Bericht zum Hochwasser-Aktionsplan Ergänzung Twiste

Band 1

Bestandsaufnahme

für das

Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz Ostwestfalen-Lippe

ProAqua Ingenieurgesellschaft für Wasser- und Umwelttechnik mbH Turpinstraße 19 52066 Aachen Fon 0241/94992-0 Fax 0241/94992-29 [email protected] www.proaqua-gmbh.de

Aachen im Juni 2005

Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 2 von 21

Inhaltsverzeichnis Bericht zum Hochwasser-Aktionsplan Diemel 1

Ergänzung Twiste 1

Abbildungsverzeichnis 3

Tabellenverzeichnis 3

1. Anlass und Ziele des Hochwasser-Aktionsplans 4

1.1 Aufbau des Berichts 5

2. Aktionsplangebiet 5

2.1 Politische Gliederung 5

2.2 Naturraum 6

2.3 Gewässer 6 2.3.1 Einzugsgebiet und Gewässersystem 6

2.3.2 Gewässerstrukturgüte 7

2.3.3 Talsperren 8 2.4 Topografie 9

2.5 Böden und Landnutzung 9

2.6 Schutzgebiete 11 2.6.1 Flora-Fauna-Habitat-Gebiete und Vogelschutzgebiete (Natura 2000) 11

2.6.2 Wasserschutzgebiete 12

2.6.3 Landschafts- und Naturschutzgebiete 14 3. Bestandsaufnahme Bebauung im hochwassergefährdeten Gebiet 15

3.1 Hochwassergefährdung der Stadt 15

4. Bestandsaufnahme zu Hydrologie, Hydraulik und Hochwassergefährdung 15

4.1 Hydrologie des Untersuchungsgebietes 15

4.2 Niederschläge im Einzugsgebiet 16

4.3 Hydrologisches Modell 17 4.3.1 Bemessungsabflüsse 17 4.4 Fließgewässerhydraulik 17

4.4 Hochwassergefährdung 18

5. Vorhandener Hochwasserschutz 19 Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 3 von 21

6. Hochwasser-Vorsorge 20

7. Zusammenfassung 20

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Verwaltungsgrenzen im Hochwasser-Aktionsplangebiet ...... 6 Abbildung 2 Einzugsgebiet der Twiste mit dem Teileinzugsgebiet der Erpe ...... 7 Abbildung 3 Gewässerstrukturgüte der Twiste in Nordrhein-Westfalen ...... 8 Abbildung 4 Geländehöhen im Einzugsgebiet der Twiste ...... 9 Abbildung 5 Böden im Einzugsgebiet der Twiste ...... 10 Abbildung 6 Flächennutzung im Einzugsgebiet der Twiste ...... 10 Abbildung 7 Fauna-Flora-Habitat-Gebiete im Einzugsgebiet der Twiste in Nordrhein-Westfalen ...... 12 Abbildung 8 Wasserschutzgebiete im Einzugsgebiet der Twiste in NRW ...... 13 Abbildung 9 Natur- und Landschaftsschutzgebiete im Einzugsgebiet der Twiste in NRW ...... 14 Abbildung 10 Niederschlagsverteilung beim Sommer-Hochwasser im Juni 1984/1/ ...... 16 Abbildung 11 Hochwasser-Ereignisse am Pegel nach Deutschem Gewässerkundlichen Jahrburg ...... 16

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Prozentuale Flächennutzung im Einzugsgebiet der Twiste ...... 10 Tabelle 2 Verteilung der Schutzzonen auf die Wasserschutzgebiete im Einzugsgebiet der Twiste in NRW ...... 13 Tabelle 3 Anzahl der betroffenen Gebäude getrennt nach Wirtschaftszweigen ...... 19 Tabelle 4 Identifizierte Deichstrecken in Warburg ...... 19

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1. Anlass und Ziele des Hochwasser-Aktionsplans

Außerordentliche Hochwasser sind Naturereignisse mit seltenen Wiederkehrintervallen. Sie werden für den Menschen zur Katastrophe, wenn sie seinen Lebensraum treffen und dort Schäden verursachen.

Auch heute noch gehen extreme Hochfluten über das Vorstellungsvermögen der meisten Menschen hinaus. Dieser Mangel führte und führt zu falscher Siedlungspolitik und Sorglosigkeit, die häufig auch eine Vernachlässigung der Unterhaltung der Gewässer und der Bauwerke zur Folge hat.

Um die schädliche Auswirkung außergewöhnlicher Hochwasserereignisse auf Leben und Sachwerte zu vermeiden oder gering zu halten, ist die Vorhersage von Hochwassern und sind Vorsorgemaßnahmen notwendig.

Zur Vorsorge zählen:

. Technischer Hochwasserschutz (Maßnahmenvorsorge): Gewässerausbau, Deichbau und Deichertüchtigung, Ob- jektschutz, Hochwasserrückhaltung. . Dezentraler Hochwasserschutz: Rückhalt im Einzugsgebiet durch Entsiegelungen, Aufforstungen und Reaktivie- rung von Überschwemmungsgebieten. . Flächenvorsorge: Ausweisung und Freihaltung der Überschwemmungsgebiete. . Bauvorsorge: an Hochwassergefahr angepasste Bauweisen und Nutzungen. . Verhaltensvorsorge: Alarmpläne, Hochwasserschutzübungen der Einsatzkräfte. . Risikovorsorge: Bildung von finanziellen Rücklagen.

Vorsorgemaßnahmen werden häufig von der öffentlichen Hand getroffen. Um dieser Aufgabe in ausreichendem Maße nachkommen zu können, muss sie

. die Hochwassergefahren frühzeitig erkennen, . Vorsorgemaßnahmen ergreifen und . ihre Wirksamkeit auf Dauer sicherstellen.

Die Zusammenhänge sind komplex, es gibt viele Beteiligte und unterschiedliche Zuständigkeiten. Für große Flüsse wurden nach den Rheinhochwassern 1993 und 1995 bereits Aktionspläne aufgestellt. Nach und nach werden auch für die mittel- großen und die kleineren Flussgebiete Aktionspläne erarbeitet (Empfehlung der 53. Umweltministerkonferenz der Länder zur Verbesserung des Hochwasserschutzes in Deutschland).

