regionaler marktung ihrer Innovationen“, so Mitterleh- Österreichs Unternehmen mit ihrem Erfah- Schwerpunkt unserer Initiative: 22 Prozent ner. Weitere IO-Instrumente sind die Unter- rungswissen und mit technischem Know- der knapp 1000 bereits durchgeführten und stützung des Besuchs wichtiger Branchen- how punkten“, betont Mitterlehner. Für High- geplanten Veranstaltungen betreffen die treffs, von Kongressen und Messen sowie Tech-Nischenanbieter bieten sich Geschäfts- BRICS-Region“, betont Mitterlehner. „Wir die Teilnahme an Forschungskooperationen. möglichkeiten unter anderem bei Mautsy- unterstützen vor allem Klein- und Mittelbe- Neben Marktstudien werden auch Rechts- stemen und Verkehrsüberwachungssoftware triebe beim ersten Schritt in den Export, der beratungen und Risikoanalysen durchge- sowie Verkehrs- und Signalanlagen. „Weite- Eroberung von Fernmärkten und der Ver- führt und den Unternehmen angeboten. „ re Chancen bieten der starke Trend zur Ur- banisierung und die demografische Entwick- lung, zum Beispiel in der Medizintechnik“, Moderne Insolvenzvorschriften so Mitterlehner unter Verweis auf die Studie. urch die Vernetzung der Datenbanken wichtigen Schritt in Richtung auf eine effi- Handlungsoptionen: Mitterlehner will Dder sieben Mitgliedsstaaten Tschechi- ziente und wirksame Justiz, die das Wirt- Technologieführerschaft forcieren sche Republik, Deutschland, Estland, Nie- schaftswachstum fördert.“ Die breit gefächerten Empfehlungen rich- derlande, Österreich, Rumänien und Slowe- Der Zugang zu EU-weiten Insolvenzregi- ten sich unter anderem an die Industrie- und nien leitete die Europäische Kommission am stern verbessert die Effizienz und Wirksam- Innovationspolitik, wobei auch die Bildungs- 7. Juli die EU-weite Verknüpfung nationaler keit grenzübergreifender Insolvenzverfah- politik gefordert ist. „Die im internationalen Insolvenzregister ein. Weitere Länder dürf- ren. Zu den konkreten Vorteilen gehören: Vergleich hohe F&E-Intensität sollte in Zu- ten sich zu einem späteren Zeitpunkt an-  ein schnellerer Zugang in Echtzeit zu In- kunft noch stärker unterstützt werden, damit schließen. Diese erste Vernetzung dient als formationen von wesentlicher Bedeutung wir uns verstärkt über die Technologiefüh- zentrale Anlaufstelle für Unternehmen, Gläu- für Unternehmensentscheidungen mittels rerschaft in Marktnischen positionieren kön- biger und Investoren, die in Europa investie- einer einzigen Anlaufstelle; nen“, bekräftigt Mitterlehner. Österreich ren wollen. Dank der auf einer Website, dem  kostenlose zentrale Insolvenzinformatio- habe zudem gute Chancen, im High-Tech- europäischen e-Justice Portal, verfügbaren nen in den Sprachen der Europäischen Segment an Stärke zu gewinnen. Laut Studie Informationen können Unternehmer die glei- Union; muß dafür die Entwicklung von Schlüssel- chen Überprüfungen wie bei Investitionen in  klare Erläuterungen der Insolvenztermi- technologien vorangetrieben und entspre- ihren Herkunftsländern vornehmen, und nologie und -systeme der teilnehmenden chend den wirtschaftlichen Anforderungen Gläubiger können mit diesem System In- Mitgliedstaaten zum besseren Verständ- gesteuert werden, um Innovationskraft und solvenzfälle in einem anderen EU-Mit- nis ihres Inhalts. Patentdynamik zu forcieren. Zudem sollte gliedsstaat verfolgen. das kreative Potenzial der jungen Genera- „Ein grenzübergreifender Zugang zu In- Das Pilotprojekt ist ein erster Schritt auf tionen möglichst früh geweckt werden. Ein formationen über Insolvenzen ist für einen dem Weg zu einem EU-weiten Netz der In- weiterer Ansatz zielt auf die Förderung von gut funktionierenden Binnenmarkt und den solvenzregister. Die Initiative ist im Vorfeld Direktinvestitionen, um eine stärkere Positio- europäischen Rechtsraum von entscheiden- des modernisierten europäischen Insolvenz- nierung innerhalb der internationalen Wert- der Bedeutung“, so Johannes Hahn, EU- rechts zu sehen, das den Mitgliedsstaaten die schöpfungsketten zu schaffen. Kommissar für Justiz. „Von den Unterneh- Veröffentlichung wichtiger Informationen Zur Unterstützung werden österreichi- men hängt ein Großteil unseres Wohlstands über Insolvenzverfahren in elektronischen sche Exporteure und Investoren im Rahmen und der Arbeitsplätze ab. Wenn Anleger ihr Insolvenzregistern zwingend vorschreibt (48 der Internationalisierungsoffensive „go inter- Geld in andere europäische Länder investie- Monate nach der Verabschiedung). Diese In- national“ gefördert, die vom Bundesministe- ren sollen, müssen Informationen über In- formationen müssen öffentlich über das In- rium für Wissenschaft, Forschung und Wirt- solvenzen leicht zugänglich, mehrsprachig ternet zugänglich und mit dem e-Justice Por- schaft (BMWFW) finanziert und von der und transparent sein. Hierfür sorgt die Ver- tal vernetzt sein. Die Verordnung dürfte bis Außenwirtschaftsorganisation der WKO netzung der Insolvenzregister über das e- Ende des Jahres verabschiedet werden. „ „Außenwirtschaft Austria“ umgesetzt wird. Justice Portal. Heute machen wir einen https://e-justice.europa.eu/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 18 Österreich, Europa und die Welt Euregio forscht Beirat trat erstmals zusammen – konstituierende Sitzung in Bozen Foto: Landespresseamt Südtirol / Rainer Teilnehmer der ersten Sitzung mit den Landeshauptmännern Günter Platter (2.v.l.) und Arno Kompatscher (2.v.r.) ie Ausschreibung für den mit einer Mil- Eine der zentralen Säulen der Europa- Weiters hat der Beirat empfohlen, daß der Dlion Euro dotierten Euregio-Forschungs- region sind die Zukunftsthemen Wissen- EVTZ Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino förderungsfonds startet Ende August. Ein- schaft und Forschung. Die Gesamttiroler Zu- gemeinsam mit den Universitäten Innsbruck, geladen sind in erster Linie mehrjährige For- sammenarbeit in diesem Gebiet nimmt im- Bozen und Trient einen mit 100.000 Euro schungsprojekte, die alle drei Forschungs- mer konkretere Formen an und entwickelt pro Jahr dotierten Mobilitätsfonds zur Unter- standorte der Europaregion einbinden, unab- sich zum Leuchtturmprojekt der Europa- stützung des Austauschs von Lehrkräften hängig von der Fachrichtung. „Im Mittel- region Tirol-Südtirol-Trentino. Aufgabe des und Studenten zügig noch im laufenden Jahr punkt steht die gemeinsame Forschung in Euregio-Forschungsbeirats ist es, über das 2015 umsetzt. Damit wird es schon im kom- der Europaregion. Wir wollen die besten Fortschreiten der Zusammenarbeit zu wa- menden Wintersemester selbstverständlich Projekte und Köpfe unterstützen, damit die chen und vor allem konkrete Anstöße zu ge- werden, daß etwa ein Professor aus Trient Wissenschaft in Tirol, Südtirol und dem Tren- ben. Der Beirat hat sich dabei nicht nur zur auch Vorlesungen an der Uni Innsbruck hält tino weiter zusammenwächst“, freut sich konstituierenden Sitzung getroffen, sondern oder Studierende aus Innsbruck Blocksemi- Euregio-Präsident LH Günther Platter im gleich schon Nägel mit Köpfen gemacht. So nare in Bozen besuchen. Anschluß an die konstituierende Sitzung des wurde eine erste Ausschreibung im Rahmen Positiv vermerkt wurde, daß sowohl das Euregio-Forschungsbeirats, der 11. Juli in der Forschungsförderung vorbereitet. Präsidium als auch das Kuratorium des Bozen zum ersten Mal tagte. Ebenfalls auf Die Ausschreibung wird sich auf jeden österreichischen Fonds zur Förderung der der Tagesordnung stand der eigens einge- Fall an Forschungsprojekte richten, die an wissenschaftlichen Forschung (FWF) bereits richtete Mobilitätsfonds für den Austausch allen drei Forschungsstandorten gemeinsam im Juni die Zusammenarbeit mit der Europa- von Lehrkräften und Studenten. betrieben werden. Es sind somit Verbund- region genehmigt haben. Für 2015 und 2016 Beim ersten Treffen des Beirats dabei war forschungsprojekte mit einem gemeinsamen ist die Durchführung weiterer Ausschrei- Tirols LH Günther Platter, der in seiner Ei- Forschungsziel und gemeinsamer Durchfüh- bungen des Euregio-Forschungsförderungs- genschaft als Präsident des Europäischen rung. Die Dauer wird drei Jahre betragen, fonds geplant. Ausschreibung, Einreichung Verbunds territorialer Zusammenarbeit die Projektgröße zwischen 250.000 und und Evaluierung der Projekte werden in eng- (EVTZ) auch dem Beirat vorsteht, sowie höchstens 500.000 Euro betragen. Der Beirat lischer Sprache erfolgen. Damit wird dem sein Südtiroler Amtskollege LH Arno Kom- wird auf Grundlage der Begutachtung durch Ziel der Internationalisierung entsprochen, patscher und LRin Sara Ferrari als Vertre- den renommierten österreichischen Wissen- indem die ForscherInnen an die Standards terin der Trentiner Landesregierung. Im Bei- schaftsfonds FWF mindestens je ein Projekt bei gemeinsamen EU-Projekten herange- rat wirken für Tirol Wissenschaftslandesrat aus den Forschungskreisen Naturwissen- führt werden. Ende August soll die Aus- Bernhard Tilg und Innsbrucks Uni-Rektor schaften-Technik-Medizin und Geistes-, schreibung veröffentlicht werden. Interes- Tilmann Märk, für Südtirol Ressortdirek- Rechts- und Sozialwissenschaften zur För- sierte können sich bereits im Vorfeld beim torin Andrea Zeppa und Bozens Uni-Rektor derung empfehlen. Büro der Europaregion melden, um Basis- Walter Lorenz sowie für das Trentino Maria- Anspruchsberechtigt sind Forscher aller informationen einzuholen und sich vorzube- no Anderle und Trients Uni-Rektorin Daria Universitäten, Fachhochschulen und For- reiten. „ de Pretis mit. schungsstätten. http://www.europaregion.info

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 19 Österreich, Europa und die Welt Burgenlands Politspitze bei den Bayreuther Festspielen Landeshauptmann Niessl und Kulturlandesrat Bieler als Ehrengäste in der bayrischen Kulturmetropole

Landeshauptmann Hans Niessl und Kulturreferent Landesrat Helmut Bieler mit Gattinnen wurden als Ehrengäste zur Eröffnung der Festspiele von Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe (im Bild mit Gatten Thomas Erbe) begrüßt. ichard Wagners „Tannhäuser“ in der Kulturpartnerschaft gründet in der Verbin- ding gepflegt wird. Die großartige Musik RRegie von Sebastian Baumgarten stand dung von Bayreuth zu Raiding, dem Geburts- von Liszt und Wagner ist damit Wegbereiter am 25. Juli am Programm des Eröffnungs- ort von Richard Wagners Schwiegervater und Bindeglied der Partnerschaft und tags der Bayreuther Festspiele 2014. Im Franz Liszt, und wird durch Kooperationen Freundschaft“, erklärten Niessl und Bieler Rahmen der Kulturpartnerschaft des Landes in den Bereichen Kultur, Wissenschaft, For- vor der Premiere. Burgenland mit der bayrischen Metropole schung und Tourismus geprägt. „Bayreuth Die Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth waren Landeshauptmann Hans Niessl und und das Burgenland verbindet über die Zu- ist verpflichtet, das Festspielhaus zur Durch- Kulturreferent Landesrat Helmut Bieler als sammenarbeit hinaus eine langjährige führung der Festspiele an den Festspielunter- Ehrengäste von Bayreuths Oberbürgermei- Freundschaft, die durch auch durch gegen- nehmer zu vermieten. Seit 1986 ist das die sterin Brigitte Merk-Erbe zur Festveran- seitige Besuche wie hier bei den Wagner- Bayreuther Festspiele GmbH, die – mit staltung geladen. Die seit 1990 bestehende Festspielen oder beim Liszt-Festival in Rai- Vertrag auf Lebenszeit – von Richard Wag- ners Enkel Wolfgang Wagner als Gesell- schafter-Geschäftsführer geleitet wurde. Er selbst ist am 31. August 2008 von seinem Amt zurückgetreten, als Nachfolgerinnen wurden vom Stiftungsrat seine beiden Töch- ter Eva und Katharina bestimmt. 2013 er- hielten die beiden Intendantinnen des Fest- spielhauses der Bayreuther Festspiele für ihre Verdienste um die Partnerschaft Bur- genland-Bayreuth vom Land Burgenland das Große Ehrenzeichen des Landes. Am Rande der Festspiele konnte Landes- hauptmann Hans Niessl auch Gespräche mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer sowie dessen Vorgänger Edmund Stoiber führen. Niessl lud den Seehofer zu einem Besuch ins Burgenland ein, der sich sich über die Einladung erfreut zeigte. Niessl

Fotos: Bgld. Landesmedienservice thematisierte auch die Internationalisierung Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl mit dem bayerischen Ministerpräsi- des Burgenlandes sowie den Ausbau der wirt- denten Horst Seehofer sowie dessen Vorgänger Edmund Stoiber. schaftlichen Kontakte zu Bayern. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 20 Österreich, Europa und die Welt Oö. Gold für Pavel Kohout Pavel Kohout, Proponent und Mitunterzeichner der Charta 77 in der damaligen Tschechoslowakei, von LH Josef Pühringer aus Anlaß des Jubiläumsjahres »25 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs« nach Oberösterreich eingeladen worden. Foto: Land OÖ / Kraml v.l.: Der Botschafter der tschechischen Republik in Österreich, Jan Sechter, Pavel und Jelena Kohout und LH Josef Pühringer nsere tschechischen Nachbarn haben im dem späteren Staatspräsidenten Vaclav Há- und sein politisches – mit dem „Goldenen USpätherbst des Jahres 1989 Weltge- vel, mit Jirí Dienstbier und Jirí Hájek die Ehrenzeichen des Landes Oberösterreich“ zu schichte mitgeschrieben, und zwar friedlich sogenannte Charta 77. ehren. Die Auszeichnung fand im Rahmen und mutig zugleich. Dafür haben gerade Pavel Kohout machte damit auf außeror- eines Festaktes am 15. Juli im Linzer Schloß- tschechische Bürgerrechtler wie Pavel Ko- dentlich mutige Weise auf zahlreiche anhal- museum statt. hout seit den 1970er-Jahren den Boden auf- tende Menschenrechtsverletzungen in der Die Bevölkerung von Oberösterreich bereitet“, betonte Oberösterreichs Landes- ÈSSR aufmerksam. war – obwohl der Eiserne Vorhang über viele hauptmann Josef Pühringer am 15. Juli bei Menschenrechtsverletzungen, die im to- Jahrzehnte eine nahezu unüberwindbare einer gemeinsamen Pressekonferenz in Linz. talitären politischen System der ÈSSR lau- Barriere bildete – an den Vorgängen in der fend erfolgten, obwohl vom damaligen tsche- ÈSSR, die sich zwischen 1949 und 1989 er- Goldenes Ehrenzeichen choslowakischen Außenminister nur zwei eignet haben, immer sehr interessiert. Viele des Landes Oberösterreich Jahre zuvor, am 1. August 1975, in Helsinki, unserer Landsleute waren persönlich betrof- „Meine Auszeichnungen in Österreich, die KSZE-Schlußakte unterzeichnet worden fen, weil sie z.B. ihre alte Heimat nicht mehr Deutschland und in der Schweiz verdanke waren. besuchen konnten oder als sie erleben muß- ich der Tatsache, daß man mich dort in der Pavel Kohout hat die Freiheit des Indivi- ten, daß der Traum des Prager Frühlings mit besseren Hälfte meines Lebens kennenglernt duums damals über die Macht des Kollektivs Panzern niedergewalzt wurde. hat.“ Dieser launige Satz stammt von Pavel gestellt, hat dem Humanismus gegenüber Daher wiegt es aus oberösterreichischer Kohout, der einer der bedeutendsten Schrift- dem Kommunismus den Vorzug gegeben, Sicht umso mehr, daß Pavel Kohout durch steller der Tschechischen Republik ist. Am hat die Individualität über die Ideologie ge- sein Denken und Handeln, durch seinen 20. Juli 1928 geboren, hat er die vielfältigen stellt und damit in Kauf genommen, daß ihn Einsatz der Sprache und seine Bereitschaft, politischen Veränderungen, die seinem Hei- der Bannstrahl des Regimes ereilte, er am um des Kampfes für die Freiheit willen so- matland im 20. Jahrhundert widerfuhren, Ende in der ÈSSR totgeschwiegen, gegen gar Repressalien eines totalitären Regimes in hautnah miterlebt. Analog zu diesen politi- seinen Willen ausgebürgert und nach Öster- Kauf zu nehmen, entscheidend dazu beigetra- schen Veränderungen hat sich auch Pavel reich abgeschoben wurde, wo er quasi eine gen hat, daß sich immer wieder „Rostlöcher“ Kohout vom anfänglich überzeugten Kom- zweite Heimat fand. in den Eisernen Vorhang gefressen haben und munisten hin zu einem der bedeutendsten daß diese Grenze des Unrechts am Ende ver- Regimekritiker und Dissidenten der damali- Fall des Eisernen schwand. gen ÈSSR gewandelt. Und dies obwohl er in Vorhangs vor 25 Jahren Böhmen und Oberösterreich sind damit der kommunistischen Zeit anfänglich einer Da es heuer 25 Jahre her ist, daß der von einer geopolitischen Randlage wieder der meistgespielten Autoren war. Eiserne Vorhang fiel, nahm das offizielle mitten ins Herz Europas zurückgekehrt, wo- Pavel Kohout gilt als einer der Wortfüh- Oberösterreich dieses freudige Jubiläum mit sich den Menschen diesseits und jenseits rer des Prager Frühlings (1968) und unter- zum Anlaß, um Pavel Kohout für sein Le- der Grenze viele neue Chancen und Perspek- zeichnete im Jänner 1977 gemeinsam mit benswerk – und zwar für sein literarisches tiven eröffnet haben. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 21 Österreich, Europa und die Welt »Stolpersteine« In Klagenfurt wurden zwölf Stolpersteine vor Wohnadressen von Menschen gelegt, die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurden. Foto: Stadtpresse / Fritz v.l.: Robert Uri (Urenkel v. Samuel und Regine Linker), Univ.Prof. Peter Gstettner, Gemeinderätin Sieglinde Trannacher, Bürger- meister Christian Scheider, Robert Uri (Urenkel v. Samuel und Regine Linker) und Georg Lexer (Urenkel v. Georg Lexer) it dem Kunst- und Erinnerungsprojekt Scheider dankte den Initiatoren des Pro- Walter Tollinger am Alten Platz 1 gespendet M„Stolpersteine“ wird an das Schicksal jekts in Klagenfurt, Gemeinderätin Sieglinde und sind somit junge, engagierte Paten des jener Menschen erinnert, die in der Zeit des Trannacher, die für die Österreichisch-Israe- Projekts. Nationalsozialismus vertrieben, deportiert lische Gesellschaft tätig ist, Universitätspro- Der Künstler Gunther Demnig will mit und ermordet wurden. In der zweiten Phase fessor Peter Gstettner (Beirat für Erinne- seinem 1993 initiierten Projekt den Opfern, des internationalen Projekts wurden in Kla- rungskultur der Landeshauptstadt Klagen- denen alles genommen wurde und die vor genfurt am 4. Juli weitere zwölf pflasterst- furt) und dem eigens für die diese zweite ihrem Tod nur mehr Nummern waren, wie- einförmige Messingtafeln gelegt, in welche Phase angereisten Kölner Künstler Gunther der ihren Namen und damit ihre Würde Name und Jahrgang der Opfer graviert sind, Demnig, der jeden einzelnen Stein persön- geben. Denn: „Ein Mensch ist erst verges- ebenso wie jener Ort, an dem sie auf grauen- lich vor den Wohnadressen der Opfer gesetzt sen, wenn sein Name vergessen ist“. (Talmud) volle Weise ihr Leben lassen mußten. hat. Eigens aus Israel ist Ron Itzhaki ange- „Mit der heutigen ,Stolperstein‘-Legung Der Bürgermeister wies auch auf die reist, er ist Urenkel von Eleonore Ostermann, erinnern wir uns an Opfer des Widerstandes, zahlreichen Aktivitäten hin, die die Stadt wi- die 1942 im Vernichtungslager Treblinka er- der Euthanasie und an die jüdischen Bürge- der das Vergessen setzt: darunter die „Allee mordet wurde. Eleonore Ostermann wohnte rinnen und Bürger, die in Klagenfurt ge- der Gerechten“, die Sanierung des jüdischen in der St. Veiter Straße 4 und betrieb einen wohnt, gelebt und gearbeitet haben“, sagte Friedhofs in Klagenfurt und die bevorste- Gemischtwarenladen gleich gegenüber ihrer Bürgermeister Christian Scheider beim Fest- hende Präsentation des Modells des jüdi- Wohnadresse. Ihre Enkelin Ester Itzhaki, akt im Landhaushof. Er betonte die interna- schen Gebetshauses im November. „Und wir heute 86 Jahre alt, konnte aufgrund einer tionale Bedeutung dieses Erinnerungspro- wollen die Erinnerungsarbeit in unserer Stadt Operation nicht nach Klagenfurt mitreisen. jektes: „Der Kölner Künstler Günther Dem- noch weiter entwickeln“, sagt Scheider. Bürgermeister Scheider überreichte daher nig hat bereits mehr als 35.000 Stolpersteine Initiatorin Sieglinde Trannacher dankte ihrem Sohn ein Gemälde mit einer wunder- in ganz Europa gesetzt. Auch unsere erste dem Bürgermeister und der Klagenfurter schönen Klagenfurter Ansicht, das er seiner Phase im März 2012 mit elf Steinen hat sich Stadtregierung für die Unterstützung in allen Mutter mit den besten Genesungswünschen weit über die Grenzen des Landes herum ge- Belangen der Gedenkkultur, sowie allen, die überreichen sollte. Elvira Ester Itzhaki hat sprochen. Wir begrüßen heute Angehörige sich an der Realisierung der Gedenkveran- selbst die Gräuel des NS-Regimes miterlebt. von Opfern bei uns, die aus Israel angereist staltung beteiligt hatten. Vor 76 Jahren wurde sie aus ihrer Klasse in sind und auch eine Abordnung aus der Part- Besonders hervorgehoben wurde die 7C- der Benediktinerschule von Uniformierten nerstadt Dachau ist gekommen, um diesem Klasse des Ingeborg-Bachmann-Gymna- „abgeholt“ und vertrieben weil sie Jüdin Akt des Gedenkens und Erinnerns beizu- siums: die SchülerInnen haben ihr Taschen- war. Heute lebt sie in Tel Aviv. „ wohnen“, so der Bürgermeister. geld für den Stolperstein vor dem Haus von http://www.stolpersteine.eu

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 22 Österreich, Europa und die Welt Kulturelle Brücken in die Ukraine ie westukrainische Stadt Lemberg lud DKünstlerInnen aus zehn europäischen Partnerstädten, darunter aus Wien und Graz, ein, sich auf einer Wand im öffentlichen Raum mit typischen Sujets ihrer Herkunfts- stadt zu präsentieren. Die drei Wiener Ver- treter wurden von der Akademie der bilden- den Künste entsandt und malten farbenfrohe Collagen auf eine zehn Meter lange Wand an einer stark frequentierten Straßenbahnkreu- zung. Die Aktion wurde von der Stadtver- waltung Lemberg und dem dortigen Büro des Österreichischen Austauschdienstes (OeAD) organisiert. Für den Lemberger Bürgermeister Andriy Sadovyy war diese Aktion ein wichtiger Ausdruck der Verbun- denheit seiner Stadt mit Europa, besonders in diesen schwierigen Tagen.

Gäste aus Odessa Bereits zum siebten Mal fand im moder- nen Festsaal der Berufsschule Längenfeld- Foto: Thomas Resch (MD-EUI) Die Wiener Künstler Jean-Pierre Cueto und Christian Murzek gasse das „Kreativfestival“ statt. Seitens der Veranstalter aus der ukrainischen Schwarz- Wettbewerben 500 Kinder und Jugendliche seinen wunderbaren Darbietungen auch in meermetropole Odessa nahmen an den musi- aus acht Staaten, darunter auch aus Öster- anderen europäischen Städten. Die nächsten kalischen und artistischen Aufführungen und reich, teil. Das Kreativfestival gastiert mit Destinationen sind Prag und Budapest. „ Holland spielte eine nahezu perfekte Weltmeisterschaft… nmotiotec, ein Unternehmen der abatec igroup AG, stellte der holländischen Fuß- ball-Nationalmannschaft für die Zeit der Weltmeisterschaft das revolutionäre LPM (Local Position Measurement) System zur Verfügung. Schon in der Vorbereitung trai- nierte die erfolgreiche Mannschaft rund um Startrainer Louis van Gaal mit dem Tracking & Trainings-Analyse-System aus Regau. Friedrich Niederndorfer, MBA, Vorstand der abatec group AG und Geschäftsführer der inmotiotec GmbH: „Es freut mich natür- lich ungemein, daß die Holländer bei dieser WM so großartig gespielt haben, auch wenn es für den Titel knapp nicht gereicht hat. Ne- ben der spielerischen Qualität hat mich be- sonders die konditionelle Verfassung des

Teams überrascht. Wenn das LPM-System Foto: inmotiotec der inmotiotec dafür mit ausschlaggebend Bondscoach Louis van Gaal, Co-Trainer Patrick Kluivert und die holländische Fuß- war, freut mich das natürlich noch mehr.“ ball-Nationalmannschaft beim Training mit dem LPM-System von inmotiotec Bereits seit 2010 setzen Louis van Gaal und Ball in Echtzeit messen, sondern auch und in der Folge Verletzungen zu vermeiden. und dessen Betreuerstab auf die Vorteile die- biometrische Daten erfassen. Wir wissen wäh- inmotiotec produziert und verkauft hoch- ses Systems. Nicht nur beim holländischen rend des Trainings genau, wie sich die Herz- präzise Meßanlagen, die im Sportbereich be- Nationalteam, auch schon davor bei der Ar- frequenz eines Spielers entwickelt und kön- reits von Top-Vereinen wie AJAX Amster- beit mit dem deutschen Serienmeister. Da- nen so bei Bedarf sofort in den Trainingsver- dam, PSV Eindhoven, Bayern München tenanalytiker Max Reckers sieht folgende lauf eingreifen. Damit sind wir in der Lage, oder Red Bull zur Datenanalyse Vorteile: „Dank LPM können wir nicht nur nicht nur individuell optimieren sondern eingesetzt werden. „ die Bewegungen und Positionen von Spieler schon im Vorfeld Trainings-Überbelastungen http://www.inmotiotec.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 23 Österreich, Europa und die Welt Grenzüberschreitender Hochwasserschutz sterreich und Deutschland intensivieren Ödie Zusammenarbeit im grenzüber- schreitenden Hochwasserschutz. Hochwasser macht weder vor Staats- noch vor Landes- grenzen Halt. Das hat nicht zuletzt die Hochwasserkatastrophe im Juni des vergan- genen Jahres gezeigt, von der nicht nur Tirol, sondern auch Teile Bayerns und andere ös- terreichische Bundesländer betroffen waren. „Die gestrigen Hochwassergespräche in München waren der Auftakt für eine noch stärkere Zusammenarbeit im Hochwasserri- sikomanagement“, berichtete Tirols Kata- strophenschutzreferent LHStv Josef Geisler

von einem Treffen auf höchster politischer Foto: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz Ebene am 8. Juli. Dabei haben sich die Ver- v.l.: Sektionschef Wilfried Schimon (Lebensministerium), LR Rudi Anschober treter Österreichs mit den Bundesländern Ti- (Oberösterreich), Staatsminister Marcel Huber (Bayern), LHStv Josef Geisler rol, Salzburg und Oberösterreich sowie (Tirol), LR Josef Schwaiger (Salzburg) und Jörg Wagner (Umweltministerium) Deutschlands mit Bayern und Baden-Würt- umgesetzt werden“, weiß Geisler. Die man noch enger zusammenarbeiten. Falls temberg in einer gemeinsamen Erklärung Handlungsfelder wurden bei den Hochwas- notwendig, werden an Inn und Salzach zu- klar zu einem grenzüberschreitenden Hoch- sergesprächen klar definiert: Der Ablauf von sätzliche Meßstellen errichtet. Bayern würde wasserschutz bekannt. Hochwasserwellen soll durch zu schaffende sich daran finanziell beteiligen. Ein Thema „Der Hochwasserschutz ist eine wichtige Retentionsräume gemildert werden. Dazu wird aber auch die Betriebsweise von Gemeinschaftsaufgabe. Er muß nicht nur über soll es eine gemeinsame Studie über Reten- Kraftwerken sein. Nun werden im Rahmen die Gemeindegrenzen, sondern auch über tionsraumpotentiale geben. Bei der grenz- von bereits bestehenden Vereinbarungen und die Landesgrenzen hinweg konzipiert und überschreitenden Hochwasservorhersage will Gremien ExpertInnengruppen eingesetzt. „ Wien: Einrichtung für minderjährige Flüchtlinge ahr für Jahr flüchten tausende Jugendliche Jallein, ohne ihre Eltern, aus den Krisenre- gionen der Welt. Im Haus „Sidra“, einem Wohnhaus für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) des Samariterbundes Wien, finden einige von ihnen ein neues Zuhause. „Sidra“ bedeutet „Familie“ in der Sprache Tigrinya, die in Eritrea gesprochen wird, und steht für die Gemeinschaft, in der die Jugendlichen im Wohnhaus leben. „Jedes Kind hat ein Recht auf Kindheit. Auch wenn wir diesen geflüchteten Waisen und verlassenen Jugendlichen ihre wahr- scheinlich nicht mehr ganz zurückgeben können, so müssen wir zumindest alles ver- suchen, ihre Gesundheit zu verbessern, ein Stück Lebensfreude und Sicherheit zu spen- den und ihnen eine Zukunft wieder zu er- möglichen“, sagt Wiens Gesundheits- und Foto: PID / Gökmen Sozialstadträtin Sonja Wehsely. „Wien ist Sozialstadträtin Sonja Wehsely hat das zehnte Quartier für unbegleitete minderjäh- eine lebenswerte Stadt, weil wir uns um die rige Flüchtlinge in Wien eröffnet. Das Haus »Sidra« des Arbeitersamariterbundes wurde mit 160.000 Euro des FSW saniert und bietet Platz für 30 Jugendliche. kümmern, die uns brauchen. Das ist mein Grundverständnis einer sozialen, solidari- geschaffen. „Viele von ihnen haben Trauma- litsch, Präsident des Samariterbundes Wien. schen und lebenswerten Gemeinschaft.“ tisches erlebt. Wir bieten den jungen Men- Im Mittelpunkt der sozialpädagogischen und Im Rahmen der Grundversorgung wur- schen eine altersadäquate Unterbringung psychosozialen Betreuung, die rund um die den hier in der Kerschensteinergasse in Wien und Betreuung. Unsere MitarbeiterInnen hel- Uhr erfolgt, stehen neben der Strukturierung Meidling insgesamt 30 Plätze für Jugendli- fen ihnen auch, ihre einschneidenden Erleb- des Tagesablaufs integrationsfördernde Maß- che im Alter zwischen 14 und 18 Jahren nisse zu verarbeiten“, erklärt Sigfried Sel- nahmen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 24 Österreich, Europa und die Welt Netzwerk »OÖ International«: bereits 750 Mitglieder ommerzialrat Helmut Gaisberger, auf Kden Philippinen lebender Auslands- oberösterreicher, traf kürzlich bei einem sei- ner regelmäßigen Besuche in der „alten“ Hei- mat mit Landeshauptmann Josef Pühringer zusammen. Begleitet wurde er ins Linzer Landhaus von einem Schulfreund, dem Welser Hotelier Edmund Hubertus Hauser. Gaisberger ist Mitglied im Netzwerk „OÖ International“, dem mittlerweile 750 OberösterreicherInnen (540 Männer und 210 Frauen) angehören, die derzeit oder auf Dauer im Ausland leben – aktuell in 95 Ländern auf allen Kontinenten. Die Palette reicht vom Dirigenten über Diplomaten und Wissen- Foto: Lnad OÖ / Kraml schafter bis zu bekannten Wirtschaftsgrößen. v.l.: Edmund Hubertus Hauser, Helmut Gaisberger und LH Josef Pühringer „Wir wollen die Erfahrungen und die Kon- Botschafter ihrer Heimat und tragen dazu Afghanistan, Kanada, USA, Barbados, Sin- takte der Auslandsoberösterreicherinnen und bei, die Marke Oberösterreich noch erfolg- gapur und Australien landete er in der phil- -oberösterreicher nutzen, um den internatio- reicher und bekannter zu machen“, freut sich ippinischen Hauptstadt Manila, bis heute nalen Stellenwert unseres Bundeslandes Pühringer über den Erfolg des Netzwerkes. seine Wahlheimat, aus der auch seine Ehe- weiter zu steigern. Ihr Wissen wird im Netz- Helmut Gaisberger, gebürtiger Welser frau stammt. Als Hotelmanager veranstaltete werk ‚OÖ International‘ gebündelt – unter Jahrgang 1945 und Absolvent der Hotelfach- er in den von ihm geleiteten Häusern Abende dem Motto ‚Weltoffenheit leben‘ und ‚Wis- schule in Lausanne, hatte sich in den 1970er nach dem Vorbild des Wiener Opernballs, sen vernetzen‘“, so der Landeshauptmann. Jahren von Berlin aus mit 50 Dollar in der initiierte in Manila ein Neujahrskonzert und „750 Landsleute sind mittlerweile in Tasche aufgemacht, um beruflich die Welt einen Heurigen und brachte so österreichi- allen Teilen der Welt Botschafterinnen und zu entdecken. Nach Stationen in Venezuela, sche Lebensart nach Asien. „ Innsbruck: Besuch aus der Partnerstadt New Orleans Foto: IKM / C. Mörzinger Die Studierenden der University of New Orleans mit Irene Ziegler (2. v. l.), Uschi Schwarzl (8. v. l.), Günter Bischof (3. v. r.) und Barbara Kobler (Büro der Bürgermeisterin) bei ihrem Besuch im Bürgersaal des Historischen Rathauses in Innsbruck

ie Städtepartnerschaft zwischen New Irene Ziegler (Program Director der UNO- heuer bereits zum 39. Mal stattfand, handelt DOrleans und Innsbruck besteht bereits Summer School), die in diesem Jahr teilnah- es sich um ein kurzes Sommerstudium von seit 1995. Zahlreiche Initiativen tragen seit- men, im Bürgersaal des Historischen Rat- ungefähr einem Monat, wo die Studierenden her zur aktiv gelebten Freundschaft bei – so hauses. „Für die Stadt Innsbruck ist es eine über verschiedene Themen unterrichtet wer- auch der jährliche Besuch der Summer Ehre, Sie alle heute in der Landeshauptstadt den. Neben Vorlesungen und Vorträgen sam- School. Am 9. Juli begrüßten Gemeinderätin Tirols begrüßen zu dürfen“, so die Gemein- meln die Studierenden verschiedene Ein- Uschi Schwarzl in Stellvertretung für Bür- derätin. In ihrem Vortrag sprach sie über die drücke von der Stadt, die sie bei Besichti- germeisterin Christine Oppitz-Plörer und Ab- Umweltpolitik der Stadt Innsbruck und gungstouren kennenlernen. Schlußendlich teilungsleiterin Birgit Neu jene zwölf Stu- erwähnte unter anderem die alpin-urbane wird der Aufenthalt mit einer Klausur abge- dentInnen aus der University of New Orleans Vielfalt Innsbrucks, was die Landeshaupt- rundet und danach wohlverdient gefeiert. und ProfessorInnen, Günter Bischof (Acade- stadt zu einer ganz besonders attraktiven und Auch Studierende der Universität Innsbruck mic Director der University of New Orleans), einzigartigen Stadt mache. haben die Möglichkeit an der Partneruniver- Marion Wieser (Universität Innsbruck) und Bei der „UNO Summer School“, die sität Lehrveranstaltungen zu besuchen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 25 Österreich, Europa und die Welt »Europas Drahtzieher« elebte regionale Kooperation in Brüs- Gsel: Das Verbindungsbüro der Stadt Wien zur EU und die Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der EU luden am 10. Juli gemeinsam zu einem Blick hinter die Kulissen der EU-Institutionen. Cerstin Gammelin, EU-Korrespondentin der „Süd- deutschen Zeitung“, und Raimund Löw, EU- Korrespondent und Studioleiter des ORF in Brüssel, präsentierten ihr gemeinsam recher- chiertes und geschriebenes Buch „Europas Drahtzieher“. Sie zeigen darin, „wie Merkel, Faymann und Co. Bei Krisensitzungen mit- einander umgehen, nationale Interessen ge- geneinander ausspielen und die europäische Idee riskieren“. Gemeinsam mit der Autorin und dem Foto: Wien-Haus Brüssel Autor diskutierten unter der Moderation von EP-Präsident Martin Schulz, Cerstin Gammelin u. EP-Vizepräsidentin Ulrike Lunacek Rolf-Dieter Krause, Leiter des ARD-Studios aus der Kommission, dem Europäischen dungsbüros der Stadt Wien, „denn sie gehen Brüssel, drei hochrangige VertreterInnen des Parlament, der Regional- und Städtebüros weg von einem technokratischen, mechani- Europaparlaments – Präsident Martin Schulz sowie aus dem diplomatischen Corps, wie stischen Zugang und zeigen auf, wie der (S&D), Vizepräsidentin Ulrike Lunacek Österreichs Botschafter in Belgien und zur Organismus Europa funktioniert, atmet und (Grüne) und Abgeordnete Inge Gräßle NATO, Karl Schramek. fühlt.“ Das sei gerade auch für jene, die nicht (EPP) – vor rund 250 Gästen. Unter ihnen Für die Stadt Wien seien solche Bücher direkt im EU-Spiel dabei seien, interessant fanden sich zahlreiche VertreterInnen der und Diskussionen darüber sehr wichtig, be- und nähme vielleicht Schwellenängste. „ Medien, hochrangige SpitzenbeamtInnen tonte Michaela Kauer, Leiterin des Verbin- http://www.thalia.at/shop/at_thalia_start/suche/?sq=Europas+Drahtzieher&sswg=ANY×tamp=1406722669695 Südamerikanische Lebensfreude im Grazer Rathaus ute Stimmung, schwungvolle Musik, Ginteressante Gäste, aber auch ein Ge- fühl des Dankes prägten diesen Abend: Rund 100 Personen, die meisten von ihnen mit südamerikanischen Wurzeln, waren am 23. Juli ins Grazer Rathaus gekommen, um ge- meinsam mit Bürgermeister Siegfried Nagl und dem kolumbianischen Botschafter ein Fest zu feiern. „Wir erinnern uns am Natio- nalfeiertag gemeinsam an die Unabhängig- keitserklärung des Jahres 1810, denn Ko- lumbien bildet seither die älteste und gefe- stigste Demokratie Südamerikas und darauf können wir stolz sein“, betonte der kolumbi- anische Botschafter Jaime Alberto Cabal Foto: Stadt Graz / Fischer Bürgermeister Siegfried Nagl (l.) und Botschafter Coronel Juan Carlos Vargas Sanclemente. Er war zu einem Antrittsbe- such nach Graz gekommen und trug sich meinderats-Kollegen Peter Stöckler, Rudolf „Die Stadt ist für uns ein Ort der guten auch in das Goldene Buch der Stadt Graz Moser sowie Kurt Luttenberger. Die Beglei- Frendundschaft, der Zusammenarbeit und ein. „Wir freuen uns, daß Sie dieses Fest tung auf Seiten der kolumbianischen Gäste: des gegenseitigen Respekts, dafür danken gemeinsam mit uns feiern, denn Frieden, Militärattaché Coronel Juan Carlos Vargas, wir allen!“, sagte der Grazer Konsul Alonso Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit die für bilaterale Beziehungen Zuständige Alberto Jimenez, was an diesem Abend wohl sind keine Selbstverständlichkeit – wie wir Victoria Eugenai Pauwels, sowie Rosa Sal- viele der Gäste fühlten. Rund 40 Personen alle gerade in diesen Tagen leider wieder gado, verantwortlich für Kultur und Sport. mit kolumbianischem Paß leben in Graz. erleben müssen“, unterstrich Nagl. Auch zahlreiche Honorarkonsuln ließen sich Und so paarten sich an diesem Abend süd- Mit dabei waren an diesem Abend Bür- diesen Abend nicht entgehen, unter ihnen amerikanische Klänge der Grupo Musical germeister-Stellvertreterin Martina Schröck, Ernst Graft, Johannes Hornig, Nikolaus „Rey Vallenato“, allen voran Alvaro Meza, Kulturstadträtin Lisa Rücker sowie die Ge- Hermann, Heinz Scheidbach, Gerald Ortner mit Schmankerln wie Eierschwammerln und meinderätin Karin Katholnig und ihre Ge- und Christof Korp. steirischen Brathendeln. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 26 Österreich, Europa und die Welt Der Steg zum Mont-Saint-Michel 2001 wurde der Wettbewerb für die Verbindung zwischen dem Mont-Saint-Michel und dem Festland ausgeschrieben. Vier Teams wurden eingeladen, ein Projekt zu unterbreiten.

Von Dietmar Feichtinger.*)

iner der vier zum Wettbewerb eingelad- Enenen Teams waren Feichtinger Archi- tectes, Paris mit Schlaich, Bergermann & Partner, Stuttgart. Die Jurysitzung fand im März 2002 statt. Das Projekt von Feichtinger Architectes, Paris, mit schlaich bergermann & partner, Stuttgart, wurde zur Weiterbear- beitung empfohlen. Hervorgehoben wurde von der Jury der minimalistische elegante und der Landschaft entsprechende Entwurf, der sich durch seine Kontinuität in der Form und den ausgewählten Materialien der ein- zelnen Teilbereiche von den anderen Ent- würfen abhob. Weiters hatten teilgenommen Ove Arup and Partners, London, Dominique Calvi und Hennin Normier, Architekten mit Berlotier, SECOA, Cité France, Ingenieure, und Jean-Michel Wilmotte, Architekt mit Scetauroute, Ingenieure. Das Projekt von Feichtinger Architectes, Paris mit Schlaich, Bergermann & Partner, Stuttgart. setzt sich aus drei Hauptbestand- teilen zusammen: Foto: Michael Zimmermann  Ersatz der Dammstraße durch einen Steg Mont-Saint-Michel – ist eines der kostspieligen, umfangreichsten und schwierig- sten Bauprojekte des Mittelalters auf Pfeilern, der der Strömung freien Lauf läßt. Ein Teil des Stegs ist den Fußgän- Gekrönt durch eine Abtei und ein Kloster ist als Insel und Landmark. Grundsätzlich gibt gern vorbehalten, der andere ist als Zu- sie ein wichtiges kulturelles Wahrzeichen es zwei Gezeiten am Tag – was ziemlich bringerstraße für den Shuttle- und Zu- und einer von Frankreichs meist besuchten außergewöhnlich ist –, die etwas mehr als lieferungsverkehr ausgebildet. Orten. Der Mont-Saint-Michel und seine zwölf Stunden dauern. Zweimal im Jahr  Herstellung eines Staudamms an der Bucht stehen seit 1979 auf der Unesco- wird die jährliche Hochwasserwelle den Einmündung des Couesnon: Ein System Weltkulturerbe-Liste. Mont durch seinen neuen Steg wieder in eine von Staukammern hält das Wasser bei Durch den Bau einer Straße (1879) wurde Insel verwandeln. steigender Flut zurück. Bei Ebbe werden eine Verbindung der Insel mit dem Festland Eingriffe des Menschen in diesem Zu- die Tore geöffnet, sodaß das Wasser die hergestellt, die jedoch den freien Lauf der sammenhang sind mehr als heikel. Daher hat Sedimente mit sich reißt. Meeresströmungen verhinderte, indem das das Projekt es sich zum Gebot gemacht, die  Verlagerung der Parkplätze auf das Fest- Wasser des Flusses Couesnoon von der Atmosphäre und die Einzigartigkeit des Or- land. Der Mont ist von den neuen Park- Bucht getrennt wurde. Die Bucht verlandete, tes, die durch seine mystische Magie und das plätzen zu Fuß oder mit den Shuttle- die Insel „verschwand“ langsam. Der neue Fehlen von Bezugspunkten oder -größen Bussen erreichbar. knapp 760 Meter lange Steg ersetzt die mas- entsteht, nicht anzutasten. Die Intention des sive Fahrbahn und macht den Mont-Saint- Projektes ist es, die Unendlichkeit der Land- Das Projekt Michel wieder zur Insel. schaft zu betonen. Besucher erleben sich Die Bucht um den Mont-Saint-Michel hier als kleiner Teil von etwas Großem. besticht durch die Gewalt des Ortes, die Eine subtile Intervention Das Design des Stegs fügt sich in die Schönheit des Lichts und die Farben der Der sich verändernde Meeresspiegel – Landschaft so nahtlos wie möglich ein, um Natur. Die mittelalterliche Stadt wurde auf während den Gezeiten steigt er bis zu 14 maximale Transparenz zu gewährleisten. Die einem Felsen in der Mitte der Bucht erbaut. Meter – schafft durch die Kräfte der Natur Strömung des Wassers ist einer der wichtig- eine Vielfalt an Landschaften zwischen einem sten Faktoren; sie läßt den Mont Saint Mi- *) Architekt Dietmar Feichtinger (* 1961 in Bruck a. d. Mur) studierte an der Technischen Universität Graz riesigen Sandstrand oder einer komplett ge- chel wieder zur Insel werden und beschleu- Architektur und lebt und arbeitet meist in Paris. fluteten Bucht mit dem Mont-Saint-Michel nigt die Aushöhlung der Flußmündung.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 27 Österreich, Europa und die Welt Foto: Mathias Neveling Eine Serpentine auf 134 Pfeilern führt über das Watt bis zum Mont. Dabei berührt die niedrige Struktur beinahe das Wasser

Auf dem Wasser gehen heitsstreifen begleitet. Diese seitlichen Bän- Die Fußgängerbereiche sind an der Beton- Eine Serpentine auf 134 Pfeilern führt der sind für Fußgänger vorgesehen. platte befestigt und kragen von dieser aus. über das Watt bis zum Mont. Dabei berührt Die Shuttlebusse halten 200 Meter vor Sie bilden vor allem im östlichen Bereich die niedrige Struktur beinahe das Wasser. dem Ende des Stegs. Ein Terminal verbrei- eine weite Auskragung und geben dem Deck Der Charakter des Stegs resultiert aus einer tert den Steg. Die Ausweitung des Fußgän- seine Leichtigkeit. Die konstruktiven Teile sehr bewußten Beziehung zum Ort. Tatsäch- gerbereichs nimmt den vergrößerten Fuß- (Konsolen) sind aus Stahl. „ lich ist die Umsetzung der Verankerung der gängerfluß auf und dient als Wartebereich, http://www.feichtingerarchitectes.com Pfeiler alle 12 Meter im Watt, um eine mög- die Ausweitung des Fahrbandes ermöglicht http://www.ot-montsaintmichel.com lichst flache Bauhöhe zu erreichen, gut das Manövrieren der Shuttles. durchdacht. Es entsteht mehr als ein einfa- Die einzelnen Bänder sind durch ihre Architekt Dietmar Feichtinger (1961 ches Überqueren: die engen Abstände der Materialien charakterisiert: die Fahrbahn in Bruck a. d. Mur geboren) studierte an der Pfeiler bringen die Fußgänger dem Wasser wird aus Betonelementen hergestellt, die Technischen Universität Graz Architektur. näher. Fußgängerbereiche weisen einen durchlässi- Nach ersten Erfahrungen bei Prof. Eilfried Der Steg beschreibt eine ausladende gen Holzbelag aus Eiche auf. Zwischen Huth, Prof. Volker Giencke und Prof. Klaus gekurvte Linie, die sich an den Linien der Fahr- und Fußgängerbereich im Osten ist ein Kada wechselte er 1989 nach Paris. 1994 er- Landschaft und der Sandbänke orientiert. 80 Zentimeter breites, vom Boden abgeho- folgte die Gründung von Feichtinger Archi- Der Fußgänger erlebt den Mont und die benes Betonelement angelegt. Dieses Ele- tectes mit Bürositz in Paris, 2002 kam die Landschaft aus verschiedenen Perspektiven, ment stellt einen Schutz zwischen den Be- Filiale in Wien hinzu. Seit 1994 lehrt Feich- ohne ständig das Brückendeck vor sich zu reichen dar und dient gleichzeitig als Bank. tinger an verschiedenen Universitäten in Ös- haben. Man nähert sich dem Mont, ohne Die Beleuchtung des Weges ist an der Un- terreich, Deutschland und Frankreich. Der direkt auf ihn zuzugehen. Der Steg endet auf terseite dieser Bank integriert und unter- internationale Durchbruch kam mit der Rea- einem dem Berg vorgelagerten Bereich, der streicht bei Nacht die Horizontalität im lisierung der Passerelle Simone de Beauvoir aus Sedimenten aufgebaut ist. Er ist über- Kontrast zur durch Licht inszenierten Ver- in Paris. 2009 wurde Feichtinger in Frank- flutbar, wodurch der Berg für ca. 70 Stunden tikalität der Abtei auf dem Berg. reich zum Auslandsösterreicher des Jahre er- pro Jahr zu einer völlig isolierten Insel wer- Das zentrale 7 Meter breite Band stellt nannt. Das „Österreich Journal“ berichtete den kann. eine Art Rückgrat dar: Eine vorgespannte, ausführlich – Ausg. 76 vom 7. Oktober 2009 sich zum Rand verjüngende Betonplatte http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_076.htm Funktion, Konstruktion und Materialität wird von extrem schlanken Stützen in einem Die allgemeine Breite des Stegs beträgt Abstand von 12 Metern getragen. Der relativ Dieser Text erschien erstmals am 29. Juli 11,50 Meter. Funktionell ist der Steg in drei geringe Stützenabstand ermöglicht eine ma- 2014 auf http://www.gat.at Bereiche unterteilt: Ein zentrales Band in der ximale Reduzierung des Brückenquer- Breite von 7 Metern ist dem Shuttle- und schnitts. Die Stützen aus massivem Stahl- Lieferverkehr vorbehalten. Es wird im Osten kern sind in die Betonplatte und in die Fun- von einem 4 Meter breiten Band und im We- damentpfeiler eingespannt. Den Korrosions- sten von einem 1,50 Meter breiten Sicher- schutz bildet ein Überzug aus Epoxidharz.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 28 Österreich, Europa und die Welt Unterrichten in Ghana Aus dem Sammeln von Erfahrungen als Englischlehrerin Amonkrom entstand ein faszinierendes Projekt, das vielen Kindern zu besseren Chancen verhelfen wird.

Von Sophie Neurath.*) Foto: Sophie Neurath Die Klassen sind ein wenig heruntergekommen und schmucklos. In den Räumen sind Sitzbänke mit schmalen Tischen, die unbequemer aussehen als sie sind: Meine Schützlinge in der Schule in Amonrkom, etwa zwei Stunden von Accra entfernt.

ehn Stunden Flug bringen mich von Wien den kann, und überall nette Menschen. Der erste Schultag Züber Istanbul nach Accra, der Hauptstadt „Obroni!“, wird mir zugerufen, und vor allem Am Montag ist mein erster Schultag. Ab von Ghana in Westafrika. Ghana ist für Afri- die Kinder strahlen dabei übers ganze Ge- halb acht Uhr trudeln die Kinder ein, alle in kanische Verhältnisse ein eher kleines Land, sicht. „Obroni“ heißt „Weiße“ bzw. „Weißer“. blauer Schuluniform und mit kurzen Haaren, hat aber immerhin eine Fläche von knappen Wir kommen in Amonkrom an: Ein Dorf die in Ghana selbst bei Mädchen üblich sind. 240.000 km² und 25 Mio. EinwohnerInnen. aus Lehmhütten, ohne Strom, ohne Fließ- Manche Kinder gehen eine dreiviertel Stun- Zum Vergleich: Österreich hat eine Fläche von wasser. In einiger Entfernung der Schulkom- de zu Fuß in die Schule, manchmal tragen 83.880 km² und 8,5 Mio. EinwohnerInnen. plex: mehrere Gebäude, die die Klassen be- die größeren ihre kleinen Geschwister auf In Accra werde ich von der Schulleiterin herbergen, daneben die Quartiere der Leh- den Schultern. Wenige haben Rucksäcke, die einer kleinen Dorfschule abgeholt. Einein- rerInnen. Die Schule beherbergt Kindergar- meisten tragen ihre Schulbücher nach afrika- halb Stunden Autofahrt bringen uns zunächst ten, die sechsjährige Volksschule und die nischer Art auf dem Kopf. nach Nsawam, wo wir noch Lebensmittel für dreijährige Mittelschule. Nun wird gekehrt und Müll aufgeklaubt. die kommende Woche einkaufen. Hier kann Die Klassen sind offen, haben also keine In Ghana ist es üblich, den Mist einfach auf ich bereits in das von mir so geliebte Leben Fensterscheiben oder Türen. Sie sind ein we- den Boden zu werfen. Bis vor einigen Jahren in Afrika eintauchen: Frauen, die am Kopf nig heruntergekommen und schmucklos. In war das auch völlig okay, da es weder Pla- ihre Ware anbieten, ein Markt, an dem man – den Räumen sind Sitzbänke mit schmalen Ti- stik, noch Metall gab, der Mist also entweder wenn man lange genug sucht – fast alles fin- schen, die unbequemer aussehen als sie sind. von Hunden, Katzen, Ziegen oder von Amei- Die Menschen hier sind Bauern. Sie sen sehr schnell entsorgt wurde. Heute be- *) Sophie Neurath ist 1972 in Wien geboren, wurde bauen Mais und Maniok an, vereinzelt Pla- deutet das aber Plastik ohne Ende in jedem nach der Matura Schauspielerin und sattelte später tanen, Bananen, Papaya, Orangen und Ko- Kanal, jedem Straßenrand und auch am auf Körperarbeit und Unterrichten um. 2011 erster längerer Afrika-Aufenthalt (Rep.Kongo), danach kosnüsse. Sie haben ein paar Ziegen und Schulgelände; sowohl in den Klassen, als weitere Reisen in den Kongo und 2013 nach Ghana. Hühner, die im Dorf umherlaufen. auch im Hof. Es gibt nur einen Mistkübel

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 29 Österreich, Europa und die Welt und keinen Schulwart. Und so wird also ge- kehrt und aufgeklaubt bis um ca. acht Uhr die Morgenversammlung sattfindet: klassen- weises Aufstellen, beten, Nationalhymne singen und an manchen Tagen Verlautbarun- gen des Direktors oder von einem der Leh- rer. Dann wird singend in die Klassen mar- schiert, noch weiter gekehrt, die Lehrer schreiben auf, wer da ist, und um halb neun sollte der Unterricht losgehen. Sollte, da an manchen Tagen Lehrer fehlen und oftmals manche Klassen noch fast leer sind, da viele zu spät kommen. Die anwesenden Lehrer teilen sich also die Klassen auf und beginnen zu unterrichten. Bis halb zehn sind dann auch alle SchülerInnen da. Warum fehlen die Lehrer? Hier am Land sind die meisten LehrerInnen Laien, die mit Es gibt nur einen Mistkübel und keinen Schulwart. Es wird also aufgeklaubt… einem Gehalt von ca. 30 € im Monat aus- kommen müssen, was selbst in Ghana schwierig ist. Diese LehrerInnen kommen mit wenig Ehrgeiz in die Schule, haben keine pädagogischen Mittel, den Unterricht gut zu gestalten – wodurch der Unterricht nicht nur für die Kinder langweilig ist – und haben manchmal Nebenjobs, die dann zeitweise wichtiger sind. Qualifizierte, also ausgebil- dete LehrerInnen kann sich die Schule aber nicht leisten.

