Sonntag, 24. Februar 2013 (20:05-21:00 Uhr) KW 8 Deutschlandfunk - Musik & Information

FREISTIL It’s – Die irre Geschichte einer amerikanischen Beatband in der deutschen Provinz Von Tom Noga Redaktion: Klaus Pilger Produktion: DLF 2013

M a n u s k r i p t

Urheberrechtlicher Hinweis

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

©

- ggf. unkorrigiertes Exemplar -

Regie Musik 1 („Blast Off “ von den Monks) startet. Darüber:

O-Ton 1 (unübersetzt) “Monk music is original protest music. Monk music is music to make love by. Monk Music is music to relax by.”

Regie Musik 1 mit dem Feedback bei 0:12 hoch ziehen. Soll bis ca 0:30 frei stehen. Darüber:

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“) Eines Nachts stieß Roger mich auf dem Weg von der Bühne zum Umkleideraum an. „Die beiden Typen da, die habe ich schon ein paar Mal hier gesehen.“ Ich guckte rüber. „Du meinst die beiden in den Geschäftsanzügen? Sind mir auch aufgefallen. Normale Fans sind das nicht.“ Am nächsten Abend luden uns die beiden Männer in einer Pause zwischen zwei Sets zu sich an den Tisch ein. Nachdem wir uns vorgestellt hatten, sagte der Kleinere der beiden, der mit dem blonden Raspelschnitt: „Ich bin Walther, und mein Kollege heißt Karl. Wir haben ganz Deutschland nach einer guten Beat-Band abgesucht. Ihr seid die besten. Wir möchten euch berühmt machen.“

O-Ton 2 Gary Burger „A Monk must always be a Monk that was one of the rules. And that means he must always have his hair cut, must always have his black clothing on, must always have your rope tie on when you’re in public. You are very stern, you don’t laugh a lot.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Ein Monk ist immer ein Monk, das war die Hauptregel. Das heißt, in der Öffentlichkeit musst du die Mönchstonsur tragen, die schwarzen Klamotten, die Kordel als Krawatte. Und du bist sehr ernst, du darfst nicht lachen.“

Regie Musik 1 bei 1:23 hoch ziehen „9 – 8 – 7 – 6 – 5 – 4 – 3 – 2 – 1 Blast off“

1

Runterblenden: Darüber:

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“) „Wir werden mit euch an eurem Image arbeiten“, sagte Walther. „Wir werden eure Kreativmanager sein. Wir besorgen euch einen Plattenvertrag. Ihr werdet auf Tour gehen und ins Fernsehen kommen.“ „Was macht euch so sicher?“, fragte Roger.

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy „Wir kennen die Zukunft“

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“) Antwortete Karl. Walther war freundlich, er das exakte Gegenteil.

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy „Ihr seid die Zukunft. Aber eure Show ... daran ist alles falsch. Und ihr müsst euren Namen ändern. Ihr werdet ‚Monks‘ heißen.“

Regie Musik 1 hoch ziehen. Outro steht frei bis Ende frei.

Ansage It’s Monk Time – Die irre Geschichte einer amerikanischen Beatband in der deutschen Provinz. Von Tom Noga.

O-Ton 3 Schorsch Kamerun “Das ist etwas Zeitloses, also das ist eine seltsame Mischung von Musik, die auf eine bestimmte Art immer funktionieren kann.“

Erzähler Schorsch Kamerun, Theaterregisseur, Hörspielautor und Sänger der Punk- Band Die Goldenen Zitronen.

O-Ton 4 Schorsch Kamerun “Da ist so eine Moderne drin, die unterschiedliche Verwandtschaften hat. Man kann das auch Techno nennen, oder Beatmusik, es hat aber vielleicht auch mit Bach zu tun, weil es so clusterhaft ist und so wenig tonale Sprünge macht und

2

in bestimmten Längen läuft. Man kann darauf reden, sprechen, sprech- singen…“

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy (aus dem Manifest der Monks) Monk-Musik wird gekennzeichnet sein durch fünf wesentliche Merkmale: Durch die Stereotype Durch die Elektronik Durch die Härte Durch die Lautstärke Durch die Jazz-Elemente.

O-Ton 5 Schorsch Kamerun “Monks deswegen wieder so interessant, weil sie eine Mischung waren, aus der Beat-Band, die sie ja waren, was ja vielleicht auch noch archaisch gedacht ist, über so eine Lautstärke das Publikum in Wallung zu bekommen. Und dann kommt der Konzeptkünstler und sagt: Lasst doch mal ein paar Töne weg oder spielt das ewig auf zwei Tönen usw. Das ist natürlich super interessant, wenn man das begreift. Und trotzdem funktionieren die Monks archaisch und physisch Und das ist natürlich irre.“

Erzählerin Dies ist die Geschichte von Gary Burger, Eddie Shaw, Larry Clark, Roger Johnston und Dave Day. Von fünf Amerikanern, die es Anfang der 1960er als Zeitsoldaten der US-Army nach Deutschland verschlug. Aus Langeweile, mangels beruflicher Alternativen, aus Abenteuerlust oder weil sie schlicht mal rauskommen wollten aus ihren Heimatorten in Minnesota, Texas und Nevada. Und dies ist die Geschichte ihrer Band, die sie auf dem Army-Stützpunkt in der hessischen Provinzstadt Gelnhausen gegründet hatten und mit der sie nach Ende ihres Militärdienstes durch Deutschland tourten. Anfangs nannten sie sich The Torquays. Eddie Shaw, der Sänger und Bassist der Band, erinnert sich.

O-Ton 6 Eddie Shaw „People like the Torquays because they were nice guys. They were friendly, they had long hair like they were supposed to have. And they did Elvis Presley songs and Jerry Lee Lewis. I remember all the 3 chords.”

3

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Die Leute mochten die Torquays, weil sie freundlich waren. Nette Typen mit langen Haaren, so wie es damals sein sollte. Sie spielten Songs von Elvis, Jerry Lee Lewis – diese ganzen 3-Akkord-Stücke.“

Erzählerin Die Torquays treten in Clubs auf, in Kneipen mit Veranstaltungssaal wie die Fischerstube in Gelnhausen, dem Odeon in Heidelberg, der Regina Bar in Heilbronn und der Hillbilly Bar in Kitzingen. Dort spielen sie zum Tanz auf – Discos gibt es Mitte der 60er noch nicht. Ein Knochenjob von 8 Uhr abends bis 3 Uhr nachts: 7 Sets à 50 Minuten mit Zigarettenpausen dazwischen. Sie spielen die Hits der Zeit, von den Beatles, den Stones, den Troggs. Und ab und zu einen eigenen Song. Bis sie eines Nachts im Mai 1965 im Rio Club in Stuttgart von zwei Werbern angesprochen werden, von Walther Niemann und Karl-Heinz Remy. Niemann ist Absolvent der Folkwangschule in Essen, dort hat er Kunst studiert. Remy studierte Grafikdesign an der Hochschule für Gestaltung in Ulm. Zusammen haben sie das Konzept für eine revolutionär neue Band entwickelt. Ein Konzept, mit dem sie die Popwelt aus den Angeln heben wollten.

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy (aus dem Manifest der Monks) Der Monks-Sound soll kalt und brutal sein. Erzielt wird dieser Sound durch die völlig neue Kombination in der Zusammensetzung der Instrumente. Drums mit Tomtoms und Kesselpauken, Banjo mit zwei eingebauten Mikrofonen, Bass und Gitarre im Fuzztone bilden zusammen die Rhythmusgruppe. Eine entsprechende Gewichtung zu Gunsten des Rhythmus ist die Folge. Dem gegenüber steht die Solo-Guitar. Sie hat die Aufgabe, die von der Rhythmusgruppe hervorgebrachte und vorherrschende Stereotype mittels elektronischer Effekte zu brechen, die jedoch jeweils aus dem musikalischen Grundthema hergeleitet werden. Der Orgel sind in diesem Zusammenhang spezielle Aufgaben zugedacht. Sie schafft zwischen zwei Nummern jeweils den Übergang – sie klingt dabei wie eine Kirchenorgel und steht im Kontrast zur Monk-Musik. Im Zusammenspiel mit der Gruppe verstärkt sie einerseits elektronische Effekte, andererseits stützt sie im entscheidenden Moment die Stereotype.

