Bericht zum Hochwasser-Aktionsplan Ergänzung Twiste

Band 2

Schadenspotenzial

für das

Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz Ostwestfalen-Lippe

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Aachen im Juni 2005

Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 2 von 53

Inhaltsverzeichnis Bericht zum Hochwasser-Aktionsplan Diemel ...... 1 Ergänzung Twiste...... 1 1. Aufgabenstellung ...... 5 2. Abschätzung der Hochwasser-Schadenspotenziale ...... 5 2.1 Allgemeine Vorgehensweise ...... 5 2.1.1 Grundlagen ...... 5 2.1.2 Hydrologisch-hydraulische Belastung ...... 7 2.1.3 Erfassung von Geo-Informationen ...... 7 2.1.4 Landnutzung ...... 8 2.1.5 Überflutungsgebiete ...... 10 2.1.6 Schadensausmaße ...... 10 2.1.7 Sozioökonomische Parameter ...... 10 2.1.8 Schadensdaten und Schadensfunktionen ...... 11 2.1.9 Hochwasser-Schadensberechnung und -Bewertung ...... 12 2.1.10 Maßnahmenbewertung ...... 14 2.1.11 Berechnungen mit HWSCalc ...... 15 2.1.12 Verwendungsmöglichkeiten der Ergebnisse und Erfahrungen ...... 16 2.2 Landnutzungsmodell ...... 17 2.3 Hochwasserbelastung ...... 18 2.4 Wirtschaftsstruktur ...... 19 2.4.1 Vermögensbasis der Wirtschaftsbereiche...... 19 2.4.2 Hochwasserrelevante Charakteristik des Untersuchungsgebietes ...... 25 2.5 Schadensfunktionen ...... 25 2.5.1 Grundlagen ...... 25 2.5.2 Funktionsfestlegungen ...... 29 2.6 Ökonomische Hochwasserschadenspotenziale ...... 34 2.6.1 Der Ist-Zustand ...... 35 2.6.2 Hochwasser-Schadenspotenziale hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung ...... 36 2.7 Zusammenfassende Betrachtung zu Schadenspotenzialen ...... 37 3. Hochwasserschutz ...... 38 Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 3 von 53

3.1 Allgemeine Vorgehensweise ...... 38 3.1.1 Ermittlung der Hochwasserschutz-Defizite ...... 38 3.1.2 Entwicklung der Hochwasserschutzmaßnahmen ...... 38 3.1.3 Ermittlung der Kosten von Hochwasserschutz-Maßnahmen ...... 40 3.1.4 Berechnung der Hochwasserschutzwirkung ...... 41 3.1.5 Bewertung der Hochwasserschutzmaßnahmen ...... 42 3.2 Allgemeine Empfehlungen ...... 43 3.2.1 Hochwasserinformation in Trockenzeiten ...... 43 3.2.2 Gewässerunterhaltung ...... 44 3.2.3 Hochwasser-Warndienst und Meldeplan sowie Alarmplan ...... 45 3.3 Überregional wirksame Hochwasserschutzmaßnahmen ...... 46 3.3.1 Optimierung bestehender Retentionsräume ...... 46 3.3.2 Zusätzliche Hochwasser-Rückhaltebecken ...... 48 3.4 Lokale Hochwasserschutzmaßnahmen in ...... 48 3.4.1 Hochwasserschutz-Defizite und Hochwasserschutz-Maßnahmen ...... 49 3.4.2 Hochwasser-Schutzwirkung ...... 51 3.4.3 Objekte außerhalb der Brennpunkte ...... 51 3.4.4 Bewertung der Hochwasserschutz-Maßnahmen ...... 51 3.4.5 Empfehlungen ...... 52 3.5 Zusammenfassende Betrachtung zum Hochwasserschutz ...... 52 4. Fazit ...... 53

Abbildung

Abbildung 1 Ablaufschema der Tätigkeiten bei der Abschätzung von Hochwasser-Schadenspotenzialen ...... 6 Abbildung 2 Zusammenhang zwischen Hochwasser-Belastung und –Schaden; Schema zur Berechnung des Hochwasserschadens ...... 13 Abbildung 3 Schema zur Berechnung des Schadenserwartungswertes ...... 13 Abbildung 4 Zusammenfassende Betrachtung der Teilmodelle und schematischer Ablauf...... 14 Abbildung 5 Aufbau von HWSCalc ...... 16 Abbildung 6 Erläuterung der Legende ...... 46

Abbildung 7 Verschiebung der Jährlichkeiten im Zustand durch optimierte Beckenabgaben bei HQ100 ...... 47 Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 4 von 53

Abbildung 8 Verschiebung der Jährlichkeiten im Zustand durch optimierte Beckenabgaben bei HQ5 ...... 47 Abbildung 9 Brennpunkt 1 in Wormeln ...... 49 Abbildung 10 Brennpunkt 2 in ...... 49

Tabellen

Tabelle 1 Klassifikation von Wohngebäuden nach LAWA-Flächennutzungskatalog ...... 9 Tabelle 2 Umschlüsselung zwischen LAWA-Flächennutzungskatalog und Wirtschaftszweig ...... 9 Tabelle 3 Typisierung von Hochwasser-Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Wirkungen ...... 15 Tabelle 4 Übersicht der hochwassergefährdeten Objekte (Anzahl) ...... 18 Tabelle 5 Anlagen mit Ergebnissen zur Ermittlung der Hochwasserbelastung ...... 19 Tabelle 6 Preisindizes und verwendeter Aktualisierungsfaktor...... 20 Tabelle 7 Absolute und spezifische Werte der Kapitalstöcke ...... 23 Tabelle 8 Übersicht über die Anlagen zur Hochwasserschadens-Potenzialanalyse ...... 34 Tabelle 9 Übersicht der ereignisspezifischen Hochwasserschäden für den Ist-Zustand ...... 35 Tabelle 10 Übersicht der Schadenserwartungswerte für den Ist-Zustand ...... 35 Tabelle 11 Räumliche Verteilung der Hochwasserschadens-Erwartungswerte ...... 35 Tabelle 12 Übersicht über die Anzahl der durch Deiche geschützten Gebäude ...... 36 Tabelle 13 Übersicht über die potenziellen Hochwasserschäden an den durch Dämmen geschützten Gebäuden ...... 36 Tabelle 14 Übersicht der Deichwirkungen im Untersuchungsgebiet ...... 37 Tabelle 15 Kennwerte der Talsperren und Hochwasser-Rückhaltebecken im Bestand ...... 46 Tabelle 16 Defizite und vorgeschlagene Maßnahmen beim Brennpunkt 1 ...... 50 Tabelle 17 Defizite und vorgeschlagene Maßnahmen beim Brennpunkt 2 ...... 50 Tabelle 18 Bewertung der Maßnahmen in der Stadt Warburg ...... 51

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1. Aufgabenstellung Im Rahmen der Erstellung des Hochwasser-Aktionsplanes Diemel – Ergänzung Twiste werden die potenziellen Hochwasserschäden an der Twiste abgeschätzt. Sie bilden die Grundlage zur Identifikation der Hochwasser- schutzdefizite im Untersuchungsgebiet. Daran anschließend werden die entwickelten Maßnahmen zum Aus- gleich dieser Defizite beschrieben. Der Berechnung der schadensmindernden Wirkung der Hochwasserschutz- maßnahmen folgt die finanzmathematische Bewertung in Form einer Nutzen-Kosten-Analyse. Des Weiteren wird das Schadenspotenzial hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung behandelt. Es handelt sich dabei um Gebiete, die bei einem Versagen der Hochwasserschutzmaßnahme potenziell gefährdet sind.

Die Vorgehensweisen, Arbeiten und Ergebnisse werden im Rahmen dieses Berichtes dargestellt. Er ergänzt inhaltlich die in Band 1 beschriebene Bestandsaufnahme zum Hochwasser-Aktionsplan, dessen Ziele wie folgt definiert sind:

• Minderung der Schadensrisiken • Minderung der Hochwasserstände • Verstärkung des Hochwasserbewusstseins • Verbesserung der Hochwasserinformationen Zur Verwirklichung der Ziele bedarf es einer umfassenden Erfassung der Hochwassersituation und -gefährdung. Hierzu zählt, neben der Erarbeitung der Überflutungsgebiete sowie der Darstellung der Hochwassergefährdung und –Situation, die Untersuchung ökonomischer Auswirkungen und möglicher ökologischer Auswirkungen von Hochwasserereignissen in Form einer Abschätzung der Schadenspotenziale in den hochwassergefährdeten Bereichen.

Die Kenntnis des Schadenspotenzials ist eine Voraussetzung für die Entwicklung und ökonomische Bewertung von Hochwasserschutzmaßnahmen, die im Rahmen der Analyse des Hochwasserschutzbedarfs und der Analyse der Hochwasserschutzwirkungen erfolgen.

2. Abschätzung der Hochwasser-Schadenspotenziale Die Abschätzung von Hochwasserschadenspotenzialen beruht auf der Überlagerung und Verknüpfung von Informationen über die hydrologisch-hydraulische Belastungssituation mit denen zur Landnutzungs- und Ver- mögensverteilung im hochwassergefährdeten Bereich.

2.1 Allgemeine Vorgehensweise

2.1.1 Grundlagen Die Hochwasserschadenspotenziale resultieren im Wesentlichen aus dem Zusammenwirken von zwei Syste- men:

• Wasserwirtschaftliches System • Sozioökonomisches System Zur Abschätzung der Hochwasserschadenspotenziale muss somit das Zusammenspiel der beiden Systeme nachvollzogen werden, woraus folgende notwendigen Verfahrensschritte bzw. Teilaufgaben resultieren (siehe auch Abbildung 1):

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• Hydrologische Modelluntersuchung (Niederschlag-Abfluss-Modellierung, Abflussstatistik). • Hydraulische Berechnung (Wasserspiegellagenberechnung). • Erfassung von Geo-Informationen (Geländehöhen, Kartenmaterialien). • Ermittlung von Überflutungskarten (Tiefenkarten). • Erfassung der Landnutzung (mikro-, meso- oder makroskalig). • Berechnung von Belastungsgrößen (landnutzungsspezifische Einstauhöhen und -flächen). • Erfassung von volkswirtschaftlichen Indikatoren (Sachwerte, Wertschöpfung, Kaufkraft). • Ermittlung von Schadensfunktionen (Ableitung von Zusammenhängen zwischen schadensverursa- chenden Parametern und monetären Schäden). • Berechnung von monetären Hochwasserschäden. Abbildung 1 Ablaufschema der Tätigkeiten bei der Abschätzung von Hochwasser-Schadenspotenzialen

Im Hinblick auf die Erfassung der Landnutzung und der volkswirtschaftlichen Indikatoren stehen für die Ab- schätzung von Hochwasserschadenspotenzialen, je nach Aufgabenstellung und Datenverfügbarkeit, drei ver- schiedene Methoden zur Auswahl:

• Mikroskalige Methode: Die Grundlage für die Erfassung der Basisinformationen sind empirische Erhe- bungen auf der Ebene einzelner Gebäude oder Flurstücke. • Mesoskalige Methode: Die Grundlage für die Erfassung der Basisinformationen sind Wirtschaftsstatis- tiken und Liegenschaftsinformationen auf der Ebene Gruppen von Landnutzungseinheiten wie Flure oder Raumeinheiten aus topographischen Erhebungen. • Makroskalige Methode: Die Grundlage für die Erfassung der Basisinformationen sind großräumige Gruppen von Landnutzungseinheiten wie z. B. Gemeinden oder Stadtteile, die aus Sicht der Raumord- nung entscheidungsrelevant sind. Mesoskalige und mikroskalige Methoden sind je nach Aufgabenstellung und Datenlage vor allem für die Pla- nung konkreter örtlicher Hochwasserschutzmaßnahmen von Bedeutung. Die makroskalige Methode hingegen

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eignet sich dazu, größere Gebiete zu analysieren, da der mit einer mesoskaligen oder gar mikroskaligen Me- thode verbundene Mehraufwand nicht immer den damit verbundenen Informationszugewinn rechtfertigt, zumal bei der Analyse von größeren Gebieten in der Regel die Ergebnisse großräumig aufbereitet werden müs- sen. Aufgrund der zunehmend digital verfügbaren Daten, den leistungsfähigeren Rechnern und Programmen werden mehr und mehr kleinräumige Ansätze auch bei größeren Untersuchungsgebieten angewandt.

Bei Hochwasser-Aktionsplänen hat es sich bewährt, die Landnutzungsverteilung – also die Lage der hochwas- sergefährdeten Gebäude – mikroskalig und die Vermögensverteilung mesoskalig zu erfassen. Dieser Ansatz ist gerade im Hinblick auf die Aufgabenstellung von Hochwasser-Aktionsplänen angemessen.

2.1.2 Hydrologisch-hydraulische Belastung Für Hochwasserschadenspotenziale sind die maßgeblichen hydrologischen und hydraulischen Belastungspara- meter:

• Maximaler Wasserstand (Überflutungshöhe). • Ganglinie des Wasserstandes, Überflutungsdauer. • Fließgeschwindigkeit. • Überschreitungswahrscheinlichkeit (Jährlichkeit). • Jahreszeit. Diese Parameter beeinflussen das Schädigungspotenzial durch Hochwasser. Gegenwärtig wird bei Hochwasser- schadenspotenzialuntersuchungen in der Regel nur die Überflutungshöhe als einzige Einflussgröße berücksich- tigt, da die Abhängigkeit von Hochwasserschäden von den übrigen Parametern schwierig ermittelbar ist.

Die Berechnung der Abflussmengen, des zeitlichen Verlaufs (Abflusswelle) und der Überschreitungswahrschein- lichkeiten der Ereignisse erfolgt auf Basis hydrologischer Methoden. Für die Berechnung der Wasserstände und Fließgeschwindigkeiten werden hydraulische Modelle angewendet.

2.1.3 Erfassung von Geo-Informationen Eine weitere wichtige Grundlage für die Abschätzung von Hochwasserschadenspotenzialen ist die Erfassung von geografischen Informationen. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Grundlagendaten:

• Topografische Karten (analog / digital) von den Vermessungs- und Katasterämtern. • Automatisierte Liegenschaftskarte (ALK digital) und Flurkarten von den Katasterämtern. • Amtliches Topografisch-Kartografisches Informationssystem (ATKIS digital) von den Vermessungsäm- tern. • Digitales Geländemodell (DGM: z. B. 1 Meter x 1 Meter, 10 Meter x 10 Meter bis zu 50 Meter x 50 Me- ter) von den Vermessungsämtern. • Weiteres Kartenmaterial (analog / digital) von der kommunalen Verwaltung. Die Kartenmaterialien dienen einerseits der Verifizierung von Projektdaten mit geografischem Bezug, anderer- seits der kartografischen Ausgabe von Eingangsdaten und Ergebnissen.

Von größter Bedeutung sind die digitalen Geländemodelle. Auf deren Basis erfolgt die Zuordnung einer Höhe zu den nur lagenmäßig erfassten Objekten (z. B. Gebäude). Die Höhengenauigkeit bei der Zuordnung hängt primär von der Rasterweite des DGM ab und hat Einfluss auf die Qualität und Vertrauenswürdigkeit der Ergebnisse der Schadensausmaßberechnungen (siehe Kapitel 2.1.6) und damit auch auf die Berechnungsergebnisse der mone- tären Hochwasserschäden.

In der Regel sind für Hochwasser-Aktionspläne Rastergrößen von 10 Meter x 10 Meter und eine Höhengenauig- keit von etwa 25 Zentimeter ausreichend. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 8 von 53

2.1.4 Landnutzung Grundlage für die Bewertung der Landnutzung sind volkswirtschaftliche Vermögenswerte, die für verschiedene Landnutzungsarten in amtlichen, wirtschaftsstatistischen Berichten auf Landes- oder Bundesebene als Durch- schnittswerte zusammengefasst zur Verfügung stehen. Durch die Zusammenfassung der Daten für große Ge- bietsflächen geht der Bezug der Daten zu einzelnen Nutzungseinheiten (z. B. einem einzelnen Produktionsbe- trieb) verloren. In vielen Fällen erfolgt die Erhebung der wirtschaftsstatistischen Daten gar nicht entsprechend der tatsächlichen Landnutzung, sondern auf der Ebene übergeordneter administrativ-politischer Grenzen oder wirtschaftsstatistischer Kategorien.

Die Bewertung der Landnutzung erfolgt durch die Herstellung eines Bezuges zu wirtschaftsstatistisch aufberei- teten Durchschnittswerten. Die Zuordnung der Mittelwerte erfolgt anteilig, z. B. proportional zur Grundfläche der Objekte oder anderen logisch begründeten Umschlüsselungsfaktoren. Die Festlegung und Abgrenzung von Landnutzungseinheiten muss für jeden Untersuchungsfall entsprechend den Ansprüchen an die Genauigkeit der Vermögenswertzuweisung festgelegt werden. Dafür wurden in den zurückliegenden Jahren, abhängig von den verfügbaren Basisdaten (Automatisiertes Liegenschaftsbuch ALB, Automatisierte Liegenschaftskarte ALK und/oder Amtliches Topografisch-Kartografisches Informationssystem ATKIS) und von den Möglichkeiten der Datenverarbeitung (Datenbanksysteme und geografische Informationssysteme) verschiedene Vorgehenswei- sen entwickelt und praktiziert, die alle folgende Vorgehensweise gemeinsam haben:

• Vorab werden Landnutzungseinheiten definiert. Dies können katasteramtliche Einheiten oder ent- sprechend der Landnutzung (z. B. Waldgebiete mit homogenem Bestand) gebildete Einheiten sein. • Anschließend werden die Nutzungen in diesen Einheiten erfasst und analysiert sowie deren für die weiteren Berechnungsgänge wichtigen Charakteristika ermittelt. • Daraufhin werden auf Basis einer Analyse von Wirtschaftsstatistiken die mittleren monetären Vermö- genswerte – in der Regel auf Landesebene und gelegentlich auf Gemeindeebene – ermittelt, auf Plau- sibilität überprüft und dann zu so genannten spezifischen Vermögenswerten (in €/m² je Wirtschafts- zweig) aufbereitet. Diese Zusammenhänge können entweder aus empirisch festgestellten Beziehungen zwischen den geschädigten Gütern und den festgestellten Schäden abgeleitet werden und/oder sie müssen mit Hilfe von Expertenangaben abgeschätzt werden.

Eine weitere mögliche Klassifizierung der Landnutzung kann auf Basis des so genannten LAWA-Flächen- nutzungskatalogs (Details und weitere Erläuterungen siehe Kapitel 2.1.8) erfolgen; der LAWA-Arbeitskreis „Kos- ten-Nutzen-Untersuchungen in der Wasserwirtschaft" hat einen Katalog der Nutzungsarten von Landoberflä- chen (Flächennutzungskatalog), denen jeweils Schlüsselnummern zugeordnet sind, aufgestellt.

Zur Klassifizierung der Gebäude dient eine nutzungsbezogene Zuordnung dieser Schlüsselnummern. Es handelt sich um ein hierarchisch strukturiertes System von vierstelligen Nummern, die in acht Hauptnutzungsarten eingeteilt sind (1. Ziffer der Schlüsselnummer):

1 = private Wohngebäude 2 = öffentliche Infrastruktur 3 = Dienstleistungsbereich 4 = Bergbau und Baugewerbe 5 = verarbeitendes Gewerbe 6 = Wirtschaftsgebäude für Land- und Forstwirtschaft 7 = Anbauflächen für Land-, Forstwirtschaft und Gartenbau 8 = unbebaute, weitgehend unbewirtschaftete Flächen Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 9 von 53

Die weitere Untergliederung richtet sich nach der Hauptnutzungsart und erfolgt z. B. für private Wohngebäude wie folgt:

Tabelle 1 Klassifikation von Wohngebäuden nach LAWA-Flächennutzungskatalog

Stelle der Schlüsselnummer 1 2 3 4

Allgemeine Bezeichnung Hauptnutzungsart Untersektor Kategorie Unterkategorie Private Wohnge- Beispiel Haustyp Bauperiode Ausbau bäude

In einer zentralen Datenbank (HOWAS) sind in den letzten zwei Jahrzehnten Hochwasserschadensfälle auf der Basis dieser Flächennutzungsklassifikation erfasst und archiviert worden. Nicht für alle Schlüsselnummern sind Schadensfälle verfügbar bzw. die Grundgesamtheit der verfügbaren Schadensfälle ist bei einzelnen Schlüssel- nummern so gering, dass eine statistische Auswertung und damit auch eine Definition eines Zusammenhangs zwischen Schadensursache (z. B. Wasserstand) und monetärem Schaden (Schadensfunktion genannt) nicht möglich ist. Einigen Gebäudetypen, denen keine Schlüsselnummern zugeordnet werden konnten, wurde eine Schlüsselnummer zugeteilt, deren zugehörige Schadensfunktion (zu Schadensfunktionen siehe 2.1.8) einem ähnlichen Gebäudetyp entspricht.

Im Rahmen der Landnutzungserfassung wurden die hochwassergefährdeten Gebäude weitgehend gemäß der oben aufgezeigten LAWA-Konvention erfasst. Zur weiteren Verarbeitung der Daten wurde in einem weiteren Schritt die Landnutzung gemäß der in der Wirtschaftsstatistik verwendeten Wirtschaftszweige klassifiziert. Hierfür wurde die in Tabelle 2. dargestellte Umschlüsselungsvorschrift verwendet.

Tabelle 2 Umschlüsselung zwischen LAWA-Flächennutzungskatalog und Wirtschaftszweig

Wirtschaftszweig LAWA Kürzel Schlüssel Beschreibung Beschreibung Landwirtschaftliche Gebäude- und Be- Wirtschaftsgebäude für Land- und Forst- LW 6000 triebsflächen wirtschaft Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau LWB Landwirtschaftliche Böden (Nutzflächen) 7000 (Anbauflächen) Öffentliche Infrastruktur / Energieversor- EW Energie- und Wasserversorgung 2300 gung Produzierendes Gewerbe (verarbeitend VB 5000 Verarbeitendes Gewerbe und Bau) HD Handel und Dienstleistung 3000 Dienstleistungsbereich Öffentliche Infrastruktur / Verkehrs- und VN Verkehr und Nachrichtenwesen 2100 Nachrichtenwesen ST Staat ohne öffentlichen Tiefbau 2000 Öffentliche Infrastruktur

OET Öffentlicher Tiefbau 2000 Öffentliche Infrastruktur

WK Wohnkapital 1000 Private Wohngebäude

KFZ Kraftfahrzeugstellplätze 1000 Private Wohngebäude Unbebaute, weitgehend unbewirtschaf- SO Sonstige 8000 tete Flächen

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2.1.5 Überflutungsgebiete Bei einer eindimensionalen hydraulischen Modellierung erfolgt die Ermittlung der Überflutungsflächen in ei- nem der hydraulischen Berechnung nachgeschalteten, separaten Arbeitsschritts. Bei zweidimensionaler Model- lierung ist kein zusätzlicher Schritt für die Überflutungsgebietsermittlung notwendig, da die Information zur flächenhaften Verteilung der Wasserstände in der hydraulischen Berechnung bereits als Ergebnis enthalten ist.

