Uhrzeit: 14:00 Gremium: Ratsversammlung Sitzungsnummer: Ort: Neues Rathaus Straße: Martin-Luther-Ring 4-6 Haus/Raum: Sitzungssaal des Stadtrates

Stadt Ratsversammlung - V. Wahlperiode Ratsversammlung

V E R L A U F S P R O T O K O L L der Sitzung der Ratsversammlung vom Mittwoch, dem 15.12.2010, 14.00 Uhr, im Sitzungssaal des Stadtrates Neues Rathaus Martin-Luther-Ring 4-6

Tagesordnungspunkt 17: Vorlagen I

17.4. Leipzig, Ort der Vielfalt – Kommunale Gesamtstrategie für Demokratie und Vielfalt (Drucksache Nr. V/996, Austauschblatt + Änderungsantrag ÄA 1 der CDU- Fraktion + Ergänzungsantrag EA 1 der Fraktion DIE LINKE + Ergänzungsantrag EA 2 der FDP-Fraktion + Ergänzungsantrag EA 3 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)

Bürgermeister Prof. Dr. Fabian führt aus, das Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Antisemitismus sowie für Demokratie und Vielfalt habe in Leipzig eine gute Tradition. Ein demokratisches und friedliches Zusammenleben sei jedoch keine Selbstverständlichkeit. Es müsse bewahrt, gefördert und immer wieder geübt werden. Ziel sei, dass die Menschen in Leipzig eine hohe Akzeptanz für eine Vielfalt von Lebensformen zeigen und an einer interkulturellen Lebenswelt teilhaben. Dabei gehe es nicht nur um interkulturelle Begegnungen im engeren Sinne, sondern auch darum, das Anderssein von Menschen zu akzeptieren und zum Beispiel auch Homophobie entgegenzuwirken. Zivilgesellschaft, Institutionen und Behörden sollten demokratische Werte kompetent vermitteln und gegen rechtsextremistische Ideologie und Gewalt wirken können.

Mit der dem Stadtrat vorliegenden Kommunalen Gesamtstrategie „Leipzig – Ort der Vielfalt“ solle die erfolgreiche Arbeit des seit 2007 in Leipzig umgesetzten Lokalen Aktionsplans fortgesetzt und auch konzeptionell weiterentwickelt werden. Um der Strategie eine breite Wirkung und Verankerung zu sichern, solle sie sich künftig als Querschnittsthema durch die bestehenden Fachplanungen hindurchziehen. Die Ziele der Kommunalen Gesamtstrategie könnten nur gemeinsam von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft verwirklicht werden. Deshalb sei vorgesehen, den vorhandenen Begleitausschuss um Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, also dem Stadtrat, Sport und Wirtschaft deutlich zu erweitern.

Für die Umsetzung der Gesamtstrategie „Leipzig – Ort der Vielfalt“ seien finanzielle Ressourcen nötig. Die Stadt Leipzig stelle dafür in den nächsten drei Jahren jährlich 35.000 ! unter der Voraussetzung zur Verfügung, dass erfolgreich auch Bundesmittel für die nächsten drei Jahre eingeworben werden können. Die Aussichten hierfür seien aufgrund der in Leipzig bereits erfolgreich geleisteten Arbeit gut. Mit der vorliegenden Strategie sei eine konzeptionelle Grundlage dafür geschaffen, Leipzig als einen Ort der Vielfalt in den kommenden drei Jahren weiter zu entwickeln.

Zum Ergänzungsantrag EA 1 der Fraktion DIE LINKE teilt der Bürgermeister mit, dass die Verwaltung die textliche Ergänzung des Punktes 2.3 übernimmt, wobei das Wort „gesamten“ vor dem Wort „Bevölkerung“ und das Wort „alltäglichen“ vor dem Wort „Diskriminierung“ gestrichen werden. Darüber hinaus werde auf Seite 2 des Ergänzungsantrages unter Punkt 3.2.2 die Ergänzung im Unterabschnitt „Stärkung von Integration und Teilhabe von Migrantinnen und Migranten“ übernommen.

Der Bürgermeister bittet um Ablehnung des Ergänzungsantrages EA 2 der FDP-Fraktion. Zum einen sei man sich mit den zuständigen Vertretern des Freistaates und der Kriminalpolizei in Leipzig darüber einig, dass der Schwerpunkt der Aktivitäten in der Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus liegen sollte und dass die Konzeption bisher auch so angelegt gewesen sei. Zu Beschlusspunkt 2 sei zu sagen, dass die Verwaltung nunmehr die Vertreterinnen und Vertreter mehrerer Fachausschüsse sowie des Jugendhilfeausschusses und des Migrantenbeirates im Begleitausschuss vertreten sehen wolle. Die Verwaltung gehe davon aus, dass sich die Geschäftsführer der Fraktionen untereinander abstimmen, sodass mit der Entsendung aus den jeweiligen Ausschüssen auch die Aufteilung auf die Fraktionen gewährleistet wird. Es wäre gut, wenn im Begleitausschuss alle Fraktionen vertreten wären. Allerdings liege der Schwerpunkt nicht auf der Vertretung der Fraktionen, sondern auf der fachlichen Verankerung der verschiedenen Ausschüsse. Das sei beispielsweise auch beim Kinder- und Familienbeirat so.

Der Ergänzungsantrag EA 3 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werde von der Verwaltung übernommen. Das bedeute, dass der Begleitausschuss auch um ein Mitglied des Fachausschusses Umwelt und Ordnung ergänzt wird.

Der Bürgermeister bittet darum, dem Änderungsantrag ÄA 1 der CDU-Fraktion nicht zuzustimmen, weil die Verwaltung den Beschlusspunkt 1 neutral formuliert habe und sich die Inhalte aus der Vorlage ergeben.

Stadtrat Zenker (SPD-Fraktion) zitiert die Worte „Vielfalt tut gut“ aus dem im Jahr 2007 aufgelegten Bundesprogramm. Vielfalt tue auch ihm persönlich und sicherlich auch der Stadt Leipzig gut. Ein Bestandteil des Bundesprogramms seien die lokalen Aktionspläne. Leipzig sei eine der Städte, die das Programm mit Leben erfüllten und weiter erfüllen würden. Zahlreiche Leipzigerinnen und Leipziger engagierten sich für eine von kultureller und sozialer Vielfalt geprägte Stadt. Sie wüssten noch genau, was es heiße, für Demokratie zu kämpfen. Aus dieser Tradition heraus setzten sie sich in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Akteuren für eine Stärkung der Demokratie ein und wirkten aktiv gegen rechtsextreme Ideologie und Gewalt.

Für das Wirken von Bürgerinnen und Bürgern in zivilgesellschaftlichen Gruppen, Vereinen, Institutionen und Behörden sei Leipzig am 23. September 2008 im Rahmen der Initiative der Bundesregierung „Vielfalt tut gut“ mit dem Titel „Ort der Vielfalt“ ausgezeichnet worden. Durch die Stadt Leipzig wiederum seien bisher das Erich-Zeigner-Haus, das Haus Steinstraße, das Leipziger Tanztheater, die Leipziger Vereine Caktus und Durchblick, die Arbeit und Leben Sachsen gGmbH und die Volkshochschule Leipzig als Orte der Vielfalt ausgezeichnet worden.

Neben der Stärkung der Demokratie und der Zurückdrängung rechtsextremer Ideologien und Aktivitäten sei auch die Stärkung von interkulturellen Kompetenzen eine wichtige Säule des lokalen Aktionsplanes. Leipzig habe eine im Vergleich zu anderen ostdeutschen Städten hohen Anteil an Migrantinnen und Migranten. Nicht nur vor diesem Hintergrund gebe es bereits seit 1990 und damit länger als in jeder anderen ostdeutschen Stadt ein Referat für Migration und Integration, früher Referat Ausländerbeauftragter. Durch dieses Referat und durch die zahlreichen zivilgesellschaftlichen Akteure werde ein wichtiger Beitrag zur interkulturellen Verständigung, zur gegenseitigen Integration sowie zur Vielfalt in der Stadt Leipzig geleistet. Durch die zahlreichen Aktivitäten könnten Ressentiments und Vorurteile sowie Angst vor Fremden, die häufig aus Unwissenheit resultiere, abgebaut werden.

Wie wichtig dieses Programm gegen Rechtsextremismus sei, zeigten nicht nur die geplanten Neonaziaufmärsche, sondern vor allem auch der Mord an dem 19-jährigen Iraker Kamal K. Mit Kamal K. sei die Zahl der Opfer rechter Gewalt seit 1990 in Deutschland auf 138 Personen gestiegen. In Leipzig sei er das sechste Opfer nazistisch und rassistisch motivierter Gewalt.

Die SPD-Fraktion werde der Vorlage zustimmen. Den Änderungsantrag der FDP lehne sie ab, und zwar nicht nur deshalb, weil er am Ziel des Bundesprogramms vorbeigehe, zu dem es auf der Homepage heiße: „Mit dem auf Dauer angelegten Programm ‚Vielfalt tut gut’ verstärkt die Bundesregierung den Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus in Deutschland.“ Darüber hinaus rieten selbst Vertreter der Polizei davon ab, das Programm zu verwässern, um das eigentliche Ziel bei den ohnehin schon knappen Finanzmitteln nicht zu verfehlen.

Stadträtin Nagel (Fraktion DIE LINKE) legt dar, 13 rechts motivierte Brandanschläge auf Restaurants, die von Migrantinnen geführt werden, auf soziokulturelle Zentren und Treffpunkte von Jugendvereinen, 120 rassistisch und rechts motivierte Übergriffe im ersten Halbjahr 2010, an die zehn Nazidemonstrationen im Landkreis Leipzig in nur zwei Monaten mit dem Höhepunkt am 16. Oktober in Leipzig und ein Mord mit mutmaßlich rassistischem Hintergrund seien die Bilanz der jüngeren Vergangenheit in Sachsen. Man habe es mit einer neuen Qualität neonazistischer Aktivitäten zu tun.

Allerdings dürfe man nicht nur über diese Speerspitzen menschenfeindlicher Einstellungen sprechen, die sich in Gewalt entladen, sondern man müsse den Blick auch auf den Gesamtzustand der Gesellschaft richten, auf rassistische, antisemitische, homophobe, sozialdarwinistische und antidemokratische Einstellungen, die keineswegs allein eine Sache sogenannter extremistischer Ränder seien. Sprechen müsse man auch über die institutionelle Diskriminierung von Menschen und über die Verantwortung von Medien. Die vor kurzer Zeit erschienenen Studien der renommierten Wissenschaftler Elmar Brähler und Oliver Decker von der Uni Leipzig einerseits und von Wilhelm Heitmeyer von der Uni Bielefeld andererseits offenbarten erneut, dass die Zustimmung zu rechten Einstellungen in der ganz normalen Bevölkerung wachse. Die Studie „Die Mitte in der Krise“ von Brähler/Decker zeige, dass 35 % der Deutschen ausländerfeindlichen Ansichten zustimmen, 15 % seien es bei Antisemitismus. Vermögendere Schichten neigten verstärkt zu Islamfeindlichkeit. Das Vertrauen in die Demokratie sei erschüttert, die Angst vor dem sozialen Abstieg wachse und entlade sich in Abwertung und Ausgrenzung „anderer“, vorzugsweise von Migrantinnen und Migranten. Hieran werde deutlich, welche Herausforderungen auf dem Weg hin zu einer wirklich weltoffenen, Vielfalt und Demokratie lebenden Gesellschaft noch zu bewältigen seien.

Vor diesem Hintergrund begrüße die Linksfraktion den Schritt hin zu einer Gesamtstrategie für Vielfalt und Demokratie. Sie begrüße es, dass sich nun auch Vertreterinnen und Vertreter der Ausschüsse des Stadtrates in dem Begleitausschuss wiederfinden und dass zur Untersetzung der Strategie Geld in die Hand genommen werde. Hier spüre man, dass der Stadt Leipzig dieses Thema wichtig sei – im Gegensatz zur schwarz-gelben Bundesregierung und auch zur Landesregierung, die die Zuwendungen für Demokratie fördernde Projekte weiter absenken und deren Zielrichtung aufweichen, indem sich die Programme nunmehr auch gegen Linksextremismus und islamischen Extremismus richten sollen. Hinzu komme eine zu unterzeichnende sogenannte Extremismusklausel, mit der die Regierungen sowohl im Bund als auch im Land klar zu verstehen geben, dass sie den Initiativen, Vereinen, Projekten, die täglich intervenieren, wenn Nazis Räume erobern oder die Unversehrtheit von Menschen verletzen, mit Misstrauen und Geringschätzung begegnen.