4

O-Ton 7 Gary Burger (unübersetzt) „It ended up being a cooperative, a creative venture between the German managers and this young American boys, now called .”

Erzählerin Gary Burger, Sänger und Gitarrist der Monks.

O-Ton 8 Gary Burger „Karl was very assertive and powerful: You must do it this way! No other way would work. You must do it this way”. Walther was softer. He was a gentler and quieter man. It was sort of a Jekyll and Hyde situation. The Monks liked both of them a lot.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Die Monks waren ein gemeinsames kreatives Unternehmen bestehend aus den beiden deutschen Manager und diesen amerikanischen Jungen. Karl war sehr bestimmt und meinungsstark: „Ihr müsst es so machen, anders geht’s nicht!“ Walther war sanfter, netter und ruhiger. Das war eine Jekyll-und-Hyde-Situation. Wir mochten beide sehr.“

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy (aus dem Manifest der Monks) Die Monk-Musik wird so arrangiert, dass eine klare Gewichtung zugunsten der völlig neuen Instrumentalbesetzung erfolgt. Erst beim Arrangieren der Monk- Musik in den Proben findet der kreative Prozess seinen Abschluss. Die Instrumente sollen so eingesetzt werden, dass sowohl durch die Lautstärke als auch durch das so genannte Feedback der gespielte Ton zwischen Gitarre und Lautsprecher zu kreisen beginnt und Schwingungen hervorruft, die den Zuhörer nicht nur akustisch im traditionellen Sinne erreichen, sondern ihn rein physisch angreifen.

Regie Szene. Findet im Probenraum statt

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“). Jeden Tag beim Proben spielten wir Karl und Walther, unseren neuen Bandmitgliedern, die paar wenigen Songs vor, die wir geschrieben hatten. Immer wieder von vorn.

5

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy “Jetzt macht das Geräusch!“

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“) „Wovon redest Du?“, fragte Gary.

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy “Dieses Huuuuuuuuh, das klingt, als würde ein Gebäude einstürzen.“

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“). „Was?“ Wir starrten uns gegenseitig an. Roger fing an mit einem Stick auf seine Tom Toms zu schlagen. Wir drehten uns zu ihm um, ohne zu verstehen, was er wollte. „Komm schon, Gary.“ „Was?“ „Feedback. Das will er hören.“ Gary drehte sich um und schwang seine Gitarre vor dem Verstärker hin und her. Karl bewegte die Arme wie ein Dirigent.

Regie Feedback-Geräusch

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy Ja! Ja! Mehr! Mehr!

Regie Musik 2 („Boys are boys“) startet am Ende unter OT

O-Ton 9 Eddie Shaw „Okay, here’s an example: Boys are boys and girls are choice, to me and you they’re more than toys. I wanna find someone lonelier or some stupid thing, I want to be the only and all that stuff. The thing is that these managers kept saying: This is a dumb song. Okay, so what we have to do now because the Monks are five individuals who have nothing in common, I come from a jazz background, Roger from a Texas Swing background, Larry comes from a house…playing piano at home. Gary hat not played any place, Dave had not played any place. So we had to decide: Let’s take the base, I cannot play jazz 6

lick, I had to play bomp, bomp, bomp – nothing but rhythm. Bomp. Bomp. Bomp, then 2 guitars, that’s too usual. And I guess Karl had the idea to add a banjo, to try something different, he liked the sound. So we did and it was great idea.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Ein Beispiel. „Boys are boys and girls are choice, to you and me they are more than toys.“ –Du bist einsam, ich will der einzige für dich sein – so ein Quatsch halt. Die Manager sagten: Das ist ein dämlicher Song. Okay, dann müssen wir uns etwas einfallen lassen. Das war schwer, weil wir alle aus unterschiedlichen musikalischen Ecken kamen, ich vom Jazz, Roger vom Texas Swing, Larry von der Hausmusik, er hatte nur Zuhause Klavier gespielt, Gary und Dave hatten außer mit den Torquays keine Band-Erfahrungen. Also haben wir gesagt: Wir nehmen das Gerüst des Songs. Ich spiele keine Jazztöne, sondern Rhythmus: bumm, bumm, bumm. Zwei Gitarren? Das ist zu gewöhnlich. Karl kam mit der Idee, ein Banjo einzubauen, weil er den schnarrenden Klang so liebte. Wir haben’s ausprobiert und fanden es toll.

Regie Musik 2 bei 0:07 mit dem Einsetzen von Schlagzeug und Banjo hoch ziehen. Steht frei bis Ende Refrain bei 0:40. Runterblenden. Darüber:

O-Ton 10 Eddie Shaw „It was like having a whole bunch of tin cans tied together, just banging it. I went bomp, bomp, bomp. And Dave went nchick, nchick, nchick. And then we found ourselves: “Boys are boys and girls are girl, to you and me they’re more than choice, boys are boys, girls are choice” – that’s it, that’s all you have to say.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Das klingt als hätte jemand ein paar Blechdosen zusammen gebunden. Ich spiele also bumm, bumm, bumm. Und Dave geht drüber: ntschick, ntschick, ntschick. So haben wir uns gefunden. Jungs sind Jungs und Mädchen wählt man aus, für dich und mich sind sie mehr als Spielzeuge – das ist es, mehr

7

muss man nicht sagen.“

Regie Musik 2 bei 1:00 mit Beginn der Strophe hoch ziehen. Läuft bis Ende durch. Dann Atmo 1 (Gary sucht) „What have we here?“ (kramt) „Photographs. What’s this down here? I have to take a look for a moment..... No, that’s another photograph, a publicity shot...“ Runter blenden

Erzählerin Gary Burger flucht. Irgendwo in dieser Kiste muss er doch zu finden sein, der Vertrag, den die Monks mit ihren Managern abgeschlossen haben. Stattdessen Fotos über Fotos, Artikel aus Fernseh- und Tageszeitungen und aus Jugendblättern wie der Bravo. „Monk fährt in alle Glieder“, ist einer überschrieben. Mit Popmusik hat die bürgerliche Presse in den 60er Jahren noch ihre Probleme.

Gary zieht eine andere Kiste aus dem Regal, den Nachlass des im Jahr 2008 verstorbenen Walther Niemann.

Regie Atmo 1 bei hochziehen „Walther was very good at keeping copies of publicity and…. Here are The Monks with Cream and Lovin’ Spoonful and The Who…” Runter und dann weg blenden

Erzählerin Turtle Creek, eine mikroskopisch kleine Gemeinde im US-Staat Minnesota. Gary Burger ist dort Bürgermeister. Keine große Sache, Geld gibt es für den Job nicht, außer Gary wollte ihn niemand machen. Garys Haar ist grau und millimeterkurz, rasiert hat er sich vermutlich vor zehn Tagen das letzte Mal. Er sitzt hinterm Mischpult in seinem Tonstudio. Hier produziert er weitgehend unbekannte Bands. Nichts, womit man berühmt wird oder mehr als Kleingeld verdient. „Mein Schicksal“, witzelt Gary, „das war schon mit den Monks nicht anders.“

8

O-Ton 11 Gary Burger „Monk Music is difficult to play because occasionally it has some odd measure in the music. Instead of playing 16 bars you might play 17 or 22 or 21 or some odd number. And it goes on and on and you have to think, now I’m at bar 8, now at bar 15, now at bar 19 and we change on bar 23. So you have to focus your attention to the song you are playing. I would guess six months, we had to make a living, so we were still playing in nightclubs and we practiced the Monks music during the day. It was learning the music during the day and practice as a band. And we’d work on the music and how a Monk should be. And it was difficult to be a Monk and play in a nightclub. And we would not play it until we were ready. It was a developing process, it took time.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Monk Music ist nicht leicht zu spielen, weil sie manchmal ein seltsames Taktmaß hat. Statt nach 16 Takten kam der Wechsel nach 17, 22 oder 23. Beim Spielen mussten wir also immer konzentriert sein. Sechs Monate haben wir daran gearbeitet, die Monks zu werden. Wir mussten von etwas leben, also haben wir nachts als Torquays in den Clubs gespielt und tagsüber die neuen Songs gelernt und geprobt. Aber das allein war’s nicht, wir mussten auch lernen, was ein Monk ist. Das war schwer, nachts als Torquays in den Clubs zu spielen und tagsüber ein Monk zu sein. Als Monks aufgetreten sind wir erst, als wie so weit waren. Das war eine Entwicklung, die Zeit gebraucht hat.“

Regie Szene im Probenraum

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“). Die Manager wurden unsere Äbte, sie formten unsere spirituelle Konversion von Novizen zu vollblütigen Monk-Rebellen. Immer wieder von vorn.