Die GIS-basierte Erzeugung von Überflutungsgebieten nach einer eindimensionalen hydraulischen Berechnung der Wasserspiegellagen setzt folgende Datengrundlage voraus:

• Digitales Geländemodell als regelmäßiges Raster. • Stationiertes Gewässer. • Stationierte Querprofile im Lageplan mit zugehöriger Wasserspiegellage. Auf Basis dieser Informationen werden Überflutungsgebiete ermittelt. Dazu wird folgende Vorgehensweise angewendet:

• Die Querprofile mit ihren Wasserständen werden zu einem Dreiecksnetz vermascht • Das resultierende Wasserstand-Dreiecksnetz wird in ein Wasserstandraster mit gleicher Auflösung wie der des Geländemodells überführt • Die Bildung der Differenz aus dem Wasserstandraster und dem Geländeraster mit einer nachgeschal- teten Entfernung negativer Differenzwerte ergibt ein Wassertiefenraster • Flächen im Wassertiefenraster, die keine direkte Verbindung zum Gewässer haben, werden entfernt; Flächen hinter Deichen werden identifiziert und gesondert abgelegt Das Wassertiefenraster ist die Basis zur Berechnung der Schadensausmaße an Landnutzungseinheiten (siehe Kapitel 2.1.6).

2.1.6 Schadensausmaße Auf der Basis von Wassertiefenrastern (siehe Kapitel 2.1.5) werden Einstauhöhe und je nach Erfassungsart der Landnutzungseinheit (Punkt, Linie, Fläche) Einstaufläche für die Landnutzungseinheiten ermittelt. Dies wird im nachfolgenden allgemeinen Schadensausmaß genannt.

Die Schadensausmaßberechnungen erfolgen mithilfe eines Geo-Informations-Systems (GIS) durch eine Analyse der Zellenwerte des Wassertiefenrasters (Wassertiefen), die von den Landnutzungseinheiten berührt werden.

2.1.7 Sozioökonomische Parameter Die volkswirtschaftlichen Vermögenswerte werden den Landnutzungseinheiten (sowie rechenverfahrensspezi- fisch zu eventuellen weiteren amtlichen Nutzungskategorisierungen wie ALK, ALB, ATKIS) zugeordnet. In der Praxis wurden bisher zwei verschiedene Vorgehensweisen angewandt:

• Belegung einzelner Landnutzungseinheiten mit empirisch ermittelten Pauschalwerten (z.B. ein Friseur- laden hat im Durchschnitt einen Wert bestehend aus Ladeneinrichtung, Arbeitsmitteln, Handelswaren usw. in Höhe eines bestimmten Betrages in €). • Ermittlung spezifischer Vermögenswerte in €/m². In dieser Untersuchung wurde der zuletzt genannte Weg verwendet. Die Nutzung der Kapitalstockstatistiken (Kapitalstock = Vermögensbestand im Gegensatz zu den so genannten Flussgrößen, die jedes Jahr neu zu ermitteln sind, wie z. B. Umsatz- zahlen von Unternehmen) als Grundlage für die Vermögensbewertung von Landnutzungseinheiten macht die Eintei- lung der Vermögensbestände in nachfolgend aufgelistete Wirtschaftsbereiche sinnvoll, da damit direkte Bezüge zwischen den Angaben in der Kapitalstockstatistik und den Landnutzungseinheiten hergestellt werden können und damit der wesentliche Teil der volkswirtschaftlichen Vermögensbestände abgedeckt wird:

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• LW = Landwirtschaft (einschließlich Forst- und Fischereiwirtschaft). • EW = Energie- und Wasserversorgung. • VB = Verarbeitendes und Baugewerbe. • HD = Handel und Dienstleistungen. • VN = Verkehr und Nachrichtenübermittlung. • ST = Staat und Nichterwerbsorganisationen. • OET = Öffentlicher Tiefbau. • WK = Wohnkapitalbestände.

Hinzu kommen Vermögensbestandteile, die in den oben genannten Werten aus der Kapitalstockstatistik nicht enthalten sind:

• zu allen Wirtschaftsaktivitäten deren mehr oder weniger großen Vorräte • zu allen Wohnkapitalbeständen der Wert des Hausrats, z. B. der Kraftfahrzeuge • zu allen Landwirtschaftsbetrieben neben deren Gebäuden und Maschinen auch die Viehvermögen und die Ertrag bringenden Landwirtschaftsflächen Durch Verschnitt der realen Landnutzungseinheiten mit den Vermögenswerten auf Grundlage der zuvor herge- stellten Bezüge erhält man die spezifischen Vermögenswerte in €/m². Diese werden umso besser abgebildet, je detaillierter die Informationen über die realen Landnutzungen vorliegen. Das heißt:, eine Untersuchung auf Flurebene bringt grundsätzlich einen vergleichsweise geringeren Genauigkeitsgrad als eine Untersuchung auf Flurstücksebene. Dieser Zusammenhang wird auch deutlich bei der Vorstellung, dass durch eine Landnutzungs- einheit eine Überschwemmungsgrenze verläuft und diese einzelne Landnutzungen in potenziell hochwasserge- fährdete Flächen, Nutzungen und Wertbestände bzw. in nicht gefährdete unterteilt. Je genauer und feiner untergliedert sich die unterschiedlichen Landnutzungen lokalisieren lassen, desto genauer kann die tatsächliche Betroffenheit festgestellt werden.

Die Einzelerfassung von Landnutzungen, z. B. welcher mit besonders großen bzw. sehr spezifischen Vermö- genswerten, ermöglicht eine Bewertung der Vermögenswerte unter Einbeziehung objektspezifischer Daten und Informationen und damit eine Verbesserung der Genauigkeit der Untersuchung.

2.1.8 Schadensdaten und Schadensfunktionen Schadensfunktionen beschreiben den Zusammenhang zwischen monetärem Hochwasserschaden und einem hochwasserbedingten Parameter (wie z. B. Einstauhöhe, -fläche oder -dauer) für ausgewählte Schadensarten (z. B. Gebäudeschaden oder Schaden an beweglichem Inventar) und Bebauungsarten (z. B. Wohnbebauung oder gewerblich genutzte Gebäude).

Das durch Hochwasser verursachte Schadensgeschehen wird in Deutschland seit etwa 1985 systematisch un- tersucht.

Der LAWA-Arbeitskreis „Nutzen-Kosten-Untersuchungen in der Wasserwirtschaft“ erfasst seitdem auf Initiative des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft nach einem einheitlichen Erhebungsschema Gebäude- und Inventarschäden historischer Hochwasserereignisse in verschiedenen Bundesländern und stellt diese in die „HOWAS-Schadensdatenbank“. Aus acht verschiedenen Hochwasserereignissen des Zeitraums 1965 bis 1988 in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland–Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind darin gegenwärtig etwa 3.000 Einzelschadensdaten, die nach einem hierarchisch in vier Ebenen gegliederten Flächennutzungskatalog nach spezifischen Nutzungsmerkmalen strukturiert sind, erfasst.

Diese Daten erlauben es, die Beziehungen zwischen den jeweiligen Wasserstandsmaxima und den Objekt- merkmalen zu analysieren sowie nach den Schadensorten (Keller, Erdgeschoss) und den Schadensarten (am Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 12 von 53

Gebäude selbst, am festen Inventar, am beweglichen Inventar, an Lagerbeständen) zu differenzieren. Wegen ereignis-, regional- und objektspezifischer Unterschiede und der großen Spannweiten, die sich sowohl bei den absoluten Schadenshöhen als auch bei den Schadensprozenten (bezogen auf den Gesamtschaden am Einzelob- jekt) ergeben, ist es schwierig, anhand dieses Datenmaterials „Durchschnittsfunktionen" zu formulieren.

Besonders gravierend war bis 2000 der Tatbestand, dass die Grundgesamtheiten an Datensätzen bei den öko- nomischen Vermögenswerten der Wirtschaft vielfach so gering waren, dass sich statistische Schlussfolgerungen verboten. Im Jahr 2000 wurde zu dieser Thematik ein Auftrag der LAWA vom IWK, Universität Karlsruhe, bear- beitet. Hintergründe waren die Aufnahme neuer, zusätzlicher Schadensdaten und die Entwicklung verbesserter Auswertewerkzeuge. Im Rahmen des Auftrages wurden mit diesen neuen Werkzeugen alle in der Schadensda- tenbank HOWAS erfassten Datensätze überprüft, systematisiert und anhand neu entwickelter Softwarewerk- zeuge statistisch ausgewertet, mit dem Ziel, weiteren Aufschluss über die Funktionsverläufe und deren statisti- sche Zuverlässigkeit zu gewinnen. In dieser Untersuchung wurden die Daten und Erkenntnisse mit bereits vor- liegenden Funktionsverläufen und Expertenaussagen verglichen, Abweichungen hinterfragt und Ursachen dafür analysiert.

Im Ergebnis konnten Unterschiede zwischen alternativen Funktionsverläufen untersucht und die insgesamt für diese Untersuchung plausibelsten ausfindig gemacht werden. Die Gesamtauswertung des IWK / Universität Karlsruhe zeigt, dass eine Wurzelfunktion (Schaden als Funktion des Wasserstandes) die relativ besten Anpas- sungswerte liefert.

Im Einzelfall wurde bei der Funktionsauswahl bedacht, dass mit Zunahme der Untersuchungsgebietsgröße vermehrt eine aus den sozioökonomischen Daten recht heterogene Struktur von Raumeinheiten und Flächen- nutzungen erkennbar ist, jedoch, je mehr Differenzierung angestrebt wird, umso mehr Aufwand bei der Spezifi- zierung und Zuordnung zu leisten ist. Daraus folgt häufig die Anwendung globaler Schadensfunktionen.

Seit 2000 aufgenommene Daten aus dem Bereich der gewerblichen und öffentlichen Vermögensbestände schaffen nunmehr eine empirische Basis, um die bislang ausschließlich aus Expertenangaben stammenden Funktionsverläufe zu verifizieren.

2.1.9 Hochwasser-Schadensberechnung und -Bewertung Sind die volkswirtschaftlichen Parameter und deren räumliche Verteilung bekannt, können durch Überlagerung lastfallspezifischer Überflutungsbereiche (siehe Kapitel 2.1.5 und 2.1.6) – Ergebnisse hydrologisch- hydraulischer Modelluntersuchungen – mit den Landnutzungseinheiten die Hochwasserschäden an diesen berechnet werden.

Voraussetzung für die Schadensberechnung ist, dass Schadensfunktionen abgeleitet bzw. vorhanden sind.

Auf der Basis von

• Belastungssituation (Jährlichkeit, Abfluss, Wasserspiegel, Überflutungsfläche), • Landnutzung (Typ, Lage, Höhe) und • Schadensfunktionen (volkswirtschaftliche Parameter eingeschlossen) können monetäre Hochwasserschäden berechnet werden (siehe Abbildung 2). Damit ist für jedes betrachtete Hochwasserereignis und für jede Landnutzungseinheit der monetäre Hochwasserschaden bekannt.

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Abbildung 2 Zusammenhang zwischen Hochwasser-Belastung und –Schaden; Schema zur Berechnung des Hochwasserschadens

Eine Bewertung der Hochwassergefährdung erfolgt auf Grundlage der so genannten jährlichen Erwartungswer- te der Hochwasserschäden. Der jährliche Schadenserwartungswert wird durch Integration der Verteilungsfunk- tion des Schadens berechnet (siehe Abbildung 3). Der Schadenserwartungswert gibt die durchschnittliche jähr- liche Schadensbelastung wieder. Darin wird die Bedeutung des Verhältnisses zwischen Schadenshäufigkeit (durch die schadensverursachende Hochwasserjährlichkeit gegeben) und Höhe des monetären Schadens deut- lich.

Abbildung 3 Schema zur Berechnung des Schadenserwartungswertes

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2.1.10 Maßnahmenbewertung Bevor die Wirkungen von Hochwasserschutzmaßnahmen auf die monetären Hochwasserschäden diskutiert werden, ist es wichtig, das Zusammenspiel der Teilmodelle zu verstehen. Eine Hochwasserschadenspotenzial- untersuchung beinhaltet im Wesentlichen 4 Modelle, die vereinfacht als X-Y-Diagramm dargestellt werden können (siehe Abbildung 4):

• Hydrologie: Jährlichkeiten werden Abflüsse zugeordnet • Hydraulik: Abflüssen werden Wasserstände zugeordnet • Schadensfunktionen: Wasserständen werden monetäre Schäden zugeordnet • Schadensauswertung: Monetären Schäden werden die Jährlichkeiten der schadensverursachenden Abflüsse zugeordnet. Schadenserwartungswerte werden durch Integration der resultierenden Vertei- lungsfunktion des monetären Schadens berechnet

Abbildung 4 Zusammenfassende Betrachtung der Teilmodelle und schematischer Ablauf

Die bis hierhin erläuterten Vorgehensweisen lassen sich für beliebige Zustände (Ist-Zustand oder beliebige Hochwasserschutzmaßnahme) und Hochwasserereignisse durchführen. Um auf der Grundlage des oben erläu- terten schematisierten Ablaufes zu verdeutlichen, wie sich Hochwasserschutzmaßnahmen schadensmindernd auswirken, werden die Hochwasserschutzmaßnahmen typisiert:

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Tabelle 3 Typisierung von Hochwasser-Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Wirkungen

Hochwasser-Schutzmaßnahme Auswirkung auf Rückhaltung (Bau von Rückhaltebauwerken oder Errichtung von dezentralen Versicke- Hydrologie rungsanlagen) Gewässerausbau (Bau von Deichen, Bau von Entlastungsbauwerken oder Vergrößerung Hydraulik von Flussquerschnitten) Objektschutz an einzelnen Landnutzungseinheiten Schadensfunktion

Veränderung der Landnutzung (Stilllegung von landwirtschaftlichen Flächen) Schadensfunktion Operativer Hochwasserschutz (Steuerung von Rückhaltebauwerken zur Erhöhung der Schadensfunktion Vorwarnzeit durch Hochwasservorhersage) Ausweisung von Überflutungsflächen (Eingriff in die Bebauungspläne bzw. Flächennut- Schadensfunktion zungspläne) Andere Maßnahmen (Aufklärung der gefährdeten Bevölkerung oder Hochwasserversi- Schadensfunktion cherung)

Diese Auflistung zeigt, dass sich die Wirkungen der meisten Hochwasserschutzmaßnahmen mit dem hier vorge- stellten Verfahrensschema analysieren lassen. Z. B. wirkt sich der Objektschutz an vereinzelten Landnutzungs- einheiten auf die Form der Schadensfunktion aus.

Für jede betrachtete schadensmindernde Maßnahme lässt sich somit eine Verteilungsfunktion für den Hoch- wasserschaden und somit ein jährlicher Schadenserwartungswert ableiten. Der maßnahmenspezifische Nutzen ergibt sich aus der Differenz zwischen dem jährlichen Schadenserwartungswert des Ist-Zustandes und dem der Hochwasserschutzmaßnahme. Falls eine Kosten-Nutzen-Untersuchung der Abschätzung der Hochwasserscha- denspotenziale nachgeschaltet wird, geht diese Differenz als Nutzen in die Kosten-Nutzen-Analyse ein.

2.1.11 Berechnungen mit HWSCalc Nach den im vorigen Kapitel beschriebenen grundlegenden Analysen und Verknüpfungen wurden auf der Basis

• der Landnutzungseinheiten, • der Schadensausmaße und • der Zuordnung sowohl der typspezifischen Schadensfunktionen zu den Landnutzungseinheiten die monetären Schäden und jährliche Schadenserwartungswerte mit Hilfe von HWSCalc, dem Programmsystem zur Abschätzung von Hochwasserschadenspotenzialen des Landes Nordrhein-Westfalen, berechnet.

HWSCalc berechnet auf der Basis von Nutzungen, Schadensfunktionen und Wasserspiegellagen für verschiede- ne Jährlichkeiten quantitative und monetäre Hochwasserschäden sowie jährliche Schadenserwartungswerte.

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Abbildung 5 Aufbau von HWSCalc

2.1.12 Verwendungsmöglichkeiten der Ergebnisse und Erfahrungen In dem hier vorgestellten Verfahrensmodell HWSCalc – das im Rahmen der softwaretechnischen Entwicklung von HWS im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) des Landes Nordrhein-Westfalen umgesetzt wurde – sind die wichtigsten Ursachen für Hochwasser- schäden modelltechnisch abgebildet. Dennoch gibt es weitere Schadensursachen, die sich nicht ohne weiteres in dieses Modellkonzept integrieren lassen. Diese sind insbesondere Rückstau aus dem Kanalnetz, Überflutung durch Hangwasser und Anstieg des Grundwassers. Solche Effekte müssten im Rahmen gesonderter Berechnun- gen und Untersuchungen abgebildet werden.

Ferner werden lediglich die direkten Auswirkungen auf das technisch-ökonomische Umfeld des Menschen abgeschätzt. Weitere Hochwasserwirkungen wie Gefährdung von Leben, Umweltschäden oder andere induzier- te Effekte sind außen vor, müssen aber bei Schadenspotenzialuntersuchungen angesprochen, gesondert be- trachtet und bei Maßnahmenbewertungen berücksichtigt werden.

Mit dem hier vorgestellten Verfahren – das in den vergangenen Jahren in mehreren Projekten erprobt wurde – war es in der Vergangenheit (und wird auch zunehmend in der Zukunft) möglich, sehr wichtige Aspekte bei der Bewertung von Hochwasserschutzmaßnahmen zu betrachten:

Definition und Analyse von Maßnahmepaketen: Der Ausarbeitung der LAWA entsprechend, ist die Hochwasservorsorge nach Jährlichkeiten gestaffelt umzuset- zen. Die Basislast bis zu einer regionalspezifisch zu definierenden Jährlichkeit ist vom technischen Hochwasser- schutz zu übernehmen. Die darüber hinaus gehenden Hochwassergefährdungen sind durch verschiedene Vor- sorgearten wie Bauvorsorge oder Eigenvorsorge abzudecken. Mit dem hier vorgestellten Verfahren ist es mög- lich, die Anteile der Kostenwirksamkeit der verschiedenen Vors Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 17 von 53

• sorgearten zu ermitteln und je nach Fall die Schadensrisiken durch Empfindlichkeitsprüfungen zu op- timieren. • Quantifizierung von Restrisiken: Das Hochwasserbewusstsein der gefährdeten Bevölkerung ist ein wichtiger Faktor zum nachhaltigen Hochwasserschutz, da damit die Eigenvorsorge angeregt wird. Mit dem hier vorgestellten Verfahren ist es möglich, die Restrisiken nachvollziehbar den Zielgruppen darzulegen. • Kostenverteilungsschlüssel für Hochwasserschutzmaßnahmen: Bei der Finanzierung von gemeindeübergreifenden Hochwasserschutzmaßnahmen ist die Kostenbetei- ligung der Nutznießer nach individuell auszuarbeitenden Kostenverteilungsschlüsseln festzulegen. Da- bei können Solidaritätsprinzip, direkter Nutzen und andere Randbedingungen eine Rolle spielen. Es wird derzeit diskutiert, inwiefern der ökonomische Nutzen bei solchen Aufgaben ins Gewicht fallen soll. Im Rahmen solcher Diskussionen findet das hier vorgestellte Verfahren eine Anwendung.

2.2 Landnutzungsmodell Um Schäden an Objekten abschätzen zu können, müssen diese in verarbeitbarer Form vorliegen, sodass eine Verschneidung mit den ermittelten digitalen schadensverursachenden Hochwasserbelastungen (z. B. Einstau- höhe, Einstaufläche) möglich ist. Die potenziell überflutbaren Objekte lagen für die Twiste nicht in digitalisierter Form vor. Daher wurden zur Lagedefinition von potenziell überflutbaren Objekten diese anhand der gelieferten Blätter der DGK5 als Punkte digitalisiert.

Die Bestimmung der Nutzung der Objekte geschah in einem ersten Schritt auf Basis des Verschnitts des Objekts mit den in Kapitel 2.2.4 aus Band 1 zum Hochwasser-Aktionsplan Twiste erwähnten, zur Verfügung stehenden ATKIS-Objekten und deren Zugehörigkeit zu einem Wirtschaftszweig. Um diese Zuordnung zu verfeinern, wurde eine Bereisung des Untersuchungsgebiets durchgeführt. Bei der Bereisung wurden neben der Nutzung der Objekte das Vorhandensein von Kellern und deren Nutzung („minderwertig" = Vorratskeller, „hochwertig" = vollwertiger Wohnraum mit zusätzlichem Hausrat) bei Wohngebäuden sowie das Höhenniveau der Erdge- schossfußböden im Vergleich zum Geländeniveau (ausgedrückt in Anzahl der Stufen bis zum Eingang) aufge- nommen. Diese Eigenschaften (Kellernutzung/Höhe über Geländeniveau) haben Einfluss auf die Art und den Verlauf der Schadensfunktion. Ein Protokoll der Gebietsbereisungen befindet sich in Anhang 0.

Zusätzlich wurde bei Objekten aus den Wirtschaftszweigen „Staat“ (ST) sowie „Energie- und Wasserversor- gung“ (EW) die Grundfläche der Objekte aus der Karte digitalisiert, sodass diesen Objekten eine Flächengröße zugewiesen werden kann. Für die Wirtschaftszweige „Landwirtschaft“ (LW) sowie „Verarbeiten- des/produzierendes Gewerbe und Baugewerbe“ (VB) wurden dagegen die Grundstücksflächen bzw. bei land- wirtschaftlichen Betrieben die Hofflächen aus der DGK 5 digitalisiert, da bei Betrieben dieser Wirtschaftszweige anzunehmen ist, dass die gesamte Grundfläche zur Erwirtschaftung des Kapitals und Vermögens genutzt wird (beispielsweise werden Freiflächen als Außenlager genutzt). Ausnahme bilden hier einzeln stehende landwirt- schaftliche Scheunen, bei denen lediglich die Gebäudegrundfläche digitalisiert wurde. Bei Betrieben des Wirt- schaftszweiges „Handel und Dienstleistung“ (HD) wurde in Innenstadtbereichen (oder bei Betrieben, bei denen aufgrund des Gewerbes nicht mit hochwasserempfindlichem Vermögen auf den Freiflächen des Grundstücks zu rechnen ist) die Gebäudegrundfläche digitalisiert. Außerhalb von Stadtbereichen (und bei Betrieben, bei denen aufgrund der Art des Gewerbes mit hochwasserempfindlichem Vermögen auf den Freiflächen gerechnet wer- den kann, beispielsweise bei Auslieferungslagern) wurden wie bei VB- und LW-Betrieben die Grundstücksflä- chen aus der DGK 5 digitalisiert. Diese Flächen sind notwendig, um die maximal hochwassergefährdeten Ver- mögen auf diesen Flächen zu ermitteln.