Enthusiastischer Start Ich, ein Neuling als Schullehrerin, bin (noch) voll Enthusiasmus. Mir ist Bildung ein riesengroßes Anliegen, ich sehe in der Bildung der Menschen die Lösung vieler Probleme – von Ausländerfeindlichkeit bis Umweltschutz. Ich freue mich über die So stehe ich, die neue Englischlehrerin, also am Montagmorgen zu Beginn des Chance, die ich hier bekommen habe: In letzten Trimesters des Schuljahres, in der Klasse. Afrika arbeiten, unterrichten, mit Kindern arbeiten, zwischen den Kulturen vermitteln, hier leben und in den Alltag der Menschen eintauchen: alles Dinge, die ich mir ge- wünscht hatte. Lange hatte ich gesucht, bis ich endlich auf die Kemet Foundation School gestoßen bin, die in ihr Team eine Auslän- derin aufnehmen wollte. Die Kemet Foundation School will einer armen Bevölkerungsschicht moderne Bil- dung ermöglichen, ein nicht besonders leich- tes Unterfangen, wie ich bald herausfinden werde. So stehe ich, die neue Englischlehrerin, also am Montagmorgen zu Beginn des letz- ten Trimesters des Schuljahres in der Klas- se – ausgerüstet mit Kennenlern- und Krea-

tivitätsspielen und dergleichen. Ich will her- Fotos: Sophie Neurath ausfinden, wie gut die Kinder Englisch kön- Ich beginne das neue Schuljahr mit dem klaren Ziel, das Lesen zu fördern – hier nen und „warm mit ihnen werden“. Die Idee beim Lesenachhilfekurs in den Weihnachtsferien.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 30 Österreich, Europa und die Welt

rer gehen aber trotzdem ständig mit einem Stecken herum, den sie auch einsetzen- ohne Kraft zwar, aber es reicht, um die SchülerIn- nen zu schrecken. Auch sind die Unterrichtsmethoden nicht besonders einfallsreich: Der Lehrer schreibt den Inhalt des Schulbuches an die Tafel, die Kinder schreiben ab – oft, ohne ein Wort da- von zu verstehen. Das viele Sitzen, die frem- de Sprache, das monotone Lernen, all das ist ermüdend und langweilig. Ich versuche einen anderen Weg einzu- schlagen: Sie so gut zu unterhalten, daß sie mich bzw. das, was ich unterrichten will, in- teressanter finden, als andere Dinge. Ich mache Witze, spiele Wörter oder Redewen- dungen pantomimisch vor, oft mit Hilfe meh- rerer Kinder. Wir singen Lieder. Ich ermuti- ge sie zum Reden und Denken, gebe ihnen Filzstifte zum Gestalten. Ich versuche, auf die Persönlichkeiten einzugehen. Manchmal artet das in Chaos aus. Aber dann sind wie- derum Dinge, wie z.B. Teambildungsspiele, die für österreichische Kinder schwierig sind, für die Kinder hier so leicht, daß sie gar nicht verstehen, was die Aufgabe war. An- deres, wie Arbeit in Kleingruppen, klappt Foto: Sophie Neurath gar nicht. Ich versuche einen anderen weg einzuschlagen – und manchmal artet das in Englisch ist für viele Kinder hier bereits Chaos aus… die dritte Sprache. In Ghana und in allen an- war zwar gut, funktioniert aber nicht: Die die Zuspätkommenden, die hereinkommen, deren afrikanischen Ländern werden extrem Kinder flüstern ihre Namen nur, so schüch- andere Kinder von „ihren“ Plätzen verjagen, viele verschiedene Sprachen gesprochen, in tern sind sie mir gegenüber. Ich verstehe kein mir erklären, sie hätten noch Wasser für ihre Ghana alleine gibt es 79. Wort. Sie trauen sich außer ihren Namen Familie holen müssen und deswegen nicht nichts zu sagen. Ich geb ihnen also Filzstifte, früher kommen können; Kinder aus anderen Ein kurzer Ausflug in die Geschichte damit sie Namensschilder malen können, Klassen, die neugierig schauen, was bei der Als die Europäer sich 1885 Afrika unter- das klappt. Dann beginne ich mit Gramma- „Madam Obroni“, wie ich bald hinter mei- einander aufteilten, wurden die Grenzen auf tik, denn wir brauchen etwas Konkretes, et- nem Rücken genannt werde, passiert, oder einer Landkarte in Berlin gezogen. Geogra- was Strukturiertes, etwas, das die Angst sich von ihren Geschwistern in der Klasse phische oder kulturelle Gegebenheiten wa- nimmt. Die Kinder sind brav – also still – Kulis oder Geld holen. Außerdem kommen ren den europäischen Großmächten nicht und im Laufe der Stunde trauen sich ein paar manchmal die Verkäuferinnen der Kantine, wichtig. Es ging um europäische Außenpo- zu reden. weil sie mir, der „Obroni“-Lehrerin, guten litik und Jagd nach Rohstoffen. Außerdem Die Kinder haben ihre Schuluniform an Tag sagen wollen. Auf Twi, der Sprache der wollte man den Sklavenhandel in die Ameri- und alle die gleiche Frisur. Die Namen sind Gegend. Bis ich verstehe, was sie wollen, kas kontrollieren bzw. unterbinden. (Es wur- zum Teil fremdartig. Es ist nicht leicht, sie herrscht Gelächter in der Klasse und die den an die 20 Mio. Sklaven zwischen dem auseinanderzuhalten und mir die Namen zu Konzentration, die gerade noch in Spuren späten 17. und dem frühen 19. Jh. mit Hilfe merken. vorhanden war, ist weg. Europäischer Händler von der Westküste An manchen Tagen haben die Kinder Afrikas in die Amerikas verfrachtet. Erst im Es ist eigentlich nichts leicht hier. nichts im Bauch – kein Geld, um in der Kan- späteren 19. Jh. wurde die Antisklaven Lob- Ich stelle fest, daß der recht moderne tine essen zu kaufen, und von zu Hause nichts by langsam stärker.) Lehrplan vom Unterrichtsministerium illuso- mitbekommen. Das sind die schwierigen Die Kolonialmächte machten sich auch risch ist, da viele Kinder in der 4., 5. und so- Tage – die Kinder sind unkonzentriert, laut nicht die Mühe, irgendwelche Landesspra- gar 6. Klasse nicht richtig lesen und schrei- und beginnen ständig zu raufen. chen zu lernen; nein, die eigene Sprache ben können. Mir steht kaum Unterrichtsma- Ja, nach 14 Tagen sind die Kinder nicht wurde den Einheimischen aufgezwungen. Es terial zur Verfügung. Es gibt keine Drucker mehr schüchtern. Sie sind aufgeweckt, frech, wurde in dieser Sprache gehandelt, verhan- oder Kopierer, keine Bilder, keine Schul- zum Teil sehr charmant und sie wissen, daß delt und auch unterrichtet; der einzige Zu- bücher. Nur eine Tafel und weiße Kreide. sie von mir nichts zu fürchten haben. Die gang zu Bildung war also in der Kolonial- Dadurch, daß es keine Türen gibt, anderen Lehrer sind streng. Kinder dürfen sprache, wenn überhaupt. In vielen Ländern herrscht ein ständiges Kommen und Gehen- hier zwar nicht geschlagen werden, die Leh- wurde Bildung für die breite Masse nicht für

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notwendig erachtet. Schließlich war es leich- sie zum Lesen ermutigt, müssen sie arbeiten. ginnen mich nach und nach ein wenig zu ter, ein Volk zu unterdrücken, das absolut Oft sind sie in der Schule zu müde zum integrieren, der Direktor beginnt mich in bildungsfern war. Lernen. Die Erwachsenen hier sprechen kaum verschiedenen Bereichen sogar zu unterstüt- Ghana war eine britische Kolonie und die Englisch, können zumeist selbst nicht lesen zen. erste Kolonie Afrikas, die 1957 unabhängig und besitzen demnach auch keine Bücher. Ich entspanne mich mehr und mehr, ich wurde. Im Unterschied zu anderen Ländern Die Regierung verbringt ihre Zeit damit, beginne die nötige Flexibilität zu entwik- erlaubten die Engländer hier Bildung, es gab über Reformen zu diskutieren, statt zu han- keln, die ich brauche, um mit der Situation sogar Ghanaer mit Universitätsabschluß. deln – wie überall auf der Welt. Private Ini- hier umgehen zu können. Schon längst finde Das hatte den Vorteil, daß die erste Regie- tiativen, wie die Kemet Foundation School, ich es normal, daß in der Stunde jemand in rung nicht aus Postbeamten und Bauern be- versuchen hier Lücken zu schließen. die Klasse kommt, um guten Tag zu sagen, stand; trotzdem hatte es in Ghana zuvor Meine Aufgabe ist es, Input zu geben. sich einen Kulli auszuborgen oder Geld vom keine Demokratie gegeben und der Weg bis Wie kann man mit disziplinären Problemen Bruder oder von der Schwester zu holen. dorthin war turbulent und schwierig. Heute umgehen, ohne die Kinder zu schlagen oder Wenn ich an manchen Tagen zwei Klassen ist Ghana stolz, eine der wenigen „echten“ sie auf dem Boden knien zu lassen? Was tut zusammenlegen muß, bin ich nicht mehr Demokratien Afrikas zu sein. man mit dem großen Niveauunterschied in irritiert. Auch begreife ich, daß ich nicht die den Klassen? Können wir nicht Mülltren- gesamte Verantwortung übernehmen kann. Zurück zur Schule nung einführen? Oder Mistkübel in den Ich übergebe den Kindern also einen Teil da- Es wird also auf Englisch unterrichtet, Klassen? Wie können wir den Kindern Bü- von, wir gewöhnen uns aneinander, lösen und zwar ab der 4. Klasse Volksschule. Der cher zur Verfügung stellen? Wie wär’s mit Konflikte, werden Freunde; und zu Schul- Unterricht auf Englisch hat den Vorteil, daß einem Nachhilfekurs in Lesen und Schrei- schluß kann ich den Beginn des neuen es Einheit schafft und ermöglicht, daß ben? Schuljahres kaum erwarten. Schüler aus allen Landesteilen dieselben Universitäten des Landes besuchen können. Was will die Fremde hier? Viel Vertrauen gewonnen Außerdem gibt es ihnen international eine Meine KollegInnen sind anfangs skep- Die Ferien nutze ich, um mich zu bilden: Chance. tisch – was will die Fremde hier, glaubt sie, wie kann man am Leichtesten auf Englisch Es wird viel auswendig gelernt, viel ab- sie weiß alles besser? lesen lernen? Was gibt es da für Bücher? geschrieben. Der Mangel an Unterrichtsma- Mir ist bewußt, wie heikel die Situation Was für Methoden? terial und die oft fehlende pädagogische Aus- ist, ich bin also höflich, ordne mich dem Ich beginne das erste Semester mit dem bildung der LehrerInnen läßt an altmodischen Direktor bewußt unter und führe lange Ge- klaren Ziel, das Lesen zu fördern und zu ver- Methoden festhalten. Trotzdem schließen spräche mit der Schulleiterin, die viele Jahre mitteln, warum Bildung wichtig ist. Kinder hier die Schule mit hohem Niveau ab: in England gelebt hat und beide Kulturen gut Am ersten Schultag sind die SchülerIn- Sie können zwischen drei und fünf Sprachen kennt. nen überrascht und froh, mich wieder zu se- fließend, sie sind diszipliniert, ehrgeizig und Wir stellen fest, daß wir in Europa ver- hen. Die Tatsache, daß ich mein Verspre- fleißig. Sie haben viel Wissen angesammelt, mutlich gleichviel Müll einfach auf den Bo- chen, wiederzukommen, gehalten habe, außerdem sind sie mutig und selbstständig den werfen wie die Menschen hier, aber bei schafft Vertrauen. Und das nicht nur unter genug, um überall auf der Welt Möglichkei- uns eine Schar von Schulwarten, Straßen- den Kindern: Ich finde im Schuldirektor und ten wahrzunehmen. kehren und Reinigungskräften alles gleich der Kindergartenlehrerin jetzt zwei echte Ver- Es ist nur so, daß viele die Schule nicht wegräumt und es dadurch weniger auffällt. bündete. Ja, auch im Kindergarten wird un- beenden, daß Legastheniker und Kinder mit Wir beschließen, Mülltrennung einzuführen, terrichtet – das Alphabet, Zahlen und Eng- viel Bewegungsdrang in diesem System Papierkörbe im benachbarten Dorf flechten lisch. Man hört die Kinder über den ganzen eigentlich keine Chance haben. Hier am zu lassen und Teamversammlungen zu nut- Schulkomplex singen und Gedichte rezitie- Land bekommen Kinder auch oft von zu Hau- zen, um alternative Disziplinarmaßnahmen ren; dazwischen wird gezeichnet und ge- se zu wenig Unterstützung. Anstatt daß man zu diskutieren. Die LehrerkollegInnen be- schrieben, gespielt und gebastelt. Foto: Sophie Neurath Um ca. 8 Uhr findet die Morgenversammlung statt – -klassenweises Aufstellen, beten, Nationalhymne singen…

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 32 Österreich, Europa und die Welt

Tafeln, Lego und Fußbälle Mit Hilfe einiger FreundInnen aus Öster- reich kann ich Schiefertafeln und Lego für die Kleinen besorgen, Bücher zum Lesenler- nen für die etwas Größeren und ein Geo- metrieset für das Zeichnen an der Tafel für die Großen. Die größte Freude machten ihnen aber die vier Fußbälle, die ich ihnen schen- ken konnte: Fußball ist die Leidenschaft aller; sowohl Mädchen als auch Buben kicken, wann auch immer sie Zeit haben. Da werden dann die Müdigkeit und der Hunger für eine Weile vergessen. Als meine Zeit in Ghana zu Ende geht, fließen die Tränen. An meinem letzten Schultag weint sogar eine ganze Klasse, in- klusive mir. Ja, wir haben Freundschaft ge- schlossen. Ich bin nicht mehr so exotisch Mit Hilfe einiger FreundInnen aus Österreich kann ich Schiefertafeln und Lego für und fremdartig, längst ist meine weiße Haut die Kleinen besorgen. nicht mehr das Wichtigste an mir. Die Kin- der haben erkannt, daß ich sie unterrichten möchte und daß ich sie vor LehrerInnen, die sich nicht an die Regeln halten, schütze. Ich war jeden Tag pünktlich in der Schule, ich habe Mülltrennung eingeführt, ich habe Kinder verarztet und getröstet und ich habe ihnen gezeigt, wie man Papierflieger faltet. Auch das Niveau im Lesen und in Englisch ist gestiegen. Ich fahre mit dem Versprechen, wiederzukommen, nach Hause.

Zurück in Österreich… ist mir schnell klar, daß ich diese Kinder nachhaltig unterstützen möchte. Gemeinsam mit ein paar Gleichgesinnten gründeten wir den Verein „Lewala“. Das steht für „lernen- wachsen-lachen“ und ist das Motto, unter Die größte Freude machen ihnen aber die vier Fußbälle, die ich ihnen schenken dem wir aktiv sind. Das Ghana School Pro- konnte – Fußball ist die Leidenschaft aller; sowohl Mädchen, als auch Buben kicken, wann immer sie Zeit haben. ject, das wir ins Leben gerufen haben, hat das Ziel, qualifizierte LehrerInnen für die Kemet Foundation School zu finanzieren. Weitere Ziele sind: Schulbücher, Weiterbildungsse- minare für LehrerInnen und kostenloses und gesundes Essen in der Schulkantine. Wir wollen Lernen in Ghana unterstützen und dabei selber lernen, wir wollen Afrika den Menschen in Europa näherbringen; das ganze soll Freude bereiten und die Gemein- schaft fördern – sowohl hier, als auch dort. Und natürlich will ich mein Versprechen hal- ten, wiederzukommen. Geplant ist ein mehr- wöchiges Theaterprojekt während des Win- ters in Europa. „ http://www.lewala.org Sophie Neurath, mailto:[email protected] Spendenkonto: Kemet, Verein zur Unter- stützung von Bildung in Ghana

IBAN: AT462011182537872800 Fotos: Sophie Neurath BIC: GIBAATWWXXX Wir haben Freundschaft geschlossen…

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 33 Österreich, Europa und die Welt Kindheitserinnerungen an Silba Michael Ellenbogen hat die Sommerferien seiner Kindheit auf der kroatischen Insel – seiner zweiten Heimat – in einem Büchlein zusammengefaßt. ilba – schon der Name verspricht so viel, Sund es klingt nach einer einsamen Insel. Und es ist eine Insel – vor dem dalmatini- schen Küstenland nahe der Stadt Zadar. Michael Ellenbogens Büchlein wirkt wie ein heiliges Brevier. Und seine Erinnerungen an eine Zeit mitten in einem kommunistischen Land – dem damaligen Jugoslawien – führen in das Paradies seiner Kindheit. Wer, so wie er, auch in den frühen 60er- und 70er-Jahren per Bahn, per Schiff oder per Auto nach Jugoslawien gereist war, wird selbst die Spuren der eigenen Kindheit verfolgen kön- nen. Wir riechen das Meer bei Rijeka, wir schmecken das Salz, spüren die Brise des Windes und die heißen Steine am Strand. Ellenbogen schreibt über die waldreichen Teile der Insel, über den nur 80 Meter hohen „Varh“, die größte Erhebung Silbas, und über

„die zerklüftete, faszinierend anmutende Foto: privat Kulisse des Velebit-Gebirges“. Was so para- Kindertage 1972: Michael Ellenbogen mit Tante Rosa und seiner Schwester Anna- Maria auf Silba. Mit dabei ist die heißgeliebte vierbeinige Spielgefährtin »Riki«. diesisch anmutet an dieser kleinen Insel be- schreibt er treffend mit dem Satz: „Silba war dieser Insel nie Autos fuhren. Es gab damals Verlassen der Insel von Silba. Im letzten und ist für viele Generationen das Symbol auch noch keinen Strom, das Wasser bezog Kapitel „Abschied mit Wiederkehr“ heißt es: der absoluten Freiheit.“ man aus Brunnen, und Lebensmittel brachte „Jeder Besucher, der einmal Silba besucht Findet in anderen Urlaubsgebieten ein ein Schiff. hat, kehrt irgendeinmal wieder zurück!“ Umdenken statt, bezüglich des Autover- Heute fährt man durchgehend auf der Michael Ellenbogen, 1962 in Wien gebo- kehrs, so erfährt man beim Lesen, daß auf Autobahn nach Kroatien. Doch vor 50 Jahren ren, hat nach seiner Schulausbildung eben- zuckelte man mit vollbeladenen Autos durch dort das Studium der Politikwissenschaft an jede Ortschaft, bei sengender Hitze ohne der Universität Wien absolviert und den Klimaanlagen, was heute gar nicht mehr vor- Bachelor of Arts abgeschlossen. Dann folgte stellbar ist, aber so war es damals. Diese ein multidisziplinäres Masterstudium der Strapazen und die lange Anreise werden ein- Balkanwissenschaften als Lehrgang des IDM gehend geschildert, aber auch die wunder- (Institut für den Donauraum) und der Uni- schönen Eindrücke, die sich während solch versität Wien. Seit 1993 ist er als freier Jour- einer Fahrt ergaben. Aus Kinderaugen, aus nalist in Wien tätig und hat sich auf Ge- dem Blickwinkel eines Kindes, begierig, schichte, Reisen und militärhistorische The- immer etwas Neues zu entdecken. men spezialisiert. Seine Mutter ist gebürtige Als Kind findet man schnell Freunde und Zagreberin, daher ist er zweisprachig – kro- vor allem in den Ferien. So auch Michael atisch und deutsch – in Wien aufgewachsen, Ellenbogen, der über Freundschaften und Lie- woher auch sein Vater stammt. cm beleien als Jugendlicher erzählt, über Strei- che und Abenteuer und über einsame Buch- Michael Ellenbogen ten, die mit Booten besucht wurden. Viele Silba, oder die Freundschaften sind über die Jahrzehnte er- alljährliche halten geblieben, und das erzeugt zusätzli- Reise ins Paradies ches Heimatsgefühl, wenn er – seit nunmehr ca. 280 Seiten, gebun- Jahrzehnten Sommer für Sommer – „seine“ den, Lesebändchen, Insel besucht. Und daran konnte auch der EUR 14,95 / sfr 21,00 fürchterliche Bürgerkrieg in Jugoslawien ISBN: 978-3-9902907-6-7 nichts ändern. 2014, Wieser Verlag Jedes Jahr im Sommer ist es ein An- Klagenfurt

© Google 2014 kommen und jedesmal ein Schmerz beim http://www.wieser-verlag.com/buch/silba-oder-die-alljaehrliche-reise-ins-paradies/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 34 Speziell für AuslandsösterreicherInnen 20. AuslandsNiederöster- reicherInnen-VIP-Treffen 2. bis 4. September 2014 im NÖ Landhaus St. Pölten und an der Donau-Uni in Krems Generalthema »Wirtschaftsregion Niederösterreich«

Dienstag, 2. September (Seminarraum SE 2.4, Altbau, Trakt K, 2. Stock) bis 15.45 Uhr Eintreffen in St. Pölten - Check-in im Hotel Metropol Thema: „Donau-Universität Krems: Die 3100 St. Pölten, Schillerplatz 1 Universität für Weiterbildung“ Telefon: ++43 / (0)2742-70700/132 Impulsreferat: Univ.-Prof.in Dr.in Viktoria 16.00 Uhr Begrüßung im Foyer Hotel Metropol Weber, Vizerektorin der Donau-Universität Krems 16.15 Uhr Bustransfer vom Hotel Metropol zum Moderation: Dr.in Ilona Slawinski Renaissanceschloss Schallaburg  Bildung & Jugend 17.15 Uhr Besichtigung der Ausstellung „JUBEL & ELEND. Thema: „Jugendforschung – Daten sammeln und Leben mit dem großen Krieg 1914-1918“ Ideen erforschen“ anschließend Gemütliches Beisammensein im Schlossrestaurant Impulsreferat: MMag. Manfred Zentner, wissen- Schallaburg, Rückfahrt um 21.00 Uhr schaftlicher Projektmitarbeiter, Department Migration und Globalisierung, Donau-Universität Mittwoch, 3. September Krems 8.45 Uhr Bustransfer vom Hotel Metropol zur Donau- Moderation: Landesjugendreferent Universität Krems Wolfgang Juterschnig 9.30 Uhr Eintreffen am Campus Krems 17.30 Uhr Ende der Arbeitskreissitzungen 9.45 Uhr Eröffnungsveranstaltung (Seminarraum SE 2.4, anschließend Abendessen bei einem Heurigen Altbau, Trakt K, 2. Stock) 21.30 Uhr Rückfahrt nach St. Pölten Begrüßung: Peter de Martin, Leiter der Geschäfts- stelle für AuslandsniederösterreicherInnen Donnerstag, 4. September Bericht: Univ.-Prof.in Dr.in Viktoria WEBER, 9.00 Uhr Spaziergang bzw. Shuttlebus vom Hotel Metropol Vizerektorin für Forschung der Donau-Universität zum NÖ Landhaus Krems 9.30 Uhr Matinée „Landschafts- und Stadtansichten“, Haus 1A, Bericht: Gesandte Dr.in Brigitta BLAHA, Leiterin der Ausstellungsbrücke: Sieglinde Shattuck, USA, AuslandsösterreicherInnen-Abteilung des Bundes- Anita Esper, Deutschland, zur Ausstellung spricht: ministeriums für Europa, Integration und Äußeres Landesrätin Mag.a Barbara Schwarz in Bericht: Werner Götz, Vizepräsident des Auslands- Vertretung von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll österreicher-Weltbundes 10.45 Uhr Abschlußveranstaltung im Ostarichisaal Moderation: Peter de Martin Moderation: Peter de Martin 11.00 Uhr Kaffeepause Musik - Ensemble der Militärmusik Niederösterreich 11.30 Uhr Grundsatzdiskussion „Zukunft der ANÖ-Treffen“ Begrüßung und Kurzbericht: Peter de Martin 12.30 Uhr Mittagessen an der Donau-Universität Krems Impulsreferat „Wissenschaftsinitiative NÖ“ 14.00 Uhr Beginn der Arbeitskreise/Workshops Dr. Joachim Rössl, Leiter der Gruppe Kultur,  Wirtschaft & Technologie Wissenschaft und Unterricht (angefragt!), Präsentation (Seminarraum SE 1.5, Altbau, Trakt I, 1. Stock) der Ergebnisse der drei Arbeitskreise/Workshops Thema: „Reibung wenn nötig, Verschleiß nie! –  Festansprache von Landeshauptmann Das Forschungs- und Applikationsumfeld des Dr. Erwin Pröll Exzellenzzentrums für Tribologie“  Überreichung der ANÖ-Nadel an die erstmaligen Impulsreferat: Univ.-Prof. Dr. Friedrich Franek, ANÖ-TeilnehmerInnen wissenschaftlicher Leiter, Geschäftsführer der  Schlußworte: Peter de Martin AC²T research GmbH, Exzellenzzentrum für anschl. Mittagsempfang, gegeben von Landeshauptmann Tribologie Wr. Neustadt Dr. Erwin Pröll, Foyer „Schwarzes Bild“ FTI-Strategie Niederösterreichs (Forschung – 14.00 Uhr Ende des 20. AuslandsniederösterreicherInnen- Technologie – Innovation) Dipl.-Ing.in Kerstin Treffens 2014, Transfer für die TeilnehmerInnen zum Koren, Abteilung Wirtschaft, Tourismus und Hotel Metropol, Bahnhof St. Pölten oder nach Baden Technologie (Auslandsösterreicher-Weltbundtreffen, 4. bis 7. Moderation: Mag. Herbert Halbwidl September 2014).  Kunst, Kultur & Wissenschaft http://www.noel.gv.at/aoe Änderungen vorbehalten!

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 35 Speziell für AuslandsösterreicherInnen Weltbund-Tagung Auslandsösterreichertreffen 2014 4. bis 7. September 2014 in Baden bei Wien Der Weltbund veranstaltet jedes Jahr für seine Mitglieder und deren Freunde ein großes, internationales Treffen in Österreich. Sie haben die Möglichkeit sich über Internet anzumelden. Kontakt: Dr. Irmgard Helperstorfer – http://www.weltbund.at/aktuelles_termine.asp

An allen mit einem ¾ gekennzeichneten Veranstaltungen können Sie nur mit einer gedruckten Einladung oder einer Zugangsberechtigung teilnehmen, die Sie bei der Registrierung erhalten!

Donnerstag, 4. September Freitag, 5. September 09.00 - 18.00 Uhr Registrierung: im Foyer des Congress 09.00 - 18.00 Uhr Registrierung: im Foyer des Congress Casinos Baden, im Kurpark Casinos Baden, im Kurpark Rahmenprogramm: Verbindliche Anmeldung Rahmenprogramm: Verbindliche Anmeldung wegen beschränkter Teilnehmerzahl unbe- wegen beschränkter Teilnehmerzahl unbe- dingt erforderlich! Bitte, nur eine (!) dingt erforderlich! Bitte, nur eine (!) Veranstaltung des Rahmenprogramms für Veranstaltung des Rahmenprogramms für Donnerstag, 4. September 2014 ankreuzen. Donnerstag, 4. September 2014 ankreuzen. Die Teilnehmer können aus folgenden Die Teilnehmer können aus folgenden Programmpunkten wählen: Programmpunkten wählen: 09.00 - 11.00 Uhr ¾ Stadtrundgang inkl. Besichtigung des 14.00 - 16.00 Uhr ¾ Stadtrundgang inkl. Besichtigung des einzigartigen Arnulf Rainer Museums Kaiserhauses Heilwasser, Biedermeierflair, Weinkultur, Heilwasser, Biedermeierflair, Weinkultur, Musik, Congress & Casino, Natur und Musik, Congress & Casino, Natur und Gemütlichkeit prägen die Stadt. Der beleben- Gemütlichkeit prägen die Stadt. Der beleben- de Stadtspaziergang zwischen Tradition und de Stadtspaziergang zwischen Tradition und Moderne führt zu Beethovenhaus – Stadt- Moderne führt zu Beethovenhaus – theater – St. Stephan – Kurpark – und vielen Kaiserhaus – Stadttheater – St. Stephan – anderen Sehenswürdigkeiten. Im Anschluß Kurpark – zur unterirdischen Römerquelle besichtigen Sie das Arnulf Rainer Museum, und vielen anderen Sehenswürdigkeiten... das sich in den historischen Räumen des Treffpunkt: vor dem Congress Casino Baden / Frauenbades befindet – mit einer Architektur, Haupteingang die mit ihren Badebecken und Umkleide- 15.00 - 17.00 Uhr ¾ Weingarten Wanderung auf den Spuren kabinen auf die einstige Nutzung als Heilbad der Reblaus – (gleiche Wanderung wie am hinweist. Treffpunkt: vor dem Congress Freitag, 5. September, 10.00 - 12.00 Uhr) Casino Baden / Haupteingang Sie spazieren mit einem Winzer durch die 10.00 - 12.00 Uhr ¾ Weingarten Wanderung auf den Spuren Weingärten über der Stadt und erfahren viel der Reblaus – (gleiche Wanderung wie am Wissenswertes zum Weinbau in der Donnerstag, 4. September, 15.00 - 17.00 Uhr) Sie spazieren mit einem Winzer durch die Thermenregion Wienerwald. Im Anschluss Weingärten über der Stadt und erfahren viel verkosten Sie das Badener Lumpentürl in Wissenswertes zum Weinbau in der der Badener Hauervinothek. Treffpunkt: vor Thermenregion Wienerwald. Im Anschluss dem Congress Casino Baden / Haupteingang verkosten Sie das Badener Lumpentürl in 19.30 Uhr ¾ Möglichkeit eine Operettenaufführung der Badener Hauervinothek. Treffpunkt: vor der Sommerarena der Bühne Baden, Arena- dem Congress Casino Baden / Haupteingang straße 1, zu besuchen: „Giuditta“, Musik: 14.00 - 17.30 Uhr Generalversammlung 1.Teil Franz Lehár; Anmeldung und Bezahlung sind im „Badener Saal“ des Congress Casinos von den Teilnehmern selbst vorzunehmen. Baden, im Kurpark Kartenpreise von 30 bis 60 Euro 20.30 - 01.00 Uhr Ball des Auslandsösterreicher-Weltbundes Information: http://www.buehnebaden.at im „Festsaal“ des Congress Casinos Baden Telefon: ++43 / (0)2252 / 22522 im Kurpark

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 36 Speziell für AuslandsösterreicherInnen

Samstag, 6. September 11.45 Uhr ¾ Abschlußmittagessen Schloß Weikersdorf, Schlossgasse 9 - 11, 10.00 - 12.00 Uhr Festakt mit Auszeichnung des „Auslands- Baden österreichers des Jahres 2014“ Essen € 21,– auf eigene Rechnung; Getränke im Congress Casinos Baden, im Kurpark, im auf Rechnung des AÖWB, verbindliche „Großen Festsaal“ Anmeldung unbedingt erforderlich! 12.15 Uhr ¾ Festessen auf Einladung Festessen auf Änderungen vorbehalten! Einladung des Herrn Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) Veranstaltungstips Sebastian Kurz im Congress Casinos Baden, „Genußmeile in der Thermenregion Wienerwald“ am im Kurpark, Casino Restaurant & Casineum 6. und 7. und 13. und 14. September 2014. Einstieg in Baden: 14.30 - 17.30 Uhr Generalversammlung 2. Teil Trostgasse, entlang dem ersten Wiener Wasserleitungswanderweg. im „Badener Saal“ des Congress Casinos Haben Sie schon einmal die „längste Schank der Welt“ gesehen? Baden, im Kurpark An beiden Wochenenden haben Sie die Gelegenheit dazu. Mehr 19.30 - 23.00 Uhr ¾ Empfang des Landeshauptmannes von als 80 Weinbaubetriebe aus der Thermenregion Wienerwald bieten Niederösterreich, Herrn Dr. Erwin Pröll, dabei alles, was aus Weintrauben gemacht werden kann, zur Ver- im Streiterhof, Leesdorfer Hauptstraße 64, kostung an. Baden Weinverkostung in der Badener Hauervinothek 2500 Baden bei Wien, Brusattiplatz 2 Sonntag, 7. September Telefon: ++43 / (0)2252 / 45 6 40 mailto:[email protected] 10.00 Uhr Evangelischer Gottesdienst : Evangelische http://www.hauervinothek.at Kirche, Erzherzog Wilhelm-Ring 54, Baden Öffnungszeiten: täglich von 10.00 – 12.30 und von 15.30 – 18.30 Uhr 10.15 Uhr Katholischer Gottesdienst Stadtpfarrkirche Über 100 Badener Hauerweine und Weinbrände stehen für Sie im St. Stephan, Pfarrplatz 7, Baden mittelalterlichen Ambiente zur Verkostung bereit. Foto: Michael Mössmer / http://www.oesterreichfotos.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 37 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« 94. Salzburger Festspiele Eröffnung durch Bundespräsident Heinz Fischer, Bundesminister Josef Ostermayer und Landeshauptmann Wilfried Haslauer – beeindruckende Worte des Festredners, des australischen Historikers Christopher Clark. Dem Jahrestag entsprechend nahmen die Redner auch Bezug auf das Jahr 1914. Foto: LMZ / Neumayr MMV v.l.: Intendant Alexander Pereira, Daniela de Souza, Christina Rösslhuber, Landeshauptmann Wilfried Haslauer, Festspiel- präsidentin Helga Rabl-Stadler, Margit Fischer und Bundespräsident Heinz Fischer bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele

ie 94. Salzburger Festspiele wurden am Haslauer: Kunst und Heute sei die Kunst der würdevolle oder D27. Juli mit einer Festveranstaltung in Politik als Wechselspiel provokante Träger des Himmels in einer der offiziell eröffnet. Nach „Die Kunst rettet die Welt nicht. Das müs- Prozession des „Nie wieder“, von Humanität der Begrüßung durch Festspielpräsidentin sen wir schon selber besorgen, aber: Ohne und Moralität, ein Himmel, der vor der sen- Helga Rabl-Stadler folgten Ansprachen von Kunst wird es uns das kaum gelingen“, stell- genden Sonne der Wirklichkeit schützen Landeshauptmann Wilfried Haslauer, Bun- te Landeshauptmann Wilfried Haslauer am soll. Aber, so Haslauer, „er schützt nicht vor desminister Josef Ostermayer sowie die Er- fest. Die Allianz zwischen Politik und Kunst den Raketen, die in Israel einschlagen und öffnungsrede von Bundespräsident Heinz für die „heilige nationale Sache“ gebe es den Granaten auf Gaza, er schützt nicht vor Fischer. Als Festredner verwies der Histo- nicht mehr. „Sie hat einer Haßliebe zwischen einem Krieg in der Ukraine, deren Staats- riker Prof. Christopher M. Clark auf Paral- Kunst und Staat Platz gemacht.“ Diese Be- grenze von Wien weniger weit als Vorarlberg lelen zwischen den Ereignissen, die vor 100 ziehung, dieses Aufeinander-Angewiesen- entfernt liegt. Und dieser Himmel schützt Jahren zum Ausbruch des Ersten Wettkrieges Sein – Kunst kann ohne Öffentlichkeit nicht auch nicht den Himmel, aus dem unschuldi- geführt haben, und der heutigen weltpoliti- existieren, auch ohne öffentliche Finanzie- ge Frauen, Kinder, Familien in den Tod schen Lage. Diesem thematischen Fokus ent- rung, öffentlich getragene Aufführungsstät- geholt werden.“ sprechend bildeten Lesungen von Cornelius ten oder Festspiele, aber auch der Staat, die Obonya und Schauspielchef Sven-Eric Öffentlichkeit kann und will ohne Kunst nicht Ostermayer: Festspiele Bechtolf aus Werken von Karl Kraus und sein – gleicht lang verheirateten Ehegatten, als Friedenswerk Stefan Zweig den Rahmen der Veranstal- die die jeweiligen Angewohnheiten des an- „In genau diesen Tagen, in denen wir in tung. Für die musikalische Gestaltung zeich- deren bis zur Weißglut reizt und dennoch Salzburg miteinander die Festspiele feiern, neten das Mozarteumorchester Salzburg un- nicht voneinander lassen, nicht ohne einan- hat sich 100 Jahre zuvor auf dramatische Art ter seinem Chefdirigenten Ivor Bolton und der leben können, unvollständig wären, und Weise das Schicksal Europas entschie- die Sopranistin Laura Aikin verantwortlich. Bruchwerk sein müßten.“ den“, betonte Josef Ostermayer, Bundesmi-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 38 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« nister für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst. „Die Initiatoren der Salzburger Festspiele verstanden 1920, zwei Jahre nach Ende des Krieges, ihr Engage- ment als ,Friedenswerk‘“, so Ostermayer weiter. Nur wenige Jahre später mußten sie allerdings die Vergeblichkeit ihrer Bemühun- gen erleben. Denn der Nationalsozialismus – und damit die Ursache für das größte Leid: den Zweiten Weltkrieg, wäre ohne den Er- sten nicht möglich gewesen, so der Bundes- minister. Emotionale, menschliche Bewußtmachung entstehe allerdings seltener in Anbetracht globaler Aspekte, sondern öfter anhand ein- zelner, persönlicher Schicksale. Kunst und Kultur würden den Weg dorthin öffnen. „Von Auge, Ohr und Gehirn, wo wahrgenommen und verstanden wird, zum Rest des Körpers, wo in einem kontemplativen Prozeß dafür gesorgt wird, daß Geschichte zuerst emotio- nal und schließlich empathisch verstanden wird. Die Salzburger Festspiele 2014 neh- men sich dieser, unserer Geschichte an und damit eine verantwortungsvolle Aufgabe wahr“, sagte Ostermayer.

Fischer: Entwicklung zum internationalen Rechtsstaat

Bundespräsident Heinz Fischer fest, daß Foto: LMZ / Neumayr MMV vor 100 Jahren alle Mechanismen versagt Festredner Prof. Christopher M. Clark bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele hätten, die den Frieden hätten bewahren kön- nen und daß uns dies auch heute noch ratlos Fischer weiter: „Umso mehr bin ich über- können, wenn die Politik versagt, die Ge- zurücklasse. Und auch in den Köpfen vieler zeugt, daß die Zukunft der internationalen spräche versiegen und kein Kompromiss Musiker und Komponisten schien Merkwür- Politik auf die Entwicklung vom nationalen mehr möglich ist. diges vor sich gegangen zu sein: Auch die Rechtsstaat zum internationalen Rechtsstaat „Ob wir heute in der Lage sind, dieser Musik wurde rasch in nationale Einzelspra- und auf eine umfassende judizielle Ahndung Falle zu entkommen ist noch nicht klar“, so chen untergliedert. von Kriegshandlungen und Kriegsverbrechen Clark weiter. „Wir sind nicht unbedingt klü- „Es läßt uns nicht heute noch, sondern hinarbeiten muß. Und Bertha von Suttner ger oder weiser als unsere Vorfahren. Aber heute schon wieder ratlos zurück, wenn wir wird letzten Endes Recht behalten mit dem wir haben, jedenfalls in Europa, bessere an das Versagen der Friedensmechanismen Satz: Entweder die Menschheit schafft den Strukturen. Hier hat man aus den Ruinen in der Ukraine oder an das Perpetuum mobi- Krieg ab oder der Krieg schafft die Mensch- zweier verheerender Weltkriege eine Wirt- le des Tötens zwischen Israelis und Palästi- heit ab.“ schafts- und Friedensordnung hergestellt, nensern denken – von Syrien, vom Irak, von die weltweit einmalig ist. Es ist nicht nur, Afghanistan ganz abgesehen“, so das Staats- Festredner Clark: Es daß durch die EU ein Krieg zwischen den oberhaupt. „Und es erstaunt mich immer häuft sich das Risiko Staaten Europas unvorstellbar geworden ist, wieder, daß gerade diejenigen, die ein Ver- Festredner Christopher Clark stellte die sondern daß dieses transnationale Gebäude sagen europäischer und damit auch österrei- Ereignisse, die vor 100 Jahren zum Aus- für die ganze Welt ein Modell bietet für die chischer Politik für die schrecklichen und bruch des Ersten Wettkrieges geführt haben, friedliche Schlichtung von Interessenkon- blutigen Entwicklungen außerhalb Europas der weltpolitischen Lage von heute gegen- flikten.“ Die EU habe zurzeit vor allem in- oder am Rande Europas mitverantwortlich über. Sein Resümee: „Wir befinden uns, wie nerhalb Europas eine schlechte Presse. Sie machen, oft nicht viel anderes anzubieten im Jahre 1914, in einer Phase des Umbruchs. und ihre Werte würden auch innerhalb der haben, als die alte Politik des Drehens an der Die Konturen des alten Systems sind im Union von populistischen Bewegungen in Spirale der Gewalt, der Zuspitzung der Auflösen begriffen, die neuen Konstellatio- Frage gestellt. Aber wer die EU wie ich von Feindbilder, der Dialogverweigerung. Die nen sind noch nicht klar erkennbar. Gerade außerhalb betrachtet sehe in ihr einen Akt simple Erkenntnis, daß Krieg und Gewalt in solchen Momenten, wo das Gleichge- transnationalen politischen Willens, der zu nicht die Ultima Ratio, sondern die Ultima wicht ins Wanken kommt, häuft sich das den größten Errungenschaften der Geschich- Irratio sind, ist noch immer nicht weit genug Risiko.“ Die Katastrophe des Jahres 1914 sei te der Menschheit gehöre, so Clark. „ vorgedrungen – und das auf allen Seiten.“ eine Mahnung, wie furchtbar die Folgen sein http://www.salzburgerfestspiele.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 39 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« Gedenken an den Ersten Weltkrieg

jährt sich der Aus- bruch des Ersten Welt- 2014kriegs zum hundert- sten Mal – ein denkwürdiges Datum, das nicht nur Anlaß zum besonderen Gedenken an die Opfer des Krieges bietet, sondern auch ein Anstoß zur Reflexion über den langen Weg hin zu einem friedlichen Europa sein sollte: über die Fortschritte der letzten hun- dert Jahre und über die weiteren Schritte, die wir noch setzen müssen. Anläßlich des Gedenkjahres 2014 ist eine ganze Reihe von Veranstaltungen in Öster- reich und Europa geplant. Dabei ist es Öster- reich sehr wichtig, daß die Veranstaltungen eine vorwärts gerichtete pro-europäische Haltung wiedergeben und daß ein Bezug zur Gegenwart hergestellt wird. Man will über einen bloßen Akt der Erinnerung und Grä- ber- und Denkmalpflege hinausgehen und vielmehr einen Perspektivenwechsel anre- gen – hin zu einer Erweiterung nationaler Perzeptionen und zur Entwicklung eines ge- meinsamen europäischen Geschichtsver- ständnisses. Den Planungen für das Gedenkjahr liegt eine enge interministerielle Zusammenarbeit zugrunde: VertreterInnen des Bundeskanz- leramts, von Außen- (BMeia), Innen-, Ver- teidigungs-, Unterrichts und Wissenschafts- ministerium sind an den Vorbereitungen be- teiligt. Ein Kreis prominenter österreichi- scher HistorikerInnen hat im Auftrag dieser Ressorts ein Grundlagenpapier zum Ersten Weltkrieg erarbeitet. Dieses enthält Grund- züge einer österreichischen Betrachtungswei-

se auf Basis des aktuellsten Forschungsstan- Foto: http://anno.onb.ac.at/ des und stellt nicht zuletzt auch eine Infor- »Die Heerführer Österreich-Ungarns im Kriegsfalle« titelte 25. Juli 1914 das in mationsgrundlage für die österreichischen Wien erschienene »Interessante Blatt«. Im Bildtext sind deren Namen aufgelistet: Vertretungsbehörden im Ausland dar. »Der zur Disposition des Allerhöchsten Oberbefehls gestellte rangälteste Armee- Inspektor G.d.J. Erzherzog Friedrich« (Mitte, die anderen beginnen links oben im Das „Österreich Journal“ freut sich, daß Uhrzeigersinn) Armee-Inspektor FZW Oskar Potiorek, G.d.R. Rudolf Ritter von Dank der Initiative des BMeiA die Histori- Brudermann, der Chef des Generalstabs G.d.J. Conrad Freiherr von Hötzendorf, kerInnen zugestimmt haben, daß wir Ihnen, G.d.J. Liborius Ritter von Frank, Marinekommandant Admiral Anton Haus, G.d.J. sehr geehrte LeserInnen, diese Sammlung in Moritz Ritter von Auffenberg und Kriegsminister FZM Alexander v. Krobatin Form einer Serie das Jahr hindurch zur Lek- BMeiA im Rahmen des Gedenkjahres 2014 Das Gedenken an den Ausbruch des türe anbieten können. Wir werden sie durch ernannt. Durch Koordination und vor allem Ersten Weltkriegs wird einen Schwerpunkt Berichte über Ausstellungen und Veranstal- wechselseitige internationale und nationale der österreichischen Auslandskulturarbeit im tungen ergänzen. Information über geplante und laufende Pro- Jahr 2014 darstellen. Veranstaltungen mit ös- Im September 2012 wurde Botschafter jekte möchte das BMeiA eine Optimierung terreichischer Beteiligung werden u.a. in i.R. Christian Prosl, zuletzt österreichischer und inhaltliche Kohärenz der österreichi- Belgien, Bosnien und Herzegowina, Frank- Botschafter in Washington, DC, als Koordi- schen Veranstaltungen im Ausland sicher- reich, Großbritannien, Kroatien, Litauen, nator für die Betreuung der Projekte des stellen. Polen, Rußland, Schweden, der Schweiz,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 40 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014«

Serbien, der Tschechischen Republik, der Türkei, Ungarn, der Ukraine und den Ver- einigten Staaten stattfinden. Dabei spannt sich der Bogen von Ausstellungen über Konferen- zen und wissenschaftliche Symposien bis zu Bildungsinitiativen und vielem mehr. Eine eigens entwickelte Wanderausstellung mit dem Titel „Das Jahr 1914 – Bewegte Ruhe vor dem Sturm“, die die Entwicklungen in Österreich unmittelbar vor Ausbruch des Er- sten Weltkriegs in Politik, Gesellschaft, Kunst und Kultur beleuchtet, wird in mehreren Or- ten im Ausland Station machen. Zu den geplanten österreichischen Ge- denkveranstaltungen im Ausland zählt ein Konzert der Wiener Philharmoniker in Sara- jewo am 27. Juni 2014, dem 100. Jahrestag des Attentats auf Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie. Das Konzert wird die erste öffentliche Veranstaltung in der neu wiedereröffneten Vijeænica sein (sie wurde 1892–1894 nach Plänen des österreichischen Architekten Alexander Wittek als Rathaus Sarajewos erbaut und beherbergte nach 1948 die National- und Universitätsbibliothek. Im Bosnienkrieg stark zerstört, wurde sie in den letzten Jahren – auch mit Unterstützung der Republik Österreich und der Stadt Wien – wiederaufgebaut und komplett neu reno- viert.) Die von der österreichischen Botschaft in Sarajewo mitveranstaltete internationale wissenschaftliche Tagung „The long shots of Sarajevo“ wird sich ebenfalls den folgen- schweren Ereignissen im Juni 2014 widmen. Nicht nur im Ausland, sondern selbstver- ständlich auch in Österreich ist eine Vielzahl von kulturellen und wissenschaftlichen Pro- Foto: http://anno.onb.ac.at/ grammpunkten geplant. So steht der Erste Im Bildtext zur Titelseite des »Wiener Salonblatts« hieß es: »Gen. d. Inf. Erzher- Weltkrieg beispielsweise im Mittelpunkt zog Friedrich, der am 4. Juni 1856 zu Groß-Seelowitz geborene Sohn weiland des Erzherzogs Karl Ferdinand und der Erzherzogin Elisabeth verwitw. gewes. Erzher- einer Ausstellung auf der Schallaburg unter zogin von Österreich-Este geb. Erzherzogin von Österreich wurde zur Disposition dem Titel „Jubel & Elend – Leben mit dem des Oberbefehles Sr. Majestät gestellt und gleichzeitig vom k k. Landwehr-Ober- Großen Krieg 1914-1918.“ Die Ausstel- kommando enthoben.« »Lieber Herr Vetter…«, schrieb Kaiser Franz Joseph, »In Ihrer Eigenschaft als rangältester Armeeinspektor stelle Ich Sie zur Disposition lungsräume im Heeresgeschichtliche Museum meines Oberbefehls…« Wien werden neu konzipiert, um mit geogra- fischen, zeitlichen und thematischen Schwer- und das Ende der Habsburgermonarchie Darüber hinaus werden sich im Gedenk- punkten ein umfassendes Bild der damaligen 1914-1918“ wurde bereits am 19. September jahr 2014 wissenschaftliche Konferenzen, Ereignisse zu zeigen. Auf Schloß Artstetten 2013 im RadioKulturhaus in Wien vorge- Symposien, Filmprojekte, Forschungspro- gibt es neben der dem Leben von Erzherzog stellt. Christa Hämmerle beleuchtet in ihrem gramme, Bildungsinitiativen… mit dem Franz Ferdinand gewidmeten Daueraustel- ebenfalls im Herbst des Jahres erschienenen Ersten Weltkrieg auseinandersetzen. lung „Für Herz & Krone“ die Sonderschau Buch „Heimat/Front“ Geschlechtergeschich- Die meisten der Projekte im In- und Aus- „Vom Machthunger zur Friedenskultur – te/n des Ersten Weltkrieges in Österreich- land sind in der Vorbereitungsphase und 100 Jahre nach dem Tod des Thronfolgers" Ungarn. Die Akademie der Wissenschaften werden in den kommenden Wochen und Mo- zu sehen, die die Geschichte aus der Sicht- schließlich wird mit der Publikation „Welt- naten konkrete Gestalt annehmen. Sie sind weise Franz Ferdinands beleuchtet. kriegsstatistik Österreich-Ungarn 1914-1918. daher eingeladen, in regelmäßigen Ab- Mehrere Publikationen werden verschie- Bevölkerungsbewegung, Humanverluste, ständen die Website des BMeiA zu besu- dene Themen rund um den Ersten Weltkrieg Kriegswirtschaft“ erstmalig und umfassend chen, um sich über den aktuellsten Stand der beleuchten. Um stellvertretend nur einige da- wesentliche Daten zu Österreich-Ungarn im Planungen zu informieren und alle Termine von zu nennen: Das neue Werk von Man- Ersten Weltkrieg gesammelt und strukturiert zu informieren: fried Rauchensteiner „Der Erste Weltkrieg zugänglich machen. http:// www.bmeia.gv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 41 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« Fronterfahrung Der moderne Krieg zertrümmert die anfängliche Euphorie. Beitrag aus einem Grundlagenpapier, das auf Initiative des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres mit sechs anderen Ressorts bei namhaften österreichischen WissenschaftlerInnen in Auftrag gegeben wurde. Teil 7 der Serie: von Helmut Konrad *) © Multimediale Sammlungen, Universalmuseum Joanneum Unbekannter Fotograf: Soldaten werden von ihren Angehörigen am Bahnhof verabschiedet. ene Menschen, die bei Kriegsausbruch Die Realität war eine gänzlich andere. machte psychische Resistenz zur Schlüs- Jnicht älter als 50 Jahre waren, hatten in Nachdem die Anfangsoffensiven zum Erlie- selqualifikation“ (Hans-Georg Hofer). der Habsburgermonarchie keine persönliche gen gekommen waren, trat gegen Ende des Geradezu als exemplarisch können die Erinnerung an einen Krieg. Selbst die Groß- Jahres 1914 eine militärische Pattsituation Fronterfahrungen von Oskar Kokoschka gel- väter konnten keine Geschichten vom an den Fronten ein. Konnte man bis dahin ten. Erst die freiwillige Meldung mit der er- Schlachtfeld erzählen. Königgrätz lag 48 vorstürmen, zurückweichen, ausweichen, sehnten und formenden Ausbildung, dann Jahre zurück. Und in der kommunikativen sich also in der Landschaft des Schlacht- als Offiziersanwärter bei der Kavallerie mit Erinnerung waren Kriege ausschließlich feldes bewegen, so stellte sich nun die Front Blumen und Jubel ins Feld verabschiedet, „Schlachten“, also Ereignisse, bei denen in als „gerichtete Landschaft“ (Kurt Lewin) dann aber die Schockerfahrung, als er mit wenigen Stunden über Sieg oder Niederlage dar. „Die Gegend da vorne scheint ein Ende seinen Leuten auf Pferden gegen die Kano- entschieden wurde. zu haben, dem ein ,Nichts‘ folgt.“ Vorne, das nen der Russen anritt. Eine schwere Verlet- So war die Erwartung an das „Abenteuer war der Tod. Die Landschaft war nicht mehr zung führte zur Krankenhauserfahrung und Krieg“ oftmals jenes eines Initiationsrituals im Rundblick offen zu erfassen, sie kannte zur Begegnung mit einer Medizin im in die Männlichkeit, ein kurzer, spannender nun ein „Vorne“ und „Hinten“. Die Land- Dienste des Krieges, deren Hauptaufgabe es Einsatz, der spätestens zum Beginn der schaft war zum integralen Bestandteil der war, möglichst viele Männer rasch wieder Erntezeit vorbei sein sollte. Kampf- und Überlebensstrategie geworden. fronttauglich zu machen, eine Aufgabe, der Der Stellungskrieg, das Überleben in den gerade die Psychiatrie bei den vielen Trau- *) Univ.-Prof. Dr. Helmut Konrad ist Professor für Allgemeine Zeitgeschichte an der Karl-Franzens- Schützengräben, veränderte das Leben der matisierten mit aller Gewalt nachkam. Und Universität Graz Soldaten. „Das Ausharren auf engstem Raum letztlich machte Kokoschka die Erfahrung

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 42 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« im Schützengraben am Isonzo, ein Erleben, driger, nach oben durch Geröll oder durch das jede Anfangserwartung vom Krieg als Sandsäcke verstärkt. Das erzwang eine ge- Initiationsritus in ein ganz dramatisches Ge- bückte Haltung, die auch die Mentalität der genteil verkehren mußte. Soldaten überformte. Nicht zufällig entstie- Der Maschinenkrieg, der vor allem über gen den Schützengräben dieser Front bei das Maschinengewehr und seine normierte Kriegsende die italienischen „Squadristi“ Munition die Männer zu Verlängerungen, ja auf der einen und die österreichischen Hei- zu Anhängseln der neuen Technologie mach- matwehren auf der anderen Seite, kämpften te, der ungeheure Knall bei Einschlägen aus dort doch Benito Mussolini und Emil Fey. Großgeschützen oder aber die Bedrohung Der spezifische Raum der Gewalt hatte also durch das lautlose Gas, all das war Teil des auch große politische Folgewirkungen. Szenarios des „Großen Krieges“. Das laute Surren und Pfeifen der Quer- Prägend für viele Soldaten der Habsbur- schläger im splitternden Gestein, die vielen germonarchie waren dabei die Kämpfe an gerade aus diesen Querschlägern resultieren- der Isonzofront. Der Karst unterschied sich den Verwundungen, die glühende Hitze der von den Kampfzonen im Hochgebirge an der Sommer und die Kälte der Winterwinde, die Tiroler Front, aber auch von den Schlacht- Toten, die nach den mißglückten Sturman-

feldern im Osten oder an der deutschen griffen im Niemandsland liegen bleiben Foto: Privat Westfront, deren Bilder („Im Westen nichts mußten, die praktisch ausbleibenden Gebiets- Univ.-Prof. Helmut Konrad, Professor Neues“) bis heute die Vorstellungen vom gewinne oder -verluste, also das Fehlen von für Allgemeine Zeitgeschichte an der Karl-Franzens-Universität Graz Kriegsgeschehen im Ersten Weltkrieg domi- Siegen oder Niederlagen, all das ließ die nieren. Im Muschelkalk an der Front im istri- Landschaft nördlich von Duino in ganz „Gerichtet“ war allerdings nicht nur die schen Karst waren die Schützengräben nie- besonderer Weise als „gerichtet“ erscheinen. Landschaft an der Front. Den Bedürfnissen der Front war auch hinter der Front alles un- Helmut Konrad und Nicole Goll tergeordnet. Dem „Nichts“ folgten in Ab- Die Steiermark und der Große Krieg. stufungen nach hinten die Feldlazarette und die Nachschubeinrichtungen, die Kranken- Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Grazer Museum im Palais häuser und schließlich das Hinterland, des- Hundert Jahre nach dem Ausbruch des Krieg“, für die Besiegten war das Ereignis sen Produktivität aber weitgehend auf die Ersten Weltkriegs ist fast die ganze Welt, hingegen lange Jahre traumatisch besetzt. Bedürfnisse der Front hin ausgerichtet war. von Australien bis nach Kanada, in Ge- Hundert Jahre und vier Generationen spä- An diesen Bedürfnissen orientierte sich auch denkveranstaltungen und Ausstellungen ter nähern sich die Erzählstränge aber an, die Kommunikation, die von den Fronten des bemüht, dieses für die Geschichte des 20. es steht nicht länger Triumph gegen Krieges und an die Front an die 22 Milliar- Jahrhunderts so zentrale Ereignis in ge- Schmerz, sondern beide Seiten sehen die den Feldpostbriefe und Postkarten zu bewäl- bührender Form in Erinnerung zu rufen und transnationale Bedeutung des Ereignisses tigen hatte. Daran orientierten sich alle ande- im kulturellen Gedächtnis zu verankern. und die prinzipielle Umgestaltung der Welt ren Kommunikationsformen, das gesamte Siegerstaaten erinnern anders als Nieder- durch den Krieg. Er hatte die Modernisie- Transportwesen (von den modernen Eisen- lagenstaaten. Für sie war es der „Große rung ungeheuer beschleunigt und dabei die bahnen bis zu den Pferden, von denen zahl- dunkle Seite dieses Prozesses deutlich ge- lose im Gaskrieg erblindeten) und letztlich macht. auch die Kunst, die sich im Kriegspresse- Der vorliegende Katalog ist zur Aus- quartier sammelte. stellung im „Museum im Palais“ in Graz Von der Front ins Hinterland kamen vor- erschienen (es gehört seit 2011 zum Uni- erst die Kriegsgefangenen, deren große versalmuseum Joanneum), in der Helmut Lager die Sozialstruktur von Gemeinden Konrad und Nicole-Melanie Goll, wie sie veränderten (Knittelfeld als Beispiel hatte sagen, „den Versuch unternehmen, die etwa 10.000 Einwohner, aber 30.000 Kriegs- Weltpolitik auf die Steiermark herunterzu- gefangene im Lager), dann die eigenen brechen. Obwohl sie selbst nicht Kriegs- Verwundeten oder aber die Traumatisierten, schauplatz war, spiegeln sich die zentralen denen das „shell-shock“-Erleben die Spra- Entwicklungen auch hier wider.“ che oder die Orientierung genommen hatte, Den Anspruch, die große Entwicklung und letztlich, zumeist nur in der Form von im Regionalen nachvollziehbar zu machen Nachrichten, die im Felde Gefallenen, deren sei nur dadurch einzulösen gewesen, weil Körper meist in Massengräbern lagen. eine ganze Reihe von öffentlichen und vor Das Hinterland, dessen strukturelle Über- allem privaten Leihgebern gefunden wer- forderung letztlich mit kriegsentscheidend Coverfoto: Der aus Wildalpen stam- den konnte. Der Katalog kann beim Mu- war, die sogenannte „Heimatfront“ mit ihren mende Steirer Franz Schnehsl mit zwei von ihm geretteten Südtiroler seum Joanneum online bestellt werden: spezifischen Mangelerfahrungen, war somit Kindern an der italienischen Front. mailto:[email protected] ebenfalls Teil einer Erfahrungslandschaft, die

© Universalmuseum Joanneum / Foto: Leihgabe von MMag. art. Dr. Rainer Beck, Graz nach den Frontlinien hin ausgerichtet war. „

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Helmut Konrad Jahresübersicht der Beiträge Geboren am 29.1.1948 in Wolfsberg,ver- 2000-2005 Präsident des österreichischen 1 Motivenbericht und Einleitung heiratet seit 1973 mit Alida Mirella Konrad- Akkreditierungsrats Ausgabe 127 / E: 03.02.2014 Hueller, zwei Kinder 2000-2006 Mitglied des Board von CEE- NET (Network of Central and 11. Österreich-Ungarn und der Erste Ausbildung Eastern European Quality Weltkrieg. Ein Überblick 1954-1959 Volksschule und 1 Jahr Assurance Agencies in Von Manfried Rauchensteiner Hauptschule in St. Gertraud, Higher Education) Ausgabe 127 / E: 03.02.2014 Lavanttal 2000-2008 Präsident des Internationalen 12. Über die Kriegsschuld 1959-1966 7 Jahre Gymnasium in Forschungszentrums Von Helmut Konrad Klagenfurt Kulturwissenschaften (IFK) Ausgabe 128 / E: 27.02.2014 1966-1972 Studium Geschichte und 2004-2005 Mitglied des Board von 13. Demokratie, Krieg und Frieden. Germanistik an der Universi- ENQA (European Association Anmerkungen zu den Rahmen- tät Wien, Promotion sub aus- for Quality Assurance in bedingungen des Ersten Weltkriegs piciis praesidentis 1973 Higher Education) Von Anton Pelinka 1980 Habilitation (Neuere Ge- 2004-2006 Vorstand des Instituts für Ge- Ausgabe 129 / E: 27.03.2014 schichte und Zeitgeschichte) schichte der Universität Graz 14. „Das Befreiende der mutigen Tat“: an der Universität Linz seit 2007 Mitglied des kosovarischen Akkreditierungsrates Die „dunkle“ Seite der Wiener Beruflicher Werdegang seit 2008 Präsident des Salzburger Wis- Moderne um 1914 1972-1981 Universitätsassistent in Linz senschafts- und Forschungs- Von Oliver Rathkolb 1981/82 2 Semester Vertretungsprofes- rats (Mitglied seit 2005) u.a. Ausgabe 130 / E: 30.04.2014 sur in Innsbruck (neugegrün- 15. Soziale Militarisierung dete Zeitgeschichte) Ehrungen und Auszeichnungen Von Christa Hämmerle 1981-1984 außerordentlicher Universitäts-  Theodor Körner Preis 1975 Ausgabe 131 / E: 30.05.2014 professor, Linz  Victor Adler Staatspreis 1983 16. Der Krieg und die Medien seit 1.3.1984 Ordentlicher Universitäts-  Preis der Stadt Wien für Geistes- und Von Wolfgang Maderthaner professor für Allgemeine Kulturwissenschaften 2002 Ausgabe 132 / E: 30.06.2014 Zeitgeschichte unter Berück-  Großes Goldenes Ehrenzeichen des 17. Fronterfahrung sichtigung außereuropäischer Landes Steiermark 1997 Von Helmut Konrad Länder und Kulturen an der  Ehrendoktorat der Universität Shkodra, Ausgabe 133 / E: 31.07.2014 Universität Graz Albanien, 1996 18. Kriegführung und humanitäre 1990/91 Gastprofessor, Cornell  Verkauf-Verlon-Preis für antifaschisti- University Ithaca, USA sche Literatur 2008 Folgen 1993 Gründungssprecher des  Großes Goldenes Ehrenzeichen der Von Verena Moritz Spezialforschungsbereichs Republik Österreich 2009 Ausgabe 134 / E: 28.08.2014 „Moderne“, dann Vorstands 19. Frauen- und Geschlechter- Forschungsschwerpunkte mitglied, Schatzmeister (bis geschichte des Ersten Weltkriegs Kulturgeschichte, Arbeitergeschichte, 2005) Von Christa Hämmerle und Nationale Frage und Identität, Strukturen 2000/01 Gastprofessor University of Gabriella Hauch von Wissenschaft und Forschung Waterloo, Ontario, Kanada Ausgabe 135 / E: 09.10.2014 2001 Visiting Fellow, European Zuletzt erschienen 10. Folgen des Ersten Weltkriegs University Institute, Florenz, Helmut Konrad, Christa Hämmerle, Von Stefan Karner Italien Manfried Rauchensteiner: Ausgabe 136 / E: 30.10.2014 2010 Co-Teaching (Mit Jay Winter), Der Erste Weltkrieg. Die große 11. Nachwirkungen der „Front- Yale University, USA Erschütterung und der Keim des Neuen. erfahrung“ des Ersten Weltkriegs 12 Vorlesungen auf die Entwicklung Österreichs Akademische Selbstverwaltung und Graz 2013. ISBN 3-902819-22-7 in der Zwischenkriegszeit wissenschaftliche Dienstleistungen Helmut Konrad und Stefan Benedik(Hg): Von Verena Moritz (Auswahl) Mapping Contemporary History II. 1987-1989 Dekan der Geisteswissen- Wien 2010. ISBN 3-205-78518-5 Ausgabe 137 / E: 25.11.2014 12. Der Erste Weltkrieg im Gedächt- schaftlichen Fakultät der Uni- Helmut Konrad und Monika Stromberger (Hg): versität Graz (wiedergewählt Die Welt im 20. Jahrhundert nach 1945. nis Österreichs und (Zentral- 1992) Wien 2010. ISBN: 9-783-85476-325-3 Europas – Gedächtnistraditionen 1993-1997 Rektor der Universität Graz in (transnationaler Perspektive Helmut Konrad und Nicole Goll 1995-1998 Vizepräsident der Österreichi- Von Heidemarie Uhl schen Rektorenkonferenz Die Steiermark und der Große Krieg. Graz 2014, ISBN: 9-783-90209-5541 Ausgabe 138 / E: 22.12.2014 1997-1999 Prorektor der Universität Graz Insgesamt über 300 wissenschaftliche Anm.: Die Erscheinungstermine können um bis zu 1999-2006 Mitglied des deutschen drei Tage verschoben werden. Die Redaktion. Akkreditierungsrats Arbeiten.