In eine ähnliche Kerbe schlügen auch die Anträge von FDP und CDU. Sie wollten den Fokus weg von Ideologien der Ungleichwertigkeit und des Neonazismus hin zu einem nebulösen Extremismus lenken. Zahlen von Polizei und Opferberatungsstellen sprächen jedoch eine eindeutige Sprache: Das Problem seien rassistische, antisemitische, sozialdarwinistische und antidemokratische Einstellungen und darauf aufsetzende praktische Diskriminierung und Gewalt. Der Extremismusbegriff sei ungeeignet, die bereits angeführte gesamtgesellschaftliche Verbreitung von Diskriminierungsdenken zu fassen. Im Gegenteil, er delegiere das Problem an politische Ränder und nehme die Gesellschaft damit aus der Pflicht. Die Linksfraktion werde diese Anträge daher ablehnen.

Stadträtin Nagel räumt ein, dass der Ergänzungsantrag der Linksfraktion relativ umfangreich sei. Er beruhe im Kern auf Vorschlägen zivilgesellschaftlicher Initiativen. Dankenswerterweise würden die Punkte 1 und 5 von der Verwaltung übernommen. Die Punkte 2, 3 und 4 ziehe die Linksfraktion zurück. Allerdings sollten diese Punkte bei der Umsetzung der Gesamtstrategie berücksichtigt werden.

Stadtrat Ufer (fraktionslos) äußert, er glaube nicht, dass die Leipziger bisher falsch gelebt hätten und deshalb belehrt werden müssten, wie sie ihr Leben richtig gestalten sollten. So könne man nämlich die Einleitung der Drucksache Nr. V/996 bewerten. Das wesentliche Ziel der Stadt Leipzig sollte nach wie vor die Beseitigung der hohen Arbeitslosigkeit sein. Die Verantwortung dafür könne aber nicht nur bei der Wirtschaft liegen. Auch die Stadt Leipzig müsse ihren Beitrag für echte und wesentliche Verbesserungen leisten. Mit Flickschusterei und Halbherzigkeit sei kein Fortschritt auf diesem Gebiet zu erreichen. Inzwischen wisse man, dass 20 Jahre Globalisierung und Überfremdung die hohe Arbeitslosigkeit nicht beseitigen konnten.

Des Weiteren heiße es in der Vorlage wörtlich: „Einwohnerinnen und Einwohner in Leipzig zeigen eine hohe Akzeptanz für eine Vielzahl von Lebensformen und partizipieren an einer interkulturellen Lebenswelt.“ Dies gelte aber nur so lange, solange die eigene Lebensqualität darunter nicht leide. In der sogenannten DDR habe es ähnliche Formulierungen in Mengen gegeben.

Im weiteren Text sei von einer Opferberatungsstelle die Rede. Dort werde der Eindruck erweckt, dass es bei den nationalen Kräften keine Opfer gebe, obwohl beim Stadtratswahlkampf 2009 ein Kamerad durch Messerstiche schwer und ein anderer Wahlkampfhelfer leicht verletzt worden sei. Die körperlichen Angriffe, Beschimpfungen und Herabwürdigungen bei Demonstrationen dürften nicht unerwähnt bleiben.

Stadtrat Ufer betont, er sehe in der Vorlage auch den Versuch, aus den Leipziger Bürgern andere Menschen zu machen. Daran seien bekanntlich schon einige Staatsoberhäupter gescheitert.

Ende 2009 hätten in Leipzig 26.968 Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft und 15.290 Deutsche mit ausländischen Wurzeln gewohnt. Das seien 8,4 % der Leipziger Bevölkerung – eine Zahl, die zu denken gebe. Die NPD-Stadträte träten daher für die Stärkung der einheimischen deutschen Bevölkerung ein.

Die Begriffe „bunt“ und „weltoffen“ seien immer eine Frage der Dosierung und des Verwendungszwecks. Man könne die Benutzung dieser Wörter auch übertreiben, um Unzulänglichkeiten in der Wirtschaft oder im Staatsapparat zu überdecken. Die Messestadt Leipzig sei schon immer bunt und weltoffen gewesen. Da bedürfe es keiner Belehrungen Neunmalkluger. Er, Ufer, bitte die Stadträtinnen und Stadträte, in ihrem Bekanntenkreis einen Farbkasten an Erwachsene zu verschenken, verbunden mit der Bemerkung „Für mehr bunt und weltoffen“. Es sei fraglich, ob sie danach vom Empfänger noch ernst genommen würden.

Auf Seite 12 der Vorlage komme allein das Wort „rechtsextremistisch“ in Verbindung mit anderen Wörtern zehnmal vor. Er, Ufer, glaube, dass diese Vorlage nicht das Papier wert sei, auf dem sie gedruckt wurde.

Stadtrat Albrecht (CDU-Fraktion) zeigt sich dankbar dafür, dass er nicht schwarz-weiße Farbkästen verschenken müsse, sondern dass man in Leipzig einen Ort der Vielfalt vorfinde. Deswegen liebe er Leipzig. Es sei richtig, dass hier der Rechtsextremismus in den Blick genommen werde. Allerdings halte er es nicht für richtig, dass man auf einem Auge blind sein möchte. Es sei bekannt, dass es in der Stadt Leipzig im letzten Jahr 240 rechtsextremistische Straftaten gegeben habe. 100 Straftaten seien aber aus einem anderen Extremismus heraus begangen worden.

Wenn die Stadt Leipzig 35.000 ! zu diesem Programm hinzugeben wolle, dann solle der Stadtrat auch die Leitziele, die er festlege, so beschreiben, dass sie stimmen. Deswegen habe die CDU-Fraktion erklärt, dass sich ihre Leitziele gegen Extremismus richten. Die FDP- Fraktion habe einen weitergehenden Antrag eingebracht, der vom Grundsatz dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion entspreche. Deswegen ziehe die CDU-Fraktion ihren Änderungsantrag zurück und unterstütze den Ergänzungsantrag der FDP-Fraktion. Diesem Beispiel sollten alle Stadträtinnen und Stadträte folgen.

Stadträtin Krefft (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) fragt, warum man eine Gesamtstrategie für Demokratie und Vielfalt brauche. Dies sei erforderlich, weil sich auch in Leipzig demokratie- und verfassungsverachtende Strukturen etablierten. Sie beherrschten den Diskurs in der Mitte der Gesellschaft. Offenheit und Meinungsfreiheit würden eingeschüchtert; diffuse Gefühlslagen würden zu Fakten erklärt und Zahlen und Daten negiert. Der Rechtsextremismus in Ostdeutschland sei deutlich gewaltbereiter. Seit 1990 habe es 138 durch rechtsmotivierte Täter Getötete gegeben, die Hälfte davon in Ostdeutschland. Sie, Krefft, wolle nicht, dass denen, die Wohnhäuser anzünden, die Angst verbreiten und Menschen jagen, das Land überlassen werde.

Leipzig bekenne sich zu Demokratie, Aufklärung und Weltoffenheit. Man müsse Rechtsextremismus dort, wo er sich etablieren wolle, offen legen und über ihn aufklären. Man müsse Opfern helfen und sie beraten. Das Gift der Xenophobie, der Homophobie, der Diskriminierung, der Islamfeindlichkeit und des Antisemitismus, des Rassismus und des Chauvinismus könne man wirksam unterbinden, wenn man zusammenstehe.

Seit kurzem geistere eine gefährliche Debatte durch das Land, so diffus wie ein Schreckgespenst. Da werde eine Mitte definiert, die sich als Verfassungshüterin aufspiele und die Ränder zum Extrem erkläre. Anlässlich der Verleihung des Sächsischen Förderpreises für Demokratie 2010 sei ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung gefordert worden. Die Frage sei dabei, wer das von wem verlange. Ein konservativer Freistaat erwache und erkenne, dass er zu lange weggesehen habe. Als das nicht mehr gegangen sei, weil die Wahlergebnisse deutlich braune Flecken bekommen hätten, habe man endlich begonnen zu schauen. Aktiv seien die Konservativen weiterhin nicht geworden. Mit denen, die all die Jahre aktiv gewesen seien, die Gesicht gezeigt und ihre Gesundheit riskiert hätten, wollten die Konservativen weiterhin nichts zu tun haben. Wer den Rechtsextremismus verniedliche, ihn klein rede und andere Extremismusformen heraufbeschwöre, verkenne die gefährliche Realität. Die, von denen die Demokratie verteidigt werde, die für Vielfalt und gegen Diskriminierung einträten, würden unter Bekenntniszwang gestellt. Dies sei hanebüchen.

Mit ihrer Forderung begäben sich CDU und FDP auf denselben Irrpfad wie das Bundesfamilienministerium, das im nächsten Jahr die Fördermaßnahmen an die Unterzeichnung der sogenannten Extremismusklausel binde und von den Kommunen, also auch von der Stadt Leipzig, als Fördermittelempfänger ein Bekenntnis zur Verfassung verlange. Es gehe nicht darum, auf dem einen Auge blind zu sein, sondern man müsse auf dem anderen Auge endlich sehend werden.

Man spreche heute über eine Vorlage, auf deren Deckblatt „Für Demokratie und Vielfalt“ stehe. Das Dagegen komme tatsächlich von CDU und FDP. Dabei werde auf dem Deckblatt der Begriff „Rechtsextremismus“ nicht erwähnt, sondern es finde sich die Formulierung „Fachstelle Extremismus- und Gewaltprävention“. Es gehe nicht darum, etwas zuzukleistern und bunt zu bemalen, sondern darum, das wahre Problem zu erkennen, nämlich einen erstarkenden Rechtsextremismus, der seine Strukturen festige, in den Parlamenten sein Unwesen treibe und Menschen ängstige.

Stadträtin Krefft appelliert an die CDU-Fraktion, sich von Rechtsaußen zu distanzieren. Die CDU-Vertreter hätten ein Abgrenzungsproblem. Das gelte an dieser Stelle nicht für Herrn Albrecht, aber ein neben ihm sitzender Kollege trinke Kaffee mit den Antidemokraten und klopfe ihnen kameradschaftlich auf die Schulter. Das habe sie, Krefft, am Rande der letzten Ratsversammlung mit eigenen Augen gesehen, und heute sei das auch schon vorgekommen.

Sie, Krefft, wolle keine weiteren Fronten aufmachen, aber das berühre sie, und sie wolle, dass die CDU-Fraktion weiter mitgehe, wie sie das auch bei der Unterzeichnung des Aufrufs zum 16. Oktober getan habe. Man brauche alle Demokraten. Der Angriff auf die freiheitlich- demokratische Grundordnung komme von ganz rechts. Darum sei diese Gesamtstrategie so wichtig und richtig.

Stadtrat Dr. Besser (FDP-Fraktion) äußert, wenn er sich in Leipzigs Straßen umsehe, sehe er Menschen vielfältigen Alters, vielfältigen Aussehens und vielfältiger Herkunft. All diese Menschen machten die Leipziger Vielfalt aus. Er wolle nicht, dass dieses Leipzig, egal von wem, zerstört werde. Deswegen differenziere die FDP-Fraktion in ihrem Ergänzungsantrag nicht separat Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit, sondern sie sehe jegliche Form von Extremismus und Gewalt, egal aus welcher politischen oder religiösen Motivation sie komme, als zerstörerisch für Leipzig an. Die FDP-Fraktion halte deshalb an ihrem Ergänzungsantrag fest, schlage aber getrennte Abstimmung über die Punkte 1 und 2 vor.

Stadtrat Gerhardt (fraktionslos) bezeichnet die Verwendung von Vokabeln wie „Islamfeindlichkeit“ als unsachlich. Er sei noch nie ein Anpasser gewesen, er lese viel und erwarte etwas mehr Respekt. Er habe noch nie einen Linken beschimpft, noch nie dessen Briefkasten beschmutzt. Von seinem, Gerhardts, Briefkasten habe er Aufkleber entfernt wie „Vom Brandstifter zum Biedermann“. Daran werde deutlich, was für eine Stellung er in seinem Wohngebiet habe. Übrigens sei er auch in der DDR der Biedermann gewesen.

Stadtrat Gerhardt empfiehlt die Lektüre der Zeitschrift „Gegengift“, Zeitschrift für Politik und Wissenschaft. Dort sei ein Beitrag mit der Überschrift „Der Imam und der SS-Theologe“ veröffentlicht worden, in dem es heiße, dass der Bertelsmann-Verlag den Autor als Symbol für die geglückte Integration einer muslimischen Gemeinschaft in Deutschland preise. Er, Gerhardt, sei gern bereit, diese Zeitschrift interessierten Stadträten zur Verfügung zu stellen. Dort würden NPD-Mitglieder ins Abseits gedrängt. Ein Titel interessiere ihn nicht. Ihm gehe es um Wissen, um menschliche Würde und um die Wahrheit.