Zur Definition der landwirtschaftlichen Flächen wurden die zur Verfügung stehenden ATKIS-Objekte der Ob- jektarten 4101 (= „Ackerland“) und 4102 (= „Grünland“) verwendet. Da bei der Erstellung von ATKIS-Daten kleinflächige andersartige Nutzungen (Beispiel: Grundstück eines Bauernhofs in einem Weidegebiet) nicht be- Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 18 von 53

rücksichtigt werden, wurden solche Nutzungen - deren Umrisse aus den verfügbaren Kartenmaterialien er- kennbar waren - aus den oben genannten ATKIS-Flächen ausgestanzt.

2.3 Hochwasserbelastung Bei den Hochwasserbelastungen handelt es sich, wie in Kapitel 2.1.6 erläutert, um ereignisspezifische Einstau- flächen und Einstauhöhen an Objekten. Ermittelt wurden diese auf Basis der in Kapitel 3.4 von Band 1 be- schriebenen Wassertiefenraster.

Im Rahmen der Aufbereitung der Flusshydraulik zur Ermittlung der hochwassergefährdeten Gebiete wurden folgende Wassertiefenraster (Rasterthema, welches die ereignisspezifischen Überflutungstiefen in der gleichen Auflösung – 10 Meter x 10 Meter - abbildet, wie beim digitalen Geländemodell) des Ist-Zustandes erstellt:

• HQ2

• HQ5

• HQ10

• HQ20

• HQ50

• HQ100

• HQ200

Es wurden durch Überlagerung der Umrisse bzw. Koordinaten der Objekte mit den jeweiligen Wassertiefenras- tern die Hochwasserbelastungen an den einzelnen Objekten berechnet (Raster-Vektor-Operation). Die damit verbundene Operation berechnet eine Werteverteilung (Statistik) der Rasterwerte innerhalb des jeweiligen Objektes. Für die Schadensberechnung werden die maximale Wassertiefe und die überflutete Fläche verwen- det. Bei punktförmigen Objekten (Wohngebäude) wird lediglich der Zellenwert des Wassertiefenrasters, in welchem das jeweilige Objekt liegt, zugeordnet.

Tabelle 4 Übersicht der hochwassergefährdeten Objekte (Anzahl)

Stadt Warburg Anzahl betroffener Ge- HQ2 HQ5 HQ10 HQ20 HQ50 HQ100 HQ200 bäude Welda 2 2 2 2 2 63 78

Wormeln 1 2 3 4 4 5 5

Außerorts in Warburg 4 4 4 4 4 5 5

Summe 7 8 9 10 10 73 88

Ergebnisdetails sind im Anlagenband zu finden:

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Tabelle 5 Anlagen mit Ergebnissen zur Ermittlung der Hochwasserbelastung

Anlage Inhalt der Anlage

Anlage 1.1 Hochwasser-Schadensfälle in den Ortsteilen, Ist-Zustand

Anlage 2.1 Hochwasser-Schadensfälle in den Ortsteilen, Ist-Zustand (Details) Hochwasser-Schadensfälle in den Ortsteilen, Ist-Zustand hinter Dämmen mit deichähnli- Anlage 3.1 cher Wirkung Hochwasser-Schadensfälle in den Ortsteilen, Ist-Zustand hinter Dämmen mit deichähnli- Anlage 4.1 cher Wirkung (Details) Die objektspezifischen Hochwasserbelastungsparameter (Einstauflächen und / oder Einstauhöhen) wurden für die Schadensberechnung verwendet (siehe Kapitel 2.1.9 und 2.6).

2.4 Wirtschaftsstruktur

2.4.1 Vermögensbasis der Wirtschaftsbereiche In ökonomischen Schadenspotenzialanalysen können nach dem bislang erreichten Stand der Methodenent- wicklung zwei grundsätzlich verschiedene Vorgehensweisen angewandt werden:

• Zu den wesentlichen, schadensanfälligen Flächennutzungen im Untersuchungsraum werden objekt- bzw. nutzungsspezifische Werte ermittelt und angewandt (das sogenannte mikroskalige Verfahren). Solche Werte können aus Originaldaten der Eigentümer bzw. Flächennutzungen oder aus Experten- schätzungen, z. B. auf Basis der anerkannten Grundsätze der Gebäudewertermittlung, abgeleitet sein. • Es werden statistische Durchschnittswerte erhoben und verwendet (das sogenannte mesoskalige Ver- fahren), um die Vielzahl der schadensanfälligen Vermögenswerte objektiviert und unabhängig von der jeweiligen individuellen Situation im Einzelfall erfassen und mit möglichst aktuellen volkswirtschaftli- chen Realgrößen, den so genannten "spezifischen Werten", bewerten zu können. Zur generellen Charakterisierung des Untersuchungsraums hinsichtlich der Wirtschaftsstruktur bzw. der Aus- wirkungen von Hochwasserereignissen sowie zur mesoskaligen ökonomischen Bewertung der Objekte im Un- tersuchungsraum wurden entsprechende Angaben benötigt. Diese wurden aus statistischen Analysen auf der Ebene des Landes Nordrhein-Westfalen bzw. des Landkreises sowie der Stadt Warburg gewonnen.

Die spezifischen Durchschnittswerte, die in dieser Studie verwendet wurden und deren Ermittlung wird nach- folgend beschrieben. Vorausgeschickt wird, dass die wirtschaftsstatistische Systematik Analysen der folgenden Wirtschaftsbereiche erlaubt:

• LW Landwirtschaft • EW Energie- und Wasserversorgung • VB Verarbeitendes und Baugewerbe • HD Handel und Dienstleistungen • VN Verkehrswesen und Nachrichtenübermittlung • ST Staat (Hochbau) • OET Staat (Öffentlicher Tiefbau)

Hinzu kommen bei den Wirtschaftsbetrieben Vorratshaltungen (Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe; Halbzeug; Fertig- waren auf Lager usw.), die weitere erhebliche Vermögenswerte darstellen. Von der Wirtschaft gesondert zu betrachten ist der Bereich des volkswirtschaftlichen Wohnungskapitals zuzüglich der wesentlichen privaten Vermögensbestandteile wie insbesondere Hausrat sowie Kraftfahrzeug-Vermögen. Gemäß dieser Untergliede- rung werden die Befunde nachfolgend abgehandelt. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 20 von 53

Für die Wertermittlungen wurden die neuesten verfügbaren Daten herangezogen; sie entsprechen dem Daten- bzw. Preisstand 1995/96. Das heißt, dass wesentliche statistische Informationen, vor allem aus dem Bereich der volkswirtschaftlichen Vermögensbestände, nur mit erheblichem zeitlichen Nachlauf verfügbar und nur in größeren Zeitabständen aktualisiert werden. Vor diesem Hintergrund fanden zwischen Mitte der 1990er Jahre und heute in einigen Bereichen reale Wertsteigerungen erheblichen Umfangs statt. Eine Möglichkeit, diese Wertsteigerungen bei der Abschätzung der volkswirtschaftlichen Schadenspotenziale annähernd abbilden zu können, ist die Verwendung von Aktualisierungsfaktoren, welche aus relevanten Preisindexreihen der amtli- chen Statistik abgeleitet werden. Dies wird in dieser Untersuchung praktiziert; anhand der in Tabelle 2.6 aufge- führten Werte.

Nachfolgend werden die verwendeten Begriffe und die ermittelten Datengrundlagen zusammenfassend darge- stellt und erläutert; auf die weitere Verwendung in den Schadenspotenzialermittlungen wird später noch de- taillierter eingegangen. Das Rechenprinzip sollte jedoch bereits an dieser Stelle kurz angesprochen werden:

• Durch Anwendung der jeweils zutreffenden spezifischen Vermögenswerte auf die Flächennutzungen lassen sich die realen volkswirtschaftlichen Vermögensbestände im Untersuchungsraum abschätzen. • Durch Anwendung von Schadensfunktionen, die entweder unter Bezugnahme auf die Vermögensbe- stände indirekt definiert werden oder direkt den vorhandenen Flächennutzungstypen oder –klassen zugeordnet werden, lassen sich für einzelne definierte Hochwasserlastfälle die Schäden an den Ver- mögensbeständen abschätzen. • In jedem Fall können durch Verhältnisbildung von Schadenswert zu Vermögenswert die jeweiligen Schädigungsgrade ermittelt werden.

Die im Rahmen des Hochwasser-Aktionsplanes Twiste ermittelten Schadenspotenziale sollen mit den Ergebnis- sen des Hochwasser-Aktionsplanes Diemel vergleichbar sein. Aus diesem Grund werden die in Tabelle 6 be- schriebenen Aktualisierungsfaktoren verwendet.

Tabelle 6 Preisindizes und verwendeter Aktualisierungsfaktor

Wert- Wert- Wert- Wert- Wert- Wert- Wert- Wert- Vermö- fort- fort- fort- fort- fort- fort- fort- fort- schrei- schrei- schrei- schrei- schrei- schrei- schrei- schrei- Fak- gensbe- Benutzte Indexreihe bung bung bung bung bung bung bung bung tor stand 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02- 03*) Kapitalstöcke PI für Bauwerke / gewerb- 1,005 1,003 1,001 1,000 1,007 1,003 1,003 1,002 1,024 der Wirtschaft liche Betriebsgebäude Vorräte der PI der Erzeugerpreise 0,988 1,011 0,996 0,990 1,034 1,030 0,995 0,996 1,040 Wirtschaft gewerblicher Produkte Wohnungs- 1,000 1,010 1,010 1,010 1,010 1,010 1,010 1,010 1,072 PI für Wohngebäude vermögen 1,015 1,019 1,009 1,006 1,014 1,020 1,014 1,015 1,118 Hausrat PI für Lebenshaltung 1,015 1,019 1,009 1,006 1,014 1,020 1,014 1,015 1,118 KFZ PI für Lebenshaltung PI der Erzeugerpreise 1,008 1,029 1,030 1,030 1,061 1,057 0,938 1,020 1,181 Landwirtschaft landwirtschaftlicher Pro- (Ernste) dukte 1,021 1,022 1,020 1,013 1,008 1,016 1,024 1,001 1,132 Wertschöpfung BIP je Erwerbstätigen *) = hinzugeschätzte Werte / vorläufige Daten

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Zum Verständnis der nachfolgenden Ausführungen sind an dieser Stelle die Begriffe zu definieren, die im Wei- teren verwendet werden:

Der Begriff „volkswirtschaftliches Vermögen“ wird als Oberbegriff benutzt. Der Term „volkswirtschaftlich“ gibt an, dass die Vermögen der drei gesellschaftlichen Obergruppen, nämlich der Unternehmen, der privaten Haus- halte und der staatlichen Einrichtungen (letztere sind wirtschaftsstatistisch einschließlich aller sogenannten Nichterwerbsorganisationen definiert) betrachtet werden.

Neben dem Oberbegriff „Vermögen“ werden die Begriffe „Vermögenswert(e)“ und „Vermögensbestand / - bestände“ verwendet:

Der Begriff der Vermögenswerte stellt auf die mit den einzelnen immobilen und mobilen Vermögensbestand- teilen verbundenen individuellen oder / und gesellschaftlichen Werte im weitesten Sinne ab.

Ist von ökonomischen Vermögenswerten die Rede, so sind damit die in Geldgrößen ausdrückbaren Zeit- oder Wiederbeschaffungswerte gemeint (detailliertere Spezifikationen der ökonomischen Vermögenswerte folgen weiter unten). Sie stellen einen Teil der gesamten Vermögenswerte dar. Es ist zu beachten, dass es daneben auch außerökonomische sowie ökonomisch nicht (exakt genug) fassbare Vermögenswerte gibt.

Die Begriffe Vermögensbestand / Vermögensbestände tragen einen zweifachen Sinngehalt. Einerseits werden sie verwendet, wo es um die Mengengerüstgrößen geht, also z. B. die Zahl vorhandener Häuser, Betriebsstät- ten, Kraftfahrzeuge usw. Andererseits ist von Vermögensbeständen bzw. auch sog. „Bestandsgrößen“ dann die Rede, wenn in Analogie etwa zur steuerrechtlichen Unterscheidung zwischen Vermögen und Einkommen auch hier eine deutliche Trennung zwischen den volkswirtschaftlichen sog. Bestandsgrößen und den sogenannten Stromgrößen, erfolgen soll. Erstere sind bereits vorhandene reale Vermögensbestandteile wie z. B. Gebäude, Mobiliar, Produktionsanlagen usw. Letztere sind die aus dem produktiven Einsatz der Vermögensbestände jährlich zuströmenden Wirtschaftsergebnisse der gesellschaftlichen Gruppen; in Analogie zu den einzelwirt- schaftlichen Einkommen (die zu Ersparnissen oder Investitionen in der Folgeperiode führen) werden die Strom- größen volkswirtschaftlich in Form der Wertschöpfung erfasst.

Hier geht es zunächst um die Vermögensbestände: Grundsätzlich gibt es für alle Vermögensgegenstände statis- tische Bestandswerte; sie basieren auf deren jeweiligen Marktpreisen. Insoweit sind die statistischen Be- standswerte grundsätzlich die bestverfügbare Basis für die Vermögenswertermittlung. Die Vermögensbestände setzen sich aus etlichen unterschiedlichen Vermögenskomponenten zusammen, maßgeblich für deren Abgren- zung sind hier die Definitionen und Erfassungsprinzipien der amtlichen Statistik. Die Abgrenzung der „wesentli- chen“ Vermögenswerte basiert auf den bisher gesammelten Erkenntnissen aus Hochwasserschadensanalysen. Das heißt, mit anderen Worten, dass nicht eine „hundertprozentige“ Erfassung der im Untersuchungsgebiet vorhandenen volkswirtschaftlichen Vermögen angestrebt wurde, sondern die Erfassung der „großen Masse“. Bewusst vernachlässigt werden hier z. B. die vorhandenen Vermögenswerte an Krafträdern (nur Pkw werden erfasst) sowie an forstwirtschaftlichen Waldbeständen.

Grundsätzlich ist an dieser Stelle auch anzumerken, dass in dieser Untersuchung Ermittlungs- und Berech- nungsverfahren eingesetzt wurden, welche im Laufe früherer Schadenspotenzialuntersuchungen laufend fort- entwickelt und entsprechend der statistischen Datenverfügbarkeit von Untersuchung zu Untersuchung opti- miert wurden.

Dies gilt in ganz besonderem Maße für die Ermittlung der Vermögenswerte auf den industriell-gewerblich ge- nutzten Flächen entsprechend dem oben erwähnten Grundkonzept der amtlichen Statistik in Form der so ge- nannten „Kapitalstöcke". Auf eine detaillierte Beschreibung der prinzipiellen Vorgehensweise bei der amtlich- statistischen Kapitalstockberechnung wird hier verzichtet. Wichtig ist jedoch die Kenntnis, dass wegen vielerlei Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 22 von 53

Problemen bei der Datengewinnung bzw. auch der Übertragung der Schlüsselprozeduren auf tiefere regionale Ebenen, sprich auf Landkreise oder Gemeinden, die Kapitalstockdaten von der amtlichen Statistik ausschließlich auf Landesebene zugänglich gemacht werden, wofür vor allem die folgenden zwei Gründe angeführt werden:

• Daten von Einzelunternehmen dürfen aus Geheimhaltungsgründen keinesfalls identifizierbar werden (vielfältige unternehmensbezogene Daten fließen in die Berechnungen ein, die auch bei publizitäts- pflichtigen Unternehmen über den veröffentlichungspflichtigen Bestand hinausreichen) • Pauschalierungen (z. B. bei den Abschreibungsberechnungen) und Annahmen (z. B. bei Verwendung mehrerer Datenquellen), die in die Berechnungen aus den unternehmensspezifischen Daten eingehen, würden beim Rückschluss auf Einzelunternehmen zu betriebswirtschaftlich relevanten Fehlschätzun- gen führen. Sie gleichen sich auf Landesebene jedoch soweit aus, dass sie für volkswirtschaftliche Be- trachtungen tauglich bleiben Die Statistik ist bemüht, durch Anwendung realistischer, d.h. insbesondere steuerrechtlich gültiger, Abschrei- bungssätze für die real vorhandenen Kapitalstockbestandteile, den Zeitwert der Realvermögen bestmöglich abzubilden (dies geschieht durch Abzug von Abschreibungswerten). Es ist zu erwarten, dass der Zeitwert in vielen Fällen (erheblich) unter den Wiederbeschaffungswerten bzw. Neupreisen (eine Ausnahme stellt der Öffentliche Tiefbau dar, bei dessen statistischer Verfolgung nicht zwischen brutto und netto, also zwischen Wiederbeschaffungs- und Zeitwert unter- schieden wird. Das ist ein für heutige Verhältnisse mit vielfach überalterter Infrastruktur recht problematisches statistisches Prinzip) liegt. Daher ist bei der Verwendung von Kapitalstockdaten die Gefahr einer Überschätzung des ökonomischen Scha- denspotenzials nicht gegeben. Dies wird in den Statistiken zu den Nettoanlagevermögen zu Wiederbeschaf- fungspreisen bewerkstelligt, die somit für diese Untersuchung die am besten geeigneten Größen liefern. Der Begriff „Netto“ besagt, dass Abschreibungen abgezogen wurden. Das Nettoanlagevermögen zu Wiederbeschaf- fungspreisen gibt den Zeitwert sämtlicher im Bestand befindlicher Ausrüstungen und Bauten im jeweiligen Wirtschaftssektor an. Diese Größen werden im Rahmen dieses Berichts als Kapitalstock bezeichnet.

Bei den Berechnungen der spezifischen Werte sind im Hinblick auf die vorgesehene Abschätzung des Hochwas- serschadenspotenzials nachfolgend beschriebene Aspekte zu beachten.

Der Kapitalstock besteht definitionsgemäß aus Ausrüstungen und Bauten. Der Wert des Bodens, auf dem die- ses Vermögen steht, ist also grundsätzlich nicht enthalten. Das ist für die anstehenden Untersuchungen auch richtig, denn der Boden selbst wird im Regelfall durch ein Hochwasser seine grundsätzliche Eignung, ein Bau- werk, eine Produktionsanlage usw. zu tragen, nicht verlieren, das heißt, der Bodenwert bleibt unverändert und ist für die Schadenspotenzialbetrachtung irrelevant. Ausnahmen wären z. B. dauerhafte Vernässungen, Stand- sicherheitsprobleme, irreparable Kontaminationen als Folgen des Hochwasserereignisses. Solche Effekte könn- ten auch zu wirtschaftlich relevanten Wertminderungen führen. Derartige Folgewirkungen werden in dieser Untersuchung jedoch nicht weiter betrachtet.

Im Falle der Landwirtschaft darf bei der Berechnung des spezifischen Werts jeweils nur die landwirtschaftliche Gebäudefläche bzw. die Hoffläche (als Grundstücksfläche) zugrunde gelegt werden, nicht etwa die Gesamtflä- che (einschließlich der Produktionsflächen) eines Betriebs. Denn die landwirtschaftliche Produktionsfläche ist nur für die Analyse des Schadenspotenzials in Form landwirtschaftlicher Ertragsschäden relevant; und diese erfolgt gesondert. Die landwirtschaftliche Hoffläche ist auch deshalb die geeignete Zurechnungsbasis, weil die landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte (welche das Betriebsvermögen darstellen) meist in oder bei Ge- bäuden auf den Hofflächen abgestellt sind, die in dieser Flächenanalyse der Katasterverwaltung eingeschlossen sind.

Insgesamt erfordert also die Zuordnung von Flächenkategorien zu Flächennutzungen ein adäquates Umschlüs- selungssystem, welches die Sachzusammenhänge abbildet, denn nicht alle Wirtschaftsaktivitäten, die in der Statistik getrennt ausgewiesen werden, sind als Flächennutzungen auch in Katasterdaten bzw. Flächennut Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 23 von 53

zungsstatistiken getrennt enthalten (und umgekehrt). Die Umschlüsselung muss sich auch danach richten, wel- che Flächennutzungsdaten (z. B. digitalisiert aus Karten, ALB- bzw. ALK-Flächendaten oder ATKIS-Daten) ver- wendet werden. Die hier angewandte Vorgehensweise wird nachfolgend kurz am Beispiel der Landwirtschafts- flächen erläutert.

Die landwirtschaftlichen Gebäudevermögen sind auf der Hoffläche konzentriert. Es wäre falsch, sie über die gesamte Landwirtschaftsfläche zu verteilen, da dies zu viel zu niedrigen Vermögenswerten je Flächeneinheit führen würde. Also mussten aus den landwirtschaftlichen Flächendaten die entsprechenden Unterkategorien (dort bezeichnet als Gebäude- und zugehörige Freiflächen) gefunden und alle übrigen landwirtschaftlichen Flächen (z. B. Betriebsflächen, ungenutzte Flächen usw.) getrennt kategorisiert werden.

Des Weiteren ist zu beachten, dass der Kapitalstockanteil des Öffentlichen Tiefbaus als eine der volkswirt- schaftlichen Vermögenskomponenten gesondert behandelt werden muss. Dieser ist in den Kapitalstockstatisti- ken des „Staats" nicht enthalten; dort werden nur Hochbauten (z. B. Verwaltungsgebäude, Schulgebäude, Krankenhäuser) erfasst. Die Vermögenskomponente Öffentlicher Tiefbau umfasst dagegen einen anderen, sehr erheblichen Vermögensbestand, nämlich einen großen Teil dessen, was als öffentliche Infrastruktur (Straßen, Kanalisation etc.) bezeichnet wird. Diese Vermögenswerte werden in getrennten Statistiken erfasst, und zwar hauptsächlich, weil von der amtlichen Statistik unterstellt wird, dass von "der öffentlichen Hand" ständig wert- erhaltende Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden. Damit entfallen Abschreibun- gen. Dementsprechend wird hierzu das Bruttoanlagevermögen zu Wiederbeschaffungspreisen ausgewiesen.