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy “Lasst uns zu der Frage zurückkommen, was einen Monk ausmacht.

9

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“). „Er hat kurze Haare“, antwortete Gary. „Nicht mit mir“, gab ich zurück, „meine bleiben lang. Außerdem: Wenn du die jungen Leute erreichen willst, musst du lange Haare haben.“

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy “Du redest wie ein Politiker, Du versuchst, dich um eine Entscheidung zu drücken.“

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“). Ich war perplex. „Was zum Teufel hat das mit dem Ausgangspunkt unserer Diskussion zu tun?“

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy “Sehr viel. Du glaubst doch nicht im Erst, dass alle lange Haare haben müssen, nur weil einer damit Erfolg hat? Sind wir Anführer oder Nachmacher?

O-Ton 12 Gary Burger „They had wonderful ideas. You have to understand that the Monks were the creation of Niemann, Remy etc., but the Monks also had a mind of their own. And I enjoyed so much Walthers comment when I asked if the Monks sounded like their concept was. And he said: “No, no, no, it was terrible. You didn’t do what we told you.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Sie hatten tolle Ideen. Aber du musst sehen, dass die Monks zwar ihre Schöpfung waren, aber eben auch aus fünf Musikern mit eigenen Vorstellungen bestanden. Viele Jahre später habe ich Walther Niemann mal gefragt, ob wir damals zu Anfang so geklungen haben, wie sie es wollten. Und er sagt: „Kein bisschen, Ihr wart schrecklich. Ihr habt einfach nicht getan, was wir euch gesagt haben.“

Regie Szene im Probenraum

10

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“). „Kurze Haare sind nicht sexy“ entfuhr es mir, „egal, was ihr sagt. Sie sind einfach nicht sexy.“

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy “Wieso nicht? Wollen wir aussehen wie alle anderen?“

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“). Ich schüttelte den Kopf „Wir haben ausgesehen wie alle anderen BEVOR wir uns die Haare haben wachsen lassen.“

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy “Du verarscht dich selbst.“

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“). Ich sah Karl an. „Weiß Du, den Namen find ich gut, aber das Image gefällt mir nicht. Sollen wir auch noch Sandalen tragen und eine Kordel um die Hüften?“ „Wieso nicht schwarze Schuhe und die Kordel um den Hals“, warf Gary ein.

O-Ton 13 Gary Burger „Ha, the tonsures. We were in Frankfurt and we had been there before at a tailor who mad us all black suits, black shirts, black capes, rope tie. Now it was time for our Monk haircut. We all wore suits to this barber and Roger went first. And we stood around watching Roger and they cut it very, very short.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Und dann die Tonsuren. Wir waren in Frankfurt, dort hatten wir uns von einem Schneider schwarze Anzüge, schwarze Hemden und schwarze Capes machen lassen. Nur waren die Frisuren dran. Wir gingen in voller Montur zu einem Friseur. Roger kam als erster dran, und sie schnitten ihm die Haare sehr, sehr kurz.“

11

O-Ton 14 Eddie Shaw „I guess it was who Roger, said: “Well, that doesn’t look like anything. If we want to be monk, why not put a little hole out there?” So Karl and they said: “Ok, put a little one in the back then.” So they put a little one in the back and then it went on. And everybody was standing there: Oh my god that looks terrible, it’s ugly.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Als er seine Kurzhaarfrisur sah, sagte Roger: „Das sieht nach nichts aus. Wenn wir Mönche sein wollen, warum machen wir oben nicht ein kleines Loch rein?“ „Gute Idee“, meinte Karl und gab dem Friseur Anweisung. Der rasierte ein kleines Loch und machte es dann immer größer. Wir standen um Roger herum und waren baff: „Das sieht schrecklich aus, wie hässlich!“

O-Ton 15 Gary Burger „Well, the managers had talked to Roger privately before we went to the barber shop. “This is what we want you to do. You are going first to the barber chair, get this haircut.” Roger thought it was very funny and he did it and the rest of us was watching him with open mouths and astonishment. I think Dave went next and said: “Do mine that way too.” Then the rest of us – we had to. So, we walked out of this barber shop, in our black suits, black shoes, black shirts, black cape, rope ties, with our new haircuts. And we walked down the street in a group, closely together, and many people on the street just parted to let us through. It was a funny experience and very much an eye-opener for us. It let us know how unique our look was.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Wir wussten damals nicht, dass unsere Manager eine geheime Absprache mit Roger hatten. Sie hatten ihm gesagt, um was für eine Frisur es ging, er sollte als erster dran kommen. Roger fand das lustig und willigte ein. Wir konnten nicht fassen, was wir sahen. Dann wandte sich Dave an den Friseur: „Machen Sei mir den gleichen Haarschnitt.“ Dem Rest von uns blieb nichts anderes übrig – wir mussten das auch machen. Später gingen wir durch Frankfurt, Anzüge, Hemden, Capes, Schuhe ganz in schwarz, dazu einen Kordel als Krawatte um dem Hals, und natürlich die neuen

12

Haarschnitte. Wir gingen eng beieinander, und viele Leute auf der Straße ließen uns den Vortritt oder machten uns den Weg frei. Das war einerseits lustig, andererseits öffnete es uns die Augen. Wir verstanden plötzlich, wie einzigartig unser Aussehen war.“

O-Ton 16 Eddie Shaw „People stare at you. And they like you. Women like you unless you do something improper for a priest, like cursing. Kids do not give you eye-contact, they walk up and they say: “Would you give me an autograph?” And they won’t look at you. And you have this feeling of power, and it’s a very odd thing and it’s very intimidating, you don’t know what to do.” You feel uncomfortable but then you get used to it and you walk the streets…, in Hamburg, the most dangerous part of the city at 4 in the morning you don’t worry, there’s nobody going to bother you. You have this authority, this image. And this was what Karl was right on: “You have the authority.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Die Leute starren dich an, auch Frauen. Und sie mögen dich, es sei denn du machst etwas, was sich für einen Priester nicht gehört, Fluchen zum Beispiel. Die Jugendlichen in den Klubs schauen dir nicht in die Augen, wenn sie nach einem Autogramm fragen. Du fühlst, dass du Macht hast. Das ist eine seltsame Sache, irgendwie einschüchternd, du weist nicht, wie du damit umgehen sollst und du fühlst dich unwohl. Aber nach einer Weile gewöhnst Du dich daran. Um 4 Uhr früh in Hamburg, in der dunkelsten Ecke, hatten wir kein bisschen Angst. Uns würde sowieso niemand etwas tun. Durch das Image hast du Autorität. Und damit hatte Karl recht, als er immer wieder sagte: „Ihr habt Autorität!“

Regie Musik 3 (“Monk Chant“) startet. mit angeschnittener Ansage von Uschi Nerke. Steht bis ca 0:30 frei. Dann darüber:

O-Ton 17 Jochen Irmler “Absolut lässiger Umgang mit der Instrumentation, mit den Hauptinstrumenten. Alle Instrumente sind gleichwertig. Ich erinnere mich an ein Stück, wo sie die Gitarre auf den Boden gelegt haben und im Grunde zu dritt Gitarre gespielt haben. Ist doch absoluter Irrsinn – für damals.“ 13

Erzählerin Jochen Irmler, Musikproduzent und Keyboarder der Krautrockband Faust.