Ziele eines Hochwasser-Aktionsplanes sind:

. Minderung der Schadensrisiken. . Minderung der Hochwasserstände. . Verstärkung des Hochwasserbewusstseins. . Verbesserung der Hochwasserinformationen.

Grundlage für die Erarbeitung von Hochwasser-Aktionsplänen ist die Handlungsempfehlung zur Erstellung von Hochwasser- Aktionsplänen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser.

Seit 2000 werden für Flussgebiete in Nordrhein-Westfalen Hochwasser-Aktionspläne erarbeitet. Das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz Ostwestfalen-Lippe beauftragte die Ingenieurgesellschaften ProAqua und Hydrogeologie Nord- hausen (HGN) mit der Erarbeitung des Hochwasser-Aktionsplans Twiste. Dieser ergänzt den bereits vorliegenden Hochwas- ser-Aktionsplan Diemel, der im Jahr 2004 im Auftrag des Staatlichen Umweltamtes Bielefeld von den Ingenieurgesellschaf- ten ProAqua, HGN und Hydrotec erarbeitet wurde.

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1.1 Aufbau des Berichts

Der vorgelegte Bericht umfasst den Hochwasser-Aktionsplan Twiste in 2 Textbänden und einem Anlagenband:

. Band 1 enthält die Bestandsaufnahme (Bestand bis Ende 2004), welche die Beschreibung des Aktionsplangebie- tes, die Bestandsaufnahme zur Hydrologie und Hydraulik, den vorhandenen Hochwasserschutz und die Hochwas- servorsorge umfasst. . Band 2 dokumentiert die Hochwasserschadenspotenzialanalyse für den Istzustand sowie die Ausarbeitungen von Hochwasserschutzmaßnahmen und die Ermittlung der damit verbundenen physischen und volkswirtschaftlichen Hochwasserwirkungen mit einer abschließenden Bewertung der ausgearbeiteten Hochwasserschutzmaßnahmen. . Band 3 enthält die tabellarischen und grafischen Anlagen zum Gesamtbericht. In dem vorliegenden Band 1 wer- den folgende Zusammenhänge erläutert: . In Kapitel 2 wird ein Überblick über das gesamte Einzugsgebiet der Twiste in Nordrhein-Westfalen gegeben. Fer- ner wird, zur Verdeutlichung der Hochwassergefährdung für die untersuchte Stadt Warburg, die Landnutzung der Twiste nahen Ortsteile und Ortschaften beschrieben. . Der Beschreibung des Gebietes folgt in den Kapiteln 3 und 4 die Bestandsaufnahme hinsichtlich vorhandener Be- bauung, Hydrologie, Hydraulik und Hochwasserverhalten der Twiste. . In den Kapiteln 5 und 6 wird erläutert, wie die Bewohner in Warburg auf Gefährdung durch Hochwasser an der Twiste vorbereitet sind und wie sie durch Hochwasserschutz- und -vorsorgemaßnahmen auf die jeweilige Hoch- wassergefährdung reagieren können. . Abschließend erfolgt eine Ergebniszusammenfassung der Bestandsaufnahme des Hochwasser-Aktionsplans Twis- te.

2. Aktionsplangebiet

Die Twiste durchfließt das Gebiet der Bundesländer Hessen und Nordrhein-Westfalen, wobei Hessen mit 433 km² (97 %) und 34,6 km Länge (85 %) den größten Anteil des Einzugsgebietes und der Gewässerlänge ausmacht. Vereinbarungsgemäß befasst sich der Hochwasser-Aktionsplan Twiste nur mit dem 6,25 km langen Gewässerabschnitt in Nordrhein-Westfalen. Die nachfolgenden Beschreibungen zu Naturraum, Gewässer, Topografie sowie Böden und Landnutzung beziehen sich dennoch meist auf das gesamte Einzugsgebiet, da die hochwasserrelevanten Vorgänge nicht auf den Gewässerabschnitt in NRW beschränkt sind.

2.1 Politische Gliederung

Die Twiste durchfließt in Nordrhein-Westfalen ausschließlich das Gebiet der Stadt Warburg im Kreis Höxter. Als Mittelbe- hörde in der Landesverwaltung ist die Bezirksregierung Detmold mit dem Staatlichen Amt für Umwelt und Arbeitsschutz Ostwestfalen-Lippe (StAfUA OWL) als Fachbehörde für das Aktionsplangebiet zuständig. In Abbildung 1 sind der Untersu- chungsraum sowie die angrenzenden Verwaltungseinheiten beschrieben. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 6 von 21

Abbildung 1 Verwaltungsgrenzen im Hochwasser-Aktionsplangebiet

2.2 Naturraum

Der Naturraum der Twiste wird im Landschaftsrahmenplan Nordhessen wie folgt beschrieben:

„Die Twiste entspringt in 500 mNN am Ostabfall des Sauerländischen Schiefergebirges. Sie fließt in östliche Richtung durch die Waldecker Tafel. Der Twiste-Durchbruch bei der Ortschaft Twiste teilt die inselhaft gelegene Buntsandsteinhochfläche in zwei Flügel. Hier hat sie ein schmales, enges Tal in den Buntsandstein geschnitten. Im Talgrund beträgt die Auelehm- mächtigkeit 1,5 bis 2,5 m. Bei Wetterburg wird die Twiste zu einem Stausee als Hochwasserrückhaltebecken aufgestaut. Nach der Talsperre tritt die Twiste von Westen kommend aus ihrem engen Tal in die offene Beckenebene der naturräumli- chen Einheit „Waldecker Wald" ein. Die Böden dieses Beckens werden aus Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper des unteren Juras gebildet. Hinzu kommen noch einzelne Lösslehm Überdeckungen. Der flache Buntsandsteinrücken, auf dem der alte Stadtkern von Volkmarsen liegt, hat zur Aufstauung der Twiste geführt und in der Folge zu einer ausgedehnten Niedermoorbildung im Großen Stadtbruch von Volkmarsen. Nördlich von Volkmarsen überquert die Twiste die West- Randströrung des Volkmarsener Grabens und folgt diesem in einem weiten, in den weichen Keuperschichten ausgeräumten Tal (Auelehm stellenweise 4-5m Mächtigkeit) bis 1 km nördlich von Welda. Sie verlässt hier den Volkmarser Graben durch ein enges Durchbruchstal, das im Nordosten anschließende tektonische Schollenmosaik querend, bis zur Mündung in die Diemel bei Warburg (160 mNN)." (Quelle: Landschaftsrahmenplan Nordhessen 2000, www.rpkassel.de)“