Auch bei der Identifizierung und Lokalisierung im Untersuchungsraum weisen die Vermögensbestände des Öffentlichen Tiefbaus Besonderheiten auf. Während sich die übrigen Flächennutzungen meist als - je nach den verwendeten Grundlagen mehr oder weniger gut erkennbare - "Flächenobjekte" darstellen, hat man es hier vor allem mit so genannten "Linienobjekten" zu tun. Sie stellen sich vor allem als Straßenflächen der unterschiedli- chen Kategorien dar (ansonsten als Kanäle, Schifffahrtswege etc.), wobei oft davon auszugehen ist, dass die unterirdisch vorhandenen Vermögen, insbesondere Kanalisationen, straßenbegleitend oder darunter angelegt sind. Schon von daher kann die Umlegung des spezifischen Landesdurchschnittswerts in €/m2 für den Öffentli- chen Tiefbau hilfsweise anhand der ermittelbaren Straßenflächen bzw. anderer logisch zugehöriger "Linienob- jekte" erfolgen.

Als Ergebnis der oben beschriebenen Quellenauswertungen und Berechnungen ergaben sich folgende spezifi- sche Werte für den Untersuchungsraum:

Tabelle 7 Absolute und spezifische Werte der Kapitalstöcke

Kapitalstöcke in Spezifischer Wert für Wirtschafts- Fläche in NRW NRW 1995 [Mrd. 2 2003 (aktualisiert und bereich [km ] 2 DM] gerundet) [Euro/m ] LW 26,6 489,87 28

EW 130,1 63,56 1.035

VB 243,4 851,18 145

HD 381,2 311,08 620

VN 113,0 2.255,62 25

ST 583,8 801,36 370

OET 373,2 2.215,05 85

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2.4.1.1 Vorratsvermögen Für die Wirtschaftsaktivitäten mit Lagerhaltung in erheblichem Umfang und schadensanfälligen Waren (Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe, Fertigprodukte, Handelswaren), werden fallweise zusätzliche Daten benötigt, weshalb in den statistischen Analysen die so genannten Vorratsvermögen gesondert analysiert wurden.

Wesentlich für die Anwendung im Untersuchungsraum ist angesichts des Mixes der potenziell hochwasserge- fährdeten Objekte, dass den identifizierten Lagergebäuden in der Land- und Forstwirtschaft (LW), beim Produ- zierenden Gewerbe (VB) und im Handelsbereich (HD) derartige spezifische Wertinhalte bzw. Schadenspotenzia- le anstelle der Werte für Betriebsgebäude bzw. für den allgemeinen Kapitalstock zugeordnet werden.

2.4.1.2 Wohnungsvermögensbestände Die Vermögenswerte je Wohneinheit liegen für NRW, auf Landesebene betrachtet, ziemlich nahe am bundes- republikanischen Gesamtdurchschnitt. Eine Wohneinheit in NRW besitzt im Durchschnitt einen Realwert von rund 129.250,00 DM (vergleiche MURL – Hrsg. -; potentielle Hochwasserschäden in NRW, Kurzfassung, Februar 2000, Seite 14), wobei der Wert 1995 gleich dem Wert von 2000 ist.

Berücksichtigt man, dass im Durchschnitt des Untersuchungsgebiets rund 3,18 Wohneinheiten (WE) je Wohn- gebäude (WG) vorhanden sind, so ergibt sich als realer Durchschnittswert je Wohngebäude eine Größenord- nung von rund 205.000,00 € (im Jahr 2003).

2.4.1.3 Hausratsbestände Entsprechend den Aktualisierungen der Daten aus Vorgängerstudien (vergleiche insbesondere MURL-NRW, Kurzfassung, 2000 – ebd )) war je Haushalt bzw. Wohneinheit (WE) ein bundesdurchschnittlicher Realwert (das heißt also Zeitwert, nicht Wiederbeschaffungswert) des Hausrats von 49.000,00 DM für 1999 anzusetzen. Dem entsprechen rund 25.115,00 € in 2003.

Mithilfe dieses spezifischen Werts und durch Multiplikation mit der Zahl der je Überflutungsszenario hochwas- sergefährdeter Objekte (WG x 3,18 x 25.115 = 79.860 € Hausratswert je Gebäude) lässt sich grob überschlägig ableiten, welche beweglichen Vermögenswerte des privaten Haushalts im Untersuchungsraum von Hochwas- serereignissen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten (für genauere Berechnungen ist jedoch die Höhen- lage der WE und daraus resultierend die unterschiedliche Schadensanfälligkeit der Hausratsbestände zu be- rücksichtigen).

2.4.1.4 Kraftfahrzeuge Im Untersuchungsgebiet gibt es mit Stand zum 1.7.1998 für alle betroffenen Kommunen Daten zu Kraftfahr- zeugvorkommen. Mit deren Hilfe können für das Untersuchungsgebiet recht genaue Zuordnungs- bzw. Um- rechnungsfaktoren (Kraftfahrzeug pro Kopf; Kraftfahrzeug pro Wohngebäude; Kraftfahrzeug pro Wohneinheit) bestimmt werden. Sie zeigen, dass je nach Gebietsteil 2 bis 4 Kraftfahrzeuge pro Wohngebäude, also im Durch- schnitt 3 Kraftfahrzeuge je betroffenes Objekt anzunehmen sind.

Der Zeitwert eines Kraftfahrzeugs war 1999 statistisch mit 17.000,00 DM anzusetzen, dem entspricht für den Zeitstand 2003 der Durchschnittswert von 8.750,00 €.

Damit ist jedoch über die konkrete Schadensanfälligkeit des Kraftfahrzeug-Vermögens noch nicht viel abzulei- ten. Sie hängt von weiteren Parametern ab, insbesondere Vorwarnzeit, Evakuierungswege, Dynamik des Hochwasserereignisses. Diese sind bei der Schadenspotenzialabschätzung zu beachten.

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2.4.1.5 Landwirtschaft Auch landwirtschaftliche Flächen können durch Hochwasser einen wirtschaftlichen Schaden erleiden, wenn das Ereignis in der Vegetationsperiode eintritt. Soweit Kenntnisse über die Hauptnutzungsarten auf den landwirt- schaftlichen Betriebsflächen und die wesentlichsten Anbauarten vorliegen, ist auch die Umschlüsselung dieser volkswirtschaftlichen Ertragswerte in die 3 Hauptkategorien

• Ackerland (LW-BA), • Grünland (LW-BG) und • Sonderkulturen (LW-BS) möglich. Letztere kommen im Untersuchungsgebiet kaum vor und können im Schadenspotenzial deswegen vernachlässigt werden.

Für Ackerland konnten anhand der vorliegenden Daten und unter Verwendung langjähriger Durchschnittswerte der entsprechenden Deckungsbeiträge (vergleiche MURL (Hrsg.); Potentielle Hochwasserschäden in NRW, Kurzfassung, Februar 2000, Seite 14) folgende Durchschnittserträge für die volkswirtschaftliche Bewertung der Schadenspotenziale ermittelt werden:

• Auf Ackerland durchschnittlich 600 € je Hektar. • Auf Grünland durchschnittlich 300 € je Hektar.

2.4.2 Hochwasserrelevante Charakteristik des Untersuchungsgebietes Die Daten der Landesstatistik allein reichen für die Charakterisierung der Landnutzungseinheiten im Untersu- chungsgebiet nicht aus. Vielmehr muss zusätzlich immer die besondere Charakteristik des Untersuchungsgebie- tes bzw. der darin befindlichen Gebäude im Hinblick auf die Schadensanfälligkeit bei Hochwasser erfasst wer- den. Deshalb wurden wie bereits in Kapitel 2.2 erwähnt im Untersuchungsgebiet Gebietsbereisungen durchge- führt.

Die Wirtschaftsbetriebe betreffend wurde während der Bereisungen festgestellt, dass in den potenziellen Überflutungsbereichen kleine und mittlere Betriebe ansässig sind, für deren Schadenspotenzialermittlung also "Standardwerte, bzw. Schadensfunktionen" anzuwenden sind. Es gab keine Betriebsstätten, bei denen die Anwendung von objektspezifisch genaueren Schadensabschätzungen gerechtfertigt wäre.

Bezüglich der Wohnbebauung zeigte sich, dass die vorhandenen Bestände in einzelnen Straßenzügen, Ortstei- len usw. sich recht gut in Objekttypen bzw. Objektklassen einordnen und summarisch charakterisieren lassen.

2.5 Schadensfunktionen

2.5.1 Grundlagen Bei der Wertung der Schadensgrößenordnungen ist grundsätzlich zu beachten, dass sich der Hochwasserscha- den an einem Objekt aus den Komponenten

G = Gebäudeschaden / Schaden an der Bausubstanz f = Schaden am festen Inventar b = Schaden am beweglichen Inventar A = Schaden an Außenanlagen zusammensetzt, also S = G + f + b + A.

Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 26 von 53

Hinzu kommen bei Privathaushalten meist noch Schäden an

• KFZ = KFZ-Schäden (Kasko) und bei Gewerbebetrieben

• BU = Schäden durch ereignisbedingte Betriebsunterbrechung (die sehr vielschichtig und folgen- reich ausfallen können; sie werden durch individuell vereinbarte, gesonderte Betriebsunterbrechungs- versicherungen gedeckt) Betrachtet man also die Kurven der Schäden, so setzen sich diese - zu unterschiedlichen Anteilen – grundsätz- lich aus den zuoberst genannten 4 Komponenten zusammen. Hierfür gibt es datenbankgestützte Durch- schnittswerte bzw. Funktionen aus der HOWAS-Schadensdatenbank der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA).

Zusätzliche Hintergrundinformationen zu Schadensfunktionen finden sich in Kapitel 2.1.8.

Speziell für Schadenspotenzialanalysen wurden im Rahmen der Studie „Modellgebiet Wesermarsch“ (Klaus/- Schmidtke, Bonn, 1990) in den Jahren 1987 bis 1990 erstmals so genannte Schadensmatrizen auf empirischer Basis, d. h. gestützt auf Expertenbefragungen, formuliert. Der Grundgedanke bestand darin, die Schadensent- wicklung auf diese Weise genauer beschreiben zu können: Anstelle einer 2-parametrigen Beziehung von ab- hängiger (Schaden) und unabhängiger Variable (Wasserstand) sollten weitere unabhängige Variablen berück- sichtigt werden können (Überflutungsdauer, Eintrittszeitpunkt des Ereignisses, Fließgeschwindigkeit, Wasser- qualität etc.), denen in der wissenschaftlichen Diskussion bzw. aufgrund vorliegender empirischer Erkenntnisse Bedeutung zukommt. Diese Ansatzweise konnte in der Studie, welcher ein großer Anteil landwirtschaftlicher Schadenspotenziale zugrunde lag, überzeugend ausformuliert werden.

Spätere Schadenspotenzialuntersuchungen in Deutschland, angefangen mit der so genannten „Oberrheinstu- die“ (Pflügner et al., 1995) versuchten, auf diesen genannten Grundlagen aufzubauen und sie weiter zu entwi- ckeln. Speziell die Oberrheinstudie bot die Möglichkeit, den Erkenntnisstand mit rund 80 Experten für derartige Wirkungsanalysen aus allen betroffenen Fachgebieten (Behörden, Versicherungswirtschaft, Schadensschätzer, Land- und Forstwirte usw.) zu diskutieren und sukzessive Schädigungsmatrizen aufzuarbeiten, welche das ge- samte verfügbare empirische Wissen einbezogen.

Voraussetzung für die Anwendung dieser Schädigungsmatrix ist jedoch stets, dass

• für diese Schadenspotenzialuntersuchungen konkrete Vorgaben zu den einzelnen Parameterausprä- gungen gemacht werden, das zu betrachtende Überflutungsereignis also exakt definiert wird. Denn genau genommen gelten die jeweiligen Ergebnisse zum Schadenspotenzial und zu den resultierenden Schäden nur für den definierten Ereignisfall (Hochwasserereignisse mit anderen Parameterkonstellati- onen führen entsprechend zu Wertabweichungen nach oben oder unten und können dann z.B. durch Bandbreitenberechnungen abgeschätzt werden bzw. in jeweils spezifischen Rechenläufen ermittelt werden) • in jedem Untersuchungsfall die Grundmatrix entsprechend den regionalen Spezifika des Untersu- chungsraums überprüft und regional angepasst wird

Dies war bei den im Anschluss an die Oberrheinstudie durchgeführten Untersuchungen am Mittelrhein, an der Mosel, am Main usw. unter Inkaufnahme des damit verbundenen Aufwands durchaus praktikabel. In allen Fällen hatte man es mit Überflutungsbändern entlang des untersuchten Gewässers zu tun, in denen sich die Raumnutzungen auf Homogenität überprüfen und entsprechend abgrenzen ließen. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 27 von 53

Weil bei jeder neuen Untersuchung auch weitere Experten einbezogen wurden, die zusätzliche regionalspezifi- sche Erkenntnisse sowie ereignisspezifische Erfahrungen einbrachten, konnte die Relevanz des Konzepts der Schädigungsmatrix auch zunehmend kritischer reflektiert werden. Dabei ergab sich, dass die „Zusatz“- Parameter für die zu betrachtenden Vermögensbestandteile auf höchst unterschiedliche Weise in komplexen Wirkungsmechanismen wirksam werden können, ohne dass es befriedigend gelingt, solche Wirkungsketten kleinräumlich den einzelnen untersuchten Flächen bzw. Flächennutzungen so zuzuordnen, dass die rechen- technische Berücksichtigung verschiedener Parameterkonstellationen „in einem Rechengang“ gelingt.

Folglich werden bei der praktischen Anwendung verschiedene Parameterkonstellationen wegen des damit verbundenen Aufwands und unter Berücksichtigung des Tatbestands, dass es in manchen Fällen bislang noch keine plausiblen Rechenansätze zur Lokalisierung bzw. gar zur Monetisierung (vergleiche z. B. die umweltrele- vanten Auswirkungen der Schadstoffverfrachtung, Konzentrationsverdünnung usw.) von einzelnen Parameter- auswirkungen gibt, in unterschiedlichen Rechenläufen untersucht. Da sich also ohnehin nicht alle Wirkungsbe- ziehungen adäquat abbilden lassen, sollten Schadenspotenzialanalysen stets mit Augenmaß, also unter Berück- sichtigung von Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten, konzipiert werden. Im Interesse der Allgemeingültigkeit und Akzeptanz der Ergebnisse sollte die Zahl der Annahmen, insbesondere auch über die Ereignisparameter, so klein wie möglich gehalten werden.

Zusammenfassend wird festgehalten, dass trotz der intensiven Bemühungen um sukzessive Verbesserung der Funktionen und Schadensmatrizen es bisher nicht vollständig gelungen ist, Ungereimtheiten und Widersprüche in Beobachtungsdaten bzw. Auswertungen restlos aufzuklären. Wesentliche Ursachen dafür werden in der unterschiedlichen Differenzierung der einzelnen Vermögenswerte und ihrer Bestandteile gesehen. Dies wird anhand folgendem Beispiel deutlich: Ein Funktionsverlauf für „Gebäudeschäden", der sich eigentlich nur auf Gebäudeinhalte bezieht, muss zwangsläufig anders aussehen als einer, der zwischen Schäden an der Gebäu- desubstanz, solchen am fest eingebauten Inventar und solchen am beweglichen Inventar differenziert. „Beweg- liches Inventar" und „Hausrat" brauchen nicht zwangsläufig Gleiches beinhalten usw. Das heißt, den in der einschlägigen Fachliteratur vorkommenden Funktionen bzw. Matrizen liegen verschiedene Erfassungskonzepte und Definitionen zugrunde; oft sind sie schwer erkennbar bzw. nicht kenntlich gemacht. Das macht die Bewer- tung der Plausibilität schwierig. Wo genaue Beschreibungen der Ereignisparameter in den Schadensdatensät- zen bzw. Funktionsbeschreibungen fehlen, kann sich die Plausibilitätsprüfung ohnehin meist nur auf die Angabe des maximalen Wasserstands am Beobachtungsobjekt orientieren. Fehlt dieser und gibt es stattdessen nur grobe

Angaben zur Überflutungshöhe in der Umgebung, so entstehen bei Übertragung dieser Höhe auf das Beobach- tungsobjekt weitere Fehlerpotenziale, welche die Plausibilitätsbewertung erschweren.

Diese und viele weitere Hintergrundinformationen sind also zu berücksichtigen, wenn man für ein bestimmtes Untersuchungsgebiet adäquate Schadensfunktionen bzw. Matrizen auswählt.

Die Grundtypen der bisher in den oben erwähnten Studien verwendeten Schadensfunktionen/-matrizen sind in der Oberrheinstudie ausführlich dokumentiert. Benutzt wurden bislang meist lineare oder geknickt lineare Verläufe. Zur regionalen Anpassung auf die einzelnen untersuchten Flussgebiete wurden meist lineare Funkti- onsverschiebungen nach oben bzw. unten zur Berücksichtigung einer veränderten regionaltypischen Schadens- anfälligkeit vorgenommen. Einige dieser Linearbeziehungen konnten hinsichtlich ihrer Plausibilität, wie bereits bemerkt, trotz intensiver Bemühungen nicht restlos aufgeklärt werden.

Im Rahmen der Niederrheinstudie (1998-2000) – vergleiche MURL (Hrsg.); potentielle Hochwasserschäden in NRW, Kurzfassung, Februar 2000, Seite 14 – wurden erstmals aufgrund des mittlerweile erreichten Erkenntnis- fortschritts, insbesondere bei den HOWAS-Auswertungen, für einige Vermögenskomponenten wesentlich ver- änderte Funktionstypen eingesetzt (siehe auch Kapitel 2.1.8). Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 28 von 53

Für das konkrete Vorgehen in der vorliegenden Untersuchung waren folgende weiteren Überlegungen maß- geblich:

• Mit der Untersuchungsgebietsgröße ist eine, jedoch aus den sozioökonomischen Daten nicht immer deutlich erkennbare, etwas heterogene Struktur von Raumeinheiten und Flächennutzungen verbun- den. Je mehr Differenzierung man in der Untersuchung anstreben würde, umso mehr Aufwand wäre bei der Spezifizierung und Zuordnung der Funktionen zu leisten. • Eine exakte, enge Definition der zu untersuchenden Hochwasserlastfälle scheint unangemessen, da der Hochwasser-Aktionsplan Twiste möglichst alle relevanten Kombinationen berücksichtigen muss. Für die Hochwassergenese sind dabei mehrere Szenarien vorstellbar, ohne dass Unterschiede in der Wahrscheinlichkeit angegeben werden könnten. Jedenfalls sind mehrere Lastfälle zu untersuchen, wobei die Vergleichbarkeit der Ergebnisse gewahrt bleiben muss.

Diese zuvor genannten Punkte sprechen dafür, in der vorliegenden Untersuchung für die Twiste anstelle diffe- renzierter Schadensmatrizen besser globalere Schadensfunktionen zu verwenden. Entsprechend konzentrierte sich die Suche nach geeigneten Grundlagen darauf, den neuesten Stand des Wissens in diesem Bereich zu er- fassen.

Dies ist in Kapitel 2.1.8 detailliert erläutert. Zusätzlich wurde erstmals eine weitergehende Differenzierung entsprechend den wirtschaftsstatistisch unterscheidbaren Wirtschaftssektoren (VB / HD) möglich.

Für die Funktionsfestlegungen ist ferner wichtig zu beachten, dass nach wie vor der Großteil der Datensätze in HOWAS auf Schadensereignissen mit Überflutungshöhen am Objekt bis zu etwa 1,5 Metern beruht und nur in wenigen Fällen bis zu 2 Metern.

Die darüber hinaus reichenden Angaben dürften somit nicht als „Stützstellen“ interpretiert werden; es handelt sich vielmehr um reine Extrapolationswerte. Zu deren Plausibilitätsprüfung konnten bislang nur Expertenanga- ben (Versicherungsexperten, Schadensschätzer usw.) gesammelt bzw. Daten aus dem Ausland herangezogen werden.

Das ist für die vorliegende Untersuchung jedoch unproblematisch, da auch bei extremen Ereignissen selten Objekte mit größeren Wasserstandshöhen zu betrachten sind.

Noch ein weiteres Spezifikum der hier gewählten Vorgehensweise ist anzumerken: Das „B“ der oben dargestell- ten Wurzelfunktion spiegelt grundsätzlich alle schadensanfälligen Komponenten der generellen Schadensfunk- tion S = G + f + b + A wider. In dieser Untersuchung bleibt datentechnisch bedingt der Schaden an Außenanla- gen („A“) außer Betracht. Dies wurde bei der Auswahl der "B"-Werte für die im Folgenden aufgelisteten Funkti- onen berücksichtigt.

Insgesamt bedeutet dies, dass in dieser Untersuchung mit Gesamtschadensfunktionen gearbeitet wird, die jeweils die Vermögens- bzw. Schadenskomponenten G, f und b abdecken. Wo besondere Gegebenheiten zu berücksichtigen sind, wie z. B. vorhandene Kellernutzungen, geschieht das entweder durch gesonderte bzw. modifizierte Gesamtschadensfunktionen und/oder über eine Anpassung der dem jeweiligen Objekt zugerech- neten Wasserstandshöhe.

Die geschilderten Grundlagen führten zur Festlegung der nachfolgend beschriebenen Funktionen. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 29 von 53

2.5.2 Funktionsfestlegungen

2.5.2.1 Energie- und Wasserversorgung (EW) Die Objekte bzw. Bauwerke dieses Wirtschaftssektors weisen in ihrem Vorkommen generell sehr große Unter- schiede auf, insbesondere auch Typenunterschiede zwischen dem Energiebereich und der Wasserversorgung.

Anlagen der Energieversorgung reichen von kleinen Trafostationen über Umspannwerke bis hin zu großen Kraftwerksanlagen. Viele solcher Anlagen sind entweder entsprechend dem Stand der Technik zumindest in Deutschland grundsätzlich gegen Wassereinfluss geschützt oder besitzen wenigstens in hochwassergefährde- ten Bereichen besondere Schutzeinrichtungen. Trotzdem gibt es einige Beobachtungswerte, denen zufolge solche Anlagen geschädigt wurden (bzw. ausfielen oder abgeschaltet werden mussten mit Folgewirkungen, die anderweitig zu verbuchen sind). Ein Teil der Objekte bzw. Anlagen wird statistisch auch nicht im Kapitalstock „EW“ erfasst, sondern als staatlicher Tiefbau (abgekürzt: ST).