Regie Musik 3 bei 0:50 hoch ziehen. Steht bis 1:30 frei. Dann darüber:

O-Ton 18 Jochen Irmler “Wie sie Musik gemacht haben und was sie gemacht haben, auch die Umsetzung, das fand ich extrem faszinierend. Die Schrille, weißt Du, das Banjo. Und dann Gary mit seiner gepressten Stimme, das fand ich unglaublich. Ganz im Vordergrund dann der Bass und keine Becken. Das war es halt, was mich vom ersten Ton fasziniert hat.“

Regie Blende zu Musik 4 („I hate you“). Über Intro.

O-Ton 19 Jochen Irmler „Das war ja damals der Beginn von dieser schönen, hippie-esken Musik, wo sich alle, alle geliebt haben. Und sie haben ein Lied gemacht: „I hate you.“

O-Ton 20 Gary Burger „Repetition was a big item, you know. If you listen to “I hate you”. Just the rhythm for about a minute you are getting anxious. And that was the thing. You wanted to repeat a rhythm until the audience gets nervous. And when they get nervous you keep playing this rhythm and you make them even more… they feel angst. Will this song ever go? Well, they don’t know that it is going.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Wiederholung war ein großes Thema. Hör dir „I hate you“ an. Fast eine Minute nur Rhythmus – wenn man das hört, wird man unruhig. Genau darum ging’s: den Rhythmus wiederholen, bis das Publikum nervös wird. Und wenn die Leute nervös sind, dann den Rhythmus weiter halten. Bis sich ein Gefühl von Panik einstellt: Wann fängt dieser Song endlich an? Nun, das ist dieser Song.“

O-Ton 21 Jochen Irmler „Ich habe das immer Urwaldmusik genannt, dieser Tribal Beat. Dieses Schlagzeug war nur knallharter Trommelbeat: Dugu-gugaga, dugu-gugaga, dugu-gugaga. Und das war nicht schön in dem Sinne, wie man damals gespielt

14

hat.“

Regie Musik 4 bei 0:40 mit der Kirchenorgel hoch ziehen. Steht bis 2:25 frei. Dann runter ziehen. Darüber:

O-Ton 22 Jochen Irmler „Dieses Monotone, dieses Minimalisierte, das kann man bei Can, bei Guru Guru und Amon Düül ... Also, was da angefangen hat Ende der 60er Jahre, da finde ich, ist da zu hören. Wenn ich jetzt Jaki anspräche und fragen würde: Kennst Du die, was hat das mit dir gemacht? Das weiß ich nicht, was dabei herauskäme. Aber sie waren ja trotzdem kurz präsent, eine Zeit lang. Und … alle Musiker haben ja irgendetwas gehört, die haben ja mittlerweile auch Faust gehört ...“

Regie Musik 4 reißt ab. Atmosphäre Hotel-Lobby startet

O-Ton 23 Eddie Shaw „The German approach to art the way I see it is less nonsense, it’s not the old polka days and the happy beer drinking songs and stuff. I think there is a little bit less of the commercial watering down that we have often here because of the corporate record companies. We were out of this commercial area all of a sudden, in a sense we were set free.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Der deutsche Ansatz in der Kunst ist ernsthafter. Die guten alten Polka-Tage mit den fröhlichen Liedern übers Biertrinken waren damals längst vorbei. Und es gab weniger kommerzielle Zwänge als hier in den USA, wo die Plattenfirmen schon damals großen Konzernen gehörten. Wir als Band waren plötzlich aus diesem kommerziellen Umfeld gerissen, in gewisser Weise waren wir frei.“

Erzählerin Eddie Shaw lehnt sich in der Lobby eines 5-Sterne-Hotels auf New Yorks Avenue Of The Americas zurück. Er ist klein, rundlich, glatzköpfig, ganz in schwarz gekleidet mit weißer Krawatte. Ein Monk auch über 45 Jahren nach dem Ende der Band. Eddie Shaw ist nach New York gekommen, um seine neues Buch zu

15

promoten, eine Sammlung von Short Storys. Auch die Geschichte der Monks hat er niedergeschrieben. Das Buch heißt praktischerweise wie die einzige LP der Band: „Black Monk Time“

O-Ton 24 Eddie Shaw „When you leave your own country and you go into another culture you are leaving all the taboos behind you and you are adopting to a new culture. Of course there was the German humpa-humpa in the background but there was all of this other stuff. There was Hamburg, the Reeperbahn, there was stuff that I had never before seen in my life. There was painting, minimalism, social realism, all kinds of stuff. Fact is that I first time read the books that were banned in the States like “Tropic of cancer” and all those. I never read any of those in the States, you couldn’t buy them here. There isn’t some religious person hitting you over the head because a thought came to your mind and you said it. That to me was a sense of freedom. And it was very, very difficult to come back. I went back to my hometown Carson City, I did not belong”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Wenn Du dein Land verlässt und eine neue Kultur kennen lernst, lässt du die ganzen Tabus hinter dir. Natürlich gab es die deutsche Humpta-Humpta- Musik, aber sie war nur das Hintergrundgeräusch. Es gab auch Hamburg und die Reeperbahn und jede Menge Dinge, von denen ich nie zuvor gehört hatte. In der bildenden Kunst zum Beispiel, den Minimalismus und den sozialen Realismus. Und die ganzen Bücher, die in den Staaten auf dem Index standen, Hemingways „Wendekreis des Krebses“ und viele andere mehr. Und es gab keine religiösen Sittenwächter, die dir eins auf die Rübe geben, weil du einen Gedanken hast und ihn aussprichst. Das war echte Freiheit für mich. Später ist es mir sehr, sehr schwer gefallen, wieder in die Staaten Fuß zu fassen. Ich bin zurück in meine Heimatstadt Carson City gegangen und habe festgestellt: Hier gehöre ich nicht mehr hin.“

Erzähler Viele Jahre ist Eddie Shaw nach dem Ende der Monks in den USA herumgezogen, zeitweise hat er mit Gary Burger in Minneapolis Straßenmusik gemacht und nebenbei als Radio-DJs versucht. Aber es war lange nicht das Richtige.

16

Erst das Schreiben hat ihm eine neue Perspektive eröffnet. Heute lebt er in Reno, Nevada. Doch im Jahr 1965 ist das noch Zukunftsmusik.

Regie Szene in Bar (Atmo 1)

O-Ton 25 Gary Burger „The first time that we played Monk music was probably in the Odeonkeller in Heidelberg. The Odeon Keller audience was fanatical fans of the Torquays. The Monks came in and it was just a place for us to try our music. We had our haircuts, we had our clothing, we had everything. And they looked at us: Who is this band that used to be the Torquays?”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Den ersten Auftritt als Monks hatte wir im Odeonkeller in Heidelberg. Das Publikum dort bestand aus fanatischen Fans der Torquays. Wir kamen also auf die Bühne, dies war der Ort, wo wir unsere neue Musik ausprobieren wollten, mit dem Haarschnitt, den Klamotten. Und die Leute glotzten uns an: Was ist denn aus den Torquays geworden?“

Erzählerin Der Odeonkeller ist ein kleiner Club mit tiefer Decke und winziger Bühne, die gerade mal eine Stufe hoch ist. Das Publikum besteht aus GIs und deutschen Rockfans aus Heidelberg und den umliegenden Orten.