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Chronik des Ersten Weltkriegs mit besonderer Berücksichtigung Österreich-Ungarns

1914 12. August: 23. Januar: 28. Juni: Kriegserklärung Großbritanniens an Öster- Winterschlacht in den Karpaten (bis Ende Ermordung des österreichisch-ungarischen reich-Ungarn März). Schwere Verluste des österrei- Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand chisch-ungarischen Heeres und seiner Gemahlin Sophie in Sarajevo 23. August: Beginn der Schlacht von Krasnik (bis 25. 6. Februar: 23. Juli: August). Erster Erfolg von k. u. k. Truppen Rumänisch-italienisches Defensivbündnis Befristete Demarche Österreich-Ungarns an Serbien Kriegserklärung Japans an das Deutsche 22. März: Reich und Beginn der Belagerung von Kapitulation der österreichisch-ungari- 25. Juli: Tsingtau (Einnahme am 7. November 1914) schen Festung Przemysl Abbruch der diplomatischen Beziehungen Österreich-Ungarns zu Serbien. Beginn 26. August: 22. April: der Generalmobilmachung in Serbien Beginn der Schlacht bei Komarów (bis Erster Einsatz von Chlorgas durch deut- 1. September). Sieg der k. u. k. Truppen sche Truppen im Gebiet von Ypern 28. Juli: 25. April: Kriegserklärung Österreich-Ungarns an 27. August: Beginn der alliierten Landungen im Serbien Kriegserklärung Japans an Österreich- Ungarn Dardanellengebiet (Halbinsel Gallipoli) 29. Juli: 26. April: Teilmobilmachung in Rußland 2. September: Eroberung von Lemberg durch russische Londoner Vertrag zwischen Italien und der Entente 30. Juli: Truppen Beginn der Generalmobilmachung in 2. Mai: Rußland 8. September: Zweite Offensive österreichisch-ungari- Beginn der Durchbruchsschlacht von Tarnów-Gorlice 31. Juli: scher Verbände gegen Nordwest- und Westserbien Deutsches Ultimatum an Rußland 4. Mai: Aufkündigung des Dreibundvertrages 22. Oktober: 1. August: durch Italien Kriegseintritt des Osmanischen Reiches an Beginn der Mobilmachung in Frankreich der Seite der Mittelmächte und im Deutschen Reich. Deutsche 7. Mai: Kriegserklärung an Rußland Versenkung des britischen Passagier- 16. November: dampfers „Lusitania“ durch ein deutsches Beginn der dritten österreichisch-ungari- U-Boot 3. August: schen Offensive gegen Serbien Deutsche Kriegserklärung an Frankreich. 23. Mai: Neutralitätserklärungen Italiens und 1. Dezember: Rumäniens Kriegserklärung Italiens an Österreich- Schlacht bei Limanowa-Lapanów führt Ungarn zum Rückzug zweier russischer Armeen 4. August: (bis 15. Dezember) Deutscher Einmarsch in das neutrale 3. Juni: Przemysl von deutschen und österrei- Belgien. Kriegserklärung Großbritanniens 2. Dezember: chisch-ungarischen Truppen wieder- an das Deutsche Reich Einnahme Belgrads durch k. u. k. Truppen erobert

05. August: 3. Dezember: 22. Juni: Kriegserklärung Montenegros an Öster- Beginn der serbischen Gegenoffensive Lemberg von deutschen und österrei- reich-Ungarn chisch- ungarischen Truppen wieder 15. Dezember: befreit 06. August: Rückzug der letzten österreichisch-ungari- Kriegserklärung Serbiens an das Deutsche schen Truppen von serbischem Gebiet 23. Juni: Reich. Kriegserklärung Österreich- Beginn der ersten Isonzoschlacht Ungarns an Rußland 1915 (bis 7. Juli) 13. Januar: 11. August: Ablösung des Grafen Leopold Berchtold 17. Juli: Kriegserklärung Frankreichs an Öster- durch Stephan Graf Burián von Rajecz als Beginn der zweiten Isonzoschlacht reich-Ungarn k. u. k. Minister des Äußern (bis 10. August)

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26. August: 29. Februar: 22. September: Beginn der „schwarz-gelben“ Offensive Besetzung von Nordalbanien durch Ver- Beginn der Gegenoffensive deutscher und gegen Rußland bände des k. u. k. Heeres abgeschlossen österreichisch-ungarischer Truppen in Siebenbürgen 6. September: 11. März: Abschluß einer Militärkonvention zwi- Beginn der fünften Isonzoschlacht 9. Oktober: schen dem Deutschen Reich, Österreich- (bis 16. März) Beginn der achten Isonzoschlacht Ungarn und Bulgarien (bis 12. Oktober) 16. März: 6. Oktober: Schwere Kämpfe im Adamello-Gebiet, 21. Oktober: Offensive deutscher und österreichisch- Sprengung des Col di Lana Der k. u. k. Ministerpräsident Karl Graf ungarischer Verbände gegen Serbien. Stürgkh wird von Friedrich Adler erschos- Feststellung des gemeinsamen Ministerrats 15. Mai: sen. Nachfolger Stürgkhs wird Ernest von in Wien, wonach die nationale Struktur Beginn der österreichisch-ungarischen Koerber und der staatsrechtliche Aufbau Österreich- Südtiroloffensive („Strafexpedition“) Ungarns keine Gebietserweiterungen ver- 31. Oktober: tragen würden. 31. Mai: Beginn der neunten Isonzoschlacht (bis 4. Seeschlacht im Skagerrak November) 8. Oktober: Eroberung von Belgrad 4. Juni: 5. November: Beginn der russischen Sommeroffensive Proklamierung eines selbstständigen 14. Oktober: (Brusilov-Offensive). Bis 31. August Königreichs Polen durch das Deutsche Kriegserklärung Bulgariens an Serbien schwere Verluste des k. u. k. Heeres Reich und Österreich-Ungarn

18. Oktober: 6. bis 22. Juni: 21. November: Beginn der dritten Isonzoschlacht Blockade Griechenlands durch die Entente; Tod Kaiser Franz Josephs I. Sein (bis 5. November) am 21. Juni Demobilisierung der griechi- Nachfolger wird Kaiser Karl I schen Armee 10. November: 6. Dezember: Beginn der vierten Isonzoschlacht 16. Juni: Eroberung von Bukarest durch Truppen (bis 11. Dezember) Ende der Schlacht in Südtirol der Mittelmächte 25. November: 29. Juni: 12. Dezember: Niederlage des serbischen Heeres auf dem Erster Giftgaseinsatz österreichisch- Friedensangebot der Mittelmächte an die Amselfeld (Kosovo polje). Rückzug der ungarischer Truppen im Raum Görz Serben über Montenegro nach Albanien Alliierten (am 30. Dezember abgelehnt) (bis 26. Februar) 4. August: Beginn der sechsten Isonzoschlacht 18. Dezember: Dezember: (bis 17. August). Görz von italienischen Vergeblicher Friedensaufruf des amerika- Friedensinitiativen der sogenannten Meinl- Truppen erobert nischen Präsidenten Woodrow Wilson Gruppe 23. August: 20. Dezember: 1916 Kriegserklärung Italiens an das Deutsche Ottokar Graf Czernin neuer k. u. k.- 4. Januar: Reich Minister des Äußern Österreichisch-ungarische Offensive gegen Montenegro 27. August: 1917 Kriegserklärung Rumäniens an Österreich- Januar bis Mai: 8. Januar: Ungarn. Beginn einer rumänischen Vertrauliche Friedensangebote Kaiser Räumung der Halbinsel Gallipoli durch die Offensive gegen Siebenbürgen Karls an die Alliierten durch Prinz Sixtus Alliierten von Bourbon-Parma (vgl. 12. April 1918). 28. August: Italien lehnt Verhandlungen über einen 11. Januar: Kriegserklärung des Deutschen Reichs an Sonderfrieden ab Besetzung des Lovcen-Massivs (Monte- Rumänien negro) durch österreichisch-ungarische 12. Januar: Truppen September: Kronrat unter dem Vorsitz Kaiser Karls: Schwere Versorgungsprobleme in der Integrität der Monarchie, weitgehende 23. Januar: österreichischen Reichshälfte Existenzmöglichkeiten für Serbien, Bedingungslose Kapitulation Monte- 1. September: Annäherung an Rußland; Status quo in der negros. K. u. k. Truppen beginnen den Kriegserklärung Bulgariens an Rumänien polnischen Frage Einmarsch in Albanien 21. Februar: 14. September: 1. Februar: Beginn der Schlacht um die Festung Beginn der siebten Isonzoschlacht Beginn des uneingeschränkten U-Boot- Verdun in Nordfrankreich (bis 17. September) Kriegs

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 46 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014«

27. Februar: Einsatz einer tschechischen Brigade bei 1. Februar: General der Infanterie Arz von Straußen- Zborów im Rahmen der Kerenskij- Matrosenrevolte im k. u. k. Kriegshafen burg löst Generaloberst Conrad von Offensive von Cattaro. Nach der Niederschlagung Hötzendorf als Chef des Generalstabes ab vier Todesurteile vollstreckt 16. bis 18. Juli: Bildung eines gemeinsamen Ernährungs- Bolschewistischer Aufstand in St. Peters- 9. Februar: ausschusses für beide Reichshälften, der burg scheitert Friedensvertrag der Mittelmächte mit der dem Kaiser direkt unterstellt ist Ukrainischen Volksrepublik 20. Juli: 12. März: Vertrag von Korfu zwischen Serben und 28. Februar: Beginn der (bürgerlichen) Revolution in Kroaten über die Errichtung eines König- K. u. k. Truppen beteiligen sich am Rußland reiches der Serben, Kroaten und Slowenen Einmarsch in die Ukraine

15. März: 18. August: Ende Februar: Zar Nikolaj II. von Rußland dankt ab Kaiser Karl will die 14 Punkte Wilsons mit Beginn der elften Isonzoschlacht Einschränkungen anerkennen (bis 13. September) 6. April: Kriegserklärung der USA an das Deutsche 3. März: Reich 24. Oktober: Friedensvertrag von Brest-Litowsk zwi- Beginn der zwölften Isonzoschlacht. schen den Mittelmächten und Rußland 19. bis 21. April: Deutsche und österreichisch-ungarische Englisch-französisch-italienische Konfe- Truppen erzielen einen Durchbruch bei 14. März: renz in Saint-Jean-de-Maurienne. Ein Flitsch und Tolmein. In der Folge Vor- Besetzung Odessas durch Verbände der Sonderfrieden mit Österreich-Ungarn wird marsch bis an den Piave Mittelmächte abgelehnt 07. November: 21. März: 23. April: Beginn der bolschewistischen Revolution Deutsche Frühjahrsoffensive in Belgien Kriegszielbesprechung in Bad Kreuznach in Rußland und Frankreich (bis 17. Juli) zwischen dem Deutschen Reich und Öster- reich-Ungarn 20. bis 29. November: 1. April: Alliierter Großangriff bei Cambrai mit Der erste Luftpostverkehr der Welt wird 12. Mai: „Tanks“ auf der Strecke Wien – Olmütz – Krakau – Zehnte Isonzoschlacht (bis 5. Juni) Lemberg – Kiew aufgenommen 3. Dezember: 15. Mai: Beginn von Waffenstillstandsverhandlungen 8. April: Seegefecht in der Otrantostraße zwischen den Mittelmächten und Rußland Kongreß der unterdrückten Völker (Öster- (Waffenstillstand am 15. Dezember. reich-Ungarns) in Rom (bis 11. April) 30. Mai: Beginn von Friedensverhandlungen am Wiederzusammentritt des österreichischen 22. Dezember) 12. April: Reichsrats Der französische Ministerpräsident 7. Dezember: Clemenceau veröffentlicht den (ersten von 10. Juni: Kriegserklärung der USA an Österreich- zwei) „Sixtusbriefen“. Kaiser Karl leugnet Italienische Offensive im Gebiet der Ungarn ihn ab. Der Minister des Äußern, Czernin, Sieben Gemeinden (Ortigaraschlacht; bis tritt zurück 29. Juni) Waffenstillstand zwischen den 25. April: Mittelmächten und Rumänien in Focsani 15. Juni: Heimkehrermeutereien in Böhmen, Moritz Graf Esterházy Nachfolger Graf Mähren und Galizien (bis 5. Juli) Tiszas als ungarischer Ministerpräsident 1918 7. Mai: 3. bis 25. Januar: Abschluß des Friedensvertrages von 27. Juni: Streikbewegung in Österreich-Ungarn. Bukarest zwischen den Mittelmächten und Griechenland tritt der Entente bei Nach und nach sind über 700.000 Arbeiter Rumänien 29. Juni: im Ausstand Offensive des russischen Heeres in 12. Mai: Weißrußland (Kerenskij-Offensive) 6. Januar: Kaiser Karl in Spa: Vereinbarung über ein „Dreikönigsdeklaration“ der tschechischen enges politisches, militärisches und wirt- 02. Juli: Abgeordneten zum österreichischen schaftliches Bündnis mit dem Deutschen Kriegserklärung Griechenlands an das Reichsrat Reich Deutsche Reich, Österreich-Ungarn, Bulgarien und das Osmanische Reich. 8. Januar: Meutereien in Judenburg, Murau, Fünf- Kaiser Karl erläßt eine Amnestie für politi- Friedensbotschaft von US-Präsident kirchen, Rumburg und Radkersburg (bis sche Delikte Wilson („14 Punkte“) 24. Mai)

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30. Mai: Friedensnote Österreich-Ungarns an Anschluß der polnischen Gebiete Öster- Vertrag von Pittsburgh (USA) zwischen US-Präsident Wilson reich-Ungarns an den polnischen Staat dem tschechischen Emigrantenführer T. G. Masaryk und amerikanischen 6. Oktober: Slowakenführern Konstituierung eines Nationalrats der 30. Oktober: Slowenen, Kroaten und Serben in Zagreb Einrichtung eines provisorischen Staatsrats 10. Juni: und einer deutschösterreichischen Versenkung des k. u. k. Großkampf- 14. Oktober: Regierung schiffes „Szent István“ vor der Insel Konstituierung einer tschechoslowaki- Premuda schen Regierung in Paris 31. Oktober: 15. Juni: 16. Oktober: Übergabe eines Großteils der k. u. k. Beginn der Piaveoffensive. Die letzte Völkermanifest Kaiser Karls Kriegsmarine an den südslawischen Staat Offensive des k. u. k. Heeres scheitert innerhalb von Tagen 18. Oktober: Wilson lehnt die österreichisch-ungarische Der ehemalige ungarische Ministerpräsi- dent István Graf Tisza wird ermordet 6. Juli: Friedensnote ab Beginn der alliierten Offensive in Albanien 21. Oktober: 01. November: Konstituierung einer provisorischen 17. Juli: Versenkung des (ehemaligen) k. u. k. Nationalversammlung Deutschösterreichs Zar Nikolaj II. wird mit seiner Familie Flaggenschiffes „Viribus Unitis“ durch ita- von Bolschewisten erschossen 23. bis 26. Oktober: lienische Haftminen Besuch des Kaiserpaars Karl und Zita in 8. August: Debrecen. Der ungarische Reichstag Bildung einer selbstständigen ungarischen Schlacht von Amiens (bis 11. August). beschließt die Bildung eines Nationalrats Beginn des Zusammenbruchs der deut- Regierung unter Graf Mihály Károlyi. schen Front in Frankreich 24. Oktober: Serben besetzen Belgrad Beginn der alliierten Offensive am Piave 9. August: Rücktritt Buriáns. Graf Gyulá Andrássy 2. November: Anerkennung der Tschechoslowakei als d. J. wird letzter k. u. k. Minister des Rücktritt des letzten österreichisch-ungari- kriegführende Nation durch Großbritannien Äußern schen Ministers des Äußern Graf 14. September: 27. Oktober: Andrássy. Friedensnote Kaiser Karls „An alle“ Bildung der letzten kaiserlich-österreichi- schen Regierung unter Heinrich 3. November: 15. September: Lammasch Abschluß des Waffenstillstands zwischen Alliierte Offensive an der Mazedonien- front (bis 29. Oktober) 28. Oktober: Österreich-Ungarn und den Alliierten in Proklamation eines selbstständigen tsche- der Villa Giusti (am 4. November in Kraft 18. September: choslowakischen Staates in Prag getreten) Beginn der alliierten Offensive in Palästina

26. September: Masaryk proklamiert in Paris einen selbst- ständigen tschechoslowakischen Staat 29. September: Waffenstillstand zwischen Bulgarien und den Alliierten

Generalfeldmarschall Hindenburg verlangt von der deutschen Reichsregierung Schritte zum Abschluß eines Waffenstillstands

1. Oktober: Beginn der Räumung Albaniens durch österreichisch-ungarische Truppen

3. Oktober: Beginn der Räumung Serbiens durch deutsche und österreichisch-ungarische Truppen Siehe: »Österreich Journal« pdf-Magazin, Ausgabe 128 vom 27. Feber 2014

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 48 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« 100 Jahre nach der Ermordung des Thronfolgers Am 28. Juni wurde der 100. Jahrestag der Ermordung des österreichisch- ungarischen Thronfolgers, Erzherzog Franz Ferdinand, und seiner Gemahlin Herzogin Sophie von Hohenberg mit einer Gedenkveranstaltung auf Schloß Artstetten und Maria Taferl begangen. Foto: Schloss Artstetten BetriebsGmbH Am 100. Jahrestag des Attentats in Sarajevo traten über 500 Vertreter von 70 Traditionsregimentern am Schloßplatz an. n die 120 direkte Nachfahren von Erz- stellung genommen. Die Messe wurde von gonnen hatte), die 530 Vertreter der Tradi- Aherzog Franz Ferdinand und Herzogin Seiner Eminenz Kardinal Christoph Schön- tionsregimenter sammelten sich in der Kas- Sophie von Hohenberg, 100 Mitglieder der born gemeinsam mit Diözesanbischof Klaus tanienallee und marschieren zum Schloßvor- Familie Habsburg-Lothringen, über 500 Ver- Küng, Alt-Abt P. Gregor Henckel-Donners- platz, wo sie um 13.45 Uhr Aufstellung nah- treter von 70 Traditionsregimentern aus der marck OCist sowie weiteren Geistlichen ze- men. ehemaligen k.u.k. Monarchie, LH Erwin Pröll lebriert. Nach der Meldung an Landeshauptmann und mit Gattin, Kabinettsvizedirektor Heinz Während des ganzen Tages präsentierte Erwin Pröll und Abschreiten der Front durch A. Hafner (im Auftrag von Bundespräsident die Österreichische PostAG in einem Son- diesen, Erzherzog Ferdinand Zvonimir Heinz Fischer), Vertreter aus Politik, Diplo- derpostamt im Erzherzog Franz Ferdinand (17jähriger Ur-Enkel des letzten Kaisers, matie und Wirtschaft sowie an die 700 gela- Museum den Sonderbriefmarkenblock „Sa- Karl I.) und Mitgliedern der Familie Hohen- denen Gäste aus dem In- und Ausland fanden rajevo 1914 – 2014“ mit Ersttagsstempel, im berg zu den Klängen der Bundeshymne und sich am 28. Juni auf Schloß Artstetten ein – Feldpostamt des österreichischen Bundes- einer kurzen Begrüßung aller Gäste durch um nicht nur Erzherzog Franz Ferdinand und heeres war ebenfalls eine personalisierte Son- „die Hausherrin“ Anita Hohenberg mit einer Herzogin Sophie, sondern aller Opfer des derbriefmarke zu erwerben und der Österrei- Friedensbotschaft. Sie betonte die Bedeu- Ersten Weltkrieges zu gedenken. chische Marine-Verband stellte im s.g. tung von Schloß Artstetten als „ideelles und Die Feierlichkeiten begannen um 11 Uhr „Marine-Raum“ des Museums sieben seiner wertvolles Kleinod", das für BesucherInnen mit einem Requiem in der Basilika Maria historischen Schiffsmodelle aus. aus dem In- und Ausland geöffnet sei: „Wir Taferl (das live in die Pfarrkirche Artstetten Um 13.00 Uhr begann die Gedenkfeier wollen heute auch ein Zeichen des Friedens übertragen wurde). 60 Fahnenträger der Tra- vor Schloß Artstetten: Das Dragoner-Regi- setzen.“ ditionsregimenter waren in die „die goldene ment Nr. 4 erreichte Artstetten, das Ziel sei- Danach folgte die Ansprache des Lan- Basilika“ eingezogen und hatten dort Auf- nes Gedenkrittes (der am Vortag in Enns be- deshauptmanns. An diesem „historischen

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Anita Hohenberg, Erzherzog Ferdinand Zvonimir und Landeshauptmann Erwin Pröll nehmen die Meldung entgegen…

Ort unserer Heimat“ sei der „Atem der Ge- schon lange keinen Platz mehr auf unserem Nach der Segnung der Fahnenbänder schichte“ zu spüren, und damit verbunden sei Kontinent.“ Umso wichtiger sei es, „mit Sen- durch Alt-Abt P. Gregor Henckel-Donners- die Aufforderung, „stets unsere Geschichte sibilität und Bewußtsein für die Geschichte marck und Überreichung dieser durch Mit- wach zu halten“. Dies sei in Niederöster- die Geschichte wach und lebendig“ zu hal- glieder der Familie Hohenberg an alle Tra- reich etwa mit der laufenden Schallaburg- ten, betonte er. Das Gedenken an den Ersten ditionsregimenter erfolgte die Verleihung Ausstellung zum Ersten Weltkrieg, mit dem Weltkrieg habe auch eine wichtige europäi- der eigens für diesen Tag produzierten Ge- geplanten „Haus der Geschichte“ in St. Pöl- sche Facette, so Pröll: „Wer Friede will, der denkmedaille (die in der Silber-Ausführung ten oder auch hier in Artstetten der Fall, so muß Europa stärken.“ auch im Museums-Shop erhältlich ist) an LH Pröll: „Hier wird Geschichte den Menschen Um ca. 14:30 Uhr begann das Totenge- Erwin Pröll, Erzherzog Ferdinand Zvonimir, zugänglich gemacht.“ denken mit Kranzniederlegung in der Fami- Fürst Georg v Hohenberg, Hauptmann i.Tr. Europa habe aus dem Ersten und Zweiten liengruft (die live auf den Schloßvorplatz Andreas Danner, Commodore Arch. Walter Weltkrieg die richtigen Lehren gezogen, übertragen wurde), untermalt von Glocken- Höller, Hauptbrandinspektor Christian Arz- meinte der Landeshauptmann: „Krieg hat geläut sowie Kanonen-Salutschüssen. berger (FF Artstetten) und Clemens Hackl sowie vier ausgewählte Vertreter der Tradi- tionsregimenter. Nach dem Abspielen der NÖ Landes- und der Volkshymne (von Joseph Haydn) endete die Gedenkfeier. Um 16.30 Uhr begannen schließlich die 25 Mitglieder des Dragoner-Regiments Nr. 4 auf der Löwenwiese vor dem Schloß mit der 45minütigen Reitvorführung, an der auch einige „Amazonen im Damensattel“ teilneh- men und ihre Sattelfestigkeit unter Beweis stellen. Das traditionell immer am ersten Fe- riensamstag stattfindende Schloß-Konzert der Trachtenkapelle Artstetten um 17.30 Uhr sorgte für einen schwungvollen Ausklang dieses ereignisreichen Tages.

Ein kleiner Auszug aus der Gästeliste Landeshauptmann Erwin Pröll, Sissy

Foto: Schloss Artstetten BetriebsGmbH Pröll (Präsidentin der Vereinigung „Hilfe im … und schreiten die Mitglieder der 70 Traditionsregimenter ab. eigenen Land“), Heinz Anton Hafner (im

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Auftrag des Bundespräsidenten, Kabinett- Vizedirektor der Präsidentschaftskanzlei), S.Em. Kardinal Christoph Schönborn, S.E. Diözesanbischof DDr. Klaus Küng, Alt-Abt Greogor Henckel-Donnersmarck, Erzherzog Ferdinand Zvonimir von Österreich (Ur- Enkel des letzten Kaisers von Österreich, Karl I), Erzherzog Carl-Christian von Öster- reich, Herzog und Herzogin Georg von Ho- henberg (Enkel von Erzherzog Franz Ferdi- nand, „Chef“ der Familie), Fürst und Fürstin Albrecht von Hohenberg (Enkel von Erzher- zog Franz Ferdinand), Fürst Peter von Ho- henberg (Enkel von Erzherzog Franz Ferdi- nand), Fürst Gerhard von Hohenberg (Enkel von Erzherzog Franz Ferdinand), Fürst und Fürstin Ernst von Hohenberg (Enkel von Erz- herzog Franz Ferdinand), Graf und Gräfin Andreas und Johanna von Henckel-Don- Ein Blick in die berühmte Basilika während des Requiems… nersmarck (née Fürstin von Hohenberg), Erzherzog und Erzherzogin Josef und Mar- garete von Österreich (née Fürstin von Ho- henberg), Großfürstin Olga Nikolaevna Ku- likovskaja-Romanova (war eigens aus Rußland angereist), Prinz und Prinzessin Jo- hannes Fürstenberg (Weitra), Herzogin von Ratibor (Grafenegg), Fürst Reuss (Ernst- brunn) u.v.a.m.

Das Attentat am 28. Juni 1914 löste bekanntlich eine Kettenreaktion aus, die innerhalb eines Monats zu dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges führte. Dieser Krieg war der endgültige Schlußpunkt des 19. Jahr- hunderts und gleichzeitig der Beginn des bar- barischen 20. Jahrhunderts, in dem sich ins- besondere auf dem Gebiet der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie poli- tische und gesellschaftliche Strukturen nach- … zelebriert von Kardinal Christoph Schönborn und seinen Konzelebranten haltig verändern sollten. Unter der Pfarrkirche in Artstetten wur- den die beiden Attentatsopfer von Sarajevo – gewissermaßen die ersten Gefallenen des Ersten Weltkrieges – in der Familiengruft bei- gesetzt. Da seiner Gattin aufgrund ihrer nicht den habsburgischen Hausgesetzen entspre- chenden Abstammung eine Bestattung in der Kapuzinergruft in Wien nicht möglich gewe- sen wäre, ließ Erzherzog Franz Ferdinand in Artstetten bereits 1913 eine Gruft für sich und seine Ehefrau anlegen. Schloß Artstetten war von den vielen Wohnsitzen des Erzherzogs (wie z.B. Schloß Belvedere in Wien oder die Schlösser Kono- pischt und Chlumetz in Böhmen) der einzi- ge, den er von seinem Vater geerbt hatte. „Wir wollen am 28. Juni der beiden Opfer und ihrer Kinder gedenken und das politi- Foto: Schloss Artstetten BetriebsGmbH sche Ziel des Thronfolgers, einen Krieg in Mahnwache in der Familiengruft unterhalb der Schloßkirche

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nands Leben und Wirken“ heuer eine Son- derausstellung mit dem Thema „Regieren & Verlieren – Kaiser Karl, eine Herausforde- rung zum Frieden“, die der nur zweijährigen Regierungszeit Kaiser Karls gewidmet ist – eine interessante thematische Fortsetzung der Dauerausstellung. Siehe „Österreich Journal“, Ausgabe 129 vom 4. April 2014, unter dem Titel „Franz Ferdinand Erzherzog von Österreich-Este“ mit einem ausführlichen Bericht über die Son- derausstellung: http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_129.htm

Schloß Artstetten – Rückblick und Vorschau Schloß Artstetten ist Dank seiner Besitzer ein Ort, an dem Geschichte lebendig bleibt. Alt-Abt Gregor Henckel-Donnersmarck bei der Weihe der Fahnenbänder – links im Besucher aus allen Ländern folgen hier, in Bild: Moderator M. Zintl Reburg diesem kulturhistorischen Anziehungspunkt, Europa zu verhindern, würdigen“, sagte der schnell auch in der Politik Gewalttätigkeit seit 1982 den Spuren einer der schillerndsten Familienchef und Enkel des Erzherzogs, und unüberlegtes Handeln Dinge auslösen Persönlichkeiten der ausgehenden Donau- Georg Hohenberg. „Es ist eine bittere Ironie, können, die zerstörerische und unaufhaltsa- monarchie: Erzherzog Franz Ferdinand. Die daß ausgerechnet das Attentat auf ihn und me Dynamik entwickeln. Obwohl die politi- einzigartigen Exponate in 25 Räumen sind seine Frau eine Kette von Ereignissen in Gang schen Strukturen jetzt anders sind als vor Zeugen seiner Zeit und lassen seine Welt- gesetzt hat, an deren Ende ein beispielloses hundert Jahren, ist es meines Erachtens reise, seine Jagdleidenschaft, sein Werden Schlachten stand.“, sagt Anita Hohenberg, kurzsichtig und arrogant, anzunehmen, daß und Wirken, seine militärischen sowie politi- Urenkelin der Ermordeten sowie Eigentü- heute solche Ereignisse wie damals unmög- schen Pläne und Ziele, aber auch sein Fa- merin von Schloß Artstetten und des dort lich sind.“ milienleben für den Besucher nachvollzieh- befindlichen Erzherzog-Franz-Ferdinand- Das Erzherzog-Franz-Ferdinand-Museum bar werden. Anhand von Fotos, Dokumenten Museums. „Diese Veranstaltung kann viel- zeigt neben der dieses Jahr hochaktuellen und Gegenständen des persönlichen Lebens leicht auch einen Denkanstoß geben, wie Dauerausstellung „Erzherzog Franz Ferdi- sowie Kunstobjekten werden die verschiede- Foto: Schloss Artstetten BetriebsGmbH Kranzspenden neben den Särgen von Erzherzog Franz Ferdinand und Herzogin Sophie in der Familiengruft

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Er war mein Urgroßvater Foto: Osterreichischer Marineverband Gerhard Stefenson, Mitglied des Präsidium des Österreichischen Marineverbands mit dessen Fahne, in der langen Reihe der Vertreter der Verbände.

nzählige Bücher setzen sich in Form Uvon Romanen und wissenschaftli- chen Arbeiten mit dem Attentat auf Erz- herzog Franz Ferdinand und mehr oder weniger auch mit der Person des Thron- folgers selbst auseinander. Das vorliegen- de Buch ist so nicht vergleichbar, denn des- sen Urenkelin, Fürstin Anita Hohenberg, läßt uns an einem – notwendigerweise fik- tiven – Gespräch teilhaben, das, stünde nicht eine unüberbrückbare Zeitspanne dem entgegen, sicher so stattgefunden haben könnte. Dafür hat die Schloßherrin von Artstetten Details aus dem Leben Franz Fer- dinands mit Originalfotos aus dem reich- haltigen Archiv zusammengetragen und Foto: Schloss Artstetten BetriebsGmbH der Sachbuchautorin Christiane Scholler Reit-Darbietung von Mitgliedern des Dragoner-Regiments Nr. 4 zur „Verarbeitung“ überlassen. Daraus nen Aspekte dieser vielseitigen Persönlich- becken umbauen sowie ein Badehaus erbau- enstand eine berührende Geschichte, die keit – der Politiker und Offizier, der Ehe- en. Aber auch Erzherzog Franz Ferdinand einen liebevollen Blick auf das kurze Le- mann und Familienvater, der Gutsherr und hinterließ u. a. mit neuen Parkwegen und der ben des Beinah-Monarchen bietet. Jäger, der Kunstliebhaber und Sammler, der s. g. „Molnar-Stiege“ hier seine unvergäng- „Wenn ich nun also versuche, die letz- Reisende und Kosmopolit – vorgestellt. lichen Spuren. ten Stunden im Leben meiner Vorfahren Im kommenden Jahr (2015) wird die Zusätzlich zu den Neupflanzungen ist ein nachzuvollziehen, komme ich nicht um- Sonderausstellung „Ein Garten EDEN für Skulpturen-Park geplant. Hier wird die An- hin, festzustellen: Urgroßvater, Du hättest JEDEN“ (Arbeitstitel) ganz der historischen lage als Basis und Bühne für Künstler unse- abreisen, auf Deine Berater hören und Parkanlage gewidmet. Das grüne Einod bie- rer Zeit vorbereitet. Dafür werden Standorte Dein Pflichtbewußtsein einmal vergessen tet mehr als nur ein paar schöne Einblicke in und Sockeln den Künstlern zur Verfügung sollen…“, so die Fürstin, „der Lauf der das Freizeitvergnügen von damals, denn es gestellt. Der Park von Schloß Artstetten wird Weltgeschichte hätte sich entscheidend ist eine der bedeutendsten Parkanlagen von somit eine lebendige Verbindung zwischen anders entwicklelt.“ Österreich, deren Geschichte mit dem Blu- dem Damals und dem Heute bilden – mehr als Christiane Scholler menkaiser Franz I. im Jahr 1824 begann. Die nur den Rahmen für einen Spaziergang. „ Er war mein Urgroßvater geomantischen Richtlinien sowie die immer http://www.schloss-artstetten.at Styria Premium, Wien, 2013 wieder optischen Überraschungen kommen Eine aktuelle Fotostrecke vom Schloß gebunden, zahlreiche Abb, 160 Seiten langsam erneut zu Tage. Erzherzog Carl Lud- Artstetten finden Sie hier: 24,99 Euro, ISBN: 978-3-222-13429-6 wig ließ einen Löschteich zum Schwimm- http://www.oesterreichfotos.at/galerien/museen/schlo%C3%9F-artstetten/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 53 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« Die Steiermark und der »Große Krieg« Wie beeinflußte der »Große Krieg« den Alltag und das Leben der Menschen? Wie schrieb sich der Krieg im Erscheinungsbild einer Stadt fest? Was erinnert heute noch daran? iese und andere Fragen versucht die Aus- Dstellung „Die Steiermark und der ,Große Krieg‘“ zu beantworten. Sie verknüpft Re- gionalgeschichte mit Weltpolitik und bricht diese Katastrophe auf die Steiermark herun- ter. Mithilfe von mehr als 200 Objekten und unzähligen Fotos – teils aus den Beständen des Joanneums, großteils von öffentlichen und vor allem aus Privatsammlungen – macht Kurator Helmut Konrad die Auswirkungen vor Ort sowie die große Entwicklung im Re- gionalen nachvollziehbar. Der Erste Weltkrieg griff tiefgehend in die Politik, die Ökonomie, die Kultur sowie in das Leben der Menschen ein und hatte weitreichende Folgen. Die Auswirkungen waren auch in jenen Regionen sicht- und spürbar, die nicht unmittelbar von den Kampfhandlungen erfaßt worden waren. Im „Hinterland“ wurden alle Bedürfnisse jenen der Front untergeordnet, der Alltag militari- siert. Das galt für alle Bereiche des Lebens: für die Versorgung, für Kunst und Kultur, die Foto: Stadtarchiv Graz Kommunikation, die Wirtschaft und den Ver- Andrang vor der Bäckerei Wolfbauer, Graz, 1916, Unbekannter Fotograf. kehr. Die Anstrengungen an der Heimatfront waren für den „Sieg“ entscheidend. Hier mußten und verletzt zurückkamen, Frauen, Puppentheatersammlung zur Verfügung, die mußte „durchgehalten“ werden und jeder sei- die die Rolle des Haupternährers übernah- nach Langem wieder in Graz zu sehen sind. nen Beitrag leisten. Dafür wurden alle Stra- men, Kinder, die den Vater oftmals nur aus Aus dem Österreichischen Staatsarchiv erhielt pazen und Entbehrungen aufgenommen und Erzählungen kannten, die vielen Kriegsge- man das in der Zwischenkriegszeit angefer- vom Staat verlangt. fangenen und Zivilinternierten und die vie- tigte „Totenbuch der Steiermark“, das die Doch Hunger und Mangelwirtschaft len Toten, die bestattet und betrauert wurden: Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen machten die Bewältigung des Alltags nicht Mit fast ausschließlich steirischem Material Männer alphabetisch und nach Orten aufge- einfach. Dem Kronland Steiermark kam da- macht die Ausstellung Schicksale von Stei- listet enthält. Weitere Leihgaben von hoher bei besondere Bedeutung zu: als Region, die rern an der Front sichtbar und dokumentiert Anschaulichkeit sind unter anderem der stark von den nationalistischen Gegensätzen in 13 Themenkomplexen die zentralen Ent- Wehrtisch der 2er-Bosniaken (GrazMuseum), geprägt war, als „Raum der k.u.k. Armee“, wicklungen in der Steiermark – von der Si- Knittelfelds „Wappen in Eisen“, zahlreiche als Garnisons-, Aufmarsch- und Rekrutie- tuation der Donaumonarchie vor 1914 über Grabenarbeiten (Trench Art) wie z. B. Sol- rungsgebiet, als militärischer Transit- und das „deutsche“ Graz bis hin zu den Auswir- datenringe und viele persönliche Dinge, dar- Versorgungsraum der Isonzofront, aber auch kungen auf das Leben in der Steiermark und unter die im Kriegsgefangenenlager gefer- als „sicherer“ Raum für jene Soldaten, die in letztendlich den Folgen des Krieges. tigte Geige des Regimentsarztes Arnold Ge- Lazaretten, Rekonvaleszenzund Genesungs- Möglich wurde dies durch die zahlrei- nal, der im August 1914 an der Ostfront in heimen wieder „kampftüchtig“ gemacht wer- chen, oftmals sehr persönlichen Dokumente russische Kriegsgefangenschaft geriet. den sollten. von öffentlichen und privaten Leihgebern. Zur Ausstellung erscheint ein 72 Seiten Die Steiermark war aber auch ein „Lager- Darunter sind etwa Werke von steirischen umfassender Katalog, der um 9,90 € im land“, das Menschen unterschiedlicher Kul- Künstlern wie Fritz Silberbauer oder Franz Shop des Museums im Palais erhältlich ist. turen, Religionen und Ethnien verwahrte und Gruber-Gleichenberg zu sehen, die erstmals ISBN 9-783-90209-5541 wegsperrte. Sammlungsobjekte und Leihgaben öffentlich gezeigt werden. Die Staatlichen Die Ausstellung kann von 28. Juni 2014 dokumentieren steirische Kriegsschicksale Kunstsammlungen Dresden stellen die Ma- bis 5. Juli 2015 besichtigt werden. „ Steirische Soldaten, die in den Krieg ziehen rionetten der „Grazer Puppenspiele“ aus der http://www.museum-joanneum.at/de/museum_im_palais

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 54 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« 24.000 Personen Tiroler Ehrenbuch der Gefallenen des Ersten Weltkriegs ist via Internet zugänglich – Forschungsteam digitalisierte im Auftrag des Landes Tirol Daten

nläßlich des 100jährigen Gedenkens an Aden Ersten Weltkrieg stellt das Land Tirol das „Tiroler Ehrenbuch“ der Gefalle- nen von 1914 bis 1918 online zur Verfügung. Auf der Website der Tiroler Landesmuseen Recherchen in einer Datenbank möglich. Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich- Ungarn dem Königreich Serbien den Krieg, nachdem einen Monat zuvor, am 28. Juni, der österreichischer Thronfolger Franz Fer- dinand und seine Frau Sophie von Gavrilo Princip im Auftrag einer serbischen Unter- grundorganisation ermordet wurden. „Es folgte ein Krieg, in dem unzählige Men- schenleben ausgelöscht, Familien ihrer Väter und Söhne beraubt und ganze Landstriche, Dörfer und Städte zerstört wurden“, erinnert Tirols Landeshauptmann Günther Platter an die Grauen des Krieges. Die von Politik und Medien geschürte Euphorie zu Beginn des Krieges nahm ein jähes Ende und brachte große Not, Elend und unendliches, unfaßba- Foto: Land Tirol / Berger Tirols Landeshauptmann Günther Platter dankt den Traditionsverbänden. res Leid über das Land. den Kriegsdenkmälern abgehalten und an der Landeshauptmann. In Erinnerung daran, Gedenkveranstaltungen – Gedenkreise den Soldatenfriedhöfen in ganz Tirol Kerzen daß Anfang September 1914 in Galizien die nach Galizien im Oktober entzündet. „Ein großes Lob und ein herzli- ersten verheerenden Schlachten tobten, in de- Am 27. Juli – vor 100 Jahren der letzte ches Dankeschön an dieser Stelle den Tra- nen tausende Tiroler ihr Leben ließen, findet Tag des Friedens – wurden Gedenkakte an ditionsverbänden für diese Initiative“, betont am 12. September am Landhausplatz unter Screenshot / © TLM

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 55 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« Screenshot / © TLM Einbindung der Traditionsverbände eine Ge- mißte und Gefallene im Ersten Weltkrieg Die Daten und Scans wurden von den denkveranstaltung statt. Im Anschluß wird herausfinden. Die Tiroler Ehrenbücher er- Tiroler Landesmuseen (Historische Samm- im Innsbrucker Dom zu St. Jakob eine Mes- möglichen eine dauerhafte Erinnerung an die lungen) übernommen und für ein Daten- se für die Opfer des Krieges zelebriert. Kriegsteilnehmer. Das beauftragte Histori- banksystem auf der hauseigenen Website In Galizien, das heute teilweise zu Polen kerteam hat hier profunde, akribische Arbeit aufbereitet. „Mit der Erstellung dieser Date- gehört, fielen in den ersten Kriegsmonaten geleistet.“ nbank wird die Forschungstätigkeit der Ti- mehr Tiroler als in all den folgenden Jahren roler Landesmuseen transparent. Mir liegt es des Ersten Weltkriegs. Deshalb wird für 120 Bände zum Ersten Weltkrieg sehr am Herzen, das in unseren Museen vor- Schulklassen, Traditionsverbände und Nach- In den Tiroler Ehrenbüchern sind die Na- handene Wissen über unser Land allen Tiro- fahren von Kriegsteilnehmern vom 16. bis men vermißter, gefallener und verstorbener lerinnen und Tirolern auf einfache Weise zu- 21. Oktober eine Zugreise nach ins polni- Kriegsteilnehmer aus Alt-Tirol von 1796 bis gänglich zu machen“, betont Wolfgang Meig- sche Krakau durchgeführt, um von dort aus 1945 festgehalten. Sie umfassen insgesamt hörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen. verschiedene Gedenkstätten und Kriegs- 158 Bände. 120 Bände alleine beziehen sich Neben einer grundlegenden alphabetischen schauplätze zu besuchen. auf die Zeit des Ersten Weltkriegs. Neben Ordnung nach Personennamen kann in der biografischen Daten wie Geburts- und Ster- Datenbank via Volltextsuche nach Vulgona- Information und Aufklärung bedatum beinhalten die Tiroler Ehrenbücher men, Beruf, Geburtsdatum und -ort, Ge- „Information und Aufklärung sind wich- viele Sterbe- und Andenkenbilder, in einigen meindezugehörigkeit, Sterbedatum und -ort, tiger denn je, denn ein Blick auf das Weltge- Fällen sogar Feldpostbriefe oder kurze Le- militärischer Einheit etc. recherchiert wer- schehen macht deutlich, daß Frieden keine bensskizzen. Ein Teil der Ehrenbücher befin- den. Selbstverständlichkeit ist“, ist Platter über- det sich in der Landesgedächtniskapelle im Exemplarisch wurden bei ca. 200 Perso- zeugt. Darum ist es wichtig, das Geschehene „Tirol Panorama“ mit Kaiserjägermuseum. nen die in den Ehrenbüchern enthaltenen aufzuarbeiten und nicht in Vergessenheit Die anderen Originale werden im Tiroler Zusatzinformationen im Original sowie in geraten zu lassen. Auch die dazu kürzlich er- Landesarchiv aufbewahrt. transkribierter Form ergänzt. Die Datenbank schienene Sonderausgabe der Tiroler Lan- ist nicht nur eine Plattform zum Recherchie- deszeitung mit dem Titel „100 Jahre Erster Historikerteam ren. Es können auch zusätzliche Dokumente, Weltkrieg“ fand großes Interesse und wird Im Auftrag des Landes Tirol hat ein Hi- welche die in den Ehrenbüchern verzeichne- unter anderem in Schulen als begleitendes storikerteam mit VertreterInnen der Univer- ten Gefallenen des Ersten Weltkriegs betref- Unterrichtsmaterial verwendet. sität Innsbruck, des Tiroler Landesarchivs fen, ergänzt werden. „ „Mit der Digitalisierung der Tiroler und der Tiroler Landesmuseen die 120 Bän- http://ehrenbuecher.tiroler-landesmuseen.at Ehrenbücher kann das Land Tirol diese ein- de zum Ersten Weltkrieg wissenschaftlich Mitteilungen aus der Bevölkerung sind er- zigartige historische Quelle zu einem ein- bearbeitet, digitalisiert und dazu eine einfach wünscht. Kontakt: Martin Lugger, Claudia schneidenden, prägenden Zeitabschnitt im zu handhabende Online-Datenbank erstellt. Sporer-Heis, Historische Sammlungen der 20. Jahrhundert einer breiteren Öffentlich- Unter der Leitung von Bernhard Mertelseder Tiroler Landesmuseen keit zugänglich machen“, hält Landesrätin (Universität Innsbruck) wurden Daten von maitlo:[email protected] Beate Palfrader fest. „Jede Tirolerin, jeder nahezu 24.000 Personen erfaßt sowie 50 Wissenswertes zum Thema „100 Jahre Erster Tiroler mit Internetzugang kann jetzt schnell großformatige Bände mit der Sammlung von Weltkrieg“ finden Sie auch unter: und unkompliziert Informationen über Ver- Sterbebildern eingescannt. http://www.14-18.europaregion.info

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 56 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« Der Erste Weltkrieg … und das Ende der Habsburgermonarchie. Das Heeresgeschichtliche Museum/Militärhistorische Institut in Wien konzipierte seine der Thematik des Ersten Weltkrieges gewidmeten Ausstellungsräume neu. Foto: HGM / Manfred Litscher Der blutige Waffenrock von Erzherzog Franz Ferdinand, den er am Tag des Attentats in Sarajevo getragen hatte.

eben der chronologischen Gliederung Lienz „Den Namenlosen 1914“ gezeigt wer- serbische Regierung in ihrer Gesamtheit Nsind bei der Neukonzipierung insbeson- den. nicht erfüllen, Österreich-Ungarn erklärte Ser- dere räumliche, zeitliche und thematische Abgesehen von diesen besonderen histo- bien daraufhin am 28. Juli den Krieg. Schwerpunkte des Zeitabschnittes von 1914 rischen Stücken wurde bei der Neugestaltung Aufgrund der Bündnissituation wurde bis 1918, oftmals als die Urkatastrophe des der Saalgruppe Erster Weltkrieg vor allem aus dem lokalen Konflikt ein europäischer 20. Jahrhunderts bezeichnet, berücksichtigt danach gestrebt, Neuerwerbungen sowie bis Krieg mit vielen Fronten. Die Mittelmächte worden. In verschiedenen „Querschnitts“-Be- dato noch nie gezeigte Exponate in die neue (Österreich-Ungarn, das Deutsche und das reichen werden unter anderem Themenkreise Präsentation zu integrieren, um den Besu- Osmanische Reich [ab Oktober 1914]) stan- wie „Kriegsbegeisterung & Ausmarsch cherInnen ein möglichst umfangreiches Bild den den Staaten der Entente (Russisches 1914“, „Verwundung und Tod“, „Pflege und des damaligen Geschehens bieten zu können. Reich, Frankreich, Großbritannien und Trauer“, „Frau im Krieg“, „Kriegspropagan- Serbien) gegenüber. Weitere Länder traten in da“ oder „Kriegserinnerung“ behandelt. Historischer Hintergrund den nachfolgenden Jahren in den Krieg ein Aufgrund der gerade für den Zeitab- Für Österreich-Ungarn trug vor allem Ser- und machten den europäischen zu einem schnitt von 1914 bis 1918 sehr reichhaltigen bien die politische Verantwortung an der Er- Weltkrieg (insgesamt 36 kriegführende Staa- Sammlungsbestände des Heeresgeschichtli- mordung des Thronfolgers Erzherzog Franz ten). Für Österreich-Ungarn lag das Schwer- chen Museums/Militärhistorischen Instituts Ferdinand und seiner Gemahlin Sophie von gewicht seiner militärischen Operationen in Wien (HGM/MHI) können der Öffentlich- Hohenberg in Sarajevo. Für die Habsburger- 1914 sowohl am Balkan als auch gegen das keit ganz besondere Unikate, wie etwa die monarchie schien mit dem Attentat eine di- Russische Reich in Galizien. Das Deutsche Objekte zum Attentat von Sarajevo (Auto- plomatisch-politische Lösung des Gegensat- Reich wiederum versuchte, Frankreich im mobil, Uniform des Thronfolgers Erzherzog zes zu Serbien nicht mehr möglich. Bereits Westen zu bezwingen, wodurch eine Gesamt- Franz Ferdinand), eine 38 cm Haubitze, eine Anfang Juli fiel in Wien die Entscheidung entscheidung erreicht werden sollte. Öster- Panzerkuppel der Festung Przemysl oder zum Krieg mit Serbien. Ein am 23. Juli 1914 reich-Ungarn kam die Aufgabe zu, die Rus- auch das Kolossalgemälde von Albin Egger- gestelltes Ultimatum konnte und wollte die sen im Osten abzuwehren. Der materiellen

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Übermacht weichend, mußten große Gebiete im Osten der Monarchie geräumt werden. Die Verluste waren katastrophal. Eine Ent- spannung ergab sich erst durch die erfolg- reich geführte gemeinsame Offensive bei Gorlice-Tarnow im Mai 1915. Im selben Monat erklärte Italien der Habs- burgermonarchie den Krieg, wodurch eine neue Front im Südwesten des Reiches ent- stand. Die Kämpfe konzentrierten sich dabei nicht nur auf die Bergmassive in den Dolo- miten und in Tirol. Am Fluß Isonzo scheiter- ten die Italiener (bis Ende 1917) in elf verlu- streichen Abnützungsschlachten, aber auch eine österreichisch-ungarische Offensive in Südtirol 1916 wurde abgewehrt. Gemeinsam mit Bulgarien und dem Deutschen Reich gelang es den k.u.k. Trup- pen, im Herbst 1915 Serbien zu besetzen und eine Landverbindung zum osmanischen Mit dieser Waffe soll Gavrilo Princip Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie erschossen haben. Heer herzustellen. Russische Offensiven im Jahre 1916 (Brussilow) und 1917 (Kerens- ne Offensive am Isonzo (Caporetto) führte nalitätenprobleme. Entsprechenden Reform- ky) sowie der Kriegseintritt Rumäniens 1916 im Oktober 1917 fast zum Zusammenbruch vorhaben Kaiser Karls I., Nachfolger des im führten zu keiner Entscheidung. des italienischen Heeres. November 1916 verstorbenen Kaisers Franz Die 1917 ausgebrochene Oktoberrevolu- Dieser positiven militärischen Entwick- Joseph I., blieb ähnlich wie seinen Bemü- tion führte zum Abschluß eines Waffenstill- lung standen schwerwiegende innenpoliti- hungen um einen raschen Friedensschluss standes mit Rußland und in weiterer Folge sche und wirtschaftliche Probleme in Öster- der Erfolg versagt. Der Versuch der deut- zum Frieden von Brest-Litowsk. Diese Ent- reich-Ungarn entgegen. Einerseits erreichte schen Heeresleitung, die Kriegsentschei- wicklung sowie die militärischen Erfolge der die Ernährungskrise im letzten Kriegsjahr dung noch vor dem militärischen Eingreifen Mittelmächte zwangen letztlich auch Rumä- katastrophale Ausmaße und führte zu großen der USA durch mehrere Offensiven im We- nien, den Krieg zu beenden. Eine gemein- Streikbewegungen, andererseits verschärften sten zu erzwingen, mißlang genauso wie sam mit deutschen Verbänden unternomme- sich die bereits vor 1914 bestehenden Natio- eine am 15. Juni 1918 begonnene österrei- Fotos: HGM / Manfred Litscher Ein Hauptaugenmerk der Schau bildet das Automobil, in dem Franz Ferdinand erschossen wurde.

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und politische Situation des Jahres 1914 und den unmittelbaren Kriegsausbruch. Die Ram- penvitrinen vermitteln den von einer allge- mein vorherrschenden Kriegsbegeisterung getragenen Ausmarsch der k.u.k. Armee an die Front sowie daran anschließend ein Bild der militärischen Gegner Österreich-Ungarns bei Kriegsbeginn. Den begrenzten Einsatz österreichisch-ungarischer Artillerie im We- sten illustriert die begehbare Festungskuppel des Forts Kessel von Antwerpen. Den Kriegsschauplätzen am Balkan sowie im Nordosten widmen sich die beiden folgen- den Vitrineneinbauten.

Untere Ebene – Raum 2 Unmittelbar nach dem Durchgang wid- met sich die Ausstellung den kriegsbeding- ten Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung, Eine der Panzerkuppeln der 1914 und 1915 heftig umkämpften Festung Przemysl die von rigorosen Ausnahmeverfügungen so- chisch-ungarische Entlastungsoffensive an le Nachfolgestaaten gebildet, die Europa ein wie unmittelbaren Kampfhandlungen glei- der Piave. Im Herbst war die Auflösung der neues Gesicht geben sollten. chermaßen betroffen war. Der Ereignisge- Donaumonarchie nicht mehr aufzuhalten, In der neukonzipierten Ausstellung er- schichte des nordöstlichen Kriegsschauplat- zumal der Zerfall der Armee durch eine er- warten Sie nun folgende Bereiche: zes sind sowohl die Kuppel der österrei- folgreiche italienische Offensive in Nordita- chisch-ungarischen Festung Przemysl als lien beschleunigt wurde. Untere Ebene – Raum 1 auch die folgende Vitrine gewidmet, welche Am 3. November 1918 unterzeichnete Nach Verlassen des dem Attentat von Sa- das zeitlich knappe Aufeinanderfolgen der Österreich-Ungarn in der Villa Giusti bei rajevo gewidmeten Raumes mit dem Auto- Schlacht von Gorlice-Tarnow, die damit ein- Padua den Waffenstillstand. Zu diesem Zeit- mobil und der Uniform des Thronfolgers hergehende spürbare Entspannung an der punkt hatten sich bereits zahlreiche nationa- dokumentieren Schautafeln die militärische Ostfront sowie die Folgen des Kriegseintritts Fotos: HGM / Manfred Litscher Das größte im Heeresgeschichtlichen Museum verwahrte Geschütz: eine 38 cm Haubitze.