2.3 Gewässer

2.3.1 Einzugsgebiet und Gewässersystem Die Twiste entspringt im Sauerländischen Schiefergebirge (Hessen) auf einer Höhe von ca. 500 mNN. Nach circa 40,8 km Fließstrecke mündet sie bei Warburg auf einer Höhe von circa 160 mNN in die Diemel. Im Westen schließt das Einzugsge- biet der Orpe an das Einzugsgebiet der Twiste an, im Osten das der Warme. Im Süden grenzt das Flussgebiet der Fulda an.

Das Einzugsgebiet der Twiste verläuft von Südwesten in nordöstlicher Richtung. Das oberirdische Einzugsgebiet hat eine Fläche von circa 448 km². Wichtigstes Nebengewässer ist die Erpe mit einem oberirdischen Teileinzugsgebiet von 156 km² (siehe Abbildung 2). Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 7 von 21

Der Untersuchungsraum umfasst das Einzugsgebiet der Twiste in NRW und hat eine Größe von 14,7 km². Die Fließlänge in NRW beträgt rund 6,25 km.

Abbildung 2 Einzugsgebiet der Twiste mit dem Teileinzugsgebiet der Erpe

2.3.2 Gewässerstrukturgüte Die Gewässerstrukturgüte bewertet den ökologisch-morphologischen Zustand eines Gewässers. Sie zeigt an, inwieweit ein Bach oder Fluss in der Lage ist, sein Bett dynamisch zu entwickeln und typischen Pflanzen und Tieren Lebensraum zu bieten. Bei der Kartierung wird das Fließverhalten, die Form, das Material und die Dynamik des Gewässerbettes, die Ufervegetation und die Nutzungsform der angrenzenden Aue berücksichtigt. Es werden 7 Strukturgüteklassen unterschieden, Klasse 1 (unverändert) repräsentiert naturnahe Zustände, Klasse 7 (vollständig verändert) steht für übermäßig geschädigte Gewäs- ser.

Die Gewässerstrukturgütekartierung der Twiste liegt beim StAfUA OWL vor und wurde im Rahmen der Bearbeitung des Hochwasser-Aktionsplans Diemel zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Strukturgüte überwiegend als „sehr stark verändert“ (Klasse 6) oder „vollständig verändert“ (Klasse 7) eingestuft wird. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 8 von 21

Abbildung 3 Gewässerstrukturgüte der Twiste in Nordrhein-Westfalen

2.3.3 Talsperren Im Einzugsgebiet der Twiste gibt es eine Talsperre, die oberhalb des Untersuchungsraumes gelegen ist und somit großen Einfluss auf die dortige Abflusssituation hat. Die Planungen der Twiste-Talsperre gehen auf das Jahr 1965 zurück als durch das Hochwasser an den Flüssen Twiste, Diemel und Millionenschäden entstanden. Baubeginn der Twiste-Talsperre (Erddamm) war 1972. Bei Planung und Bau der Talsperre wurde neben der Möglichkeit des Hochwasserrückhalts auch auf einen hohen Freizeit- und Erholungswert der Anlage geachtet und zusätzlich ein Wasserkraftwerk integriert. Die Anfang 1979 fertig gestellte Talsperre besitzt ein Volumen von 8,95 Mio. m³ bei einer Staufläche von 121 ha. Das Einzugsgebiet der Talsperre ist 125 km2 groß. Die Talsperre liegt im Landkreis Waldeck-Frankenberg. Betreiber ist der Hessische Wasserver- band Diemel.

Der zur Verfügung stehende Hochwasserschutzraum beträgt, unter Einhaltung des Stauzieles von 214,00 mNN im Winter 5,60 Mio. m3 (Dauerstau im Winter 207,50 mNN) und im Sommer 4,39 Mio. m3 (Dauerstau im Sommer 209,50 mNN). Bis zum höchsten Stauziel (215,00 mNN, Höhe Dammkrone = 216,40 mNN) beträgt das Volumen des Hochwasserschutzraumes im Winter 6,85 Mio. m3 und im Sommer 5,64 Mio. m3. Die Regelabgabe aus dem Stauraum beträgt 2,5 m³/s und die Min- destabgabe 0,4 m³/s. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 9 von 21

2.4 Topografie

Die höchsten Erhebungen im Einzugsgebiet der Twiste zeigen sich im Quellgebiet der Erpe im Südosten auf einer Höhenlage von ca. 600 mNN. Die geringsten Höhen befinden sich im Mündungsbereich zur Diemel im Norden bei ca. 150 mNN. Der Untersuchungsraum des Aktionsplanes weist maximale Höhen von rund 290 mNN auf.

Abbildung 4 Geländehöhen im Einzugsgebiet der Twiste

2.5 Böden und Landnutzung

Die nachfolgende Abbildung 5 zeigt, dass im Einzugsgebiet schluffige Böden, Lehm und Sand zu gleichen Teilen vorhanden sind. Am Ostrand, im Teileinzugsgebiet der Erpe, dominieren Lehm und Ton.

Der Untersuchungsraum weist neben Schluff und Lehm im Bereich der Flussauen der Twiste und kleinerer Nebengewässer außerdem Aueböden auf. Diese haben stellenweise Mächtigkeiten von 4 bis 5 m (siehe Kapitel 2.2). Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 10 von 21

Abbildung 5 Böden im Einzugsgebiet der Twiste

Vorherrschende Flächennutzungen sind Acker und Wald. Der Anteil versiegelter Flächen ist gering (Abbildung 6).