Im Untersuchungsgebiet bzw. im maximalen Überflutungsgebiet kommen gemäß den Gebietsbereisungen und Bestandsaufnahmen überwiegend kleine bis sehr kleine Objekte der Energieversorgung vor. Diesen wird HO- WAS-gestützt je Objekt eine Gesamtschadensfunktion zugeordnet.

Ähnliche Sachverhalte, wie oben bei den Energieversorgungsanlagen beschrieben, gelten auch für Anlagen der Wasserversorgung, von denen noch ein vergleichsweise wesentlich höherer Anteil unterirdisch angelegt und deshalb im staatlichen Tiefbau erfasst ist.

Anlagen dieser beiden Teilbereiche der Energie- und Wasserversorgung besitzen häufig auch besonderen Ob- jektschutz, aufgrund dessen Hochwasserschäden zumindest bei kleineren Ereignissen in Grenzen gehalten werden.

Insgesamt wurden, abgesehen von Reinigungsaufwendungen und Kosten der Wiederinbetriebnahme (die hier nicht funktionsbestimmend mitwirken dürfen), bislang stets nur relativ geringe Schäden an den Realwerten erfasst.

Den Objekten der Wasserversorgung wurde ebenfalls die Gesamtschadensfunktion zugeordnet. Neben den direkten Schäden, die an solchen Anlagen entstehen, kann durch das Abschalten von Trinkwasserförderungsan- lagen in Extremfällen ein indirekter Schaden (Engpass in der Wasserversorgung) entstehen. Solche indirekten Schäden können aber im Rahmen dieser Untersuchung nicht abgeschätzt werden.

2.5.2.2 Verarbeitendes Gewerbe einschließlich Baugewerbe (VB) Die neuen HOWAS-Datenanalysen ergaben folgende Befunde:

• Die reinen Gebäudeschäden, verstanden als echte Substanzschäden und bezogen auf den Realwert von Betriebsgebäuden, erreichen meist nur einstellige Prozentgrößenordnungen vom Vermögenswert. • Die Schäden am Kellerinventar sind in diesem Wirtschaftsbereich im Durchschnitt vergleichsweise ge- ring. Gewerbebauten sind vielfach gar nicht unterkellert. Wenn doch, befinden sich darin mitunter Tei- le der Gebäudetechnik (dann meist hohe Schadensanfälligkeit) bzw. oft relativ geringwertige Nutzun- gen wie z. B. Materiallager oder Umkleiden. Auch im Untersuchungsgebiet finden sich kaum unterkel- lerte Objekte, nur einige wenige Ausnahmen ergaben sich bei den objektspezifischen Erfassungen. • In den Schadensdaten zum sonstigen Inventar sind alle Teilkomponenten erfasst, einschließlich sämtli- cher Vorratsbestände (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Vorprodukte, Halbfertig- und Fertigwaren). In der Zusammenschau mit dem gegebenenfalls vorhandenen Kellerinventar ergibt sich aus dem Daten- bestand die im Anhang angegebene Funktion.

Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 30 von 53

Die in HOWAS vorhandenen Schadenswerte liegen wasserstandsnormiert relativ dicht beisammen. Es gibt nur sehr wenige „Ausreißer“ nach oben. Durch die jüngsten Datensatzaufnahmen ist auch ein ausreichend großes Kollektiv entstanden. Deswegen kann die dort resultierende Durchschnittsfunktion als Gesamtschadensfunkti- on auf alle VB-Objekte im Untersuchungsgebiet angewandt werden.

2.5.2.3 Handel und Dienstleistungsgewerbe (HD) Grundsätzlich gilt für die Differenzierung der Vermögenswerte bzw. Schadenskomponenten Ähnliches wie beim Verarbeitenden und Baugewerbe. Auch hier sind die Verhältnisse zwischen Gebäude- und Inventarschäden entsprechend den jeweiligen spezifischen Verhältnissen vor Ort recht unterschiedlich. Die schadensanfälligen Bestände sind, wie sich meist schon an den Vermögensdaten zeigt, sehr heterogen.

Wie beim VB-Bereich setzen sich die Betriebe im Untersuchungsgebiet meistenteils aus einer Mischung von Kleingewerbe und Mittelstand zusammen.

Die Teilbereiche dieses Wirtschaftssektors weisen allerdings generell wesentlich deutlichere Typenunterschie- de auf als beim VB-Bereich. Beim Handel setzt sich das Inventar meist zu großen Teilen aus Vorräten an Han- delswaren zusammen. Im Dienstleistungsbereich finden sich häufig vor allem im beweglichen Inventar hoch- wertige Bestandteile (z. B. Computeranlagen). Das drückt sich in den HOWAS-Daten der Objekte folgenderma- ßen aus:

• Die Schäden am Kellerinventar fallen, wo vorhanden, regelmäßig wesentlich höher aus als im VB- Bereich, woraus zu schließen ist, dass die Keller höherwertiger genutzt werden, beispielsweise für die Lagerung von Handelswaren oder durch die für die innerbetrieblichen Prozesse erforderliche Betriebs- technik. • Auch die übrigen Inventarschäden fallen deutlich höher aus als im Bereich VB. Das deckt sich mit den Erfahrungen aus der Versicherungswirtschaft, denen zufolge die Schäden an den Produktionsanlagen selbst im VB-Bereich oft nicht sehr gravierend ausfallen. Kostenintensiv und problematisch (wegen der Folgeeffekte in Form von Betriebsunterbrechung) sind dort oft die Reparaturaufwendungen und Er- satzteilbeschaffungen. Dagegen werden, zumal im Handelsbereich, die Vorratsbestände an Handels- waren direkt geschädigt bzw. zerstört. Sie werden oft unverkäuflich (durch Beschädigung der Verpa- ckung oder der Ware selbst) und führen zu Umsatzeinbußen. Die in HOWAS jüngst aufgenommenen Datensätze ergeben nunmehr auch für diese Wirtschaftssektoren ein ausreichend großes Kollektiv. Deshalb kann ebenfalls die dort resultierende Durchschnittsfunktion als Gesamt- schadensfunktion auf alle diejenigen Objekte angewandt werden, zu denen keine besonderen objektspezifi- schen Erkenntnisse vorliegen.

Um Fälle abzudecken, bei denen im Untersuchungsgebiet größere Außenlager von HD-Betrieben mit schadens- anfälligen Handelswaren betroffen werden könnten, wurde eine wirtschaftsstatistisch abgeleitete Durch- schnittsfunktion besonders definiert.

2.5.2.4 Öffentliche Hände einschließlich Nichterwerbsorganisationen (ST, Hochbau) Die wirtschaftsstatistische Systematik schließt in diesem Bereich neben den im Hochbau gebundenen Vermö- gen von Bund, Ländern und Gemeinden auch diejenigen von Nichterwerbsorganisationen ein. Städtische Kin- dergärten gehören also genauso in diesen Bereich wie private Kindergärten, die sich im Eigentum einer Eltern- initiative, eines kirchlichen Trägers usw. befinden. Alle öffentlichen Verwaltungsgebäude, Schulen, Feuerwehr- häuser, Kasernen usw. sind ebenfalls in diesem Bereich zusammengefasst.

Aus den HOWAS-Datenanalysen ergibt sich eine Anpassungsfunktion, deren Stützstellenwerte größenord- nungsmäßig zwischen denjenigen für VB und HD liegen. Somit erbringt die Analyse der neuen HOWAS-Daten Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 31 von 53

auch für den Bereich des Staatlichen Hochbaus einen deutlichen Erkenntnisfortschritt im Vergleich zu den bis- her genutzten Funktionen, bei denen durchweg sehr geringe Schadensanfälligkeiten angenommen wurden.

2.5.2.5 Staatlicher Tiefbau (ST, Tiefbau / OET) Abgesehen von diversen Zuordnungsproblemen zwischen Hochbau- und Tiefbauobjekten (typisches Beispiel:

Kläranlagenbestandteile werden teils hier, teils dort zugeordnet) gibt es eine Konvention, nach der „in Zweifels- fällen“ Objekte, die höher als 1 m über das Gelände herausragen, als Hochbauten erfasst werden. Brücken- bauwerke dagegen sind laut einer anderen Konvention, unabhängig von ihrer Höhenkote im Gelände, stets Tiefbauobjekte. Als Tiefbauten zählen immer auch Straßen, Autobahnen, Schifffahrtskanäle, Mühlengräben, unterirdische Leitungstrassen und dergleichen.

Wegen der Höhenbegrenzung bei 1 Meter über GOK wird eine gekrümmte oder andere Form von Steigungs- funktion für den Bereich des Staatlichen Tiefbaus (OET) nicht angesetzt. So stellt sich die Frage, mit welchem Schadensmaximum die limitierte Funktion am 1-Meter-Punkt anzusetzen ist.

Die Zahl der statistischen Beobachtungswerte ist relativ gering. Es gibt viele vorliegende Befragungsergebnisse, bei denen Betroffene bzw. Experten anführten, überflutungsbedingte Schäden an Tiefbauten träten allenfalls sporadisch auf und vor allem dann, wenn die Hochwassermassen auf eine ohnehin schlechte Substanz träfen (an Straßenunterbauten, Bahnkörpern usw.). Auch echte Zerstörungen an Kanalsystemen und dergleichen werden relativ selten festgestellt, allenfalls an Brückenüberbauten/Überführungsbauwerken über Gewässer. Solche Aussagen stützen den - unsicheren - empirischen Befund, dass allenfalls geringe Schäden angenommen werden können, mit einem maximal 10 %-Schaden bezogen auf den Zeitwert eines Objekts. Dies darf zur Ver- meidung von Schadensüberschätzungen auch nicht durchgängig geschehen, sondern darf nur den grundsätzlich schadensanfälligen Objekten zugeordnet werden.

2.5.2.6 Erträge und Betriebsausstattung der Landwirtschaft (LW) Zu landwirtschaftlichen Ertragsschäden wurden in den letzten Jahren viele und sehr differenzierte Erkenntnisse zusammengetragen. Die Schäden resultieren aus vielen Parametern, sodass hier besonders das schon zuvor geschilderte Konzept der so genannten "Schädigungsmatrizen" relevant wird. Diese Matrizen sind für die ein- zelnen Frucht- und Anbauarten, ebenso bei der Entstehung von Viehschäden, höchst unterschiedlich.

Für das Untersuchungsgebiet und die Aufgabe der Studie scheint eine solche differenzierte Parameterfestle- gung jedoch nur begrenzt sinnvoll. Landwirtschaftliche Ertragsschäden haben, wie die Ergebnisse früherer Schadenspotenzialuntersuchungen deutlich und regelmäßig zeigen, oft nur eine untergeordnete Bedeutung, jedenfalls bezogen auf ihren Anteil in der Gesamtschadensbilanz und in rein volkswirtschaftlicher Betrachtung. Auch in den HOWAS-Schadensdatensätzen sind die relevanten Ereignisparameter nicht enthalten. Jedoch kommen im Untersuchungsgebiet einige wenige Fälle vor, bei denen Gewächshäuser bzw. Blumen- / Pflanzen- zuchtanlagen betroffen werden können. Hierfür wurde eine spezifische Funktion definiert.

Für landwirtschaftliche Betriebsgebäude und die damit verbundene Betriebsausstattung ließen sich aus den HOWAS-Datensätzen nun erstmals Werte ermitteln. Die recht unterschiedlichen Fälle haben ergeben, dass auch hier eine Wurzelfunktion gute Anpassungswerte liefert.

Um Fälle im Untersuchungsgebiet abzudecken, bei denen größere Vorratslager von landwirtschaftlichen Be- trieben mit schadensanfälligen Inhalten (Scheunen mit Futtervorräten in Viehzuchtbetrieben) betroffen wer- den könnten, wurde eine wirtschaftsstatistisch abgeleitete Durchschnittsfunktion gesondert definiert. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 32 von 53

2.5.2.7 Erträge und Betriebsausstattung der Landwirtschaft (LW) Nach den HOWAS-Datenanalysen von 2000 stehen für die privaten Wohngebäude die meisten Schadenserhe- bungen zur Verfügung: Diesen Summenfunktionen liegt eine Gesamtzahl von knapp unter 2000 einzelnen Be- obachtungswerten von Wohngebäuden unterschiedlicher Bauwerkstypen, Alterszustände, mit/ohne Keller usw. zugrunde. Schon die meisten Teilgesamtheiten passen sich recht gut einer Wurzelfunktion an; je weiter man die Teilgesamtheiten aggregiert, desto besser wird die Anpassung.

Das heißt andersherum, in den einzelnen Teilgesamtheiten tauchen sehr unterschiedliche Verhältnisse der Teilkomponenten, also G, f und b (sowie A, hier nicht weiter betrachtet) auf. Hinzu kommt, dass G, also der Substanzschaden an einem Gebäude, wohl recht weit gefasst werden muss. Die erfassten Daten können bein- halten Aufwendungen für Mauerwerkstrocknung, neuen Außenputz, Neuanstrich innen und/oder außen, Fens- ter und Türenaustausch, Estrichtausch usw. Die Abgrenzung zum Hausrat ist je nach Herkunft der Daten, Be- wertungsmethodik der Schadensschätzer usw. wohl nicht sehr trennscharf. Einmal mag beispielsweise der Austausch eines Parkettfußbodens als Substanzschaden erfasst sein, ein anderes Mal der Hausrat.

Für die einzelnen Bestandteile des Hausrats (z. B. Holzmöbel, Elektrogeräte, Elektronik, Bücher oder Teppiche) gibt es recht differenzierte Schadensprognosen. Allerdings ist die Zusammensetzung des Hausrats von Haushalt zu Haushalt verschieden, der Zeitwert stark vermögensabhängig, das Verhältnis von festem zu beweglichem Inventar höchst unterschiedlich (auch beeinflusst durch die jeweiligen Eigentumsverhältnisse) usw. Entspre- chend muss eine großräumige Untersuchung auf Durchschnittswerten aufbauen, die in der großen Masse des Bestands gelten, nicht in einzelnen Wohneinheiten. Die Unterscheidung zwischen festem und beweglichem Inventar gelingt auch nur teilweise. Sie scheint wegen des Bestandsmixes nach allen bisherigen Diskussionen auch weniger wichtig als die Differenzierung der Hausratsbestände nach dem Standort, also nach der Höhenla- ge im Wohngeschoss und hier wiederum besonders für die Kleinbebauung nach der Aufteilung auf Keller, EG und OG (soweit vorhanden).

Vor diesen Hintergründen ergab sich, dass für dieses Untersuchungsgebiet der Einsatz von Gesamtschadens- funktionen, also S = G + b + f, am besten geeignet ist.

Dazu ist - unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den Ortsbegehungen - eine

• Klassifizierung der vorkommenden Wohnobjekte und eine dementsprechende • Strukturierung des HOWAS-Datenmaterials erforderlich. Dies wiederum bedingt, dass vier Altersklassen von Wohnbauten wie folgt berücksichtigt werden müssen:

A sehr alte Bauten (älter als 80 Jahre) finden sich vor allem in ganz kleinen, ländlich geprägten Ortschaften (oft als landwirtschaftliche Wohn- und Wirt- schaftsgebäude)

B typische Vorkriegsbauten (61 bis 80 Jahre alt) finden sich mehrfach im Gebiet verstreut

C Nachkriegsbauten (40 bis 60 Jahre alt) aus den 50er und früheren 60er Jahren

D Neuere Altbauten und hochwertige junge Bauten (jünger als 40 Jahre)

Zusätzlich ist eine Unterscheidung notwendig

• zwischen Einfamilienhäusern (EFH), freistehend oder als Doppelhaushälften (DHH), einerseits und Mehrfamilienhäusern/Wohnblocks (MFH) andererseits und • bei Unterkellerungen zwischen zwei verschiedenen Nutzungsintensitäten. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 33 von 53

2.5.2.8 Schäden an Pkw (Kfz) Die Schadensschätzungen beschränken sich entsprechend den vorliegenden Erkenntnissen auf Personenkraft- wagen. Zu Schäden an Lastkraftwagen, Omnibussen, sonstigen kraftbetriebenen Geräten, Traktoren usw. lie- gen bislang kaum verwertbare Beobachtungsdaten vor (Masse, Höhenauslegung, Bauart usw. bedingen andere, wohl in den meisten Fällen anteilig wesentlich geringere prozentuale Schadensanfälligkeiten, zumindest bei kleineren Hochwässern). Gewerbliche Nutzfahrzeuge sind statistisch bereits im Kapitalstock der relevanten Wirtschaftsbereiche enthalten; deswegen müsste bei gesonderter Analyse dieses Teils des Hochwasserscha- denspotenzials die Gefahr von Doppelzählungen und damit Überschätzungen des Schadenspotenzials beachtet werden.

Für PKW gibt es eine ganze Reihe von Erkenntnissen aus Laborversuchen mit mehrstündiger Süßwasserbeauf- schlagung. Sie besagen im Wesentlichen, dass sobald der Wasserstand die Bordschwelle überschreitet, also Wasser durch die unteren Türöffnungen in das Fahrzeug eindringt (meist in der Höhe von 0,3 bis 0,4 Metern), sich bereits direkte Schäden bei Neufahrzeugen in Höhe von bis zu 25 % des Fahrzeugneuwerts dadurch erge- ben, dass Fußbodenbeläge, Sitzpolster usw. in Mitleidenschaft gezogen werden (solche Teile lassen sich meist nicht trocknen und reinigen, sondern müssen ausgewechselt werden). Ein nächster Sprung in der stufigen Schadensfunktion tritt - spätestens - bei Überflutungshöhen von 1 Meter ein, weil dann auch alle wesentlichen Teile der Fahrzeugelektronik betroffen sind. Von da ab steigen die Schäden bis zur Überflutungshöhe von etwa 2 Metern, wo die meisten PKW vollständig unter Wasser stehen, weiter an. Wenn das Fahrzeug beim Ereignis nicht gleichzeitig auch physische Schäden (durch Fortschwemmen und Kollision mit anderen KFZ, Gebäuden usw.) erleidet, ergibt sich ein Schadensmaximum von etwa 60 % bezogen auf den jeweiligen Zeitwert. Bei Über- flutungshöhen um 2 Meter stehen jedoch die meisten Fahrzeugtypen komplett unter Wasser, entsprechend den Massen- und Auftriebsverhältnissen sind dann Fortschwemmungen und damit verbundene dynamische Effekte mit Karosserieschäden nicht mehr gut auszuschließen, entsprechend auch nicht der 100 %-Schaden!

In Frage zu stellen ist, ob die letztgenannte Szenariovorstellung auf den Gesamtbestand im Untersuchungsge- biet angewandt werden darf bzw. ob dies nicht zu einer gravierenden Überschätzung dieser Schäden führen würde. Hier sind die Spezifika des Untersuchungsgebietes von großer Bedeutung, wie folgendes Ergebnis aus der früheren Untersuchung des Moseltals zeigt. Da im Tal der Mosel die Fahrzeuge relativ kurzfristig evakuier- bar sind, hat man bei den letzten beobachteten Ereignissen feststellen können, dass kein einziges Kraftfahrzeug zu Schaden kam. Sie wurden vollständig und mit geringem Zeitaufwand unter Ausnutzung der allseits vorhan- denen Wirtschaftswege evakuiert, das heißt in sicherer Höhe in den Weinbergen abgestellt.

Ähnliche Möglichkeiten bestehen im Untersuchungsgebiet teilweise auch. So lassen sich diejenigen Gebietstei- le, vor allem an den Rändern des Überflutungsbereichs, abgrenzen, die nur sehr kurzfristig und in geringer Höhe überflutet werden. In vielen solchen Teilbereichen bestehen gute Wegeverbindungen nach außen, sodass eine erfolgreiche Evakuierung der PKW wahrscheinlich gegeben ist.

Von daher ist die Szenario-Annahme im Untersuchungsgebiet, dass nur im schlimmsten Fall mit etlichen Zu- satzannahmen (z. B. Wochenendereignis und alle Betroffenen sind zu Hause) der Gesamtbestand aller über die vorhandenen Wohngebäude ermittelbaren PKW Schaden erleiden könnte.

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2.6 Ökonomische Hochwasserschadenspotenziale Auf der Basis der in den Kapiteln 2.3, 2.4 und 2.5 erläuterten Grundlagendaten wurden die Hochwasserscha- denspotenziale nach der in Kapitel 2.1 beschriebenen Methodik für den „Ist-Zustand“ berechnet. Die Ergebnis- se werden in Kapitel 2.7 zusammenfassend dargestellt.

Des Weiteren wurde das Schadenspotenzial hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung ermittelt.

• In Kapitel 2.6.1 wird der „Ist-Zustand“ dargelegt. • In Kapitel 2.6.2 wird der „Ist-Zustand“ hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung erläutert. Die Berechnungsergebnisse sind in den folgenden Anlagen detailliert dargestellt:

Tabelle 8 Übersicht über die Anlagen zur Hochwasserschadens-Potenzialanalyse

Anlage Inhalt der Anlage

Anhang 1.1 Hochwasserschadensfälle in den Ortsteilen, Ist-Zustand

Anhang 1.2 Hochwasserschäden in den Ortsteilen, Ist-Zustand

Anhang 1.3 Erwartungswerte in den Ortsteilen, Ist-Zustand

Anhang 2.1 Hochwasserschadensfälle in den Ortsteilen, Ist-Zustand (Details)

Anhang 2.2 Hochwasserschäden in den Ortsteilen, Ist-Zustand (Details)

Anhang 2.3 Erwartungswerte in den Ortsteilen, Ist-Zustand (Details)

Anhang 3.1 Hochwasserschadensfälle in den Ortsteilen, Ist-Zustand hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung

Anhang 3.2 Hochwasserschäden in den Ortsteilen, Ist-Zustand hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung

Anhang 3.3 Erwartungswerte in den Ortsteilen, Ist-Zustand hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung

Anhang 4.1 Hochwasserschadensfälle in den Ortsteilen, Ist-Zustand hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung (Details)

Anhang 4.2 Hochwasserschäden in den Ortsteilen, Ist-Zustand hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung (Details)

Anhang 4.3 Erwartungswerte in den Ortsteilen, Ist-Zustand hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung (Details)

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2.6.1 Der Ist-Zustand Die Hochwasserschäden im Untersuchungsgebiet, sortiert nach Ereignissen und Wirtschaftszweigen, sind in der nachfolgenden Tabelle angegeben.