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Albin Egger-Lienz: »Den Namenlosen 1914«

Italiens im Mai 1915 verdeutlicht. In weite- Obere Ebene – Raum 2 Folge die offizielle Kriegsfürsorge und de- rer Folge nimmt das Thema Luftfahrt breiten Neben der Generalität widmet sich die ren Aktivitäten in Anbetracht des immer Raum ein, wobei sowohl der Kampf in der Präsentationsfläche dem Kampf im Hochge- drückenderen Mangels. Ein zentrales Thema Luft als auch die Abwehr von Luftfahrzeu- birge sowie der Front in Eis und Schnee. bildet an dieser Stelle aber auch das Schick- gen thematisiert werden. Einen oftmals we- Über einen Verbindungsgang, der den Blick sal der Kriegsgefangenen sowohl in Öster- nig beachteten Aspekt des Weltkrieges greift auf den Stellungsgraben sowie die 38 cm reich-Ungarn als auch in den Staaten der der Themenbereich Freiwilligen-Verbände Haubitze freigibt, kehrt man nochmals zu Entente. Der Blick auf das Gemälde von auf, der sich dem Einsatz albanischer, polni- den k.u.k. Luftfahrttruppen zurück. Egger-Lienz „Den Namenlosen 1914“ führt scher und ukrainischer „Legionäre“ auf weiter zur Vorstellung des k.u.k. Kriegspres- Seiten der k.u.k. Streitkräfte widmet. Die Obere Ebene – Raum 1 sequartiers (KPQ). Der Abgang über die militärischen Ereignisse am Westbalkan Vorbei an der zerstörten Panzerkuppel Rampenvitrine dokumentiert die folgenrei- 1915/16, der Kriegseintritt Rumäniens sowie von Przemysl zeigt die Ausstellung in der chen Friedensverträge mit Rußland und Ru- die „Brussilow-Offensive“ heben in weiterer mänien, die Rolle der k.u.k. Donauflottille, Folge die nachhaltige Bedeutung der Bünd- insbesondere in Zusammenhang mit dem nispolitik für die Mittelmächte hervor. Der „Brotfrieden“ mit der Ukraine, sowie die Durchgang durch den Stellungsgraben, der gescheiterte Piaveoffensive 1918. Über die gleichzeitig die Bettung für die 38 cm Hau- von Briten, Franzosen und US-Amerikanern bitze bildet, macht den Weg frei zu der für unterstützte italienische Offensive im Okto- die Soldaten omnipräsenten Thematik von ber 1918 mündet die Darstellung schließlich Verwundung, Tod und Religion. im Zusammenbruch und dem Waffenstill- Den exotischsten Kriegsschauplätzen stand von Villa Giusti. Der letzte Abschnitt österreichisch-ungarischer Truppen gilt ein verweist mit den Themen „Invalidität“ und eigener Themenbereich (15), Exkurse widmen „Erinnerung“ bereits auf die Folgen des sich dem Einsatz von Tieren im Krieg und der Krieges in der Nachkriegszeit. im Jahre 1916 geplanten Neuadjustierung der k.u.k. Armee. Die Thronfolge durch Sarajevo-Raum Kaiser Karl I. und die damit verbundenen Die Gegenüberstellung jenes Ereignisses, Änderungen innerhalb der höchsten militäri- welches den Krieg durch zwei Ermordete schen Führung zeigt ein eigener Vitrinenein- indirekt auslöste, und der blutigen Bilanz bau. Das in weiterer Folge über den Köpfen des Krieges mit rund 9,500.000 Gefallenen der Besucher schwebende „Ortler-Geschütz“ setzt den Schlußpunkt der Weltkriegsausstel- verbindet die Themen Kriegsindustrie und lung im Heeresgeschichtlichen Museum. „

Gebirgskrieg, wobei letzterer vor allem auf Fotos: HGM / Manfred Litscher http://www.hgm.at der mittels Stufen bzw. dem Lift erreichba- Ein stilisierter Friedhof mit »Toten- Bildstrecke HGM auf oesterreichfotos.at: ren oberen Ebene präsentiert wird. engel« und verschiedenen Kreuzen http://www.oesterreichfotos.at/galerien/museen/heeresgeschichtliches-museum-wien/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 60 Innenpolitik Wirtschaftsbericht 2014 Der jährliche Wirtschaftsbericht Österreich bietet eine Zusammenschau der wirtschaftlichen Entwicklung, der künftigen Ziele und der vergangenen Schwerpunkte der wirtschaftspolitischen Aktivitäten der Bundesregierung.

m Wirtschaftsbericht 2014 wird den wirt- Ischaftspolitischen Vorhaben der Regierung wiederum viel Raum gewidmet. Zentraler Aspekt des diesjährigen Wirtschaftsberichts ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, um damit Beschäftigung und Wachstum zu sichern. Der Wirtschaftsbericht Österreich wird vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft in Zusammen- arbeit mit allen Bundesressorts, insbesonde- re mit dem Bundesministerium für Finanzen, erstellt. Beiträge kommen auch von Wirt- schaftsforschungsinstituten und dem Institut für Höhere Studien, von Europäischer Kom- mission und OECD, sowie von namhaften österreichischen Ökonomen und Ökonomin- nen. Die Redaktion liegt beim Bundesmini- sterium für Wissenschaft, Forschung und Foto: photonews.at/Georges Schneider Wirtschaft. v.l.: Wissenschafts-, Forschungs- und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, Der Wirtschaftsbericht Österreich 2014 Bundeskanzler Werner Faymann, Infrastrukturministerin Doris Bures und Vize- kanzler und Finanzminister Michael Spindelegger wurde am 7. Juli in der Hofburg von Bun- deskanzler Werner Faymann, Vizekanzler der entscheidende Faktor, um im Vergleich „Unser Engagement in diesem Bereich ist Michael Spindelegger, Bundesministerin zu anderen eine Nasenlänge voraus zu sein. einer der Gründe für unsere Zuwachsraten. Doris Bures und Bundesminister Reinhold Das verlangt, daß wir in der Politik und in Wenn aber gerade in diesen Ländern Mitterlehner präsentiert. der Regierung die Rahmenbedingungen wei- Schwierigkeiten auftauchen, die sich dämp- Eine englische Version des Kapitels 1, ter verbessern und für mehr Rückenwind fend auf die wirtschaftlichen Vorhersagen das gleichzeitig einen Überblick über den sorgen“, so Faymann. auswirken und sich die Kaufkrafterwartun- gesamten Bericht gibt, ist heuer erstmals Vor allem Südost- und Osteuropa sind gen anders entwickeln, dann ist die österrei- auch verfügbar. von Bedeutung, da sich Österreich nicht zu- chische Wirtschaft gefordert. Das heißt aber http://www.bmwfw.gv.at/Wirtschaftspolitik/Wirtschaftspolitik/Documents/Wirtschaftsbericht%20%C3%96sterreich%202014.pdf letzt als Drehscheibe von Wirtschaft, Dienst- nicht, daß wir diese Funktion als Drehschei- leistungssektor und Finanzwelt verstehe. be aufgeben sollen. Ganz im Gegenteil“, so Faymann: Steuern senken, der Bundeskanzler. um die Nachfrage zu steigern Diese Länder hätten ein gehöriges „Das Bild über Österreichs Wirtschaft ist Wachstumpotential, das es für die Zukunft sehr positiv. Bei der Arbeitslosigkeit und vor zu nutzen gelte. Für die österreichischen Be- allem bei der Jugendarbeitslosigkeit sind wir triebe sei die gegenwärtige Situation jedoch in Europa unter den Besten. Beim BIP pro oftmals schwierig, da sich nach den heutigen Kopf liegt Österreich an zweiter Stelle. Trotz Prognosen eine erhöhte Nachfrage erst in dieser guten Wirtschaftsdaten gibt es aber einigen Jahren einstellen werde. „Ich unter- noch viele Hausaufgaben zu erledigen“, sag- schätze die Herausforderungen nicht. Reali- te Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). tätssinn ist angesagt, man muß sich den Auf- Der Wirtschaftsbericht bestärke den posi- gaben stellen und mit Optimismus an diese tiven Trend im Bereich des Exports. In den herangehen. Denn optimistisches Agieren nächsten Jahren gehe man von einer Steige- bedeutet, sein Ziel mit Beharrlichkeit zu ver- rung auf 50.000 im Export tätigen Betriebe folgen“, so Faymann. aus. „Dafür entscheidend ist aber, daß „Wir müssen daher unsere Kräfte ge- Wissen und Bildung eine Hauptrolle spielen. meinsam bündeln und tun, was im Bereich Es geht um die Vorbereitung unserer Jugend der Bildung und Ausbildung nötig ist. Wir auf die Herausforderungen der Arbeitswelt. müssen aber auch Maßnahmen zur Kauf-

Die Bereiche Forschung und Innovation sind © BMWFW kraftstärkung setzen. Dazu gehört auch das

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 61 Innenpolitik

Instrument der Steuersenkung. Es ist immer landsprodukt pro Kopf in Europa. Aber wir sozialversicherungsrechtlicher und lohnsteu- schwieriger, Freiräume zu schaffen als darü- dürfen uns nicht auf Erfolgen ausruhen. Wir erlicher Bemessungsgrundlage. Spindeleg- ber Klage zu führen, daß es sie nicht gibt. müssen Reformen vorantreiben, um noch ger abschließend: „Die Vereinfachung der Aber an einer Steuersenkung führt kein Weg besser zu werden“, erklärte Spindelegger. Lohnverrechnung kann helfen, Unternehmen vorbei. Sie ist ein Mosaikstein in einer Kette Seine Aufgabe als Finanzminister sei es, auf weiter zu entlasten. Hier sind Einsparungen von Maßnahmen, um die Kaufkraft zu stär- einen stabilen Staatshaushalt zu achten. Das bis zu 300 Millionen Euro möglich.“ ken. Mehr Netto vom Brutto zu verlangen ist sei auch der Anlaß gewesen für die Budget- keine ideologische Kategorie, sondern viel- gespräche zum Halbjahr: „Wir warten nicht, Mitterlehner: Wissensgesellschaft mehr ein Motor, um die Nachfrage im eige- bis Abweichungen eintreten. Wir steuern stärken, Standort Österreich weiter- nen Land zu stärken“, so der Bundeskanzler. jetzt gegen, um das Budget wieder in die entwickeln „Der Wirtschaftsbericht hält uns den richtige Spur zu bringen.“ „Der internationale Wettbewerb wird Spiegel vor und zeigt was richtig und gut ist. Die Bundesregierung habe aber kein rei- schärfer, das weltwirtschaftliche Umfeld Er sagt uns aber auch, was noch getan wer- nes Spar-Budget geschnürt. Bis 2018 inve- bleibt schwierig. Daher müssen wir den den muß. Und weil noch so viel zu tun ist, stiere man in Summe 3,6 Milliarden Euro in Standort weiterentwickeln, die Wissensge- bitte ich sie in diesem Sinne für eine weiter- den Standort Österreich. Mit der Senkung sellschaft stärken und die Unternehmen als hin gute und optimistische Zusammenarbeit der Lohnnebenkosten, der Abschaffung der Partner beim Ausbau ihrer Wettbewerbs- mit Realitätssinn für unser Land“, so Fay- Gesellschaftssteuer und dem Abbau von fähigkeit unterstützen. Entscheidend ist auch, mann abschließend. Bürokratie habe man wichtige Schritte für daß wir uns mit Reformen auf der Ausgaben- die Entlastung der Unternehmen und die seite Spielraum für Zukunftsinvestitionen und Spindelegger: Reformen vorantreiben Ankurbelung der Wirtschaft gesetzt. Weitere eine Steuerreform schaffen“, sagte Wissen- Vereinfachung der Lohnverrechnung Schritte sollen folgen, so Spindelegger: „Ich schafts-, Forschungs- und Wirtschaftsmini- soll Unternehmen entlasten will die Lohnverrechnung vereinfachen. Es ster Reinhold Mitterlehner (ÖVP), der sich Stabile Staatsfinanzen und eine Stärkung kann nicht sein, daß die Lohnverrechung für einen gemeinsamen Kraftakt aussprach: des Wirtschaftsstandortes standen im Mittel- aufgrund von vielen Sonder- und Ausnahme- „Wir brauchen einen Ruck nach vorne und punkt der Rede von Vizekanzler Finanzmini- bestimmungen selbst für Spezialisten kaum kein Gezerre in alle Richtungen.“ ster Michael Spindelegger (ÖVP) anläßlich mehr umsetzbar ist.“ Als Beispiel nennt der der Präsentation des Wirtschaftsberichts Finanzminister etwa eine Zusammenfassung Standort mit Reformen weiterentwickeln 2014. „Österreich steht laut dem Bericht gut der mehr als 360 Sozialversicherungs-Bei- Neue Impulse wird die unter Federfüh- da. Wir haben das zweithöchste Bruttoin- tragsgruppen sowie die Angleichung von rung Mitterlehners gestartete Standortstrate-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 62 Innenpolitik gie für Leitbetriebe bringen, rund 20 CEOs chen insgesamt mehr Servicequalität und Internationalisierung forcieren, sind direkt eingebunden. „Starke Leitbetrie- Bürgerorientierung“, so Mitterlehner. Refor- Exporte in neue Märkte verstärken be sichern Wachstum, Beschäftigung und miert wird auch die Wirtschaftsförderung. Ein zentraler Wachstumstreiber für Öster- Innovation und sind in der Wertschöpfungs- „Wir setzen verstärkt auf zinsgünstige Kre- reich ist der Export, der nach drei Exportre- kette eng mit hunderten kleinen und mittle- dite und Garantien, deren Rückflüsse im Ge- korden in Folge auch 2014 um rund fünf ren Unternehmen vernetzt. Daher müssen wir gensatz zu Zuschüssen wieder neu verwen- Prozent wachsen soll. „Entscheidend ist, daß das Umfeld für sie schrittweise verbessern“, det werden können“, so Mitterlehner. wir die Diversifikation der Exporte weiter so Mitterlehner. Allein in Österreich investie- forcieren, um Zukunftsmärkte außerhalb Eu- ren 33 weltmarktführende Leitbetriebe 1,1 Wissensgesellschaft auf ropas zu erschließen. Wir müssen dorthin Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung. allen Ebenen vorantreiben gehen, wo das stärkste Wachstum ist, ohne 80 Prozent der Leitbetriebe kooperieren re- „Im weltweiten Wettbewerb punkten wir die traditionellen Märkte zu vernachlässi- gelmäßig mit Fachhochschulen und Univer- vor allem mit Innovation, Qualifikation und gen“, so Mitterlehner. Um den Export zu un- sitäten als Forschungspartner. Darüber hin- Kreativität. Daher wollen wir die Wissens- terstützen, stellt das Wirtschaftsministerium aus setzt sich Mitterlehner für eine ausgewo- gesellschaft auf allen Ebenen unterstützen“, 31 Millionen Euro für das Förderprogramm gene Energie- und Klimapolitik auf der EU- bekräftigte Mitterlehner, der dafür auch die „go international“ bereit. Mittelfristig soll Ebene ein, die den Standort fördert und nicht Verbindung von Wissenschaft, Forschung auch die Zahl der Exporteure erstmals auf Abwanderungen provoziert. und Wirtschaft in einem Ressort bestmöglich über 50.000 steigen. nützen will. „Wir unterstützen jetzt den ge- Unternehmen als Partner samten Innovationszyklus, von der aufge- Lichtenecker: Blockade der Regierung unterstützen, Bürokratie abbauen stockten Grundlagenforschung über die an- gefährdet Entwicklung des „Um ein stärkeres Wachstum zu ermög- gewandte Forschung bis zur Marktanwen- Wirtschaftsstandortes Österreich lichen, müssen wir ein positives Umfeld für dung.“ 2014 sollen die Forschungsausgaben „Die Regierung darf sich die Lage nicht Investitionen und Gründungen sichern, fle- auf den Rekordwert von 9,3 Milliarden Euro schön reden, denn der Standort Österreich xiblere Arbeitszeiten ermöglichen und vor al- steigen, im EU-Vergleich hat Österreich die hat eine Reihe von Großbaustellen zu bewäl- lem den bürokratischen Aufwand verringern“, fünfthöchste Forschungsquote. „Unser Ziel tigen“, kritisiert Ruperta Lichtenecker, Wirt- verweist Mitterlehner auf aktuelle Schwer- ist der Aufstieg zum Innovation Leader. schaftssprecherin der Grünen, anläßlich der punkte seines Ressorts. „Daher starten wir Grundvoraussetzungen dafür sind eine Wei- Präsentation des Wirtschaftsberichtes 2014. eine Entbürokratisierungs-Offensive und terentwicklung der Strukturen und weitere „Diese Probleme und Herausforderungen verringern die Zahl der verpflichtend vorge- Investitionen in Universitäten, die Fach- müssen konsequent und mit voller Kraft schriebenen Beauftragten. Weitere Schritte hochschulen und die Duale Ausbildung. angegangen werden“, fordert Lichtenecker. müssen folgen, damit das Wirtschaften für Dort entscheidet sich unsere Zukunft“, so So zeigen auch die steigenden Arbeitslosen- die Betriebe wieder einfacher wird. Wir brau- Mitterlehner. zahlen, daß Investitionen, eine Modernisie-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 63 Innenpolitik rung des Steuersystems und Reformen erfor- Bildung, den sozialen Wohnbau, den Ausbau inzwischen die Steuer mit dem höchsten derlich sind. der Kinderbetreuung und der Pflege.“ Aufkommen, wies von Jänner bis Mai einen „Daß der Standort Österreich zunehmend Die Entwicklung der österreichischen Anstieg des Aufkommens um 6,3 Prozent Probleme hat, zeigen verschiedene Wettbe- Wirtschaft war 2013 mehr als verhalten, und gegenüber dem Vorjahr auf. Daher ist es werbsrankings, so auch das Innovation auch in den nächsten zwei Jahren wächst höchst an der Zeit, die Lohnsteuern spürbar Union Scoreboard Ranking in dem Öster- Österreichs Wirtschaft nur moderat. Das zu senken. reich von Platz 6 im Jahr 2009 auf Platz 10 WIFO prognostiziert nach 0,3 Prozent Investitionen in die Pflege, Kinderbetreu- abgerutscht ist“, sagt Lichtenecker und wei- Wachstum 2013 für 2014 1,4 Prozent und ung und in den sozialen Wohnbau sind drin- ter: „Jetzt müssen die Ausgaben auf Bildung, 2015 1,7 Prozent. Mit ein Grund dafür ist gend notwendig. Mehr Geld muß auch für Forschung, Umwelt- und Klimaschutz und nicht zuletzt die schwache Nachfragentwick- Ältere, gesundheitlich Beeinträchtigte und in eine solide zukunftsorientierte Infrastruk- lung. Österreichs Wirtschaft kann sich auch zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit tur fokussiert werden, um die Innovations- nicht von der europaweiten Nachfrage- eingesetzt werden. „Unternehmen müssen kraft und die Wettbewerbsfähigkeit zu stär- schwäche abkoppeln – was sich zuletzt in mehr alternsgerechte Arbeitsplätze schaf- ken.“ gesunkenen Investitionen und steigenden fen“, sagt Kaske. „Wer diesen Strukturwan- „Der Standort Österreich ist in den letzten Arbeitslosenzahlen niedergeschlagen hat. del nicht oder nur ungenügend mitmacht, Jahren u.a. durch die budgetäre Ausdünnung „Wenn jetzt die Wirtschaft langsamer wächst soll mit empfindlichen finanziellen Nach- und die halbherzige Umsetzung der FTI- als ursprünglich angenommen, ist die Stär- teilen rechnen müssen, Stichwort Bonus- Strategie geschwächt worden“, kritisiert kung der Kaufkraft der richtig Weg“, so Malus-System.“ Lichtenecker. Im Bundesfinanzrahmengesetz Kaske. Zusätzliche Mittel sind notwendig, um für die Jahre 2014-2018 manifestiert sich der Konkret verlangt Kaske: Der Faktor den Hochschul- und den Fachhochschulsek- Stillstand in Zahlen: Zur Erreichung des Arbeit ist zu hoch belastet. Die Lohnsteuer, tor in den nächsten Jahren auszubauen. „ Ziels 3,76 Prozent im Jahr 2020 des BIP für Forschung auszugeben, fehlen von 2014- 2018 rund 2,2 Mrd. Euro. Arbeitslosenquote des Lichtenecker fordert daher „die Erhöhung der Mittel für Grundlagenforschung und Euroraums bei 11,5 % Innovation, Verbesserung der Rahmenbedin- Österreich mit der niedrigsten Arbeitslosenquote in der EU gungen für Forscherinnen und Forscher und die konsequente Umsetzung der Forschungs- m Euroraum (ER18) lag die saisonberei- ten, stieg in fünf und blieb in den Nieder- strategie“. Inigte Arbeitslosenquote im Juni 2014 bei landen und in Schweden stabil. Die höchsten „Es ist an der Zeit die Rahmenbedingun- 11,5 %, ein Rückgang gegenüber 11,6 % im Rückgänge meldeten Portugal (von 16,6 % gen und das Klima für die Klein- und Mittel- Mai 2014 und 12,0 % im Juni 2013. Dies ist auf 14,1 %), Ungarn (von 10,4 % auf 8,1 % ständischen- Unternehmen, den Ein-Perso- die niedrigste Quote seit September 2012. In zwischen Mai 2013 und Mai 2014), Irland nen Unternehmen und Start Ups zu verbes- der EU28 lag die Arbeitslosenquote im Juni (von 13,6 % auf 11,8 %) und Spanien (von sern. Dazu braucht es eine Vereinfachung in 2014 bei 10,2 %, ein Rückgang gegenüber 26,2 % auf 24,5 %) Die höchsten Anstiege der Verwaltung, Entrümpelung der Gewer- 10,3 % im Mai 2014 und 10,9 % im Juni verzeichneten Finnland (von 8,1 % auf beordnung, Verbesserung der Finanzierung 2013. Dies ist die niedrigste Quote seit März 8,8 %), Luxemburg (von 5,9 % auf 6,3 %) durch ein modernes Crowdfundinggesetz, 2012. Diese Daten werden von Eurostat, dem und Österreich (von 4,7 % auf 5,0 %). sowie die Stärkung der sozialen Absicherung statistischen Amt der Europäischen Union, Im Juni 2014 lag die Arbeitslosenquote in der Ein-Personen und Kleinstunternehmen“, veröffentlicht. den USA bei 6,1 %, ein Rückgang gegen- fordert Lichtenecker. „Längst überfällig ist Nach einer Schätzung von Eurostat über 6,3 % im Mai 2014 und 7,5 % im Juni die Modernisierung des veralteten österrei- waren im Juni 2014 in der EU28 insgesamt 2013. chischen Steuersystems und das heißt auch 25,005 Millionen Männer und Frauen ar- die Senkung der Lohnnebenkosten durch beitslos, davon 18,412 Millionen im Euro- Jugendarbeitslosigkeit eine aufkommensneutrale ökologische und raum. Gegenüber Mai 2014 fiel die Zahl der Im Juni 2014 waren in der EU28 5,129 soziale Steuerreform.“ arbeitslosen Personen in der EU28 um Millionen Personen im Alter unter 25 Jahren 198.000 und im Euroraum um 152.000. Ge- arbeitslos, davon 3,319 Millionen im Kaske: Lohnsteuerentlastung genüber Juni 2013 verringerte sich die Zahl Euroraum. Gegenüber Juni 2013 fiel deren rasch angehen! der Arbeitslosen in der EU28 um 1,537 Mil- Zahl in der EU28 um 506 000 und im „Es muß alles für mehr Beschäftigung lionen und im Euroraum um 783.000. Euroraum um 244 000. Im Juni 2014 lag die getan werden. Der Kampf gegen die Arbeits- Jugendarbeitslosenquote in der EU28 bei losigkeit muß nicht nur aus sozialen, son- Mitgliedsstaaten 22,0 % und im Euroraum bei 23,1 %, gegen- dern auch aus budgetären Gründen Vorrang Von den Mitgliedsstaaten verzeichneten über 23,6 % bzw. 23,9 % im Juni 2013. Die in der Wirtschaftspolitik haben“, verlangt Österreich (5,0 %), Deutschland (5,1 %) und niedrigsten Quoten im Juni 2014 verzeichne- AK Präsident Rudi Kaske anläßlich der Malta (5,6 %) die niedrigsten Arbeitslosen- ten Deutschland (7,8 %), Österreich (9,0 %) Präsentation des Wirtschaftsberichts. „Um quoten. Die höchsten Quoten meldeten und die Niederlande (10,5 %) und die höch- die Kaufkraft zu stärken, muß es zu einer Griechenland (27,3 % im April 2014) und sten Quoten meldeten Griechenland (56,3 % spürbaren Entlastung bei der Lohnsteuer Spanien (24,5 %). Die Arbeitslosenquote fiel im April 2014), Spanien (53,5 %) und Italien kommen bis hin zu mehr Investitionen in die über ein Jahr betrachtet in 21 Mitgliedsstaa- (43,7 %). „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 64 Innenpolitik Erinnern, Versöhnen, Zukunft gestalten Kärntner Bundesratspräsidentin Ana Blatnik lenkt Blick auf Stärken und Verantwortung des Bundesrats für die Zukunft Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Mike Ranz 832. Sitzung des Bundesrates – Bundesratspräsidentin Ana Blatnik bei ihrer Antrittsrede am Präsidium rinnern, Versöhnen, Zukunft gestalten“ – weise Aussiedlung slowenischer Familien aus einanders zu bewältigen. Dieses Miteinander Eunter diesen Leitfaden will die Kärntner Kärnten“ und die Konferenz im Oktober äußere sich auch in der Offenheit für kultu- Bundesratspräsidentin Ana Blatnik ihre Amts- „Balkan als Chance“ sollen einen Beitrag relle und sprachliche Vielfalt, spielte sie dar- führung bis Ende dieses Jahres stellen, wie dazu leisten. „Erinnern und Versöhnen im auf an, daß sie ihre sprachliche und kulturel- sie am 24. Juli in ihrer Antrittsrede vor dem Rahmen einer intensiven Auseinandersetzung le Identität im Parlament schon seit zehn Plenum unterstrich. Kärnten hat am 1. Juli mit der Vergangenheit bildet eine wesentli- Jahren lebe. Sie dankte daher auch für den 2014 bis Ende des Jahres nicht nur die Lei- che Voraussetzung für den Blick nach vorn“, diesbezüglichen gemeinsamen Beschluß, der tung in der Länderkammer des Parlaments, sagte Blatnik. Eine vielschichtige Beschäfti- ihr das ermöglicht habe, und faßte am sondern auch in der Landeshauptleutekonfe- gung mit Spuren der Geschichte in Gegenwart Schluß ihrer Ausführungen die Rede auf Slo- renz übernommen. und Zukunft könne auch nicht an Staats- wenisch zusammen. grenzen enden, sondern komme in Zeiten Auseinandersetzung mit Vergangen- eines vereinten Europas erst durch die Mög- Bundesrat als Mitgestalter der Zukunft heit ist Voraussetzung für den Blick nicht schwächen, sondern stärken nach vorn lichkeit einer internationalen Perspektive zur Entfaltung. Durch die Erinnerung an die hi- Die Bundesratspräsidentin betonte insbe- Blatnik setzt mit dem von ihr gewählten storischen Ereignisse rücke man nicht nur sondere auch die wesentliche Funktion und Motto auch einen Schwerpunkt, der auf die den unschätzbaren Wert des Friedenspro- Mitverantwortung der Länderkammer bei bis in die Gegenwart wirkenden historischen jekts „Europäische Union“ in den Mittel- der Gestaltung der Zukunft. Als wichtiges Ereignisse im südlichsten Bundesland Bezug punkt, sondern auch die Aufgabe und Her- Bindeglied zu den Gemeinden, zum Land, nimmt und aus denen Lehren für ein friedli- ausforderung, diese EU weiterzuentwickeln. zur Bundesregierung und zur europäischen ches Miteinander in einem vereinten Europa Blatnik lud mit Nachdruck dazu ein, die Ebene bilde der Bundesrat einen zentralen gezogen werden müssen. Spezielle Initiativen, Herausforderungen im Geist eines von ge- Baustein, um ein lebendiges Europa der Re- wie etwa die Wanderausstellung „Zwangs- genseitiger Wertschätzung getragenem Mit- gionen am Puls der Bedürfnisse seiner Bür-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 65 Innenpolitik gerInnen mitzugestalten, umschrieb sie die Rolle der Länderkammer. Vor allem der EU- Ausschuß habe es geschafft, entscheidende Themen zu besetzen. Nur Schweden habe im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung mehr Stellungnahmen im EU-Gesetzgebungsver- fahren eingebracht als der österreichische Bundesrat, zeigte sich Blatnik über das weit- hin anerkannte Engagement des Ausschusses erfreut. Um diese Tätigkeit auch in der Öf- fentlichkeit mehr wahrnehmbar zu machen, sollten die Berichte des EU-Ausschusses im Plenum diskutiert werden, schlug Blatnik vor. Angesichts dessen sollte man sich nicht darauf konzentrieren, wie man den Parla- mentarismus und Föderalismus schwächen, sondern vielmehr wie man die beiden Pfeiler unserer Demokratie stärken könne, stellte sie mit Blick auf die immer wieder geäußerte Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Mike Ranz Forderung nach Abschaffung des Bundesrats Ana Blatnik ist von 1. Juli bis 31. Dezember 2014 Präsidiertin des Bundesrat. fest. In der Frage der Stärkung des Bundes- rats gelte es aber abzuwägen, was realistisch Für Blatnik zählt dazu auf jeden Fall ein auch entsprechend reagieren könnten. Diese und was konkret umsetzbar ist, mahnte adäquates Kinderbetreuungsangebot. Sie Nähe sei ein großer Vorteil, die damit ver- Blatnik. sprach sich deshalb für die Abhaltung einer bundene Sensibilität könne sich aber auch in Sie tritt in diesem Sinn wie ihre Vorgän- Enquete mit dem Schwerpunkt „duale Aus- das Gegenteil verkehren, warnte er, indem ger auch dafür ein, der Länderkammer bildung“ aus, in der alle Facetten dieser Pro- man leichter einem Drängen von bestimmten bereits vor Beschlußfassung im Nationalrat blematik beleuchtet und Impulse für Ver- Seiten nachgibt. Man müsse die Chance der ein Stellungnahmerecht einzuräumen und ihr änderungen gegeben werden. Nähe und die Notwendigkeit der Distanz auch die Möglichkeit von Teileinsprüchen Des Weiteren will sich die Bundesrats- ausgleichen, skizzierte Kaiser eine für ihn zu geben. Ein weiterer zentraler Punkt stellt präsidentin für die Einrichtung eines eigenen wichtige politische Haltung. Kaiser wandte für die Präsidentin ein Rederecht von Bun- Kinderrechte-Ausschusses stark machen. sich in diesem Zusammenhang vehement desrätInnen im Landtag dar. Der Länder- „Eine gerechte, zukunftsorientierte Gesell- gegen eine Steuerhoheit der Länder, da dies kammer sollte Blatnik zufolge ferner ein schaft ist für mich auch eine, die sich ihrer zu einem Steuerdumpingwettbewerb führen Mitspracherecht bei der Bestellung der jüngsten Mitglieder annimmt. Ich werde könnte. Bei einem zukunftsorientierten Fö- Volksanwältinnen und Volksanwälte ge- mich daher dafür einsetzen, daß Kinder- deralismus gehe es nicht um Machtverlust währt werden, da diese ja auch mit Länder- rechte nicht mehr unter ferner liefen vor- und Imagegewinn, sondern vielmehr darum, materien betraut sind. kommen, sondern mehr Gewicht erhalten“, das System weiterzuentwickeln, um den begründete sie ihre Initiative. Menschen in ihren Lebensverhältnissen zu Eigener Ausschuß für Kinderrechte und helfen und sie zu unterstützen. In diesem Enquete zur dualen Ausbildung Kaiser appelliert, das Gemeinsame Sinne hob er auch die Lösung der Ortstafel- Einen wesentlichen Auftrag für eine gute vor das Trennende zu stellen frage positiv hervor und zollte dafür Mi- Zukunft sieht Blatnik vor allem auch darin, „Starke Länder für ein soziales Öster- nister Josef Ostermayer und dem damaligen die wachsende Kluft zwischen Arm und reich in einem gemeinsamen Europa“ – un- Landeshauptmann und jetzigen Bundesrat Reich wieder zu schließen und sich konse- ter diesen Titel stellte der Kärntner Landes- Gerhard Dörfler seinen Respekt. quent für die Gleichstellung zwischen Mann hauptmann Peter Kaiser seine Rede im Bun- Der Kärntner Landeshauptmann hob wie und Frau einzusetzen. Ein besonderes Au- desrat anläßlich der Übernahme des Vorsit- auch Bundesratspräsidentin Blatnik den Be- genmerk müsse dabei dem Bildungsbereich zes des südlichsten Bundeslandes im Bun- reich Bildung als eine zentrale Herausfor- geschenkt werden, hielt Blatnik fest, denn es desrat sowie in der Landeshauptleutekon- derung hervor. Zum ersten Mal würden die sei trotz intensiven Bemühens noch immer ferenz. Kaiser nützte seine Rede dazu, ein- BildungsreferentInnen der Länder zu einer eine Realität, daß sich eine Mehrheit der dringlich zu mehr Gemeinsamkeit auf allen Konferenz eingeladen, kündigte er an, wobei Mädchen bei der Berufswahl auf typische politischen Ebenen aufzurufen. die Zuständigkeiten zwischen Bund und Felder beschränkt, die schlechter entlohnt Ländern Thema sein werde. Kaiser ließ je- würden, was sich wiederum auf die Alters- Stärke der Länder heißt nicht politische doch keinen Zweifel aufkommen, daß die Macht, sondern Weiterentwicklung zum versorgung auswirke. Daher seien Anstren- Nutzen der Menschen Grundsatzgesetzgebung in jedem Fall Bun- gungen erforderlich, um Frauen für techni- deskompetenz bleiben müsse. Außerdem sche und naturwissenschaftlich ausgerichte- Unter „Stärke der Länder“ verstehe er hält es der Landeshauptmann für notwendig, te Ausbildungszweige zu interessieren und nicht politische Macht, unterstrich Kaiser. den sonderpädagogischen Förderbedarf zu Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Die Stärke der Länder und Regionen liege überprüfen, da es wichtig sei, auf die verän- junge Mädchen neue Wege gehen können. darin, daß sie den Menschen näher seien und derten gesellschaftlichen Verhältnisse zu re-

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tieren, ob der Spitzensteuersatz sakrosankt bleiben muß. Er wolle sich im Bundesrat auch nicht vor dem Thema Hypo-Alpe-Adria „herum- drücken“, so Kaiser. Die Katastrophe sei auf einen politischen Größenwahn und auf kri- minelle zockende Energien zurückzuführen. Die Kontrollinstanzen hätten versagt oder seien nicht informiert worden. Die neue Landesregierung sei bereit, Verantwortung zu übernehmen, betonte Kaiser, er lehne aber dezidiert jegliche Kollektivschuld für das Bundesland Kärnten und seine Menschen ab. Seine Politik sei gekennzeichnet, die Zukunftschancen Kärntens zu wahren, stell- te der Landeshauptmann klar, deshalb werde er auf keine Forderungen eingehen, die diese Zukunftschancen gefährden. Er werde das Land nicht für etwas opfern, was in der Ver- Erklärung des Landeshauptmannes von Kärnten, Peter Kaiser, im Bundesrat gangenheit passiert ist, unterstrich er und dankte ausdrücklich der Bundesregierung da- für, daß es zu keiner Insolvenz des Bundes- landes gekommen ist. Er sei sich dessen be- wußt, daß gespart werden müsse, man werde aber versuchen intelligent zu sparen, sagte er, und zwar unter dem Motto „drei harte Jahre für dreißig bessere Jahre“. Kaiser verlangte schließlich, die Verwal- tungs- und Aufgabenreform konsequent fort- zusetzen und begrüßte auch die Einigung zur Breitbandinitiative. Er forderte zudem mehr Transparenz ein, wenn es national aber auch international um entscheidende Weichenstel- lungen für die Zukunft geht, konkret meinte er damit die TTIP-Verhandlungen.

Festakt im Parlament zum Vorsitzwechsel

Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Leo Hagen Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Mike Ranz Anläßlich des Vorsitzwechsels im Bun- Empfang anläßlich der Vorsitzübernahme des Landes Kärnten im Bundesrat; im desrat und in der Landeshauptleutekonferenz Bild: der Männerchor Bilka und VeranstaltungsteilnehmerInnen lud Blatnik gemeinsam mit dem Kärntner agieren. Er brach auch eine Lanze dafür, menwirken von regionaler, nationaler und Landeshauptmann Peter Kaiser am Abend Politische Bildung zu einem Pflichtfach ab europäischer Politik, sagte Kaiser. Der Wert des 23. Juli auch zu einem Festakt ins Par- der fünften Schulstufe zu machen. Auch einer Gesellschaft manifestiere sich auch lament. Das Land Kärnten sei stolz, daß erst- sollte man ihm zufolge die Lehrerausbildung darin, daß man es schafft, für alle Menschen mals eine Kärntner Slowenin Bundesrats- auf die KindergartenpädagogInnen auswei- eine Existenzgrundlange sicherzustellen. präsidentin sei, hob Landtagspräsident Rein- ten und mehr Zivildiener in der Kinderbe- Kaiser ging auch auf die aktuelle Debatte hard Rohr in Vertretung von Kaiser hervor. treuung einsetzen. Weitere Schwerpunkte um die Steuerreform ein und sprach sich Politisch machte sich der Kärntner Land- seiner Vorsitzführung werden die Themen dafür aus, nicht immer nur das das Trennen- tagspräsident im Sinne eines gelebten Föde- Gesundheit, Soziales und Armutsbekämp- de herauszustreichen, sondern auch einmal ralismus für ein vernünftiges Gleichgewicht fung sein. Kaiser appellierte in diesem Zu- zu betonen, worüber man sich einig ist. Dazu zwischen den verschiedenen politischen Ebe- sammenhang, in Fragen der Gesundheitsre- zähle das Ziel, daß die ÖsterreicherInnen in nen und eine vertrauensvolle Zusammen- form das Gemeinsame vor Standesinteressen Zukunft mehr netto von ihrem Bruttogehalt arbeit im Interesse der Bevölkerung stark. in den Vordergrund zu stellen, entscheidend haben, daß man den Faktor Arbeit entlastet, Für viel Kärntner Flair beim Festakt sorg- sei auch, daß Bund und Länder hier eng ko- die Kaufkraft steigert und den Eingangs- ten der Männerchor des Kulturvereins „Bil- operieren. Die demographische Entwicklung steuersatz senkt. Dadurch würden vor allem ka“ und der Gemischte Chor der Sängerrun- stelle die Politik vor die Aufgabe, die Le- die Klein- und Mittelbetriebe Österreichs de Ludmannsdorf. „ bensqualität älterer Menschen zu gewährlei- profitieren, meinte Kaiser. Er konnte sich http://www.parlament.gv.at/PERK/NRBRBV/BR/ sten, und das gehe nur in engstem Zusam- durchaus auch vorstellen, darüber zu disku- Quelle: Parlamentskorrespondenz

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 67 Innenpolitik Gipfeltreffen am Dachstein Zum ersten Mal in der Geschichte trafen sich die höchsten Politiker des Landes Oberösterreich und der Steiermark, Landeshauptmann Josef Pühringer und Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer, am Dachstein. Foto: Foto Kaserer Vereint am gemeinsamen Dachstein (v.l.): Bürgermeister Dir. Rainer Angerer (Ramsau), Landtagspräsidentin Ursula Lackner, LH-Stv. Hermann Schützenhöfer, LH Josef Pühringer, Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer, Bürgermeister Egon Höll (Obertraun), Landesrat Christian Buchmann und Dir. Georg Bliem (GF Planai-Hochwurzen-Bahnen)

ufgeteilt auf zwei Bundesländer, zuge- Ahörig zu zwei Gemeinden und eine Län- dergrenze, die direkt durch ein Restaurant führt – nicht nur die atemberaubende Natur- kulisse macht den Dachstein so besonders. Die Planai-Bahnen luden am 28. Juli zum Gipfeltreffen „Steiermark trifft Oberöster- reich“. Und zum ersten Mal in der Geschich- te trafen nun die beiden höchsten Politiker der Bundesländer Steiermark und Oberöster- reich am Dachstein aufeinander. Ziel dieser Einladung war es, die geogra- fische Verbundenheit durch den Dachstein in einem Freundschaftsakt der beiden Bundes- länder zu besiegeln. Viel Prominenz aus Po- litik, Wirtschaft und Tourismus traf sich über den Wolken und war dabei, als der ober- österreichische Landeshauptmann Josef Püh-

ringer und der steirische Landeshauptmann- Foto: Foto Kaserer Stellvertreter Hermann Schützenhöfer die Ein Zeichen der Freundschaft auf der Dachstein Hängebrücke: Oberösterreichs überdimensionalen „Freundschaftsschlösser“ LH Josef Pühringer und Steiermarks LH-Stv. Hermann Schützenhöfer an der Dachstein-Hängebrücke anbrachten. Schützenhöfer: „Ich freue mich, daß es steirischer und oberösterreichischer Seite Pühringer: „Wir sind nicht nur Nachbarn, heute zu diesem historischen steirisch-ober- noch mehr vereinte Kraft in die Marke wir sind auch Freunde, die vieles gemeinsam österreichischen ‚Gipfeltreffen‘ am Dachstein Dachstein investieren.“ haben und in vielen Bereichen gute Zusam- gekommen ist. In freundschaftlicher Verbun- Anschließend genossen die Gäste die menarbeit pflegen. Aktuellstes Beispiel ist denheit wollen wir die starke Achse Steier- Dachstein Attraktionen wie Eispalast, Sky die einzigartige Lehr- und Forschungskoope- mark-Oberösterreich auch in Zukunft gesi- Walk und Treppe ins Nichts sowie eine kuli- ration zwischen der Medizinischen Univer- chert wissen.“ narische Reise durch die beiden „Dachstein- sität Graz und der Linzer Johannes Kepler Gastgeber und Geschäftsführer der Planai- Bundesländer“ unter dem Motto „Mostbratl Universität für das in wenigen Wochen star- Hochwurzen-Bahnen, Dir. Georg Bliem: „Es trifft Kernöl“ im Gletscherrestaurant. „ tende Studium der Humanmedizin.“ würde mich freuen, wenn wir insgesamt von http://dachstein.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 68 »Burgenland Journal« »Chefsache« Landeshauptmann Hans Niessl will schnellere, effektivere und serviceorientierte Verfahren für eine weitere Optimierung des Wirtschaftsstandortes Burgenland.

andeshauptmann Hans Niessl hat die LVereinfachung und Modernisierung von Verfahren für Betriebsgründungen im Bur- genland zur Chefsache erklärt! „Das Wirt- schaftsradar Burgenland, eine repräsentative Umfrage bei Unternehmen, die kürzlich vor- gestellt wurde, hat – neben vielen Anre- gungen aus der Wirtschaft – auch zwei grund- legende Erkenntnisse geliefert: 94 Prozent der Unternehmer sagen, daß die Steuerlast zu hoch ist. 43 Prozent sagen aber auch, daß die Bürokratie im Förder- und Innovations- bereich zu aufwendig ist und Unternehmer abhält! Mit schnelleren, effektiveren und serviceorientierten Abwicklungen sollen deshalb Rahmenbedingungen geschaffen Foto: Bgld. Landesmedienservice werden, die den Wirtschaftsstandort Burgen- v.l.: WHR Klaus Trummer, Präsident Manfred Gerger, Landeshauptmann Hans Niessl land im nationalen, aber auch internationa- und KommR GD Bert Jandl len Wettbewerb weiter stärken, noch besser ein Höchstmaß an Rechtssicherheit, egal in darf – mehrmals im Jahr tagt und das auf- positionieren und fit machen für die Aufga- welchem Bezirk des Burgenlandes ange- grund der neuesten Entwicklungen, Proble- ben der Zukunft“, so der Landeshauptmann, sucht wird. Diesem Umstand werden wir me und Herausforderungen maßgeschnei- der am 24. Juli in einer gemeinsamen Presse- durch Schulungen, durch eine gezielte Aus- derte Konzepte für eine bessere Abwicklung konferenz mit Manfred Gerger, Präsident bildung der Sachverständigen in der Aka- erarbeitet. Industriellenvereinigung Burgenland, WHR demie Burgenland entgegenwirken, damit Präsident Manfred Gerger, WHR Klaus Klaus Trummer, Bezirkshauptmann Ober- hinkünftig landesweit gleiche Inhalte auch Trummer und KommR Bert Jandl begrüßten pullendorf, und KommR Bert Jandl, Gene- gleichermaßen beurteilt werden.“ unisono diesen Startschuß in Richtung intel- raldirektor der Vila Vita Pannonia und Vize- ligente Deregulierung, wollen gemeinsame präsident der Österreichischen Hotelierver- Gewerbeberechtigung Potentiale auf der Basis von bereits begon- einigung, vier Ziele formulierte, um eine innerhalb von acht Tagen nen Pilotprojekten – Stichwort Bezirks- noch modernere Verwaltung zu erhalten. Der Faktor Zeit spielt gerade für Unter- hauptmannschaft Eisenstadt/Fa. Hella bzw. nehmer, die eine Geschäftsidee haben natür- Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf/Fa. 1 Projekt – 1 Verfahren – lich eine immens wichtige Rolle. „Je schnel- Nikitscher – unter dem Motto „Verwaltung 1 Bewilligung ler wir hier sind, umso eher werden sich wei- trifft Industrie“ mit Kreativität und maxima- So soll es hinkünftig für ein Projekt nur tere Unternehmer bei uns im Burgenland an- ler Kooperation ausweiten und wettbewerbs- mehr ein Verfahren und eine Bewilligung siedeln, umso massiver können wir die At- orientiert optimieren. geben. Bisher waren es zwei Verfahren, näm- traktivität des Wirtschaftsstandortes Burgen- „Das Burgenland hat eine enorme Ent- lich ein Betriebsanlagenverfahren nach der land weiter steigern! Es muß daher, sofern wicklung hinter sich gebracht und ist gerade Gewerbeordnung und eine Baubewilligung natürlich alle erforderlichen Unterlagen vor- dabei, sich neu zu positionieren. Wir haben nach dem Burgenländischen Baugesetz. In handen sind, innerhalb von acht Tagen die das zweite Jahr in Folge das größte Wirt- Zukunft soll es nur mehr ein konzentriertes Aufnahme von gewerblichen Tätigkeiten schaftswachstum aller Bundesländer – 2013 Verfahren geben, bei dem die Gewerbebe- möglich sein“, betonte der Landeshaupt- ein Plus von 3,1 Prozent. Wir holen auch hörde einheitlich zuständig ist. mann. beim Export deutlich auf, denn das Burgen- land hat 2013 seinen Exportanteil um 8,9 Pro- Gleicher Sachverhalt – Evaluierung durch ständigen zent auf 1,94 Milliarden Euro verbessern gleiche Beurteilung Beirat zur Weiterentwicklung können und damit prozentual den höchsten Ein weiterer Verbesserungspunkt betrifft Um dieses hohe Niveau im Verwaltungs- Zuwachs aller Bundesländer erzielt. Mein die bis dato oft unterschiedliche Beurteilung bereich halten zu können, muß man, so Ziel ist es daher, ab Herbst 2014 mit einer durch die Sachverständigen. Niessl dazu: Niessl, aber auch ständig bereit sein, zu eva- modernen Verwaltung, die noch rascher, ef- „Der Gedanke dahinter ist, daß es nicht sein luieren. Deshalb soll ein Gremium, mit Ex- fektiver, kompetenter und serviceorientierter kann, daß derselbe Sachverhalt in Neusiedl pertInnen vom Land Burgenland, aus der agiert, den Wirtschaftsstandort Burgenland am See und in Jennersdorf unterschiedlich Wirtschaft, aber auch von Arbeitnehmerseite weiter zu stärken und so fit für die Zukunft bewertet wird. Unternehmer brauchen aber aus, eingesetzt werden, das – je nach Be- zu machen“, so Niessl abschließend. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 69 »Burgenland Journal« Budgetpolitik rot-gold mit 100 Prozent Burgenland Finanzreferent Landesrat Helmut Bieler: Keine Neuverschuldung ab 2015

nter dem Motto „Budgetpolitik rot-gold wachstum des Burgenlandes investiert“, so U100 Prozent Burgenland“ skizzierte Bieler. Finanzreferent Landesrat Helmut Bieler im Der Stand der direkten Finanzschulden Rahmen seiner Budgetrede am 3. Juli im des Landes beträgt im Jahr 2015 – ebenso Burgenländischen Landtag den Landesvor- wie im Jahr 2014 – insgesamt 281 Millionen anschlag 2015. Die Weichen für das Doppel- Euro. Im Jahr 2015 werden, wie im Finanz- budget 2014/2015 wurden bereits im Mai plan dargestellt, keine neuen Schulden auf- des Vorjahres bei einer Regierungsklausur genommen. Ab dem Jahr 2016 wird mit dem gestellt. „Vorrangiges Ziel ist eine effiziente Schuldenabbau sukzessive begonnen. Der und nachhaltige Budgetgestaltung zur Fort- Konsolidierungsweg konnte sogar noch be- setzung des wirtschaftlichen Aufschwungs. schleunigt werden, da die prognostizierte Die Weiterführung der Konsolidierung und Neuverschuldung im Jahr 2013 um 2,5 Mil- Investitionen in Wachstum sind daher auch lionen Euro unterschritten wurde. Die erfor- gleichrangige Ziele im Landesbudget 2015. derlichen Kreditfinanzierungen erfolgen Sparpotenziale werden laufend ausgelotet, ausschließlich beim Bund, abgewickelt von um Spielräume für notwendige Investitionen der Österreichischen Bundesfinanzierungs- zu schaffen“, so Landesrat Bieler, der heuer agentur (ÖBFA) und bei der Burgenländi- bereits zum dritten Mal Zahlen, Daten und schen Landesholding Vermögensverwal- Fakten zum Budget in kurzer und prägnanter tungs GmbH & Co OG (BVOG). Form im Überblick als Budgetbegleitbro- Dazu der Finanzreferent: „Standard & schüre präsentierte. Poor‘s bestätigt dem Land eine solide Schwerpunkte sind die Aufrechterhaltung Haushaltsentwicklung mit konsequent sin- der Wohnbauförderung in voller Höhe, die kender Nettoneuverschuldung in Kenntnis

Schaffung von 1000 zusätzlichen Arbeits- Foto: Bgld. Landesmedienservice aller Verbindlichkeiten, auch der Tochterge- plätzen jährlich zur Absicherung des Top- Finanzlandesrat Helmut Bieler mit sellschaften. Die sehr niedrige und stabile Budgetkoordinatorin Isabell Strobl Niveaus am Arbeitsmarkt, die finanzielle Ab- Verschuldung und der ausgezeichnete Zu- deckung in den Bereichen Gesundheit und 2014 um 39,6 Millionen Euro, die Ausgaben gang zu Liquidität waren Hauptgründe für Soziales mit einem besonderen Augenmerk um 33,6 Millionen Euro erhöht. Die größten die hervorragende Bewertung der burgenlän- auf die demografische Entwicklung zur Si- Ausgabensteigerungen in den Bereichen dischen Finanzgebarung: Kurzfristig gab es cherstellung der wohnortnahen Versorgung, Unterricht, Soziales und Gesundheit können die Bestnote A-1+, langfristig AA+. Die Bur- sowie die Ausrichtung auf zukunftsorientier- teilweise durch analog einhergehende Ein- genländische Landesregierung hat sich zum te Bildungsstandards, die Analyse und Eva- nahmensteigerungen sowie durch Einspa- Ziel gesetzt, ab dem Jahr 2016 den Schul- luierung der landesnahen Unternehmen und rungen im Verwaltungsbereich und durch denstand abzubauen. Der Schuldenstand des ausgelagerten Gesellschaften auf Effizienz eine restriktive Ausgabenpolitik – Stichwort Gesamthaushaltes inklusive selbsttragender und Einsparungspotentiale sowie die Moder- Ermessensausgaben – ausgeglichen werden. ausgegliederter Einheiten wird im Jahr 2015 nisierung des Haushaltswesens durch die „Das Ausloten von Sparpotentialen und rund 1,05 Milliarden Euro betragen. Im Einführung der wirkungsorientierten Haus- die Umsetzung von kostenminimierenden Schuldenstand ist bereits der Neu- und Aus- haltsführung auf Basis der Doppik und die Maßnahmen sind zu kontinuierlichen Pro- bau des Krankenhauses Oberwart berück- damit einhergehende Haushaltsreform für zessen geworden, die seit 2010 deutlich die sichtigt.“ mehr Transparenz und Vergleichbarkeit. Ausgabendynamik bremsen. Diese Kursän- Das Maastricht-Ergebnis 2015 bleibt Der ordentliche Landesvoranschlag 2015 derung brachte eine ausgabenseitige Einspa- gegenüber dem ursprünglich im Finanzplan ist ausgeglichen. Einnahmen in Höhe von rung von rund 120 Millionen Euro. Die Ge- prognostizierten Ergebnis nahezu konstant. 1.102.181.900 Euro stehen Ausgaben in Hö- samtausgaben im Landesvoranschlag 2015 Der Finanzplanwert von 66,82 Millionen Euro he von 1.102.181.900 Euro gegenüber. Der betragen 1.102,2 Millionen Euro. Davon wer- entspricht dem verhandelten Budget. Die außerordentliche Landesvoranschlag 2015 den rund 219,5 Millionen Euro für Investi- Rechnungsabschlüsse zeigen eine deutliche sieht Einnahmen und Ausgaben in Höhe von tionen bzw. für investitionsfördernde Maß- Verbesserung gegenüber den Prognosewer- 20.200.000 Millionen Euro vor. Die Fonds- nahmen aufgewendet. Das sind um 12,5 Mil- ten des Finanzplanes 2011–2015. Der ge- gebarung ist im Landesvoranschlag 2015 mit lionen Euro mehr, als im Vorjahr. Dies ent- samte Landesvoranschlag 2015 ist – wie alle 3,8 Millionen Euro ausgeglichen. Die Ein- spricht einer Investitionsquote von rund 20 Voranschläge seit 2005 – via Internet unter nahmen im Landesvoranschlag 2015 haben Prozent. Nahezu jeder fünfte Euro des Lan- dem folgenden Link abrufbar: sich gegenüber dem Landesvoranschlag desvoranschlages wird in das Wirtschafts- http://www.burgenland.at/land-politik-verwaltung/politik-verwaltung/landesverwaltung/abteilung-3

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 70 »Burgenland Journal« Gesamtverkehrsstrategie Burgenland Landeshauptmann Niessl präsentiert Grundlage optimaler Mobilitätsangebote für Bevölkerung und Wirtschaft Foto: Bgld. Landesmedienservice v.l.: Werner Rosinak (Büro Rosinak und Partner), Andreas Friedwagner (Verracon GmbH), Landeshauptmann Hans Niessl, Thomas Bohrn (GF Verkehrsverbund Ost-Region) und Peter Zinggl (Landesverkehrskoordinator Burgenland) nter Einbeziehung zahlreicher Exper- „Über 10.000 Haushalte und damit etwa deren Maße berücksichtigt: PendlerInnen, UtInnen aus den Fachabteilungen der 23.000 Bewohnerinnen und Bewohner ha- SchülerInnen, Studierende, Wohnbevölke- Landesverwaltung, der ÖBB, der Asfinag, ben an einer Befragung zur Mobilität teilge- rung vor Ort, TouristInnen und Wirtschaft. des Verkehrsverbundes Ost-Region (VOR), nommen und ihre Wünsche und Anregungen „Wie die Vergangenheit gezeigt hat, kön- der Interessenvertretungen, wie der Arbeiter- für die weitere Entwicklung des Verkehrs- nen Maßnahmen nur dann erfolgreich umge- kammer oder der Wirtschaftskammer, den systems im Burgenland artikuliert. Weiters setzt werden, wenn sie in Abstimmung mit NGOs und den Vereinen ist es in einem in- kamen etwa 500 Burgenländerinnen und Bur- allen Expertinnen und Experten und unter tensiven Dialog gelungen, auf veränderte genländer zu den Bürgerversammlungen in Einbindung der Bevölkerung geplant und verkehrliche, wirtschaftliche und räumliche den Regionen und arbeiteten aktiv an der realisiert werden. Dementsprechend kommt Rahmenbedingungen zu reagieren und einen Erstellung der neuen Gesamtverkehrsstrate- der Zusammenarbeit mit allen beteiligten neuen politischen und fachlichen Rahmen gie mit.“ Darüber hinaus haben mehr als 500 Akteurinnen und Akteuren in Zukunft eine für die Verkehrsentwicklung der nächsten SchülerInnen bzw. Lehrlinge an einer spe- wichtige Rolle bei der Umsetzung der Ge- Jahre zu setzen. Der Leitsatz „Gemeinsam ziell auf diese Zielgruppe abgestimmten samtverkehrsstrategie zu“, betonte der Lan- mehr erreichen! Mobilität für alle Burgen- Online-Befragung teilgenommen. deshauptmann, der die diese Gesamtver- länderInnen nachhaltig – innovativ – sicher“ „Ich freue mich, daß so viele Menschen kehrsstrategie Burgenland im Rahmen einer subsummiert alle wesentlichen Prinzipien, am Thema Mobilität interessiert sind und Enquete am 1. Oktober 2014 im Detail dis- die den künftigen Planungen des Landes ihre Anliegen persönlich eingebracht ha- kutieren und auf der Basis eines neu gegrün- zugrunde liegen werden. ben“, sagte Thomas Bohrn, Geschäftsfüher deten Verkehrsbeirates einer permanenten „Wir haben uns in den letzten anderthalb des Verkehrsverbunds Ost-Region. „Für die Evaluierung zuführen möchte. Jahren intensiv mit den zentralen Fragen der bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Mo- „Parallel zur Gesamtverkehrsstrategie zukünftigen Mobilität im Burgenland aus- bilitätsangebotes im Burgenland ist diese Burgenland haben erstmals die drei Bun- einandergesetzt. Die Gesamtverkehrsstrate- Gesamtverkehrsstrategie ein wichtiger Leit- desländer Wien, Niederösterreich und das gie, das größte Bürgerbeteiligungsmodell faden bei der Planung und Umsetzung des Burgenland vereinbart, eine gemeinsame re- des Burgenlandes, bildet die Grundlage opti- öffentlichen Verkehrsangebotes, denn wir gionale Mobilitätsstrategie in ihren neuen maler Mobilitätsangebote für Bevölkerung wollen eine den Bedürfnissen der Menschen Mobilitätskonzepten zu verankern. Für das und die Wirtschaft“, so Landeshauptmann entsprechende Mobilität schaffen. Nach- Burgenland ist diese Zusammenarbeit von Hans Niessl am 24. Juli. haltig, individuell, multimodal.“ zentraler Bedeutung, denn die Ostregion steht Im Mittelpunkt der Erstellung der Ge- Die Gesamtverkehrsstrategie umfaßt we- vor Herausforderungen, die nur gemeinsam samtverkehrsstrategie standen die Bedürf- sentliche Handlungsfelder, die die Bedürfnis- bewältigt werden können“, so Niessl. „ nisse der BurgenländerInnen. Niessl dazu: se einzelner Nutzergruppen in einem beson- http://www.b-mobil.info

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 71 »Burgenland Journal« Gewalt für den Frieden? 31. Internationale ÖSFK-Sommerakademie Friedensburg Schlaining Foto: Bgld. Landesmedienservice v.l: Hubert Würth, Luxemburgs Botschafter in Österreich, Blanka Bellak, ÖSFK-Direktorin, Peter Kostelka, ÖSFK-Präsident, Kulturlandesrat Helmut Bieler, Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, Bundespräsident Heinz Fischer, Schlainings Bürgermeister Markus Selinger und Christine Teuschler, Geschäftsführerin der Burgenländischen Volkshochschulen

ewalt für den Frieden? – vom wider- die Bedeutung des Österreichischen Studien- Das ÖSFK Gsprüchlichen Umgang mit der Rechtfer- zentrums für Frieden und Konfliktforschung, auf Burg Schlaining versteht sich als ein Ort tigung militärischer Intervention“ war der dem er sich seit vielen Jahren und durch der respektvollen Begegnung und ein Ort des Titel der 31. Internationalen ÖSFK-Sommer- zahlreiche Besuche sehr verbunden fühle. gemeinsamen Lernens. Man möchte Men- akademie – erstmals unter der Leitung von „Es hat einen fixen Platz in der Gruppe der schen mit dem nötigen Wissen und friedens- ÖSFK-Präsident Peter Kostelka – vom 6. bis Institutionen, die sich mit Friedens- und politischen Handwerkszeug ausstatten, um 11. Juli auf der Friedensburg Schlaining. Ver- Konfliktforschung beschäftigten“, so Fischer. sie zu ermächtigen, in der Gesellschaft auf treter aus Wissenschaft, Politik, aus den Me- Die alte Frage des gerechten Kriegs habe gewaltfreiem Weg zu intervenieren. Dabei dien und der Zivilgesellschaft erörterten Fra- in den letzten Monaten und Jahren große Ak- wird friedenspolitische Praxis mit unter- gen, die sich aus militärischen Interventio- tualität erfahren, wie etwa der Krieg in schiedlichen wissenschaftlichen Ansätzen nen zum – oft vorgeblichen – Schutz von Syrien oder die Situation in der Ukraine, verbunden. Menschenleben oder unter dem Deckmantel stellte Außenminister Asselborn in seiner Er- Wenn Gewalt für viele Menschen das der Gerechtigkeit ergeben, und suchen nach öffnungsrede fest. Gewalt könne für die Her- „letzte Mittel“ zum Umgang mit Konflikten Lösungsansätzen. Am 8. Juli fand die offiziel- stellung des Friedens notwendig, immer zu sein scheint, so investiert die Friedens- le Eröffnung durch Bundespräsident Heinz jedoch nur eine Etappe auf dem Weg dorthin burg ihre Ressourcen in die zahlreichen und Fischer und Luxemburgs Außenminister Jean sein. „Es gibt positive Beispiele, wo der oft vernachlässigten „vorletzten Mittel“. Asselborn in Anwesenheit von Hubert Würth, Einsatz von Gewalt funktioniert, und solche, Dazu zählen das zivile Krisenmanagement Luxemburgs Botschafter in Österreich, Kul- wo er nicht wirkt“, so Asselborn. und die – langfristig betrachtet – wirksamste turlandesrat Helmut Bieler und zahlreichen Welche Faktoren militärisches Eingreifen aller Möglichkeiten: die zivile Krisenprä- internationalen Tagungsteilnehmern statt. legitimieren, welche Rolle Wirtschaftsinter- vention. Dabei arbeitet man in einem breiten Die Botschaft, die von Schlaining aus in essen, die Bewertung von Menschenrechten Spektrum vom Konfliktmanagement im Klas- die Welt getragen werden solle, lasse sich in oder internationale Schutzverantwortung senzimmer über das Training von nichtstaat- einem Satz zusammenfassen: „Krieg ist kein spielen, und was präventiv von der Zivil- lichen und staatlichen VertreterInnen für Mittel, Konflikte zu lösen!“, sagte Landesrat gesellschaft zur Verhinderung von Gewalt Einsätze in Krisen- und Kriegsgebieten bis Bieler. „Es stehen uns andere Formen zur getan werden kann – darüber diskutierten zur hochrangigen Vermittlung in internatio- Verfügung, die wir uns aber ständig erarbei- vor dem Hintergrund aktueller Entwicklun- nalen Konflikten. Nichtregierungsorganisa- ten müssen. Unser gemeinsames Ziel muß es gen in Krisenregionen mehr als 30 Refe- tionen und Ministerien zählen dabei ebenso sein, uns die Hintergründe für die Entste- rentInnen mit VertreterInnen aus Zivilgesell- zu den AnsprechpartnerInnen der Friedens- hung von Gewalt bewußt zu machen, und schaft, Wissenschaft, Verwaltung und Politik burg wie die Vereinten Nationen, die OSZE neue Formen zur Bewältigung von Konflik- bei der Sommerakademie. oder die EU. ten zu erarbeiten“, so Bieler. Schlaining lei- Eine Zusammenfassung in Buchform in in Die Friedensburg Schlaining richtet ihr ste dafür einen wertvollen Beitrag. Vorbereitung und das „Österreich Journal“ Augenmerk auch auf die strukturelle Dimen- Auch Bundespräsident Fischer würdigte wird darüber gerne berichten. sion von Gewalt. Stabiler Friede kann sich –

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 72 »Burgenland Journal«

im Kleinen wie im Großen – nie ohne Ge- rechtigkeit entwickeln. Gerechtigkeit in der Verteilung von Lebenschancen (effektive Ar- mutsbekämpfung, Stärkung der Menschen- rechte, Möglichkeiten zur Migration oder Ge- schlechtergerechtigkeit) werden dabei genau- so betrachtet wie die wenig zivilisierenden globalen Handelsstrukturen. Dabei spielt auch der persönliche ökologisch nachhaltige Lebensstil eine zentrale Rolle. Das Friedenszentrum Burg Schlaining verfügt über eine einzigartige Infrastruktur mit den in der Burg Schlaining befindlichen Büroräumlichkeiten und dem Friedensmu- seum, dem „Haus International“ (Wohn- und Seminarräume), der Friedensbibliothek in der einstigen Synagoge, dem Hotel Burg Schlai- ning (Seminarhotel) und dem Konferenz- und Seminarzentrum in der Burg Schlaining. Für seine Aktivitäten hat das ÖSFK 1987 den UN „Peace Messenger“-Status erhalten und 1995, gemeinsam mit der EPU, den