Stadtrat Gerhardt betont, provozieren könne man ihn nicht, weil er seine Maske vor dem Spiegel nicht abreiße, wenn er nachts ins Bett gehe, auch wenn er nach Seneca entweder einen glücklichen oder einen unglücklichen Tag gehabt habe. Er fordert die Mitglieder des Stadtrates auf, etwas für die Gesellschaft zu leisten, egal für welche Gesellschaft. Es gebe Beiträge, die man in einer Gesellschaft als Pflicht zu erbringen habe.

Oberbürgermeister Jung wendet ein, Herr Gerhardt könne nicht beurteilen, ob jemand etwas leiste oder nicht leiste.

Stadtrat Billig (CDU-Fraktion) findet es erstaunlich, dass eine Vorlage zur Demokratie unter demokratischen Parteien zu Auseinandersetzungen führe, die letztlich in Unsachlichkeit ausarten. Man könne sicherlich über die von Frau Nagel vertretenen Auffassungen diskutieren, er verstehe aber nicht, dass sich eine Stadträtin der Grünen in ihrer bekannten besserwisserischen und überheblichen Art hier hinstelle und die Unionsfraktion in dieser Art und Weise beschimpfe, sie habe ein Abgrenzungsproblem nach rechts. Damit sei der Konsens fast aufgehoben. Vielleicht sollte sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einmal darüber Gedanken machen, wie man mit Stadtratskollegen aus demokratischen Fraktionen umgeht.

Oberbürgermeister Jung stellt zusammenfassend fest, dass der Ergänzungsantrag EA 1 in der Protokollnotiz von Bürgermeister Prof. Dr. Fabian aufgehoben sei, dass der Ergänzungsantrag EA 2 der FDP-Fraktion aufrechterhalten bleibe, dass der Ergänzungsantrag EA 3 von der Verwaltung übernommen sei und dass der Änderungsantrag ÄA 1 der CDU- Fraktion zurückgezogen worden sei. Abstimmung: Punkt 1 des Ergänzungsantrages EA 2 der FDP-Fraktion wird mit großer Mehrheit abgelehnt.

Abstimmung: Punkt 2 des Ergänzungsantrages EA 2 der FDP-Fraktion wird mit großer Mehrheit abgelehnt.

Abstimmung: Drucksache Nr. V/996 wird unter Einbeziehung des Ergänzungsantrages EA 1 der Fraktion DIE LINKE in seiner geänderten Fassung und unter Einbeziehung des Ergänzungsantrages EA 3 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit großer Mehrheit beschlossen. (Pause)

Stadt Leipzig Der Oberbürgermeister Medieninformation Leipzig, 18. Mai 2011 441 / mmb

Der Begleitausschuss für den Lokalen Aktionsplan informiert: Begleitausschuss für den Lokalen Aktionsplan nimmt zur Extremismusklausel Stellung

Der Begleitausschuss für den Lokalen Aktionsplan (LAP) der Stadt Leipzig hat in seiner Sitzung vom 29. April Fördermittel des Bundes in Höhe von 65.000 Euro ausgereicht. In seiner Sitzung am 13. Mai nahm der Begleitausschuss zur Extremismusklausel, der sogenannten Demokratieerklärung, wie folgt Stellung:

1. Es muss alles dafür getan werden, dass die Fördermittel in Leipzig wie geplant fließen können.

2. Der Begleitausschuss für den LAP der Stadt Leipzig ist sich seiner besonderen Rolle im Geiste der Ereignisse vom Herbst 1989 am Leipziger Ring bewusst und steht in dieser Tradition, De- mokratie zu leben und demokratische Bildung und Erziehung alltagsnah zu fördern. Dazu gehört ausdrücklich der einer Demokratie angemessene Umgang mit Pluralität.

3. In diesem Zusammenhang muss er die Vorgehensweise des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), von den Fördermittelempfängern eine sogenannte Demokratieerklärung gegenzeichnen zu lassen, in Frage stellen und in seiner Wirkung auf die Vereine und Verbände als Generalverdacht mit Misstrauensvotum verstehen.

4. Eine unabhängige Zivilgesellschaft stellt einen unabdingbaren Bestandteil einer lebendigen De- mokratie dar. Der Begleitausschuss betrachtet die Klausel als staatlichen Eingriff in zivilgesell- schaftliches Engagement. Die Einführung der Extremismusklausel gefährdet die bisherige ver- trauensvolle Zusammenarbeit zwischen Kommune und Initiativlandschaft sowie den seit vielen Jahren bestehenden demokratischen Konsens in Leipzig. Dieser wird ersetzt durch ein Klima von Unsicherheit und Misstrauen. Deshalb unterstützt der Begleitausschuss die couragierte Entscheidung der Vereine, die Extre- mismusklausel nicht zu unterschreiben. Der Begleitausschuss hofft, dass sie trotz der fehlenden Zuwendung ihre Projekte durchführen können.

5. Mit großer Sorge sieht der Begleitausschuss, dass in Leipzig die erfolgreiche Arbeit durch diese jetzt eingetretene Vertrauens- und damit in der Folge Fördermittelkrise gefährdet ist.

6. Der Begleitausschuss beauftragt seinen Vorsitzenden, einen Brief an das BMFSFJ zu richten, der diese Auffassung verdeutlicht und zugleich anbietet, sie in Berlin auch persönlich durch prominente Mitglieder zu erläutern.

7. Der Begleitausschuss beauftragt seinen Vorsitzenden, dieses Schreiben an das BMFSFJ dem Oberbürgermeister in dessen Rolle als Vorsitzender des Stadtrates zur Kenntnis zu geben, und eine Aussprache im Ältestenrat anzuregen. +++ www.aktionsplan-leipzig.de

Kontakt: Dr. Siegfried Haller, Leiter des Amtes für Jugend, Familie und Bildung, Vorsitzender des Begleitausschusses, Tel. 123-4494

Referat Kommunikation Neues Rathaus Telefon: 0341 123-2040 Martin-Luther-Ring 4 - 6 Telefax: 0341 123-2045 04109 Leipzig E-Mail: [email protected] 441-mmb-Begleitausschuss Extremismusklausel.doc Seite 1 von 1

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 5/4119 5. Wahlperiode 24.02.2011

KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Peter Ritter, Fraktion DIE LINKE

Umsetzung der sogenannten Extremismusklausel im Bundesprogramm „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ und

ANTWORT der Landesregierung

Nach dem Willen der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) erhalten Projektträger in ihrem Einsatz gegen den Rechtsextremismus nur dann Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“, wenn sie die sogenannte Extremismusklausel unter- schreiben. In der Betätigungserklärung haben die Träger der geförderten Maßnahme im Rahmen ihrer „Möglichkeiten und auf eigene Verantwor- tung dafür Sorge zu tragen, dass die als „Partner ausgewählten Organisa- tionen, Referenten etc. sich ebenfalls den Zielen des Grundgesetzes verpflichten“. Zudem müsste den Trägern bewusst sein, „dass keinesfalls der Anschein erweckt werden darf, dass einer Unterstützung extremis- tischer Strukturen durch die Gewährung materieller oder immaterieller Leistungen Vorschub geleistet wird“. Nach einem Gutachten des Verwaltungsrechtlers Prof. Dr. Ulrich Battis vom 29. November 2010 ist die Klausel mit dem Grundgesetz weitgehend unvereinbar. Mehrere Ini- tiativen haben bereits angekündigt, die Unterzeichnung zu verweigern. Einzelne Projektträger haben sogar Ehrungen wegen der Extremismus- klausel abgelehnt. Nach Auffassung des Bündnisses für Demokratie und Toleranz ist die sog. Extremismusklausel geeignet, das „Klima zu vergif- ten und der gemeinsamen Sache zu schaden“ (z. B. Spiegel online vom 15.01.2011).

Die Ministerin für Soziales und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 24. Februar 2011 beantwortet. Drucksache 5/4119 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 5. Wahlperiode

1. Wie gestaltet sich nach Kenntnis der Landesregierung der Umset- zungsstand der sogenannten Extremismusklausel in Mecklenburg- Vorpommern?

Infolge eines Zuwendungsbescheides des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Programm „Toleranz fördern - Kompetenzen stärken“ an das Ministe- rium für Soziales und Gesundheit werden Fördermittel an drei Träger weitergereicht, die durch diese Nebenbestimmung des Zuwendungsbescheides angehalten sind, die Erklärung zu unterzeichnen.

Des Weiteren werden alle Träger, die im Rahmen der 16 Lokalen Aktionspläne oder der drei Bundesmodellprojekte in Mecklenburg-Vorpommern eine direkte Förderung aus dem Programm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Toleranz fördern - Kompetenzen stärken“ erhalten, eine solche Erklärung unterschreiben müssen, um ihre jeweilige Förderung ausgezahlt zu bekommen.

2. Welche praktischen Probleme sind nach Auffassung der Landesregie- rung bei der Umsetzung der sogenannten Extremismusklausel zu erwarten?

Der Landesregierung ist bekannt, dass sich einige aus Bundesmitteln geförderte Träger gegenwärtig weigern, die Erklärung zu unterzeichnen. An diese Träger dürfen nur dann Bundesmittel ausgereicht werden, wenn sie die Erklärung unterzeichnet haben.

3. Welche Erfahrungen mit sogenannten Extremismusklauseln liegen der Landesregierung aus anderen Bundesländern vor?

Der Landesregierung ist bekannt, dass andere Bundesländer erhebliche Bedenken gegenüber dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geäußert haben, diese Erklärung als verbindliche Nebenbestimmung in den Zuwendungsbescheiden anzuerkennen und von dem Bund erwarten, sich auf den unstrittigen ersten Teil der Erklärung zu beschränken. Das Ministerium für Soziales und Gesundheit hat seine ablehnende Haltung ebenso dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitgeteilt.

2 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 5. Wahlperiode Drucksache 5/4119

4. Sind nach Auffassung der Landesregierung die Projektträger in Mecklenburg-Vorpommern zukünftig gehalten, ggf. auch Berichte der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder im Vorfeld der Auswahl von „Partnern“ zu berücksichtigen?

a) Zu welchen weiteren Maßnahmen können nach Auffassung der Landesregierung die Projektpartner bei der Auswahl ihrer „Partner“ verpflichtet sein? b) Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen Projektträger im Land mit als „extremistisch“ eingeschätzten Partnern zusammen gearbeitet haben (bitte für den Zeitraum 2006 bis 2010 angeben)? c) Hat die Landesregierung Anhaltspunkte, dass Projektträger im Land mit als „extremistisch“ eingeschätzten Partnern zusammen arbeiten?

Die Fragen 4 und a) werden zusammenhängend beantwortet.

Träger, die Fördermittel aus dem oben genannten Bundesprogramm in Anspruch genommen und zuvor diese Erklärung unterzeichnet haben, müssen dokumentieren, wie und auf welchem Wege sie gewährleisten, dass ihre „Partner“ verfassungstreu tätig sind. Dazu ist es möglicherweise erforderlich, sich mit Veröffentlichungen der Landes- beziehungsweise Bundesbehörden des Verfassungsschutzes vertraut zu machen. Das Ministerium für Soziales und Gesundheit lehnt ein solches Vorgehen grundsätzlich ab.

Zu b) und c)

Der Landesregierung sind keine Projektträger von Maßnahmen für Demokratie und Toleranz bekannt, die im Land mit als „extremistisch“ eingeschätzten Partnern zusammen arbeiten oder gearbeitet haben.

5. Hat die Landesregierung bislang die Zuwendung von Landesmitteln an die Unterzeichnung einer inhaltsgleichen Klausel durch die Projektträger gebunden (Antwort bitte begründen)?

Die Ausreichung von Landesmitteln auf dem Zuwendungsweg an Träger ist nicht an die Erklärung aus dem oben genannten Bundesprogramm gebunden; es gelten die Bestimmungen des § 74 Absatz 1 Satz 5 aus dem Achten Buch Sozialgesetzbuch.

3 Drucksache 5/4119 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 5. Wahlperiode

6. Wer bewertet, ob ein Projektträger seiner Verpflichtung aus den Sätzen zwei und drei der Betätigungserklärung hinreichend nach- gekommen ist und welche Rechtsfolgen erwachsen aus einem Verstoß?

Das Bundesamt für den Zivildienst als beauftragte Koordinierungs- und Zentralstelle des oben genannten Bundesprogramms entscheidet in Zweifelsfällen, inwieweit ein Projektträger seiner Verpflichtung aus den Sätzen zwei und drei der Betätigungserklärung hinreichend nachgekommen ist und welche Rechtsfolgen aus einem Verstoß erwachsen.

7. Inwiefern teilt die Landesregierung die oben genannte Auffassung des Bündnisses für Demokratie und Toleranz zur sogennanten Extremis- musklausel?

Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geforderte Erklärung im Satz eins der Einverständniserklärung unbedenklich ist. Hinsichtlich der Verpflichtung aus den Sätzen zwei und drei ist die Landesregierung der Auffassung, dass diese nicht hilfreich sind, um das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Trägern und Partnern zu befördern. Die Landesregierung arbeitet seit vielen Jahren mit den Trägern von Maßnahmen zur Förderung von Demokratie und Toleranz zusammen und wird sich dafür einsetzen, dass die Bundesmittel an diese Träger ohne Auflage zur Unterschrift zum zweiten Teil der Erklärung ausgezahlt werden können.

8. Inwiefern teilt die Landesregierung verfassungsrechtliche Bedenken gegen die oben genannte „Extremismusklausel“ im Hinblick auf den zweiten und dritten Satz der Betätigungserklärung?

Aus Sicht der Landesregierung stößt Satz eins der Einverständniserklärung auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Hingegen stoßen die Sätze zwei und drei der Einverständ- niserklärung im Rahmen von Zuwendungsverfahren hinsichtlich des Bestimmtheitsgebotes auf verfassungsrechtliche Bedenken.

9. Inwieweit und mit welcher Position war die Landesregierung bei der Erarbeitung der Betätigungserklärung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beteiligt?

Die Landesregierung war an der Erarbeitung der Erklärung nicht beteiligt.

4 LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 5/4255 5. Wahlperiode 30.03.2011

ANTRAG der Fraktion DIE LINKE

„Extremismusklausel“ im Bundesprogramm „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ ablehnen

Der Landtag möge beschließen:

1. Der Landtag lehnt die sogenannte Extremismusklausel im Bundesprogramm „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ ab. Neben erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken sind wesentliche Aussagen der geforderten Betätigungserklärungen geeignet, ein Klima des Misstrauens zu schaffen und damit die Zusammenarbeit von Projektträgern mit ihren Partner erheblich zu belasten. Ein erforderliches Vertrauensverhältnis zwischen Projektträgern und ihren Partnern kann unter diesen Rahmenbedingungen nicht entstehen. Der Landtag betont, dass in Mecklenburg-Vorpommern keine Fälle bekannt sind, in dem Projektträger von Maßnahmen für Demokratie und Toleranz mit als „extremistisch“ eingeschätzten Partnern zusammen arbeiten oder gearbeitet haben.

2. Der Landtag begrüßt, dass auch die Landesregierung die Auffassung des Landtages teilt und ihre ablehnende Haltung dem zuständigen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitgeteilt hat. Die Landesregierung wird darüber hinaus aufgefordert, auf Bundesebene mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln weiterhin auf einen Verzicht der Extremismusklausel hinzuwirken.

Helmut Holter und Fraktion

Drucksache 5/4255 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 5. Wahlperiode

Begründung:

Nach dem Willen der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) erhalten Projektträger für ihren Einsatz gegen den Rechtsextremismus nur dann Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“, wenn sie die sog. Extremis- musklausel unterschreiben. Neben einem Bekenntnis zur freiheitlichendemokratischen Grund- ordnung und einer Gewährleistung von Arbeit, die den Zielen des Grundgesetzes förderlich ist, heißt es in der Betätigungserklärung weiter:

„Als Träger der geförderten Maßnahmen haben wir zudem im Rahmen unserer Möglichkeiten und auf eigene Verantwortung dafür Sorge zu tragen, dass die als Partner ausgewählten Organisationen, Referenten etc. sich ebenfalls den Zielen des Grundgesetzes verpflichten. Uns ist bewusst, dass keinesfalls der Anschein erweckt werden darf, dass einer Unterstützung extremistischer Strukturen durch die Gewährung materieller oder immaterieller Leistungen Vorschub geleistet wird“.

Diese Sätze zwei und drei der Betätigungserklärung begegnen erheblichen verfassungs- rechtlichen Bedenken. Nach einem Gutachten des Verwaltungsrechtlers Prof. Dr. Ulrich Battis vom 29. November 2010 ist die Klausel mit dem Grundgesetz weitgehend unvereinbar. Mehrere Initiativen haben bereits angekündigt, die Unterzeichnung zu verweigern. Einzelne Projektträger haben sogar Ehrungen wegen der Extremismusklausel abgelehnt. Nach Auffassung des Bündnisses für Demokratie und Toleranz ist die sog. Extremismusklausel geeignet, das „Klima zu vergiften und der gemeinsamen Sache zu schaden“. Auch in Mecklenburg-Vorpommern kritisieren die Projektträger diese Regelungen scharf.

Wie Mecklenburg-Vorpommern haben auch andere Bundesländer erhebliche Bedenken gegenüber dem Bundesfamilienministerium geäußert. Zur Auffassung der Landesregierung wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Peter Ritter, Fraktion DIE LINKE, verwiesen (Drucksache 5/4119). So hat das Land Berlin Widerspruch gegen die Kopplung der „Extremismusklausel“ an die Förderung von Projektträgern eingelegt, die Sozialministerin des Freistaates Thüringen wiederum, Heike Taubert (SPD), bezeichnete die Regelungen gar als „Gesinnungsschnüffelei“.

Aufgrund der verheerenden Auswirkungen auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern ist es geboten, die Landesregierung aufzufordern, auf Bundesebene mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mittel weiterhin auf einen Verzicht der sogenannten Extremismusklausel hinzuwirken.

2 42 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 5. Wahlperiode – 120. Sitzung am 13. April 2011

Dazu kommt, dass das Land kaum neue Lehrer einstel- Das wird allerdings nicht funktionieren. Hier brauchen len will oder kann. Wurden im Jahr 2001 noch 56 neue wir eine bessere Bedarfsplanung und wir brauchen für Lehrer eingestellt, so waren es in 2010 gerade einmal die Lehrer ordentliche Rahmenbedingungen. Hier haben noch 15. Dem gegenüber steht eine wachsende Zahl an Sie jahrelang geschlafen. Mit dem vorgelegten Antrag altersbedingten Abgängen. Selbst wenn wir jetzt mehr wollen Sie Ihre verschnarchte Schulpolitik nur verschlei- junge Lehrer einstellen wollten, so fehlen uns die Fach- ern und Aktionismus vorgaukeln. Die NPD-Fraktion lehnt kräfte, denn das Land bildet gerade im Bereich der diesen Antrag daher folgerichtig ab. berufsbildenden Fächer keinen Nachwuchs aus. Und zu (Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD) guter Letzt gilt zu konstatieren: In der Landesregierung hat berufliche Bildung offensichtlich nur einen sehr gerin- Vizepräsident Hans Kreher: Meine Damen und Her- gen Stellenwert, denn die ehemals bestehende Abteilung ren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich Berufliche Bildung ist in dieser Form nicht mehr existent. schließe die Aussprache. Wir Liberalen fordern deshalb von der Landesregierung Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag nicht – wie die Koalitionäre – Flickschustereien, sondern der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/4251 einen viel umfassenderen Maßnahmenkatalog. Insofern zur Beratung an den Bildungsausschuss zu überwei- würden wir heute dem Antrag der LINKEN zunächst mal sen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – zustimmen, damit das wirklich in einen großen Maßnah- Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltung? – Damit menkatalog münden kann, dass wir es in den Ausschuss ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der mit überweisen und dort zum Beispiel darüber beraten, Fraktion DIE LINKE, der FDP und der NPD, aber Ableh- wie es in das Lehrerbildungsgesetz mit einbezogen wer- nung der Fraktionen von SPD und CDU abgelehnt. den kann. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Frak- Wir werden dann allerdings, wenn nicht so gestimmt tionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/4251. Wer wird, dem grundsätzlichen Anliegen hier zustimmen, dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Hand- weil es aus unserer Sicht schon notwendig ist, etwas zu zeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthal- tun. Aber insgesamt bleiben wir dabei: Dies ist nur Flick- tung? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktionen der schusterei. – Danke schön, meine Damen und Herren. SPD und CDU auf Drucksache 5/4251 bei Zustimmung der Fraktionen von SPD, CDU und FDP, Ablehnung der (Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP) Fraktion der NPD und Enthaltung der Fraktion DIE LINKE Vizepräsident Andreas Bluhm: Danke schön, Herr Kre- angenommen. her. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abge- Antrages der Fraktion DIE LINKE – „Extremismusklau- ordnete Lüssow. Bitte, Herr Abgeordneter. sel“ im Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ ablehnen, Drucksache 5/4255. Birger Lüssow, NPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fortbildung von Lehrern an den Berufsschu- Antrag der Fraktion DIE LINKE: len des Landes ist grundsätzlich zu begrüßen. Warum „Extremismusklausel“ im Sie hierzu die von Ihnen getragene Landesregierung auf- Bundesprogramm „Toleranz fördern – fordern müssen, diese Fortbildung im Rahmen der zur Kompetenz stärken“ ablehnen Verfügung stehenden Haushaltsansätze durchzuführen, – Drucksache 5/4255 – ist allerdings zu hinterfragen. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Rit- (Vizepräsident Hans Kreher ter von der Fraktion DIE LINKE. übernimmt den Vorsitz.) Peter Ritter, DIE LINKE: Herr Präsident! Meine sehr ver- Sie wollen also die sogenannten Seiteneinsteiger in den ehrten Damen und Herren! Seit Monaten herrscht bei Vorbereitungsdienst aufnehmen und diese dann die den Trägern von Projekten gegen Rechtsextremismus, Zweite Staatsprüfung ablegen lassen. Hiervon halten Rassismus und Antisemitismus Unruhe, Verärgerung wir überhaupt nichts, denn die Seiteneinsteiger wurden und Unverständnis. Sie sehen sich bundesweit mit einer doch gerade wegen ihrer besonderen fachlichen Quali- neuen sogenannten Extremismusklausel konfrontiert. fikation eingestellt. Diese nach drei oder mehreren Jah- Im Rahmen der Förderung aus dem Bundesprogramm ren nochmals in den Vorbereitungsdienst zu drücken, ist „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ erhalten alle weder sinnvoll noch pädagogisch nutzbringend. Projektträger nur dann Fördermittel, wenn sie folgende (Zuruf von Angelika Peters, SPD) Erklärung unterschreiben, ich zitiere: Besser ist es, die übliche Lehrerweiterbildung zu nutzen. „Hiermit bestätigen wir, dass wir Die Seiteneinsteiger waren bisher durch ihre fachliche – uns zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung Qualifikation in den Lehrerdienst übernommen worden. der Bundesrepublik Deutschland bekennen und Warum sollen sie denn jetzt noch eine Referendar- zeit absolvieren mit dem Ziel der Ablegung der Zweiten – eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit Staatsprüfung? Was hat dies denn bitte schön mit Fort- gewährleisten. bildung zu tun? Dann handelt es sich doch eher um eine Als Träger der geförderten Maßnahmen haben wir zudem Ausbildung und nicht mehr um eine Fortbildung. im Rahmen unserer Möglichkeiten und auf eigene Ver- Was Sie eigentlich mit Ihrem Antrag bezwecken wollen, antwortung dafür Sorge zu tragen, dass die als Part- erschließt sich bei genauerem Hinsehen aus der Begrün- ner ausgewählten Organisationen, Referenten etc. sich dung Ihres Antrages. Sie wollen über den Umweg der ebenfalls den Zielen des Grundgesetzes verpflichten. Seiteneinsteiger an Berufsschulen nämlich dem Lehrer- Uns ist bewusst, dass keinesfalls der Anschein erweckt mangel im gymnasialen Bereich entgegenwirken. Dies werden darf, dass einer Unterstützung extremistischer folgt klar aus dem letzten Satz Ihrer Begründung zu Strukturen durch die Gewährung materieller oder imma- Ihrem Antrag. terieller Leistungen Vorschub geleistet wird.“ Zitatende. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 5. Wahlperiode – 120. Sitzung am 13. April 2011 43