Tabelle 1 Prozentuale Flächennutzung im Einzugsgebiet der Twiste

Nutzungsart Fläche [km²] Anteil [%] Acker 198 44 Grünland 61 14 Siedlung 22 5 Wald 166 37 Wasserflächen 1 < 1 Summe 448 100

Abbildung 6 Flächennutzung im Einzugsgebiet der Twiste

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2.6 Schutzgebiete

In diesem Kapitel werden die im Untersuchungsraum vorhandenen Schutzgebiete aufgelistet und erläutert. Die Informatio- nen zu den genannten Gebieten wurden von der Landesanstalt für Ökologie, Bodenforschung und Forsten des Landes NRW (LÖBF) zur Verfügung gestellt.

2.6.1 Flora-Fauna-Habitat-Gebiete und Vogelschutzgebiete (Natura 2000) Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie des Europäischen Rates vom 21. Mai 1992, zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie), schreibt allen Mitgliedsstaaten der EU vor, ein repräsentatives Schutzgebietssystem auszuweisen. Mit der Bezeichnung „Natura 2000” soll ein Netz besonderer Schutzgebiete gebildet werden, in das die bereits ausgewiesenen Vogelschutzgebiete nach Artikel 4 der Vogelschutzrichtlinie eingegliedert sind. Jeder Staat ist verpflichtet zur Einrichtung von Natura 2000 beizutragen, indem er Lebensräume nach Kriterien auswählt, die in der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie festgelegt sind, und sie der EU-Kommission vorschlägt.

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat 1998 eine erste Meldeliste (Tranche 1a) zur Vorlage bei der EU-Kommission beschlossen. Sie umfasst einen Großteil der schon bestehenden oder einstweilig sichergestellten Naturschutzgebiete über 75 ha Größe, sofern sie die Kriterien der FFH-Richtlinie erfüllen oder international abgestimmte Feuchtgebiete für Wat- und Wasservögel, Schutzgebiete nach der Vogelschutzrichtlinie oder Gebiete mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung sind. Darauf folgend hat die Landesregierung im Januar 2000 die Meldung von weiteren 59 FFH-Gebieten und 9 Vogel- schutzgebieten beschlossen (Tranche 1b). Für einige der in der Meldeliste für die Tranche 1b enthaltenen Gebiete besteht noch weiterer fachlicher Erörterungsbedarf. Sie sind deshalb vorerst zurückgestellt worden und werden nach Abarbeitung der noch zu klärenden Fragen nachgemeldet. Die naturschutzfachlichen Arbeiten zur Feststellung einer abschließenden Tranche 2 sind nahezu fertig gestellt. Bei den über die Tranchen 1a und 1b hinausgehenden Gebieten handelt es sich über- wiegend um

. noch nicht unter Schutz gestellte Flächen, die im Landesentwicklungsplan als Bereich für den Schutz der Natur dargestellt sind oder . um bereits geschützte oder noch nicht geschützte Gebiete unter 75 ha Größe, die den fachlichen Kriterien der FFH- oder der Vogelschutzrichtlinie entsprechen.

Im gesamten nordrhein-westfälischen Teil des Einzugsgebietes der Twiste sind zwei Flora-Fauna-Habitat-Gebiete ausgewie- sen. Diese sind in Abbildung 7 grafisch dargestellt. Bei den vorzuschlagenden Maßnahmen im Einzugsgebiet sind solche Gebiete zu berücksichtigen. Für Maßnahmen zur Hochwasserabwehr direkt am Gewässer ist es dagegen interessanter, die nahe der Twiste liegenden Flora-Fauna-Habitat-Gebiete zu kennen. Für die Maßnahmenplanung an der Twiste kann dem- nach das Gebiet DE-4419-401 relevant sein. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 12 von 21

Abbildung 7 Fauna-Flora-Habitat-Gebiete im Einzugsgebiet der Twiste in Nordrhein-Westfalen

2.6.2 Wasserschutzgebiete Allgemeinheit erfordert,

1. Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Ein- wirkungen zu schützen oder 2. das Grundwasser anzureichern oder 3. das schädliche Abfließen von Niederschlagswasser sowie das Abschwemmen und den Eintrag von Bodenbestandteilen, Dünge- oder Pflanzenbehandlungsmitteln in Gewässer zu verhüten, können Wasserschutzgebiete festgesetzt werden.“

In den Wasserschutzgebieten können nach Absatz 2 desselben Paragrafen

1. bestimmte Handlungen verboten oder für nur beschränkt zulässig erklärt werden und 2. die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken zur Duldung bestimmter Maßnahmen verpflichtet wer- den. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Beobachtung des Gewässers und des Bodens.“

Im Einzugsgebiet der Twiste in NRW befinden sich 3 als Wasserschutzgebiete ausgewiesene Flächen. Die Verteilung dieser Flächen auf die einzelnen Wasserschutzzonen ist in Tabelle 2 dargestellt.

Die Wasserschutzgebiete sind in Abbildung 8 dargestellt. Bei den vorzuschlagenden Maßnahmen im Einzugsgebiet sind die Nutzungseinschränkungen in solchen Gebieten zu berücksichtigen.

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Tabelle 2 Verteilung der Schutzzonen auf die Wasserschutzgebiete im Einzugsgebiet der Twiste in NRW

Zone Erläuterung Anzahl

I Fassungsbereich; soll den Schutz der unmittelbaren Umgebung der Fassungsanlage vor jeglichen Verun- 0 reinigungen und Beeinträchtigungen gewährleisten. Untersagt sind in der Regel die für Zone II genann- ten Einrichtungen, Handlungen und Vorgänge sowie z. B. Fahr- und Fußgängerverkehr, Anwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, land-, forst- sowie gartenbauliche Nutzung II Engere Schutzzone; soll den Schutz vor Verunreinigungen durch pathogene Mikroorganis men sowie vor 1 sonstigen Beeinträchtigungen gewährleisten, die bei geringer Fließdauer und -strecke zur Trinkwasser- gewinnungsanlage gefährlich sind. Untersagt sind in der Regel z. B. die für Zone III genannten Einrich- tungen, Handlungen und Vorgänge sowie zusätzlich z. B. Lagerung von Heiz- und Dieselöl, Errichten und Erweitern baulicher Anlagen einschließlich deren Nutzungsänderung.