Foto: Friedenszentrum Burg Schlaining UNESCO-Price for Peace Education. „ Ein Blick auf die TagungsteilnehmerInnen im Friedenszentrum Burg Schlaining http://www.aspr.friedensburg.at Chinesische Delegation zu Besuch im Burgenland Hochrangige Delegation aus China von Landesrat Rezar in Empfang genommen esundheits- und Soziallandesrat Peter GRezar traf in seiner Funktion als Präsi- dent der Gesellschaft zur Förderung freund- schaftlicher und kultureller Beziehungen zur Volksrepublik China am 4. Juli in Eisenstadt im Beisein von Landesamtsdirektor WHR Ro- bert Tauber mit einer hochrangigen Politik- und Verwaltungsdelegation aus der chinesi- schen Provinzen Hainan zusammen. An der Spitze der Delegation stand Li Jianping, Vi- zeminister der Chinesischen Freundschafts- gesellschaft (Chinese People’s Association for Friendship with Foreign Countries – CPAFFC). Im Mittelpunkt des Arbeitsbesu- ches stand die Intensivierung und Optimie- rung der bisherigen partnerschaftlichen Be- ziehungen. „Konkret ging es darum, die bis-

her vor allem in den Bereichen wirtschaftli- Foto: Bgld. Landesmedienservice che Entwicklung, Kultur und Tourismus, Landesrat Peter Rezar und Landesamtsdirektor WHR Robert Tauber mit der chine- sischen Delegation vor dem Schloß Esterházy in Eisenstadt Weinwirtschaft sowie Umwelttechnologie und Erneuerbare Energie geknüpften Kon- dition. Die ersten Kontakte zwischen dem stärkte Zusammenarbeit zu entwickeln. Un- takt- und Kooperationsmöglichkeiten größt- heutigen Burgenland und China bestanden terzeichnet wurde dieses Übereinkommen möglich auszuweiten und dementsprechend bereits in der Zeit des Barocks. Eine lang- im Jahr 2000 in Peking. zu intensivieren.“ Der aktuelle Besuch ist jährige Freundschaft entwickelte sich auch Auf Basis dieses Übereinkommens über- der zweite einer Delegation aus China inner- zwischen der Chinesischen Botschaft in nahm Landesrat Peter Rezar die Präsi- halb kurzer Zeit. Mitte Juni traf Rezar mit Wien und dem Burgenland. Unter Landes- dentschaft der Gesellschaft zur Förderung einer 23köpfigen Wirtschafts-, Agrar- und hauptmann Karl Stix kam es dann zu einer freundschaftlicher und kultureller Beziehun- Verwaltungsdelegation aus der Volksrepu- Partnerschaft des Burgenlandes mit der süd- gen zur Volksrepublik China. Die bisherigen blik in Eisenstadt zusammen. chinesischen Provinz Hunan mit dem Ziel, Kontakte und Anknüpfungspunkte sind ein Die Beziehungen des Burgenlandes zu die Verständigung und die Freundschaft der nachweislicher Beleg für diese gelebte Part- China haben bereits eine sehr lange Tra- beiden Völker zu vertiefen, um eine ver- nerschaft. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 73 »Burgenland Journal« Gute Nachbarschaft Burgenland schmiedet Partnerschaft mit der Region Bratislava noch enger Foto: Bgld. Landesmedienservice Tatjana Mikušová (Abgeordnete zum Regionalparlament), Ivo Nesrovnal (Tourismusdirektor Region Bratislava; Abgeordneter zum Regionalparlament), Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl, Pavol Frešo, Vorsitzender der Selbstverwaltungsregion Bratislava) und Gabriella Németh (Stellvertretende Vorsitzende der Selbstverwaltungsregion Bratislava) ine Arbeitsgruppe mit LH Hans Niessl wird uns das Geld nachtragen, wir müssen leichter erfolgreich verwirklichen werden Eund LAD WHR Robert Tauber an der uns jeden Euro schon selbst abholen“, können.“ Spitze traf am 7. Juli mit dem Vorsitzenden spricht Niessl Tacheles. Mit der angestrebten Dazu zählt auch der Tourismus mit den des Selbstverwaltungskreises Bratislava, Partnerschaftsvereinbarung zwischen dem Schwerpunkten Naturtourismus und Rad- Pavol Frešo, und weiteren hochrangigen Ver- Burgenland und der Slowakei soll die bereits wege. „Die Erreichbarkeit und die sanfte tretern auf slowakischer Seite in Bratislava bestehende Zusammenarbeit zwischen den Mobilität vor Ort für Gäste und in der grenz- zusammen. Ziel des Gespräches: Das Bur- Regionen weiter aufgewertet werden. überschreitenden Region könnte zum Bei- genland strebt den Abschluß einer Partner- Daß das Burgenland die Fördertöpfe voll spiel durch die Optimierung der Fahrradmit- schaftsvereinbarung mit der Region Bratis- ausschöpfen könne, habe es schon in den nahme bei Bus und Bahn attraktiviert wer- lava an. „Die Schiene der bilateralen grenz- vergangenen Förderperioden bewiesen, be- den“, sagt Niessl. Das Burgenland habe im überschreitenden Zusammenarbeit hat sich als tont der Landeshauptmann. Das Programm- Tourismus viel zu bieten „wir wissen aber ein sehr erfolgreiches Instrument zu einer ver- budget über 73 Millionen Euro für diese Pe- auch, daß eine Urlaubsdestination immer tiefenden Kooperation über die Grenzen hin- riode wurde zur Gänze genutzt. „Das bedeu- mehr als Region zu sehen ist“, so Niessl. weg erwiesen. 18 von insgesamt 97 grenz- tet eine Mittelbindung von 100 Prozent“, so Auch im Bereich Alternativer Energien seien überschreitenden ETZ-Projekten werden Niessl. Daran wolle man nahtlos anknüpfen. Kooperationen wünschenswert. „An der von Partnern aus dem Burgenland und der In punkto Partnerschaftsvertrag mit dem Grenze stehen große Windkraftanlagen. Vor- Slowakei umgesetzt“, so der Landeshaupt- Selbstverwaltungskreis Bratislava laufen die stellbar ist eine dauerhafte Kooperation hin- mann. Für das Burgenland seien die För- Vorgespräche auf Beamtenebene nicht erst seit sichtlich Stromproduktion und Stromabnah-

derprogramme im Bereich Europäische Ter- gestern. Auch ein erster Entwurf einer Part- me.“ Ebenso seien effiziente und CO2-arme ritoriale Zusammenarbeit (ETZ) ein wichti- nerschaftsvereinbarung wurde von burgen- Mobilitätslösungen im gemeinsamen Inter- ges und wesentliches Instrument, um mit ländischer Seite bereits erarbeitet und zur esse beider Regionen. Weinbau, Kultur, Bil- Partnern aus der Slowakei gemeinsam Akti- Durchsicht übermittelt. Nun gelte es, Schwer- dung, kulturelles Erbe sowie Forschung, In- vitäten umzusetzen. In der Förderperiode punkte der Zusammenarbeit festzulegen, so novation und Entwicklung sind weitere 2014-2020 stehen dem Burgenland rund 32 Niessl; er will in den Gesprächen „anpacken mögliche Kooperationsfelder. Millionen Euro für grenzüberschreitende Ko- und einen großen Schritt vorwärts machen“. Darüber hinaus könnten die beiden ande- operationen an Mitteln des Europäischen Anknüpfungspunkte mit der Region Bra- ren ETZ-Schienen, die Transnationale bezie- Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zur tislava gebe es viele, stellt Niessl klar. „Ich hungsweise Interregionale Kooperation, ver- Verfügung. Davon werden fünf Millionen bin davon überzeugt, daß wir zahlreiche Ko- stärkt für großräumige Initiativen herange- Euro für Projekte mit der Slowakei bereitge- operationsfelder finden werden, die wir im zogen werden. Projekte könnten im Rahmen stellt. „Wir lassen keinen Fördercent liegen. Hinblick auf den ETZ-Programmzeitraum der Europaregion Centrope oder der Donau- Dafür muß man aber etwas tun. Niemand 2014-2020 gemeinsam, als Partnerregionen, raumstrategie umgesetzt werden. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 74 »Burgenland Journal« Größtmögliche Sicherheit LH Niessl in Güssing: »Keine Zusammenlegungen von Bezirkshauptmannschaften« Foto: Bgld. Landesmedienservice v.l.: Bezirksfeuerwehrkommandant OBR Willibald Klucsarits, RK-Präs. HR Bruno Wögerer, Bezirkspolizeikommandant Obstlt. Ewald Dragosits, Landeshauptmann Hans Niessl, Landesrätin Verena Dunst, amtsführende Bezirkshauptfrau Nicole Wild, Ab- geordneter zum Burgenländischen Landtag Wolfgang Sodl und Bataillonskommandant Obstlt. Thomas Erkinger ezirk Güssing in sicherer Hand“ lautete laut Kriminalstatistik 2012 und 2013 der Gegen eine Zentralisierung sprach sich Bdas Motto einer Pressekonferenz von sicherste Bezirk im Burgenland, und kann mit Niessl auch beim Bundesheer aus, das vor Landeshauptmann Hans Niessl und Landes- 66,8 % im vergangenen Jahr auch die höch- Ort eine wichtige Rolle bei der Bewältigung rätin Verena Dunst mit Vertretern der Be- ste Aufklärungsrate vorweisen. Das zeigt, daß von Naturkatastrophen spiele: „Die Militär- zirkshauptmannschaft Güssing und aller Si- die Exekutive hier im Bezirk hervorragende kommanden gehören gestärkt und nicht aus- cherheitsorganisationen am 14. Juli in Güs- Arbeit leistet“. Im Burgenland liegt die gehöhlt, Es darf nicht alles in Wien zentrali- sing. Sicherheit erfordere eine koordinierte Aufklärungsquote trotz Grenzöffnung mit siert werden“, fordert Niessl. Mit der Kaser- Vorgehensweise und das Zusammenspiel der 52,9 % im Jahr 2013 weit über dem Öster- ne Güssing, der modernsten Kaserne Euro- Sicherheitskräfte im Land vor allem auf re- reich-Schnitt mit 43,1 %. „Dieser Erfolg fällt pas, habe man ein deutliches Zeichen für die gionaler Ebene, das zeigten nicht zuletzt die nicht vom Himmel, sondern muß hart erar- Sicherheit und für die Wirtschaft in der Re- verheerenden Hochwasserschäden im Süd- beitet werden“, so der Landeshauptmann. gion gesetzt. „ burgenland in den letzten Jahren. „Regionale Einsatzkräfte wissen am besten, wie man mit »pro mente«-Haus in Mattersburg Katastrophen im Bezirk umgeht. Die Men- schen haben zu den Institutionen vor Ort auch das höchste Vertrauen. Sicherheit darf nicht zentralisiert werden, deshalb wird es auch keine Zusammenlegungen von Bezirks- hauptmannschaften geben“, betonte Niessl. Die BH Güssing sei wichtig für die Re- gion, der Bezirkshauptmann Einsatzleiter in Katastrophenfällen. Eine Zusammenlegung der Bezirkshauptmannschaften Güssing und Jennersdorf stehe nicht zur Debatte. „Sehr wohl soll es bezirksübergreifende Zusam- menarbeit zwischen den beiden Behörden

geben, um Synergien zu gewinnen. Es muß Foto: Stadtgemeinde Mattersburg weniger Geld in die Verwaltung und mehr Spatenstich (v.l.): LR Peter Rezar, HR Bruno Wögerer (Obmann »pro mente« Geld in Qualitätssteigerung fließen“, fordert Bgld.), Bgm. Ingrid Salamon, LH Hans Niessl, Alfred Kollar (GF OSG, DSA) Petra Niessl. Es sollten „Kompetenzschwerpunk- Prangl (GF »pro mente« Bgld.), Josef Orovits (OSG), Architekt Reinhard Taschner te“ an einzelnen BHs geschaffen werden. So m 5. Juli erfolgte in Mattersburg der ist der soziale Aspekt in dieser Stadtentwick- werden etwa die Bereiche Soziales und Ju- ASpatenstich für den Bau des dritten „pro lung ein großes Anliegen, daher paßt es sehr gendwohlfahrt von jeweils einem Referats- mente“-Hauses im Burgenland. Betreut wer- gut in unsere Stadt“, erklärte Bürgermeisterin leiter der BH Güssing bzw. Jennersdorf für den psychisch erkrankte und psychosozial Ingrid Salamon. Gebaut wird das Haus von beide Bezirke verwaltet. benachteiligte Menschen. „Der Bau des ,pro der OSG (Oberwarter Siedlungsgenossen- Auf die erfreuliche Entwicklung im Be- mente‘-Hauses in Mattersburg ist ein weite- schaft), die Fertigstellung wird 2016 erfolgen. zirk Güssing verwies Dunst: „Güssing war rer Meilenstein in der Stadtentwicklung. Mir Die Baukosten betragen ca. 4 Mio. Euro. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 75 »Burgenland Journal« FH Burgenland veröffentlicht erste Gemeinwohlbilanz Qualität und Verantwortung. Einsatz und öffentlicher Auftrag: FH Burgenland bringt wieder Besonderes zusammen – Top Werte bei Arbeitsplatzqualität für Mitarbeiter

ie Fachhochschule Burgenland hat als Derste Hochschule Österreichs seit 24. Juli eine Gemeinwohlbilanz. „Als gemeinnützi- ge, öffentliche Bildungs- und Wissenschafts- einrichtung sind wir nicht auf Gewinn ge- richtet und engagieren uns für öffentliche Anliegen“, erklärt Geschäftsführer Georg Pehm die Motivation für diesen Schritt. Auch Christian Felber, Gründer der Gemein- wohl-Bewegung, unterstützt das Pilotprojekt der Burgenländer.

FH Burgenland wieder Vorreiter Bei der Gemeinwohlökonomie handelt es sich um ein „Wirtschaftsmodell der anderen Art“, das statt auf Gewinnorientierung und Profitmaximierung auf allgemeingültige Werte setzt. Mit der Erstellung einer Gemeinwohlbi- Foto: FH Burgenland lanz nimmt die FH Burgenland wieder eine v.l.: Christian Felber, Anja Haider-Wallner und Georg Pehm Vorreiter-Rolle ein. Sie ist die erste Fach- gesamt 1000 theoretisch erreichbaren) hät- gaberecht leider eingeschränkt, bei dem im- hochschule Europas und die erste Hochschu- ten uns aber nicht weniger oder mehr ge- mer noch der Preis im Vordergrund steht“, le Österreichs, die sich mit dem Prozeß der freut. Die Summe an Pluspunkten ist für die erklärt Geschäftsführer Josef Wiesler das Bilanzerstellung auseinandergesetzt hat. FH Burgenland nun die Basis, von der aus Ergebnis. „Wir sind eine gemeinnützige Organisa- wir unsere weitere Entwicklung messen kön- „Fakt ist, daß die FH Burgenland mit die- tion des Landes Burgenland, die allen Stu- nen. In zwei oder drei Jahren, wenn viele ser Gemeinwohlökonomie Bilanz abermals dierenden eine Höherqualifikation ohne Stu- Maßnahmen umgesetzt sind, werden wir Besonderes zusammen bringt. Denn wir ver- diengebühren ermöglicht. Das Konzept der hoffentlich eher mehr als weniger Punkte knüpfen unsere ausgeprägten hochschuli- Gemeinwohlökonomie ist für uns ein logi- erreichen“, erklärt er das Konzept der Ge- schen Kompetenzen in Lehre und Forschung scher Schritt“, so Geschäftsführer Georg meinwohlökonomie, zu dem ihn anfänglich und den besonderen persönlichen Umgang Pehm. „Wir machen uns mit der Erstellung persönliches Interesse führte. in unseren Häusern mit den zentralen Werten einer Gemeinwohl-Bilanz auch in diesem „Das Spannende war hier weniger das dieser Institution und mit der Orientierung Sinne fit für die Zukunft.“ Ausdrücklicher Ergebnis als vielmehr der Prozeß. Der Weg auf das allgemeine Wohl. Und diese Haltung Dank geht dabei an all jene, die dieses ein- war sozusagen das Ziel. KollegenInnen aller begleitet uns immerhin seit gut 20 Jahren.“ zigartige Vorzeigeprojekt mitgetragen und Ebenen und natürlich auch Studierende ha- unterstützt haben. Dabei waren neben Mit- ben viel Reflexion, Vorschläge und Themen Chronologie eines Vorzeige-Projekts arbeiternInnen und Studierenden der FH Bur- eingebracht, die uns insgesamt als Hoch- Start des Prozesses bildete ein Besuch genland auch die beiden Berater Anja schule sicher weiterbringen werden“, ist er und Vortrag von Christian Felber, Begründer Haider-Wallner und Roland Gutmann. überzeugt. Am 1. Juli legten die Geschäfts- und Aushängeschild der Gemeinwohlökono- führer den druckfrischen Bericht im Rahmen mie-Bewegung, vor ca. 260 Studierenden Erfolgreiche Bilanz als Ausgangspunkt der Gesellschafterversammlung im Land vor. und MitarbeiterInnen in Eisenstadt und – per 440 Pluspunkte im Sinne des Gemein- Live-Übertragung – in Pinkafeld. Von Okto- wohls – das ist die magische Zahl, auf die Top bei Arbeitsplatzqualität ber 2013 bis Anfang März 2014 erstellten man an der FH Burgenland seit Mitte Mai und Gleichstellung extra geschulte Experten aus den Reihen der gewartet hat. Eine Zahl, auf die man stolz Besonders gut abgeschnitten hat die FH MitarbeiterInnen und Studierenden die Ge- sein kann, die viel aussagt über Burgenlands Burgenland als Arbeitgeber, nämlich was die meinwohl-Bilanz und ein Gemeinwohl-Be- größte Hochschule, aber eigentlich nicht Arbeitsplatzqualität und die Gleichstellung richt. Dieser wurde im April 2014 den unab- mehr ist, als ein Ausgangspunkt. betrifft. Nicht so gut fallen die Punkte beim hängigen Experten von außen (sogenannten „Wir freuen uns natürlich“, so Pehm. ethischen Beschaffungsmanagement aus. Auditoren) übergeben. Der gesamte Prozeß „350 oder 620 Punkte (Anmerkung: von ins- „Da sind wir durch das österreichische Ver- erfolgte überaus transparent und interaktiv.

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Gemeinwohlökonomie- fentliche Bildungs- und Wissenschaftsein- gerufen, die sich diesem wichtigen Thema Beauftragte an der FH richtung nicht auf Gewinn gerichtet, enga- mit besonderem Einsatz widmen wird.“ Mit dem Abschluß der Gemeinwohl-Bi- giert sich die Hochschule für öffentliche An- Für die FH Burgenland beginnt nun der lanz zieht die Hochschule nun keinen Schluß- liegen, wie bestmögliche Bildung, Innova- Prozeß der Maßnahmen-Findung, denn strich unter dieses Projekt. Im Gegenteil: Es tion und Forschung, und nimmt im Ökolo- schließlich will man an Burgenlands größter ist dies eine erste Standortbestimmung. Und gie-Vorreiter-Land Burgenland eine beson- Hochschule auch weiterhin Besonderes zu- der Startschuß für eine verantwortungsvolle, dere Verantwortung wahr. „Aus diesem sammenbringen. „ an Werten orientierte weitere Entwicklung Grund haben wir auch die Position einer Ge- https://www.ecogood.org der FH Burgenland. Als gemeinnützige, öf- meinwohlökonomie Beauftragten ins Leben http://www.fh-burgenland.at Die awarischen Kriegergräber von Mattersburg er zur awarischen Siedlung gehörende DFriedhof im Ried Stückl, der 2010 ge- funden wurde, wurde jetzt im Auftrag der Stadtgemeinde erstmals in größerem Um- fang archäologisch untersucht. Bei den Gra- bungen unter der Leitung von Dorothea Taala konnten zahlreiche überraschende und teilweise spektakuläre Funde zu Tage geför- dert werden. Auf engstem Raum (etwa 300 m²) konn- ten bislang 39 Gräber lokalisiert werden, darunter überraschend viele Waffengräber. Bei den zahlreichen Bestattungen awarischer Bogenschützen und Schwertkämpfer fanden sich die entsprechenden Waffen: ansonsten äußerst seltene Hieb- und Stichschwerter, Kampfmesser- und beile, Pfeilspitzen unter- schiedlicher Typen, aber auch aus Bein ge- schnitzte, mit Raubvogeldarstellungen ver- zierte und teilweise rot bemalte Bogenver- stärkungen und Köcherbestandteile. Teilwei- Fotos: Stadtgemeinde Mattersburg Besuch bei den Grabungen: Leiterin Dorothea Taala(l.) mit Bgm. Ingrid Salamon se wurden diesen Kriegern auch ihre Waf- fengürtel mit vergoldeten, verzierten Be- „Die Frauen und Mädchen wurden mit gen aus Silber und Bronze beigesetzt. Er- schlägen und Riemenzungen mitgegeben. Schmuck, Perlenketten, Ohr- und Fingerrin- wachsene und Kinder erhielten Gefäße und Speisebeigaben, sowie dem Totengott ge- opferte Hühner“, erklärt Dorothea Taala. Der Friedhof stammt nach bisherigen Er- kenntnissen aus der zweiten Hälfte des 8. und beginnenden 9. Jahrhundert n. Chr., d. h. aus der Zeit der Erstnennung von Mattersburg. Aufgrund unterschiedlicher Bestattungsriten und Grabtypen dürften in der zugehörigen großen Siedlung verschiedene Bevölkerungs- gruppen nebeneinander gelebt haben. Dorothea Taala und ihr Team graben seit sieben Jahren im Bereich Mattersburg und Sigless. „ Siehe auch: „Der Mann mit dem Schwert und das Jahr der Waffen in Sigleß“ – Die Funde der Ausgrabung 2010, ein Beitrag von Do- rothea Talaa in der „Österreich Journal“- Ausgabe 96 vom 2. Juni 2011. Schmuck und Tongefäße dienten als Grabbeigaben. http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_096.htm ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 77 »Burgenland Journal« Klingenbach mit Top-Wertung bei Bonitätsvergleich ie Finanzlage der österreichischen Ge- Dmeinden stand im Fokus einer von „public – das österreichische Gemeindema- gazin“ in Auftrag gegebenen Prüfung. Das Ergebnis aus burgenländischer Sicht kann sich sehen lassen: Zehn heimische Gemein- den finden sich unter den besten 50, Klingenbach nimmt als Burgenlandbester den beachtlichen sechsten Rang österreich- weit ein. „Das ist ein überaus erfreuliches Ergeb- nis und eine große Leistung der Gemeinde, die zeigt, daß zum einen unsere Gemeinden umsichtig wirtschaften, aber auch die wirt- schaftlichen Rahmenbedingungen im Land stimmen. Und es bestätigt einmal mehr ein- drucksvoll den erfolgreichen Kurs des Bur-

genlandes, das sich als Wirtschaftsstandort Foto: immer besser etabliert“, sagte Landeshaupt- Landeshauptmann Niessl (r.) und Landtagspräsident Gerhard Steier (l.) gratulieren mann Hans Niessl am 18. Juli bei einem Be- Klingenbachs Bürgermeister Johann Frank zum Top-Bonitätsranking such in Klingenbach. 2013 hatte das Burgen- ben in den letzten Jahren mit Augenmaß Den ersten Rang im Bonitäts-Ranking land das höchste Exportplus im Bundeslän- investiert, die dörfliche Infrastruktur laufend nimmt Reith bei Kitzbühel in Tirol ein. Die dervergleich erzielen können und zum zwei- verbessert, jedoch keine Großprojekte, die weiteren Top-50-Platzierungen burgenländi- ten Mal in Folge das größte Wirtschafts- wir uns nicht leisten können, umgesetzt und scher Gemeinden: Badersdorf (Rang 11), wachstum aufgewiesen. Gemeinsam mit stehen heute auf wirtschaftlich gesunden Rohr im Burgenland (15), Rechnitz (22), Ja- Landtagspräsident Gerhard Steier überreich- Beinen. Das macht sich jetzt bezahlt, und die bing (23), Neudorf (30), Weiden am See (33), te Niessl als Anerkennung Bürgermeister Jo- Bevölkerung profitiert von einer hohen Le- Heugraben (36), Weingraben (40), Großwa- hann Frank ein handgefertigtes Burgenland- bensqualität. Ich bin stolz auf meine Mit- rasdorf (49). wappen. „Für Klingenbach ist diese Top- arbeiter und Mitarbeiterinnen, es ist ein Ver- Gegenüber 2013 konnte Klingenbach Plazierung eine tolle Auszeichnung. Wir ha- dienst aller“, freute sich Bürgermeister . übrigens sechs Plätze gutmachen. „ Bester Russisch-Schüler Österreichs kommt aus Kleinhöflein er beste Russisch-Schüler Österreichs Dkommt aus Kleinhöflein und heißt Sebastian Pfann. Der 17jährige nahm im Juni an der Internationalen Russisch-Olympiade in Moskau teil und erzielte in seiner Alters- klasse den dritten Platz. Sebastian Pfann besuchte (vor Ferien- beginn) die siebente Klasse des Eisenstädter Gymnasiums an der Kurzwiese. Als Bundes- land-Sieger nahm er bereits am größten ös- terreichischen Fremdsprachenwettbewerb, der 20. Sprachmania, Anfang April in Wien teil. Dort holte er sich den 3. Platz und sicher- te sich so sein Ticket für den Internationalen Wettbewerb in Moskau. Insgesamt 185 Teilnehmer aus 23 Ländern waren bei der

Russisch-Olympiade vertreten. Foto: Magistrat der Landeshauptstadt Freistadt Eisenstadt Eisenstadts Bürgermeister Thomas Steiner v.l.: Bürgermeister Thomas Steiner mit Ausnahmetalent Sebastian Pfann und empfing Sebastian Pfann im Rathaus, um Stadtbezirksvorsteher Josef Weidinger im Eisenstädter Rathaus dem Ausnahmetalent gemeinsam mit Stadt- zeitig ein Beweis für den ausgezeichneten „The Orange Blues Club“ und des Bläseren- bezirksvorsteher Josef Weidinger zu seiner Schulstandort Eisenstadt ist.“ sembles „Haydnbrass“. In seiner Freizeit Leistung zu gratulieren: „Ich gratuliere Als kleine Aufmerksamkeit erhielt Seba- beschäftigt sich der Sebastian neben Fremd- Sebastian von ganzem Herzen und freue stian Pfann Gutscheine des Stadtmarketings sprachen noch mit Musik und ist Mitglied mich über diesen großen Erfolg, der gleich- sowie jeweils eine Musik-CDs der Gruppe der Winzerkapelle Kleinhöflein. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 78 Aus Südtirol Finanzvorschlag indiskutabel, zufrieden mit Regionen-Präsidenten ine gute und eine schlechte Nachricht Ehatte Landeshauptmann Arno Kompat- scher am 31. Juli nach seiner Rom-Reise be- reit. Die schlechte betrifft das künftige Fi- nanzgefüge zwischen Südtirol und Rom: Der politisch heikelste Termin für Kom- patscher und seinen Trentiner Kollegen Ugo Rossi war ein Treffen mit Gianclaudio Bres- sa, Staatssekretär im Regionenministerium, sowie hohen Vertretern des Finanzministe- riums. Letztere hatten dabei einen Vorschlag ihres Ministeriums zur Neugestaltung des Finanzgefüges zwischen Bozen, Trient und Rom vorgelegt, der auch den von beiden Ländern zu leistenden Beitrag zur Sanierung des Staatshaushalts beinhaltet hat. Der Vor- schlag ist bei Kompatscher und Rossi – vor- Foto: LPA / Tasser sichtig ausgedrückt – auf wenig Gegenliebe LH Arno Kompatscher (r.) mit dem neuen Regionen-Präsidenten Sergio Chiamparino gestoßen. Oder mit den Worten des Landes- deshauptmann heute teilgenommen hat, um und er hat durchaus Verständnis für die auto- hauptmanns: „Der heutige Vorschlag ist in- den Nachfolger von Vasco Errani als Präsi- nomen Länder bewiesen“, so der Landes- diskutabel.“ Es liege nun am Finanzmini- dent der Konferenz zu wählen. Die Regio- hauptmann. Außerdem kenne er die Anlie- sterium, einen neuen Entwurf vorzulegen. nenvertreter haben sich dabei einstimmig für gen der Berggebiete und sei einer der Partner „Wir warten jedenfalls die nächsten Schritte den Präsidenten der Region Piemont, Sergio bei der Entwicklung der Makroregion Alpen. des Ministeriums ab“, so Kompatscher. Chiamparino, ausgesprochen, der auch von „Ich bin zuversichtlich, daß Chiamparino ein Bessere Nachrichten kommen dagegen Anfang an die Unterstützung Kompatschers guter und zuverlässiger Ansprechpartner sein aus der Regionenkonferenz, an der der Lan- hatte: „Ich kenne Chiamparino persönlich wird“, so Kompatschers Fazit. „ Land trifft INPS: Zweisprachigkeit und bessere Information m die Garantie der Zweisprachigkeit Uund eine bessere Information der Bür- gerInnen über deren jeweilige Rentensitua- tion ging es bei einem Treffen von Landes- hauptmann Arno Kompatscher und Landes- rätin Martha Stocker mit dem Regionaldirek- tor des Fürsorgeinstituts INPS, Marco Zano- telli. Der verwies zunächst auf die Probleme, die sich im Zuge der immer stärker digital ablaufenden Verwaltung innerhalb des INPS in bezug auf die Zweisprachigkeit ergäben. „Solange die Verwaltung auf Papier gesetzt hat, war das Angebot eines Dienstes in bei- den großen Landessprachen weit weniger problematisch, als im Rahmen einer digita- len Verwaltung“, so der Landeshauptmann nach dem Gespräch. Dies, weil digitale Lö- Foto: LPA / ohn sungen im staatlichen Fürsorgeinstitut INPS Regionaldirektor Marco Zanotelli, LH Arno Kompatscher und LRin Martha Stocker nicht auf regionaler, sondern auf Staatsebene Zweites Thema war eine Verstärkung der also über die gesetzliche genauso wie über gesucht würden. In diesem Zusammenhang Informationstätigkeit, für die INPS auch die Zusatzrente“, so der Landeshauptmann. ersuchte der INPS-Regionaldirektor Landes- Pensplan als Partner gewinnen will. So sol- Als Beispiel wurde jenes der skandinavi- hauptmann und Landesrätin um Unterstüt- len etwa Daten zwischen den beiden Institu- schen Länder genannt, in denen die Bür- zung. „Es ist ganz ohne Zweifel eine gesetz- ten ausgetauscht werden, damit die Infor- gerInnen zweimal jährlich über ihre Renten- liche Pflicht auch der staatlichen Stellen, mationen zur Rentensituation jedes einzel- situation informiert werden. „In diese Bür- ihre Dienste in Südtirol zweisprachig anzu- nen Bürgers in einer Datenbank zusammen- gerinformation fließen die Angaben zu allen bieten“, so Kompatscher, „das schließt aller- fließen. „Ich denke, die Bürger sind daran Rentensäule ein – ein Modell, das wir uns dings nicht aus, über geeignete Formen der interessiert, regelmäßige Information über derzeit nur wünschen können“, so Kompat- Unterstützung nachzudenken.“ ihre gesamte Rentensituation zu bekommen, scher. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 79 Europa Schulz: Das EU-Parlament wird einflußreicher und sichtbarer Martin Schulz ist der erste Präsident des Europaparlaments, der das Amt zum zweiten Mal übernimmt. Seine Mission: Europa näher zu den Menschen bringen.

em gebürtigen Rheinländer Martin die nächste Europawahl absagen können. So DSchulz geht es nicht darum, den größten glaube ich, daß wir bei der nächsten Europa- Binnenmarkt zu schaffen, sondern das Leben wahl eine größere Chance haben, weil sicht- der Menschen vor Ort zu verbessern. Die EU bar wurde: Die Stimme zählt“, sagt Schulz. solle sich um die Sorgen und Ängste der „Wenn wir das richtig weiterführen, haben Menschen kümmern. Nur so, sagt Schulz in wir ein neues Kapitel des europäischen Par- einem Interview, ließen sich Euroskepsis und lamentarismus eröffnet“ Extremismus vermeiden. Das Ergebnis der Wahl habe dazu ge- Während des Europawahlkampfs warb führt, daß die zwei größten politischen Frak- Schulz um die Stimmen der BürgerInnen in tionen im Europaparlament kooperieren. ganz Europa. Er diskutierte, hörte zu und „Daraus ergibt sich die Logik, daß Parlament ließ sich auf die Gedanken der BürgerInnen und Kommission institutionell eng zusam- ein. Bei einer Diskussion in Dänemark ging menarbeiten. Dann macht es meiner Mei- es darum, warum sich Menschen von Europa nung nach Sinn, wenn einer an der Spitze der abwenden. Dabei fragte ihn eine junge Kan- Kommission und der andere an der Spitze didatin: „Ist es nicht vielmehr so, daß Europa des Parlaments steht.“ sich von den Menschen abgewendet hat?“ Die Kommission rücke näher ans Parla- Diese Frage berührte den 58jährigen. „Das ment, werde stärker parlamentarisch ange- mag nicht stimmen“, reflektiert Schulz zu bunden und legitimiert. Es werde eine hohe der Frage und erläutert: „Dennoch ist es ein Konvergenz im Handeln von Kommission Gefühl, das wir sehr ernst nehmen müssen.“ und Parlament geben, meint der Sozialde- Ansonsten werde die Europäische Union mokrat. scheitern. „Das Europäische Parlament muß sich Der soziale Graben zwischen Reichen auf die Hauptaufgaben fokussieren“, sagt und Armen werde immer größer, kritisiert Schulz. Das „Ja“ der EU-Staats- und Regie- Schulz. „Immer mehr Menschen befinden rungschefs zu Juncker festige die Position sich in prekären Arbeitsverhältnissen. Gleich- © European Union 2014 - source:EP des Parlaments, ist sich Schulz sicher. „Mit zeitig nimmt der Anteil der Superreichen zu. Martin Schulz der Entscheidung im Rat zu Gunsten von EU-Parlamentspräsident Das empfinden die Leute als ungerecht. Da Juncker, dem Kandidaten des Parlaments, muß man gegensteuern.“ wahlkampfs gemacht. Die großen Parteien wurde die Einflußsphäre des Europäischen Ein zweites Phänomen sei die dramati- Kandidaten für das Amt des Kommissions- Parlaments enorm gestärkt. Von dort aus sche Jugendarbeitslosigkeit. Wenn junge präsidenten aufgestellt und unterstützt. weiterzumachen und die Rolle des Europäi- Menschen keine Chance bekämen, werde Schulz wurde von den Sozialdemokraten no- schen Parlaments als gleich starke Institution sich eine ganze Generation von Europa ab- miniert. „Ich hatte ursprünglich vor, Kom- wie Kommission und Rat auszubauen, das wenden. „Wir riskieren, eine ganze Genera- missionspräsident zu werden. Die Wähler war mein Ziel in der ersten Amtszeit. Das tion zu verlieren“, warnt Schulz. haben aber anders entschieden“, sagt Schulz. möchte ich auch zum Hauptziel der zweiten „Solange es einen nationalen Filter für Die Christdemokraten gewannen die mei- Amtszeit machen“, so Schulz. die Europapolitik gibt, erreichen wir die sten Sitze im neuen Europäischen Parla- Der neue und alte Präsident des Euro- Leute nur schwer.“ Der ehemalige Fraktions- ment. Jean-Claude Juncker, der Kandidat der paparlaments hat bereits ehrgeizige Pläne für vorsitzende der Sozialdemokraten ist jedoch Christdemokraten, erhielt daher das Mandat die kommende Legislaturperiode. „Ich glau- überzeugt, daß das Desinteresse an Europa des Parlaments, eine Mehrheit zu bilden. Am be, daß wir auch im Parlament diskutieren nicht mit einem Informationsdefizit zu erklä- 27. Juni wurde Juncker auch von den Staats- müssen, ob wir nicht konzentrierter arbeiten ren sei. „Wir können das Europaparlament und Regierungschefs der EU als Kandidat sollten. Die Themenbreite ist enorm. Das Eu- noch transparenter machen, noch mehr In- für den Kommissionspräsidenten nominiert. ropäische Parlament muß sich auf die Haupt- formationsbüros eröffnen, doch solange es „Mit der Entscheidung im Rat zu Gun- aufgaben fokussieren: Bankenunion, Arbeits- einen nationalen Filter für die Europapolitik sten von Juncker (...) wurde die Einfluß- losigkeit – besonders von Jugendlichen, Wachs- gibt, erreichen wir die Leute nur schwer“, sphäre des Europäischen Parlaments enorm tum, Klima- und Energiepolitik“, sagte er und findet Schulz. gestärkt“, sagte Schulz. Ihm zufolge sei das ergänzte: „Das Parlament wird einflußrei- Einen ersten Schritt in diese Richtung ein Wendepunkt gewesen: „Wenn der Rat cher und sichtbarer.“ „ wurde mit der Personalisierung des Europa- Juncker nicht genommen hätte, hätten wir http://www.europarl.europa.eu

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 80 Wirtschaft Wirtschaftspolitik könnte gefordert sein … trotz Zeichen der Verbesserung im zweiten Halbjahr – Bank Austria Konjunkturindikator im Juni mit 0,8 Punkten, höher als im Vorjahr aber gleich hoch wie zu Jahresbeginn – Schwacher Start ins Jahr war statistisch überdramatisiert er Bank Austria Konjunturindikator kaum verbessert gegenüber dem Jahresbe- doppelt so hoch ausgefallen“, schätzt Bruck- Derreichte im Juni einen Wert von 0,8 ginn 2014. „Die Stimmung der Industrie in bauer. Ähnliches gilt für viele Länder der und blieb damit im Verlauf des ersten Halb- Österreich und bei unseren Exportpartnern Eurozone. jahres 2014 relativ konstant: „Die Stimmung hat sich im ersten Halbjahr 2014 kaum ge- Allerdings hat auch die schwache Import- der österreichischen Wirtschaft präsentiert bessert, liegt aber trotzdem besser als vor nachfrage vieler Schwellenländer zur Ent- sich im Sommer zwar deutlich besser als einem Jahr und deutet weiterhin auf Wachs- täuschung im ersten Halbjahr beigetragen. noch vor einem Jahr, sie konnte sich jedoch tum hin“, so Bruckbauer weiter. Lediglich So gingen die Importe der Emerging Mar- seit Jahresbeginn nicht mehr verbessern und das Verbrauchervertrauen hat sich im ersten kets im Zeitraum Dezember 2013 bis April an den Aufschwung des zweiten Halbjahres Halbjahr leicht eingetrübt und liegt damit 2014 um 2 Prozent zurück nachdem sie die 2013 anschließen“, meint Bank Austria Chef- ähnlich hoch wie im Sommer 2013. Jahre davor jährlich rund 5 Prozent zulegen ökonom Stefan Bruckbauer in seiner Ein- Nach Meinung der Ökonomen der Bank konnten. Dies drückte die Stimmung in den schätzung der Konjunktur Österreichs zu Mit- Austria ist jedoch die Enttäuschung über die letzten Monaten zusätzlich und erklärt den te des Jahres. Auch wenn der Bank Austria wirtschaftliche Entwicklung im ersten leichten Rückgang vieler Vorlaufindikatoren Konjunkturindikator sich seit Jahresbeginn Halbjahr etwas überzeichnet, da das beson- im Euroraum. Auch Österreichs Exporte ver- nicht wesentlich verbessern konnte, liegt er ders schwache 1. Quartal stark von Beson- loren in den ersten Monaten 2014 etwas an mit 0,8 doch deutlich über den Wert vom derheiten geprägt war und das Wetter dabei Dynamik, was im Wesentlichen auf die Sommer 2013 von -0,1, damals stagnierte eine spezielle Rolle spielte, nicht nur in den Schwellenländer, allen voran Rußland, aber Österreichs Wirtschaft. USA sondern auch in Europa und in Öster- auch die Exporte nach Asien und Latein- Auch die einzelnen Komponenten des In- reich. „Ohne die wetterbedingte schwache amerika zurückzuführen war. Dies überla- dikators zeigen ein ähnliches Bild: verbes- Energienachfrage im ersten Quartal in Öster- gerte die deutlich positive Entwicklung der sert gegenüber dem Sommer 2013 aber reich wäre das Wachstum im ersten Quartal Exporte Österreichs in den Euroraum und

Bank Austria Konjunkturindikator Österreich

BIP (real; Veränderung zum Vorjahr in %) Bank Austria Konjunkturindikator

Quelle: Statistik Austria, Wifo, Bank Austria Economics & Market Analysis Austria, eigene Berechnungen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 81 Wirtschaft

Österreich Konjukturprognose Prognose 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Wirtschaftswachstum (real, Vdg. z. Vorjahr) -3,8 1,8 2,8 0,9 0,3 1,5 2,1 Privater Konsum (real, Vdg. z. Vorjahr in %) 0,9 2,0 0,8 0,5 -0,2 0,6 0,8 Investitionen (real, Vdg. z. Vorjahr in %) *) -7,8 -1,4 8,5 1,6 -0,7 1,7 3,1 Inflationsrate (Vdg. z. Vorjahr in %) 0,5 1,9 3,3 2,4 2,0 1,7 1,9 Arbeitslosenquote (nationale Definition) 7,2 6,9 6,7 7,0 7,6 8,4 8,3 Beschäftigung (Vdg. z. Vorjahr in %) **) -1,5 0,8 1,9 1,4 0,6 1,0 1,2 Öffentlicher Haushaltssaldo (in % des BIP) -4,1 -4,5 -2,5 -2,6 -1,5 -2,8 -1,5

*) Bruttoanlageinvestitionen **) ohne Karenzgeldbezieher, Präsenzdiener und Schulungen Quelle: Bank Austria Economics & Market Analysis Austria die Länder Mittel- und Osteuropas. „Öster- der Erholung im zweiten Halbjahr fortsetzen, tum dann wieder zumindest zwei Prozent reichs Export in den Euroraum und nach die meisten Stimmungsindikatoren zweigen erreichen. CEE konnte in den ersten Monaten 2014 weiterhin Wachstum an, meinen die Bank Die Risken für die weitere Erholung liegen zulegen“, so Walter Pudschedl, Ökonom der Austria-Ökonomen. „Die zunehmend abflau- vor allem bei einer möglichen Eskalation der Bank Austria. Während die Exporte nach enden negativen Effekte der Haushalts- Entwicklung in den Konfliktherden (Naher Deutschland und Italien sich langsam erhol- konsolidierung auf den Konsum im Euro- Osten, Ukraine) oder einem erneuten erkenn- ten, zeigten die Ausfuhren nach Frankreich raum sollten in den nächsten Monaten schwä- baren Rückfall der Stimmungsindikatoren. In und Spanien, aber auch in die meisten der cher werden, auch ist in vielen Ländern be- diesem Fall wäre die Politik ebenfalls stark angrenzenden osteuropäischen Länder deut- reits eine Trendwende am Arbeitsmarkt ein- gefordert. Zwar unterstützt das Auslaufen der lichere Zuwächse. getreten“, zeigt sich Bruckbauer optimi- negativen fiskalischen Impulse der Haushalts- Dementsprechend konnte auch die Indu- stisch. sanierung als auch das kommende TLTRO strieproduktion gegenüber dem Vorjahr zule- Die Politik ist in den nächsten Monaten der EZB die weitere Erholung, gleichzeitig gen, auch wenn die Dynamik zu schwach gefordert mögliche Problemfelder zu lösen, steigt aber die Wahrscheinlichkeit, daß zu- war um deutliche Impulse am Arbeitsmarkt vor allem im Zusammenhang mit der Ban- sätzliche Maßnahmen notwendig sein könn- zu setzen. Gemeinsam mit der schwachen kenunion. Größere Probleme bei deren Um- ten. Auf der fiskalischen Seite könnte ein öf- Beschäftigungsentwicklung in der Bauwirt- setzung erwarten die Ökonomen der Bank fentliches Investitionsprogramm die in der schaft und im Fremdenverkehr trug dies zur Austria jedoch nicht, in einzelnen Detailbe- Krise stark gesunkenen Investitionsquoten der Enttäuschung am Arbeitsmarkt bei, obwohl reichen könnte es jedoch noch Diskussions- öffentlichen Haushalte erhöhen und die EZB der Dienstleistungssektor weiterhin neue bedarf im Euroraum geben. Vor allem sollte könnte noch stärkere Impulse durch ein mög- Arbeitsplätze zur Verfügung stellte. Neben die Politik ihre Glaubwürdigkeit nicht erneut liches Forderungsaufkaufprogramm setzen. der schwächeren Beschäftigungsentwick- gefährden (wie etwa durch den Zahlungs- „Sollten im zweiten Halbjahr negative Über- lung waren aber auch strukturelle Ursachen ausfall Griechenlands). Österreichs Wirt- raschungen auftreten bzw. die Erholung er- dafür verantwortlich, daß die Arbeitslosen- schaft könnte im zweiten Halbjahr deutlich neut an Tempo verlieren, ist sowohl die Fiskal- quote im Verlauf des ersten Halbjahres deut- dynamischer wachsen als im ersten Halbjahr politik als auch die Geldpolitik gefordert, lich auf über 8,5 Prozent zulegte. Darauf und damit erscheinen 1,5 Prozent Wachstum rasch Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Für bei- verweist die Tatsache, daß wir in einigen Be- für 2014 noch möglich. 2015 wird das Wachs- des gibt es bereits Signale“, so Bruckbauer. „ reichen, etwa dem Handel oder im Bereich Gesundheits- und Sozialberufe, gleichzeitig KMU sind kein Jobmotor mehr steigende Beschäftigungs- und Arbeitslosen- zahlen sehen. ufgrund der vielerorts schwächeren nigstens zum Teil auch saisonale Ursachen „Neben der etwas zu schwachen Beschäf- AWirtschaftslage war mit einem Personal- haben dürfte. Bei Personaleinstellungen hat tigungsdynamik belastet auch der Verdrän- aufbau im Mittelstand zu rechnen. So haben jedes dritte Unternehmen (34,2 %) auf Teil- gungswettbewerb und das steigende Arbeits- auch 22,6 % der befragten Unternehmen ihre zeitkräfte zurückgegriffen (Vorjahr: 26,4 %). kräfteangebot den Arbeitsmarkt“, meint Mitarbeiterzahl in den zurückliegenden Mo- Der Saldo aus „aufgestockt“ und „ver- Bruckbauer. naten reduziert. Nur 16,2 % berichteten von kleinert“ beim Personalbestand bleibt mit Trotz der verhaltenen Dynamik im ersten einer vergrößerten Belegschaft. Aufgestockt -6,4 Punkten wie im Vorjahr im Minus. Mehr- Halbjahr 2014 ist mit einer Beschleunigung hat vor allem der Handel, wo 21,7 % der Be- heitlich neue Jobs sind im Mittelstand zuletzt im zweiten Halbjahr zu rechnen. So hat sich fragten mehr Personal beschäftigen als im 2011 und 2012 entstanden, als dieser Saldo- die Stimmung in einigen Schwellenländern Herbst 2013. Bau (27,4 % der Befragten), aber wert im Plusbereich lag. Auch die amtliche in den letzten Monaten verbessert, allen vor- auch das Verarbeitende Gewerbe (25,3 %), Statistik konstatiert wieder eine höhere an in China. Auch im Euroraum sollte sich meldeten verstärkt Personalabbau, der we- Arbeitslosigkeit. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 82 Wirtschaft Rekord Mai und Juni: 16,75 Mio Nächtigungen Mehr Gäste und Nächtigungen denn je in den ersten beiden Sommermonaten – Solide Basis für erfolgreiche Sommersaison gelegt

ür die Sommervorsaison 2014 (Mai und zeiteinrichtungen sowie zahlreichen wetter- FJuni) wurden laut vorläufigen Ergebnis- festen Outdoor-Angeboten gute Alternati- sen von Statistik Austria 16,72 Mio. Gäste- ven, wenn das Wetter einmal nicht mitspielt. nächtigungen gemeldet, was gegenüber dem- Ich hoffe, daß sich die positive Entwicklung selben Zeitraum des Vorjahres einer Zu- der ersten beiden Monate auch im weiteren nahme von 4,7 % entspricht. Damit wurden Sommer fortsetzt“, sagt Mitterlehner. in der Sommervorsaison noch nie so viele „Sommerzeit ist Festspielzeit, davon pro- Nächtigungen registriert wie 2014. Inländi- fitiert mehr denn je auch der heimische Tou- sche Gästenächtigungen stiegen dabei um rismus“, ergänzt Mitterlehner anläßlich der 5,4 % auf 6,02 Mio., ausländische um 4,3 % voll angelaufenen Festspielsaison. Schon auf 10,70 Mio. Auch bei der Zahl der Gäste fast jeder zehnte Sommerurlaubsgast be- wird in der Periode Mai und Juni 2014 mit sucht ein Festival oder einen Kulturevent, 5,87 Mio. ein neuer Höchstwert (+6,1 %) aus- das sind umgerechnet rund zwei Millionen gewiesen, wobei sowohl die Zahl der inlän- Gäste. „Der Kulturtourismus boomt und dischen (+7,3 %) als auch jene der ausländi- zählt zu den großen Trendthemen der näch- schen (+5,3 %) Ankünfte gestiegen ist. sten Jahre. Dabei hat Österreich als Kul- In allen Beherbergungsbetrieben wurden turnation mehrere Wettbewerbsvorteile, die für den analysierten Zeitraum Übernachtungs- wir auch im Tourismusmarketing verstärkt zuwächse verzeichnet. Bei Hotels fielen einsetzen.“ diese in Betrieben der 2-/1-Stern-Kategorie Das Angebot der insgesamt rund 200 hei- am deutlichsten aus (+8,6 %), aber auch ge- mischen Festivals und Kulturevents ist enorm werbliche Ferienwohnungen legten um vielfältig, von renommierten Festspielen bis 9,7 % zu. Die vergleichsweise geringsten hin zu kleinen, feinen Festivals in der Zuwächse verzeichneten Hotelbetriebe der Region. „Nicht nur große Städte profitieren,

Kategorie 5-/4 -Stern mit einem Plus von Foto: http://www.bilderbox.biz sondern auch kleinere Städte und ländliche 1,2 %. Salzburger Festspiele eine volkswirt- Regionen. Festspiele erhöhen die Attraktivi- Nach Herkunftsländern betrachtet zeich- schaftliche Wertschöpfung von 280 tät und den Bekanntheitsgrad einer Region Millionen Euro pro Jahr. Unser Bild net vor allem der Zuwachs der Gästenäch- zeigt die berühmte Getreidegasse. und sind gerade im Sommer ideal, um Kultur tigungen aus Deutschland von rund 209.200 mit Erholung zu verbinden“, so Mitterlehner. (+3,8 %) für den neuen Rekordwert bei den rismuswirtschaft. Dieses Ergebnis zeigt die Kulturtourismus biete zudem eine gute Mög- Nächtigungen in der Sommervorsaison ver- zunehmende Bedeutung der Nebensaison und lichkeit, um internationale Gäste aus Fern- antwortlich. Hingegen wurden aus Russland gibt Anlaß für vorsichtigen Optimismus für märkten zu gewinnen. rund 23.300 Nächtigungen weniger regi- den weiteren Saisonverlauf“, so Mitterleh- Kulturinteressierte Touristen beleben Ho- striert als noch in der Vorjahresperiode (- ner. tellerie, Gastronomie und Gewerbe und er- 12,1 %). Die Steigerung der Gästezahlen um 6,1 höhen die touristische Wertschöpfung. Befra- Für Juni 2014 wurden 10,05 Mio. Über- Prozent auf fast sechs Millionen ist auf die gungen zeigen, daß die Tagesausgaben von nachtungen registriert, was einem Anstieg verstärkte Nachfrage aus Deutschland, Ita- Kulturtouristen im Schnitt höher sind (125 von 14,0 % im Vergleich zum Juni 2013 ent- lien, Schweiz und auch Gästen aus Öster- Euro pro Tag vs. 99 Euro/Tag Sommerurlau- spricht. Die Feiertagsverschiebungen vom reich zurückzuführen. Erfreulich ist auch, ber allgemein) und diese auch bevorzugt in letztjährigen Mai in den diesjährigen Juni daß für den analysierten Zeitraum in allen höheren Hotelkategorien nächtigen. Laut führten zu Rückgängen der Nächtigungen Bundesländern Nächtigungszuwächse ver- einer Studie des Zentrums für Zukunftsstu- und Ankünfte im Mai 2014 (-3,0 % bzw. zeichnet wurden. Im Gegensatz zu 2013, wo dien der FH Salzburg bringen beispielsweise -6,9 %), und zu starken Zuwächsen im ak- das Juni-Ergebnis vor allem durch Hoch- die Salzburger Festspiele eine volkswirt- tuellen Berichtsmonat Juni. wasser geprägt war, präsentierte sich Öster- schaftliche Wertschöpfung von 280 Millio- Tourismusminister Reinhold Mitterlehner reich heuer im Vergleichszeitraum bei strah- nen Euro pro Jahr. Für die Bregenzer Fest- zeigt sich erfreut über die von der Statistik lendem Sonnenschein besonders attraktiv für spiele bezifferte das IHS in einer früheren Austria veröffentlichten Tourismuszahlen. die ersten Sommergäste. Viele Feiertage und Studie die Wertschöpfungseffekte mit 100 „Dieser Nächtigungsrekord ist ein guter verlängerte Wochenenden trugen ebenfalls Millionen Euro, der gesamtwirtschaftliche Start in die Sommersaison und ein wichtiger zu diesem erfreulichen Ergebnis bei. „Öster- Mehrumsatz liege im Schnitt bei 167 Mil- Motivationsschub für die österreichische Tou- reich bietet mit seinen Kultur- und Frei- lionen Euro pro Jahr. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 83 Wirtschaft Schleppende 7,5 Mio. für Konjunkturerholung Leitbetriebe Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom Juli 2014 as Bundesministerium für Verkehr, DInnovation und Technologie (BMVIT) ie Erholung der heimischen Wirtschaft sche Wirtschaft nur mehr knapp über ihren unterstützt acht österreichische Unternehmen, Dverläuft aufgrund außenwirtschaftlicher langfristigen Durchschnittswerten. Die Er- die in ihrem Segment zu den Technologie- Unsicherheiten und einer geringen Dynamik gebnisse des auf Fahrleistungsdaten der oder Marktführern gehören, im Rahmen des der Binnenkonjunktur nach wie vor schlep- ASFINAG beruhenden OeNB-Exportindi „Frontrunner“-Programms mit insgesamt 7,5 pend. Gemäß den Ergebnissen des OeNB- kators sowie die Entwicklung der Auslands- Millionen Euro für ihre innovativen Pro- Konjunkturindikators wird die österreichi- aufträge lassen zwar auf einen intakten jekte. „Die geförderten Projekte stärken die sche Wirtschaft im zweiten und dritten Quar- Wachstumstrend, aber auf kein weiteres An- wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Öster- tal 2014 um jeweils +0,4 % gegenüber dem ziehen der Exportkonjunktur schließen. reichs“, so Technologieministerin Doris Bu- Vorquartal wachsen. Damit bleiben die In Folge ist auch die aktuelle Investi- res. Schwerpunkte der geförderten Projekte Wachstumsraten knapp unter dem langjähri- tionsbereitschaft der heimischen Unterneh- liegen in den Bereichen Automobilzuliefe- gen Durchschnitt und deutlich niedriger als men gering. Die konjunkturreagiblen Ausrü- rung, aber auch Materialforschung, Informa- in vergangenen Aufschwungsphasen. Im stungsinvestitionen gingen im ersten Quartal tionstechnologie und „Industrie 4.0“ sind Vergleich zur letzten Veröffentlichung des sogar zurück. Im weiteren Jahresverlauf vertreten. Die Entscheidung über die Aus- OeNB-Konjunkturindikators im März wurde sollten sie aufgrund notwendiger Ersatzinve- wahl der Projekte wurde im Rahmen einer die Prognose für das zweite Quartal 2014 um stitionen jedoch wieder zunehmen. Die Vergabesitzung am 2. Juli getroffen. 0,1 Prozentpunkte nach unten revidiert. Die Wohnbauinvestitionen profitieren von gün- „Mit dem ,Frontrunner‘-Programm unter- Prognoserisiken sind mehrheitlich nach stigen Finanzierungsbedingungen, steigen- stützen wir gezielt jene österreichischen Un- unten gerichtet. den Immobilienpreisen und hohem Wohn- ternehmen, die sich in ihrer Branche als Der Start in das Jahr 2014 fiel für die raumbedarf. Nach drei Jahren mit negativen weltweite Technologie- oder Marktführer po- österreichische Wirtschaft verhalten aus. Mit Wachstumsbeiträgen sollten ab der Jahres- sitionieren konnten“, so Bures. „Diese Unter- einem Wachstum von +0,2 % im ersten mitte auch vom Lageraufbau wieder positive nehmen sind für den Industriestandort Öster- Quartal blieb das Wirtschaftswachstum unter Konjunkturimpulse ausgehen. reich von besonderer Bedeutung. Sie be- den Erwartungen. Gegenüber dem vierten Der private Konsum entwickelt sich sei schäftigen rund sechs Prozent der unselb- Quartal 2013 hat die Konjunktur sogar etwas mehreren Quartalen trotz guten Beschäfti- ständig Erwerbstätigen in Österreich, erzie- an Schwung verloren. Zur Jahresmitte 2014 gungswachstums sehr verhalten. Aktuell len neun Prozent der Wertschöpfung und ste- haben sich die Wachstumsaussichten nur werden nur im vergleichsweise schlechter hen für 41 Prozent aller Forschungsausgaben wenig aufgehellt. Dies ist nicht zuletzt auf bezahlten Dienstleistungssektor zusätzliche heimischer Unternehmen.“ Rund 400 Unter- das schwierige außenwirtschaftliche Umfeld Arbeitsplätze geschaffen, während in der In- nehmen zählen Studien zufolge zur Gruppe zurückzuführen. dustrie Arbeitsplätze verlorengehen. In den der Frontrunner. Die österreichische Exportwirtschaft kommenden Monaten sollten steigende Real- Im laufenden Jahr stellt das Technolo- sieht sich weiterhin mit ungewissen Absatz- löhne aber die Haushaltseinkommen stützen, gieministerium (BMVIT) über die Österrei- chancen konfrontiert. Die in Folge geopoliti- wodurch sich für die privaten Haushalte der chische Forschungsförderungsgesellschaft scher Risikofaktoren zunehmende Unsicher- Spielraum für eine Erhöhung ihrer Konsum- FFG insgesamt 17 Millionen Euro für heit hat auf wichtige europäische Konjunk- ausgaben verbessert. „Frontrunner“-Projekte zur Verfügung. Ob- turindikatoren zuletzt dämpfend gewirkt. So Die nächste Veröffentlichung des OeNB- wohl der Einreich-Start erst Anfang Mai die- liegen sowohl der Einkaufsmanagerindex für Konjunkturindikators ist für September 2014 ses Jahres erfolgte, wurden bisher bereits 16 Europa als auch der ifo-index für die deut- vorgesehen. „ Anträge mit Gesamtkosten in Höhe von 42 Millionen Euro beantragt. Acht dieser Pro- Ab 1. August gilt nur noch die IBAN jekte bekommen jetzt eine Förderzusage. „Die starke Nachfrage und die hohe Qualität it 1. August 2014 verabschieden sich In den letzten Monaten haben alle Markt- der eingereichten Projekte zeigen uns, daß MKontonummer und Bankleitzahl für teilnehmer intensiv an der SEPA-Umstel- wir mit der ,Frontrunner‘-Initiative an der immer aus dem österreichischen Zahlungs- lung gearbeitet. Die erfolgreiche Koopera- richtigen Stelle ansetzen, um den Produk- verkehr. Künftig reicht die IBAN, um Euro- tion der Oesterreichischen Nationalbank tionsstandort Österreich international kon- Überweisungen und Euro-Lastschriften zu be- (OeNB) mit den österreichischen Banken, kurrenzfähig zu halten“, so Bures. „Das Ziel auftragen. Sechs Monate nach der SEPA- Wirtschaftstreibenden und dem Konsumen- unsere Initiative ist es, neue Frontrunner zu Einführung endet mit 1. August die Über- tenschutz spiegelt sich in den Mai-Trans- etablieren und bereits erreichte Frontrunner- gangsfrist auf das neue Zahlungssystem. aktionszahlen wider: Bereits 87 Prozent aller Positionen weiter abzusichern.“ Banken können und dürfen dann von ihren Überweisungen und 92 Prozent aller Last- Bisher wurden 26 Projekte über die FFG Kunden keine Zahlungsaufträge mit Konto- schriften wurden bereits im SEPA-Format gefördert, mit der aktuellen Entscheidung nummer und Bankleitzahlen mehr anneh- abgewickelt. „ erhöht sich diese Zahl auf 34. „ men. http://www.oenb.at/Zahlungsverkehr/SEPA/IBAN-und-BIC.html https://www.ffg.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 84 Wirtschaft Schwedenbomben aus Niederösterreich Wiener Neudorf ist neuer Standort für Produktion – LH Pröll: »Großes Kompliment für den Wirtschaftsstandort NÖ«

ach dem Verkauf durch die Voreigen- Ntümer muß der bisherige Produktions- standort der Niemetz Schwedenbomben bis Ende 2015 geräumt werden. Nach einer in- tensiven Sondierungsphase gaben Nieder- österreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, Wirtschafts-Landesrätin Petra Bohuslav, Gerald Neumair (Vorsitzender des Verwal- tungsrates der Heidi Chocolat AG), und Gerhard Schaller (Geschäftsführer der Heidi Chocolat AG Niemetz Schwedenbomben, Niederlassung Österreich) im Rahmen einer Pressekonferenz am 30. Juli den neuen Standort bekannt: Die zukünftige Produk- tionsstätte der Niemetz Schwedenbomben befindet sich im ecoplus Wirtschaftspark IZ NÖ-Süd in Wiener Neudorf.