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bundesweit regt sich ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vor allem gegen die Sätze 2 und 3 dieser Erklärung geäußert haben, diese Erklärung als verbindliche Neben- erheblicher Protest. Neben der SPD, der LINKEN und bestimmung in den Zuwendungsbescheiden anzuerken- den Grünen und ihren Jugendorganisationen haben sich nen und von dem Bund erwarten, sich auf den unstrit- insbesondere die betroffenen Projektpartner entschie- tigen ersten Teil der Erklärung zu beschränken. Das den gegen diese Bestätigungserklärung ausgesprochen. Ministerium für Soziales und Gesundheit hat seine ableh- nende Haltung ebenso dem Bundesministerium für (Zuruf von Marc Reinhardt, CDU) Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitgeteilt.“ Und da Sie ist, Herr Reinhardt, rechtlich höchst bedenklich. Ver- sage ich: Gut so, Frau Ministerin! schiedene Juristen haben klar festgestellt, dass diese Weiter heißt es, ich zitiere: „Träger, die Fördermittel aus Sätze 2 und 3 gleich mehrere Rechtsgrundsätze ver- dem oben genannten Bundesprogramm in Anspruch letzen, namentlich den Gleichheitssatz nach Artikel 3 genommen und zuvor diese Erklärung unterzeichnet Absatz 1 Grundgesetz sowie den Grundsatz der Verhält- haben, müssen dokumentieren, wie und auf welchem nismäßigkeit, der Meinungsfreiheit und des Bestimmt- Wege sie gewährleisten, dass ihre ‚Partner‘ verfas- heitsgebots. Ich verweise an dieser Stelle auf die ein- sungstreu tätig sind. Dazu ist es möglicherweise erfor- schlägigen Stellungnahmen von Professor Ulrich Battis derlich, sich mit Veröffentlichungen der Landes- bezie- vom 29. November 2010 oder auch auf eine Ausarbei- hungsweise Bundesbehörden des Verfassungsschutzes tung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen vertraut zu machen. Das Ministerium für Soziales und Bundestages zum Thema „Bekenntnisklausel im Zuwen- Gesundheit lehnt ein solches Vorgehen grundsätzlich dungsbereich“ vom 13. Januar 2011. ab.“ Zitatende. Auch das ist gut so. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie unter Juristen Wie verlässlich Verfassungsschutzberichte manchmal üblich, gibt es natürlich auch gegenteilige Auffassungen. sein können, verdeutlichen Beispiele aus Nordrhein- Im Auftrag der Urheberin dieser Extremismusklausel, der CDU-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, Westfalen und Bayern. Gerichte stellten vor Kurzem fest, konnte Professor Fritz Ossenbühl in seinem Gutachten dass antifaschistische Zeitungen und Archive von den vom Februar 2011 keine rechtlichen Probleme erkennen. Landesämtern für Verfassungsschutz zu Unrecht als Welch eine Überraschung! Aber dieses Gutachten war linksextremistisch eingestuft wurden. offenbar nötig gewesen, weil das Land Berlin sich gegen Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, zur tatsächlichen diese Klausel ausgesprochen hat und Widerspruch ein- Situation in Mecklenburg-Vorpommern führte die Lan- legte. desregierung vielsagend aus, ich zitiere: „Der Landes- Meine sehr verehrten Damen und Herren, juristische regierung sind keine Projektträger von Maßnahmen für Unbedenklichkeitsbescheinigungen wie die im Gutach- Demokratie und Toleranz bekannt, die im Land mit als ten des Bundesfamilienministeriums überzeugen bei ‚extremistisch‘ eingeschätzten Partnern zusammen dieser Extremismusklausel aber nicht. Losgelöst von arbeiten oder gearbeitet haben.“ Zitatende. juristischen Fragen möchte ich daher auf weitere Ableh- (Marc Reinhardt, CDU: Dann können nungsgründe verweisen. wir das auch alle unterstützen.) Alle betroffenen Projektträger und alle, die das Enga- Weiter im Text: „Die Landesregierung ist der Auffassung, gement gegen den Rechtsextremismus unterstützen, dass die beim Bundesministerium für Familie, Senioren, schütteln nämlich auch aus anderen Gründen den Kopf. Frauen und Jugend geforderte Erklärung im Satz eins Es gab sogar bereits Projektträger wie zum Beispiel das der Einverständniserklärung unbedenklich ist.“ Alternative Kultur- und Bildungszentrum in Sach- sen, die als Hauptpreisträger Förderpreise ablehnten aus Ich unterbreche das Zitat, um Ihnen zu sagen, Herr Rein- Protest gegen eine solche Extremismusklausel. hardt, mit Ihren Zwischenrufen belegen Sie eindeutig, dass Sie nicht verstanden haben an der Stelle, worum Ich möchte an dieser Stelle an die ehemalige SPD-Kan- es geht. didatin für das Amt des Bundespräsidenten Gesine Schwan erinnern, die vor einer Kultur des Missbrauchs (Marc Reinhardt, CDU: Eine andere gewarnt hat, oder die SPD-Sozialministerin des Freistaa- Meinung ist hier seit 20 Jahren möglich.) tes Thüringen Frau Heike Taubert, die in diesem Zusam- Und Sie diskreditieren auch, Herr Reinhardt, menhang von Gesinnungsschnüffelei sprach. (Marc Reinhardt, CDU: Eine Aber ich möchte nachfolgend auch auf die Antwort andere Meinung ist hier möglich.) unserer Landesregierung auf meine Kleine Anfrage ver- weisen. Und ich habe die Hoffnung und in Vertretung der Herr Reinhardt, Sie diskreditieren auch die Menschen, hiesigen Projektträger die Erwartung, dass der Landtag die sich jetzt zum Beispiel in zusammengefun- sich auch dieser Auffassung der Landesregierung durch den haben im Aktionsbündnis zum 8. Mai und sich dort Zustimmung zu unserem Antrag anschließt und somit gegen den Naziaufmarsch stellen. auch insbesondere unserer Sozialministerin in der Aus- (Beifall bei Abgeordneten einandersetzung mit der Bundesministerin den Rücken der Fraktion DIE LINKE) stärkt. Auch diese Leute führen Sie hiermit hinters Licht. Das Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf meine Kleine will ich Ihnen ganz deutlich sagen. Anfrage vom 24. Februar 2011 hat die Landesregierung – die Landesregierung wird von SPD und CDU gestellt und (Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, ich gehe davon aus, dass also auch die CDU diese Ant- und Michael Andrejewski, NPD) wort teilt – Folgendes bekannt gegeben, ich zitiere: Ich zitiere weiter: „Hinsichtlich der Verpflichtung aus den „Der Landesregierung ist bekannt, dass andere Bundes- Sätzen zwei und drei ist die Landesregierung der Auffas- länder erhebliche Bedenken gegenüber dem Bundes- sung, dass diese nicht hilfreich sind, um das notwendige 44 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 5. Wahlperiode – 120. Sitzung am 13. April 2011

Vertrauensverhältnis zwischen Trägern und Partnern zu Leitsatz „Mehr Vertrauen wagen!“ möchte auch ich über befördern. Die Landesregierung arbeitet seit vielen Jah- meinen Beitrag stellen. ren mit den Trägern von Maßnahmen zur Förderung von Im Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz Demokratie und Toleranz zusammen und wird sich dafür stärken“, einem Nachfolgeprogramm des in unserem einsetzen, dass die Bundesmittel an diese Träger ohne Land sehr bekannten CIVITAS-Programms, wird eine Auflage zur Unterschrift zum zweiten Teil der Erklärung Erklärung von den geförderten Trägern verlangt, die ich ausgezahlt werden können.“ ablehne. Der Bund schreibt vor, dass Träger, die diese Und ein letztes Zitat aus der Antwort der Landesregie- Erklärung nicht unterschreiben, keine finanziellen Mittel rung auf meine Anfrage: „Aus Sicht der Landesregie- erhalten dürfen. rung stößt Satz eins der Einverständniserklärung auf Es ist aus meiner Sicht nicht zu verantworten, ich zitiere keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Hingegen sto- auszugsweise, dass Träger in eigener Verantwortung ßen die Sätze zwei und drei der Einverständniserklä- „dafür Sorge zu tragen (haben)“, dass sich ihre Partner rung im Rahmen von Zuwendungsverfahren hinsichtlich und Referenten „ebenfalls den Zielen des Grundgeset- des Bestimmtheitsgebotes auf verfassungsrechtliche zes verpflichten“, Zitatende. Vielmehr muss ich mich als Bedenken.“ Zitatende. Fachministerin darauf verlassen können, dass Träger von Und ich betone noch einmal, das ist die Antwort der Lan- Projekten der Demokratie und Toleranz grundsätzlich nur desregierung und nicht die Antwort einer Ministerin. Und mit Partnern kooperieren, die auf dem Boden der frei- deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, dürfte es der heitlichen demokratischen Grundordnung stehen. Aber Koalition nicht schwerfallen, unserem Antrag zuzustim- keinesfalls darf ich Träger ermuntern oder auffordern, men die Gesinnung ihrer Partner zu überprüfen oder gar zu bescheinigen. Wer das tut, regt zur Gesinnungsschnüf- (Marc Reinhardt, CDU: Das werden wir nicht.) felung an und zerstört das notwendige Vertrauensver- und der Landesregierung damit in ihrer Haltung den hältnis zwischen Partnern und Trägern. Rücken zu stärken. (Michael Andrejewski, NPD: (Beifall bei Abgeordneten Das machen Sie doch nur.) der Fraktion DIE LINKE) Die Landesregierung hat in Beantwortung der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE zu diesem Thema diese Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, bedarf es noch geforderte Erklärung als verfassungsrechtlich bedenk- mehr Gründe, um sich klar gegen diese sogenannte Ext- lich eingeschätzt. Ich selber habe mich mit einem Brief remismusklausel auszusprechen? Das kann doch außer an Bundesministerin Frau Dr. Schröder gewandt und ein- Herrn Reinhardt wohl niemand ernsthaft so sehen. Und dringlich darum gebeten, auf diesen Teil der Erklärung zu aus diesem Grunde werbe ich um Zustimmung zu unse- verzichten und es bei den bisherigen Formulierungen zu rem Antrag. Auch der Landtag Mecklenburg-Vorpom- belassen, dass nur diejenigen Träger gefördert werden mern sollte heute die sogenannte Extremismusklausel im sollen, die die Gewähr für eine den Zielen des Grundge- Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stär- setzes förderliche Arbeit bieten. ken“ ablehnen. Ich will ausdrücklich betonen, dass ich es für richtig und (Zuruf von Stefan Köster, NPD) wichtig halte, dass wir uns davon überzeugen, dass alle Auch ist es erforderlich, Träger auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und auch nur dann gefördert werden können. Deswegen ist (Zuruf von Michael Andrejewski, NPD) dieser Teil der Erklärung auch nicht strittig. Und um diese dass die Landesregierung auf Bundesebene mit allen Position auch zu stärken, will ich ausdrücklich sagen, ihr zur Verfügung stehenden Mitteln weiterhin auf einen diejenigen, die sich auf dem Boden des Grundgeset- Verzicht auf die Extremismusklausel hinwirkt. Wenn alle zes bewegen, Herr Abgeordneter Reinhardt, die haben demokratischen Fraktionen dies auch so sehen, dann natürlich auch im Blick, dass, wenn es offensichtlich ist, stimmen Sie mit Ja und unterstützen Sie unsere Landes- dass ihre Träger extremistischen Bewegungen angehö- regierung! Dies wird den zahlreich Engagierten gegen ren, dass sie dann gar nicht zusammenarbeiten. Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Aber wogegen wir uns wehren und die Praktiker vor Ort, unserem Land guttun. – Danke schön. die dort die Flagge im wahrsten Sinne des Wortes an der (Beifall bei Abgeordneten Front hochhalten und nicht hier nur gute Sonntagsre- der Fraktion DIE LINKE) den halten im Landtag, dass diese Träger, dass man von denen nicht verlangen kann, dass die noch hingehen und Vizepräsident Hans Kreher: Danke, Herr Ritter. jeden hinterfragen. Wie soll das praktisch in einer Kri- Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine senintervention stattfinden, dass, wenn Leute kommen Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. mit Problemen, als Erstes gefragt wird, du, Vereinsvorsit- Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so zender, weise mir erst mal nach, dass du auf dem Boden beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. des Grundgesetzes stehst? Das geht zu weit. Wolfgang Thierse sagt zu Recht: „Mehr Vertrauen Um das Wort hat zunächst gebeten die Ministerin für wagen!“. Und wir befinden uns genau in diesem Spa- Soziales und Gesundheit Frau Schwesig. Frau Schwesig, gat. Wie weit kann das Vertrauen gehen und wo sind die Sie haben das Wort. Grenzen? Und ich finde, dass man diese Grenze sehr gut Ministerin Manuela Schwesig: Sehr geehrter Herr Prä- ziehen kann mit einer Grundsatzerklärung zur freiheit- sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge- lich-demokratischen Grundordnung und dass man nicht ordnete! „Mehr Vertrauen wagen!“, diesen Leitsatz hat übers Ziel hinausschießen sollte. Und das unterscheidet der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Thierse über auch Maßnahmen, die der Innenminister und ich in unse- seine Rede zum Umgang mit der Demokratieerklärung, rem Land angeschoben haben, denn wir gehen hier stu- sogenannte Extremismusklausel, gestellt. Und diesen fenweise vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 5. Wahlperiode – 120. Sitzung am 13. April 2011 45