Tabelle 9 Übersicht der ereignisspezifischen Hochwasserschäden für den Ist-Zustand

Wirtschafts- Hochwasser- Hochwasser- Hochwasser- Hochwasser- Hochwasser- Hochwasser- Hochwasser- zweig schäden [Tsd. €] schäden [Tsd. €] schäden [Tsd. €] schäden [Tsd. €] schäden [Tsd. €] schäden [Tsd. €] schäden [Tsd. €] HQ2 HQ5 HQ10 HQ20 HQ50 HQ100 HQ200 EW 0 0 0 0 0 0 0 HD 0 0 0 0 0 26 30 LW 16 26 31 32 38 62 81 ST 0 0 0 0 0 0 0 VB 32 49 77 105 144 248 298 WK 29 34 34 37 42 550 671 Summe 77 109 142 174 224 886 1.080

In Tabelle 10 sind die berechneten Hochwasserschadenserwartungswerte, nach Wirtschaftszweigen zusam- mengefasst, für das Untersuchungsgebiet dargestellt.

Tabelle 10 Übersicht der Schadenserwartungswerte für den Ist-Zustand

Schadenserwartungswert Wirtschaftszweig Langbeschreibung des Wirtschaftszweiges [Tsd. €/Jahr]5 EW Energie- und Wasserversorgung 0 HD Handel und Dienstleistung 0,4 LW Landwirtschaftliche Gebäude- und Betriebsflächen 13,1 ST Staat ohne öffentlichen Tiefbau 0 VB Produzierendes Gewerbe (verarbeitend und Bau) 29,9 WK Wohnkapital 26,1 Summe 69,5

Etwa 38 % der Hochwassergefährdung entfällt auf private Wohngebäude, das produzierende Gewerbe trägt mit 43 % zum Gesamtschadenserwartungswert bei.

Tabelle 11 Räumliche Verteilung der Hochwasserschadens-Erwartungswerte

Stadt Tsd. €/a Wirtschaftszweig Wirtschaftszweig Wirtschaftszweig Wirtschaftszweig Wirtschaftszweig Wirtschaftszweig Warburg insgesamt EW EW EW EW EW EW Welda 43,9 0 0,4 0,3 0 17,1 26,0

Wormeln 12,8 0 0 0 0 12,8 0,1

Außerorts in 12,8 0 0 12,8 0 0 0 Warburg Summe 69,5 0 0,4 13,1 0 29,9 26,1

Betrachtet man die räumliche Verteilung der Schäden in Warburg (siehe Tabelle 11), hat der Ortsteil Welda mit 63 % den größten Anteil am gesamten Hochwasserschadenspotenzial im Untersuchungsgebiet. Ursache ist, Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 36 von 53

dass der vorhandene Erddamm (linkes Ufer, Station 5+250 bis 5+850) den Ortskern von Welda nur bis zum

HQ50 schützt. In Wormeln ist der Hauptschadensherd die Loh-Mühle - gemäß topografischen Informationen Lüh-Mühle, nach Auskunft der Stadt Warburg Loh-Mühle genannt - (rechtes Ufer, Station 2+100). Diese ist bereits ab HQ2 teilweise von Hochwasser betroffen. Außerorts in Warburg ist insbesondere der landwirtschaftliche Betrieb an der Land- straße L 522 hochwassergefährdet. Bereits beim HQ2 sind Teile der Hoflage betroffen.

2.6.2 Hochwasser-Schadenspotenziale hinter Dämmen mit deichähnlicher Wirkung Es wurden zusätzlich die Hochwasserschadenspotenziale hinter Deichen bzw. Dämmen mit deichähnlicher

Wirkung ermittelt. Viele dieser Bereiche wären ohne Dämme bereits ab HQ5 hochwassergefährdet. Schäden hinter den Deichen können nur durch Deichversagen entstehen. In dieser Studie wurde mit dem Auftraggeber abgestimmt, dass Hochwasserwirkungen ab HQ50 zu untersuchen sind, da ein Deichversagen für geringere Jährlichkeiten ausgeschlossen werden kann.

Für das Untersuchungsgebiet sind in Tabelle 12 die Anzahl der betroffenen Gebäude dargestellt. Insgesamt sind hinter Deichen und Dämmen 48 Gebäude potenziell gefährdet. Davon sind 77 % dem Wirtschaftszweig Wohn- kapital zuzuordnen, 15 % sind landwirtschaftliche Objekte. Auffällig ist, dass bei HQ50 mehr Objekte hinter dem

Deich betroffen sind als bei HQ100 und HQ200. Die Ursache ist, dass der Deich in Welda bis zum HQ50 wirkt und entsprechend ein potenzielles Überschwemmungsgebiet ausgewiesen werden kann. Beim HQ100 wirkt der Deich nicht mehr. Das vormals potenzielle Überschwemmungsgebiet wird zum Überschwemmungsgebiet, das bei der Berechnung der HQ100 - und HQ200 -Schäden bereits berücksichtigt wurde.

Tabelle 12 Übersicht über die Anzahl der durch Deiche geschützten Gebäude

Anzahl potenziell Anzahl potenziell Anzahl potenziell be- Stadt Warburg betroffener Gebäude betroffener Gebäude troffener Gebäude HQ50 HQ100 HQ200 Welda 41 2 2 Wormeln 6 7 9 Außerorts in Warburg 1 0 0 Summe 48 9 11

Die potenziellen Hochwasserschäden in Warburg sind in der nächsten Tabelle nach Ortsteilen zusammenge- fasst dargestellt.

Tabelle 13 Übersicht über die potenziellen Hochwasserschäden an den durch Dämmen geschützten Gebäuden

Potenzielle Hochwas- Potenzielle Hochwas- Potenzielle Hochwasser- Stadt Warburg serschäden [Tsd. €] serschäden [Tsd. €] schäden [Tsd. €] HQ50 HQ100 HQ200 Welda 249 27 57 Wormeln 4 46 70 Außerorts in Warburg 37 0 0 Summe 290 74 127

Durch die Deiche und Dämme mit deichähnlicher Wirkung werden an der Twiste bei einem HQ50 48 Gebäude geschützt und Hochwasserschäden von 290.000,00 € verhindert. Bei dieser Jährlichkeit sind demnach die durch die Dämme verhinderten Schäden 1,3-fach höher als die Schäden an Gebäuden, die nicht durch Dämme ge- schützt sind. Diese Zahlen belegen die Wichtigkeit der bestehenden Hochwasserschutzeinrichtungen und un- Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 37 von 53

terstreichen, dass Unterhaltungsmaßnahmen an den Einrichtungen unabdingbar sind um die Hochwasserschä- den - insbesondere in Welda - gering zu halten.

Der Schadenserwartungswert hinter Deichen und Dämmen liegt in der Summe bei 6.600,00 €/Jahr. Die nach- folgende Tabelle 14 zeigt, dass der Damm zum Schutz von Welda einen mittleren jährlichen Schaden von 5.100,00 € verhindert. Bezogen auf die Länge der Schutzeinrichtung ergibt sich ein Wert von 8.000,00 €/a km. Verglichen mit den beiden anderen Deichen im Untersuchungsraum hat dieser Damm sowohl absolut als auch bezogen auf die Bauwerkslänge die größte Schutzwirkung.

Tabelle 14 Übersicht der Deichwirkungen im Untersuchungsgebiet

Anzahl ge- Verhinderter jähr- Verhinderter jährli- Damm Länge [m] schützter licher Schaden cher Schaden je Gebäude [€/a] Kilometer [€/a km] Welda, linkes Twiste-Ufer 580 40 5.100 8.800 Welda, Wittmarstraße 200 4 500 2.500 Wormeln, alter Bahndamm 430 10 1.000 2.300 Summe 1.210 54 6.600 5.500

2.7 Zusammenfassende Betrachtung zu Schadenspotenzialen In diesem Bericht werden die Vorgehensweise, die Grundlagen und die Ergebnisse der Hochwasserschadenspo- tenzialuntersuchung an der Twiste dargestellt.

Im gesamten Untersuchungsgebiet ist bei verschiedenen Hochwasserereignissen mit folgenden Schadenssum- men zu rechnen:

• HQ2 77 Tsd. €

• HQ5 109 Tsd. €

• HQ10 143 Tsd. €

• HQ20 174 Tsd. €

• HQ50 223 Tsd. €

• HQ100 886 Tsd. €

• HQ200 1.081 Tsd. €

Der Schadenerwartungswert für das Gesamtgebiet beträgt rund. 69.500,00 €/Jahr. Im Ist-Zustand kann festge- halten werden, dass bei einem HQ100 etwa 43 % der Schadensempfindlichkeit auf das produzierende und ver- arbeitende Gewerbe entfällt. Etwa 38 % des Schadenserwartungswertes entfallen auf die privaten Wohnge- bäude.

Betrachtet man die räumliche Verteilung, macht der Ortsteil Welda 63 % der Hochwasserschadenspotenziale aus. Der vorhandene Damm am linken Twiste-Ufer bietet bis zum HQ50 eine guten Schutz, bei HQ100 sind jedoch weite Teile des Ortskerns überschwemmt. In Wormeln werden die Schäden an der Loh-Mühle verursacht. Hier sind bereits bei kleinen Wiederkehrintervallen Überschwemmungen zu erwarten.

Durch Dämme mit deichähnlicher Wirkung werden an der Twiste 54 Gebäude geschützt und Hochwasserschä- den in der Größenordnung von 290.000,00 € verhindert. In den geschützten Bereichen beträgt der Anteil des Wohnkapitals an den potenziellen Hochwasserschäden 82 %. Wesentliche Schutzwirkung hat der Twistedamm in Welda. Er schützt beim HQ50 40 Gebäude und verhindert einen mittleren jährlichen Schaden von 5.100,00 €/a. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 38 von 53

Mit den im Rahmen der Bestandsaufnahme zum Hochwasser-Aktionsplan Diemel – Ergänzung Twiste erfassten und erarbeiteten Daten und Kenntnissen über die Twiste (siehe Band 1) sowie den im Zuge der Abschätzung der Hochwasserschadenspotenziale an der Twiste ermittelten Hochwasserschadensanfälligkeiten ist eine wich- tige Basis für die anstehenden Aufgaben bei diesem Hochwasser-Aktionsplan wie

• Defizitanalyse, • Erarbeitung von Hochwasserminderungsmaßnahmen sowie • Analyse der Maßnahmenwirkungen

geschaffen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die entsprechenden Ergebnisse die Grundlage zur Ver- minderung der Hochwassergefahr und zur Erhöhung des Hochwasserbewusstseins sein werden.

3. Hochwasserschutz

3.1 Allgemeine Vorgehensweise In diesem Kapitel werden die festgestellten Hochwasserschutzdefizite im Untersuchungsgebiet und die entwi- ckelten Hochwasserschutzmaßnahmen zur Abwendung dieser Defizite beschrieben. Die auf dieser Basis be- rechneten schadensmindernden Wirkungen der Hochwasserschutzmaßnahmen und ihre finanzmathemati- schen Bewertungen werden aufgezeigt und erläutert.

3.1.1 Ermittlung der Hochwasserschutz-Defizite Vor dem Aufzeigen von Hochwasserschutzdefiziten muss das angestrebte Schutzziel bzw. der gewünschte Schutzgrad objekt- sowie flächennutzungsbezogen festgelegt werden. Im Rahmen des Hochwasser-

Aktionsplans Twiste wurde mit dem Auftraggeber das HQ100 (bei Deichen zzgl. einem Freibord von 50 cm) als angestrebtes Schutzziel festgelegt.

Aufbauend auf den Ergebnissen der Bestandsaufnahme (Band 1) und der Schadenspotenzialanalyse (Kapitel 2) werden nachfolgend Defizite aufgezeigt und so genannte Brennpunkte definiert. Hierbei handelt es sich ent- weder um eine Häufung von hochwassergefährdeten Objekten oder um Objekte mit hohen Schadenserwar- tungswerten.

3.1.2 Entwicklung der Hochwasserschutzmaßnahmen Hochwasserschutzmaßnahmen beinhalten entweder die Volumenkontrolle des Hochwassers (Rückhalt in Spei- chern, Schaffen von Retentionsflächen), Linienschutzmaßnahmen (z. B. Gewässerausbau, Eindeichung etc.) oder Objektschutzmaßnahmen (z. B. Gebäudeöffnungen verschließen, Rückstausicherungen).

Bei einigen Objekten ist es nicht sinnvoll (z. B. aufgrund ihrer Lage) bzw. nicht möglich (z. B. keine ausreichende Absenkung des Wasserspiegels möglich, Platzmangel für Schutzeinrichtungen) die Hochwasserfreiheit durch Linienschutz und/oder Rückhaltung zu gewährleisten. Bei diesen Objekten sind die Schutzmaßnahmen daher individuell anzupassen (z. B. Verschluss von Gebäudeöffnungen, Rückstausicherungen, Geländeaufhöhungen).

Im Rahmen des Hochwasser-Aktionsplanes sind nicht alle gefährdeten Objekte im Detail darstellbar. Soweit sie in überschwemmungsgefährdeten Bereichen liegen, werden die Objekte, die nicht in Brennpunkten erfasst sind, pauschal mit einem Objektschutz versehen. Es ist im Einzelfall die konkrete Gefährdung zu untersuchen und es sind auf die örtliche Situation zugeschnittene individuelle Maßnahmen zu planen.

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3.1.2.1 Volumen-Kontrolle Mit der Schaffung von so genannten Retentionsflächen soll zusätzliches Volumen zur Verfügung gestellt wer- den, um eine Hochwasserwelle zu dämpfen. Die Aktivierung von Retentionsflächen wurde nicht detailliert un- tersucht, da sie in der Regel nur bei kleinen und mittleren Hochwasserereignissen Wirkung zeigen. Nennens- werte Schädigungen treten an der Twiste allerdings erst auf, wenn der vorhandene Deich ab HQ50 seine Schutzwirkung verliert.

Die Wirkung der Twiste-Talsperre auf die Hochwassersituation wird in Kapitel 3.3 näher beschrieben.

3.1.2.2 Linienschutz Der Linienschutz umfasst die Kontrolle des Hochwassers durch die Umgestaltung des Gewässers sowie die Errichtung von Deichen und Verwallungen.

Bei den vorgeschlagenen Hochwasserschutzmaßnahmen wird folgende Priorität gesetzt:

• Hochwasserfreiheit durch Absenkung der Wasserspiegel vor • Hochwasserfreiheit durch Eindeichung oder Objektschutz Beide Varianten müssen sowohl wasserwirtschaftliche, ökologische als auch städtebauliche Aspekte berück- sichtigen.

3.1.2.2.1 Absenkung der Wasserspiegel Die Absenkung der Wasserspiegel stellt eine betriebssichere Schutzmaßnahme dar. Ihr Erhalt ist durch eine ordnungsgemäße Unterhaltung des Abflussquerschnittes gewährleistet. Eine Absenkung wird durch „Glättung" der Geländeoberflächen erreicht (Minimierung des Bewuchses, ebene Flächen) und durch die Herstellung zu- sätzlicher Fließquerschnitte im Vorland (Bermen) und im Flussschlauch (Grundräumung).

Derartige Maßnahmen bieten sich nur dort an, wo der Fließquerschnitt fassbar ist, das heißt die Ausuferung sich nicht unkontrollierbar ausdehnt. Gehölzentfernung und Baggerarbeiten widersprechen dem Ziel einer naturnahen Aue.

Hier gilt es Kompromisse zu finden. In den Ortsdurchgängen müssen sich die ökologischen Ansprüche dem Hochwasserschutz unterordnen. Die Bermengestaltung bietet für die ökologische Verbesserung viele Möglich- keiten (z. B. Blanken, Kiesinseln, Baumreihen).

Die Gegebenheiten an der Twiste lassen eine Lösung der Hochwasserproblematik durch Absenkungen der Was- serspiegellage nicht erwarten. Die maßgebenden Gründe hierfür sind:

• Der Bewuchs der Vorländer ist schon als „glatt“ zu bezeichnen. • Die Twiste ist im Untersuchungsraum durch die vorhandene Eindeichung bereits leistungsfähig.

Nennenswerte Probleme treten erst ab HQ50 auf, wenn der Damm an seiner tiefsten Stelle überströmt wird.

3.1.2.2.2 Eindeichung In Bereichen mit ausgedehnten Überschwemmungsflächen bleibt oft nur die Errichtung einer Verwallung oder eines Deiches. Dadurch wird die Aue vom Fluss getrennt. Das Bauwerk sollte so eng wie möglich um die Schutzobjekte trassiert werden. In Verbindung mit Wegen und vertretbaren Bepflanzungen auf der Luftseite können die Deiche eine Bereicherung des Stadtbildes darstellen.

In stark besiedelten Ortsdurchgängen ist oft wenig Platz vorhanden. Anstelle von flächenintensiven, natürlichen Verwallungen müssen hier Schutzmauern die Hochwassersicherheit gewährleisten. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 40 von 53

Damit sich diese Schutzmaßnahme homogen in das Stadt- bzw. Landschaftsbild eingliedern kann, sollten beim Bau ortstypische Materialien zum Einsatz kommen.

Bei allen Arten der Verwallung ist die Sicherung der Binnenentwässerung zu gewährleisten, um die Gefahr des Einstaus der Luftseite zu verhindern. Die Vorflut für die Regenentwässerung kann mit einer Freilauföffnung gesichert werden. Diese ist für den Hochwasserfall mit einer Rückschlagklappe außerhalb und einem Schieber innerhalb der Verwallung zu versehen. Eventuell sind Zuleitungsgräben zu erstellen.

Für größere Binnenwassermengen ist eine Schöpfeinrichtung erforderlich. Dabei ist auf eine ausreichend große Dimensionierung des Mahlbusens zu achten, um einen effizienten Betrieb der Anlage zu erreichen (Vermei- dung von häufigen Ein- und Ausschaltvorgängen). Als Pumpen sollten einfache Bauarten verwendet werden, die mit Zapfwellenantrieb ausgerüstet sind. Die Auslassöffnung ist hochwasserfrei zu installieren.

Stellenweise können Verkehrswege die Schutzwälle kreuzen. An diesen Stellen sind Scharten vorzusehen, die im Hochwasserfall verschlossen werden können.

Zur Erhaltung der Betriebssicherheit einer derartigen Schutzeinrichtung bedarf es ständiger Pflege und Auf- merksamkeit. Daher sollten sie nach den Gesichtspunkten

• einfach, • langlebig und • robust ausgewählt und gebaut werden.

In Welda wurden als Reaktion auf das Hochwasser von 1965 gewässernahe Dämme zum Schutz der Bebauung errichtet. Die Wirksamkeit dieser Schutzmaßnahmen wurde im Rahmen der Schadenspotenzialanalyse nach- gewiesen.

3.1.3 Ermittlung der Kosten von Hochwasserschutz-Maßnahmen Für alle empfohlenen Maßnahmen wurden in der Nutzen-Kosten-Analyse die unmittelbaren Kosten ermittelt. Da hier nur grobe Annahmen (Mengen, Massen und weitere maßnahmenspezifische Kenndaten) als Basis die- nen, handelt es sich um eine überschlägige Ermittlung der Gesamtkosten.

Für die in Frage kommenden Maßnahmen wurden die kostenrelevanten Kenndaten ermittelt. Diese enthalten die wesentlichen geometrischen Abmessungen sowie weitere Angaben zur Maßnahme und zum Grundstück. Für Maßnahmen, die nur beim Auftreten eines Hochwassers durchgeführt werden (z. B. Sandsäcke, Verschluss- bauwerke), müssen die Kenndaten für die einzelnen Hochwasserwahrscheinlichkeiten getrennt ermittelt und angegeben werden, da diese je nach Überflutungsumfang verschieden sein können.

Auf der Basis der kostenrelevanten Parameter wurden die jeweiligen Maßnahmenkosten berechnet. Bei der Kostenermittlung wird nach Investitionskosten und laufenden Kosten für Betrieb und Unterhaltung unterschie- den.

Bei den ereignisspezifischen Maßnahmen (z. B. Sandsäcke) ergeben sich entsprechend Einsatzkosten, die nur bei einem tatsächlichen Hochwasserereignis entstehen.

Nicht in der Kostenermittlung berücksichtigt wurden Folgekosten, die für die Kanalisation des entsprechenden Gebietes anfallen werden, z. B. Rückstauklappen, Schachtaufhöhungen etc. Die Kosten der Maßnahmen basie- ren weiterhin auf der Annahme normaler Verhältnisse, z.B. hinsichtlich der vor Ort vorhandenen Böden. Zusätz- lich sind die Besitzverhältnisse der beanspruchten Grundstücke nicht bekannt. Es wurde daher bei dem Entwurf auf eine Untersuchung der Machbarkeit verzichtet. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 41 von 53

Alle Kostenangaben sind geschätzte Nettobeträge, die in den nachfolgenden Darstellungen auf glatte 100,00 € Beträge gerundet sind, auch wenn einzelne Maßnahmen nur sehr geringe Beträge verursachen.

3.1.3.1 Investitionskosten Investitionskosten sind einmalig zur Erstellung, zum Erwerb und zur Erneuerung von Anlagen aufzuwendende Kosten. Die Investitionskosten werden hier unterteilt in Kosten für den Grunderwerb, eventuell erforderlicher Kosten für Ausgleichsmaßnahmen und die eigentlichen Baukosten. Investitionskosten fallen teilweise mit Be- ginn der Bauzeit (Grunderwerb, Ausgleichsmaßnahmen) und teilweise über die Bauzeit verteilt (Baukosten) an.

Die Investitionskosten unterteilen sich in

• Baukosten, • Grunderwerb, • Ausgleichsmaßnahmen, • Nebenkosten und • Baunebengewerke und Unsicherheiten der Kostenschätzung.

Für die Bauzeiten der unterschiedlichen Maßnahmentypen wurden folgende Annahmen getroffen:

• Mauerneubau, Objektschutz, Straßenaufhöhung, Verschluss: < 1 Jahr • Gewässerausbau: 1 Jahr • Wallneubau: 2 Jahre

3.1.3.2 Unterhaltungskosten Unter Unterhaltungskosten werden hier die während der Betriebsphase regel- oder unregelmäßig wiederkeh- renden erforderlichen Aufwendungen für Betrieb, Wartung, Unterhaltung und Überwachung von Anlagen zu- sammengefasst. In der Regel fallen diese jährlich an.

3.1.3.3 Einsatzkosten Einsatzkosten entstehen für Maßnahmen, die nur im Falle eines Hochwassers ausgeführt werden (z. B. Sandsä- cke, Pumpen). Diese Maßnahmen können je nach Höhe des Hochwassers unterschiedlich umfangreich ausfal- len und so auch unterschiedliche ereignisspezifische Kosten verursachen.