Sprecher 2 Eddie Shaw (aus dem Buch „Black Monk Time“). Zu unserem ersten Auftritt als Monks waren auch unsere beiden Manager mit ihrem Team gekommen. Sie saßen voller Erwartung an einem Tisch neben der Bühne. Ich warf ich einen Blick auf Leute die ich kannte. Sie waren Freunde der Torquays. Nun schienen sie Fremde zu sein. Sie unterhielten sich miteinander und sahen dann zu uns rüber. Ich bemerkte eine gewisse Feindseeligkeit in ihren Blicken. Einige glotzten uns an als seien wir von einem anderen Stern, andere grinsten süffisant. „Sie sind nicht bereit für uns“, sagte Roger. Ihm ging jetzt erst auf, dass es ernst wurde, dass wir nun die Botschaft rüberbringen mussten. Wie auf

17

Kommando legten wir unsere Instrumente nieder, stapften von der Bühne und wandten uns an unsere Manager, in einer letzten Konferenz. „Ich mag das nicht“, sagte Dave. Karl wurde ärgerlich.

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy Ihr müsste euch von euren alten Freunden verabschieden. Denkt daran, was ich euch immer gesagt habe: Ihr müsst gehasst werden, erst dann können euch die Leute richtig lieben.

Regie Musik 5 (“Oh how to do now “), Steht ca. 0:35min frei. Dann runter blenden. Darüber:

O-Ton 26 Gary Burger „ And we played our music and it’s silence in there, nobody dancing, nobody cheering. Everybody looking at us: Where is my band, the Torquays? Now we have this… This was the Torquay, why don’t you play just this music?”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Wir fingen an zu spielen – und es herrscht Stille, niemand tanzte, niemand klatschte. Die Leute glotzten nur: Wo sind meine Torquays? Jetzt haben wir diese... Ihr wart doch die Torquays, warum spielt ihr nicht die alte Musik?“

Regie Musik 5 wieder hoch ziehen. Läuft bis Ende. Evlt. OT 24 darüber.

O-Ton 27 Jojo Wolter “Was ist das Geheimnis der Monks-Musik? Was macht sie so einzigartig in ihrem Zeitgeist auch und auch in ihrem Kontext auch mit Beatles, Stones und was weiß ich. Ich würde sagen, es ist das Banjo, das sechssaitige Banjo. Das ist außergewöhnlich, weil: kein Banjospieler würde ein sechssaitiges Banjo spielen. Das ist eigentlich das erweiterte Schlagzeug, was der da macht, das ist die Snare Drum, die aber Akkorde spielt.“

O-Ton 28 Harry Rag “Sie haben ja dann auch optisch immer in einer Reihe gestanden am 18

Bühnenrand, auch die gleichen Klamotten an gehabt, und dann diese schrägen Haarschnitte. Die ganze Band hat an einem Strang gezogen. Damals haben die Beatles ja auch alle die gleichen Klamotten angehabt, das war schon so ein Zeichen der Zeit. Aber die Monks haben das schon ein bisschen überspitzt, das war schon eine Ecke schärfer. Als Punk war man auf der Suche nach verlorenen gegangenen Schätzen, und die Monks-Platte war ein absolutes Fundstück. Es gibt eigentlich kaum eine bessere Platte aus der Vergangenheit, wo der Punk so sehr sagen konnte. Das ist es, die klingt wie von heute“

Erzählerin Jojo Wolter, Bassist, und Harry Rag, Sänger der Punk-Elektronik-Band S.Y.P.H.

O-Ton 29 Jojo Wolter “Das ist das Geheimnis der Monks, und das ist auch das absolut irre daran, was sie da fabriziert haben. Und die absolute Gleichwertigkeit von Lautstärken. Also Alle Instrumente sind gleich laut, der Gesang ist nicht lauter als die Musik – ich weiß nicht, wie die das damals hingekriegt haben. Und man hört alles wunderbar. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Musik schon speziell gemacht ist. Es folgt den eigenen Gesetzen. Die machen Harmoniewechsel an irgendeiner Stelle, wo Du als normaler Musiker niemals drauf kommen würdest. Aber die haben es halt so gemacht.“

Regie Atmo 3 (bei Larry) startet. Steht bis 0:15 frei.

Erzählerin Nein, wie Monk Music hört es sich nicht an, was Larry Clarke auf seiner Orgel spielt, eher nach Home Entertainment. Larry, mit bürgerlichem Nachnamen Spangler, ist einer der drei noch lebenden Monks. Schlagzeuger Roger Johnston ist bereits im Jahr 2004 gestorbenen, Banjo- Spieler Dave Day vier Jahre später. Mit dem Leben nach den Monks kamen beiden nicht klar, beide hatten lange Zeit mit Alkohol- und Drogenproblemen zu kämpfen.

O-Ton 30 Larry Clark „…my own perspective, I just enjoyed the time we had whole we did it. I never really anticipated doing this for a lifetime. But it was a good experience. And

19

when it broke up it was a little of a disappointment, but not that much, because I was just ready to move on.”

Sprecher 4 Voice Over Larry Clark „Ich habe meine eigene Sicht auf die Dinge, ich habe die Zeiten mit den Monks genossen, aber mir war immer klar, dass ich dies nicht mein Leben lang machen würde. Es war eine gute Erfahrung. Und als es zu Ende ging, war ich ein bisschen enttäuscht. Aber nicht sehr, ich war ohnehin so weit, etwas Neues zu machen.“

Erzählerin Von allen Monks hat sich Larry Spangler am weitesten von dem entfernt, wofür die Band stand. Schon damals wirkte er wie ein Streber: Brille mit schwarzem Horngestell, den Vollbart penibel gestutzt. Auch heute sitzt seine Frisur wie einbetoniert, nur der Bart ist ab. Und auch das Streberhafte und die Schüchternheit hat Larry nicht verloren. Nach dem Ende der Monks arbeitete er bis zu seiner Pensionierung als Buchhalter für eine Computerfirma in Nashville, Tennesssee. Nun lebt er in den Wäldern außerhalb der Country-Metropole. Allein. Auf einer Farm mit eigenem See.

Regie Atmo 3 (bei Larry) startet. Darüber

Erzählerin Larry Spangler zieht eine Platte aus dem Regal und legt sie auf. „Black Monk Time“. Sein Lieblingslied ist Song Nummer 5, „I hate you“. Er dreht den Verstärker bis zum Anschlag auf – der Bass klingt verzerrt. Schade, entschuldigt sich Larry, leider hört sich das Instrument auf seiner Anlage nicht an, wie es klingen sollte. Dann geht er breitbeinig in Position, spreizt die Finger und legt eine erstklassige Luft-Orgel hin. Aus dem Buchhalter Larry Spangler ist der Monk Larry Clark geworden.

Regie Atmo 3 mit Kirchenorgel bei 1:55 kurz hoch ziehen

O-Ton 31 Larry Clark „It’s based on… I don’t think it’s based on anything else. It was unique at the time. I can’t think of any other band that played like that, like what we were

20

doing. I didn’t know all the other bands but I just felt it was our own style that we were doing.”

Sprecher 4 Voice Over Larry Clark „Unsere Musik basiert auf... ach, ich weiß nicht, ob sie überhaupt auf etwas basiert. Sie war einzigartig damals. Ich wüsste keine andere Band, die etwas Ähnliches gemacht hat. Natürlich kenne ich nicht alle Bands, aber ich glaube, wir hatten einen ganz eigenen Stil.“

O-Ton 32 Eddie Shaw „When you are at a place and everyone likes you but they are all having a good time and kissing and drinking and dancing, you are a failure because they don’t pay attention to you. If you re on stage they have to pay attention to you, you have to make them do that. If they are paying attention but hate you and are all leaving you are also a failure. But if you find out how you can get them starting to doing something and they go... their mouths are moving, they are looking at each other, you know that you are getting a reaction and that’s important. And that’s the major formative factor in the Monks. You don’t want to go too far to make the walk out but you want to go as far as to them getting ready to walk out. And then they stop and then they… you see the expression on their face, they like that. You got them.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Wenn Du in einem Club auftrittst und alle mögen dich, aber die Leute amüsieren sich, sie trinken, küssen, tanzen – dann hast du versagt, weil sei dir keine Aufmerksamkeit schenken. Auch wenn sie dir Aufmerksamkeit schenken, dich aber hassen und raus gehen. Du musst sie dazu bringen, gehen zu wollen, sie stehen auf, machen sich auf den Weg, aber etwas hält sie zurück. Ihre Münder bewegen sich, sie gucken sich an. Jetzt hast du eine Reaktion. Und solche Reaktionen zu erzielen, das war das vorrangige Ziel der Monks. Du darfst es nicht zu weit treiben, sonst gehen sie weg. Aber sie müssen diesen Fluchtimpuls spüren. Und dann bleiben. Du siehst den Ausdruck auf ihren Gesichter, jetzt mögen sie dich, jetzt hast du sie.“

21

Erzählerin Im Mai 1967 erscheint „Black Monk Time“, die einzige LP der Band. Schon das Cover widerspricht allem, was in der Popmusik der 60er Jahre gang und gäbe ist. Statt die Bandmitglieder abzubilden, ist es ganz in schwarz gehalten, darauf in weißer Schrift der Titel und der Name der Band – ohne das obligatorische The davor.