Und deswegen hat mein Haus auch gegen die Erklärung Ralf Grabow, FDP: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine als Bedingung im Zuwendungsbescheid des Bundes Damen und Herren! Worum geht es in der Debatte der Widerspruch eingelegt und darin klargestellt, dass unser LINKEN, Land diese Erklärung in diesem Umfang aus verfas- (Marc Reinhardt, CDU: Des Kaisers Bart.) sungsrechtlichen Erwägungen nicht weiterreichen darf. die diese ja bereits im Februar dieses Jahres im Bundes- (Marc Reinhardt, CDU: Wenn Sie keine tag geführt haben? Es geht darum, dass sich Träger von anderen Sorgen haben, dann ist es ja gut.) bundesgeförderten Maßnahmen gegen Extremismus zur Ich sehe die Gefahr, dass diese geforderte Erklärung in freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen der Trägerlandschaft ein Klima des Misstrauens schaf- müssen. fen wird und nicht dazu beiträgt, dringend notwendiges (Peter Ritter, DIE LINKE: zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern. Deshalb Nicht nur darum, Herr Grabow.) bringt uns diese Erklärung nicht weiter, sondern ich sehe die Gefahr, dass sie die gute, engagierte Arbeit vor Ort Aus dem Demokratieverständnis der FDP heraus gibt behindert. es daran keinen Zweifel. Für uns Liberale ist ein solches Bekenntnis eine Selbstverständlichkeit. Aber nicht nur (Beifall bei Abgeordneten wir Liberalen vertreten diesen Standpunkt. Die aktuelle der Fraktion DIE LINKE) Formulierung ist bereits im Jahr 2004 unter dem SPD- Und ich will ausdrücklich sagen, jede Form des Extre- Staatssekretär Lutz Diwell im Innenministerium entstan- mismus ist abzulehnen und zu bekämpfen. Aber ich den. würde mir wünschen, dass die Bundesministerin Frau (Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es. Sehr gut.) Dr. Schröder meine Einladung endlich annimmt und sich tatsächlich vergewissert und sich mal einen praktischen Die damalige rot-grüne Bundesregierung hat sich dazu Einblick verschafft von der Arbeit unserer Demokratie- klar positioniert und die Träger von bundesgeförderten zentren und unserer Regionalzentren. Und hier muss ich Maßnahmen in einem Brief über diese Position infor- eindeutig sagen, deren Arbeit überwiegt in der Bekämp- miert. Darin heißt es, ich zitiere, für die Bundesregie- fung des Rechtsextremismus, den wir leider auch bild- rung ist klar, „Personen oder Organisationen, die nicht lich vor uns haben. die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes för- derliche Arbeit bieten, dürfen weder direkt noch indirekt (Unruhe bei Abgeordneten der durch Bundesbehörden gefördert werden“. Am Ende Fraktion der NPD – Stefan Köster, NPD: des Briefes steht dann genau der Satz, der auch heute in Oh, ich fang gleich an zu heulen.) der sogenannten Extremismusklausel von Frau Bundes- Und deswegen sollte man auch nicht die Probleme, die ministerin Schröder steht, ich zitiere weiter: „Der Träger in Deutschland sicherlich unterschiedlich sind, auf eine der geförderten Maßnahmen hat im Rahmen seiner Mög- Stufe stellen, sondern klar sehen, dass wir hier große lichkeiten – Literatur, Kontakte zu anderen Trägern – die Probleme haben mit der Bekämpfung des Rechtsextre- Unbedenklichkeit der als Partner ausgewählten Organi- mismus. Und ich spreche allen Mitarbeiterinnen und Mit- sationen, Referenten et cetera zu prüfen.“ Zitatende. arbeitern und den ehrenamtlich Aktiven in den Regional- Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können also zentren meine Hochachtung aus, denn sie halten nicht festhalten, dass es einen breiten gesellschaftlichen Kon- nur Sonntagsreden sens der CDU, der FDP, der SPD und der Grünen – die (Stefan Köster, NPD: CSU habe ich, glaube ich, jetzt vergessen – für die Ext- Wir kämpfen an der Front.) remismusklausel gibt. Dass SPD und Grüne von die- sem Konsens im Februar dieses Jahres in der Debatte und machen unbrauchbare Zwischenbemerkungen, son- im Bundestag nichts mehr wissen wollten, ist schon sehr dern die kämpfen wirklich vorne ganz alleine, oftmals verwunderlich. Aber die Bundesregierung hat, aus mei- sehr alleine. ner Sicht vollkommen zu Recht, nicht versucht, das Rad (Zuruf von Stefan Köster, NPD) neu zu erfinden, sondern weiter auf die bewährte Formu- lierung gesetzt. Und deswegen haben sie unsere Rückenstärkung ver- dient und nicht unser Misstrauen. Es gibt viele Gutachten, die sich mit dieser Extremismus- klausel beschäftigen. Einige von ihnen sehen die Formu- (Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD) lierung kritisch. Aber es gibt auch genug Gutachter, die Sehr geehrte Abgeordnete der demokratischen Fraktio- darin keine Probleme sehen. Natürlich kann man jetzt nen, wir waren uns immer einig, wir brauchen eine Kul- noch einmal über Formulierungsfragen diskutieren, aber tur der Anerkennung für das Engagement im Bereich von das sollten wir doch dann dort tun, wo die Debatte hin- Demokratie und Toleranz. gehört, nämlich im Deutschen Bundestag (Zuruf von Michael Andrejewski, NPD) (Marc Reinhardt, CDU: Sehr richtig.) Der überparteiliche Konsens zur Stärkung der Zivilgesell- und nicht im Land Mecklenburg-Vorpommern. – Wir leh- schaft und gegen extremistische Tendenzen in unserem nen den Antrag ab. Land sollte das Leitbild bleiben und die Gemeinschaft (Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP) derjenigen Träger nicht in Gefahr bringen, die sich hier mit viel Kraft und häufig auch allein einbringen. – Vielen Vizepräsident Hans Kreher: Danke, Herr Grabow. Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Jäger von (Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD) der Fraktion der CDU. Vizepräsident Hans Kreher: Das Wort hat jetzt der Dr. Armin Jäger, CDU: Herr Präsident! Meine Damen Abgeordnete Herr Grabow von der Fraktion der FDP. und Herren Kollegen! Ich wollte eigentlich eine ganz 46 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 5. Wahlperiode – 120. Sitzung am 13. April 2011 andere Rede halten. Aber ich stelle fest, dass es sehr über die wir hier konkret reden, die wir alle kennen, keine viel Übereinstimmung in diesem Hause gibt darüber, Probleme darin sieht. wie Extremismusklauseln in der Vergangenheit, in der Ich habe nur ein Problem damit, den Eindruck zu erwe- Gegenwart und in der Zukunft gehandhabt werden und cken, als müsste sich irgendjemand in diesem Lande wurden. davor fürchten, eine derartige Erklärung abzugeben. Ich Es ist völlig richtig, was Herr Kollege Grabow hier vor- finde, dass die Diskussion nicht gerade sehr intelligent getragen hat. Das ist keine Erfindung aus der Jetzt- ist, die hier angezettelt worden ist, denn wer unsere Trä- zeit, sondern diese Formulierung, Frau Sozialministerin, ger betrachtet, wir arbeiten mit denen über Jahre zusam- stammt aus einer Zeit, in der das Bundesinnenministe- men, der kann sich gut vorstellen, dass die dieses Prob- rium noch anders besetzt war. Und sie wurde von allen lem nicht haben und auch in Zukunft nicht haben werden. Demokraten damals mitgetragen. Und deswegen habe ich es ungern, wenn Diskussionen, wo man sich im Deutschen Bundestag nicht hat durch- Wir haben ein Problem miteinander. Einerseits sind sich, setzen können, von einer bisher gemeinsam getragenen glaube ich, alle darüber einig – ich nehme jetzt auch mal Praxis abzugehen, hier in den Landtag getragen werden. DIE LINKE mit dazu, Ich sage es jetzt mal, ich bitte den Herrn Präsidenten (Irene Müller, DIE LINKE: Oh, danke schön.) um Entschuldigung, wenn das ein bisschen flapsig ist, wenn dem nicht so ist, müssen Sie mir bitte widerspre- es kommt aus meiner Berliner Zeit: Nachtigall, ick hör dir chen –, dass wir nicht wollen, dass mit Staatsgeld Ext- trapsen. Das wollen wir nicht. Wir wollen nicht die Prob- remisten gefördert werden. Da sind wir uns sicher einig. leme anderer Leute in diesem Landtag lösen. Wir haben Dazu brauchen wir haushaltsmäßig, wenn wir das denn die Probleme mit unseren Trägern in diesem Lande nicht. sauber trennen wollen, auch klare Regelungen in den Deswegen ist der Antrag überflüssig und deswegen Zuwendungsbescheiden. Auch darüber sind wir uns möchten wir ihn ablehnen. sicher einig. Deswegen ist sicher eine Extremismuserklä- (Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE) rung von Trägern von Maßnahmen im Bereich der Demo- kratieertüchtigung, im Bereich der Unterstützung von Vielen Dank. Demokraten eine Selbstverständlichkeit. (Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU) Es gibt einen Bereich, den hat die Ministerin hier ange- Vizepräsident Hans Kreher: Danke, Herr Dr. Jäger. sprochen, in dem es eine strittige Position jetzt gibt, und die heißt: Können wir es den Trägern zumuten, dass Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der sie die mit ihnen tätigen Personen daraufhin prüfen, die Fraktion der NPD. Erklärung verlangen, ob diese wiederum auf der Grund- Stefan Köster, NPD: Herr Präsident! Meine Damen und lage unseres Grundgesetzes stehen? Das ist strittig. Da Herren! Da es offenbar nichts Schöneres als ein Bekennt- kann man unterschiedlicher Meinung sein, ob das gut nis zur Demokratie und zum Grundgesetz gibt, kann oder schlecht ist. Ich persönlich bin der Meinung, dass man die Vorbehalte der Linkspartei und der Landesre- die Träger Manns und Frau genug sind, derartige Prüfun- gierung gegen die Extremismusklausel gar nicht verste- gen durchzuführen. Das war nämlich in der Vergangen- hen, zumal wenn DIE LINKE in ihrem Antrag betont, dass heit so. Und da, wo es Ärger gegeben hat, war es nicht in Mecklenburg-Vorpommern keine Fälle bekannt sind, böser Wille, sondern da war die extremistische Ecke in denen Projektträger von Maßnahmen für Demokratie etwas cleverer als die gutgläubige, mehr demokratisch und Toleranz mit als extremistisch eingeschätzten Part- organisierte. Wir haben ein paar Beispiele in der Bundes- nern zusammenarbeiten oder -gearbeitet haben. Getrof- republik, wo es so war. fene Hunde jaulen besonders laut und Gleich und Gleich Übrigens, Frau Ministerin, mit Recht nicht in unserem gesellt sich gern. Land, da haben Sie völlig recht. Deswegen ist Ihre Posi- Als Gegner der Extremismusklausel melden sich jene tion für die Landesregierung auch völlig okay, habe ich Kräfte, die sich immer auf Toleranz berufen, aber gerade gar nichts zu bekritteln, auch dass Sie sich bei der Bun- diese von morgens bis abends bekämpfen: die Linksra- desregierung darum bemühen, für Ihre Sicht Zustim- dikalen, die Gutmenschen vom Verein „Gesicht zeigen! mung zu finden. Für ein weltoffenes Deutschland“, die Dauerbetroffe- Allerdings, und das hat Kollege Grabow mit einem sei- nen von der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, der ner letzten Sätze gesagt, es ist ein bundesweites Pro- Straßen blockierer um Bundestagsvizepräsident Wolf- blem. Was wir nicht hinkriegen werden, ist, dass es für gang Thierse der SPD, ausgerechnet der Zentralrat der Mecklenburg-Vorpommern eine Sonderregelung gibt, Juden und natürlich die linken Parteien hier im Land. weil wir überzeugt davon sind, dass die jetzt aktuellen (Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE) Träger, über die wir reden, die wir alle gut kennen, dass die in diese Falle überhaupt nicht tappen würden, weil Man spürt förmlich, wie diese Kreise leiden. Wie kann sie erstens selber grunddemokratisch sind und weil sie man auch von den Wächtern der Demokratie ein klares zweitens erfahren genug sind, dass sie solchen Gruppen Bekenntnis zur selbigen einfordern? nicht aufsitzen werden. Der Antrag der LINKEN und die Haltung der Landesre- Dennoch ist es nach wie vor richtig, dass, wer an öffent- gierung dokumentieren eindrucksvoll die Scheinheilig- liches Geld in diesem Bereich will, auch bestimmte Vor- keit dieser Kreise. Man muss der Linkspartei geradezu aussetzungen bei dem Antragsverfahren mit eigenen dankbar sein, diesen Widerspruch zwischen eigenem Erklärungen erfüllen muss. Und von daher gesehen brau- Anspruch und eigenem Verhalten auch noch selber zum chen wir den Antrag nicht, was nicht bedeutet, dass eine Gegenstand einer Landtagsdebatte zu machen. Wer sich der beiden die Regierung tragenden Fraktionen anderer als Linker nicht dem Grundgesetz und der Demokra- Meinung ist als der Vortrag, den hier die Sozialministerin tie verpflichtet fühlen will, das ist gut. Ein Nationaler mit gebracht hat, dass sie aus ihrer Sicht für unsere Träger, gleicher, auch nur unterstellter Einstellung ist schlecht Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 5. Wahlperiode – 120. Sitzung am 13. April 2011 47 und gehört zudem aus der Gesellschaft ausgegrenzt, am denen Gründen, darauf gehe ich gleich noch mal ein –, besten gleich verhaftet. dass aber die Landesregierung den Satz 1 der Erklärung, nämlich das klare Bekenntnis der Träger politischer Bil- Linke Antidemokraten und Grundgesetzgegner sollen dung zum Grundgesetz keinesfalls, also weder sachlich weiterhin Zugang zu staatlichen Mitteln erhalten, um noch rechtlich, für beanstandungsfähig hält. im Auftrag der Superdemokraten angeblich nationale Demokratiegegner wirkungsvoll bekämpfen zu können. Ihr Antrag fordert uns allerdings auf, die Extremismus- Und das Schönste: Wer nationaler Demokratiegegner klausel in Gänze abzulehnen, ist, bestimmen am Ende die staatlich alimentierten linken Grundgesetzfeinde. (Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es.) Und in seliger geistiger Umnachtung machen sich zumin- und nicht nur die Sätze 2 und 3, also auch das klare dest in Mecklenburg-Vorpommern einige Christdemo- Bekenntnis zum Grundgesetz, das den Trägern abver- kraten diese Sicht der Dinge noch zu eigen, bis irgend- langt wird. Und das ist aus unserer Sicht dann ein etwas wann auch sie selber dran sind. Denn wenn DIE LINKE überzogener Anspruch. endgültig die Deutungshoheit erlangt hat, dann kann Deswegen ganz klar, der Antrag wird von uns in dieser man auch als Konservativer, ja selbst als Liberaler Form auch aus inhaltlichen Gründen abgelehnt. Und dies schnell unter Extremismusverdacht fallen. Die Ersten hat nicht in erster Linie etwas mit juristischen Dingen zu hat es ja schon getroffen: Philipp Jenninger, Martin Hoh- tun. Herr Ritter, Sie haben ja auf die Gutachten verwie- mann und Jürgen Möllemann sind leuchtende Beispiele. sen. Es gibt insgesamt drei. Wenn man sich das mal vor (Gino Leonhard, FDP: Na, na, na, na, na!) Augen führt, ist die Gutachterlage so differenziert, dass man sich wirklich aussuchen kann, was man will. Wer sich schützend vor linke Demokratiefeinde stellt, setzt sich selber dem Verdacht aus, es eben selbst mit Da gibt es zum Beispiel Herrn Battis, der hat keine einer echten Demokratie auch nicht ganz so genau neh- Bedenken gegenüber dem Satz 1, das haben Sie ja sel- men zu wollen. Dieses Bekenntnis zur Scheindemokratie ber als Position der Landesregierung auch vorgetra- hat die Linkspartei mit ihrem Antrag geliefert. gen, allerdings Bedenken bei den Sätzen 2 und 3. Herr Seien Sie doch wenigstens einmal ehrlich! Ihnen geht es Georgii wiederum hat Restzweifel bei Teil 1 von Satz 1 doch nur darum, dass Ihre Gesinnungsgenossen weiter- und keine Bedenken bei Teil 2 von Satz 1 und hat auch hin aus Steuermitteln ihren Lebensunterhalt bestreiten keine Bedenken bei Satz 2 und 3. können, natürlich ohne hierfür wirklich etwas leisten zu (Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es, ja.) müssen. Wir leben doch schon längst in einem Gesin- nungsschnüffelstaat. Jeder, der sich zu seinem Volk Und Herr Professor Ossenbühl hat keine Bedenken bei und zu seiner Heimat bekennt, wird von diesem Staat Satz 1, keine Bedenken bei Satz 2 und keine Bedenken verfolgt. Insofern ist die gesamte Debatte, die wir hier bei Satz 3. geführt haben, eine Scheindebatte. – Die NPD-Fraktion (Zuruf von Marc Reinhardt, CDU) lehnt den Antrag ab. Das heißt, sogar eine Mehrzahl, also eine Mehrheit der (Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD) Gutachter ist der Auffassung, dass rechtlich die Sätze 2 Vizepräsident Hans Kreher: Das Wort hat jetzt der und 3 nicht zu beanstanden sind. Es ist eine Mehrheit Abgeordnete Herr Brodkorb von der Fraktion der SPD. der Gutachter der Auffassung der Bundesministerin, nicht eine Minderheit. Mathias Brodkorb, SPD: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion wird den Gleichwohl stellen die Gutachter die Frage, ob das sach- Antrag der Linksfraktion aus zwei Gründen ablehnen. lich sinnvoll ist, ob dem nicht praktische Hürden entge- genstehen. Und dies würde ich auch gerne so bewerten, Der eine Grund überrascht Sie nicht, die Tatsache, dass die SPD zusammen mit der CDU koaliert und die CDU das ist auch meine Position, das will ich ausdrücklich natürlich nicht bereit ist, einen Antrag zu unterstützen, sagen. Das, was dort verlangt wird von den Trägern, der einen Frontalangriff auf eine ihrer Bundesministe- auch in den Sätzen 2 und 3, ist alles andere als rechts- rinnen darstellt. Dafür, glaube ich, können auch alle Ver- staatlich anrüchig. Das ist ein legitimer Akt im rechtli- ständnis haben. Das würde Ihnen wahrscheinlich nicht chen Sinne aus meiner Sicht. Das Gutachten von dem anders gehen. Professor Ossenbühl, das die Bundesministerin stützt, halte ich für weitaus überzeugender als die anderen Gut- Der zweite Grund ist allerdings, muss ich sagen, dass die achten an dieser Stelle. Die Frage kann man aber trotz- Art und Weise, wie der Antrag abgefasst ist, auch inhalt- dem diskutieren, ob man es für sinnvoll hält, in der Sache lich für uns so nicht zustimmungsfähig ist, so vorzugehen. (Dr. Armin Jäger, CDU: Das sehe ich auch so.) Und da bin ich wieder bei Ihnen. Sie haben selber darauf weil die Begründung, die Sie liefern, und der Text, den hingewiesen, dass die Inhaftungnahme eines Fördermit- Sie uns zur Abstimmung vorlegen, nicht miteinander telempfängers für dessen Kooperationspartner manchen identisch sind. Problemen begegnet. Da war die Frage, wie sollen die eigentlich überprüfen, ob die Kooperationspartner alle (Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.) so richtig ticken, ich sage das jetzt mal etwas salopp. Sie weisen darauf hin, dass die Landesregierung – in Und dann wird darauf verwiesen, es gibt doch Verfas- Vertretung des Sozialministeriums – sungsschutzberichte. (Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE) (Zuruf von Stefan Köster, NPD) sich gegen die Sätze 2 und 3 der Extremismusklau- Da kann man doch nachgucken, kann man doch nach- sel auf Bundesebene gewendet habe – aus verschie- schlagen, wer als verdächtig gilt. 48 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 5. Wahlperiode – 120. Sitzung am 13. April 2011