III Weitere Schutzzone; soll den Schutz vor weitreichenden Beeinträchtigungen, insbesondere vor nicht 1 oder schwer abbaubaren chemischen und radioaktiven Verunreinigungen gewährleisten. Gefährdungen des Grundwassers in diesem Gebiet stellen alle für Zone IIIA geltenden Einrichtungen, Handlungen und Vorgänge dar. Diese Schutzzone kann in die Zonen IIIA und IIIB unterteilt werden.

IIIA Unterteilung der Zone III, Gefährdungen des Grundwassers in diesem Gebiet stellen alle für Zone IIIB 0 geltenden Einrichtungen, Handlungen und Vorgänge sowie zusätzlich z. B. Umgang mit wassergefähr- denden Stoffen, Einleiten von Abwasser in ein oberirdisches Gewässer, Mono- und Sonderkulturen, Bohrungen dar.

IIIB Unterteilung der Zone III; Gefährdungen des Grundwassers in diesem Gebiet stellen z. B. Rohranlagen 1 zum Befördern wassergefährdender Stoffe, Abfallbehandlungsanlagen, Anwendung von Pflanzen- schutzmitteln dar.

- Sonstige 0

Abbildung 8 Wasserschutzgebiete im Einzugsgebiet der Twiste in NRW

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2.6.3 Landschafts- und Naturschutzgebiete In Abbildung 9 sind die Landschafts- und Naturschutzgebiete für den nordrhein-westfälischen Teil des Einzugsgebietes der Twiste dargestellt. Es sind 5 Naturschutzgebiete und 1 Landschaftsschutzgebiet vorhanden.

Naturschutzgebiete stellen einen besonders intensiven Schutz von Natur und Landschaft dar. Hier sind alle Handlungen verboten, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen oder verändern. Dies ist bei Planungen zum Hochwasserschutz zu beachten.

Landschaftsschutzgebiete werden ausgewiesen, wo dies

. zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, . wegen der Vielfalt, Eigenart oder Schönheit des Landschaftsbildes oder . wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit erforderlich ist. Die Festsetzung kann auch die für den Schutz des Naturdenkmals notwendige Umgebung einbeziehen (Landschaftsschutzgesetz NRW).

In Landschaftsschutzgebieten sind alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern können oder dem besonderen Schutzzweck entgegenstehen.

Abbildung 9 Natur- und Landschaftsschutzgebiete im Einzugsgebiet der Twiste in NRW

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3. Bestandsaufnahme Bebauung im hochwassergefährdeten Gebiet

Zur Erfassung und Klassifizierung der Bebauung (Wohnen, Industrie, Gewerbe) im hochwassergefährdeten Bereich wurde eine Gebietsbereisung durchgeführt. Anhand von Karten, die als zusätzliche Information das Überschwemmungsgebiet mit potenziellem Überflutungsgebiet (Gebiete hinter Deichen) zeigten, konnten vor Ort die gefährdeten Objekte angefahren, gesichtet und charakterisiert werden. Es wurde nicht jedes einzelne Gebäude beschrieben, sondern es wurden Objekte meist straßenzug- oder gebietsweise (z. B. bei Siedlungen mit sehr homogener Bebauung) zu Objektgruppen zusammenge- fasst.

Bei der Wohnbebauung wurden folgende Parameter aufgenommen:

a) Alter . älter als 80 Jahre . 60 bis 80 Jahre . 40 bis 60 Jahre . jünger als 40 Jahre b) Art der Kellernutzung . kein Keller . minderwertige Nutzung . hochwertige Nutzung (Souterrain-Wohnung) c) Höhenlage des Erdgeschosses über Gelände d) Anzahl Wohneinheiten im Erdgeschoss

Bei Gewerbeobjekten wurden zudem der Firmenname sowie die Art des Gewerbes festgehalten.

Durch diese Bestandsanalysen vor Ort konnte ein umfassender Überblick über die Hochwasseranfälligkeit des Untersu- chungsgebietes gewonnen werden. Die Ergebnisse der Bereisung werden nachfolgend kurz beschrieben. Das detaillierte Protokoll zur Aufnahme der Bebauung befindet sich im Anhang 0.

3.1 Hochwassergefährdung der Stadt Warburg Im Ortsteil Welda sind folgende Objekte überschwemmungsgefährdet:

. Eine Scheune/Stall mit Silos an der L552; aktuell laufen Erweiterungsarbeiten. . Einfamilienhäuser, das Autohaus Kohlhaas sowie die (ehemalige) Gaststätte „Kulturbahnhof“ an der Wittmarstra- ße. . Zahlreiche Einfamilienhäuser im Ortskern von Welda (Fahrweg, Twete, Entenanger, Kilianstraße, Schlossgässchen, Gutsweg, Liboriusgässchen, Am Mühlenhof), die Kirche, ein Metall verarbeitender Betrieb sowie die Gaststätte an der Ferdinand-von-Brackel-Straße. . Einige Gebäude des Weldaer Schlosses.

Im Ortsteil Wormeln sind folgende Objekte überschwemmungsgefährdet:

. Die Loh-Mühle (gemäß topografischen Informationen Lüh-Mühle, nach Auskunft der Stadt Warburg Loh-Mühle genannt) mit Wohn- und Betriebsgebäuden. . Wohnhäuser und landwirtschaftliche Gebäude in der Unteren Dorfstraße. . Die Friedhofskapelle.

4. Bestandsaufnahme zu Hydrologie, Hydraulik und Hochwassergefährdung

4.1 Hydrologie des Untersuchungsgebietes Die Twiste ist ein Teileinzugsgebiet des Diemel-Einzugsgebietes. Dessen hydrologische Gegebenheiten sind im Bericht zum Hochwasser-Aktionsplan Diemel ausführlich beschrieben. Nachfolgend werden die für die Twiste relevanten Informationen nochmals kurz aufgegriffen. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 16 von 21

4.2 Niederschläge im Einzugsgebiet Im Einzugsgebiet der Twiste herrscht sogenanntes Mittelgebirgsklima vor. Im Oberlauf des Gewässers fallen im langjährigen Mittel circa 700 mm/a, im Unterlauf circa 600 mm/a.