3.1.4 Berechnung der Hochwasserschutzwirkung Auf der Basis der entwickelten Hochwasserschutzmaßnahmen wurden Varianten definiert und für diese Hoch- wasserschadenspotenziale – wie in Kapitel 2.6.1 für den Ist-Zustand beschrieben – berechnet. Damit sind Hochwasserschäden für Ist- und Maßnahmenzustand bekannt. Die Hochwasserschutzwirkungen sind einerseits die jeweiligen durch die Maßnahme verhinderten ereignisspezifischen monetären Hochwasserschäden bzw. die aus der integralen Betrachtung resultierende Reduzierung der jährlichen Hochwasserschadenserwartungswer- te.

Sind die Hochwasserschäden für den Ist-Zustand (ohne Maßnahme) und die der jeweiligen Maßnahme be- kannt, so kann auf dieser Grundlage eine monetäre Bewertung der Maßnahmen erfolgen. Die Bewertung er- folgt auf der Grundlage der jährlichen Hochwasserschadenserwartungswerte. Die Differenz zwischen dem jähr- lichen Schadenserwartungswert ohne Maßnahme und dem jährlichen Schadenserwartungswert mit Maßnah- me entspricht der mittleren jährlichen Minderung des potenziellen Hochwasserschadens durch die jeweilige Maßnahme – in diesem Zusammenhang als maßnahmenspezifischer ökonomischer Nutzen zu verstehen. Damit Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 42 von 53

wird eine Vergleichbarkeit der Wirkungen der jeweils näher zu untersuchenden Hochwasserschutzmaßnahmen erreicht.

3.1.5 Bewertung der Hochwasserschutzmaßnahmen Zur ökonomischen Bewertung einer Maßnahme (insbesondere im Vergleich zu einer alternativen Maßnahme) sind die Maßnahmenkosten als jährliche Kapitalkosten der maßnahmenspezifischen Minderung der Hochwas- serschadenserwartung gegenüberzustellen. Mit der Nutzen-Kosten-Analyse - dem klassischen Bewertungsver- fahren - werden ausschließlich die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen einer Maßnahme bewertet. Die weitergehenden wirtschaftlichen Folgen (wie z.B. Produktionsausfälle) für einzelne Betroffene werden nicht berücksichtigt. Verletzungen von Menschen und Verluste an Menschenleben entziehen sich einer monetären Bewertung.

Die maßnahmenspezifischen Kosten werden in Anlehnung an die „Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen (KVR-Leitlinien)" der LAWA (1998) den jeweiligen Hochwasserschadensminderun- gen gegenübergestellt. Die Analyse erfolgt durch Vergleich der maßnahmenspezifischen Minderungen der Hochwasserschadenserwartungswerte mit den dazugehörenden kapitalisierten Jahreskosten der Maßnahmen.

Deshalb wurden für alle Maßnahmenkosten die äquivalenten Jahreskosten finanzmathematisch aufbereitet. Da die Investitionskosten der einzelnen Maßnahmen jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen, müssen sie zunächst im Rahmen einer finanzmathematischen Aufbereitung auf einen einheitlichen Zeitpunkt (hier Fertig- stellung der Maßnahme) bezogen werden. Das heißt, es müssen ihre Kostenbarwerte für diesen Zeitpunkt ermittelt werden. Dabei wurden folgende Annahmen getroffen:

• Kosten für Grunderwerb und Ausgleichsmaßnahmen entstehen zu Beginn der Bauzeit. • Baukosten, Nebenkosten sowie Kosten für Baunebengewerke und Unsicherheiten der Kostenschät- zung entstehen über die Bauzeit verteilt als konstante Kostenreihe.

Die Ermittlung der Kostenbarwerte erfolgt auf der Basis verschiedener Zinssätze. Da es sich um eine gesamt- wirtschaftliche Betrachtung handelt, wurde der für die Bundesverkehrswegeplanung verwendete pauschale Zinssatz von 4 % verwendet. Zur Abbildung der Spannweite und zur Abschätzung der Sensitivität wurden auch Berechnungen für 2 % und 6 % durchgeführt.

Die äquivalenten Jahreskosten setzen sich aus den folgenden jährlichen Kostenkomponenten zusammen:

a) Die maßnahmenspezifischen Kostenbarwerte der Bau- und Nebenkosten wurden unter Verwendung der jeweiligen angenommenen Lebensdauer mit dem entsprechenden Zinssatz in ihre äquivalenten Jahreskosten umgerechnet (mithilfe des so genannten Kapitalwiedergewinnungsfaktors). Dabei wur- den für die einzelnen Maßnahmentypen folgende Lebensdauern angenommen: • Gewässerausbau, Wallneubau: 80 Jahre • Mauerneubau, Straßenaufhöhung: 30 Jahre • Verschluss: 20 Jahre • Objektschutz: 10 Jahre b) Auch für die einmaligen Kosten (Grunderwerb, Ausgleichsmaßnahmen) wurden mit dem entsprechen- den Zinssatz äquivalente Jahreswerte berechnet. c) Weiterhin wurden aus den ereignisspezifischen Maßnamenkosten durch Integration über ihre jeweili- gen Wahrscheinlichkeiten jährliche Kostenerwartungswerte berechnet. d) Die jährlich anfallenden Unterhaltungskosten sind bereits Jahreskosten. Diese Komponenten finden Eingang in die Nutzen-Kosten-Analyse und werden darin als Summenwert den je- weiligen jährlichen Minderungen der Hochwasserschadens-Erwartungswerte gegenübergestellt. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 43 von 53

Sind die finanzmathematisch aufbereiteten Kosten (jährliche Kapitalkosten) einer Maßnahme höher als die Schadensminderung, so ist diese Maßnahme aus rein wirtschaftlichen Gründen abzulehnen. Die Entscheidung, ob eine Maßnahme realisiert werden soll oder ob sie einer anderen Maßnahme vorzuziehen ist, sollte jedoch nicht ausschließlich von monetären bzw. ökonomischen Gesichtspunkten abhängen. Vielmehr sind vor einer Entscheidung zur Umsetzung einer Maßnahme neben den ökonomischen Beurteilungskriterien auch nicht öko- nomisch fassbaren Auswirkungen zu berücksichtigen.

3.2 Allgemeine Empfehlungen In der Bestandsaufnahme wurde ein generell geringes Risikobewusstsein festgestellt. In den nachfolgenden Kapiteln werden aufgrund dessen Empfehlungen gegeben, die einer Verbesserung der Information und damit des Hochwasserbewusstseins dienen.

3.2.1 Hochwasserinformation in Trockenzeiten In Trockenzeiten besteht Informationsbedarf für die Bürger am Gewässer und im überschwemmungsgefährde- ten Bereich über die Flächenausdehnung und die Höhe des möglichen Wasserspiegels, um auch besser auf noch kommende Hochwasserereignisse vorbereitet zu sein bzw. sich besser vorbereiten zu können.

3.2.1.1 Überflutungsgebietskarten Die überschwemmungsgefährdeten Gebiete werden im Rahmen des Hochwasser-Aktionsplans für alle Bereiche auf Karten im Maßstab 1: 5.000 dargestellt. In diesen Karten sind auch die vorgeschlagenen Maßnahmen dar- gestellt.

In so genannten Hochwassersteckbriefen, die ebenfalls im Rahmen dieses Aktionsplanes erstellt werden, sind die Informationen zum Hochwassergeschehen an der Twiste zusammengefasst dargestellt.

3.2.1.2 Hinweise zur Bauvorsorge Eine angepasste Bauweise ermöglicht, "mit dem Hochwasser zu leben". Hierin liegen große Chancen, das Scha- denspotenzial dauerhaft zu verringern. Keller und Erdgeschoss sind so zu bauen und zu nutzen, dass bei Hoch- wasser keine oder nur geringe Schäden entstehen. Öltanks müssen auftriebs- und drucksicher sein. Mobiliar in diesen Räumen muss mobil bleiben. Die Bauvorsorge ist in erster Linie Aufgabe der Betroffenen. Vorausschau- ende Planung verhindert Hochwasserschäden. Kommunen, Architekten, Ingenieure, Versorgungsunternehmen und Bauträger sind gleichermaßen gefordert. Tipps zur Bauvorsorge finden sich in der „Hochwasserfibel“ des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV, NRW).

3.2.1.3 Hochwasser-Merkstein Außergewöhnliche Hochwasserstände in der Vergangenheit sollten als „Denkmal" an öffentlich zugänglichen Stellen dauerhaft vermarkt werden, um so auf die Möglichkeit des Eintretens außergewöhnlicher Wasserstän- de auch in der Zukunft hinzuweisen. Zudem würden Kenntnisse über stattgefundene Zivilkatastrophen an nach- folgende Generationen weitergegeben. Möglichkeiten zur Darstellung bieten so genannte Hochwassermerk- steine mit Auswaschpegeln und Platten, in die Wasserstände eingemeißelt werden können.

3.2.1.4 Informationen zur Schadensminimierung Aufgrund der geringen Wiederkehrintervalle extremer Hochwasserereignisse vergessen die Menschen am Gewässer das Ausmaß (Überflutungstiefen, Ausdehnung in die Fläche) derartiger Ereignisse. Daher entsteht mancherorts die Situation, dass die Nutzung bestehender Gebäude, die hochwassergefährdet sind, der poten- ziellen Gefahr nicht angepasst ist. So wird beispielsweise der bisherige Vorratskeller zu einem vollwertigen Wohnraum mit komplettem Hausrat ausgebaut, was das Schadenspotenzial des Gebäudes erhöht. Um solchen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken, wird daher vorgeschlagen, für gefährdete Objekte bis zu einer gewissen

Jährlichkeit von Hochwasserereignissen (z.B. HQ100) Informationen über die Hochwassergefährdung und – Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 44 von 53

belastung (z. B. Einstautiefe) zugänglich zu machen. Dies kann für die Betroffenen auf folgende Weisen erfol- gen:

• Anfertigen von Fotografien oder Objektschutzkarten für jedes höherwertig genutzte Objekt (Wohnge- bäude, Fabriken etc.), in welchen die Wasserstände am Objekt eingetragen sind, • Anfertigen von Gefährdungs- und Gefahrenkarten der Überflutungsgebiete mit Darstellung der Was- sertiefen bei unterschiedlichen Jährlichkeiten der Hochwasserereignisse, • Anfertigen von Wassertiefenkarten, anhand derer die am Objekt vorhandenen Wassertiefen für die unterschiedlichen Hochwasserereignisse in Klassen dargestellt sind. Für das 100-jährliche Ereignis sind diese in den sogenannten „Hochwassersteckbriefen" zum Hochwasser-Aktionsplan, in denen die der- zeitige und die zukünftige Hochwasserbelastung (nach Verwirklichung der im Hochwasser-Aktionsplan vorgeschlagenen Maßnahme) für die Ortsteile im Untersuchungsgebiet dargestellt sind, bereits ver- wirklicht. Diese „Hochwassersteckbriefe" werden der Bevölkerung zugänglich sein (in Form von Bro- schüren, als Download auf der Homepage des Staatlichen Amtes für Umwelt und Arbeitsschutz OWL). Anhand dieser Informationen können die Anwohner eigene Maßnahmen zur Verringerung der möglichen Hochwasserschäden ergreifen:

• Vorhalten mobiler Objektschutzeinrichtungen (Schaltafeln, Dammbalken und Sandsäcke, durch deren Vorhandensein bei den hochwassergefährdeten Objekten können diese sehr schnell angebracht wer- den und die Schwelle, ab der ein Objekt überflutet wird, erhöhen), • Anpassung der Nutzung der Objekte an die Hochwassersituation, indem z. B. hochwertige Gegenstän- de dauerhaft in hochwasserfreie Teile des Gebäudes gebracht werden. Letzteres erscheint angesichts des Mindestzeitbedarfs für außenseitige Schutz- und innenseitige Evakuierungsmaßnahmen als be- sonders wichtige und effektive Anpassungsmaßnahme.

3.2.1.5 Hochwasserbeauftragter Sinn und Zweck der Hochwasservorsorge müssen der Bevölkerung bewusst gemacht werden. Da in langen Perioden ohne Hochwasser, vor allem ohne außergewöhnliche Hochwasser, die Vorsorge und die Notwendig- keit dazu vor Ort in Vergessenheit gerät, sollte eine Person in der städtischen Verwaltung als Hochwasserbeauf- tragter benannt werden. Seine Aufgaben sind:

• Zustandskontrolle des hochwasserempfindlichen Gebietes (Leistungsfähigkeit des Gewässers, Hinder- nisse in Überschwemmungsgebieten), • Beratung und Information des Bürgers in Hochwasserfragen, • Vorhaltung und Verwaltung hochwasserrelevanter Unterlagen (Überschwemmungsgebietskarten, Messungen, Meldungen, Fotos, Melde- und Alarmpläne), • Ansprechpartner für die Feuerwehr und den Katastrophenschutz sein, • Austausch mit Kollegen in Nachbargebieten und Unterrichtung dieser über außergewöhnliche Vor- kommnisse.

3.2.2 Gewässerunterhaltung Die Gewässerunterhaltung soll dem Hochwasserschutz und der ökologischen Verbesserung dienen. Eine natür- liche Gewässerentwicklung bedeutet eine Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit und damit bei gegebenem Abfluss eine Erhöhung des Wasserstandes. Im Hochwasserfall wird dadurch der Rückhalt des Wassers in der Fläche größer und die Wellenlaufzeiten länger, was oberhalb von Siedlungen erwünscht ist.

Bei extremen Hochwasserereignissen wird eine große Menge Unrat aus besiedelten Bereichen und natürliches Treibgut vor allem aus nicht besiedelten Bereichen mitgeführt. Das Treibgut kann zu Verlegungen des Fließ- querschnittes und damit zu Aufstau und Überschwemmung führen. Verkrautete Flächen begünstigen die Abla- Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 45 von 53

gerung der mitgeführten Sedimente und damit die Entstehung von Abflusshindernissen (z. B. Sand- und Kies- bänke).

Die Gehölzpflege am Gewässer und im Vorland muss die Belange des schadlosen Hochwasserabflusses berück- sichtigen. Der beste Hochwasserschutz in empfindlichen Hochwassergebieten ist eine Nutzung der abflusswirk- samen Bereiche als Grünland.

In den Ortsdurchgängen sind gute Ideen und Absprachen der beteiligten Fachdisziplinen nötig, um das Gewäs- ser hochwassersicher zu halten und gleichzeitig ökologische und stadtgestalterische Ansprüche ausreichend zu berücksichtigen.

3.2.2.1 Freiland-Strecken In der freien Landschaft sollte sich das Gewässer frei, natürlich entwickeln können. Wenn nicht andere Interes- sen, z. B. der Landwirtschaft, dem entgegenstehen, ist keine Unterhaltung erforderlich.

3.2.2.2 Ortslagen In den besiedelten Auenbereichen muss die Gewässerunterhaltung mit anderen Maßnahmen zusammen einen schadlosen Hochwasserabfluss gewährleisten.

In diesen empfindlichen Abflussgebieten darf keine Abflussbehinderung durch Maßnahmen herbeigeführt werden. Unter diesem Aspekt sind Bepflanzungen mit Einzelbäumen in Fließrichtung (Baumreihe mit weiten Baumabständen) noch erlaubt, da diese eine Beschattung des Gewässers schaffen und damit ein zu starkes Verkrauten des Gewässers verhindern.

3.2.3 Hochwasser-Warndienst und Meldeplan sowie Alarmplan Für das Diemel-Gebiet wird ein zentraler Hochwasserwarndienst durch das Regierungspräsidium Kassel betrie- ben. Dieser umfasst die gesamte Twiste und beschreibt für die Pegel an der Twiste-Talsperre (Hessen) sowie den Pegel in Welda die Melde- und Warnstufen bei denen der Pegelbeobachter das koordinierende Wasser- wirtschaftsamt in Kassel informiert. Die Stadt Warburg ist in die Hochwasserdienstordung des Regierungspräsi- diums Kassel mit eingebunden. Die Stadtverwaltung wird bei definierten Wasserständen an den Pegeln West- heim (Diemel) und Welda (Twiste) sowie bei Überschreiten bestimmter Abflüsse an der Diemel- und Twiste- Talsperre alarmiert.

Daneben besteht in Warburg ein kommunaler Hochwasser-Alarmplan. Dieser beschreibt die Abläufe im Hoch- wasserfall und gibt Anweisungen an die zuständigen Personen der öffentlichen Vewaltung (Ordungsamt, Bau- hof) sowie die Feuerwehr (Stand 10.6.2002)

• Beschreibung der relevanten Pegel sowie zugehörige Telefonnummern (Pegel mit Anrufabfrage) • Wasserstände an den Pegeln der Diemel, Twiste und Erpe für drei Warnstufen • Stufe I: Beginn der Ausuferung • Stufe II: größeres Hochwasser • Stufe III: außergewöhnliches Hochwasser • Beschreibung von Einzelmaßnahmen im Stadtgebiet • Einberufung des Krisenstabes sobald Warnstufe II zu erwarten ist • Warnung der Bevölkerung ab Warnstufe II • Abgabe der Koordinierungsaufgaben an den Kreis Höxter, wenn diese nicht von der Stadt Warburg ge- leistet werden können. Der vorliegende Hochwasser-Alarmplan der Stadt Warburg erfüllt die Anfoderungen, die an dieses Instrument der Verhaltenvorsorge (siehe Band 1, Kapitel 1) gestellt werden. Eine sinnvolle Ergänzung stellen Hochwasser- Gefahrenkarten dar, welche die bisherigen kartografischen Darstellungen besonderer Hochwasser- Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 46 von 53

Problembereiche ergänzen können. Neben den bisher im Alarmplan verarbeiteten Informationen, die zumeist auf den Erfahrungen bereits abgelaufener Hochwasserereignisse basieren, beschreiben die Gefahrenkarten

Extremereignisse (HQ50 bis EHQ). Sie liefern den vor Ort handelnden wichtigen Informationen zur Hochwasser- situation und sind bereits zu Trockenzeiten wichtiges Planungsinstrument bei der Vorbeugung von Hochwas- serschäden (Bauvorsorge).

3.3 Überregional wirksame Hochwasserschutzmaßnahmen Im Rahmen des Hochwasser-Aktionsplanes Diemel wurden überregional wirksame Hochwasserschutzmaßnah- men untersucht. Die Twiste, als wichtiges Nebengewässer der Diemel, war Bestandteil dieser Analysen. Die hydrologischen Verhältnisse wurden insbesondere daraufhin untersucht, ob durch Rückhaltemaßnahmen die Abflussspitzen reduziert werden können. Im Einzugsgebiet der Twiste wurden dabei folgende Maßnahmen betrachtet:

• Optimierung des bestehenden Hochwasserrückhaltebeckens Hörler Bach und der Twiste-Talsperre, • Aktivierung des zusätzlichen Retentionsraumes Ehringen an der Erpe. Nachfolgend werden die für den Untersuchungsraum der Twiste relevanten Ergebnisse des Hochwasser- Aktionsplanes Diemel aufgegriffen. Dabei werden die Auswirkungen der Maßnahmen in thematischen Karten dargestellt. Inhalt der Darstellung ist die Verschiebung der Jährlichkeit gegenüber dem Ist-Zustand. Abbildung 6 erläutert beispielhaft die Legende der Kartendarstellungen.

Die Legende (beispielhaft für HQ100) zeigt, welcher Jährlichkeit (T) des Ist-Zustandes, der sich durch die Maß- nahmen ergebende Scheitelwert entspricht. Dunkel Grün bedeutet z. B.: HQ100 nach Umsetzung der Maßnah- men entspricht HQ50 des Ist-Zustandes. Grau bedeutet: der Scheitelwert bleibt unverändert.

Abbildung 6 Erläuterung der Legende

3.3.1 Optimierung bestehender Retentionsräume Im Einzugsgebiet der Twiste sind zwei Retentionsräume vorhanden:

• Twiste-Talsperre • Hochwasserrückhaltebecken Hörler Bach Tabelle 15 zeigt die wesentlichen Kenngrößen der Becken:

Tabelle 15 Kennwerte der Talsperren und Hochwasser-Rückhaltebecken im Bestand

3 Einzugsgebietsfläche Regelabgabe Name Max. Volumen [m ] [km2] Ist-Zustand [m3/s] Twiste-Talsperre 8.950.000 125 2,5-10 (adaptiv) HRB Hörler Bach 22.000 9,6 4,2 Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 47 von 53

Die Vorgehensweise bei der Optimierung sowie die Wirkungen der Retentionsräume werden im Bericht zum Hochwasser-Aktionsplan Diemel wie folgt beschrieben:

„Im Hinblick auf die Verbesserung des Hochwasserschutzes wurde bei der Simulation der Retentionswirkung eine Optimierung der Regelabgabemengen der Becken durchgeführt. Die Drosselabgaben der Becken wurden so eingestellt, dass sich bei HQ100 eine 100-prozentige Ausnutzung des Rückhalteraumes zur Retention des Hoch- wasserabflusses und damit zur bestmöglichen Reduzierung der Abflussspitze im Unterlauf ergibt. Der Hochwas- serschutzraum der Twiste-Talsperre beträgt im Sommer 4,39 Millionen m³ und im Winter 5,60 Millionen m3. Das spezifische Volumen von 35 mm (im Sommer) ermöglicht einen wirksamen Hochwasserschutz. Gegenüber dem Ist-Zustand mit einer Regelabgabe von 2,5 m³/s, könnte theoretisch die Abgabe auf 0,444 m³/s gesenkt werden. Die Beobachtung, dass die Twiste-Talsperre in den zurückliegenden Jahren nie zu 100 % gefüllt wurde, bestätigt die Steuerung der Abgabe auf der sicheren Seite. Mit einer Reduzierung der Drosselabgabemenge würde zwar eine geringfügige Reduzierung des Hochwasserabflusses in der Diemel erzielt werden, dies jedoch mit der Folge einer Vergrößerung der Wahrscheinlichkeit für ein Überlaufen der Talsperre und damit verbunden unkontrollier- ter und dann auch nicht mehr reduzierter Abflüsse ins Unterwasser. Aus diesem Grunde sollte die festgestellte hohe Sicherheit durch Beibehaltung der heutigen Regelabgabe erhalten bleiben. Abbildung 7 und Abbildung 8 zeigen, dass eine deutliche Wirkung nur unmittelbar unterhalb der Talsperre feststellbar ist. Mit der Häufigkeit der Ereignisse nimmt die Fernwirkung ab.