Und dann haben Sie völlig zu Recht, Herr Ritter, dar- da das selbstverständlich sei. Nun, dann kann man auf hingewiesen, dass wir es zum Beispiel mit folgen- natürlich auch genau umgekehrt argumentieren und den Situationen zu tun haben: Da kassiert der Bayrische sagen, gerade weil das selbstverständlich ist, dürfte es Verwaltungsgerichtshof am 23. September 2010 die Tat- ja auch niemandem ein Problem bereiten, diese Erklä- sache, dass der Verfassungsschutz in Bayern ein anti- rung zu unterschreiben, jedenfalls zumindest, soweit es faschistisches Informations- und Dokumentationsarchiv den Satz 1 betrifft. Und es gibt auch viele, die sogar den als linksextremistisch bezeichnet hat, weil auf des- Satz 1 infrage stellen und nicht nur die Sätze 2 und 3. sen Internetseite ein Link zu einer linksextremistischen Organisation war. Daraus wurde geschlussfolgert, das Meine persönliche Position ist, zumindest was den seien Linksextremisten – vom Verfassungsschutz offizi- Satz 1 angeht, tun gerade Träger der politischen Bildung ell veröffentlicht, Sie kennen ja die Debatten dazu, der gut daran, als Vorbilder in Erscheinung zu treten bei der Gerichtshof kassiert das. Verteidigung der Demokratie und unseres Grundgeset- zes. Also Sie wissen ja, dass es da so ein Internetportal gibt mit dem Namen „Endstation Rechts“. Zu wie vielen links- (Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU) oder rechtsextremistischen Organisationen wir aus Infor- Und deswegen sollte dies auch in der Debatte so berück- mationsgründen verlinken, aber nicht deshalb, weil wir sichtigt werden. uns diese Auffassungen zuteil machen, möchte ich gar nicht zählen. Ich vermute auch, muss ich sagen, dass sich dahinter etwas anderes verbirgt. Denn in Wahrheit ist es doch so, (Zuruf von Stefan Köster, NPD) dass wir, seitdem die schwarz-gelbe Bundesregierung Das ist das eine Beispiel. im Amt ist, diese Debatte haben, nicht erst, seitdem es diese Extremismuserklärung gibt. Ein anderes Beispiel: Am 24. Mai 2005 stellt das Bun- desverfassungsgericht eine Verletzung der Grundrechte (Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.) der Inhaber und Beteiligten der „Jungen Freiheit“ fest, Schon die Ankündigung der Bundesregierung, dass man bekanntermaßen eine rechtskonservative Wochenzei- nun die Förderprogramme neu justieren und auf den tung. Der eine oder andere von Ihnen schaut da ja ab Linksextremismus und den religiösen Fundamentalismus und zu auch mal hinein, kann man sogar in der Land- stärker ausweiten wolle, bereits diese Ankündigung hat tagssitzung verfolgen. heftige Diskussionen und Kritik ausgelöst. (Zuruf von Marc Reinhardt, CDU) Und meine persönliche Position: Ich kann diese Kri- Und diese Zeitung wurde vom Verfassungsschutz in tik nicht verstehen. Die Verfassung der Bundesrepublik Nordrhein-Westfalen als rechtsextremistisch etikettiert Deutschland konstituiert unseren Staat als einen Staat und das Bundesverfassungsgericht weist dies zurück. der wehrhaften Demokratie. Und wehrhafte Demokratie Wir haben also in Nordrhein-Westfalen, etwas polemisch bedeutet, dass es den Verfassungsauftrag gibt, jedwe- zugespitzt, einen etwas links ausgerichteten Verfas- den Verfassungsfeind zu bekämpfen. Und da ist es uner- sungsschutz, in Bayern einen etwas rechter ausgerichte- heblich, ob das religiös-fundamentalistisch, links- oder ten Verfassungsschutz und sie kommen zu unterschied- rechtsextremistisch motiviert ist, das betrifft jeden. Inso- lichen Einschätzungen. fern ist das, was die Bundesregierung an dieser Stelle tut, Verfassungsauftrag. (Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Michael Andrejewski, NPD) Nun kann man darüber streiten, ob sie das geschickt und in angemessener Art und Weise macht, ob die Schwer- Und wenn ich mir jetzt also vorstelle, dass einzelne Trä- punktsetzungen richtig sind. Da, glaube ich, kann man ger der politischen Bildung mit dem Dokumentationsar- verschiedener Meinung sein, aber der Grundsatz, dass chiv in München nicht mehr zusammenarbeiten dürfen, alle Demokraten in diesem Land sich daran per Verfas- weil die auf ihrer Internetseite einen Link zu irgendjeman- sungsauftrag zu beteiligen haben, Extremismus jeder dem haben, das erscheint auch mir etwas obskur. Des- Couleur zu bekämpfen – Ministerin Schwesig hat darauf wegen würde ich gar nicht in rechtlicher Hinsicht, aber auch hingewiesen –, sollte auch für uns eigentlich eine doch in sachlicher Hinsicht die Kritik an den Sätzen 2 Selbstverständlichkeit sein. und 3 durchaus teilen, auch wenn ich sie rechtsstaatlich für legitim halte. Das sind Dinge, die man tun kann, auch Und mein Eindruck ist, wir haben es eigentlich eher mit wenn sie vielleicht sozusagen nicht zweckdienlich sein einem Stellvertreterkrieg bei dieser Extremismusklausel mögen. zu tun. Eigentlich geht es um die Frage, ob wir uns alle, genauso wie wir uns theoretisch der Bekämpfung des Was ich allerdings nicht verstehen kann, ist die Aufge- Rechtsextremismus widmen wollen, auch bereit sind, regtheit der Debatte um dieses Ganze. der Bekämpfung des Linksextremismus und des reli- (Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.) giösen Fundamentalismus zu widmen, auch wenn dies hier in Mecklenburg-Vorpommern sicherlich nicht unser Seit Monaten wird jetzt in der Republik hoch und runter Kernproblem ist. Darüber sind wir uns alle einig. diskutiert, ob man so ein paar Sätze unterschreiben soll oder nicht. Da werden Briefe geschrieben, ganze Artikel, (Stefan Köster, NPD: Fast alle.) Veranstaltungen gemacht. Also die Aufregung und der Und deswegen möchte ich eigentlich dafür plädieren … Sachgehalt stehen, glaube ich, nicht in einem angemes- senen Verhältnis zueinander, Herr Köster, dass Sie mit mir nicht einer Meinung sind, ehrt mich ein bisschen (Marc Reinhardt, CDU: Richtig.) (Stefan Köster, NPD: Manchmal denn natürlich kann man so argumentieren, dass man schon, manchmal schon.) es gar nicht nötig hat, Träger der politischen Bildung darum zu bitten, sich zum Grundgesetz zu bekennen, und macht mich auch zufrieden, Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 5. Wahlperiode – 120. Sitzung am 13. April 2011 49