Abbildung 10 Niederschlagsverteilung beim Sommer-Hochwasser im Juni 1984/1/

Für die Abflusskonzentration ist die Form der Einzugsgebiete mitentscheidend. In breiten, keilförmigen Einzugsgebieten wie dem der Twiste, erreichen die Teilwellen das Hauptgewässer nahezu zeitgleich, sodass eine starke Überlagerung entsteht. Der Einfluss der Einzugsgebietsform wird von weiteren Größen wie Gefälle und Nutzung überlagert.

An der Twiste sind eine Reihe von Hochwasserereignissen bekannt. Die Scheitelwerte der 10 höchsten Ereignisse des Pegels Welda sind im Deutschen Gewässerkundlichen Jahrbuch (DGJ) dokumentiert und in Abbildung 11 dargestellt.

Abbildung 11 Hochwasser-Ereignisse am Pegel Welda nach Deutschem Gewässerkundlichen Jahrburg

Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 17 von 21

4.3 Hydrologisches Modell Für das Diemel-Einzugsgebiet wurde 2003 ein hydrologisches Modell (Niederschlag-Abfluss-Modell) auf Basis des Pro- grammsystems NASIM, Version 3.2, durch das Büro Hydrotec, Aachen, erstellt. Die Bemessungsabflüsse der im Rahmen des Hochwasser-Aktionsplanes Twiste untersuchten Hochwasserereignisse wurden auf Basis dieses Modells berechnet und dienten als Eingangsgrößen für die hydraulischen Modellierungen von Hydrogeologie Nordhausen.

4.3.1 Bemessungsabflüsse Mit dem kalibrierten Niederschlag-Abfluss-Modell (kurz N-A-Modell) wurden auf der Basis von Bemessungsniederschlägen Scheitelwerte für die Jährlichkeiten 2, 5, 10, 20, 50, 100 und 200 berechnet. Die Bemessungsabflüsse sind Eingangsgrößen für ereignisspezifische Berechnungen von Hochwasserbelastungen im Rahmen der Hochwasserschadensuntersuchungen.

4.4 Fließgewässerhydraulik Im Rahmen des Hochwasseraktionsplanes Twiste ist eine Gewässerstrecke von etwa 6,3 Kilometern Länge zu bearbeiten. Diese Strecke beginnt an der Landesgrenze zu Hessen und reicht bis zur Mündung in die Diemel bei Warburg.

Als Grundlagen für die hydraulische Berechnung des Ist-Zustandes werden Informationen über die Geländeform, die Topo- grafie und hydraulische Kennwerte des Gewässer und des Vorlandes benötigt. Diese Datengrundlagen wurden abschnitts- weise unterschiedlich erhoben.

Im Abschnitt zwischen Kilometer 0,000 (Mündung in die Diemel) und ca. Kilometer 6,200 wurde das Gewässerbett durch eine tachymetrische Aufmessung vermessen. Sonderbauwerke wie Brücken und Wehre wurden ebenfalls terrestrisch auf- gemessen. Insgesamt wurden in diesem Abschnitt

. 5 Brückenprofile . 4 Wehrprofile . 47 Gerinneprofile inklusive der Ober- und Unterwasserprofile der Bauwerke und . 2 Hochwasserschutzwälle eingemessen.

Da das DGM-NRW nicht ausreichend weit nach Süden reicht (das DGM endet vor der Ortslage Welda), wurde der fehlende Abschnitt bis zur Landesgrenze nach Hessen durch Auswertung der gewässerspezifischen Befliegung des hessischen Bear- beitungsabschnittes der Twiste, die im Rahmen des Retentionskatasters Hessen erfolgte, vervollständigt. Dadurch wurde das digitale Geländemodell (DGM) bis zur Landesgrenze verlängert. Im Überlappungsbereich des DGM-NRW und den Luft- bildern wurden zusätzlich Böschungskanten ermittelt und das DGM in diesem Bereich verfeinert.

Aus dem DGM wurden die benötigten Höheninformationen mit den vermessenen Querprofilen zusammengeführt und daraus ein eindimensionales hydraulisches Modell des Gewässers erzeugt.

Die Ergebnisse der hydraulischen Berechnungen wurden mit dem DGM verschnitten und daraus die Überflutungsgrenzen und Wassertiefen ermittelt.

Zur eindimensionalen, stationären Wasserspiegellagenberechnung wurde das Programm HYDRA-WSP-PC (Version 2003) von Prof. Dr.-Ing. Knauf (FH Darmstadt) genutzt.

Grundlegende Eingangsgrößen für die Berechnung waren vermessene Gerinne-, Tal- und Sonderprofile, die zugehörigen, durch ein Niederschlag-Abfluss-Modell ermittelten Abflussscheitelwerte für HQ200, HQ100, HQ50, HQ20, HQ10, HQ5 und HQ2 sowie die vor Ort abgeschätzten Rauheitsbeiwerte.

Ergebnisgrößen der Berechnung sind u.a.:

. Wasserspiegellage [m NN] für jedes Profil, . Abflussaufteilung für Flussschlauch, rechtes und linkes Vorland, . Geschwindigkeitsverteilung für Flussschlauch, rechtes und linkes Vorland, . Durchflussfläche, benetzter Umfang und freie Wasserspiegelbreite je Teilquerschnitt. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 18 von 21

Die Ergebnisse der hydraulischen Berechnungen wurden mit dem Digitalen Geländemodell verschnitten. Daraus resultieren

Darstellungen der Überflutungsflächen für die einzelnen Wiederkehrsintervalle HQX sowie die Darstellungen der Wassertie- fe.

Die Gerinne der Twiste, wie auch der Alten Twiste sind nur an einigen Stellen in der Lage, ein Hochwasser in der Größen- ordnung einer 2- bis 5-jährlichen Eintrittswahrscheinlichkeit abzuführen. In der Talsenke zwischen den Flussläufen der Twiste und der Alten Twiste sind schon bei kleineren Hochwasserereignissen überschwemmte Flächen vorhanden, die bis in das Diemeltal hineinreichen. Bereits bei einem 10-jährlichen Ereignis bildet sich ein durchgehendes Überschwemmungsge- biet im gesamten Twiste-Abschnitt in NRW aus.