Für das Hochwasserrückhaltebecken Hörler Bach war eine Optimierung aufgrund fehlender bzw. zu geringer Hochwasserrückhalteräume nicht möglich.“

Abbildung 7 Verschiebung der Jährlichkeiten im Zustand durch optimierte Beckenabgaben bei HQ100

Abbildung 8 Verschiebung der Jährlichkeiten im Zustand durch optimierte Beckenabgaben bei HQ5

Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 48 von 53

Aus den beschriebenen Schlussfolgerungen lässt sich ableiten, dass durch die Optimierung der Rückhalteräume die Hochwassersituation im Untersuchungsraum des Hochwasser-Aktionsplanes Twiste nicht verbessert wer- den kann.

3.3.2 Zusätzliche Hochwasser-Rückhaltebecken Die Erpe ist ein Nebengewässer der Twiste und mündet auf hessischem Landesgebiet bei Volkmarsen in die Twiste. In der Vergangenheit war der Ortsteil Ehringen der Stadt Volkmarsen häufig von Hochwasser betroffen, weshalb aktuelle Planungen die Schaffung eines Retentionsraumes vorsehen, der zu einer Verbesserung der Situation in den betroffenen Ortsteilen führen soll. Im Rahmen des Hochwasser-Aktionsplanes Diemel wurde die Wirkung dieses zusätzlichen Beckens auf die Hochwassersituation an der Diemel überprüft. Dabei wurde der zusätzliche Beckenstandort mit dem Szenario einer optimierten Beckenabgabe an Twiste-Talsperre überlagert.

„In Ehringen steht ein maximales Rückhaltevolumen von 1 Millipn m³ zur Verfügung. Das spezifische Beckenvo- lumen ist mit circa 8 mm vergleichsweise gering. (...) Für das HRB Ehringen/Erpe lässt sich eine Wirkung in der

Diemel für HQ100 und HQ20 nachweisen.“

Die Erkenntnisse des Hochwasser-Aktionsplanes Diemel können auf den Untersuchungsraum des Hochwasser- Aktionsplanes Twiste übertragen werden. Durch das HRB Ehringen / Erpe ist demnach ein günstiger Einfluss auf die Abflussspitzen in der Twiste bei Warburg zu erwarten, insbesondere dann wenn, wie angenommen, die Twiste-Talsperre optimal gesteuert wird. Dennoch ist das geplante HRB auf den Hochwasserschutz von Ehrin- gen ausgelegt und die Fernwirkung bis in den Mündungsbereich der Twiste in die Diemel bleibt beschränkt. Auf eine detaillierte Analyse der hydrologischen Wirkung des geplanten HRB Ehringen auf den Untersuchungsraum des Hochwasser-Aktionsplanes Twiste wurde deshalb verzichtet.

In den weiteren Untersuchungen zu den lokalen Schutzmaßnahmen in Warburg (siehe Kapitel 3.4) zeigte sich, dass durch konstruktive Maßnahmen in Warburg wirkungsvoller Hochwasserschutz betrieben werden kann. Bezogen auf den Untersuchungsraum und die dort vorhanden Schadenspotenziale, ist die Realisierung einer weit oberhalb gelegenen Rückhaltemaßnahme auch unter Kostengesichtspunkten nicht zweckmäßig.

3.4 Lokale Hochwasserschutzmaßnahmen in Warburg In Kapitel 3.2 wurden Möglichkeiten für hydrologische Maßnahmen (Optimierung Retentionsraumbewirtschaf- tung, Schaffung zusätzlicher Rückhalteräume) zur Verbesserung des Hochwasserschutzes vorgestellt. Die Er- gebnisse zeigen, dass durch den (optimierten) Rückhalt im Oberlauf der Twiste und ihres Nebengewässers (Erpe) die Hochwassersituation nur mit hohem Aufwand bei geringem Wirkungsgrad für die Stadt Warburg verbessert werden kann. Nachfolgend werden deshalb lokale Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit untersucht.

Der Ist-Zustand und der Zustand nach Umsetzung der Maßnahmen werden nachfolgend analysiert und bewer- tet. Die Untersuchung bezieht sich auch auf Flächen, die im Ist-Zustand durch Deiche geschützt sind.

In diesem Kapitel werden für die Stadt Warburg folgende Inhalte erarbeitet:

• Hochwasserdefizite und Brennpunkte. Bei diesen handelt es sich entweder um eine Häufung von hochwassergefährdeten Objekten oder um Objekte mit hohen Schadenserwartungswerten; • Örtliche Hochwasserschutzmaßnahmen in den Brennpunkten und zugehörige Kosten, die nach Investi- tions- und Betriebskosten untergliedert werden; • Hochwasserschutzwirkung der Maßnahmen, das heißt die Schadenssituation nach Umsetzung der Maßnahmen; • Ökonomische Bewertung der Hochwasserschutzmaßnahmen; • Empfehlungen zur Vorgehensweise, zur Realisierung der Maßnahmen und zum allgemeinen Verhalten. Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 49 von 53

3.4.1 Hochwasserschutz-Defizite und Hochwasserschutz-Maßnahmen Die Stadt Warburg wurde im Jahr 1965 von einem katastrophalen Hochwasser betroffen. Neben der Diemel entstanden auch an der Twiste große Schäden. Zum Schutz der Ortslage Welda wurden in den folgenden Jah- ren Dämme und Schutzmauern errichtet, die in ihrem heutigen Zustand die Ortslage bis zum HQ50 schützen, das heißt, das angestrebte Schutzziel von HQ100 wird durch diese Maßnahme nicht erreicht.

In Warburg wurden zwei Brennpunkte identifiziert:

• Brennpunkt 1 - Ortsteil Wormeln, Loh-Mühle (rechtsseitig), • Brennpunkt 2 - Ortsteil Welda, Ortskern (linksseitig). Abbildung 9 Brennpunkt 1 in Wormeln

Abbildung 10 Brennpunkt 2 in Welda

In Welda und Wormeln werden zahlreiche Gebäude durch Dämme mit deichähnlicher Wirkung geschützt (siehe Kapitel 2.6.2).

• Ohne Deiche würde bei HQ50 ein Schaden von mehr als 290.000,00 € entstehen. In diesem Fall wären 48 Objekte hochwassergefährdet.

• Ohne Deiche würde bei HQ100 ein Schaden von mehr als 74.000,00 € entstehen. In diesem Fall wären 9 Objekte hochwassergefährdet.

• Ohne Deiche würde bei HQ200 ein Schaden von rund 127.000,00 € entstehen. In diesem Fall wären 11 Objekte hochwassergefährdet Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 50 von 53

Bei den durch Dämmen geschützten Gebäuden sind keine zusätzlichen baulichen Schutzmaßnahmen erforder- lich. Es sind lediglich regelmäßige Kontrollen und die notwendigen Unterhaltungsarbeiten an den Dämmen vorzusehen.

In den nachfolgenden Tabellen werden die identifizierten Brennpunkte näher beschrieben. Folgende Informa- tionen werden dargestellt:

• Lage und Beschreibung der gefährdeten Objekte, • vorhandener Hochwasserschutz • geplante Hochwasserschutzmaßnahmen und ihre Kosten unterteilt in Investitions- und Unterhaltungs- kosten. Tabelle 16 Defizite und vorgeschlagene Maßnahmen beim Brennpunkt 1

Brennpunkt 1: Wormeln, Loh-Mühle (rechtssei- tig) Am Westrand der Ortslage Wormeln ist die Loh-Mühle von Hochwasser betroffen Gefährdete Objekte (verarbeitendes und produzierendes Gewerbe, Wohngebäude). Vorhandener Hochwasserschutz Zurzeit existiert für die gefährdeten Gebäude kein Hochwasserschutz. Objektschutz der Betriebs- und Wohngebäude: Sicherung der Bebauung für HQ Geplante Hochwasserschutz- 100 durch Objektschutz (Sandsäcke, mobile HW-Schutzwände, Sicherung wertvoller maßnahmen Güter; Maßnahmenkennung 3001, 3002, 3003, 3004). Baukosten = 3.900,00 Euro Nebenkosten = 0,00 Euro Maßnahmenkosten Baunebengewerke und Unsicherheiten der Kostenschätzung = 200,00 Euro Summe Investitionskosten = 4.100,00 Euro Unterhaltungskosten = 0,00 Euro/Jahr

Tabelle 17 Defizite und vorgeschlagene Maßnahmen beim Brennpunkt 2

Brennpunkt 2:

Welda, Ortskern Bei HQ sind große Teile des Ortskerns von Welda durch Hochwasser gefährdet. Gefährdete Objekte 100 Es ist insbesondere die Wohnbebauung betroffen.

Am linken Twiste-Ufer besteht ein Damm, der Welda bis zum HQ50 vor Hochwas- Vorhandener Hochwasserschutz ser schützt. Der Damm hat auf einer Länge von circa 60 m eine Eintiefung die eine höhere Schutzwirkung des Deiches verhindert. Schließen der Eintiefung des Dammes und Erhöhung auf der gesamten Länge zur Gewährleistung des Freibordes (Maßnahmenkennung 6000). Geplante Hochwasserschutz- maßnahmen Objektschutz vor Gebäude in der Pfeffergasse und Am Mühlenhof. Sandsäcke, mobile HW-Schutzwand, HW-Schutzmauer oder Sicherung wertvoller Güter (Maßnahmenkennung 3004, 3005). Baukosten = 64.900,00 Euro Grunderwerb 5.700,00 Euro Ausgleichsmaßnahmen 0,00 Euro Nebenkosten = 8.800,00 Euro Maßnahmenkosten Baunebengewerke und Unsicherheiten der Kostenschätzung = 6.400,00 Euro Summe Investitionskosten = 85.800,00 Euro

Unterhaltungskosten = 1.600,00 Euro/Jahr

Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 51 von 53

3.4.2 Hochwasser-Schutzwirkung Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen wird eine deutliche Reduzierung der Hochwassergefährdung erreicht.

Jedoch verbleibt ein Restrisiko. Das Schutzziel in der Stadt ist HQ100. Zur Erreichung des Schutzzieles ist Objekt- schutz für die Gebäude an der Loh-Mühle (Brennpunk 1) sowie die Erhöhung des vorhandenen Dammes not- wendig. Hochwasserereignisse mit einer Jährlichkeit größer als 100 Jahre verursachen weiterhin Schäden. Aus diesen Schäden resultiert ein Schadenserwartungswert (siehe Definition in Band 2, Kapitel 2.9). Falls bei einem

HQ200 kein Schaden vorhanden ist, wird in dieser Untersuchung davon ausgegangen, dass auch kein Restrisiko besteht.

In Warburg beträgt der derzeitige jährliche Hochwasserschadenserwartungswert 69.500,00 €/Jahr. Beim Brennpunkt 1 beläuft sich der Schadenserwartungswert auf 12.800,00 €/Jahr und bei Brennpunkt 2 auf 44.000,00 €/Jahr. Die restlichen 12.700,00 €/Jahr verteilen sich auf einzelne, verstreut liegende Gebäude.

Bei der Umsetzung der Maßnahmen ergeben sich folgende Wirkungen:

• Beim Brennpunkt 1 bleibt ein Restrisiko von 1.500,00 €/Jahr. Die Minderung des Schadenserwar- tungswertes beträgt 11.300,00 €/Jahr, das heißt 88 % im Vergleich zum Ist-Zustand. • Beim Brennpunkt 2 bleibt ein Restrisiko von 8.300,00 €/Jahr. Die Minderung des Schadenserwar- tungswertes beträgt 35.700,00 €/Jahr, das heißt 81 % im Vergleich zum Ist-Zustand.

3.4.3 Objekte außerhalb der Brennpunkte In Warburg sind lediglich wenige Einzelobjekte außerhalb von Brennpunkten betroffen. Zur Gewährleistung eines HQ100-Schutzes wird empfohlen, die betroffenen Objekte mit einem Objektschutz zu versehen. Als Ob- jektschutzmaßnahmen kommen ein mobiler Schutz mit Sandsäcken, Schließung von Gebäudeöffnungen oder Rückstausicherungen in Frage.

Die Kosten für den Objektschutz werden in zusammengefasster Form dargestellt. Der Schadenserwartungswert im Ist-Zustand beträgt 12.700,00 €/Jahr. Nach Umsetzung der Objektschutzmaßnahmen bleibt ein Restrisiko von 500,00 €/Jahr bestehen.

3.4.4 Bewertung der Hochwasserschutz-Maßnahmen Mit den entwickelten Hochwasserschutzmaßnahmen sind Investitions- und gegebenenfalls jährliche Kosten verbunden. Eine ökonomische Bewertung der Maßnahmen erfolgt auf der Basis einer Gegenüberstellung der finanzmathematisch zu Jahreskosten aufbereiteten Maßnahmenkosten mit den maßnahmenspezifischen Min- derungen der jährlichen Hochwasserschadenserwartungswerte.

Die ökonomische Bewertung der für Warburg entwickelten Maßnahmen ist wie folgt (die Maßnahmen sind aufsteigend nach ihren jährlichen Kosten aufgelistet):

Tabelle 18 Bewertung der Maßnahmen in der Stadt Warburg

Jährliche Kosten bei Minderung des Scha- Hochwasserschutzmaß- Nutzen-Kosten- angenommenen 4 % denserwartungswertes Rang nahme Verhältnis [-] Zinsen [€/Jahr] (Nutzen) [€/Jahr] Brennpunkt 1 500 11.300 22,6 1 Objektschutz (vereinzelt) 1.700 12.200 7,2 2 Brennpunkt 2 5.500 35.700 6,5 3

Ein Nutzen-Kosten-Verhältnis, das kleiner als 1 ist, bedeutet, dass die Hochwasserschutzmaßnahme aus wirt- schaftlicher Sicht nicht rentabel ist. Bei einem Nutzen-Kosten-Verhältnis, das sehr viel kleiner ist als 1, kommt Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 52 von 53

als Alternative eine verstärkte Verhaltensvorsorge in Frage, die in der Minderung des Restrisikos nicht so effi- zient sein kann, wie eine bauliche Maßnahme, aber dennoch die Ziele des nachhaltigen Hochwasserschutzes erfüllt.

Ein Nutzen-Kosten-Verhältnis, das größer oder gleich 1 ist, bedeutet eine wirtschaftlich rentable Hochwasser- schutzmaßnahme. Eine Umsetzung hat also wirtschaftliche Vorteile zur Folge. Vor der Umsetzung der Objekt- schutzmaßnahmen ist eine detaillierte Maßnahmenplanung notwendig, als Grundlage für eine genaue Ermitt- lung der Maßnahmenkosten. Hier beruhen die Maßnahmenkosten zum Teil auf pauschalen Annahmen.

3.4.5 Empfehlungen

In Welda ist durch den Damm am linken Twisteufer bis zum HQ50 ein wirksamer Hochwasserschutz gegeben.

Bei HQ100 bewirkt die an einem Abschnitt vorhandene Tieflage der Dammkrone, dass weite Teile des Ortskerns überflutet werden. Diese Schwachstelle im Damm sollte mit höchster Priorität behoben werden. Daneben wird die Aufhöhung des Dammes auf seiner gesamten Länge empfohlen, um den erforderlichen Freibord gewähr- leisten zu können. Um die hohe Schutzfunktion des Dammes zu gewährleisten, ist eine regelmäßige Pflege und Unterhaltung erforderlich. Dies gilt ebenso für den vorhandenen Damm zu Schutz der Häuser an der Wittmar- straße (rechtes Twisteufer). Der landwirtschaftliche Betrieb am linken Twisteufer (Landstraße L 552) liegt in der Flussaue und ist demnach bereits bei kleinen Hochwassern betroffen. Hier wird lokaler Objektschutz empfoh- len.

In Wormeln ist die Loh-Mühle mit ihren Betriebs- und Wohngebäuden hochwassergefährdet. Die direkte Nähe zum Gewässer (Wasserkraftnutzung) macht Objektschutz an den einzelnen Gebäuden erforderlich. Vor der Umsetzung der Objektschutzmaßnahmen ist eine detaillierte Maßnahmenplanung notwendig, da die speziellen Gegebenheiten an der Mühle im Rahmen des Hochwasser-Aktionsplanes nicht berücksichtigt werden konnten und deshalb pauschale Ansätze zur Bestimmung der Maßnahmenkosten verwendet wurden.

Die Schutzfunktion des alten Bahndammes in Wormeln wurde im Rahmen der Berechnung der Schadenspoten- ziale belegt. Um den Schutz zukünftig zu sichern, ist hier gegebenenfalls zu prüfen, inwieweit eine Dammer- tüchtigung bzw. Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen erforderlich sind.

3.5 Zusammenfassende Betrachtung zum Hochwasserschutz Der Hochwasser-Aktionsplan untersucht die Hochwassergefährdung des Überflutungsgebiets der Twiste in NRW. Der gesamte Untersuchungsraum gehört zur Stadt Warburg deren Ortsteile Welda und Wormeln von der Twiste durchflossen werden.

Bei einem HQ100 belaufen sich die Hochwasserschäden auf rund 886.000,00 €. Das mittlere jährliche Hochwas- serschadenspotenzial auf der 6,25 km langen Fließstrecke beträgt 69.500,00 €/Jahr. Insgesamt sind im Ist- Zustand 88 Gebäude hochwassergefährdet, durch Dämme werden bis zu 54 Gebäude geschützt.

Die Untersuchungen zeigen, dass die Hochwassergefährdung entlang der Twiste als eher gering einzustufen ist. Sie belegen damit auch die Wirksamkeit der im Nachgang zum schadensreichen Extremhochwasser des Jahres 1965 entlang der Twiste durchgeführten Hochwasserschutzmaßnahmen.

Durch Dämme mit deichähnlicher Wirkung werden an der Twiste bei einem HQ50 48 Gebäude geschützt und dadurch Hochwasserschäden in der Größenordnung von 290.000,00 € verhindert. Im Vergleich zu den HQ50- Schäden in ungeschützten Bereichen in Höhe von 223.000,00 € zeigt sich die große Bedeutung der bestehen- den Schutzeinrichtungen und unterstreicht die Wichtigkeit von Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen.

Auf der Grundlage der oben genannten Erkenntnisse aus der Betrachtung des Ist-Zustandes wurden Schutzdefi- zite in den Kommunen und Ortschaften festgestellt. Es wurden Brennpunkte definiert und dort Hochwasser- Bericht Hochwasseraktionsplan Diemel - Ergänzung Twiste, Schadenspotenzial für das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL Seite 53 von 53

schutzmaßnahmen für das 100-jährliche Hochwasser entwickelt. Die Analyse hat gezeigt, dass die Talsperren im Einzugsgebiet der Twiste bei extremen Hochwasserereignissen keine relevante hochwassermindernde Wir- kung auf den Gewässerabschnitt im Untersuchungsraum haben. Deswegen wurde bei der Maßnahmenentwick- lung auf feste und mobile Schutzeinrichtungen zurückgegriffen, die die Erhöhung bestehender Wälle, Objekt- schutz und den Verschluss von Durchlässen umfassen. Die Wirkung der Maßnahmen wurde rechnerisch nach- gewiesen. Es wurde in allen Fällen ein HQ100-Schutz erreicht. Für die verstreut im Untersuchungsgebiet liegenden hochwassergefährdeten Gebäude wird ein spezifischer

Objektschutz gegen ein HQ100 vorgeschlagen.

Durch die empfohlenen Maßnahmen lässt sich das Hochwasserschadenspotenzial erheblich mindern. Bei Um- setzung aller vorgeschlagenen Maßnahmen wird das Hochwasserschadenspotenzial um rund 59.200 €/Jahr auf ein verbleibendes Restrisiko von 10.300 €/Jahr reduziert. Das entspricht einer Verringerung von 85 %.

Stellt man dem monetären Nutzen, den die Minderung der Schadenserwartungswerte durch die Wirkung der Hochwasserschutzmaßnahmen darstellt, die jeweiligen Kosten für die Umsetzung der Maßnahmen gegenüber, so ergibt sich bei einer Umsetzung aller Maßnahmen ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 7,7. Das bedeutet, dass aus monetärer Sicht der Nutzen im Durchschnitt 7,7-mal so hoch wie die Kosten ist. Alle vorgestellten Maß- nahmen sind wirtschaftlich rentabel.

Der Hochwasser-Aktionsplan zeigt auf, dass an der Twiste unter Berücksichtigung ökologischer, städtebaulicher und wasserwirtschaftlicher Belange und unter Wahrung entsprechender Zielsetzungen, ein nachhaltiger Hoch- wasserschutz umsetzbar und ökonomisch vertretbar ist. Er bietet eine Grundlage für nachfolgende detaillierte Hochwasserschutzplanungen an der Twiste in NRW.

4. Fazit Der Hochwasser-Aktionsplan zeigt auf, dass an der Twiste in NRW unter Berücksichtigung ökologischer, städte- baulicher und wasserwirtschaftlicher Belange und unter Wahrung entsprechender Zielsetzungen, ein nachhal- tiger Hochwasserschutz umsetzbar ist. Er bietet eine Grundlage für detaillierte Hochwasserschutzplanungen in den Warburger Ortsteilen Welda und Wormeln.

Wichtige Erkenntnisse, die im Rahmen des Hochwasser-Aktionsplanes Twiste erarbeitet wurden, werden in Form von Hochwasser-Gefahrenkarten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Durch die Hochwasser- Gefahrenkarten soll das Hochwasserbewusstsein in der öffentlichen Verwaltung sowie bei den betroffenen Bürgern gefördert werden. Darüber hinaus bilden sie die Grundlage zur Bearbeitung weitergehender, detaillier- ter Fragestellungen des Hochwasserschutzes und der Katastrophenvorsorge.

In einem Faltblatt zum Hochwasser-Aktionsplan, das im Rahmen dieses Projektes ebenfalls erstellt wird, wer- den die Informationen zur Hochwassergefährdung zusammenfassend dargestellt. Die wichtigsten Fakten zum Schadenspotenzial für den Ist- sowie den Maßnahmenzustand werden in Form eines Hochwassersteckbriefes für die Warburger Ortsteile Welda und Wormeln zusammengefasst.

Der Bericht zum Hochwasser-Aktionsplan Diemel – Ergänzung Twiste wird der Öffentlichkeit auf den Internet- seiten des Staatlichen Amtes für Umwelt und Arbeitsschutz OWL präsentiert (www.stafua-owl.nrw.de). Ziel ist es, eine breite Öffentlichkeit auf die Gefahren, die vom Gewässer ausgehen, aufmerksam zu machen und sie insbesondere hinsichtlich zukünftiger Bautätigkeit in der Twisteaue und mit den damit verbundenen Gefahren zu sensibilisieren.