Pröll: Bestätigung für den Weg in

der Wirtschaftspolitik des Landes Foto: NÖ Landespressedienst / Pfeiffer Die Betriebsansiedlung sei „etwas Außer- Präsentation des neuen Standortes für die Niemetz Schwedenbomben (v.l.): gewöhnliches“, so Landeshauptmann Pröll. Gerald Neumair (Heidi Chocolat AG), Landeshauptmann Erwin Pröll, Wirtschafts- Landesrätin Petra Bohuslav und Gerhard Schaller (Heidi Chocolat AG) Er sprach von einem „ganz großen Kompli- ment für den Wirtschaftsstandort Nieder- Wirtschaftsstandort Niederösterreich ist un- Den ecoplus Wirtschaftspark IZ NÖ-Süd österreich“ und einer „Bestätigung für den gebrochen. Das ermutigt uns, auf diesem in Wiener Neudorf bezeichnete Pröll als Weg in der Wirtschaftspolitik des Landes Weg weiterzugehen.“ „Paradebeispiel“. Hier seien 330 Unterneh- Niederösterreich“. Gerade in einer Zeit, in „Die Betriebsansiedlung ist ein Vertrau- men mit 11.000 Arbeitsplätzen angesiedelt. der man international und national mit den ensbeweis in den Wirtschaftsstandort Nieder- Demnach sei der Wirtschaftspark in Wiener Nachwehen von Krisen konfrontiert sei, sei österreich“, so Pröll. Dieser habe zwei Vor- Neudorf „der größte Wirtschaftspark in der die Ansiedlung der Produktionsstätte der teile: die unmittelbare Umgebung zur Bun- Republik“. Es werde an ständigen Verbesse- Niemetz Schwedenbomben ein „Mut-Si- deshauptstadt Wien und die Nähe zu den ost- rungen gearbeitet, beispielsweise habe der gnal“, so der Landeshauptmann. Die Aus- europäischen Märkten. „Als ich 1980 in die Wirtschaftspark nun eine eigene Autobahn- gangssituation in Niederösterreich sei mit Landesregierung gekommen bin, war ich für Anschlussstelle. Dafür seien insgesamt 9,5 sehr viel Optimismus verbunden. Ein Rück- die Aufrüstung dieses Standortes verant- Millionen Euro investiert worden. gang bei den Insolvenzen, eine Steigerung wortlich“, so Pröll im Blick zurück. Beson- Pröll bedankte sich bei Gerald Neumair bei den offenen Stellen und bei den Näch- ders in die Infrastruktur sei investiert wor- und Gerhard Schaller von Heidi Chocolat tigungen seien „sehr viele positive Signale“. den, sodaß in Niederösterreich gewährleistet AG „für das Vertrauen, das sie Nieder- „Unser Ziel ist es, diese wirtschaftliche werden könne, daß „äußerst kurze Verfah- österreich geschenkt haben“ und „für ihren Dynamik in Niederösterreich fortzusetzen“, renswege zu raschen Entscheidungen füh- Mut“. Bei Landesrätin Bohuslav bedankte er so Pröll. ren“, so der Landeshauptmann. „Wir haben sich für die „umsichtige Wirtschaftspolitik“ Die Betriebsansiedlung der Niemetz daran gearbeitet, eine effiziente Verwaltung und bei ecoplus-Geschäftsführer Helmut Schwedenbomben sei ein „Schub für die anbieten zu können“, so Pröll. Das Land Miernicki für die „profunde und sachkundi- niederösterreichische Wirtschaftsentwick- Niederösterreich sei „Dienstleister für die Un- ge Arbeit als Grundlage für diese Entschei- lung“ und ein Zeichen dafür, daß der „posi- ternehmerinnen und Unternehmer“. „Dort, dung“. tive Trend in der gesamten wirtschaftlichen wo rasche politische Entscheidungen getrof- Entwicklung des Landes NÖ weiter anhalten fen werden, kann der Unternehmer sicher Bohuslav: Klares Signal der Dynamik kann“, so Pröll. 68 Projekte seien seit Jah- sein, daß er am richtigen Weg ist und rasch Wirtschafts-Landesrätin Petra Bohuslav resbeginn in der Realisierung, das seien an sein Ziel kommt“, so der Landeshaupt- bezeichnete die Betriebsansiedlung der Nie- 1250 neue Arbeitsplätze am Wirtschafts- mann. Zudem verfüge Niederösterreich über metz Schwedenbomben als „klares Signal standort Niederösterreich. „Das Interesse am eine „hohe Lebensqualität“. der Dynamik für den Wirtschaftsstandort

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zu wachsen und in der zweiten Phase dar- über hinaus.

Schaller: Für unsere Konsumenten die Marke erlebbarer machen Gerhard Schaller, Geschäftsführer der Heidi Chocolat AG Niemetz Schwedenbom- ben Niederlassung Österreich, bezeichnete die Niemetz Schwedenbomben als „Quali- täts- und Traditionsmarke“. Bei der Auswahl des neuen Standortes sei es wichtig gewesen, daß diese weiterhin auf höchstem Niveau produziert werden könne. Weitere Anforde- rungen seien gewesen, ein österreichisches Unternehmen im Raum Wien zu bleiben und den Mitarbeitern gute und sichere Arbeits- plätze zu bieten. „Über 90 Prozent der Öster- reicher finden die Schwedenbombe einzigar- tig. Mit der Schwedenbomben-Welt wollen wir für unsere Konsumenten die Marke er- lebbarer machen“, so Schaller. Ab 2016 soll Foto: Heidi Chocolat AG / Michael Gruber dort über die Geschichte und Herstellung der Schon 1930 vom Zuckerbäcker Walter Niemetz erfunden: die Schwedenbombe. Niemetz Schwedenbomben informiert wer- Niederösterreich“. Im ecoplus Wirtschafts- vom alten Standort entfernt sei. Zudem habe den und die Möglichkeit geboten werden, park IZ NÖ-Süd in Wiener Neudorf habe man mit dem neuen Standort eine „gute Aus- selbst Schwedenbomben zu produzieren. „ man einen „guten Mix aus Groß-, Klein- und gangsbasis für zukünftiges Wachstum“. In http://www.ecoplus.at Mittelunternehmen“, so Bohuslav. „Es ver- der ersten Phase gehe es darum in Österreich http://www.schwedenbomben.at geht kaum ein Quartal, in dem wir keinen Spatenstich, Neugründung oder Betriebsan- siedlung feiern dürfen. Mit Heidi Chocolat ist uns ein weiterer Meilenstein gelungen“, so die Landesrätin. Für die Produktionsstätte der Niemetz Schwedenbomben sei das Ge- bäude „M52“ gewählt worden. Es werde nun einen Hallenzubau und Adaptierungen ge- ben. Insgesamt werden 6000 Quadratmeter Fläche für Büro, Nebenräume, Produktion und die Schwedenbomben-Welt zur Verfü- gung stehen. „Es werden vier Millionen Euro investiert, um das Objekt den Anforderun- gen entsprechend übergeben zu können“, so Bohuslav.

Neumair: Gute Ausgangsbasis für zukünftiges Wachstum Gerald Neumair, Vorsitzender des Ver- waltungsrates der Heidi Chocolat AG, be- zeichnete die Niemetz Schwedenbomben als „Alltagskulturgut“ und „Markenprodukt mit viel Historik“. „Es ist ein Stück Österreich.“ Nach der Insolvenz der Walter Niemetz GmbH & Co KG wurde der Produktionsbe- trieb von der Heidi Chocolat AG übernom- men und die Produktion konnte nahtlos fort- gesetzt werden. Positiv sei, daß ein Großteil der MitarbeiterInnen mitgekommen sei. Als

Vorteil hob Neumair hervor, daß der neue Foto: ecoplus. Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH Standort der Niemetz Schwedenbomben Ein Blick über das Industriezentrum Niederösterreich Süd, wo sich mittlerweile nahe bei Wien liege und nur 16 Kilometer rund 330 Unternehmen mit 11.000 Arbeitsplätzen angesiedelt haben.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 86 Wirtschaft Österreichs wachstumsstärkste Markenunternehmen Novomatic, Erste Bank, ÖBB und Red Bull; Spar springt auf Platz 4

ie wertvollsten österreichischen Brand DCorporations wurden am 2. Juli vom European Brand Institute zum elften Mal im News Tower präsentiert. Österreichs Top 10 Markenunternehmen sind 01. Red Bull, 02. Swarovski Gruppe, 03. Novomatic Group of Companies, 04. Spar Österreich Gruppe, 05. Casinos Austria Gruppe, 06. Raiffeisen Bankengruppe, 07. A1 Telekom Austria Group, 08. ÖBB Gruppe, 09. Erste Bank Gruppe und 10. OMV und konnten insgesamt mehr als 34,6 Mrd.

Euro (+0,2%) erreichen. Überflieger Red Bull Foto: European Brand Institute / APA-Fotoservice Schedl legt auf Höchstwert mit 15,5 Mrd. Euro v.l.: Friedrich Rödler (Präsident Österreichisches Patentamt), Gerald Ganzger Markenwert (+1,2%) zu. (Partner Lansky, Ganzger & Partner), Anett Hanck (Geschäftsführerin CSO Ver- lagsgruppe News), KR Gerhard Hrebicek (Vorstand European Brand Institute)

Wachstumssieger Novomatic AG: Mit Erste Bank verbucht +7,6% Marken- die Einführung neuer konzernweiter Unifor- »Winning Technology« Markenwert wertzuwachs mit Produkt- und men im Rahmen der railTEX Bekleidungs- auf 2,62 Mrd. Euro (+8,2%) ausgebaut Serviceinnovationen und einen initiative. Neben zahlreichen Auszeichnun- Mit erneut +8,2% bzw. 198 Mio. Euro Markenwert von 1,49 Mrd. Euro gen, wie z.B. Staatspreis für Design, Effie, Markenwertsteigerung ist die Novomatic- Als erster Finanzdienstleister bindet die German Design Award, European Change Gruppe erstmals relativer und absoluter Erste Bank ihre Kunden und Mitarbeiter mit- Communication Award, New Yorker Inter- Wachstumssieger. Europas größter integrier- tels der Open Innovation Community Platt- active Media Award für den neuen ÖBB ter Glücksspielkonzern zeigt seit Beginn der form „s Lab der Erste Bank Österreich“ in den Webauftritt, konnten die ÖBB in der Ver- Studie als einziges Markenunternehmen Innovationsprozeß der Bank ein. Trotz schwie- trauensstudie „brand2trust“ in der Kategorie jährliche Zugewinne im Markenwert und riger wirtschaftlicher Bedingungen erzielte Mobilität den ersten Platz belegen. konnte mit wegweisenden Technologieinno- die Erste Bank eine sehr gute Performance vationen und mehr als 2500 IP-Schutz- und wurde jüngst als „Beste Bank 2014 in Handelsriese Spar springt von Platz 7 rechten (Marken, Patente, Muster) die In- Österreich“ vom internationalen Finanz- auf Platz 4: Innovation zahlt sich aus novationskraft eindrucksvoll ausbauen. Ein magazin „Global Finance“ ausgezeichnet. Mit Innovationen und kreativer Marken- weiterer Meilenstein zur Vollintegration und kommunikation konnte der heimische Han- dem Ausbau des „online“ und „mobile ÖBB weiter auf Schiene mit +6,1 % delsriese mit einem Markenwert von 2,18 Gaming“-Marktes gelang Österreichs Glücks- Markenwertzuwachs und 1,77 Mrd. Mrd. Euro auf Platz 4 vorrücken. Spar punk- spielgiganten mit der Akquisition des Lotte- Euro Markenwert tet vor allem mit einer Fülle an innovativen rietechnologieherstellers Betware in Island Österreichs größter Mobilitätsdienstlei- Eigenmarken auf allen Ebenen. Die Sorti- und I-NEW in Mattersburg. Mit dem Enga- ster ÖBB punktet mit einer nachhaltigen mentsrange reicht mittlerweile von Spar gement des dreifachen F1-Weltmeisters Niki Kommunikationsstrategie und innovativen Natur*Pur und Spar Vital, über S-Budget mit Lauda als Markenbotschafter bewies Novo- Markenmaßnahmen und konnte den Mar- dem Kultobjekt „S-Börserl“, bis zu Spar Pre- matic zudem eine glückliche Hand, um Lea- kenwert erneut um +6,1 % auf 1,77 Mrd. mium. Mit der Einführung der ersten Con- dership und Innovation zu demonstrieren. Euro steigern. Mit dem neuen ÖBB-Reise- venience-Eigenmarke Spar enjoy. hat Spar Mit dem erfolgreichen Engagement im lu- portal und dem online-Ticketshop setzen die auf den Trend nach Lebensmitteln „to go“ krativen Online-Glücksspielmarkt und der ÖBB verstärkt auf online-Dialog, sowie auf sehr erfolgreich reagiert. Spar setzt bei Wer- jüngst erfolgten Expansion in England und medienwirksames und prestigeträchtiges bekampagnen von Eigenmarken seit vielen Schottland sowie Casino-Investments in Ma- Engagement beim ÖSV und dem ÖFB. Da- Jahren erfolgreich auf das sogenannte Kult- zedonien, Gibraltar und Litauen konnte mit konnte die Marktpräsenz weiter intensi- und Starprinzip. Mit dem aktuellen Testimo- abermals ein weiterer wichtiger Schritt in viert werden. Einen wesentlichen Beitrag zu nial Sarah Jessica Parker konnte die lange der globalen Expansion gelegt werden. einem konsistenten Markenauftritt leistete Liste an internationalen Größen des Filmbiz

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 87 Wirtschaft als Werbegesicht eindrucksvoll fortgeführt ATX der letzten drei bzw. fünf Jahre. Mar- tionalisierung fest. So hat sich die Zahl der werden. kenwerte sind äußerst stabil und machen die EU-Markenanmeldungen österreichischer Gerhard Hrebicek, Sachverständiger für Krisenniveaus sowie Schwankungen der Unternehmen in den letzten zehn Jahren Marken- und Patentbewertung, Österreichs Kapitalmärkte nicht mit. Marken und deren mehr als verdoppelt. Die österreichische Delegierter zum ISO-Projekt Komitee monetären Werte haben somit auch für Marken Wert Studie 2014 illustriert einmal „brand valuation“, und Herausgeber der Unternehmen in Umstrukturierungsprozes- mehr auf eindrucksvolle Weise, daß gut eurobrand2014 Markenwert Studie resü- sen, bei M&A Transaktionen, Umgründun- geschützte Marken die Basis für eine florie- miert die diesjährigen Ergebnisse wie folgt: gen und besonders in Insolvenzverfahren rende Wirtschaft bilden.“ zentrale Bedeutung. Denn Marken behalten Gerald Ganzger, Partner Lansky, Ganzger 1. Innovative Marken haben bis zu ihre monetären Werte und volkswirtschaftli- & Partner: „Die Bedeutung von Markenfa- doppelt so hohes Wachstum che Bedeutung auch dann, was allerdings milien und Dachmarken (die Führung meh- Innovative Produkt- und Serviceangebote von Insolvenzverwaltern häufig nicht genü- rerer Angebote unter einer Marke) wächst bewirken stärkeres Marktwachstum als es gend berücksichtigt wird. ständig und schlägt sich auch in der Mar- den weniger innovativen Wettbewerbern Friedrich Rödler, Präsident Österreichi- kenwertstudie nieder. Dieser wachsenden möglich ist. Innovationen sind somit für Mar- sches Patentamt: „Marken sind im wirt- Bedeutung ist natürlich auch im rechtlichen kenunternehmen die wesentlichen Treiber schaftlichen Wettbewerb ein entscheidendes Sinne dahingehend Rechnung zu tragen, daß des Markenwertes. Dies gilt im Produkt- und Tool, um sich von Mitbewerbern abzuheben rechtzeitig entsprechende zusätzliche Mar- Servicebereich genauso wie im Handel. und den Wert des eigenen Unternehmens zu ken für künftige Angebote/Produkte einer Innovationen selbst haben das Potenzial zu steigern. Ein effizienter Markenschutz stellt Markenfamilie geschützt werden und die wesentlichen Werten sowohl immateriell als daher ein unentbehrliches Marketinginstru- Dachmarkenstrategie auch rechtlich abgesi- auch materiell für deren Eigentümer zu wer- ment daher. Das Gleiche gilt für innovative chert wird.“ den. Die wachstumsstärksten Markenunter- Produktideen, die erst dank Patent- und De- Anett Hanck, CSO der Verlagsgruppe nehmen Österreichs wie Novomatic, Red signschutz solide und nachhaltig verwertet News: „Der Markenwert gewinnt an Bedeu- Bull, Erste Bank, ÖBB und Spar beweisen werden können. Was für Global Player ein tung, weil er ein stabiler Erfolgsfaktor eines dies eindrucksvoll. ,must-have‘ ist, wird auch für unsere kreati- Unternehmens ist. Jede Marke sucht ihre in- ven heimischen Köpfe immer mehr zur dividuelle Zielgruppe, um geeignete Konsu- 2. Kreativität ermöglicht Einzigartigkeit Selbstverständlichkeit. Bei den Markenan- menten anzulocken und braucht glaubwürdi- und schafft Markenerlebnisse meldungen stellt das Österreichische Patent- ge Medien, die einen Mehrwert liefern.“ „ Botschaften „anders als die Anderen“ zu amt seit längerem einen Trend zur Interna- http://www.eurobrand.cc formulieren, d.h. sich damit einzigartig und einprägsam zu präsentieren, sind wesentli- che Differenzierungsmerkmale von Marken- Wien: Heißer Herbst für Kreativwirtschaft unternehmen. Die Kommunikation dieser Einzigartigkeit und Markenidentität, gepaart it einem gemeinsamen Fest für die tivunternehmen und bieten mit sogenannten mit emotionalem „story telling“ und MWiener Kreativszene startet die Wirt- „Learning Journeys“ Gelegenheit, daß sich Werthaltungen schaffen unvergeßliche Mar- schaftsagentur Wien mit ihrem Kreativzen- die Unternehmen der unterschiedlichen ken und Markenerlebnisse. trum departure am 16. September in eine in- Branchen auf Augenhöhe kennen lernen und tensive Herbstsaison. Das zehnjährige Be- so zu neuen Projekten und Arbeitsprozessen 3. Differenzierung und Intellectual stehen von departure ist aber nicht nur ein animiert und ermutigt werden.“ Dieser in- Property – Basis für monetäre Markenwerte guter Grund zum Feiern, sondern wird tensive Austausch zwischen klassischer gleichzeitig genützt, um die GewinnerInnen Wirtschaft und Kreativunternehmen wird ein Eine einzigartige Identität verbunden mit des diesjährigen Ideenwettbewerbs zu prä- wichtiger Fokus in der zukünftigen Aus- der Schaffung und dem Schutz von Intel- sentieren. Unter dem Motto „City Hype“ richtung von departure als Kreativzentrum lectual Property sind wesentliche Erfolgs- waren die besten Ideen für die Stadt von der Wirtschaftsagentur Wien sein. faktoren für Marken. Die Haltung von IP- morgen gefragt. Es gab 162 Einreichungen, Bereits zum sechsten Mal findet heuer Schutzrechten in „Brand- und IP Compa- darunter auch wieder einige internationale, curated by_vienna statt. Ausgewählte nies“ sowie deren Dokumentation und Ver- wie zum Beispiel aus New York und Istan- Wiener Galerien zeigen im Rahmen des waltung, eventuell mögliche bilanzielle Ab- bul. Projekts Ausstellungen, die von internatio- bildung unterstützen und dokumentieren Ab 30. September präsentiert departure im nalen Kuratorinnen konzipiert wurden. diese Differenzierung. Dies schafft monetäre MAK die Jubiläumsausstellung „Tomorrow Impulsgebend für die diesjährige Ausgabe Markenwerte. is…“. Sie zeigt rund 50 Projekte und Initia- von curated by_vienna waren Überlegungen tiven aus dem weiten Feld der Kreativ- zu der Schnittstelle Kunst und Architektur. 4. Markenwerte sind weit stabiler als wirtschaft. Die renommierte Architekturhistorikerin Unternehmenswerte – Marken halten Wert „Ein völlig neues Projekt startet am 4. Beatriz Colomina hat mit ihrem Aufsatz September unter dem programmatischen „The Century of the Bed“ die Ausgangsbasis Marken halten die Beziehungen zu den Titel „Mehrwert Kooperation“, kündigt Ger- für die diesjährige Ausgabe von curated Stakeholdern – auch in wirtschaftlich schwie- hard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschafts- by_vienna geliefert. Eröffnet wird curated rigen Zeiten. Dies zeigt sich im Vergleich der agentur Wien an. „Wir verbandeln im wahr- by_vienna am 2. Oktober. „ Markenwertentwicklung in Relation zum sten Sinn des Wortes Industrie mit Krea- http://www.wirtschaftsagentur.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 88 Chronik Teuerstes Auto der Welt rollte durch Schladming-Dachstein as teuerste Auto der Welt rollte Mitte DJuli durch die Urlaubsregion Schlad- ming-Dachstein. Im Rahmen des Oldtimer- festivals „Ennstal-Classic“ chauffierte Lord Irvine Laidlaw einen Ferrari GTO 1963 durch die steirische Bergwelt. Nur 36 Stück wurden von diesem unter Sammlern als das wertvollste Automodell geschätzten Wagen gebaut. Sein aktueller Marktwert liegt weit jenseits der 30 Mio. Euro-Marke. Insgesamt mehr als 100.000 Zuschauer lockte die dreitägige Ennstal-Classic Rallye wieder an die Strecke, welche durch vier ös- terreichische Bundesländer führte, mit Start und Ziel in Gröbming. Mit exklusiven Autos und automobilen Raritäten wurde dabei nicht auf schnelle Rundenzeiten gefahren, sondern ein Gleichmäßigkeitsrennen durchgeführt. Foto: Schladming-Dachstein/Ennstal Classic Das teuerste Auto der Welt bei der »Ennstal Classic«: der Ferrari GTO 1963 Rund 200 Teams starteten mit Autos der Bau- jahre 1922 bis 1972. Die Marken umspannen Jahres“, betont Tourismuschef Mathias Schatt- und Management-Szene. Dieses Jahr waren Luxus- und Sportwägen wie Rolls Royce, leitner. „Neben zahlreicher Prominenz zieht im Fahrerfeld aus insgesamt 18 Nationen Jaguar, Ferrari oder Bentley aber auch Ral- sie viele tausende Gäste an.“ Die Legenden- unter anderem mit dabei: Sir Stirling Moss, lye-Klassiker wie den Mini-Cooper. Dichte der Ennstal Classic war auch heuer Ferdinand und Wolfgang Porsche, Hans „Die Ennstal Classic ist für die Urlaubs- wieder extrem hoch. Die Rallye mobilisierte Joachim Stuck, Hannes Arch, Walter Röhrl region Schladming-Dachstein eine der größ- auf ihrer Dreitages-Bühne das „Who is und Jacky Ickx. „ ten und wichtigsten Veranstaltungen des Who“ der internationalen Renn-, Sport-, TV- http://www.schladming-dachstein.at Das rasende »Gummiboot« mit 300 PS auf der Donau ür 900 Kinder ist es in diesem Sommer Fim Rahmen der Sportcamps der Stadt Wien wohl eine der Hauptattraktionen: Ein pfeilschnelles und tiefschwarzes „Gummi- boot“. Gummi trifft es aber wohl nicht ganz: Das Material des Schlauchboots besteht aus Hypalon, einem sehr robusten und fast nicht alternden Material. In den sechs Kammern beträgt der Druck rund 0,2 Bar und durch die Konstruktion mit einem festen Kunststoff- rumpf würde das Boot auch bei Luftverlust schwimmen. Angetrieben wird das 7,65 Me- ter lange Geschoss von einem 300 PS star- ken Außenborder. Damit ist eine Geschwin- digkeit von 40 bis 50 Knoten oder 70 bis 90 kmh zu erreichen. Neben der Geschwindig- keit sind das geringe Gewicht und die Wen- digkeit auch bei schwerer See von Vorteil, um in Notfällen rasch Hilfe leisten zu können. Foto: PID / Jobst Es kommt nicht selten vor, daß Besitzer Das rasende »Gummiboot« auf der Donau mit 300 PS starkem Außenborder Thomas Wenzel auch ausrückt, um Boote, die Motordefekte haben, ans Ufer zu ziehen. Wasserrettung und die Polizei sind zur der „Hilfsdienstleistung“ auch der Spaßfak- Ein ungeschriebenes Gesetz auf See lau- Stelle, wenn Not auf „hoher See“ ist. Und tor, den sein Schlauchboot wahrlich bringt. tet „Not kennt kein Gebot“ und daher ist die die Donau kann schon einmal hoch werden, Daher werden Speed-Fahrten angeboten un- Hilfeleistung eine Selbstverständlichkeit. denn bei Süd-Ost Wind sind Wellen mit über ter anderem im Rahmen der, in diesem Som- „Wir sind hier an der Donau wie eine große eineinhalb Metern Höhe keine Seltenheit. mer komplett ausgebuchten, Sportcamps der Familie“, schwärmt Wenzel. Die Einsatz- Für Wenzel, der im Jahr über 150 Stunden Stadt Wien. „ organisationen der Stadt, Berufsfeuerwehr, auf dem Wasser verbringt, zählt aber neben http://www.marina.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 89 Chronik Echte »Mäderlwirtschaft« herrscht im Büro von LH Pühringer ine echte „Mäderlwirtschaft“ herrscht im EBüro von Oberösterreichs Landeshaupt- mann Josef Pühringer: Eine Mitarbeiterin und vier Mitarbeiter konnten sich innerhalb eines Jahres über Nachwuchs freuen – gleich fünf Mädchen. Die jungen Damen – Annika (17 Monate), Helena (14 Monate), Theresa (13 Monate), Lea (11 Monate) und Johanna (5 Monate) – haben kürzlich auf Einladung des Landeshauptmanns den Arbeitsplatz der Mama bzw. der Papas im Linzer Landhaus besucht. Pühringers Büro wurde kurzerhand zum Spielplatz umfunktioniert, den Fototer- min absolvierte das Fünfmäderlhaus ganz professionell.

Der Landeshauptmann freut sich über Foto: Land OÖ / Kraml den „Kindersegen“ in seinem Büro, denn v.l.: Christian Kolarik mit Helena, Peter Minichshofer mit Annika, Johannes Weindl mittlerweile erwarten drei weitere Mitarbei- mit Theresa, Landeshauptmann Josef Pühringer, Barbara Beham mit Lea und terinnen ein Baby. „Oberösterreich ist ein Johannes Nußbaumer mit Johanna Land, in dem Kinder willkommen sind. Ziel 2013 konnte Oberösterreich einen leich- In den ersten drei Monaten des Jahres 2014 unserer Familienpolitik ist es, jungen Men- ten Anstieg bei den Geburten verzeichnen. ist die Zahl der Geburten im Jahresvergleich schen Mut zu Kindern zu machen und sie in Im Vorjahr erblickten 13.777 Kinder das sogar um 5,1 Prozent gestiegen, der zweit- allen Lebensbereichen bestmöglich zu unter- Licht der Welt. Im Vergleich zum Jahr 2012 höchste Anstieg unter den Bundesländern stützen, daß Familie auch gelingen kann.“ stiegen die Geburten damit um 0,3 Prozent. nach dem Burgenland (+5,2 Prozent). „ Überflieger in der HOCHsteiermark orbei an den schroffen Felsen des VHochschwabs und über den tiefgrünen Wäldern des Pogusch kreisen die High-Tech- Flitzer, wenn bei den Weltmeisterschaften im Modellflug in Turnau die internationale Elite der Modellflieger ins Rennen um den WM-Titel zieht: Vom 23. bis zum 30. August wird die HOCHsteiermark, wo auch Single- Urlauber und sommerfrisch Verliebte auf Wolke 7 abheben, zum Schauplatz atembe- raubender Flugakrobatik am Himmel. Im Anschluß läßt die Airshow „Modelpower“ – zugunsten der Initiative „Wings for Life“ – die Herzen von etwa 5000 Besuchern HOCH schlagen. In bis zu 150 Metern Höhe ziehen die Mo- dellflieger ihre Runden, wenn der Steirische Foto: Showeinlage des Modellflugpiloten Alexander Balzer Landesverband und die Bundessektion Mo- dellfliegen des Österreichischen Aero-Clubs Der Sieger läßt sich dann gemeinsam mit seinen weiten Flächen, dem weiten Panora- (ÖAeC) ins HOCHsteirische Turnau laden. tausenden von Besuchern am 30. August ma und der außergewöhnlichen Thermik beste Rund 100 Teilnehmer aus 20 Nationen ha- feiern: Da geht die Airshow „Modelpower“ Voraussetzungen für einen WM-Austra- ben sich für die Bewerbe angesagt. Das ös- erstmals über die Bühne und zieht die Gäste gungsort mit“, so Veranstalter Johann Sieber. terreichische Nationalteam rechnet sich gute mit Vorführungen von Modellflugzeugen und Die WM-Teilnehmer, hunderte Helfer und Chancen auf den Sieg aus: In der F5D- ihren bemannten großen Brüdern in ihren tausende Flugbegeisterte entdecken auch die Klasse gehen Christian Schnepfleitner, Mar- Bann. Den Abschluß des Events bildet eine HOCHsteiermark kulinarisch und kulturell: tin Berner und Kurt Planitzer von der Union fulminante Nachtflugshow mit 3D-Akro- Da erfahren Genießer den Charakter der Re- Eisenerz an den Start. In der F5B-Klasse batik und Modellhubschraubern, bevor ein gion über den Gaumen: etwa mit Bier von startet Karl Waser, der 2008 in Kiew in die- buntes Feuerwerk den Nachthimmel er- Gösser oder Spezialitäten vom steirischen ser Klasse schon einmal den Weltmeistertitel leuchtet. Wildbuffet aus der Fleischerei Aigner… „ einflog. „Der Segelflugplatz Turnau bringt mit http://www.modelpower.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 90 Gastronomie & Kulinarisches »Hofmeisterei Hirtzberger« LH Pröll: »Historischer Punkt in unserer Heimat« Foto: cityfoto Team Feierten die Eröffnung der »Hofmeisterei Hirtzberger« in Wösendorf (v.l.): Sohn Franz Junior Hirtzberger, Tochter Johanna Hirtzberger, Hausherr Franz Hirtzberger, Elisabeth Pröll, Landeshauptmann Erwin Pröll, die Pächter Hartmuth Rameder und Erwin Windhaber, Irmgard Hirtzberger, Schwiegertochter Theresa Hirtzberger und der jüngste Sohn Mathias Hirtzberger. ie Gourmetmeile Wachau ist um ein „In der Wachau ein paar Stunden zu ver- Gebäude sei als „Weingartenhofmeisterei Dgroßes Stück reicher geworden“, so bringen, ist etwas ganz Besonderes im Le- des Stiftes St. Florian“ errichtet worden, so Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin ben eines Menschen“, so der Landeshaupt- Mathias, der jüngste Sohn der Familie Hirtz- Pröll am 25. Juli bei der Eröffnung der „Hof- mann. Als UNESCO-Weltkulturerbe sei sie berger. Er wird in Wösendorf rund um die meisterei Hirtzberger“ in der Wachau. Der für die zahlreichen Gäste „eine wunderschö- Hofmeisterei ein neues Weingut aufbauen. ehemalige St. Florianer Lesehof in Wösen- ne Augenweide“, für die Einheimischen aber Als Pächter für die Hofmeisterei Hirtz- dorf erstrahlt wieder in neuem Glanz. Dieses zugleich „Verpflichtung und Verantwortung, berger konnten zwei gastronomische Routi- besondere Ereignis feierten die Familie zu bewahren“. Die Wachau habe sehr schö- niers gewonnen werden: Hartmuth Rameder Hirtzberger sowie die beiden Pächter Hart- ne, gleichzeitig aber auch „herausfordernde und Erwin Windhaber. „Es soll eine lockere muth Rameder und Erwin Windhaber mit Seiten“. „Vor einem Jahr hat die Situation in Geschichte werden, wo man auf ein Glas zahlreichen Gästen, unter anderem mit Lan- der Wachau ganz anders ausgesehen“, so Wein hereinkommt, aber auch ein größeres deshauptmann Pröll und seiner Gattin Elisa- Pröll. Durch sehr sensible Eingriffe wurde Restauranterlebnis genießen kann“, so Ra- beth, Landesrätin Barbara Schwarz, Bezirks- die Chance eröffnet, die Kräfte des Wassers zu meder. Die Hofmeisterei Hirtzberger solle hauptfrau Elfriede Mayrhofer, Prälat Johann bändigen. In Zukunft könne die Situation im „wie ein hochwertiges Wohnzimmer sein“, Holzinger, Probst des Stiftes St. Florian, dem Hochwasserfall ganz gut gemeistert werden. wo man sich wohlfühlen könne. Das Kü- steirischen Landeshauptmann-Stellvertreter „Wir freuen uns auf einen Festabend in chenangebot sei sehr regional ausgerichtet, Hermann Schützenhöfer mit Gattin Marian- der Wachau“, so Hausherr Franz Hirtzberger, so Windhaber, und er werde vor allem auch ne, dem NÖ Weinbaupräsident Franz Back- der gemeinsam mit Moderatorin Christa niederösterreichische Bauern und Produkte knecht, Weinbaupräsident Nationalrat Jo- Kummer die zahlreichen Gäste begrüßte. Auf in die Küche einbeziehen. hannes Schmuckenschlager, Bürgermeister die Frage, warum er nun in die Gastronomie „Wir sind mehr als stolz und es ist eine Anton Bodenstein und dem Spitzer Vize- gehe, sagte Hirtzberger: „Es ist etwas ganz große Auszeichnung, daß so viele Menschen bürgermeister Rupert Donabaum. Spannendes, so ein Haus in der Wachau wie- dem Ruf der Familie Hirtzberger nachge- Die Hofmeisterei Hirtzberger strahle der beleben zu dürfen.“ Er bezeichnete die kommen sind“, so Bürgermeister Bodenstein. „weit über Niederösterreich hinaus“ und sei Hofmeisterei als „Repräsentant für unser Der Florianihof habe eine lange Geschichte: der „Beweis dafür, daß wir Attraktives bie- Weingut und für den neuen Weinbaubetrieb „Er spannt architektonisch einen Bogen von ten können“, so der Landeshauptmann. Die in der Wachau“. Die Hofmeisterei solle ein der Gotik über die Renaissance bis hin zum Eröffnung der Hofmeisterei sei „etwas Be- Kommunikationszentrum und auch ein Wein- Barock.“ Dieses „Kleinod“, von dem es viele sonderes“. Gerade in einer Zeit, in der es zentrum werden. „Wir haben die Herausfor- in der Wachau gebe, sei etwas ganz Beson- wirtschaftlich nicht so einfach sei, sei es ein derung angenommen, aus der Hofmeisterei deres. „Zeichen des Mutes, ein derartiges Restau- nicht nur ein reines Restaurant zu machen, Im Anschluß an den Festakt nahmen rant wiederzueröffnen“. Die Hofmeisterei sondern zu einem Ort, wo man auch gut Prälat Johann Holzinger und Dechant Ferdi- bezeichnete Pröll als „historischen Punkt in kommunizieren kann.“ Hirtzberger bedankte nand Reisinger die Segnung des Hauses vor. unserer Heimat“, die Eröffnung stehe für ein sich bei allen, „die mitgeholfen haben, die- Für die musikalische Gestaltung sorgten die „Zurück zu den eigenen Wurzeln“. Wir müß- ses Haus wieder instand zu setzen“. Trachtenkapelle Wösendorf und Prof. Wolf- ten wieder „lernen, die eigenen Wurzeln spü- Der neue Name des ehemaligen Floriani- gang Friedrich mit seiner Band. „ ren zu lassen“. hofs besinne sich auf die Wurzeln, denn das ttp://www.hofmeisterei.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 91 Personalia Barbara Prammer 1954 – 2014 Barbara Prammer, die Präsidentin des Österreichischen Nationalrats, ist am 2. August ihrer schweren Krebserkrankung erlegen und im Kreise ihrer Familie friedlich entschlafen.

eboren wurde Barbara Prammer am 11. GJänner 1954 in Ottnang am Hausruck (Oberösterreich), einer Bergarbeitergemein- de mit langer sozialdemokratischer Tradi- tion. Dieses Umfeld und die politische Ak- tivität ihrer Familie trugen schon bald zur politischen Sozialisierung Prammers bei, ihr Engagement in der Jungen Generation der SPÖ begann in den 70er-Jahren. Die Grundwerte der Sozialdemokratie prägen seitdem ihr Tun in allen ausgeübten politischen Funktionen – was aber ihrer Objektivität als Nationalratspräsidentin kei- nesfalls entgegenstand. Ihren Auftrag sah sie darin, einerseits zu einer sachlichen Zusam- menarbeit zwischen Regierung und Parla- ment beizutragen, andererseits aber die In- teressen des Nationalrats mit Nachdruck zu vertreten. Nach ihrer Matura an der Handelsakade- mie Vöcklabruck begann Barbara Prammer 1973 ihre Ausbildung beim Gemeindeamt Ottnang. Neben anderen Zuständigkeitsbe- reichen übte sie auch die Aufgabe als Stan- desbeamtin aus. 1978 verließ sie ihre Heimatgemeinde, um an der Johannes-Kepler-Universität Linz ein Studium der Soziologie zu absolvieren. Nach ihrem erfolgreichen Abschluss arbeite- te sie als Sozial- und Berufspädagogin im Beruflichen Bildungs- und Rehabilitations- zentrum (BBRZ). Anschließend war sie bei der AMS Landesgeschäftsstelle Oberöster- reich tätig und war in dieser Funktion karen- ziert. Ab 1991 war sie zunächst als Landtags- abgeordnete und Zweite Landtagspräsiden- tin in der oberösterreichischen Landespolitik tätig. Foto: Parlamentsdirektion / Wilke 1995 wurde sie als Landesrätin für Wohn- Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, * 1. Jänner 1954 in Ottnang am Haus- bau, Naturschutz und Verwaltungspolizei das ruck (Oberösterreich), † 2. August 2014 in Wien erste weibliche Mitglied der oberösterreichi- schen Landesregierung und von der Bundes- Seit der Nationalratswahl im Oktober ihre Amtsgeschäfte bis Juli aus. Erst am 29. SPÖ als eine der stellvertretenden Parteivor- 1999 war Barbara Prammer Abgeordnete Oktober 2013 war sie für weitere fünf Jahre sitzenden gewählt. zum Nationalrat, am 16. Juni 2004 wurde sie in ihrem Amt bestätigt worden. 1997 wurde Barbara Prammer in die Bun- zur II. Präsidentin gewählt. Seit ihrem Amtsantritt bemühte sich Bar- desregierung berufen, drei Jahre lang führte Seit 30. Oktober 2006 war sie National- bara Prammer erfolgreich darum, über die sie als Bundesministerin das Ressort Frauen- ratspräsidentin und damit die erste Frau an tagespolitischen Themen hinaus das Parla- angelegenheiten und Konsumentenschutz. der Spitze des österreichischen Nationalrates. ment für einen gesellschaftspolitischen, wis- Im gleichen Jahr übernahm sie auch – bis Trotz ihrer Krebserkrankung, die sie im senschaftlichen und kulturellen Diskurs zu 2009 – den Vorsitz der SPÖ-Frauen. September 2013 öffentlich machte, übte sie öffnen. Sie hat das Hohe Haus zu einem Ort

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 92 Personalia

Barbara Prammer werden noch zu würdigen sein. Unser tief empfundenes Mitgefühl ge- hört den Angehörigen der Verstorbenen“, so das Staatsoberhaupt. Die Präsidentschaftskanzlei ließ zum Zei- chen der Trauer die Flagge auf Halbmast set- zen.

Bundeskanzler Werner Faymann „Barbara Prammer hat heute den Kampf um ihr Leben, den sie mit so viel Zuversicht und Kraft geführt hat, verloren. Ihr früher Tod hinterläßt bei allen, die sie kannten und die mit ihr arbeiten durften, große Betroffen- heit und Trauer“, erklärte Bundeskanzler Werner Faymann in einer ersten Stellung- nahme zum Ableben der Nationalratspräsi- Foto: Bundesheer/Sean Morales dentin. „Barbara Prammer war eine bedeu- Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bei der Vorsitzführung am Präsidium tende Sozialdemokratin, engagierte Frauen- der Begegnung und des Dialogs gemacht gen, eine Einigung aller sechs Fraktionen politikerin, große Demokratin und seit 2006 und mit ihrem Vorsitz im Nationalfonds und zur nachhaltigen Sanierung des Parlaments- eine hervorragende Nationalratspräsiden- Entschädigungsfonds für die Opfer des Na- gebäudes zu erzielen. Die einhellige Ent- tin“, so Faymann. tionalsozialismus sowie mit zahlreichen scheidung sei ein klares Signal für den Par- „Sie sah sich selbst als Kind der Kreisky- Veranstaltungen auch einen wichtigen Bei- lamentarismus und ein wunderbares Ge- Zeit und hat nie aufgehört, an eine Zukunft trag zur Erinnerungskultur in Österreich ge- schenk zu ihrem Geburtstag, sagte Barbara zu glauben, in der soziale Gerechtigkeit und leistet. Prammer im Jänner 2014. Bei dieser Gele- Chancengleichheit zur Selbstverständlich- Vor allem Jugendliche für die Werte der genheit appellierte sie aber auch an alle Frak- keit geworden sind.“ Als Kämpferin für die Demokratie zu sensibilisieren und Jungwäh- tionen, an der Weiterentwicklung der politi- Gleichstellung der Frauen habe sie die Ge- lerInnen für Politik zu interessieren, war ihr schen Kultur und der politischen Auseinan- sellschaft ebenso geprägt wie mit ihrem En- ein besonderes Anliegen. Auf ihre Initiative dersetzung zu arbeiten, um das Bild des gagement, junge Menschen für Demokratie wurde 2007 die Demokratiewerkstatt einge- Parlamentarismus in der Öffentlichkeit zu und politische Mitsprache zu begeistern. richtet. Seither konnten fast 70.000 Kinder verbessern. Ganz besonders stark war ihr Eintreten für und Jugendliche aus ganz Österreich in den ein Miteinander in der Gesellschaft, gegen Workshops im Parlament Demokratie ler- Bundespräsident Heinz Fischer Verhetzung, Rassismus und Antisemitismus. nen. Vielen von ihnen stand Barbara Pram- „Die Nachricht, daß Nationalratspräsi- Barbara Prammer war es ein großes Anlie- mer persönlich als Gesprächspartnerin zur dentin Barbara Prammer wenige Monate gen, daß die Gräuel des Nationalsozialismus, Verfügung. Mit ihrem 2013 erschienenen nach ihrem 60. Geburtstag einer schweren auch und besonders von jungen Menschen, Buch „Wir sind Demokratie. Eine Ermunte- Krankheit erlegen ist, erfüllt uns alle mit nicht vergessen werden. rung.“ wollte sie Lust auf Demokratie und tiefster Traurigkeit“, sagte Bundespräsident „Ihr mutiger und offener Kampf gegen Wahlen machen. Politik sei wichtig, „weil Heinz Fischer in einer erstern Reaktion. „Sie ihre schwere Krankheit hat mich persönlich alles, wirklich alles im Leben von der Politik hat den Kampf gegen eine tückische Krank- schwer beeindruckt“, sagte Faymann. „Bar- mitgestaltet wird“, so ihre Überzeugung. heit mit unglaublicher Tapferkeit und großem bara Prammer sah in ihrer Erkrankung ,kei- Auch parlamentarische Diplomatie war Lebenswillen geführt, aber dieser Kampf nen Grund aufzugeben‘. ,Ich werde kämp- der Nationalratspräsidentin sehr wichtig. Sie war nicht zu gewinnen.“ fen‘, hat sie gesagt und das dann auch tapfer konnte zahlreiche prominente Gäste im Barbara Prammer sei eine der großen und zäh getan – wie zeitlebens in ihrer poli- Hohen Haus begrüßen und setzte sich stets Frauenpersönlichkeiten im öffentlichen Le- tischen Arbeit auch.“ für den Ausbau von Demokratie und Rechts- ben unseres Landes und auch über die Gren- Durch ihren Tod verliert die Republik staatlichkeit ein. Im Rahmen der Interparla- zen unseres Landes hinaus bekannt und eine führende Persönlichkeit. Ihre Wegbe- mentarischen Union (IPU) war Barbara geschätzt gewesen. „Sie war eine engagierte gleiterInnen verlieren einen außerordentlich Prammer besonders im Netzwerk der Parla- und unbestrittene Präsidentin des österrei- liebevollen und wertvollen Menschen. „Mein mentspräsidentinnen aktiv. Ban Ki-moon, chischen Nationalrats, eine führende Sozial- tiefes Mitgefühl gilt der Tochter Julia und der Generalsekretär der Vereinten Nationen, demokratin und eine absolut integre Politi- ihrem Sohn Bertram, der Familie und den dankte Prammer anläßlich ihres 60. Geburts- kerin, der ich mich auch persönlich sehr ver- Angehörigen“, so der Bundeskanzler. tags besonders für ihr Engagement zur Stär- bunden fühlte. Ihr nachhaltiges Eintreten für kung von Frauen in Politik und Gesellschaft Demokratie, Parlamentarismus und soziale Vizekanzler Michael Spindelegger und würdigte sie als Mitstreiterin für Frie- Gerechtigkeit kam aus tiefster Überzeugung „Mit Barbara Prammer verliert die öster- den, Entwicklung und Menschenrechte. und stand mit ihrem persönlichen Lebens- reichische Politik eine starke Persönlichkeit, Nationalratspräsidentin Prammer ist es weg in engem Zusammenhang. Viele weite- die sich menschlich wie politisch Respekt zuletzt auch mit viel Beharrlichkeit gelun- re Aktivitäten, Leistungen und Erfolge von und Anerkennung erworben hat“, zeigt ÖVP-

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Bundesparteiobmann Vizekanzler Michael FPÖ-Klubobmann lamentarismus und die parlamentarischen Spindelegger seine tiefe Betroffenheit über Heinz-Christian Strache Minderheitenrechte bedacht, hat sie sich mit das Ableben der Nationalratspräsidentin. „Es ist überaus traurig, daß ihre schwere ihrer Arbeit als allererste Frau in diesem Amt Zeit ihrer politischen Laufbahn hat Barbara Krankheit sie aus einem Leben voll Enga- selbst ein Denkmal gesetzt“, würdigt Gla- Prammer in verschiedenen Funktionen auf gement und Schaffenskraft gerissen hat. wischnig die Leistungen der langjährigen Landes- und Bundesebene gewirkt, in denen Umso bewundernswerter ist es, wie profes- Parlamentsvorsitzenden. sie lösungs- und konsensorientiert für die sionell Barbara Prammer zusätzlich zum Menschen in diesem Land gearbeitet hat. Kampf gegen den Krebs auch bis zuletzt ihre Team Stronach Klubobfrau Barbara Prammer ist in der oberösterreichi- Aufgaben als Nationalratspräsidentin erfüllt Kathrin Nachbaur schen Landespolitik, als Bundesministerin hat“, hebt Strache hervor. Tief betroffen vom Ableben der Präsiden- für Frauenangelegenheiten und Konsumen- „Prammer war eine überzeugte Parla- tin des Nationalrates, Barbara Prammer, tenschutz sowie zuletzt als Präsidentin des mentarierin und stets auf die Würde des zeigt sich Team Stronach Klubobfrau Ka- Nationalrats über die Parteigrenzen hinweg Hohen Hauses bedacht. In diesem Geiste hat thrin Nachbaur: „Ich habe sie als Kämpferin für ihre Arbeit wertgeschätzt worden“, so sie acht Jahre lang dieses Parlament geleitet kennengelernt – für Parlamentarismus, für Michael Spindelegger, der unterstreicht: und vertreten“, so Strache, der Prammers die Frauen, für ihre Sozialdemokratie – und „Barbara Prammer hat stets klare Positionen Angehörigen sein tief empfundenes Mitge- für das Leben. Leider hat sie diesen ihren bezogen und sich als überzeugte Demokratin fühl ausdrückte. Kampf nicht gewinnen können“. Mit Pram- und Österreicherin durch ihre sachpolitische mer verliere das österreichische Parlament Arbeit ausgezeichnet.“ Barbara Prammer Grüne Bundessprecherin eine Präsidentin, „die sich bis zuletzt mit hinterlasse eine große Lücke in der österrei- Eva Glawischnig vollem Einsatz ihrem Amt gewidmet hat. chischen Politik, sagt Spindelegger, der „Eine herausragende Persönlichkeit, eine Unser Mitgefühl gilt nun den Angehörigen, schließt: „In diesen schweren Stunden trau- glühende Demokratin und ein liebenswerter denen es nur ein bescheidener Trost sein ern wir um Barbara Prammer. Unsere ganze Mensch ist von uns gegangen“, betrauert die kann, daß die gesamte Politiklandschaft mit Anteilnahme und unser Mitgefühl gilt den Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig ihnen trauert“, so Nachbaur. Angehörigen und Freunden von Barbara den Tod von Parlamentspräsidentin Barbara Prammer.“ Prammer. NEOS-Klubobmann Matthias Strolz „Barbara Prammer war Vorbild, Vorden- Mit tiefer Betroffenheit über den Tod von Bundesratspräsidentin Ana Blatnik kerin und Vorkämpferin zugleich. Mit ihr Nationalratspräsidentin Barbara Prammer Erschüttert über das Ableben von Barbara verliert Österreich eine große Kämpferin für reagiert NEOS-Klubobmann Matthias Strolz. Prammer zeigt sich Bundesratspräsidentin die Rechte der Frauen, Geschichtsaufarbei- Mit Prammer verliere das Parlament einen bis Ana Blatnik. „Barbara Prammer hinterläßt tung in Österreich, die Rechte von Minder- zuletzt aufrecht kämpfenden Menschen, dem sowohl bei ihren Angehörigen als auch im heiten und die Stärkung des Parlamentaris- weit über die Parteigrenzen hinaus Respekt Parlament und der gesamten Republik eine mus. Die klaffende Lücke, die Barbara und Anerkennung entgegengebracht wurde. schmerzliche Lücke. Prammer hat Herausra- menschlich, politisch und gesellschaftlich Strolz: „Der Tod von Barbara Prammer gendes für den österreichischen Parlamenta- hinterläßt, ist Beweis für ihr herausragendes trifft mich zutiefst. Sie war es, die stets mit rismus und die Demokratie geleistet. In ihrer Engagement und ihren unermüdlichen Ein- einem starken politischen Willen und aller Funktion als Nationalratspräsidentin hat sie satz“, hebt Glawischnig hervor. gebotenen Klarheit die Würde des Hauses Überparteilichkeit und klare politische Hal- Prammers Umgang mit ihrer schweren und die Politik im Haus in Einklang bringen tungen stets zu verbinden gewußt und viel Erkrankung stehe sinnbildlich für ihre Le- konnte. Ihr absoluter Einsatz bis zum Schluß für das Ansehen und die Würde des Hohen benseinstellung und ihre Charakterstärke. trotz schwerer Krankheit zeigt ihr kämpferi- Hauses geleistet“, betont Blatnik. „Selbst in ihrer persönlich schwersten Stun- sches Herz. Heute aber verliert nicht nur die „Ein starkes und selbstbewußtes Parla- de hat Barbara alles unternommen, um ande- Republik eine herausragende Vorkämpferin ment war ihr stets ein wichtiges Anliegen, ren Menschen Hoffnung zu machen – und für Parlamentarismus und Dialog, sondern ebenso wie die Durchflutung der Gesell- Hoffnung zu schenken. Sie hat ihr gesamtes vor allem ihre Familie einen liebenden Men- schaft mit demokratischen Werten. Sie hat Leben in den Dienst der Menschen gestellt. schen. Ihnen gilt mein tiefstes Mitgefühl, die Öffnung des Parlaments vorangetrieben Dafür möchte ich mich von Herzen bei ihr ihnen schicke ich viel Kraft und Geduld, los- und populistische Attacken auf den Parla- und ihrer Familie in dieser Stunde der tiefen lassen zu können“, schließt Strolz. mentarismus und die ParlamentarierInnen Trauer bedanken“, bekundet Glawischnig im stets entschieden abgelehnt“, streicht Blatnik ihr Beileid. „Die ganze Grüne Bewegung ist ÖGB-Präsident Erich Foglar etwa Projekte wie die Demokratiewerkstatt in Gedanken bei der Familie und den „Wir sind zutiefst erschüttert über das und die Sanierung des Parlamentsgebäudes FreundInnen von Barbara.“ Ableben von Nationalratspräsidentin Dr. hervor. „Als Sozialdemokratin, Feministin Glawischnig spricht sich für eine ange- Barbara Prammer“, sagt ÖGB-Präsident und Vorkämpferin für die Anliegen von messene Würdigung ihres Lebenswerkes an Erich Foglar. „Österreich verliert einen in Frauen und familienpolitische Gleichstellung jenem Ort aus, den Prammer „unnachahm- vielen politischen und gesellschaftlichen Be- hat Barbara Prammer unzählige Menschen lich geprägt hat“. Mit ihrer Vorsitzführung reichen vorbildhaften Menschen.“ nachhaltig geprägt und politisch motiviert. als Parlamentspräsidentin habe die Sozial- „Barbara Prammer hat sich Zeit ihres Sie wird uns in liebevoller Erinnerung blei- demokratin als erste Frau in diesem Amt Lebens für Demokratie, Mitbestimmung und ben, wir werden diese großartige Persönlich- neue Standards gesetzt. „Ausgewogen, um- Selbstbestimmung stark gemacht, Werte, die keit nie vergessen.“ sichtig und stets auf die Stärkung des Par- auch dem ÖGB enorm wichtig sind“, so

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Foglar. „Sie war eine starke, entschlossene Frau, die immer ein Ohr für die Anliegen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land hatte. Sie hatte für uns immer offene Türen, der Dialog fand stets auf Augenhöhe statt.“ Ob es um die Gleichstellung der Frauen, die Weiterentwicklung der Demo- kratie, den Kampf gegen Rassismus und An- tisemitismus oder andere wichtige politische und gesellschaftliche Anliegen ging, Barbara Prammer war ein leuchtendes Beispiel für alle, die für ihre Überzeugungen eintreten und auch unter schwierigen Bedingungen nicht davon abweichen. Der ÖGB ist äußerst betroffen darüber, daß Barbara Prammer den Kampf gegen ihre schwere Krankheit schlußendlich doch ver- loren hat. „Nicht nur die Art, wie sie zeitle- Foto: Parlamentsdirektion / Michael Buchner bens Politik gemacht und für ihre Ideen ge- v.l.: Parlamentsdirektor Harald Dossi, Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz kämpft hat, sondern auch dieser letzte Kampf Kopf und Univ.-Prof. Christoph Zielinski (Barbara Prammers behandelnder Arzt) war voll der Zuversicht und des Mutes. Un- ihren unermüdlichen Einsatz für mehr Ge- 2. NR-Präsident Karlheinz Kopf ser tiefes Mitgefühl gilt in diesen schweren rechtigkeit und Gleichberechtigung in die- „Österreich verliert mit Barbara Prammer Stunden besonders ihren Kindern, der Fa- sem Land. „Barbara Prammer hatte stets ein eine große Staatsfrau und eine beeindruc- milie und ihren Angehörigen.“ offenes Ohr für die Anliegen und Sorgen der kende Persönlichkeit“, sagte Zweiter Natio- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Fair- nalratspräsident Karlheinz Kopf bei einer WKÖ-Präsident Christoph Leitl ness war für sie nicht nur ein Begriff, son- Pressekonferenz am 4. August. Sein beson- Tief erschüttert über das viel zu frühe dern einer ihrer zentralen Lebensinhalte.“ deres Mitgefühl gelte der Familie. „Ich ver- Ableben von Nationalratspräsidentin Barba- Die über die Grenzen Österreichs hinaus neige mich mit großem Respekt vor dem ra Prammer zeigt sich WKÖ-Präsident geschätzte und anerkannte Politikerin zeich- Menschen Barbara Prammer, die mit großer Christoph Leitl: „Eine starke Frau ist nicht nete sich zudem durch Willensstärke, Kampf- Willenskraft ihre Krankheit bekämpft und mehr. Das Parlament verliert mit Barbara geist aber auch durch Teamgeist und ein re- ihr Amt nahezu uneingeschränkt ausgeübt Prammer eine Parlamentarierin, die stets sich spektvolles Miteinander aus. „Die Arbeit- hat. Ich verneige mich auch vor der Politike- selbst und ihren Überzeugungen treu geblie- nehmerschaft hat mit Barbara Prammer eine rin Barbara Prammer, die sich immer für ben ist und viel für unser Land bewirkt hat. wichtige Kämpferin für ihre Rechte verlo- Gleichstellung, gegen Extremismus und für Sie wurde weit über Österreichs Grenzen ren – und wir allen einen wundervollen Men- parlamentarische Demokratie eingesetzt hat. hinaus geschätzt. Als Nationalratspräsiden- schen“, schließt Kaske. Sie war eine Brückenbauerin über Partei- tin nahm sie ihr Amt bis in die letzten Wo- grenzen hinweg.“ Kopf bedankte sich auch chen ihres Lebens wahr und trieb Projekte, LK Österreich-Präsident für die stets kollegiale und wertschätzende die ihr wichtig waren – wie etwa den Umbau Hermann Schultes Zusammenarbeit. des Parlaments – voran“, hielt Leitl fest. „Das Ableben von Nationalratspräsiden- In den nächsten Tagen wird in Absprache „In ihrer Charakterstärke und in der Art tin Barbara Prammer bedeutet nicht nur für mit dem Bundespräsidenten und der Familie und Weise, wie sie mit ihrer Krankheit um- ihre Familie und ihre Freunde einen ganz be- über die Gestaltung der Trauerfeierlichkeiten gegangen ist, war sie ein Vorbild“, so WKÖ- sonders tragischen Verlust, auch die politi- beraten. In jedem Fall werde die Bevölkerung Präsident Leitl, der mit Barbara Prammer in schen Verantwortungsträger in Österreich und die Gelegenheit haben, sich in der Säulen- den vergangenen Jahren in den unterschied- hier vor allem im Parlament, verlieren mit halle des Parlaments von der Präsidentin zu lichsten Funktionen Kontakt hatte: „Meine Prammer eine Politikerin, die mit hoher Ver- verabschieden. Die notwendige Sondersit- aufrichtige Anteilnahme gilt in diesen beson- antwortung und großem Engagement stets um zung zur Wahl einer neuen Präsidentin bzw. ders schweren Stunden der Familie.“ Ausgleich und sachliche Lösungen bemüht eines neuen Präsidenten werde noch vor der war. Barbara Prammer war im Hohen Haus ersten regulären Nationalratssitzung am 24. AK Präsident Rudolf Kaske eine von allen politischen Seiten geschätzte September, aber in gebührlichem zeitlichem „Österreich hat eine großartige Politike- Kollegin und Präsidentin, die sich mit ihrer Abstand zu den Trauerfeierlichkeiten statt- rin und einen wundervollen Menschen verlo- verantwortungsvollen Amtsführung höch- finden. Dies könnte Ende August der Fall sein. ren“, zeigt sich AK Präsident Rudi Kaske sten Respekt verdient hat. Ihr umfassendes Gesetzliche Fristen zur Wahl einer Nachfol- tief betroffen vom Ableben von National- und erfolgreiches Engagement für den Parla- ge gebe es nicht. „ ratspräsidentin Barbara Prammer. „Unsere mentarismus, dem sie trotz schwerer Erkran- Es besteht die Möglichkeit, sich in ein Gedanken sind in diesen schweren Stunden kung ohne Einschränkung nachging, war online-Kondolenzbuch einzutragen, das von bei ihrer Familie“, so Kaske weiter. vorbildhaft. Wir werden ihr stets ein ehren- der Druckerei Lischkar & Co GmbH und der Kaske betont vor allem das soziale En- des Andenken bewahren“, stellte LK Öster- Bestattung Wien zur Verfügung gestellt wird: gagement der verstorbenen Politikerin und reich-Präsident Hermann Schultes fest. http://www.trauerportal.at/cel5-Barbara_Prammer/kondolenzbuch.html

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 95 Personalia Gert Voss 1926 – 1988 Der am in Shanghai geborene und mit Claus Paymann ans gekommene Schauspieler und Wahlwiener verstarb am 13. Juli in Wien. m 10. Oktober 1941 in Schanghai gebo- Aren, war Gert Voss bereits als Kind vom Film fasziniert. Er wollte Zeichner bei Walt Disney werden, entschloß sich dann aber doch, Schauspielunterricht zu nehmen. Starke Charaktere, verführerische Schurkengestal- ten, Könige oder Mörder, mit jeder seiner Figuren versuchte Gert Voss ein anderer zu sein. Legendär sind seine Rollen, ob als des- potischer Ludwig in „Ritter, Dene, Voss“, buckliger Richard III., verspielter Hermann in Kleists „Hermannsschlacht“ oder als lie- bestoller Othello – Gert Voss eroberte mit Herz und Gefühl sein Publikum. Sein Traum als Schauspieler, daß sich das Publikum fragt „ist das der Voss, oder ist er’s nicht?“ Erst nach einer Weile soll man den Voss durchschimmern sehen. Er bezeichnete sich selbst als hochraffinierten Lügner. Auf der Straße erkannt zu werden, war ihm unan- genehm. Seine Schüchternheit legte er mit den Rollen ab. Für König Lear färbte er sich die Haare weiß, für Othello lief er nächte- lang brüllend durch den Wienerwald. Gert Voss kommt 1948 mit seiner Familie nach Österreich. Die Jugend verbringt er am Bodensee. Er studiert Germanistik und An- glistik und nimmt privat Schauspielunter- richt. Intendant Hans-Peter Doll entdeckt das große Talent. Voss spielt in Heidelberg, bevor er mit Claus Peymann nach Bochum und 1986 ans Wiener Burgtheater wechselt, wo er im ersten Jahr als Richard III. brilliert. Thomas Bernhard schreibt für ihn und zwei Schauspielkolleginnen ein eigenes Stück: „Ritter, Dene, Voss“. Es folgen unzählige große Aufführungen am Burgtheater, Gast- auftritte in Köln und Berlin, sowie die Rolle des „Jedermann“ bei den Salzburger Fest- spielen. Mit Ignaz Kirchner tritt er am Burg- theater auch als Komikerduo auf. 1995 kürt ihn die „Times“ zum „Besten Schauspieler Europas“. Foto: ORF/ORFIII/Ernst Kainerstorfer Gert Voss, * 10. Oktober 1941 in Shanghai, † 13. Juli 2014 in Wien Gert Voss hat im Jahr 2011 seine „Thea- terreise“ als Buch herausgebracht. Program- Breiten Raum widmet er den ersten, den gen Serie „Altes Geld“, die David Schalko matischer Titel: „Ich bin kein Papagei“. Dar- mehr als schwierigen Jahren in Wien. „Er derzeit für den ORF in Wien und Niederös- in erzählt er von seinem Werdegang, er be- dachte“, schreibt Voss, er sei hier auf dem terreich realisiert. Aufgrund der tragischen richtet von frühen Höhenflügen in München, „falschen Schiff“. Wien und seine Presse re- Umstände mußten kurzfristig Adaptionen Stuttgart und in Bochum, er gibt Einblick in agierten ablehnend und aggressiv auf die am Projekt vorgenommen werden. den oft mühsamen Prozess der Erarbeitung Invasion der „Deitschn“. Seine Autoreifen In memoriam Gert Voss änderte der ORF von Rollen und schildert seine Begegnungen wurden zerstochen, Drohbriefe kamen, Gert sein Programm und gedachte mit Nachrufen, mit den Regiegrößen Claus Peymann, Peter Voss wurde unter Polizeischutz gestellt. Gesprächsaufzeichungen und einer Reihe Zadek, George Tabori oder Luc Bondy. Gert Voss spielte zuletzt in der achtteili- von Filmen des Ausnahmeschauspielers.

