Ergebnisse der archäologischen Bauforschung Übersichtsplan der Burgruine

Holzburg des 11. Jahrhunderts

Reste von leicht eingetieften Grubenhäusern, Pfostengruben 0 10m sowie aus der Felsoberfläche geschrotete Balkenauflager stammen von einer Holzburg, die vielleicht schon im 10./11. Jahrhundert bestand. 4

Burganlage des 12./13. Jahrhunderts 12 610 Zum ältesten Bestand der Steinburg des ausgehenden 11 3 12. Jahrhunderts gehören die Ringmauer sowie der Vorgän- 5 1 ger des Turmes (Bergfried 12) in der Nordwestecke. 2 8 6 Die Mauern sind aus einem Kieselkern mit einer Schale 9 10 aus grob zugerichteten Sandsteinquadern gebildet. Als 7 Steinbrüche dienten die Halsgräben (1, 2, 11). Diagonal unter dem Burgturm zieht ein Felsspalt durch den 610 Molassefelsen. Er dürfte dafür verantwortlich sein, dass es 605 noch während des Turmbaus zu einem Neubau kam, nun mit Erziehungsdirektion des Kantons einer mächtigen Bossenquaderverkleidung. Direction de l’instruction publique du canton de Berne Mauerbefunde Grünenberg. M. 1:1000. Nicht viel später wurden an die Ringmauer in der Süd- 1 äusserer, 2 innerer Burggraben, 3 jüngerer, heute wiederhergestellter Amt für Kultur | Office de la culture westecke der sogenannte Südpalas (10) und in der Nordost- Burgzugang, 4 Zwinger, 5 Nordpalas, 6 Backofen, 7 ursprünglicher Archäologischer Dienst des Kantons Bern Service archéologique du canton de Berne ecke der Nordpalas (5) angebaut. Der Zugang in die Burg Burgzugang, 8 Sodbrunnen, 9 Burgkapelle, ehemals St. Georg, 10 Süd- palas, 11 Halsgraben, ehemaliger Steinbruch, 12 Bergfried. erfolgte zunächst über die beiden Halsgräben von der Süd- Postfach 5233, 3001 Bern Telefon 031 633 98 22 ostseite her (7). In den Sandstein geschrotete Balkenauflager belegen vor dem Zugang eine hölzerne Rampe. Noch etwas Hochblüte der Burg Grünenberg im 14. Jahrhundert [email protected] www.be.ch/archaeologie jünger ist die an die Ringmauer und an den Südpalas an- Der Nordpalas (5) wurde verlängert und dominierte nun die stossende Kapelle (9). An diese wurde das Sodbrunnenhaus gesamte Nordseite. gebaut (8). Verlegung des Burgzugangs Vorläufig nicht genauer zeitlich eingrenzbar ist die Verlegung Konservierung: Bauleitung: Andreas Morgenthaler, , Alexander Ueltschi, ADB. – Mauersanierung: Jenzer AG, Melchnau; Witschi AG, Langen- des Burgzugangs an die Nordecke (4). Er erforderte eine thal. – Kapellenboden: Urs Zumbrunn, Restaurator HFG, Kirchberg. MELCHNAU

neue Zugbrücke (3), brachte aber eine zeitgemässe wehr- Gestaltung, Architektur: Blum & Grossenbacher Architekten, Markus Meier, technische Ausrüstung: die Anlage eines Zwingers. Beim ver- . – Grafik: P’inc. AG, Visualisierung, Langenthal. – Ingenieure: Die Burgruine mauerten älteren Zugang wurde ein Ofenhaus mit über- Duppelthaler+Wälchli, Langenthal (Schutzbau), H. R. Mathys, (Brücke). – Archäologische Grundlagen: Daniel Gutscher, Max Stöckli, ADB. Grünenberg kuppeltem Backofen (6) angelegt. Literatur: Daniel Gutscher, Die Burganlage Grünenberg in Melchnau. In: Mit- telalter – Moyen Age – Medioevo – Temp medieval. Zeitschrift des Schweizeri- Letzte Erneuerungen im 15. Jahrhundert schen Burgenvereins 1, 1996/4. – Daniel Gutscher, Melchnau BE. Burgruine Das Aufkommen besserer, aber auch grösserer Wagen er- Grünenberg. In: Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte 82, 1999, 312f. – Archäologischer Schutzbau in Melchnau. forderte eine breitere Einfahrt, und damit einen Umbau des In: Detail. Zeitschrift für Architektur + Baudetail, 35. Serie, 1995/3, 422–425. Zwingers (4). Weitere Informationen: Stiftung Burgruine Grünenberg Melchnau, Postfach, 4917 Melchnau, [email protected] und www.gruenenberg.ch.