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy Sunlight grids quiver into the system. Read on! It’s monk time - it’s hop time. Don’t read this! We said: Don’t read this! Let sapphires glide into the grooves. What is beat? What is beat today? And what is over-beat? And who the hell is going to melting the hot and cold world of tomorrow?

Sprecher 3 hören sie roger schlagen, gary zerren, dave hauen. und eddie träumt den bass der hölle. und larry fingert in den tasten von übermorgen. die monks glauben an nichts. die monks halten alles für möglich. die monks geben alles. die monks fordern alles. worte sind skizzierte lügen. darum machen die monks ihre worte selbst – tagelang, mondscheinlang. bis ein wort das andere ergibt. hören sie nicht hin. zählen sie von 9 bis blast off. und schwimmen sie in den urwald der großstadt. schwarze scheiben spiegeln bunt schimmernde illusionen. dieser schwarze kreis aber zittert im system unserer lieben welt – ach du meine güte – das experiment hat doch gerade erst begonnen. wahrheit ist süchtig. lüge ist die kunst, dem, anderen zu gefallen. die monks aber lieben...

Erzählerin Die Rückseite ist in 16 gleich große Quadrate unterteilt. Darin in Deutsch und Englisch ein kryptischer Text:

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy sonnenraster zittern im system. lesen Sie weiter! it’s monk time - it’s hop time. nicht lesen! lesen sie doch nicht! lassen sie saphire in die rillen gleiten. was ist beat? was ist beat heute? und was ist über-beat? und wer schmilzt die verdammt heiß-kalte welt von morgen?

22

Sprecher 3 Karl-Heinz Remy

Listen as Roger beats, Gary plucks and Dave pummels. And Eddie’s dreams hell’s bass part. And Larry fingers the keys of the day after tomorrow. The monks believe in nothing. The monks believe that everything is possible. The monks give everything. The monks demand everything. Words are the outline of lies. Why do the monks produce their own words – for days on end, as the moon shines – until one word leads to another. Don’t listen. Count from nine until blast off, then swim into the city’s primeval forest. Black discs mirror colorful, shimmering illusions. This black circle however quivers within the circle of our dear world – goodness, gracious – the experiment after all is only beginning. Truth is habit-forming. Lying is the art of pleasing the other. The Monks, for their part, love…

Erzählerin Alles an „Black Monk Time“ signalisiert den Bruch mit dem Tradierten, mit der Vergangenheit. Alles signalisiert einen Neuanfang. Zur Veröffentlichung der LP spielen die Monks im legendären „Top Ten Club“ in Hamburg. Dort hat auch die Karriere der Beatles begonnen. Am Tag vor dem ersten Auftritt findet eine Pressekonferenz statt.

Regie PK soll als Szene entstehen, Blitzlichtgewitter, Rumoren im Saal etc. Fragen und Antworten inszenieren als Ping-Pong-Spiel.

Sprecherin 5 Reporterin Haben Sie einen Manager?

Sprecher 1 Gary Burger Ja

Sprecherin 5 Reporterin Wen?

Sprecher 2 Eddie Shaw Unsere Manager haben uns gebeten, sie zu vergessen. Karl und Walter standen lächelnd im Hintergrund. Sie hatten uns gebeten,

23

ihre Namen nicht zu erwähnen. Wir wussten nicht warum, haben auch nie gefragt.

Sprecherin 5 Reporterin Es heißt, die Monks glauben an nichts. Warum nicht?

Sprecher 4 Larry Clark Was bringt es, zu glauben?

Sprecherin 5 Laut Pressemappe sind Sie die Anti-Beatles. Was halten Sie von den Beatles und den Rolling Stones?

Sprecher 2 Eddie Shaw Man sagt, sie seien erfolgreich.

Sprecherin 5 Was halten Sie von so genannten neuen soften Welle in der Beat-Musik?

Sprecher 1 Gary Burger Darüber muss ich lachen, bis mir das Zwerchfell platzt.

Sprecher 2 Eddie Shaw Am nächsten Tag schrieb die „Hamburger Rundschau“: „Sie bekämpfen den Großmutter-Stil der Beatles. Die Monks beginnen ihre Karriere in Hamburg, wie die Beatles. Die Liverpooler sind laut, die Monks aber sind lauter. Sie haben eine neue Musik und eine neue Philosophie. Experten sagen voraus, dass Songs wie „Complication“ oder „Shut up“ internationale Hits werden.

Regie Musik 6 („Complication“ von den Monks“) startet. Steht bis zum Break bei 1:15 frei

O-Ton 33 Eddie Shaw „People die for you, people kill, people will. This song was is probably more appropriate today then it was even back then because now poor people go to

24

war and fight and kill for you and you applaud them. And when they come home, they are jobless, they can’t get a job. But they put their lives on the line for you and you didn’t do nothing. People cry, people die for you, people will, people kill for you. Isn’t that good, isn’t that good for you. Complications, complications. Constipation – we are still constipated. We are still verstopft mit diesem Quatsch.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw “People die for you, people kill, people will“. Dieser Song trifft die heutige Zeit viel besser als die damalige, weil es heute ja nur noch die Armen sind, die in den Krieg ziehen, für dich kämpfen und töten. Du zollst ihnen Beifall, aber wenn sie zurückkommen, finden sie keinen Job. Dabei haben sie ihr Leben für dich riskiert, während du nichts gemacht hast. „People cry, people die for you, people will, people kill for you. Isn’t that good? Ist das nicht toll für dich? Verwicklungen, Verwicklungen, Verstopfungen.“

Regie Musik 6 wieder hoch ziehen. Läuft bis Ende

Erzählerin „Complication“ ist ein politischer Rocksong. Das ist eher ungewöhnlich für diese Zeit. Sich einmischen, Befremden äußern, zu Veränderungen aufrufen – das ist Mitte der 60er Jahre den Folkmusikern vorbehalten, Sängern wie Bob Dylan in den USA und Franz-Josef Degenhardt in Deutschland.

O-Ton 34 Eddie Shaw „To play on stage, and I’ve got some photographs where we are playing in Hamburg and the audience in front of us is all like this… We are up here and they are like this, like they are all praying. Not knowing what to do because the image is so…. I think it is less harder to shock people now then it was back then, because back then the stereotypes of the decent behavior were more ingrained. To look up and see people with tonsures, the sub-conscious thought is there, right: Okay he’s monk, he’s wearing black, he’s off the earth, he has heavy philosophical messages and we must be obedient. They see an authority. Image!”