Die Abflussaufteilung zwischen Alter Twiste und Twiste im Abschnitt zwischen der Mündung in die Diemel und der Straße, die bei Wormeln das Twistetal kreuzt, verhält sich ungefähr 33 % zu 67 %. Stromoberhalb dieser Straße liegt bei Hochwas- ser-Ereignissen ab HQ10 dieses Abflussverhältnis von Alter Twiste zu Twiste bei 55 % zu 45 % und bei kleineren Ereignissen um jeweils 50 %.

In dem circa 300 m breiten Unterlauf des Twistetals betreffen die Überflutungen fast überwiegend landwirtschaftliche Flächen. Die Überschwemmungsgebietsgrenzen der Twiste legen sich von Welda bis zur Mündung in die Diemel an Stra- ßendämme sowie an den am rechten Talrand verlaufenden ehemaligen Bahndamm an. Die das Tal am oberstromigen Orts- rand von Wormeln querende Straße ist zwischen den beiden Brücken für die Twiste und die Alte Twiste als Flutmulde abge- senkt.

Die Ortslage von Wormeln ist durch den ehemaligen Bahndamm ausreichend vor Überschwemmungen geschützt. Die Stabi- lität und somit die Schutzwirkung des Bahndammes hängt maßgeblich von der Dauer und Höhe des Wassereinstaus ab. Obwohl dieses Dammbauwerk kein Deich im Sinne der DIN ist, kann für die relativ kurzen Hochwasserereignisse bei den Untersuchungen des Hochwasser-Aktionsplanes davon ausgegangen werden, dass dieser die Ortslage Wormeln schützt.

Das Gelände der Loh-Mühle ist schon bei kleineren Hochwasserereignissen von Überschwemmungen betroffen.

In und stromoberhalb von Welda begrenzen zwei Hochwasserschutzwälle sowie Schutzmauern das Überschwemmungsge- biet, wobei der linksseitige Wall lediglich bis HQ50 ausreichend Schutz bietet. Bei größeren HW-Ereignissen strömt Wasser

über eine Senke im Wall in das linke Hinterland und überschwemmt dann weite Teile der Ortschaft Welda. Bei einem HQ200- Ereignis strömt dieses Wasser durch die Ortslage hindurch und kann dann stromunterhalb von Welda über die landwirt- schaftlichen Flächen und durch zwei Straßendurchlässe wieder zur Twiste hin abfließen. Bei einem HQ100-Ereignis kann das sich im linksseitigen Ortsteil Welda ausbreitende Wasser zum Teil über den Horler Bach abfließen. Der Hauptanteil des eingeströmten Wassers muss durch Abpumpen aus den tieferliegenden Straßen in der Nähe der Kirche wieder in die Twiste gelangen.

Der in Welda rechts der Twiste errichtete Schutzwall leitet das im rechten Vorland von stromoberhalb anströmende Wasser zum Gerinne der Twiste hin ab, wobei allerdings nur ein geringer Freibord erhalten bleibt.

Die Hochwasserschutzmauern sind hoch genug, um ein HQ100-Ereignis mit ausreichendem Freibord abhalten zu können.

4.4 Hochwassergefährdung Im Rahmen einer Gebietsbereisung wurde die vorhandene Bebauung im potenziell hochwassergefährdeten Bereich erfasst und klassifiziert (siehe Kapitel 3).

Nach Berechnung der Wasserspiegellagen und der Überflutungsflächen wurde die Gefährdung der Gebäude im Untersu- chungsgebiet ermittelt. In Tabelle 3 sind, unterschieden nach Wirtschaftszweigen, die Anzahl der betroffenen Gebäude für jedes Ereignis angegeben.

Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 19 von 21

Tabelle 3 Anzahl der betroffenen Gebäude getrennt nach Wirtschaftszweigen

Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl betroffener betroffener betroffener betroffener betroffener betroffener betroffener Wirtschaftszweig Gebäude Gebäude Gebäude Gebäude Gebäude Gebäude Gebäude HQ2 HQ5 HQ10 HQ20 HQ50 HQ100 HQ200 EW 0 0 0 0 0 0 0 HD 0 0 0 0 0 4 4 LW 4 4 4 4 4 10 16 ST 0 0 0 0 0 1 1 VB 2 3 4 5 5 7 7 WK 1 1 1 1 1 51 60 Summe: 7 8 9 10 10 73 88 EW = Energie- und Wasserversorgung HD = Handel und Dienstleistung LW = Landwirtschaftliche Gebäude- und Betriebsflächen ST = Staat und öffentlicher Tiefbau VB = Produzierendes Gewerbe (verarbeitend und Bau) WK = Wohnkapital

Die Mehrzahl der betroffenen Gebäude gehört dem Wirtschaftszweig Wohnkapital bzw. der Landwirtschaft an.

Bei einem HQ2 sind 7 Gebäude im Untersuchungsraum betroffen. Diese Zahl vergrößert sich mit zunehmender Jährlichkeit des Abflussereignisses stetig bis zum HQ50, bei dem 10 Objekte betroffen sind. Zum HQ100 steigt die Anzahl sprunghaft auf

73 an, beim HQ200 sind 88 Objekte gefährdet. Ursache für den plötzlichen Anstieg ist der Deich in Welda, der bis zum HQ50 den größten Teil der Ortslage schützt. Bei Abflüssen, die über das HQ50 hinausgehen, wird der Deich überströmt und es kommt zu Überschwemmungen im Ortskern.

5. Vorhandener Hochwasserschutz

Zur Erfassung des vorhandenen Hochwasserschutzes, der existierenden Vorsorge für den Fall eines Hochwassers sowie besonderer Erfahrungen mit historischen Hochwasserereignissen, wurde im Rahmen des Hochwasser-Aktionsplanes Diemel eine Fragebogenaktion durchgeführt. Neben den betroffenen Gebietskörperschaften wurden auch die Wasserverbände um Beantwortung gebeten.