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Bundeskanzler Faymann „Mit Gert Voss haben wir einen einzigar- tigen Charakterdarsteller und ganz Großen der deutschsprachigen Bühne verloren“, sagte Bundeskanzler Werner Faymann. „Als Ensemblemitglied des Burgtheaters hat er dem heimischen Publikum unzählige berüh- rende Theaterabende geschenkt. In seinen vielfältigen Rollen hat er es immer verstan- den, die Menschen in seinen Bann zu zie- hen.“ Gert Voss habe die deutschsprachige Theaterwelt entscheidend mitgeprägt. „Für seine große schauspielerische Leistung und seinen Einsatz und sein Engagement im Dienste des Wiener Burgtheaters schulden wir ihm unseren Dank und unsere Aner- kennung“, so der Bundeskanzler, der in die- sen schwierigen Stunden der Familie von Gert Voss viel Kraft wünschte. Foto: ORF/Neulandfilm/Kyra-Sophie Wilhelmseder 2010, vor vier Jahren, traf Gert Voss (Mitte) in Gardone bei André Heller (r.) Harald Schmidt (l.) zum Gespräch. Es war ein Zusammentreffen zweier Granden Bundesminister Ostermayer der Bühne: zum einen Voss, einer der bedeutendsten Schauspieler im deutsch- Mit großer Bestürzung hat Bundes- sprachigen Raum, zum anderen Schmidt, einer der ganz großen TV-Unterhalter, minister Ostermayer die Nachricht vom Tod glühender Voss-Fan und selbst ausgebildeter Schauspieler. Arrangiert wurde die- ser pointierte und erhellende Gedankenaustausch mit großartigen Anekdoten über des einzigartigen Schauspielers Gert Voss George Tabori, Peter Zadek, Luc Bondy und Claus Peymann vom gemeinsamen aufgenommen. „Gert Voss prägte wie kaum Freund André Heller, der seinen Sitz am Gardasee, den »Giordano Botanico«, für ein anderer Schauspieler die deutschsprachi- die TV-Aufzeichnung zur Verfügung stellte und gemeinsam mit Regisseur Lukas ge Theaterwelt. Mit seiner markanten Stim- Sturm dieses Gespräch für den ORF gestaltete. me und seinem unverwechselbaren Schau- Bühnendarsteller, ein hellwacher Träumer, in welchem Fach, und ist Vorbild für die spiel vermochte er es, in jeder Rolle persön- der das Geheimnis seiner Schauspielkunst in nachkommenden Schauspielergenerationen. lich aufzugehen und Publikum wie Kritiker der restlosen Verwandlung suchte. Die Auch der ORF konnte mit Gert Voss zahlrei- gleichermaßen zu verführen und zu begei- Haltlosigkeit, mit der sich Gert Voss in seine che hervorragende Produktionen realisieren. stern. Nahezu majestätisch beherrschte er Arbeit stürzte, war beispiellos. Er lebte für Die letzte müssen wir nun ohne ihn ab- die Bühne und entführte die Zuschauer in das Theater und das Theater lebte durch ihn. schließen.“ das Reich der Kunst“, so . Claus Peymann brachte ihn nach Wien, wo „Speziell in der schwierigen Phase der er die Herzen des schauspielerverrückten ORF-Fernsehdirektorin Zechner Findung einer interimistischen Burgtheater- Burgtheaterpublikums im Sturm eroberte „Gert Voss war ein herausragender direktion, im Frühling dieses Jahres, war mir und wo er sich immer wieder auch in gesell- Mensch, der mit seinem künstlerischen Gert Voss ein guter und wichtiger Ratgeber. schaftspolitische Fragen einbrachte. Wann Wirken unser Leben bereicherte und uns die Ich danke ihm, daß er sich bis zuletzt – auch immer man in den letzten Jahrzehnten am Mehrdimensionalität unseres Daseins vor im Rahmen der Findungskommission – mit Burgtheater Innovationskraft wahrnahm, Augen führte. Er brannte für die Kunst und vollem Herzen für sein Haus, das Burg- war Voss nicht nur Beteiligter, sondern maß- besonders für das Theater. Er machte es zum theater, eingesetzt hat. Ich bin glücklich und geblicher Gestalter des Bühnengeschehens. Mittelpunkt seines Lebens. Dieses hat nun dankbar für die persönlichen Begegnungen, Gemeinsam mit Theatergrößen wie Bern- eine der schillerndsten und unkonventionell- die ich noch mit Gert Voss haben durfte. Un- hard, Tabori, Zadek, Bondy oder auch Kir- sten Darsteller und Theatermacher unserer sere guten Gedanken gehen heute vor allem sten Dene und Ignaz Kirchner machte er das Zeit verloren. Gert Voss vermochte es, uns an seine Frau, Dr. Ursula Voss, seine Toch- Burgtheater zu einer der wichtigsten Bühnen das Leben in seiner Vielschichtigkeit und ter, seine Familie, seine Freunde und Wegbe- der gesamten Theaterwelt“, schloß Mailath. Mehrdimensionalität vor Augen zu führen. gleiter, denen ich in diesen schweren Stun- Gert Voss wurde in einem Ehrengrab der Seine künstlerischen Visionen und Darstel- den viel Kraft und Zuversicht wünsche“, so Stadt Wien beigesetzt, für den 4. September lungen zwangen uns förmlich zur Ausein- Ostermayer. wird eine große Trauerfeierlichkeit im Wie- andersetzung mit uns selber und unserer ner Burgtheater vorbereitet. Umwelt. Unvergessen wird mir sein varian- Wiens Kulturstadtrat Mailath-Pokorny tenreiches und beeindruckendes Spiel in „Mit Gert Voss verliert das Burgtheater ORF-Generaldirektor Wrabetz Wien unter Claus Peymann sein. Wir saßen den prägendsten Schauspieler der letzten „Mit Gert Voss verlieren wir einen der verzaubert und gebannt in ,Richard III.‘, Jahrzehnte“, reagierte Wiens Kulturstadtrat größten deutschsprachigen Theaterschau- ,Hermannsschlacht‘ und ,Ritter, Dene, Voss‘. Andreas Mailath-Pokorny tief betroffen auf spieler der Gegenwart. Ob tragisch oder Gert Voss wird immer einer der ganz großen das unerwartete Ableben des Ausnahme- komisch: Voss’ Schauspielkunst packte, fes- unvergeßlichen deutschsprachigen Schau- künstlers. „Er war ein unnachahmlicher selte und berührte das Publikum, ganz gleich spieler sein.“ „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 97 Personalia Heinz Zemanek 1920 – 2014 Der große österreichische Computerpionier verstarb im Alter von 94 Jahren.

aß Österreich einen Platz in der frühen DGeschichte der Computertechnik ein- nimmt, ist ganz maßgeblich Prof. Heinz Ze- manek zu verdanken: Der Computerpionier, der in den 1950er Jahren einen der ersten mit Transistoren betriebenen Computer baute und später Computersprachen mitentwickel- te, verstarb am 16. Juli 2014 in Wien, im Alter von 94 Jahren. Zemanek forschte an der TU Wien und später auch in dem von ihm aufgebauten Wiener IBM Labor. Mit seiner Alma Mater und dem auf seine Initiative hin gegründeten Institut für Computertechnik blieb er bis zu seinem Tod eng verbunden. Sechzig Jahre lang – von 1947 bis 2007 – hielt er an der TU Wien Vorlesungen. Die TU Wien verliert mit ihm einen ihrer bedeutendsten Wissenschaft- ler. „Mit Prof. Heinz Zemank verliert die Technische Universität Wien einen herausra- genden Techniker und Visionär“, sagt Rekto- rin Sabine Seidler. „Mit seinem Innovations- geist hat er Technikgeschichte geschrieben und bleibt dadurch der Scientific Commu- Foto: TU Wien Heinz Zemanek, * 1. Jänner 1920 in Wien, † 16. Juli 2014 ebenda nity in höchst respektvoller Erinnerung. Das gesamte Kollegium verabschiedet sich in tie- wurde der Rechner genannt, der 1956 bis Team der TU Wien von der Firma Philips als fer Trauer und wird das Wirken und For- 1958 von Prof. Heinz Zemanek und seinem Geschenk. Eigentlich war dieser Transistor- schen Heinz Zemaneks in ehrenvollem An- Team an der TU Wien gebaut wurde. Als typ für Hörgeräte gedacht – doch auch für denken weitertragen.“ einer der ersten Computer weltweit arbeitete elektronische Schaltungen waren sie bestens Heinz Zemanek studierte an der TU Wien das „Mailüfterl“ nicht mit Elektronenröhren, geeignet. und schloß sein Studium 1944 mit der sondern mit Transistoren. Der Wiener Rech- Für Universitäten war es damals durch- Diplomarbeit „Über die Erzeugung von kur- ner werde nicht deren Geschwindigkeit er- aus ungewöhnlich, sich derart praxisnah mit zen Impulsen aus einer Sinusschwingung“ reichen, meinte Zemanek, doch „für ein Computertechnologie zu beschäftigen, Com- ab. Von 1947 bis 1961 arbeitete er an der TU Mailüfterl werde es reichen“. puter wurden eher von privaten Firmen ent- Wien. Während dieser Zeit promovierte er wickelt. So ist es auch nicht überraschend, (1950) und habilitierte sich schließlich 1958. Transistoren statt Röhren daß IBM rasch auf das Mailüfterl aufmerk- „Elektronenröhren durch Transistoren zu sam wurde: Zemanek erhielt von IBM die „Ich bin meinem Kern nach ein Inge- ersetzen war ein wesentlicher Schritt der Möglichkeit, ein eigenes Laboratorium in nieur – und das heißt: wahr ist, was funktio- Miniaturisierung der Elektronik“, sagt Prof. Wien aufzubauen, in das sein Team mitsamt niert.“ (Heinz Zemanek) Richard Eier, der damals als Student im dem Mailüfterl schließlich übersiedelte. Heinz Zemanek sah sich selbst nicht in Team von Heinz Zemanek arbeitete. „Diese erster Linie als Theoretiker, sondern als Mann Miniaturisierung hat sich dann bis heute fort- Primzahlen und Zwölfton-Musik der Praxis: Unter seiner Führung wurde an gesetzt und ermöglicht die Computerlei- Das „Mailüfterl“ war frei programmier- der TU Wien von Mai 1956 bis Mai 1958 das stung, die wir heute täglich nutzen.“ bar und damit äußerst flexibel. Man konnte „Mailüfterl“ gebaut – einer der weltweit Das transistorbasierte Mailüfterl war es für einfache mathematische Operationen ersten Computer, die nicht mit Röhren, son- nicht nur kleiner als die damaligen Röhren- nutzen, etwa für die Berechnung von Prim- dern ausschließlich mit Transistoren arbeite- rechner, es benötigte auch viel weniger zahlen, doch auch ungewöhnlichere Algorith- ten. Imposante Namen wie „Whirlwind“ Strom und kam daher ohne Klimaanlage aus. men liefen auf dem „Mailüfterl“: „Es wurde oder „Taifun“ hatten die Computer, die in Transistoren in ausreichender Anzahl für den an einen Frequenzgenerator gekoppelt, um den 1950er Jahren in den USA gebaut wur- Bau eines frei programmierbaren Computers vom Computer berechnete Zwölftonreihen den. An die Benennung des österreichischen zu einem erschwinglichen Preis zu bekom- abzuspielen“, erinnert sich Eier. „Sobald es Gegenstücks ging man mit etwas entspann- men, war damals gar nicht einfach. Die not- halbwegs harmonisch klang, wußte man: Da terem Wiener Charme heran: „Mailüfterl“ wendigen 3000 Transistoren erhielt das ist ein Fehler passiert.“

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Später, im IBM-Labor, beschäftigte sich das Team intensiv mit Programmiersprachen. Deren Bedeutung war Zemanek von Anfang an klar. Wenn eine Maschine sehr flexibel ist, nützt das noch nicht viel, solange sie nicht auch einigermaßen benutzerfreundlich von Menschen programmiert werden kann. Heute steht das „Mailüfterl“ im Tech- nischen Museum in Wien. Die Smartphones, mit denen es von Museumsgästen abfotogra- phiert wird, übertreffen es an Rechenleistung heute deutlich. Doch die wissenschaftshisto- rische Bedeutung des ersten großen Wiener Computers läßt sich nicht bestreiten. „Heinz Zemanek war ein unglaublich motivierender Mensch“, sagt Prof. Richard Eier, der in den 50er-Jahren bei Heinz Ze- manek seine Diplomarbeit schrieb. „Er war nicht nur ein herausragender Wissenschaft- ler, sondern auch ein wichtiger Förderer für Heute steht das Mailüfterl im Technischen Museum in Wien. Generationen von Studierenden, an die er seine Begeisterung für die Computertechno- Mitglied der Königlich Spanischen Akade- die Prechtl Medaille der TU Wien, die logie weitergegeben hat.“ mie der Wissenschaften, Ehrenmitglied der Kompfner-Medaille der Fakultät für Elek- Wiener Gesellschaft für die Geschichte der trotechnik und Informationstechnik, das TU Wien und IBM Technik, korrespondierendes Mitglied der Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um Die Computerfirma IBM kaufte der Re- Bayerischen Akademie der Wissenschaften das Land Wien, die IEEE Computer Pioneer publik Österreich den an der TU Wien und ordentliches Mitglied der Europäischen Medal, die Oscar-von-Miller-Plakette in gebauten Rechner ab und übernahm wesent- Akademie der Wissenschaften und Künste. Bronze des Deutschen Museums in München liche Teile der Technik für die Entwicklung Zemanek wurde mit zahlreichen Aus- sowie die John-von-Neumann-Medaille der des ab 1964 sehr erfolgreichen 360er-Rech- zeichnungen geehrt. Er erhielt unter ande- gleichnamigen Gesellschaft für Computer- ners. In Wien stellten sie Zemanek ein eige- rem den Kardinal Innitzer-Preis, das Große wissenschaften. „ nes Labor zur Verfügung, wo er sich in wei- Verdienstzeichen der Republik Österreich, Youtube-Video über Prof. Zemanek und das terer Folge vor allem auf Programmierspra- die Leonardo Da Vinci Medaille der Euro- Mailüfterl: chen konzentrierte. Die „Vienna Definition pean Society for the Education of Engineers, https://www.youtube.com/watch?list=PLG7EqWtzeIhUJFbSVfdGXw7fUvAfr0tb_&v=lvaiEW-Sm4A Language“ (VDL) und die „Vienna Deve- lopment Method“ erlangten in den 1970er- Jahren internationale Bedeutung. 1976 wurde Zemanek vom damaligen Computerriesen zum IBM-Fellow ernannt und hatte dadurch die Möglichkeit, seine Aufgaben völlig frei zu wählen. 1964 wurde Zemanek an der TU Wien zum außerordent- lichen Professor ernannt, 1983 zum ordent- lichen Professor berufen. Mitte der 80er - Jahre trat Zemanek in den Ruhestand – aller- dings nur formal. Seinen Enthusiasmus für Forschung und Lehre behielt er bis ins hohe Alter. Zemanek hinterläßt ein wissenschaft- liches Werk aus rund 500 Aufsätzen und sie- ben Büchern, darunter etwa „Weltmacht Computer“ (1991) oder „Vom Mailüfterl zum Internet“ (2001).

Auszeichnungen und Ehrungen Zemanek war Gründungspräsident der Österreichischen Computer Gesellschaft, die

seit 1985 auch den „Heinz Zemanek-Preis“ Fotos: F. Staudacher alljährlich vergibt, und Mitglied der Akade- Das Schaltpult des »Mailüfterls«, eines der weltweit ersten Computer, die mit mie der Wissenschaften, korrespondierendes Hilfe von Transistoren funktionierten.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 99 Personalia Dietmar Schönherr 1926 – 1988 Der österreichische Schauspieler, Moderator und Autor ist tot. Er starb in der Nacht zum 18. Juli im Alter von 88 Jahren auf Ibiza, wo er die letzten Jahre gelebt hatte. inem breiten Publikum bekannt wurde Eder am 17. Mai 1926 in Innsbruck gebo- rene Dietmar Schönherr ab 1966 durch seine Hauptrolle in der ersten und bis heute belieb- testen deutschen Science Fiction-Fernseh- serie „Raumpatrouille – die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion“. Später moderierte Schönherr unter anderem gemein- sam mit seiner Frau Vivi Bach die Fern- sehshow „Wünsch Dir was“ und ab 1973 die erste Talkshow im deutschsprachigen Fern- sehen „Je später der Abend“. Er wirkte in über 100 Kinofilmen mit, machte Hunderte von Fernsehproduktionen, stand auf unzähli- gen Theaterbühnen und tat sich darüber hin- aus als Synchronsprecher, Schriftsteller und Regisseur hervor. Wichtiger noch als sein künstlerisches Schaffen war Schönherr selbst sein soziales Engagement. Nachdem er Anfang der 1980er Jahre die deutsche Friedensbewegung unterstützt hatte, engagierte er sich vor allem in Nicaragua. In dem mittelamerikanischen

Land, das zu den ärmsten der Welt gehört, Foto: Land Tirol baute er gemeinsam mit dem Dichter Ernesto LH Günther Platter verlieh dem verstorbenen Dietmar Schönherr 2008 das Verdienstkreuz des Landes Tirol. Cardenal in der Stadt Granada die „Casa de los Tres Mundos“ auf, ein Kulturzentrum für war seine Vielseitigkeit, mit der er sein Pu- Künstler verloren, der in seiner langjährigen Kinder und Jugendliche. blikum stets aufs Neue gewinnen und sein Karriere die Herzen der Menschen nicht nur Das Haus gehört heute zu den bekannte- Lebenswerk zu einem Gewinn für uns alle als Schauspieler, Regisseur, Moderator, sten Einrichtungen seiner Art in Mittelame- machen konnte. Dafür gebührt ihm Dank Schriftsteller und Sänger, sondern auch durch rika und gilt als Musterprojekt für kulturelle und Anerkennung. Seiner Familie, seinen sein großes soziales Engagement eroberte.“ Entwicklungszusammenarbeit. Um das Pro- Freunden und Wegbegleitern wünsche ich in Für seine Verdienste als Schauspieler, jekt zu finanzieren, gründete Schönherr eine diesen schweren Stunden viel Kraft und Moderator und Autor sowie seine Tätigkeit Stiftung, aus der 1994 der Verein Pan y Arte Mut.“ als Entwicklungshelfer in Nicaragua zeich- hervorging. Dessen Name („Brot und Kunst“) Dietmar Schönherr wurde mit mehreren nete ihn das Land Tirol 2008 mit dem Ver- geht auf ein Zitat Schönherrs zurück: „Brot Preisen ausgezeichnet. 1976 erhielt er die dienstkreuz aus. „Dietmar Schönherr ist uns und Kunst sind die wichtigsten Lebensmittel „Goldene Kamera“ der „HörZu“. 1999 ehrte allen ein Vorbild, denn er nützte seinen Er- des Menschen. Wir kümmern uns um beides.“ man ihn für sein politisches Wirken mit dem folg und seine Popularität, um Kindern und „Heinz-Galinski-Preis“. Im Rahmen des Jugendlichen eine Perspektive zu geben“, er- Bundesminister Josef Ostermayer „Deutschen Fernsehpreises“ im Oktober kennt LH Platter sein soziales Wirken an. „Mit Dietmar Schönherr verläßt uns die 2005 er mit dem Ehrenpreis der Stifter be- Seinen Leitspruch – „Ich bin ein Träumer, Fernseh- und Bühnenlegende einer ganzen dacht. Im selben Jahr wurde er auch mit dem der die Welt verbessern will“ – habe Schön- Generation. Geprägt von Schlagfertigkeit und „Change the World Award“ des „Club of herr in die Tat umgesetzt. Witz unterhielt er über Jahrzehnte sein Pu- Budapest“ ausgezeichnet. Die Republik Ös- „Mit seinem großem schauspielerischen blikum“, so der auch für Kunst und Kultur terreich zeichnete ihn 2011 mit dem „Öster- Können prägte er nicht nur die internationa- zuständige Bundesminister Josef Oster- reichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft le Fernseh- und Theaterlandschaft, sondern mayer. „Da das echte Leben nicht immer und Kunst I. Klasse“ aus. auch das Tiroler Kulturleben“, würdigt LRin ,Wünsch dir was‘ spielt, nutzte er seine Po- Palfrader sein berufliches Schaffen. Dietmar pularität und setzte sich aktiv für Gerech- LH Platter und LRin Palfrader Schönherr war unter anderem Mitbegründer tigkeit, Frieden und für Hilfe zur Selbsthilfe Tirols Landeshauptmann Günther Platter der zunächst in ein. Er bewies, wie viel ein Einzelner mit und Kulturlandesrätin Beate Palfrader zeig- Hall und dann in Telfs, wo er 1983 das Stück Überzeugung, sozialer Haltung und Unter- ten sich vom Ableben Dietmar Schönherrs „Der Weibsteufel“ inszenierte. „ stützung Gleichgesinnter bewegen kann. Es tief betroffen: „Tirol hat einen vielseitigen http://panyarte.de

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 100 Wissenschaft & Technik Therapeutische Parkinson-Impfung Entscheidung zur Weiterentwicklung dank erster klinischer Daten – AFFiRiS AG veröffentlicht Phase I-Daten einer first-of-its-kind-Behandlung, die mit Unterstützung der Michael J. Fox Foundation entwickelt wird Foto: AFFiRiS AG / MJFF v.l.: Frank Mattner (CSO von AFFiRiS), Todd Sherer (CEO Michael J. Fox Foundation for Parkinson's Research's), Walter Schmidt (Walter Schmidt, Mit-Gründer und CEO der AFFiRiS AG) und Univ.-Prof. Achim Schneeberger (Gruppenleiter bei AFFiRiS) ie AFFiRiS AG gab am 31. Juli auf den Verlauf von Parkinson stoppt oder ver- Im Rahmen der Studie erwiesen sich zwei Deiner Pressekonferenz in New York Er- langsamt, eine wirkliche Chance“, sagte unterschiedliche Dosen von PD01A als gut gebnisse einer klinischen Studie der Phase I MJFF-CEO Todd Sherer. „Die AFF008- verträglich und sicher. Damit wurde der pri- (AFF008) bekannt, in der PD01A, eine Imp- Studie ist diesbezüglich eine der vielverspre- märe Endpunkt der Studie erreicht. Ein se- fung gegen Parkinson, untersucht wurde. chendsten Initiativen und wir sind stolz, die- kundärer Endpunkt der Studie war die Aus- PD01A ist die erste gegen das Protein Alpha- ses Engagement der AFFiRiS AG zu unter- bildung von Target-spezifischen Antikör- synuclein gerichtete Therapie, die in einer stützen.“ pern. Eine für die Parkinson-Krankheit cha- klinischen Studie getestet wurde. Alpha-syn- uclein ist ein vielversprechendes Target für die Entwicklung einer Parkinson-Therapie. Die Michael J. Fox Foundation for Par- kinson’s Research (MJFF) unterstützte die Studie mit 1,5 Millionen US$ und präsentier- te auf der Pressekonferenz die Bedeutung, die eine Therapie, die den Krankheitsverlauf positiv beeinflußt, für Patienten haben wür- de. Die Stiftung wird nun auch die anvisier- te Anschluß-Studie unterstützen, in der eine Auffrischungsimpfung untersucht wird und die den nächsten Schritt in Richtung einer Phase II-Studie darstellt. „Für die fünf Millionen Menschen, die weltweit bereits mit dieser Erkrankung le- ben – und für noch viel mehr Personen, die

in unserer alternden Gesellschaft davon be- Foto: AFFIRIS / Petra Spiola droht werden – wäre eine Behandlung, die AFFiRiS beschäftigt in Wien aktuell 95 hochqualifizierte MitarbeiterInnen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 101 Wissenschaft & Technik JKU Open Lab Einmal Forschung zum Anfassen, bitte!

unge Menschen für Technik und Natur- Jwissenschaften begeistern – diesem Ziel hat sich die Johannes Kepler Universität (JKU) Linz verschrieben. Zusammen mit der Borealis AG wurde daher auf Initiative von Bildungslandesrätin Doris Hummer im Jän- ner 2013 das „JKU Open Lab“ eröffnet – und wurde binnen kürzester Zeit zum Rie- senerfolg. 3252 SchülerInnen haben sich be- reits als Nachwuchsforscher betätigt, wobei die Mädchen sogar in der Überzahl waren (1713 zu 1539). Begleitet werden sie durch ausgebildete BetreuerInnen, die ihnen inten- siv zur Seite stehen. Darüber hinaus soll das

Foto: AFFIRIS / Petra Spiola „JKU Open Lab“ auch Kindergartenpädago- Die nächste Studie wird in Wien durchgeführt und wird auf die Beurteilung der gInnen bei ihrer Arbeit mit naturwissen- immunologischen und klinischen Effekte einer Auffrischungsimpfung fokussieren. schaftlichen Schwerpunkten unterstützen. rakteristische pathologische Läsion ist das analysierten Parameter, hin zu einer Stabili- Ein Angebot, das auf offene Ohren stößt: sogenannte Lewy-Körperchen, das haupt- sierung der geimpften Probanden im Ver- Rund 20 Schulklassen kommen im Schnitt sächlich aus Alpha-synuclein besteht und gleich zur nicht geimpften Kontrollgruppe. pro Monat, um an der JKU spielerisch die sich in den Nervenzellen des Gehirns anrei- Das erhobene pharmakodynamische Profil Welt zu erforschen. „Wir sind stolz darauf, chert, was deren Degeneration und schließ- von PD01A und seine klinischen Effekte bil- wie gut das ,JKU Open Lab‘ angenommen lich Tod zur Folge hat. Wissenschaftler ge- den die Basis für weitere Studien, wenn die wird. Das schönste Ergebnis dabei ist es zu hen davon aus, daß die Reduzierung der Entwicklung fortgeführt wird. sehen, wie sich Begeisterung und Neugierde Alpha-synuclein-Ablagerungen Nervenzellen „Die Sicherheit und Verträglichkeit, die für Naturwissenschaften in den Kindern schützen würde. Die AFFiRiS AG setzt nun wir in dieser Studie beobachten konnten, wecken lassen“, so Projektleiterin Silke auf eine aktive Immuntherapie, um diese sind sehr erfreulich. Besonders, wenn be- Renger. Theorie zu überprüfen und entwickelt eine rücksichtigt wird, daß die normale Funktion Die Welt der Wissenschaft ist groß, eben- Behandlung, die den Krankheitsverlauf mo- von Alpha-synuclein noch nicht bekannt so der Enthusiasmus der Kinder: „Manche difizieren kann. ist“, sagte Walter Schmidt, Mit-Gründer und Schulklassen waren schon dreimal bei uns“, PD01A wurde in zwei verschiedenen CEO der AFFiRiS AG. „Wir freuen uns über schmunzelt Renger. Absolutes Lieblingspro- Dosen (15 µg und 75 µg) an jeweils 12 Pa- die andauernde Unterstützung der Michael J. jekt bei den Volksschulen ist der Kurs: „Eine tienten in zwei Gruppen verabreicht. Alle Fox Foundation für die weitere klinische Welt voller Farben“, wobei die Kleinen ein Patienten erhielten vier Impfungen in monat- Entwicklung.“ bunter Mix aus chemischen Experimenten lichem Abstand und alle führten die Studie Die nächste Studie wird in Wien durchge- erwartet. 38 Klassen haben diese Veranstal- bis zum Ende durch. Weitere acht Studien- führt und wird auf die Beurteilung der im- tung schon besucht. Die höheren Schulstu- teilnehmer erhielten die beste verfügbare munologischen und klinischen Effekte einer fen machen sich am liebsten auf die „Mit der medizinische Versorgung inklusive einer Auffrischungsimpfung fokussieren. Die Re- Wissenschaft auf Verbrecherjagd“, wo sich Standardbehandlung ihrer Symptome und krutierung für die Studie beginnt im Sep- Nachwuchsdetektive aus 50 Klassen bereits bildeten die Kontrollgruppe. Alle Studien- tember 2014. an die Analyse von Fingerabdrücken und teilnehmer wurden über 12 Monate hinweg Blutspuren gemacht haben, um spielerisch regelmäßig untersucht und bewertet. Die AFFiRiS AG mit Sitz in Wien ent- einen Täter zu überführen. Bei 50 Prozent der geimpften Patienten wickelt auf der Basis firmeneigener Patent- Für JKU-Rektor Richard Hagelauer war wurden in Serumproben Alpha-synuclein- positionen maßgeschneiderte Peptid-Impf- das „JKU Open Lab“ eine Herzensangele- spezifische Antikörper festgestellt. Zusätz- stoffe gegen Alzheimer, Parkinson, Diabetes genheit: „Die JKU hat sich zum Ziel gesetzt, lich konnten impfinduzierte Antikörper auch und weitere Krankheiten mit dringendem me- mehr junge Menschen für Technik und Na- im Liquor (Gehirn-Rückenmarks-Flüssig- dizinischem Bedarf und attraktiven Marktvo- turwissenschaften zu begeistern. Das ist keit) gefunden werden. Daß die Ausbildung lumina. Alzheimer ist die aktuelle Leitindi- wichtig, um den studentischen und wissen- von Antikörpern gegen Alpha-synuclein kation. Die Investoren sind die MIG-Fonds schaftlichen Nachwuchs auf diesen Gebieten gelang, ist ein deutlicher Hinweis, daß das und Athos Service GmbH, bei München, nachhaltig zu sichern und den in der In- Prinzip der firmeneigenen therapeutischen Deutschland. AFFiRiS beschäftigt am Cam- dustrie und Wirtschaft steigenden Bedarf an Impfung von AFFiRiS funktioniert. pusgelände St. Marx in Wien aktuell 95 hoch- Fachkräften in diesen Bereichen längerfri- Die Auswertung der klinischen Endpunk- qualifizierte MitarbeiterInnen. „ stig decken zu können.“ „ te ergab einen Trend, konsistent über alle http://www.affiris.com http://www.openlab.jku.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 102 Wissenschaft & Technik Novae senden Gamma- strahlen durchs All Novae sind relativ häufig zu beobachtende Helligkeitsausbrüche am Sternen- himmel. Nun hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Innsbrucker Astroteilchenphysik den Nachweis erbracht, daß Novae wohl immer auch hochenergetische Gammastrahlen emittieren Foto: NASA/DOE/Fermi LAT Collaboration Die vier bisher beobachteten Gammastrahlen Novae, die Farben zeigen die Stärke der Gammastrahlung (blau niedrig, gelb hoch)

ovae beziehen sich auf das lateinische lichkeit in Erwägung gezogen, daß auch Del (im Sternbild des Delphins) verzeichnet N„stella nova“‘ („neuer Stern“) und stel- Novae Teilchen in den Gigaelektronenvolt- sind. Hier handelt es sich aber um die häufi- len eigentlich keine außergewöhnlichen Bereich beschleunigen könnten und damit gen und vergleichsweise unspektakulären astronomischen Phänomene dar. Schließlich im Lichte der Gammastrahlung sichtbar sein klassischen Novae. Für alle drei dieser Be- kommen derartige Ereignisse etwa 30 bis 50 würden“, sagt Olaf Reimer, Professor am obachtungen sind große Gemeinsamkeiten Mal pro Jahr in unserer Milchstraße vor. Institut für Astro- und Teilchenphysik der in den Parametern zu verzeichnen: Die beob- Klassische Novae sind auch keine wirklich Universität Innsbruck und Mitglied im Fermi achteten Gammastrahlenspektren sind sehr „neuen“ Sterne, sondern bezeichnen charak- Large Area Telescope Team. Dies konnte ähnlich, schneiden bei vergleichbaren Ener- teristische Helligkeitsänderungen im sicht- durch die gründliche Analyse des Nova- gien (wenige GeV) steil ab, die Gamma- baren Licht von Doppelsternsystemen, deren Ausbruchs von V407 Cyg in Verbindung mit strahlenemission wird typischerweise über eine Komponente ein Weißer Zwergstern ist, der optischen Helligkeitsveränderung und zwei bis drei Wochen in täglichen Beobach- der eine spektakuläre thermonukleare Explo- beobachteter Gammastrahlung zweifelsfrei tungen detektiert und Helligkeit im Gamma- sion seiner Sternoberfläche erleidet. Grund bewiesen werden. strahlenbereich vergrößert sich dabei typi- dafür ist der begleitende heiße Stern, der Allerdings handelte es sich bei V407 scherweise wenige Tage nach der Erstdetek- Materie abgibt und damit dem eigentlich Cygnus vermutlich um den eher seltenen tion, d.h. erfolgt später als in den Wellenlän- „ausgebrannten“ kompakten Zwergstern Fall einer regelmäßig wiederkehrenden Nova gen des sichtbaren Lichtes. wieder Brennstoff zuführt. Der wird dann mit einem Roten Riesen als Materiespender. „Wir können nun die Hypothese wagen“, auch entsprechend genutzt: Energie aus der Die Partnersterne umkreisen sich hier viel sagt Olaf Reimer „daß alle klassischen Novae Fusionsreaktion und Materie vom Zwerg- enger als bei klassischen Novae, und der mit hochenergetischer Gammastrahlenemis- stern wird freigesetzt und in den Weltraum Materiefluß zum Zwergstern ist entspre- sion einhergehen“. Der große Unterschied geschleudert. Das Sternensystem selbst chend höher. Damit können sich Explosio- zwischen den zahlreichen Beobachtungen bleibt dabei erhalten und kann eine derartige nen auf der Sternoberfläche bereits auf Zeit- im sichtbaren Licht und den vier Novae im Episode nach Hunderttausenden von Jahren skalen von Jahrzehnten wiederholen. Gammastrahlenbereich über einen Zeitraum erneut durchleben. Nun haben Beobachtungen mit dem Fermi von etwa fünf Jahren Beobachtungszeit mit Überraschend war hingegen, daß mit dem Gammastrahlen-Teleskop in den Jahren dem Fermi-Weltraumteleskop erklärt sich Fermi-Weltraumteleskop vor vier Jahren von 2012 und 2013 noch drei weitere Novae fest- aus der Empfindlichkeit der Teleskope bei einem solchen System auch hochenergeti- stellen lassen, die unter den Namen V1324 verschiedenen Wellenlängen. So werden die sche Gammastrahlung detektiert werden Sco (im Sternbild des Skorpions), V959 Novae im Gammastrahlenbereich nur aus konnte. „Bis dahin hatte niemand die Mög- Mon (im Sternbild des Einhorns) und V339 dem vergleichsweise geringen Abstand (Licht-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 103 Wissenschaft & Technik laufzeiten zwischen neun- und fünfzehntau- Olaf Reimer. „In beiden Varianten kann ge- Reimer. Mit den jüngsten Beobachtungen send Jahren) zu unserer Erde beobachtet, nügend Energie in die Teilchenbeschleuni- des Fermi Gammastrahlen-Teleskops hat während die typischen Raten von mehreren gung gehen, die dann entsprechende Gam- allerdings der exklusive Klub der extremen Dutzend Novae pro Jahr über die gesamte mastrahlenproduktion nach sich zieht.“ Le- Hochenergiequellen im All recht unkapriziö- Milchstraße hinweg zu verzeichnen sind. diglich die speziellen Bedingungen im se neue Mitglieder erhalten. Die Veröffentli- Welche physikalischen Prozesse die Giga- Doppelsternsystem wie beispielsweise die chung erschien in der aktuellen Ausgabe des elektronenvolt-Gammastrahlung in Novae Magnetfeldstärke oder Intensität der Strah- Fachmagazins „Science“. Am Bau der De- produzieren, läßt sich jedoch noch nicht ein- lungsfelder setzen die Präferenz für die Do- tektoren auf Fermi und am Betrieb des Obser- deutig identifizieren. „Wie in einigen ande- minanz oder gar Exklusivität eines physika- vatoriums sind neben der NASA und dem US- ren astronomischen Objekten am höchsten lischen Prozesses. „Leider kennen wir diese Energieministerium Forschungseinrichtun- Ende des elektromagnetischen Spektrums ist Bedingungen aber nicht gut genug oder be- gen in den USA, in Frankreich, Italien, Schwe- die Emission sowohl über hadronische als obachten noch nicht präzise genug, um dies den, Deutschland und Japan beteiligt. „ auch leptonische Prozesse erklärbar“, sagt bereits entscheiden zu können“, sagt Olaf http://www.nasa.gov/fermi Tür in die Welt der Quasiteilchen Quasiteilchen sind keine echten physikalischen Teilchen, und doch kann man mit ihnen physikalische Phänomene in Festkörpern sehr gut erklären.

ie Physiker um Christian Roos vom Roos. „Durch die Messung dieser Korrela- „Auf diese Weise können wir die Qua- DInstitut für Quantenoptik und Quanten- tionen können wir die Quantenverschrän- siteilchen fast nach Belieben manipulieren“, information der Österreichischen Akademie kung der Teilchen quantifizieren.“ So konn- ist der an der Arbeit beteiligte Theoretiker der Wissenschaften in Innsbruck haben im ten die Physiker erstmals zeigen, wie sich Philipp Hauke begeistert. „Wir haben Jahr- Labor eine neue experimentelle Plattform die Verschränkung der Teilchen in einem zehnte lang gebraucht, bis wir einzelne Quan- etabliert, um Quantenphänomene zu studie- Quantensystem ausbreitet. tenteilchen genau kontrollieren und manipu- ren. In einer Kette aus gefangenen, ultrakal- Im Gegensatz zu den bisherigen Experi- lieren konnten. Nun steht uns auch eine ten Ionen können sie Quasiteilchen erzeugen menten ist es den Innsbrucker Forschern Plattform zur Verfügung, mit der wir Quasi- und deren Eigenschaften sehr exakt kontrol- erstmals auch möglich, die Reichweite der teilchen in ähnlicher Weise untersuchen und lieren und vermessen. „Quasiteilchen sind wechselseitigen Beeinflussung der Teilchen damit physikalische Phänomene erforschen ein bewährtes Konzept der Physik, mit ihnen genau einzustellen: vom nächsten Nachbarn können, die bisher experimentell nicht zu- läßt sich das kollektive Verhalten von Teil- bis ins Unendliche. So können sie immer gänglich waren.“ So läßt sich damit z.B. un- chen vereinfacht sehr gut beschreiben“, sagt neue, andere Quasiteilchen in dem Quanten- tersuchen, wie ein Quantensystem sein ther- Christian Roos. system entstehen lassen. misches Gleichgewicht erreicht, ein Prozeß, Im Labor nutzen die Physiker zwischen der bis heute noch nicht verstanden wird. sieben und 15 Kalziumionen, die in einer „Ein großes Ziel ist es auch, Quasiteilchen Vakuumkammer gefangen und wie an einer für die Quanteninformationsverarbeitung zu Schnur aufgefädelt sind. Mit Hilfe von La- nutzen“, sagt Hauke. Aber auch die Rolle der sern lassen sich die Quantenzustände der ein- Quantenphysik in Transportprozessen, wie zelnen Ionen präparieren. „Jedes Teilchen sie ähnlich auch in der Biologie auftreten, verhält sich wie ein kleiner Quantenmagnet, könnte auf dieser Plattform studiert werden. die sich dann auch gegenseitig beeinflus- Konkret arbeiten die Innsbrucker Physiker sen“, erklärt Petar Jurcevic, Erstautor einer um Christian Roos nun an der Idee, erstmals aktuellen Studie. „Wenn wir eines der Teil- die Wechselwirkung von zwei Quasiteilchen chen gezielt anregen, werden die anderen eingehender zu studieren. Teilchen dadurch beeinflußt. Das kollektive Die nun in der Fachzeitschrift „Nature“ Verhalten beschreiben wir als Quasiteil- veröffentlichte Studie entstand in einer Zu- chen.“ Diese bewegen sich vom Ort der sammenarbeit der theoretischen Forschungs- Anregung in beiden Richtungen entlang der gruppe um Peter Zoller und der Experimen- Ionenkette. Dabei entstehen Korrelationen tatoren um Rainer Blatt am Institut für zwischen den Teilchen. Die Ausbreitung von Quantenoptik und Quanteninformation der Anregungen wurde in den vergangenen Jah- Österreichischen Akademie der Wissenschaf- ren bereits in Experimenten mit neutralen ten und der Universität Innsbruck. Finanziell Atomen erforscht. Dabei konnte auch die Ent- © IQOQI gefördert wurde sie vom österreichischen Wis- stehung von Korrelationen zwischen den Quasiteilchen bewegen sich vom Ort senschaftsfonds FWF, der Europäischen Kom- Teilchen gezeigt werden. „Wir haben nun der Anregung in beiden Richtungen mission und dem Europäischen Forschungs- entlang der Ionenkette, wobei erstmals nachgewiesen, daß es sich hierbei Korrelationen zwischen den Teilchen rat ERC sowie der Tiroler Industrie. „ um Quantenkorrelationen handelt“, sagt entstehen. http://www.quantumoptics.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 104 Wissenschaft & Technik Neue Theorie ermöglicht Blick ins Innere der Erde Unter extremem Druck kann es zu Phasenübergängen kommen, die sich mit her- kömmlichen Methoden nicht berechnen lassen. Durch eine neue Theorie, entwickelt an der TU Wien und der Universität Wien, wird eine genauere Analyse seismischer Wellen und ein Einblick in die innersten Eigenschaften unserer Erde möglich.

ns Innere unseres Planeten zu gelangen ist Ieine schwierige Aufgabe – das hat schon Jules Verne in seinem berühmten Roman „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ be- schrieben. Auch heute noch können wir nur indirekt durch seismische Messungen Infor- mation über Struktur und Zusammensetzung der Erde gewinnen. Um solche Daten aller- dings richtig interpretieren zu können, braucht man eine exakte Beschreibung der Materialien im Erdinneren. Einem Team von Wissenschaftlern der TU Wien und der Uni- versität Wien unter Führung des theoreti- schen Physikers Andreas Tröster (TU Wien) gelang es nun mit Hilfe quantenphysikali- scher Berechnungen, bestimmte Phasenüber- gänge, wie sie bei hohem Druck im Erdin- neren stattfinden, mit bisher noch nie dage- wesener Präzision zu beschreiben. Die neue Theorie wurde nun im Fachjournal „Physical Review X“ publiziert.

Hochdruckphasenübergänge geben Einblick ins Erdinnere In der Erde herrscht gewaltiger Druck – die Phasenübergänge, die sich dadurch Das Innere unserer Erde ist bis heute ergeben, können nun endlich berechnet werden. noch nicht vollständig erforscht. Bekannt ist, daß rund 60 Prozent der Erde aus silizium- haltigen Materialien – sogenannten Perows- kit-Strukturen – bestehen, der mächtige un- tere Mantel sogar zu 93 Prozent. Diese Mine- ralien sind in der Erde einem enorm großen Druck ausgesetzt. Der im Zentrum herrschen- de Druck von 360 Giga-Pascal entspricht einem Gewicht von zehn Millionen Elefan- ten auf einer Fläche von einem Quadrat- meter. „Dadurch kann es unter bestimmten Bedingungen zu Hochdruckphasenübergän- gen kommen, bei denen sich die innere Struk- tur der Mineralien ändert“ erklärt Trösters einstiger Doktorvater, der Materialphysiker Wilfried Schranz von der Arbeitsgruppe „Physik Funktioneller Materialien“ der Uni- versität Wien. Die Struktur des Erdkörpers wird unter-

sucht, indem man seismische Wellen analy- Fotos: Technische Universität Wien / Fakultät für Physik siert. Ihr Ausbreitungsverhalten wird durch Computerberechnung der Valenzelektronendichte in Strontiumtitanat. Inset: Die die elastischen Eigenschaften der Materia- Perovskit-Struktur

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 105 Wissenschaft & Technik lien im Erdinneren festgelegt. „Diese elasti- gen mit Hilfe von quantenmechanischen große geophysikalische bzw. seismologische schen Eigenschaften können sich in der Nä- Dichtefunktionalberechnungen erreicht wer- Modelle integrieren können. Damit werden he von strukturellen Phasenübergängen als den kann. „In Zukunft werden wir durch ein wir zu einem immer besseren Verständnis des Funktion von Druck und Temperatur stark enges Zusammenspiel von experimenteller Aufbaus und der Eigenschaften unserer Erde ändern“, erklärt Schranz. „Bis heute gibt es Arbeit, Computersimulationen und analyti- gelangen“, freut sich Andreas Tröster. „ aber leider keinen veröffentlichten experi- scher Theorie die gewonnenen Daten in http://www.tuwien.ac.at mentellen Datensatz zu den elastischen Eigenschaften der Materialien im Erdmantel bei realistischen Druck- und Temperaturbe- dingungen, geschweige denn von Materia- Spitzenforschung macht Schule lien im tiefen Erdinneren.“ Man ist daher auf PreisträgerInnen & SchülerInnen erleben Wissenschaft Berechnungen angewiesen. b sofort erleben SchülerInnen in Öster- Interesse an der Wissenschaft entfachen.“ Eine Erweiterung der Landau-Theorie Areich die „Faszination Forschung“ haut- Um dieses Ziel zu erreichen, ging das „Quantenmechanische ab-initio-Compu- nah. Das ist den höchst dekorierten Wissen- Wittgenstein-Team um Prof. Schmiedmayer tersimulationen erlauben zwar die Berech- schafterInnen des Landes zu verdanken: den bei der Planung durchaus pragmatisch vor. nung von elastischen Eigenschaften von Ma- Wittgenstein-PreisträgerInnen. Mit Unterstüt- „Uns war aufgefallen, daß nach den Zeug- terialien bis zu extremen Drücken, die Ein- zung des Wissenschaftsfonds FWF gründe- niskonferenzen am Anfang des Sommers der beziehung von Temperatureffekten ist dabei ten sie die sogenannte „Wittgenstein-Akade- Routineunterricht zur Herausforderung wird. aber nur beschränkt möglich“, erklärt der mie“, deren Mitglieder Ende Juni erstmals Da wollten wir den Verantwortlichen eine theoretische Chemiker Peter Blaha. Phasen- ganz persönliche Spitzenforschung an öster- Alternative bieten – den Besuch eines echten übergänge in Kristallen werden seit vielen reichische Schulen brachten. Neben der indi- Hightech-Labors mit persönlicher Betreu- Jahren mit Hilfe der „Landau-Theorie“ be- viduellen Vermittlung von Wissen in den 6. ung durch Spitzenforscherinnen oder -for- schrieben. Sie erweist sich bei Drücken, mit und 7. Schulstufen fordern die PreisträgerIn- scher.“ Dank des großen Interesses fiel dann denen wir normalerweise zu tun haben, als nen die SchülerInnen dabei auch heraus: das Angebot der Wittgenstein-Akademie be- äußerst nützlich. „Bei hohem Druck kommt Schulprojekte, die im Zusammenhang mit der reits im ersten Jahr sehr üppig aus. es aber zwangsläufig zu nichtlinearen Effek- Forschung der PreisträgerInnen stehen, kön- So konnten sich SchülerInnen in der letz- ten, die man in der bisherigen Landau-Theo- nen von der Wittgenstein-Akademie finanziell ten Juni-Hälfte des Jahres topaktuelle For- rie vernachlässigen muß“, sagt Andreas Trö- unterstützt werden – nach Auswahl der besten schungsthemen wie die Quantenphysik und ster. Das bedeutet zwar mathematisch eine Ideen. Damit wird auch der anspruchsvolle ihre „Verrücktheiten“ sowie Informations- enorme Vereinfachung, kann aber rasch zu Wettbewerb um Drittmittel erlebbar, der den verarbeitung auf zellulärer Ebene erklären Fehlern von sage und schreibe 100 Prozent Forschungsalltag prägt – und den man auch lassen, einzelne Atome sichtbar machen oder führen. Einige Vorhersagen von Material- mit echter Begeisterung gewinnt. erfahren, was kälteste Materie mit Präzi- eigenschaften bei hohem Druck, die mit den Gute Wissenschaft lebt von der Kontinui- sionsuhren und das Mittelalter mit unseren bisher verwendeten Methoden berechneten tät des Erkenntnisgewinns – über Generatio- heutigen Vorurteilen zu tun haben. Doch statt wurden, müssen daher vermutlich auch einer nen hinweg. Diese Erkenntnis haben Öster- trockenem Unterricht aus dem Schulbuch gründlichen Revision unterzogen werden. reichs SpitzenforscherInnen schon lange ge- genossen die SchülerInnen dabei die Aus- Lange wurde daher nach einer mathema- wonnen und jetzt die Herausforderung, jun- führungen der begeisterten WissenschafterIn- tisch konsistenten Erweiterung der Landau- ge Menschen für Wissenschaft zu begei- nen in deren Labors, die dabei gleichzeitig Theorie auf Hochdruckphasenübergänge ge- stern, engagiert angenommen. Dafür gründe- ein realistisches und spannendes Bild ihres sucht. „Uns gelang das nun mit Hilfe von ten sie die Wittgenstein-Akademie, eine Ge- Forschungsalltags gaben. Gruppentheorie, nichtlinearer Elastizitäts- meinschaft von WissenschafterInnen, die alle Doch die Mitglieder der Wittgenstein- theorie und quantenmechanischen Dichte- TrägerInnen des prestigeträchtigsten Wissen- Akademie engagieren sich über das reine funktionalberechnungen am Computer“, schaftspreises Österreichs sind, des Wittgen- Vermitteln von Wissen hinaus. Denn sie bie- erklärt Tröster: „In dieser lange gesuchten stein-Preises. Das umfangreiche Programm, ten auch echte Anreize, Begeisterung für Erweiterung der Landau-Theorie wird erst- an dem bereits 10 Schulklassen sowie mehre- Forschung gleich an konkreten Projekten an- mals auch der bei hohen Drücken entschei- re individuelle Gruppen teilnahmen, startete zuwenden. dende nichtlineare Beitrag zur elastische nun in einer Pilotphase mit den ersten span- Tatsächlich vermittelt diese vom FWF Energie eines Kristalls mathematisch konsi- nenden Präsentationen und Diskussionen zu unterstützte Initiative neben neuesten Er- stent berücksichtigt.“ den aktuellen Arbeiten der PreisträgerInnen. kenntnissen der Wissenschaft auch einen Um die neue Theorie zu testen, wandte Zum Hintergrund der Wittgenstein-Aka- ganz persönlichen und individuellen Ein- man sie auf Strontiumtitanat an, einen Pe- demie meint Prof. Jörg Schmiedmayer vom blick in den Berufsalltag österreichischer rowskit, dessen Eigenschaften bereits gut Atominstitut der Technischen Universität SpitzenforscherInnen. Die Authentizität wird bekannt sind. „Anhand dieses Schlüssel-Ma- Wien und Wittgensteinpreisträger des Jahres dabei durch das persönliche Engagement der terials konnten wir demonstrieren, daß unse- 2006: „Unsere Initiative soll schon Jugend- Wittgenstein-PreisträgerInnen gewahrt, die re Theorie exzellent mit den gemessenen lichen die Möglichkeit eines persönlichen gleichzeitig aufgrund ihrer herausragenden Daten übereinstimmt“, sagt Wilfried Schranz. Kontakts mit Wissenschafterinnen und Wis- Leistungen ideale Rollenmodelle für zukünf- Das zeigt, welch hohe Qualität bei der Be- senschaftern geben. So kann der Funken der tige WissenschafterInnen bieten. „ schreibung von Hochdruckphasenübergän- Forschungsbegeisterung überspringen und http://wittgenstein-akademie.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 106 Wissenschaft & Technik Forschungsprojekt Ecotram erfolgreich abgeschlossen is Mai war die Energiespar-Bim der Wie- Bner Linien im Rahmen des Forschungs- projekts „EcoTram“ auf der Linie 62 unter- wegs, mit dem Ziel Energiesparpotenziale bei Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen von Niederflurstraßenbahnen festzustellen. In den vergangenen 10 Monaten sammelte die EcoTram wichtige Daten hinsichtlich des Energieverbrauchs im Fahrgastbetrieb. Rund 4200 Kilowattstunden beziehungsweise mehr als 13 Prozent Energie sparte die EcoTram beim Lüften, Heizen und Kühlen in diesem Zeitraum ein. Das entspricht in etwa dem Jahresenergieverbrauch eines durchschnitt- lichen österreichischen Haushalts. Seit 2009 arbeiteten die Wiener Linien gemeinsam mit Siemens und den Partner- Foto: Siemens AG unternehmen Rail Tec Arsenal, SCHIG mbh, Bis Mai war die Energiespar-Bim der Wiener Linien im Rahmen des Forschungs- projekts »EcoTram« auf der Linie 62 unterwegs. TU Wien sowie Vossloh Kiepe an dem vom Klima- und Energiefonds geförderten Pro- Nach erneuten Tests im Klima-Wind-Kanal luftzufuhr, ein mehrstufiges Kühlsystem jekt. In der ersten Phase wurden zuerst Daten wurde die EcoTram im Fahrgastbetrieb ein- oder spezielle Beklebungen der Seitenschei- einer serienmäßigen ULF-Straßenbahn im gesetzt. ben, zum Einsatz. Erstmals wurde außerdem Klima-Windkanal und im Linienbetrieb ge- In der Test-Bim kam ein umfangreiches eine Wärmepumpe in einer Straßenbahn ein- sammelt. Anschließend wurden Maßnahmen Maßnahmenpaket, z.B. ein vorausschauend gebaut, die durch die Nutzung der Umge- zur Effizienzsteigerung entwickelt und in handelndes Kühl- und Heizsystem, CO2-Sen- bungswärme und -kälte energiesparendes einem Prototyp – der EcoTram – eingebaut. soren zur Bestimmung der optimalen Frisch- Heizen und Kühlen ermöglichte. „ Innovation aus Österreich erobert die Gewässer der Welt ie CHILLI ISLAND vereint die Vorzü- Dge von Beach-Toy, Badeinsel und Elek- troboot und ist sowohl für Privatkunden als auch für kommerzielle Betreiber konzi- piert“, faßte Jung-Unternehmerin Alexandra Kraft die Vorzüge des innovativen Design- körpers zusammen. Nach rund einjähriger Entwicklungsarbeit stach die CHILLI IS- LAND in Weiden zu ihrer Jungfernfahrt in den Neusiedlersee. Im Anschluß an eine et- wa halbjährige Erprobungsphase wird die Design-Innovation aus Österreich ab dem Frühjahr 2015 regulär an Interessenten aus- geliefert werden können. Sie besticht durch eine Mischung aus ansprechendem Design

und luxuriösen Accessoires wie einer Sound- Foto: CHILLI ISLAND / Andreas Haider anlage, die via Bluetooth von Smartphones Zu Beginn wird die CHILLI ISLAND in drei Ausstattungsvarianten zu 9.450, 11.950 und Tablets aus angesteuert werden kann, und 13.950 Euro angeboten. Die Designs sind in vielen unterschiedlichen Farb- varianten frei wählbar – auch individuelle Gestaltungen und Brandings sind möglich. einem integrierten Getränkekühler sowie Gläserhaltern. Gesteuert wird komfortabel süßwassertauglich sein und über einen An- integrierte Unterbodenbeleuchtung sowie mit einem Sidestick. „Design trifft auf Luxus trieb von 0,5 kW verfügen. Das läßt je nach eine wasserfeste Halterung für eine GoPro- und Funktionalität“, bringt Kraft das Kon- Wind und Wellen Geschwindigkeiten von drei Kamera verfügen, um den Badespaß zum zept hinter der eleganten CHILLI ISLAND bis sechs Stundenkilometern zu. Die Pre- unvergeßlichen Erlebnis werden zu lassen. auf den Punkt. mium-Variante wird mit einem Motor der Geschwindigkeit steht jedoch nicht im Vor- Die CHILLI ISLAND wird in drei Firma Torqeedo ausgestattet und mit rund dergrund des neuen Designkörpers, auf dem Varianten erhältlich sein, die sich durch die 1,2 kW Leistung Geschwindigkeiten von bis zwei Personen in ergonomisch designten Lie- Motorleistung und Ausstattungsqualität un- zu neun Stundenkilometern erreichen. Aus- gen gemütlich Platz finden… „ terscheiden. Die Basis-Version wird rein serdem wird die Premium-Variante über eine http://www.chilli-island.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 107 Wissenschaft & Technik Projekt Baugeschichte.at iel des Grazer Projektes baugeschich- Zte.at ist es, alte Ansichten der Stadt zu sammeln und aktuellen Ansichten gegenüber- zustellen, aber auch generell die Geschichte der Häuser und der Umgebung zu sammeln und zu vermitteln. Im Stile einer Wikipedia kombiniert mit Stadtplan können die Verän- derungen in der Stadt sichtbar gemacht und kommentiert werden. Die Seite bietet, neben Informationen über die Gebäude, auch Bil- der von Gebäuden die nicht mehr stehen, so- wie einige Suchmöglichkeiten (z.B. nach Architekten). Die Informationen zu den Ge- bäuden können auch Geschichten über das Leben in der Stadt, die Geschäfte oder be- deutende Ereignisse enthalten. Eine Handy-App ergänzt die Webseite und bietet Neugierigen die Möglichkeit einer Stadterkundung vor Ort, zudem können Routen zu bestimmten Themengebieten an- gelegt und begangen werden. Das Projekt wurde als Graz-Wiki gestar- tet. Die individuellen Einträge und Katego- risierungen beziehen sich daher bislang größtenteils auf Graz. Allerdings ist mittler- sich aber kein großes Softwareprodukt lei- Weltkulturerbe durch einen Link diese Seite. weile das System auch über Graz hinaus sten wollen/können. Das Endprodukt ist als Das Datenmaterial entstand durch freiwillige nutzbar, und die Entwickler rund im Martin Open Source verfügbar. Mithilfe und Beisteuerung von BenutzerIn- Brunner haben daher angefangen, die denk- Die Graz-Wiki wurde im Rahmen der nen, durch die Erlaubnis das AGIS-Daten- malgeschützten Gebäude aus der Wikipedia Netidee (eine Initiative der Internet Foun- material zu nutzen, sowie durch die Unter- zu importieren, damit auch diese in der App dation Austria) gefördert und bekam auf- stützung seitens der Initiative „SOKO Alt- verfügbar sind. grund der technischen Umsetzung die Aus- stadt“. Außerdem eignet sich Baugeschichte.at zeichnung „Semantic Mediawiki des Monats Der Datenbestand wird laufend erweitert ebenfalls für kleinere Orte und Gemeinden, Juli 2012“. Auch von der offiziellen Home- und es kann im Prinzip jeder mitmachen. „ die ihre Stadtgeschichte archivieren wollen, page der Stadt Graz gelangt man über das http://baugeschichte.at KinderUni an der JKU: Schlaue Kids stürmten Campus rstmals startete diesen Sommer die neue Von 5 bis 16 Jahren wurden altersgerech- bauer, Institut für Strafrecht) jetzt sicher, daß EKinderUni OÖ – ein Portal für sämtliche te wissenschaftliche Veranstaltungen angebo- sie Staatsanwältin werden will. Internatio- Kinderuni-Aktivitäten des Landes. An die- ten, wobei die inskribierten Neo-Studieren- naler Flair kam ebenfalls auf: Institutsvor- sem Schulterschluß sind die KinderUni den von über 50 Dozenten aus 21 JKU-In- ständin Iris Fischlmayr (Institut für Inter- Steyr, die KinderUniLinz, die KinderUni stituten und Abteilungen begleitet wurden. nationales Management) beteiligte sich mit Wels, die KinderUniHagenberg, die Kinder Dabei wurde nicht nur spielerisch Wissen einer Vorlesung, die via Skype direkt aus UniEnnstal und die KinderUniAlmtal betei- vermittelt, sondern durchaus anspruchsvoll Melbourne übertragen wurde, wo sie derzeit ligt; die wissenschaftliche Leitung liegt bei gearbeitet. So wurde in Forschungslabors als Gastprofessorin tätig ist. der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz. experimentiert, E-Gitarren gebaut, in Raum- Auch Gäste waren gerne auf dem JKU- Der Erfolg war gewaltig: Von 16. bis 18. Juli anzüge geschlüpft und vieles mehr. Beson- Campus: Kurt Kortrschal, Verhaltensforscher besuchten 390 junge Nachwuchsforscher die ders aufregend für die Kleinsten: Sie durften und Wissenschafter des Jahres 2010, begei- rund 100 Veranstaltungen an der JKU. im Open Lab mit Labormantel und Labor- sterte mit seiner Geschichte von Wölfen, Hun- „Die KinderUni macht Kindern und brille zum Wissenschafter werden und selbst den und Menschen. Und DJ Dan von Texte Jugendlichen Lust aufs Forschen und Ex- chemische Experimente durchführen. entdeckte einige Talente in seinem Hip Hop- perimentieren. Ein Land braucht junge Quer- Workshop. Auch die Dozenten waren begei- denkerinnen und Querdenker – sie sind die Einblick in die Welt der Wissenschaft stert: „Am meisten lerne ich selber dabei“, Studierenden und damit die Innovations- Auch so mancher Berufswunsch wurde meinte Gerhard Haderer nach seinem Comic- träger von morgen“, freute sich auch JKU- laut: So ist sich eine junge Studentin aus dem Workshop. Insgesamt verzeichnete die Kin- Rektor Richard Hagelauer über den regen dreitägigen Strafrechtskurs „Rechte – Re- derUni Linz 600 Teilnehmer. „ Zuspruch. geln – Richter“ (Leitung: Prof. Alois Birkl- http://www.jku.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 108 Kultur Joan Miró Von der Erde zum Himmel – 12. September 2014 bis 11. Januar 2015 in der Albertina Wien © Successió Mirò 2014/Bildrecht, Wien, 2014 Joan Miró, Der Bauernhof, 1921/22, Öl auf Leinwand; National Gallery of Art, Washington - Schenkung Mary Hemingway, 1987

er Katalane Joan Miró ist der Dritte in Wie die Surrealisten, will auch Miró neue heit und Unabhängigkeit verbunden war. Die Deiner Reihe herausragender Künstler, die Wege finden, die Welt zu betrachten. Wäh- Hingabe an die katalanische Landschaft und dem Surrealismus verbunden, doch in ihrem rend Magritte dies durch Bild- und Sprach- die gleiche Faszination für alle Dinge und Denken und ihrem Ausdruck so eigenständig rätsel tut und Max Ernst künstlerische Ver- Wesen formen den Grund seines Schaffens. sind, und denen die Albertina in einer Aus- fahren entdeckt, um Unbewußtes aus seinem Seine Malerei, die von so viel Leichtigkeit, stellungsreihe seit 2011 auch in Österreich Inneren hervorzuholen, sind es bei Miró Spontaneität, Poesie und Freiheit ist, entsteht Gehör verschafft. Nach den Retrospektiven Poesie und Intuition, die ihn inspirierten. tatsächlich aus einem bedachten Arbeitspro- zu René Magritte 2011/12 und zu Max Ernst Ebenfalls im Sinne des Surrealismus findet zeß und einer Affinität zum Naturbelassenen 2013 ist auch jene zu Joan Miró Teil des er den Ausgangspunkt seines Schaffens aber und Ursprünglichen. Albertina Ausstellungsprogramms zu Künst- auch in dem, was ihn unmittelbar umgibt. Mit einer Auswahl von rund 100 Wer- lern eines weit gefaßten Surrealismus, die in Miró war ein Künstler, dessen Arbeit zeit ken – Gemälde, Papierarbeiten und Objek- der Gemäldesammlung der Albertina, der seines Lebens mit den Wurzeln seiner Her- te – zeichnet die Ausstellung in der Albertina Sammlung Batliner, vertreten sind. kunft und zugleich einem Wunsch nach Frei- den gedanklichen und handwerklichen Weg