25

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Ich habe Fotos von unseren Auftritten in Hamburg, und die Leute vor der Bühne... sie haben die Hände gefaltet, sie scheinen zu beten. Wir sind auf der Bühne und sie beten! Sie wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen, weil unser Image so stark ist. Heute ist es viel schwerer, die Menschen zu schocken. Aber damals... die ganzen Verhaltensregeln waren viel tiefer in ihnen verwurzelt. Sie blicken auf, sehen 5 Typen mit Tonsuren und ihr Unterbewusstsein sagt ihnen: Das sind Mönche, sie tragen schwarze Klamotten, sie leben in einer geistigen Welt, sie bringen schwere philosophische Botschaften rüber. Sie haben etwas zu sagen. Die Leute sehen uns als Autoritäten. So stark ist das Image.“

Erzählerin In Hamburg feiern die Monks Erfolge, das Publikum verehrt sie. Die Beatwelle, die auf der Großen Freiheit begann und die gerade über die deutsche Provinz schwappt, ist hier im Jahr 1967 längst ausgelaufen. Hier klingen die Monks wie das Versprechen einer neuen Musik. Aber manchem missfällt genau das. Tony Sheridan zum Beispiel, dem Altrocker, als dessen Begleitband die Beatles angefangen hatten.

O-Ton 35 Gary Burger „Tony was in the Top Ten Club every now and then and he wasn’t very happy with the Monks as far as he didn’t think we were playing good music and he didn’t hesitate to say so.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Tony war ab und an im Top Ten Club. Er mochte uns nicht, er fand unsere Musik nicht gut und sagte das auch.“

Regie Musik 7 („Shut up“ von den Monks) startet. Intro steht frei, runter ziehen, sobald die Orgel einsetzt. Darüber:

O-Ton 36 Eddie Shaw „He was standing in front of Dave. And this was hard for Dave. Being a Monk was hard for Dave, because Dave wanted people to love him, he wanted to be loved. His whole goal in life was to be loved. He would do whatever it took to

26

get you to love him.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Er hat sich vor Dave aufgebaut, das war hart für Dave. Für ihn war es schon hart, ein Monk zu sein. Dave wollte, dass die Menschen ihn mochten, das war sein einziges Ziel im Leben. Und er hat alles dafür getan, dass er gemocht wurde.“

Regie Musik 7 bei 0:40 hoch ziehen. Strophe und Refrains stehen bis 1:15 frei. Darüber:

O-Ton 37 Eddie Shaw „For him show was everything and he was gong like this and his arm went up and he kept banging it and banging it and banging it. And Tony Sheridan stood in front of him and kind of cursed: “You fucking Yanks suck! You sucks! The Brits, we own Rock ‘n’ Roll, you are nothing, you are fucking nothing! You fucking ape, look how you are playing this stupid thing!” And Dave would be doing it and be crying at the same time and Tony Sheridan would be right in front of him yelling up at him and Tony Sheridan would be drunk, sort of staggering all overt the place. But this are true reactions, you are getting reactions from people.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Für Dave war Show alles. Sein Arm ging hoch, wenn er spielte, er holte ganz weit aus und schlug auf ein Banjo ein, immer wieder. Tony Sheridan baute sich also vor ihm auf und fing an zu fluchen: „Ihr verdammten Amis, ihr seid Scheiße! Ihr seid so Scheiße! Uns Engländern gehört der Rock `n` Roll! Ihr seid nichts, absolut nichts! Guck dich doch an, du Affe, wie du diesen Scheiß spielst!“ Dave spielte weiter und weinte zugleich. Und Tony Sheridan hörte nicht auf, er war betrunken, er taumelte hin und her. Aber das sind echte Reaktionen, die Leute haben auf uns reagiert.“ Regie Musik 7 bei 2:10 hoch ziehen. Läuft bis Ende.

O-Ton 38 Eddie Shaw „Karls and Walthers idea was, and I thought it was pretty good but it wore out, 27

to be like a politician and go from one small town to another. Karl was: You must know everybody and everybody must know you. Du bist ein Monk!”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Karls und Walthers Vorstellung war es, dass wir wie Politiker über die Dörfer ziehen. Karl hat immer gesagt: Du musst die Menschen kennen und die Menschen müssen dich kennen.“

O-Ton 39 Gary Burger „One thing changed after our record was released then we quit playing nightclubs 30 days for a month at a time and we started playing one-nighters. So we played in a little town, maybe we played an hour, maybe we played 2 hours. Each day it was pack up and travel. In some parts of Germany the audience was quite good. And there would be 3 or 4 very hardcore Monks fans there who dress in black an had their heads shaved. But for the most part the audiences had a lot of trouble listening to the Monks music and dancing to it. And it was hard for us because we wanted them to like our music.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Nachdem die Platte raus war, haben wir aufgehört, in Nachtclubs aufzutreten. Statt 30 Tage am selben Ort spielten wir nur noch einen Abend, manchmal eine Stunde, manchmal zwei. Jeden Tag mussten wir also alles einpacken und weiterfahren. In manchen Orten war das Publikum ganz gut, manchmal waren sogar ein paar echte Fans der Monks darunter, ganz in schwarz mit Tonsur. Aber die meisten Zuschauer kamen nicht mit der Monks-Musik klar, sie wussten auch nicht, wie man dazu tanzt. Das war hart für uns, denn wir wollten natürlich, dass den Leute unsere Musik gefällt.“

Erzählerin Die Monks treten in Kassel auf, in Fulda und Darmstadt, in Siegen und Heilbronn. In Clubs mit fantasievollen Namen wie dem „Moulin Rouge“, der „Sputnik Bar“, der „Kaiserpfalz“, der „Rumba Bar“.

O-Ton 40 Eddie Shaw „Going down south, more into the catholic area of Germany people hated us 28

down there. We weren’t only the anti-Beatles we were the anti-Christ. In one case a guy attacked the stage and I hit him over the head with the end of my bass.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Je weiter wir in den katholischen Süden Deutschlands kamen, umso mehr haben uns die Leute gehasst. Dort waren wir nicht nur die Anti-Beatles sondern der Antichrist. Einmal hat mich ein Typ auf der Bühne angegriffen, ich musste ihm meinen Bass über den Schädel ziehen.“

O-Ton 41 Gary Burger „And we hear all that: This is terrible music, you guys are awful, why don’t you play “I wanna hold your hand?” In a lot of places they were very critical of the Monks. And it made it hard for us. A lot of time the Monks wished they would have stayed as the Torquays. Because the Torquays had lots of fun, they got girls, they had good parties, people liked their music and so on. But the Torquays were a normal band and you would have never heard of them again if it wasn’t for the Monks.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Ständig mussten wir hören, wie schrecklich unsere Musik ist und warum wir nicht „I wanna hold your hand“ spielten. In den meisten Orten haben uns die Leute abgelehnt. Es wurde immer unerträglicher, und ich bin mir sicher, dass jeder Monk sich mehr als einmal gewünscht hat, noch bei den Torquays zu sein“.

Erzähler Herbst 1967. Mit der Karriere der Monks will es nicht recht vorangehen. Dann zerstreiten sich die Manager. Karl-Heinz Remy scheidet aus dem Team aus. Er sollte sich nie wieder zu Monks äußern und gilt im Jahr 2013 als verschollen.

O-Ton 42 Eddie Shaw „They were sort of fighting about which direction we were taking. And I think Karl wanted it to be more, more, more. If they are saying no, you must go more extreme. And he might have been right. He was always strange. He was what I 29

call sort of a compulsive, obsessive person. He wasn’t all that good communicating. He was more angry, more forceful. He wanted to prove something.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Sie waren uneins über die Richtung, in die wir gehen sollten. Karl wollte immer mehr, mehr, mehr. Die Leute lehnen dich ab – dann musst du noch extremer werden. Vielleicht hatte er Recht. Er war seltsam, richtig besessen. Kein Kommunikator, eher wütend und energisch. Er wollte etwas beweisen.“

O-Ton 43 Gary Burger „Karl was a very power-oriented man and I think it was too much.

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Ihm ging es um Macht. Und das wurde uns allen zu viel“.

Regie Musik 8 („Monk Time“ startet). Über Intro:

Erzählerin Bei Auftritten wird es immer schlimmer. Vor allem in Süddeutschland, dort wo Einheiten der US-Army stationiert sind. Viele GIs stören sich an „Monk Time“, einem Song, in dem sich die Band klar von einem bewaffneten Konflikt distanziert, der gerade in Fernost eskaliert: vom Vietnamkrieg.