� Der Nordpalas, Blick nach Süden. Vom Titelbild: Westfront des neuen Schutzbaus über dem Kapellenboden. einstigen Obergeschoss haben sich bloss zwei mächtige Mauerpfeiler erhal- Bildnachweis: Alle Fotos: Badri Redha, ADB; Rekonstruktion Burg: Eliane ten. Zwischen ihnen befand sich wohl Schranz, ADB; Plan: ADB. eine repräsentative Fenstergruppe. © 2014 ADB / Daniel Gutscher (Text), Eliane Schranz (Grafik). Archäologischer Dienst des Kantons Bern 8/2014 Service archéologique du canton de Berne Die Burg Grünenberg Die Burgkapelle mit ihrem einzig- und die Anfänge des artigen Fussboden und den neuen Einbauten mit Vitrinen- Zisterzienserklosters kästen. Blick nach Westen. von St. Urban LU sind eng miteinander ver- bunden. Die bedeuten- de Doppelburganlage Die ornamentierten Ton- platten des Fussbodens der von Melchnau wurde Burgkapelle zeigen zwei ver- 1992–1998 saniert. Die schiedene Motive. Oben: drei Ruine steht heute unter dreipassartige Blattranken. Unten: drei Kreisranken mit dem Schutz von Bund eingeschriebenen figürlichen und Kanton Bern. Motiven: Adler, Teufel(-in?) und grimmender Löwe.

Rekonstruktion der Burg im Zustand des Spät­ mittelalters. Vogelschau von Norden. Durch die Anlage zweier Steinbrüche entstanden die quer zur Sandsteinrippe verlau- fenden Halsgräben auf der Süd- und der Nordseite; hier ermöglichte eine Zug- brücke den Burgzugang.

Lage und Geschichte Die Burgruine Grünenberg Sanierungsziel: dem Ort eine neue Gegenwart Raumform an die mittelalterliche Kapelle. An der Stelle des In den Jahren 1992–1998 wurde die Ruine Grünenberg durch und Zukunft geben mittelalterlichen Burgzugangs führt eine moderne Stahl- Der Melchnauer Schlossberg erhebt sich dicht hinter der den Archäologischen Dienst des Kantons Bern und durch die Das zerbröselnde Mauerwerk der Burgruine wurde bau- brücke über den Burggraben in den Innenhof. Ebenso konse- Kirche und umfasst mit den Überresten der Burgen Grünen- Stiftung Burgruine Grünenberg saniert. Bereits 1949 waren geschichtlich untersucht, dokumentiert und nach neustem quent heben sich die im Hof nötigen Einrichtungen vom berg und Langenstein einen ausgedehnten Burgenkomplex die Grundmauern der hofseitig an den südlichen Palas ange- Technologieverfahren mit Kalkmörtel saniert. Eine Flächen- mittelalterlichen Mauerwerk ab. auf engstem Raum – Brennpunkt des mittelalterlichen Adels lehnten Burgkapelle entdeckt worden. Diese war dem Ritter- grabung blieb aus; Voraussetzung dazu bildete der Verzicht im . Das Freiherrengeschlecht der Langensteiner heiligen Georg geweiht. Ihr um 1275 verlegter einzigartiger auf Bodeneingriffe. Einzig der neue Schutzbau steht auf dem Die neue Stahl- gründete mit Verwandten 1194 das Kloster St. Urban LU. Fussboden aus reliefierten Tonplatten bildet heute den bedeu- mittelalterlichen Hofniveau. Der eingetiefte Vorplatz macht brücke deutet ge- schickt den festen Wenig später starb die Familie aus. Ihre Haupterben waren die tendsten Teil der Ruine. Die von den Mönchen in St. Urban ge- dies deutlich. und den beweg- Grünenberger. Das 13. Jahrhundert stand im Zeichen der fertigten Tonplatten zeigen diagonal gestempelte rechteckige Die unumgänglichen neuen Einbauten auf der Burganlage lichen Teil der eins- guten Beziehungen zum Hause Kyburg, das 14. Jahrhundert Ornamentfelder, die entweder drei Blattrankenmotive oder drei sind vom Architekturbüro Blum & Grossenbacher, Langenthal tigen Zugbrücke an, ohne sich einem zum Hause Habsburg: Herrschaften im Berner Oberland, im in Kreisranken eingefasste Figuren enthalten. (Markus Meier), aufgrund eines kleinen Wettbewerbs mittelalterlichen Vor- Luzernischen, im Elsass und am Zürichsee kamen dazu. Vor der Kapelle befindet sich der 1994 freigelegte, ursprüng- gestaltet worden. Vor allem der neue Schutzbau über dem bild anzubiedern. Ab 1444 jedoch sass ein bernischer Landvogt auf Grünen- lich mit einem quadratischen Brunnenhaus überdeckte 26,8 m Fussboden der Kapelle stiess schon bald nach dessen berg, dessen Herrschaftsgebiet im 16. Jahrhundert mit tiefe Sodbrunnen: mit seinem Vorrat an 6000 Litern und einer Realisierung auf internationales Echo.Er bildet eine Art über- zusammengelegt wurde. Die Melchnauer Burg Nachflussmenge von 42 Litern pro Stunde für die Burgbewoh- grosse «Vitrine» mit selbstregulierendem Innenklima, umhüllt zerfiel allmählich. ner ein unerschöpflicher Quell. als «Null-Energiebau» das Kulturgut und erinnert in seiner