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 109 Kultur © Successió Mirò 2014/Bildrecht, Wien, 2014 Joan Miró, Landschaft (Landschaft mit Hahn), 1927; Fondation Beyeler, Riehen/Basel

des Künstlers nach, und folgt dabei dem zen- gen lebende Künstler, der nicht viel auf ge- und Hingabe in seine Arbeit legen wollte, hat tralen Motto des Künstlers: „von der Erde sellschaftliche Ereignisse und Zusammen- in mehr als 80 Jahren Werke geschaffen, de- zum Himmel“. Von André Breton, dem füh- künfte gab, lieber seine ganze Konzentration ren visueller Reiz nichts von der Anstren- renden Kopf der Surrealisten, zunächst we- gen seiner „naiven“ und „intellektuell be- grenzten Kunstvorstellung“ kritisiert, ist es genau dieser Zugang, der Mirós Werk so unbeschwert erscheinen läßt. Miró hat seine Wahrnehmung gereinigt und diese Kindlich- keit des Sehens als Basis für eine ernsthafte Auseinandersetzung und die uneingeschränk- te und gleichermaßen aufmerksame Faszi- nation für alle Dinge erkannt. Wie so viele kreative Wege, wird auch jener des Katala- nen Miró durch die Dynamik des Aufein- anderprallens von Gegensätzlichem angetrie- ben und geformt. Die immer wieder betonte und in seinen Werken tatsächlich nachvoll- ziehbare treibende Kraft, zieht er aus jenen Impulsen, die er durch sein abwechselndes Leben am Land und in der Stadt erlebt: ein Reisender zwischen seinem Landhaus in Montroig/Tarragona oder der Ruhe des da- mals noch unberührten Mallorca und dem pulsierenden (visuell, akustisch, physisch

sowie in intellektuell bereichernder Hinsicht) © Successió Mirò 2014/Bildrecht, Wien, 2014 städtischen Leben in Paris und Barcelona. Joan Miró, Spanish Flag, 1925, Öl auf Leinwand; Privatsammlung, Schweiz Photo: Der stille, schweigsame und zurückgezo- Peter Schälchli, Zürich

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ihm stets um das Wohl der Menschheit gele- gen – doch kämpfte er mit den ihm eigenen Mitteln. Der Wunsch nach Harmonie und eine Haltung, die allen Lebewesen den glei- chen Respekt entgegenbringt, mögen augen- scheinlich keinen notwendigerweise zeitpo- litischen Kommentar nach außen tragen. Mi- ró war an einer Universalität gelegen, nicht an unverrückbaren Werten, doch an der Er- kenntnis grundlegender Wirklichkeiten. Sein Ziel war nicht der dauerhafte Bestand seiner Werke, sondern die Vermittlung einer Bot- schaft, deren Wirkung eine große Bandbreite der Menschheit erreicht. Wenn Miró seine Beobachtungen der Umgebung zu einer poetisch-visionären und universellen Bildwelt führt, ist die Realität zwar Ausgangspunkt, doch niemals Endziel. Ihre Transformation in ein System von Far- ben und Formen ist der Leitfaden seiner Schaffensidee. Die Bildsprache ist magisch und universell. Monde, Sonnen, Sterne und Kometen, Augen und Insekten, Vögel und Frauen bevölkern seine Bilder; an Zeichen wie diesen wird die poetische Interpretation seines Interesses an der Erde und am Kos- mos ablesbar, an Flora und Fauna und nicht zuletzt am Menschen und seiner Stellung darin. Miró läßt in seinen Werken – anders als die Surrealisten – kein unbewußtes Mate- rial manifest werden. Seine Bilder geben pri- vate Visionen vom Ursprünglichen, vom eigentlich Wesentlichen der Dinge, von der Welt und des Universums. „ http://albertina.at Tate – erworben 1951 © Successió Mirò 2014/Bildrecht, Wien, 2014

oben: Joan Miró, Malerei (Frauen und Vogel im Mondschein), 1949, Öl auf Leinwand rechts: Joan Miró, Peinture, 1933, Prag, Narodni Galerie

gung, die er der künstlerischen Arbeit ange- deihen ließ, erahnen lassen. Die so bunten, fröhlichen und in ihrer Formen- und Farb- gewalt so auffallenden Bilder und Objekte, präsentieren sich ganz anders als es das We- sen und die Erscheinung ihres Schöpfers waren. Mirós Leben war seine Kunst. Er vereint das Bodenständige und Naturbezogene - den „katalanischen Bauern“ – ebenso wie den Denker, oft auch den Grübler – den Philo- sophen, den Suchenden und „Mystiker“. Mit den Inhalten seiner Werke gelangt er nicht selten in spirituelle, kosmische Ebenen. Die- ser Gegensatz gab den entscheidenden Im- puls für seine Kreativität. Auch wenn man Miró aufgrund seiner

Zurückhaltung gerne unpolitisch nennt, war © Successió Mirò 2014/Bildrecht, Wien, 2014

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 111 Kultur Salotto.Vienna Wiener Kunstsalon in Triest – präsentiert vom Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst von 1. August bis 14. September 2014 Foto: Gemeinde Triest Die ehemalige Triester Fischhalle wird zum Katalysator für inspirierende Begegnungen der kulturellen Akteure Wiens und Triests.

ür 33 Nächte verwandelt die Wiener log, die Lust an Konversation und gegensei- es mir geradezu ideal, ein Museum wie das FKunst- und Kulturszene die ehemalige tigem Austausch. MAK für dieses Projekt zu gewinnen. Das Triester Fischhalle (Ex Pescheria – Salone Die Städte Wien und Triest verbindet eine MAK realisiert interdisziplinäre Kunstprojek- degli Incanti) zum Katalysator für inspirie- lange gemeinsame Geschichte sowie Kultur te auf höchstem Niveau und wir glauben an rende Begegnungen der kulturellen Akteure und Architektur und damit verbunden eine die Idee, die Beziehungen mit Wien ausge- Wiens und Triests. Auf Einladung der Stadt international orientierte, kulturelle Vielfalt. hend von solchen Projekten wieder zu einer Triest eröffnet dort am 1. August 2014 der Nicht immer verlief die Beziehung reibungs- neuen Blüte zu führen. Dies umso mehr in „Wiener Kunstsalon“ (Salotto.Vienna), ein los, doch die Stadt Triest ist überzeugt, daß einem Jahr, in dem wir das 100. Jubiläum Kunstsommer unter der künstlerischen ein steter kultureller und wirtschaftlicher Aus- eines so tragischen Ereignisses wie des Be- Schirmherrschaft des Österreichischen Mu- tausch eine Chance für eine Vertiefung der ginns des 1. Weltkriegs begehen. Daher woll- seums für angewandte Kunst / Gegenwarts- positiven Verbindung im Herzen Europas ten wir ein positives Zeichen setzen, das in die kunst MAK, kuratiert von Jürgen Weishäupl bietet und daß es die zeitgenössische Kunst Zukunft blickt und nicht nur an die Tragö- und seinem interdisziplinären artprojects- vermag, das Gemeinsame der beiden Städte dien der Vergangenheit erinnert“, so Cosolini. Team. Der Wiener Kunstsalon transferiert die zu unterstreichen. Die an das MAK ergangene Einladung vibrierende Atmosphäre der Belle Époque „Es ist von großer Bedeutung für die Stadt der Stadt Triest, die künstlerische Schirm- ins beginnende dritte Jahrtausend. Triest, die zeitgenössische Kunst wieder in herrschaft für dieses ambitionierte Projekt zu BesucherInnen sind eingeladen, durch den Mittelpunkt zu stellen, wobei Innova- übernehmen, hat Christoph Thun-Hohen- Ausstellungen und Installationen zu spazie- tion, Forschung und Experiment die Grund- stein, Direktor des MAK und Verfechter in- ren, Performances zu erleben, sich Diskus- lagen nicht nur für die kulturelle, sondern terdisziplinärer Kunstprojekte, gerne ange- sionen zu stellen, zur Musik zu tanzen oder auch für die wirtschaftliche Entwicklung bil- nommen. Thun-Hohenstein: „Der Wiener in den österreichischen Kurzfilm von heute den“, sagt der Bürgermeister von Triest, Ro- Kunstsalon in Triest bietet eine willkomme- einzutauchen. Im Mittelpunkt steht der Dia- berto Cosolini. Und weiter: „Daher erschien ne Gelegenheit, das zeitgenössische kreative

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Wien aus neuer Perspektive zu beleuchten. Jürgen Weishäupl ist erfreut über die vertreten sein: Akademie des Österreichi- Als Mehrspartenmuseum mit internationa- positiven Reaktionen der Wiener Kultur- schen Films, ART for ART, Charim Galerie, lem Profil erscheint das MAK prädestiniert, schaffenden, in und mit Triest zu arbeiten. Galerie Emanuel Layr, Galerie Krinzinger, den grenzüberschreitenden Austausch von Als Grund dafür sieht er die tiefgehenden Galerie Steinek, Haus der Musik, ImPuls- Künstlerinnen und Künstlern der verschie- kulturellen Verbindungen der beiden Städte, Tanz, Kunsthalle Wien, Kunsthaus Wien, densten Disziplinen voranzutreiben. Die die in der Wiener Kunstszene diesen Auf- KÖR – Kunst im Öffentlichen Raum Wien, ehemalige Fischhalle direkt am Hafen in bruch nach Triest auslösen. „Anstatt die Leopold Museum, MQ – MuseumsQuartier, Triest, die in jüngster Zeit für künstlerische Kunstwerke im Original zu zeigen, waren MICA -music austria, Parabol Art Magazine, Projekte genützt wird, bietet eine eindrucks- wir bestrebt, die Akteure der interdisziplinä- Roter Teppich, sound:frame, Stadthalle Wien, volle Bühne für die Präsentation der Vielfalt ren Wiener Kunstszene einzuladen und TQW – Tanzquartier Wien, Universität für und des kreativen Potenzials der Wiener durch reale Präsenz und mediale Vermittlung angewandte Kunst Wien, Wien Modern, Kunst- und Kulturszenen.“ die zeitgenössischen Schwingungen Wiens Wien Products und Wiener Wohnen. Mit dem Ansatz eines Salons greift der nach Triest zu bringen. Die Szenografie des Darüber hinaus nehmen KünstlerInnen, „Wiener Kunstsalon inTriest“ ein in der Wie- Kunstsalons entwickelten wir im Team mit Performer, MusikerInnen, DesignerInnen, ner Moderne beliebtes Format auf und dem Architekturbüro und Initiator des RegisseurInnen etc. wie etwa Anna Blume, schafft damit eine inspirierende Verknüp- Kunstsalon Giovanni Damiani. Im Mittel- Nin Brudermann, Victoria Coeln, Johannes fung von Tradition und Experiment – eines punkt steht die Salon-Atmosphäre, in der Deutsch, Julius Deutschbauer, Paul Divjak, der Kernanliegen des MAK. Wie schon be- sich die Menschen begegnen, Ideen und Mei- Christoph Dostal, Thomas Draschan, eSeL, deutende Salons in Wien um 1900, wie etwa nungen austauschen und wo Künstler, Per- VALIE EXPORT, Luca Faccio, Andreas jener von Berta Zuckerkandl, bietet der former und Leiter von Kultur- und Wirt- Fogarasi, foxytwins, Silke Grabinger, Daniel „Wiener Kunstsalon in Triest“ eine Platt- schaftsinstitutionen ihr Schaffen präsentie- Hoesl, Edgar Honetschläger, Erwin Kien- form für anregende Begegnungen von Per- ren und zur Diskussion stellen. Die Kunst nast, Jan Lauth, Liquid Loft, Rita Nowak, sönlichkeiten verschiedenster Kunstsparten. braucht wieder ihre Polis. Diskurs und per- mediaOpera, Phace | Contemporary Music, In Jürgen Weishäupl – einem profunden sönlicher Austausch müssen erneut ins Zen- Meinhard Rauchensteiner und viele andere Kenner der künstlerischen Szenen Wiens mit trum der Aufmerksamkeit der Kunst gerück teil. großer Italienerfahrung – fanden die Stadt werden.“ Alle Veranstaltungen finden bei freiem Triest und das MAK den idealen Produzen- Unter anderen werden folgenden Wiener Eintritt statt. ten und Kurator für dieses Vorhaben. Institutionen, Organisationen, Galerien etc. http://www.mak.at Foto: Gemeinde Triest Für 33 Nächte Herberge für Wiener Kunst im »Salotto.Vienna« – die ehemalige Fischhalle am Triester Hafen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 113 Kultur Leonardo der Naturmalerei Vor 200 Jahren kehrte der botanische Zeichner Ferdinand Bauer (1760-1826) nach der ersten Umsegelung des australischen Kontinents nach Österreich zurück. nläßlich dieses Jubiläums zeigt das ANaturhistorische Museum Wien eine Präsentation seiner Arbeiten zur australi- schen Flora und Fauna. Eine kleine Schau, die in Kooperation mit der australischen Botschaft in Wien ent- stand, ist von 27. August bis 28. September 2014 zu sehen. Ferdinand Bauer (1760-1826) war der erste Europäer, der die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt Australiens detailliert und umfassend festhielt. 1817 schrieb Johann Wolfgang von Goethe über ihn: „Daher wird man beim Anblick dieser Blätter bezaubert; die Natur ist offenbar, die Kunst versteckt, die Genauigkeit groß, die Ausführung mild, die Gegenwart entschieden und befriedi- gend.“ Der international anerkannte österreichi- sche Zeichner gilt als einer der bedeutend- © NHM Wien, Alice Schumacher sten botanischen Künstler aller Zeiten. Ob- Bild oben: Koala; Bild unten: Totentrompete wohl als „Leonardo der Naturmalerei“ be- zeichnet, ist er in seiner Heimat kaum be- kannt. Das Naturhistorische Museum Wien besitzt mehr als 2.000 seiner Bleistiftskizzen und Zeichnungen. Ferdinand Bauer wurde als einer von drei Söhnen in Feldsberg (heute Valtice, Tsche- chische Republik) geboren. Er arbeitete mit Baron Nikolaus von Jacquin, Professor für Botanik und Chemie an der Universität Wien und Direktor des Botanischen Gartens, und dem bedeutenden britischen Botaniker John Sibthorp zusammen. 1784 bat Sibthorp Bauer, ihn als naturhis- torischer Zeichner auf einer Reise nach Griechenland und zu den griechischen Inseln zu begleiten. Anschließend kehrten sie gemeinsam nach England zurück, wo Bauer die Zeichnungen für seine Flora Graeca fer- tigstellte. Dort lernte er Sir Joseph Banks kennen, der ihn 1801 als botanischen Zeich- ner für die Expedition nach Terra Australis unter Kapitän Matthew Flinders vermittelte. Bei dieser Reise wurde der australische Kon- tinent zum ersten Mal umsegelt. 1805 kehrte Bauer nach England zurück, im Gepäck 11 Kisten mit 1542 Zeichnungen © NHM Wien, Alice Schumacher von australischen Pflanzen, 180 von Pflan- Im August 1814 kam Bauer nach Wien Liechtenstein“ bei, einem wichtigen Nach- zen der Norfolk Inseln und über 300 von zurück, wo er in ein kleines Haus in Hietzing schlagewerk mit mehr als 3000 botanischen Tieren. Die nächsten fünf Jahre arbeitete er in der Nähe Schönbrunns zog und 1826 Zeichnungen. „ an seinem Werk „Illustrationes Florae Novae starb. In Wien setzte er seine herausragende http://www.nhm-wien.ac.at Hollandiae“. Arbeit fort und trug wesentlich zum „Codex http://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Bauer

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 114 Kultur K.U.SCH. Eine Themenpalette ZEIT KUNST NIEDERÖSTERREICH widmet der Künstlergruppe K.U.SCH. die erste umfassende Retrospektive und beleuchtet ausgehend vom Frühwerk alle wesentlichen Aspekte ihres facettenreichen und eigenwilligen Œuvres. © Bildrecht, Wien 2014. Foto: K.U.SCH. K.U.SCH., Großer Rahmen auf Rädern, 1979/1980, 294 x 197 x 12 cm

ie Ausstellung „K.U.SCH. Eine The- kung von Farbe, Form und Linie im Ver- Dmenpalette“ ist vom 27. September hältnis zu Raum und Fläche thematisieren. 2014 bis 22. Februar 2015 in der Shedhalle Parallel dazu entstanden, angeregt durch das des Landesmuseums Niederösterreich in „New American Cinema“, mehrere experi- St. Pölten zu sehen. mentelle Filme, die dokumentarische und Seit 1972 bezeichnen sich die seit ihrer künstlerische Elemente in sich vereinigen. Heirat 1968 als Duo auftretenden Renate 1978 übersiedelte das bis dahin in Wien Krätschmer (geb. 1943) und Jörg Schwar- ansässige Paar für einige Jahre auf einen zenberger (1943–2013) offiziell als Künst- Vierkanthof in Kirnberg bei Melk (NÖ), den lerkooperative K.U.SCH, der seit 2006 auch so genannten Strohhof, wo die beiden im ihr Sohn Sito angehört. Ihr vielfältiges Œuvre, Sinne einer ganzheitlich-kreativen Selbst- das auf die unmittelbare Verknüpfung von verwirklichung und im Einklang mit den Kunst und Leben abzielt, umfaßt Objekt- Zyklen der Natur lebten, Gemüse anbauten kunst, Malerei, Zeichnung, Film, Design, und Ziegen züchteten: „Das Leben am Bau- Land-Art, Performance und Theater und ist ernhof kann […] im Nachhinein vielleicht von Anfang an von einem dezidiert gesell- als eine intime Form von Gesamtkunstwerk schafts- und konsumkritischen Bewußtsein verstanden werden.“, so Jörg Schwarzenber- geprägt. ger. Den eigentlichen Beginn der künstleri- Die eigene Erfahrung des Eingebunden- schen Zusammenarbeit von Krätschmer und Seins in die Natur einerseits und die Be-

Schwarzenberger markieren Objekte und © Land Niederösterreich. Bildrecht, Wien, 2014. Foto: Rita Newman schäftigung mit den Kulturen verschiedener Möbel, die auf eine intensive Auseinander- Naturvölker andererseits forcierte zuneh- K.U.SCH., »Blitz-Art-Schier«, 1980 setzung mit der Farbenlehre Goethes und Acryl/Holz, Metall, Höhe 150 cm mend K.U.SCH.‘s Interesse für Rituale und Harald Küppers zurückgehen und die Wir- Landessammlungen Niederösterreich Masken, was schließlich in der Idee ihres

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Prozessionstheaters kulminierte. Die erste Umsetzung eines solchen gesamtkunstwerk- artigen Spektakels fand unter dem Titel „Annäherung an das Fremde“ 1988 im Rahmen des Donaufestivals in Krems statt: Ähnlich einer Fronleichnamsprozession zo- gen etwa 50 Mitwirkende – Maskenträger, Musiker, Tänzer, Schauspieler und andere Akteure – nach genauen Anweisungen und mit verschiedenen, von K.U.SCH. gestalte- ten Masken, Stäben und Schilden ausgestat- tet, würdevollen Schrittes durch die Kremser Altstadt, wobei es bei bestimmten Stationen zur Aufführung von kurzen szenischen Per- formances kam. Dem Titel gemäß ging es „um die Erregung einer kontemplativen Auf- merksamkeit, – darum, die Fremdheit der Masken als die eigene Fremdheit sich selbst gegenüber wahrzunehmen (wahrnehmbar zu © Land Niederösterreich. Bildrecht, Wien 2014. Foto: Christoph Fuchs Jörg Schwarzenberger, »Rhythmische Formation (Schiff)«, 1971, Dispersion, machen).“ Acryl/Holz, 77 x 42 x 42 cm; Landessammlungen Niederösterreich Ein weiterer wichtiger Aspekt im Schaf- fen von K.U.SCH. ist die mit absurden und „alles um uns herum vermittels seiner zember 2013 verstorben ist, aber an der Kon- zugleich titelgebenden Wortkreationen ein- Körperhaftigkeit, Bezüglichkeit und Aus- zeption noch maßgeblich mitgewirkt hat. hergehende Objektkunst, in der sie auf sar- strahlung zu uns spricht, auf uns wirkt […].“ Zur Ausstellung erscheint im Kerber Ver- kastisch-ironische Art den Warenfetischismus Die seit längerem geplante Ausstellung, lag eine bilinguale Publikation mit Beiträgen unserer Zeit zum Thema machen. Indem sie die sich anhand eines chronologisch-thema- von Katharina Blaas-Pratscher, Linda Chri- Dinge, die aus völlig unterschiedlichen Zu- tischen Parcours dem von K.U.SCH. ange- stanell, Renald Deppe, Bodo Hell, Hartwig sammenhängen stammen, miteinander kom- strebten Ideal eines Gesamtkunstwerks an- Knack, K.U.SCH., Wolfgang Müller-Funk, binieren und nach dem genitalen Prinzip als zunähern versucht, findet bedauerlicher- Christian Reder, Dieter Ronte, Alexandra männlich oder weiblich kategorisieren, wer- weise in memoriam Jörg Schwarzenberger Schantl und Peter Zawrel. „ fen sie ein assoziatives Netz aus, in dem statt, der nach schwerer Krankheit im De- http://www.zeitkunstnoe.at © Bildrecht, Wien 2014. Foto: K.U.SCH. K.U.SCH., Art-Roller, 1977, museum moderner kunst stiftung ludwig wien, Metall, Lack, 80 x 138 x 10 cm

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 116 Kultur Punctum. Bemerkungen zur Photographie – von 26. Juli bis 21. September 2014 im Salzburger Kunstverein courtesy of the artist Anna Jermolaewa, ohne Titel, 2010/2014

unctum“ ist eine Ausstellung, die das doch noch darüber hinaus und schreibt eine PWesen der Fotografie heute untersucht. Reihe weiterer phänomenologischer Betrach- Bestehend aus fünfzig Fotografien, die von tungen dieser Sphäre des „punctum“ zu. KünstlerInnen, KuratorInnen und Schrift- Für die Ausstellung wurden die Teilneh- stellerInnen ausgewählt wurden, und beglei- merInnen eingeladen, Fotografien auszu- tet von einer Vortragsreihe sowie einer Pu- wählen, die für sie das Konzept des „punc- blikation, nimmt die Ausstellung ihren Aus- tum“ emblematisch verkörpern, speziell im gangspunkt beim Begriff des „punctum“, Kontext der heutigen Fotografie und unse- wie ihn Roland Barthes in seinem Buch „Die rem konstanten Ringen um Ästhetik. Jede helle Kammer. Bemerkungen zur Photogra- ausgewählte Fotografie wird von einem kur- phie“ einführte. zen, beschreibenden Text begleitet, der die Was die Fotografie anlangte, so hielt mich Gründe der Entscheidung erhellen soll. Den ein „ontologischer“ Wunsch gefangen: Ich Hintergrund des Projekts bilden die fortwäh- wollte unbedingt wissen, was sie „an sich“ renden, ontologischen Überlegungen zur Fo- war… tografie, besonders heute, lange nach ihrer Roland Barthes, Die helle Kammer Digitalisierung und weiteren Universalisie- rung. Fotografie ist immer problematisch ge- Barthes benutzt den Begriff „punctum“ wesen, als eine sogenannte indexikale Form, als sprachliches Mittel, um die Bedeutung als Ersatz für Erinnerung, als manipuliertes von Fotografie zu untersuchen. Der Begriff Mittel, als Instrument der Beobachtung, Kon- bezieht sich auf ein besonderes Detail einer trolle und des Militarismus, und auch als courtesy Privatsammlung Fotografie, das den Betrachter fesselt oder vielumstrittene Kunstform. Carleton Watkins, Section Grizzly „verwundet“ und es zu einem Objekt der Giant, Mariposa Grove, California, Mit der Evolution der Fotografie in das Reflexion vervollständigt. Barthes geht je- 1861, Albuminpapierabzug digitale Zeitalter hinein haben sich diese

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Problemfelder wohl vervielfacht. Der Schrift- Die Ausstellung wird von einer Vortrags- BesucherInnen werden eingeladen, ihr ganz steller Geoff Dyer, zum Beispiel, argumen- reihe zu aktuellen Themen der Fotografie persönliches „punctum“ zur Ausstellung hin- tiert, daß digitale Fotografie „frei von jeg- heute begleitet. In Zusammenarbeit mit Fo- zuzufügen. „ lichen Qualitäten vergangener Zeit zu sein tohof edition wird ein Katalog publiziert. http://www.salzburger-kunstverein.at scheint“, daß sie keine der Eigenschaften mehr besitze, die Barthes ihr zugeschrieben habe. Barthes zufolge ist die Fotografie „das lebendige Bild von etwas Totem“ und daher wohnt ihr etwas einer „Auferstehung“ inne. Würde diese Meinung heute standhalten, in einer Zeit, in der die Fotografie von einem konstanten, sich immerzu verändernden und unaufhaltsamen Fluß der Bilder mitgerissen wird? Würden wir heutzutage noch den Begriffen Barthes wie „profunde Verrückt- heit“, „geteilte Halluzination“ oder „das Ir- reversible“ als elementare Definitionen der Fotografie zustimmen? Oder müssen wir uns nicht erneut fragen: Was ist der ontologische Status der Fotografie? rechts: Willie Doherty, Incident, 1993, Cibachrome kaschiert auf Aluminium unten: Spring Hurlbut, Deuil II: James # 5, 2008, Pigmentdruck courtesy of the Irish Museum Modern Art, Dublin courtesy of Georgia Scherman Projects, Toronto

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 118 Kultur Oö. Kulturstudie 2014 Kunst und Kultur in Oberösterreich in den Augen der Bevölkerung

as Land untersucht regelmäßig die DMeinung der OberösterreicherInnen zu wichtigen Themen aus den Bereichen Kunst und Kultur. Diese Kulturstudien geben nicht nur Aufschluß über die Haltung der Men- schen im Land, sie sind auch Gradmesser für die Weiterentwicklung des Kulturlandes Oberösterreich. Dazu werden für jede Studie inhaltliche Schwerpunktthemen definiert. 2014 waren dies die Bereiche Gedenkjahre, Denkmalschutz und der Höhenrausch.

Stichprobe und Methodik der Kulturstudie 2014 Die Studie wurde vom market Institut durchgeführt. Projektleiter war David Pfarr- hofer. Deren Ergebnisse basieren auf 754 per- sönlichen face-to-face Interviews, die von 11. Foto: Land OÖ / Kraml bis 30. Juni 2014 in ganz Oberösterreich ge- Pressekonferenz im OÖ. Presseclub mit Landeshauptmann Josef Pühringer (r.) führt wurden. Die Ergebnisse (maximale sta- und Projektleiter David Pfarrhofer vom market Institut tistische Schwankungsbreite +/- 3,64 %) Musiktheaters, es soll allen Formen der trag, die Kulturdenkmäler für kommende sind repräsentativ für die oberösterreichische Bühnenkunst eine Heimat bieten. Be- Generationen zu erhalten, und andererseits Bevölkerung ab 15 Jahren. sonders wichtig ist den Befragten auch kommt Kulturdenkmälern aus touristischer ein populärer Spielplan, um größtmögli- Sicht eine wichtige Rolle zu. Aktuelle Stimmungslage che Breitenwirkung zu erzielen; weiter- in Oberösterreich hin sind die OberösterreicherInnen davon Höhenrausch Stabilität und Zufriedenheit sind die überzeugt, daß das neue Musiktheater Für rund 80 % der Bevölkerung ist der Schlagworte, die die Einstellung der Ober- eine Chance für den Standort Oberöster- Linzer Höhenrausch ein Begriff, in Linz ist österreicherInnen zu ihrem Bundesland am reich darstellt. Der gewählte Standort wird dieses Projekt durchgängig verankert. Und: besten beschreiben. Im Vergleich zu den ver- als attraktiv beschrieben – in diesem Punkt Vor allem Frauen haben schon zumindest gangenen Jahren ist nur ein leichter Rück- ist die Zustimmung im Jahr 1 nach der davon gehört. Knapp die Hälfte der Kenner gang zu spüren, insgesamt sind auch heuer Eröffnung sogar angestiegen. Die Kritik war in den vergangenen Jahren einmal zu 80 Prozent der Bevölkerung mit der aktuel- am Musiktheater nimmt immer mehr ab. Gast beim Höhenrausch – überdurchschnitt- len Situation in Oberösterreich zufrieden  Erfreulich sind die geplanten Besuche für lich gut vertreten ist die Alterskohorte 30 bis (24 % sehr zufrieden, 56 % zufrieden). die kommende Spielzeit: Ein Fünftel 59 Jahre sowie Personen aus Linz. (19 % ) will in der Saison 2014/15 auf je- Kulturland Oberösterreich den Fall zu Gast im neuen Haus sein, ein Gedenkjahre Die OberösterreicherInnen bezeichnen weiteres Viertel (27 % ) hat dies – zumin- Etwas mehr als drei Viertel der oberöster- ihr Heimatbundesland gerne als Kulturland dest vorsichtig - in Planung. Damit wird reichischen Bevölkerung beurteilen Gedenk- (29 % auf jeden Fall, 56 % eher schon). fast das Niveau des Eröffnungsjahres (mit jahre als wichtig (32 % sehr wichtig, 47 % Oberösterreichs besondere kulturelle besonders intensiver Berichterstattung wichtig) und knapp zwei Drittel (61 %) in- Stärken werden von den Menschen in der über das neue Haus) erreicht. teressieren sich auch dafür (21 % sehr inter- Tradition (43 % voll und ganz, 40 % eher), essant, 40 % interessant). Bei beiden Frage- dem vielfältigen Angebot (39 % voll und Denkmalpflege in Oberösterreich stellungen wird eine klare Korrelation mit ganz, 36 % eher), dem Abwechslungsreich- Denkmalpflege ist für die oberösterrei- dem Alter deutlich: Mit zunehmendem Alter tum (29 % voll und ganz, 41 % eher), aber chische Bevölkerung von Bedeutung – steigt die wahrgenommene Bedeutung von auch in der Qualität der gebotenen Kultur- knapp 90 Prozent beurteilen Denkmalpflege und das Interesse an Gedenkjahren. Projekte (28 % voll und ganz, 43 % eher) als zumindest wichtig (38 % sehr wichtig, Den Hauptnutzen von Gedenkjahren sieht gesehen. 50 % wichtig). Vor allem die Generation ab man darin, daß damit wichtige Ereignisse 40 ist von der Bedeutung der Denkmalpflege nicht in Vergessenheit geraten und man zum Das Linzer Musiktheater überzeugt, jüngere OberösterreicherInnen Nachdenken angeregt wird – vor allem aber  Die oberösterreichische Bevölkerung sehen darin etwas weniger Bedeutung. Die auch sollen Gedenkjahre helfen, damit junge wünscht sich das neue Haus als breit Gründe für diese hohe Zustimmung liegen Menschen aus der Geschichte lernen kön- gefächerte Bühne für alle Sparten des auf der Hand – man sieht einerseits den Auf- nen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 119 Kultur 8. Schrammel.Klang.Festival Das Musikfest in Litschau ist höchst erfolgreich über die Bühnen gegangen. © Karl Satzinger

as Schrammel.Klang.Festival in Litsch- »bratfisch« (Bild oben) auf der Waldbühne und die Natursänger Willi Lehner und Dau lockte von 4. bis 6. Juli Tausende Be- Kurt Girk (Bild unten) waren am Schrammel.Pfad zu Gast. sucherInnen an den Herrensee (ausgegeben wurden weit über 6000 Festivalpässe). Doch bei diesem Festival geht es nicht um Re- korde und Besuchermassen, sondern um den stimmigen, entspannten Genuß von Musik in wunderschöner Waldviertler Landschaft. Dank der neuen Bühne bei der „Fischer- hütte“ konnten die ZuhörerInnen einen zu- sätzlichen Spielort besuchen, der mit einem hervorragenden Fisch-Grill einen auch kuli- narisch erfreulichen Neuzugang im Pro- gramm bot. Eröffnet wurde das Festival Freitagabend unter dem Motto „Unendliche Weiten“ von der Wiener Tschuschenkapelle, die 2014 ihr 25jähriges Bestehen feiert, und immer wie- der gerne auch Ausflüge ins Wienerische macht. Die Strottern & Blech sind eine Klasse

für sich, und das bekundete auch lautstark © Karl Satzinger das begeisterte Publikum im Herrensee- gnügen ihre ironisch-sarkastischen Lieder reiche Kinder nahmen am Kinderworkshop theater, bevor es am Eröffnungsabend nach sang; die über 90 Konzerte am Samstag und mit Angelika Steinbach-Ditsch teil. der gemütlichen Schrammel. Jam.Session Sonntag am Schrammel.Pfad (mit Agnes Ermöglichst wird das von Zeno Stanek mit Altmeistern wie Kurt Girk, Willi Lehner, Palmisano, Fiaker Fiasko, den Mondschein- erfundene und geleitete Festival unter ande- Bäuml & Koschelu die heuer erstmals prä- brüdern, den Strottern, Wiener Brut und und rem von 140 ehrenamtlichen Helfern aus sentierten magischen Lichtilluminationen und); Roland Neuwirth und die Extrem- Litschau und Umgebung sowie von den von THIS.PLAY im See bestaunte. schrammeln am Samstagabend, gefolgt von 40 KomparsInnen, die in Kostümen aus der Der Highlights wären noch viele zu nen- Karl Ritters unbändigen „Schrammelüber- Gründerzeit für ein hübsches Schrammel- nen, etwa die Samstag-Matinée mit dem un- malungen“. Birgit Denk nahm die Besucher Feeling sorgen und damit an die Namens- vergleichlichen Duo Hodina-Havlicek und in ihrem fulminanten Abschlusskonzert am geber des Festivals erinnern. „ dazu Traude Holzer, die mit großem Ver- Sonntagabend mit „durch die Wüste“. Zahl- http://www.schrammelklang.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 120 Serie »Österreicher in Hollywood«

Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »Österreicher in Hollywood« 400 Einzel- biografien mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In der 79. Folge portraitiert er Oscar Straus Komponist

scar Nathan Strauss, drei Jahre nach Etablierung der Österrei- Ochisch-Ungarischen Monarchie als Sohn des Bankiers Leopold Strauss und seiner Gattin Gabriele am 6. März 1870, einem Sonntag, in Wien- geboren, änderte später seinen Namen in Straus, um Verwechslungen mit der berühmten Strauss-Dynastie zu vermei- den. Er studierte in Wien und Berlin Musik und begann als Kapell- meister an Provinzbühnen in Brünn, Teplitz und Mainz. 1893 ent- stand sein erster Bühneneinakter, 1900 machten ihn einige musikali- sche Farcen für Stars an Ernst von Wolzogens Kabarett „Überbrettl“ in Berlin bekannt, 1903 schrieb er die Musik für ein Tanzduett in einem Kurzfilm der Maesters Projektion. Nachdem ihm Johann Strauss zum „feschen Walzer“ riet, überraschte er 1904 nach anfänglich klei- nen Versuchen mit der Parodie „Die lustigen Nibelungen“, die 1907 vorgestellte Operette „Ein Walzertraum“, daraus das Walzerlied „Leise ganz leise …“, brachte es im „“ in Wien auf über 1000 Aufführungen. Mit seinem Gespür für alle Aspekte des Musik- theaters, dem umfangreichen Gesamtwerk sowie einem melodischen Einfallsreichtum voll Geist, Charme und Originalität zählt Straus zu den Repräsentanten der großen Wiener Walzer- und Operettentradi- tion. Das wienerische Flair in seinem Schaffen erweckte auch die Aufmerksamkeit Hollywoods. Fox Film Corporation kaufte sein 1928 mit dem Librettisten Armin Robinson erarbeitetes Stück „Hochzeit in Hollywood“, das unter dem Titel „Married in Hollywood“ als einer der frühen Tonfilme in die Kinos kam. Am ersten Tag des Jahres 1929 offerierte ihm Warner Bros. auf Empfehlung ihres Musikchefs Ernö Rappée, einer von Straus’ ältesten Freunden, per Kabel ein Engagement für drei Monate. Der Filminteressierte verstand, daß die beginnende Synchronisation von Bild und Ton der Musik die Tore zur Welt öffnete und eine neue Dimension der Verbreitung ermög- lichte. Noch vor der Ankunft in Amerika erhielt Straus auf dem Schiff ein von den prominentesten Bühnen- und Filmkomponisten unter- zeichnetes Begrüßungstelegramm1). Der Empfang in der Traumfabrik war bombastisch, in der Los Angeles Station erwarteten ihn Erich

Wolfgang Korngold, Leopold Stokowski, der Prager Rudolph Friml, Foto: Archiv Rudolf Ulrich Irving Berlin, Vicki Baum, Gloria Swanson und Pola Negri, auf einer Oscar Straus riesigen Party zu Ehren des 50. Geburtstags Ernst Lubitschs erwiesen ihm Greta Garbo, Marlene Dietrich, Mary Pickford, Charles Chaplin, wurden viele Pläne gemacht und nicht ausgeführt, Straus oblag es Douglas Fairbanks, Cecil B. de Mille und weitere Größen Holly- damals lediglich, die Sonne Kaliforniens und in seiner Residenz in woods ihre Reverenz. Die Begegnung mit George Gershwin betrach- den Hollywood Hills die Gesellschaft attraktiver und interessanter tete er als Zusammenkunft Europas mit Amerika. Tags darauf erwar- Menschen zu genießen. Erst kurz vor Vertragsende und der geplanten teten ihn die Gebrüder Warner am Eingangstor des Studios, eine un- Heimreise offerierte ihm MGM’s Chief Producer Irving Thalberg ein übliche Ehrung, das Publicity Department stellte ihn im großen Rah- akzeptables Angebot zur Mitarbeit an dem Musical ,,A Lady’s men der Presse vor. Straus nahm anschließend sein Office in Augen- Moral“, eine Jenny-Lind-Biografie2). Der im Anschluß fertiggestellte schein, eine Suite, die Warners für den jeweils wichtigsten Mann auf Score für den Film ,,Daybreak“ nach einem Stoff Arthur Schnitzlers ihrer „pay roll“ bereit hielten. Die zwei Jahre zuvor hatte der Sänger, (,,Spiel im Morgengrauen“) blieb ungenutzt, da man den Streifen im Schauspieler und Entertainer Al Jolson darin residiert. Endeffekt ohne Musik produzierte. Teile der Partitur integrierte Indigniert mußte Oscar Straus allerdings bald zur Kenntnis neh- MGM später in das Lawrence-Tibbett-Musical ,,The Prodigal“ (auch men, daß der Enthusiasmus um seine fabulöse Verpflichtung eines ,,The Southerner“). Schwer enttäuscht brach Straus den Hollywood- realen Hintergrunds entbehrte. In der Zeit des beginnenden Tonfilms Aufenthalt ab, kurz nach der Einschiffung in New York erreichte ihn

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Premiere im „Metropol-Theater“ am 1. Sep- tember 1932 war ein großes, glanzvolles Theaterereignis, gezielte Störungen der Auf- führungen durch die Nationalsozialisten be- deuteten letztlich aber den Abgesang für das Zeitalter der heiteren Muse. Nach Hitlers Machtübernahme und Beginn der Barbarei verließ Straus Deutschland, 1936 lieferte er in England die Musik für den Richard Tau- ber-Film „Forbidden Music“, als man sich in Kalifornien seiner erinnerte, reiste er erneut in die Filmmetropole. Die vom Wiener Hugo Riesenfeld vertonte und mit Straus-Songs versehene Produktion eines kleineren Stu- dios, die Komödie „Make a Wish“ mit einem hochgelobten, aber untalentierten Kinderstar, lief mit nur wenig Resonanz im August 1937 in einem Broadway-Kino an. Der dagegen sensationelle Erfolg seiner 1935 in Zürich ur- aufgeführten Bühnen-Kavalkade „Drei Wal- Foto: Archiv Rudolf Ulrich Oscar Straus mit seinem zweimaligen kongenialen Produzentenpartner Ernst Lubitsch zer“ in der französischen Hauptstadt („Trois Valses“) lockte ihn trotz vieler Warnungen jedoch der dringende Rückruf von Ernst Lu- Der Komponist wirkte beim Aufenthalt vor den politischen Verhältnissen in Europa bitsch, der für Paramount eine US-Filmver- 1931 in der deutschsprachigen MGM-Ton- an die Seine. sion des ,,Walzertraums“ plante. Straus folg- filmreportage „Wir schalten um auf Holly- Monate später mußte der von den Nazis te der Bitte, arbeitete mit dem Berliner ,,pro- wood“ des Wieners Paul Morgan in einem Bedrohte aus der an das Dritte Reich „ange- ducer-director“ am Buch des Films mit dem Cameo-Auftritt mit. Er vollendete anschlies- schlossenen“ Heimat flüchten. Über Zürich Titel ,,The Smiling Lieutenant“, adaptierte send in Berlin die in Amerika begonnene, für nach Paris, wo man ihn zum Ritter der dafür seine Musik aus dem ,,Walzertraum“, Fritzi Massary gedachte Operette „Eine Frau, Ehrenlegion ernannte, nachfolgend 1940 vor schrieb neue Lieder und Tunes, änderte die die weiß was sie will“ (auch „Manon“). Die der anrückenden Wehrmacht über Spanien Orchestration und kehrte anschließend nach Wien zurück. Die Uraufführung von ,,A Lady’s Moral“, in dem die Sopranistin Grace Moore in ihrem Filmdebüt in der Rolle des schwedi- schen Opernstars die Songs des Wieners zu einem Hit machte, fand im November 1930 statt, die musikalische Komödie ,,The Smi- ling Lieutenant“, die den französischen Star Maurice Chevalier herausstellte, hatte im Juli 1931 Premiere. Aufgrund deren publi- kumsstarker Rezeption unterbreitete Para- mount Straus umgehend ein weiteres An- gebot, er akzeptierte und brachte, neuerlich in Hollywood, für den Film ,,One Hour with You“3) einschmeichelnde, schmissige Songs für das Traumpaar Chevalier-Jeanette Mac Donald zu Papier. Beide Musicals erzielten in der Kategorie „Best Picture“ Nominie- rungen zum Academy Award, verloren je- doch bei der Vergabe-Zeremonie 1931/32 gegen MGM’s Vicki-Baum-Verfilmung ,,Grand Hotel“. Die ,,Walzertraum“-Adap- tion ,,The Smiling Lieutenant“, von Lubitsch in einem neuen Stil als notable Präzedenz inszeniert, geriet indes zum ersten interna- tionalen Erfolg einer Film-Operette, Oscar

Straus avancierte damit zum musikalischen Foto: Archiv Rudolf Ulrich Botschafter Österreichs in der Welt. Oscar Straus 1930 in Hollywood

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 122 Serie »Österreicher in Hollywood«

sche Operettenkomponist und Schöpfer von fast 50 Bühnenwerken (mehrere davon ver- filmt) wurde zu seinem 80. Geburtstag mit dem Ehrenring der Stadt Wien geehrt. Er war zweimal verheiratet, seit 1908 mit der Sän- gerin Clara Singer, aus beiden Ehen gingen drei Söhne hervor. Oscar Straus, der 1948 die US-Bürgerschaft annahm, starb am eben begonnenen 11. Jänner 1954 in seiner Villa in Bad Ischl, wo er die letzten Lebensjahre verbrachte und am dortigen Friedhof auch seine letzte Ruhestätte fand. „

1) We American composers are proud to be able to greet the great Oscar Straus and we wish him all the luck in the world on American soil. Jerome Kern, George Gershwin, Irving Berlin, Cole Porter, Rudolph Friml, Sigmund Romberg, Vincent Youmans. 2) MGM produzierte unter dem Titel „Jenny Lind“ auch eine französischsprachige Version. 3) Paramount produzierte unter dem Titel „Une heure près de toi“ gleichfalls eine französischsprachige Ver- sion. Der Komponist mit dem französischen Star Maurice Chevalier 4) Der Film ist eine Mixtur aus Teilen der auf George Bernard Shaws Stück „The Arms and the Man“ basierenden Oscar Straus-Operette „Der tapfere Sol- dat“ von 1908 (in den USA „The Chocolate Soldier“) und Franz Molnárs Stück „Der Leibgardist“ von 1910 (in den USA „The Guardsman“).

it dem Buch „Österreicher in Holly- Mwood“ legte der Zeithistoriker Rudolf Ulrich die lang erwartete Neufassung seines 1993 erstmals veröffentlichten Standardwer- kes vor. Nach über zwölfjährigen Recherchen konnten 2004 die Ergebnisse in Form einer revidierten, wesentlich erweiterten Buchaus- gabe vorgelegt werden. „Diese Hommage ist nicht nur ein Tribut an die Stars, sondern auch an die in der Heimat vielfach Unbe- kannten oder Vergessenen und den darüber- hinaus immensen Kulturleistungen österrei- chischer Filmkünstler im Zentrum der Welt- kinematographie ge- widmet: „Alles, was Fotos: Archiv Rudolf Ulrich an etwas erinnert, ist Oscar Straus mit der Wiener Autorin Vicki Baum in Hollywood 1930 Denkmal“, schließt und Lissabon mit einem „re-entry visa“ nach Straus, Grandseigneur, Weltbürger und der Autor. New York. Straus dirigierte bei Konzerten in stetige Personifizierung des liebenswürdigen Rudolf Ulrich und größeren Städten der amerikanischen sowie Wieners, lebte während der Emigrationszeit der Verlag Filmar- kanadischen Ostküste und machte 1941 einen meistens in New York. Er arbeitete noch an chiv Austria bieten Ihnen, sehr geehrte weiteren Schritt nach Hollywood. Der geni- mehreren Bühnenwerken, unternahm 1947 Leserinnen und Leser, die Möglichkeit, im ale Meister der Noten assistierte MGM mit eine Konzerttournee in den USA und be- „Österreich Journal“ einige Persönlichkei- einigen Songs bei der auf verschiedenen suchte nach der umjubelten Heimkehr in das ten aus dem Buch „Österreicher in Hol- Quellen beruhenden, von Roy Del Ruth mit geliebte Österreich mehrere europäische lywood“ kennenzulernen. Nelson Eddie und der Pragerin Risë Stevens Städte, dirigierte Konzerte und schrieb 1950 inszenierten Filmoperette „The Chocolate den originalen Score mit dem „Valse“, die Rudolf Ulrich Soldier“4). 1942 verwendete Warner Bros. weltberühmt gewordene Melodie für das „Österreicher in Hollywood“; 622 Seiten, seinen mit Richard A. Whiting verfaßten vielfach ausgezeichnete Filmdrama Max zahlreiche Abb., 2. überarbeitete und erwei- musikalischen Part „One Hour With You“ in Ophüls’ „La Ronde“, nach dem bekannten terte Auflage, 2004; ISBN 3-901932-29-1; Michael Curtiz’ Kultfilm „Casablanca“. Schnitzler-Stück „Reigen“. Der letzte klassi- http://www.filmarchiv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 123 ÖJ-Reisetip Urlaub mit Kultur und Geschmack Ein prachtvolles Kulturerbe, eine lebendige Kunstszene und eine üppige Auswahl an hochkarätigen Wein- und Gaumenfreuden sorgen in Niederösterreich für einen Urlaub mit Kultur und Geschmack. Foto: Niederösterreich-Werbung / Lois Lammerhuber Eines der herausragendsten Beispiele für Niederösterreichs reichhaltiges Kulturerbe ist das barocke Stift Melk an der Donau

itten in Europa und doch immer wie- Klosterneuburg und Göttweig und dem Schauplatz von hochkarätig besetzten Mu- Mder Grenzgebiet: Die besondere Lage Prunkbau und der Gartenanlage von Schloß sik-Festivals dient. Weltoffen ist die Musik- Niederösterreichs zog schon immer Men- Hof sind einige der wertvollsten Barock- landschaft, wo eine Palette an klassischer schen und Mächte an, die hier nicht nur für ensembles Europas in Niederösterreich zu und zeitgenössischer Musik und Volksmusik eine bewegte Geschichte, sondern auch für besichtigen. Auf dem prächtigen Kulturerbe aus aller Welt geboten wird. überaus reiches Kulturerbe sorgten. Beein- ruht man sich aber heute nicht aus, sondern druckend sind vor allem die Spuren, die die versucht, darauf aufzubauen und Neues zu Kulturgenuß Regenten im Laufe von zwei Jahrtausenden schaffen. Mit großem ideellem und materiel- Ein Festival ganz besonderer Art ist auch Niederösterreich vermacht haben: von den lem Aufwand ist in den letzten Jahren eine das Theaterfest Niederösterreich, das jeden Resten der römischen Provinzhauptstadt dichte und qualitätsvolle Museumsland- Sommer auf über 20 Bühnen stattfindet und Carnuntum über die Burgen der Babenber- schaft und Veranstaltungsszene entstanden. rund 300.000 Besucher anlockt. Ähnliche ger und den von ihnen gestifteten Kirchen Eindrucksvoll ist diese Verbindung von Publikumsströme verursacht auch die nie- und Klöstern bis hin zu den grandiosen Tradition und Moderne in Grafenegg zu be- derösterreichischen Landesausstellung, die Bauprojekten der Habsburger, die speziell sichtigen, wo neben dem historischen alle zwei Jahre stattfindet. 2015 wird die Re- im Barock Niederösterreich mit Prachtbau- Schloßgebäude eine hypermoderne Freilicht- gion um den Ötscher zu einer Modellregion. ten überzogen haben. Mit den Stiften in Melk, bühne – der so genannte Wolkenturm – als Unter dem Titel „ÖTSCHER:REICH – Die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 124 ÖJ-Reisetip Foto: Grafenegg Kulturbetriebsgesellschaft.m.b.H. / Alexander Haiden Das Schloß Grafenegg und eine hypermoderne Freilichtbühne als Schauplatz von hochkarätig besetzten Musik-Festivals.

Alpen und wir.“ zeigt ein Blick in die span- sen Grünen Veltlinern und Rieslingen, die zu beispielsweise besonders gut bei einer Schiff- nende Geschichte des Mostviertels Antwor- den besten Weißweinen der Welt gehören, fahrt auf der Donau betrachten. Im Wein- ten auf brennende Fragen des Voralpenraums für den hervorragenden Ruf des österreichi- viertel lohnt der Besuch der Kellergassen auf, die sich heute viele Menschen von schen Weins. Die Weinstraße Niederöster- mit ihren Presshäusern und den oft hunderte Österreich über die Schweiz bis nach Frank- reich verbindet auf ihren 830 Kilometern die Meter in den Löß gegrabenen Kellerröhren. reich stellen. In der beeindruckenden Archi- eindrucksvollsten Stätten der Weinkultur, Die beste Zeit für einen vinophilen Besuch tektur des neuen Betriebszentrums der führt in die bekanntesten Rieden und zu den in Niederösterreich ist der Weinherbst, ein Mariazellerbahn in Laubenbachmühle (Fran- gemütlichsten Heurigen. Die prachtvollen Veranstaltungsreigen von über 800 Events, kenfels) treffen in Form einer Ausstellung Terrassenweingärten der Wachau lassen sich die den Wein in allen Facetten feiern. Neben Natur und Kultur im Alpenraum zusammen. Im Schloß Neubruck (Scheibbs) werden anhand einzelner Biografien der Region Entwicklungen und Erfindungen rund um den Ötscher dargestellt. Die Wiederent- deckung der Alpen durch das eigene Wan- dererlebnis steht in Wienerbruck (Annaberg) in Form des Naturpark Campus ganz im Mit- telpunkt. Das glanzvolle Musik-Spektakel „Starnacht aus der Wachau“ bringt mit inter- nationalen und nationalen Künstlern die ma- lerische Landschaft rund um Dürnstein zum Strahlen. Die Veranstalter vermeldeten im vergangen Jahr rund 5000 Besucher an einem Wochenende.

Eine einzigartige Weinkultur Niederösterreich ist mit rund 30.000 Hektar – das ist mehr als die Hälfte der

gesamten Weinbaufläche – Österreichs größ- Foto: Niederösterreich-Werbung / Manfred Horvath tes Weinland und sorgt mit seinen grandio- Weingartenidylle in Niederösterreichs Thermenregion

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 133 / 04. 08. 2014 125 ÖJ-Reisetip ursprünglichen Festen und Bräuchen wie den Weintaufen und Erntedankfesten kennt der Weinherbst zahlreiche weitere Lustbar- keiten rund um den Wein: Jungwein-Präsen- tationen, Straßenfeste in den idyllischen Kellergassen, Wanderungen und Kutschen- fahrten durch die Weingärten, Weinseminare

und anderes mehr sorgen dafür, daß sich stian Fischer Weingenuss und Weinkultur in immer neuen Variationen lustvoll erleben lassen.

Zahlreiche Spezialitäten Niederösterreich ist aber nicht nur das Land der großen Weine, sondern auch Öster- reichs kulinarische Schatzkammer: Nirgend- wo sonst wächst auf Feldern und Weiden, in Gärten und Gewässern eine solche Vielfalt an regionalen Spezialitäten heran. Am be- kanntesten sind sicherlich die Wachauer Ma- Weingenuß auf der Donau vor beeindruckender Kulisse: Dürnstein in der Wachau rille und der Waldviertler Mohn – beide Früchte haben sich untrennbar mit dem Namen ihrer Herkunftsregion verbunden. Es gibt in Niederösterreich aber noch weitere 283 der so genannten „GenussRegionen“ vom Mostviertler Birnenmost bis zu den Traisentaler Fruchtsäften, von der Wagramer Nuss bis zur Wienerwald Wiesen-Elsbeere. Dort, wo die besten Früchte wachsen, ver- steht man es auch aufs Beste, sie zu delika- ten Gerichten zu veredeln. Bodenständig oder experimentierfreudig, einfach oder raf- finiert, regional oder international – für Feinschmecker sind Niederösterreichs ge- mütliche Heurige, elegante Gourmetrestau- rants und die außerordentliche Wirtshauskul- tur ein steter Quell unvergleichlicher Genuß- erlebnisse.

Genußreiche Refugien Genießen Sie die kulinarische Vielfalt der niederösterreichischen Spezialitäten… Die besten Urlaubsadressen, um sich von den Gaumenfreuden und dem reichen Kul- turangebot Niederösterreichs verführen und inspirieren zu lassen, sind die Genießerzim- mer. Mehr als 100 ausgewählte Hotels, Pri- vatzimmervermieter und Bauernhöfe bieten in ihren Genießerzimmern eine Extraportion Zuvorkommenheit, Regionalität, Genuß und Kultur. Den einzigartigen Charme dieser Gä- stezimmer machen die vielen liebevollen Details und Aufmerksamkeiten zum genuß- reichen Wohlfühlen aus, beispielsweise ein reich beschickter Obstteller oder ein frisch gepflückter Blumenstrauß am Zimmer, ein kleines Geschenk auf dem Nachtkasterl oder auch Blüten im Badewasser. So beginnt oder endet in Niederösterreich ein erlebnisreicher Urlaubstag mit einem kleinen Moment des

Wohlfühlens und des Genusses. „ Foto: Niederösterreich-Werbung / weinfranz.at Foto: Niederösterreich-Werbung / Rita Newman Foto: Niederösterreich-Werbung / Chri http://www.niederoesterreich.at … und die Gastlichkeit in den vielen »Genießerzimmern« im ganzen Land.

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