Regie Musik 8 bei 0:30 hoch ziehen. Der Rap bis 1:10 steht frei. Dann runterziehen. Darüber:

O-Ton 44 Eddie Shaw „We were doing the Monks theme and Gary was doing his rap and a guy came up on stage and he was crying, he just came back from Vietnam. He would come right up in stage and boy, he was pissed. And I really felt guilty. Here I am, an ex-soldier. People are put into the army and they have to do things that they may necessarily not like. But somehow their culture or the systems in the country they are from expects it from them. And if you had gone through the procedure – how could you stand up there and make these outrageous statements? I think after that we got really quite about it, I think we modified our 30

ways tight after that.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Wir spielen „Monk Time“, in Mannheim war das. Plötzlich kommt ein Typ weinend auf die Bühne, er war gerade erst auf Vietnam zurück. Er war richtig sauer und stellte uns zur Rede. Und ich habe mich schuldig gefühlt. Damals herrschte Wehrpflicht, die Leute mussten in die Armee, und manche haben Dinge getan, die sie vielleicht gar tun wollten. Wie kann ich mich als Ex- Soldat dann auf die Bühne stellen und sie mit unserer Botschaft verletzen? Danach waren wir alles sehr betreten und haben den Text modifiziert.“

Regie Musik 8 bei 1:50 wieder hoch ziehen. Je nach Zeit rausgehen oder bis Ende durchlaufen lassen

Erzählerin 1967 sind die Monks nur noch eine leere Hülle. Auf Druck ihrer Plattenfirma bringen sie mit “Love will tame the wild“ ein seichtes Liebeslied als Single heraus – ein Flop mit Ansage. Und bei ihren Auftritten verzichten sie mehr und mehr auf das mönchische Outfit.

Regie Musik 9 („Love will tame the wild“ von den Monks) kurz einspielen.

O-Ton 45 Eddie Shaw „We became without direction because after we did the soft thing that Polydor wanted… it kind of broke the spell. Now we couldn’t think of going back to what we were doing. And we didn’t know which was to go.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Wir hatten die Orientierung verloren. Nach diesem Song war der Zauber verflogen. Wir konnten nicht mehr zur Monk-Music zurück, wusste aber auch nicht wohin wir uns entwickeln sollten.“

O-Ton 46 Gary Burger „The Monks were booked for Southeast Asia, to Vietnam before all places and then to L.A. Before that we had a month vacation and we went to our places. I

31

was married to a beautiful lady from from Stockholm, and I went there to be with her. All the Monks went to be with their ladies. A week before I was to report to the Frankfurt airport, all the Monks were supposed to meet at the Frankfurt airport and fly to Vietnam, I got a postcard from Roger, the drummer, saying I can’t take it any more, I’m back in Texas.”

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Im Sommer waren wir für eine Tour durch Südostasien gebucht, unter anderem mit einem Auftritt in Vietnam und zum Abschluss in Los Angeles. Davor hatten wir einen Monat frei. Ich war mit einen wunderschönen Dame aus Stockholm verheiratet und fuhr nach Schweden, um bei ihr zu sein. Die anderen verbrachten die Zeit mit ihren Freundinnen. Eine Woche bevor wir uns am Frankfurter Flughafen treffen wollten, um von dort nach Vietnam zu fliegen, bekam ich eine Postkarte von Roger, unserem Schlagzeuger: „Ich kann nicht mehr, ich bin und bleibe in Texas.“

O-Ton 47 Eddie Shaw „I kind of gave it a sigh of relief saying I’m kind of glad that it’s over with. I’ve noticed, and I had been in a number of bands over the years, that your productive life is about three years, after that you run out ere at the end of that. I said, okay, that was interesting, I’m glad it’s over, I’m going home.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Ich habe vor Erleichterung geseufzt: gut, dass es vorbei ist. Ich hatte schon in einigen Bands gespielt und wusste, dass eine Gruppe ungefähr drei Jahre lang produktiv ist, dann gehen langsam die Ideen aus. Wenn du es in diesen drei Jahren nicht gepackt hast, schaffst du es nie. Wir waren am Ende dieser Zeitspanne, inklusive der Jahre mit den Torquays. Von daher: interessante Zeit, gut dass es vorbei ist, und nun: ab nach Hause.“ O-Ton 48 Gary Burger „We did not have the energy to continue. Everybody just stayed where they were and let it go away. And we never saw each other after that for a long, long time until we were all back in America again.“

32

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Wir hatten einfach keine Kraft mehr, keiner von uns. Wir ließen es einfach geschehen. Und wir haben uns eine ganze Weile nicht mehr gesehen, bis wir alle wieder in den Staaten waren.“

Erzähler Kurz nach dem Ende der Band, sind die Monks nur noch eine Fußnote in der Popgeschichte. In San Francisco entsteht mit dem „Summer of Love“ eine neue, weltweite Jugendkultur. Satt von kurzen knackigen Songs sind bei den Musikfans nun ausufernde Improvisationen angesagt. Der Beat ist tot.

O-Ton 49 Gary Burger „Today I still believe we missed it by just a hair. We should have played in England – and we didn’t. And we should have played in the United States – and we didn’t”.

Sprecher 1 Voice Over Gary Burger „Im Rückblick glaube ich, dass wir es nur um Haaresbreite verpasst haben. Wir hätten in England und den USA spielen sollen – haben wir aber nicht“.

Erzähler Lange Jahre ist „Black Monk Time“, die einzige LP der Band, vergriffen. Erst Ende der 70er Jahre als mit dem Punk eine ähnlich gedachte musikalische Revolution das Popuniversum erschüttert, wird die Platte wieder veröffentlicht.

Erzähler Und gehört! Zum Beispiel von Schorsch Kamerun, Theaterregisseur, Hörspielautor und Sänger der Punk-Band Die Goldenen Zitronen.

O-Ton 50 Schorsch Kamerun “Ich habe das glaube ich völlig missverstanden, denke ich. Ich habe das als Punkmusik empfunden, fand das damals großartig. Und ich mochte den Protest daran und die Gesangshaltung. Ich würde sogar sagen, für mich sind Monks eine große Inspirationsquelle gewesen.

Erzählerin Zwei Dekaden später, im Jahr 1999, kommen die Monks noch einmal zusammen. Sie treten in New York und Los Angeles auf, wo sie von der Kritik

33

gefeiert werden, und gehen auf eine Europatournee. Spät, aber nicht zu spät, erhalten sie die Anerkennung für das, was sie waren: die unbekannteste einflussreichste Band der Popgeschichte. Und das bis heute aufregendste deutsch-amerikanische Musik-Projekt.

O-Ton 50 Schorsch Kamerun “Ich glaube, Die sind schon raus gerissen aus der Geschichte. Die waren in dem Moment eine Kunstidee“.

O-Ton 51 Jojo Wolter “Wenn ich mir frühe Can-Platten anhöre, und dann fast zeitgleich, also von 67/68 die Platten, und ich vergleiche das mit dem, was ich bei den Monks höre, da sind so bestimmte Elemente … da sind die gleichen Gewürze drin, bei Can und bei den Monks. Die wären, wenn sie in diese Richtung gegangen wären, also weiter zusammengeblieben wären … die hätten wirklich die Revolution herbeigespielt“.

O-Ton 51 Eddie Shaw „What the Monks were about? We created tension. We moved through barriers. We broke the rules we deliberately broke those rules. On purpose.”

Sprecher 2 Voice Over Eddie Shaw „Was die Monks waren? Wir haben Spannung erzeugt, wir haben Grenzen überschritten und Regeln gebrochen. In voller Absicht.“

Regie Evtl Musik 1 Absgae über Intro

Absage It’s Monk Time – Die irre Geschichte einer amerikanischen Beatband in der deutschen Provinz Ein Feature von Tom Noga Es sprachen: Claudia Mischke, Martin Bross, Daniel Wiemer, Jean Paul Baeck, Krunoslav Sebrek. Regie: Uta Reitz Redaktion: Klaus Pilger Produktion: Deutschlandfunk 2013

34