Die für den Untersuchungsraum Twiste relevanten Ergebnisse für die Stadt Warburg werden nachfolgend nochmals kurz beschrieben:

. Im Ortsteil Welda befinden sich festinstallierte Hochwasserschutzeinrichtungen in Form von Dämmen und

Schutzmauern. Diese wurden als Reaktion auf das Hochwasser von 1965 errichtet und schützen bis zum HQ50

(Twistedamm) bzw. bis HQ200 (Damm an der Wittmarstraße). . Mobiler Hochwasserschutz wird durch die Vorhaltung von Sandsäcken ermöglicht.

Zusätzlich zur Erfassung mittels Fragbogen erfolgte im Rahmen der hydraulischen Untersuchung eine Erfassung der vorhan- denen Deichstrecken im Rahmen einer Ortsbesichtigung und durch eine Auswertung der zur Verfügung stehenden Karten. Nachfolgende Tabelle zeigt die recherchierten Deichstrecken an der Twiste in Warburg.

Tabelle 4 Identifizierte Deichstrecken in Warburg

Ortslage Gewässer Gewässerseite von km*) bis km Welda Twiste Links 5,24 5,85 Welda 444918 Rechts 0,04 0,19 *) = Die Stationierung erfolgte anhand der Gewässerlinie. Der Nullpunkt der Stationierung ist die Mündung in die Diemel bzw. Twiste. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 20 von 21

6. Hochwasser-Vorsorge

Hochwasservorsorge beinhaltet die vier Teilbereiche:

1. Flächenvorsorge (Schaffung und Sicherung von Überschwemmungsgebieten). 2. Bauvorsorge (Anpassung der Bauweise und Nutzung an Hochwasserrisiken). 3. Verhaltensvorsorge (konkretes Handeln während des Hochwassers, Vorhaltung von Rettungsfahrzeugen und - geräten). 4. Risikovorsorge (finanzielle Vorsorge wie Rücklagen, Versicherungen).

Zur Erfassung der existierenden Vorsorge für den Fall eines Hochwassers und der Erfahrungen bei historischen Hochwasse- rereignissen wurden die Angaben im Fragebogen (siehe auch Kapitel 5) ausgewertet und die Ergebnisse nachfolgend zu- sammengefasst:

. Vor dem Hintergrund der Flächenvorsorge ergab die Recherche, dass sich in Warburg Gebäude in festgesetzten Überschwemmungsgebieten und überschwemmungsgefährdeten Bereichen befinden. In festgesetzten Über- schwemmungsgebieten werden keine Neubauten und Erweiterungsbauten genehmigt. . Bezüglich der Bauvorsorge gilt, dass Bauherren in hochwassergefährdeten Bereichen von Bauvorhaben abgeraten wird. . Hinsichtlich der Verhaltensvorsorge gilt, dass ein kommunaler Hochwasseralarmplan existiert, der jährlich ange- passt wird. Es werden keine HW-Schutzübungen durch THW, Feuerwehr oder kommunale Behörden abgehalten. Im Hochwasserfall stehen drei Boote zur Verfügung . In Warburg wird keine Risikovorsorge betrieben.

7. Zusammenfassung

Die Twiste entspringt im Sauerländischen Schiefergebirge (Hessen) und mündet bei Warburg in die Diemel. Der Untersu- chungsraum des Hochwasser-Aktionsplanes umfasst das Einzugsgebiet der Twiste in NRW mit einer Größe von 14,7 km² und einer Fließlänge von 6,25 km. Der Anteil von Siedlungsflächen im Untersuchungsraum ist mit 5 % als niedrig einzustu- fen, Acker und Wald machen die größten Flächenanteile aus.

Die Gewässerstrukturgüte, der nordrhein-westfälischen Twiste, wird als „sehr stark verändert" oder „vollständig verändert" eingestuft, das mittlere Sohlgefälle beträgt 1,6 ‰. Versiegelte Flächen sind an der Twiste nicht entscheidend für die Ab- flussbildung bei großen Jährlichkeiten. Die beiden größten bisher bekannten Hochwasser im Untersuchungsraum traten im November 1890 und im Juli 1965 auf. Beide Hochwasserereignisse wurden durch lang anhaltenden und flächendeckenden Starkregen verursacht.

Zur Ermittlung von Wasserständen für die zu untersuchenden Jährlichkeiten wurden Abflüsse aus dem bestehenden Nie- derschlag-Abfluss-Modell der Diemel verwendet. Die Wasserstände und Überflutungsbereiche wurden vom Ingenieurbüro HGN aus Nordhausen berechnet. Die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen wurden herangezogen, um Überflutungsberei- che zu kartieren.

Im Rahmen des Projektes wurden potenzielle Überflutungsbereiche hinter Deichen ermittelt. Vereinfachend wurde die berechnete Wasserspiegellage im Fluss in die Bereiche hinter den Deichen projiziert und mit dem Gelände dort verschnit- ten.

Mit Fertigstellung der Überflutungsflächen wurden die hochwassergefährdeten Gebäude identifiziert und ihre Nutzungen nach volkswirtschaftlichen Wirtschaftszweigen zusammengefasst. Bis zum HQ50 sind wenige Gebäude vom Hochwasser betroffen, da große Teile der Ortslage Welda bis zu diesem Ereignis durch einen Damm geschützt werden. Beim HQ100 erhöht sich die Anzahl betroffener Gebäude signifikant.

Zur Erfassung des vorhandenen Hochwasserschutzes, der existierenden Vorsorge für den Fall eines Hochwassers und den Erfahrungen aus historischen Hochwasserereignissen wurden die Ergebnisse der im Rahmen des Hochwasser-Aktionsplanes Diemel durchgeführten Fragebogenaktion aufgegriffen. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel, Schadenspotenzial für das Staatliche Umweltamt Bielefeld Seite 21 von 21

In Warburg gibt es Gebäudebestand in festgesetzten Überschwemmungsgebieten und überschwemmungsgefährdeten Bereichen. In festgesetzten Überschwemmungsgebieten werden keine Neubauten und Erweiterungsbauten genehmigt und Bauherren werden von Bauvorhaben in hochwassergefährdeten Bereichen abgeraten. Es existiert ein kommunaler Hoch- wasser-Alarmplan, der jährlich angepasst wird. In Warburg werden keine Hochwasserschutzübungen durchgeführt.