(Beifall bei Abgeordneten (Der Abgeordnete Mathias Brodkorb der Fraktionen der SPD und CDU) bittet um das Wort für eine Anfrage.) denn von Ihnen ist ja unter anderem hier die ganze Zeit Und, lieber Kollege Dr. Jäger, ja, es ist aus den Erfahrun- die Rede. gen heraus so, dass unsere Träger im Land diese Pro- bleme nicht haben, die unterschwellig in der Extremis- Ich möchte an einen Konsens erinnern, muserklärung beschrieben sind, aber sie müssen mit (Michael Andrejewski, NPD: Welche Ehre!) dieser Klausel umgehen. Und wenn man sich in der Tiefe der Vereine und Verbände, der Projektträger bewegt, den die demokratischen Fraktionen in diesem Landtag wird man merken, dass sie dazu zum einen personell mehrfach erneuert haben. Ich zitiere aus einem Antrag nicht in der Lage sind, weil sie einfach keine Ressourcen vom 22. März 2006 auf Drucksache 4/2169, eingebracht haben, und sie fühlen sich eben nicht als Überprüfungs- damals von den Fraktionen von SPD, CDU und Links- institutionen, … partei, unterschrieben von den Fraktionsvorsitzenden Gramkow, Jäger und Schlotmann. Und da findet sich Präsidentin Sylvia Bretschneider: Herr Abgeordneter der Satz – und ich glaube, in diesem Geiste sollten wir … diese Debatte vielleicht auch weiterführen: „Das Lan- Peter Ritter, DIE LINKE: Moment! desprogramm ‚Demokratie und Toleranz …‘ … bildet die Grundlage für die weitere aktive Auseinandersetzung mit … weder die Regionalzentren im Land noch die Vereine extremistischen Ideologien und den von deren Trägern und Verbände oder die Lokalen Aktionspläne, die sich entwickelten Strukturen.“ Zitatende. Dort steht: „aktive mit dieser Frage auseinandersetzen. Auseinandersetzung mit extremistischen Ideologien“, Entschuldigung, Frau Präsidentin. und nicht: „mit rechtsextremistischen Ideologien“. Diese Fokussierung ist auch die einzig mögliche als Konse- Präsidentin Sylvia Bretschneider: Herr Abgeordne- quenz aus der Konstruktion der wehrhaften Demokratie ter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Brodkorb? Und ich hoffe, dass es uns vielleicht in Zukunft wieder Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, bitte. gelingt, zu solchen Fragen wie der heute diskutierten Präsidentin Sylvia Bretschneider: Bitte schön. eine fraktionsübergreifende, konsensorientierte Lösung zu finden. Das wäre aus meiner Sicht gerade im Ange- Mathias Brodkorb, SPD: Herzlichen Dank. sicht des 4. September eher angebracht. – Ich danke für Herr Ritter, würden Sie es für zumindest plausibel hal- die Aufmerksamkeit. ten, dass ich versucht habe zu begründen, warum die (Beifall bei Abgeordneten SPD als Fraktion Ihren Antrag ablehnt, nämlich damit, der Fraktionen der SPD und CDU – dass der Satz 1 aus unserer Sicht aus den dargeleg- Präsidentin Sylvia Bretschneider ten Gründen zustimmungsfähig ist, und dass ich aller- übernimmt den Vorsitz.) dings selbstverständlich nicht die Haftung übernehmen wollte und könnte für die SPD-Fraktion, wie das Abstim- Präsidentin Sylvia Bretschneider: Vielen Dank, Herr mungsergebnis der Koalition bei einem anders gearte- Brodkorb. ten Antrag ausgesehen hätte? Also würden Sie diesem Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter für die Eindruck, den ich über meine eigene Rede habe, zustim- Fraktion DIE LINKE. men, dass ich eigentlich nur versucht habe darzulegen, Peter Ritter, DIE LINKE: Frau Präsidentin! Meine sehr (Irene Müller, DIE LINKE: verehrten Damen und Herren! „Die Würde des Menschen Welchen Spagat Sie wieder machen!) ist unantastbar.“ Dieser Grundgesetzgedanke und das warum die SPD den Antrag ablehnt, und keine Prognose Grundgesetz sind für mich und meine Fraktion Grund- darüber abgegeben habe, wie sich die Koalition insge- lage des politischen Agierens und deshalb ist auch für samt verhalten hätte, für den Fall, dass Sie einen ande- uns die Bekämpfung eines jeglichen Extremismus nur ren Antrag gestellt hätten? folgerichtig. Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, lieber Kollege Brodkorb, Sie (Zuruf von Stefan Köster, NPD) finden ja neuerdings Ihre Reden selber immer besonders Und Herr Brodkorb hat zu Recht aus dem von uns toll. gemeinsam erarbeiteten Programm zitiert. (allgemeine Heiterkeit – Und deshalb, lieber Kollege Brodkorb, ist auch unser vor- Michael Andrejewski, NPD: Nicht nur liegender Antrag kein Angriff oder kein Frontalangriff auf neuerdings. – Zuruf von Stefan Köster, NPD) die Bundesfamilienministerin, sondern eine Absage an Ich kann diese Einschätzung nicht teilen, was den Inhalt die Extremismusklausel, die Vereine und Verbände, die Ihrer Reden angeht. Und ich bleibe dabei – da können gewillt sind, auch unser Landesprogramm umzusetzen, Sie jetzt nach Erklärungsmustern suchen, wie Sie wol- in ihrer Arbeit behindert. Und natürlich sucht man dann len –, egal was wir beantragt hätten in dieser Frage, in einer Koalition nach Versagungsgründen gegenüber einem Antrag der Opposition, aber ich halte das dann an (Zuruf von Stefan Köster, NPD) der Stelle für ein bisschen Haarspalterei, wenn man sagt, die Koalition insgesamt hätte nach Versagungsgründen na okay, Satz 2 und 3 hätte man auch ablehnen können, gesucht und eben auch die SPD-Fraktion nach Ausre- aber Satz 1, da hättet ihr euern Antrag anders schreiben den. Das ist leider die Tatsache. müssen. Ich verwette mein Sitzungsgeld, dass, wenn wir dieses getan hätten, lieber Kollege Brodkorb, die Koali- (Beifall bei Abgeordneten tion unserem Antrag nicht zugestimmt hätte. der Fraktion DIE LINKE) 50 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 5. Wahlperiode – 120. Sitzung am 13. April 2011

Präsidentin Sylvia Bretschneider: Herr Ritter, bevor zu erheben und Ihre Stimme laut und vernehmlich abzu- Sie fortsetzen, will ich nur noch mal auf Paragraf 81 geben. Darüber hinaus bitte ich alle im Saal Anwesen- Absatz 4 und die entsprechenden Kriterien für Zwischen- den, während des Abstimmungsvorganges von stören- fragen verweisen. den Gesprächen Abstand zu nehmen. Peter Ritter, DIE LINKE: Liebe Kolleginnen und Kolle- Ich bitte nunmehr den Schriftführer, die Namen aufzuru- gen, ich arbeite nun seit vielen Jahren im Begleitaus- fen. schuss des Lokalen Aktionsplanes im Landkreis Dem- (Die namentliche Abstimmung min und wir haben uns dort in unzähligen Sitzungen mit wird durchgeführt.) zahlreichen Projekten und Projektträgern tiefgründig beschäftigt. Denn, Herr Dr. Jäger, es geht in der Tat um Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine öffentliches Geld, Stimme nicht abgegeben hat? (Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.) (Die Abgeordneten Barbara Borchardt, Harry Glawe, Jörg Heydorn und und damit geht man nicht leichtfertig um. Dr. Klaus-Michael Körner werden (Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.) nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.) Und wir haben in den zurückliegenden drei Jahren und Ich frage noch einmal: Ist noch ein Mitglied des Hau- eben auch jetzt in Fortführung des Ursprungsprogramms ses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben eine sehr intensive Arbeit durchgeführt. Und diese Extre- hat? – Das ist nicht der Fall. mismusklausel, ob nun Satz 1 oder 2 oder 3 oder alles, Ich schließe die Abstimmung und ich bitte die Schriftfüh- das ist ein tiefer Misstrauensbeweis gegenüber den han- rer, mit der Auszählung zu beginnen. Wir unterbrechen delnden Personen. Das empfinden alle so, die in diesen die Sitzung für zwei Minuten. Strukturen arbeiten. Unterbrechung: 15.22 Uhr Und, lieber Kollege Brodkorb, wenn Sie die Aufgeregt- heit nicht nachvollziehen können, dann wäre es vielleicht gut gewesen, wenn Sie am Freitag beim „Ratschlag Wiederbeginn: 15.23 Uhr gegen Rechts“ in Neubrandenburg mit dabei gewesen Präsidentin Sylvia Bretschneider: Meine sehr geehr- wären, organisiert von ver.di und anderen Projektträ- ten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene gern, die sich auch mit der Problematik der Vorbereitung Sitzung fort. der Landtags- und Kreistagswahlen am 4. September beschäftigt haben. Da war von Aufgeregtheit nichts zu Das Abstimmungsergebnis liegt vor. An der Abstimmung spüren, sondern ein tiefes Unverständnis, dass man haben insgesamt 60 Abgeordnete teilgenommen. Mit ihnen gegenüber, diesen Projektträgern, die sich seit Ja stimmten 12 Abgeordnete, mit Nein 48, enthalten hat Jahren engagieren, ein solches Misstrauen ausspricht. sich keiner der Abgeordneten. Damit ist der Antrag der Und vielleicht sind Sie dann in Ihrer Einschätzung auch Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/4255 abgelehnt. schon ein bisschen abgehoben, weil Sie in diesen Tie- Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des fenstrukturen dann nicht mehr dabei sind oder sich nicht Antrages der Fraktion der FDP – Vertretung des Landes mehr so damit beschäftigen. Ich weiß es nicht. Mecklenburg-Vorpommern bei der Europäischen Union Ich halte das jedenfalls für nicht zielführend. Und es gab stärken, auf Drucksache 5/4246. die klare Erwartungshaltung auch der Teilnehmerinnen Antrag der Fraktion der FDP: und Teilnehmer dieses Ratschlages, dass dieser Landtag Vertretung des Landes ein deutliches Signal in die bundespolitische Öffentlich- Mecklenburg-Vorpommern bei keit sendet und sagt, wir, der Landtag Mecklenburg-Vor- der Europäischen Union stärken pommern, unterstützen die Haltung der Landesregierung – Drucksache 5/4246 – zur Frage der Extremismusklausel. Und dieses Signal wird auch draußen erwartet und deshalb beantrage ich Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr namens meiner Fraktion namentliche Abstimmung. – Leonhard für die Fraktion der FDP. Danke schön. Gino Leonhard, FDP: Frau Präsidentin! Meine sehr ver- (Beifall bei Abgeordneten ehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kol- der Fraktion DIE LINKE) legen! Die FDP-Fraktion legt Ihnen heute einen Antrag mit dem Ziel vor, die Rolle des Landes Mecklenburg-Vor- Präsidentin Sylvia Bretschneider: Vielen Dank, Herr pommern auf europäischer Ebene mittel- und langfris- Ritter. tig zu stärken. Dieser Antrag ist das Ergebnis mehrerer Ich schließe damit die Aussprache. Gespräche hier vor Ort, aber auch insbesondere vor Ort in Brüssel. Im Rahmen der Aussprache ist von Herrn Ritter für die Fraktion DIE LINKE beantragt worden, über diesen Ausgangspunkt ist die zunehmende Bedeutung europä- Antrag namentlich abzustimmen gemäß Paragraf 91 ischer Rechtsetzung im Vergleich zur nationalen Gesetz- Absatz 1 unserer Geschäftsordnung, zu diesem Tages- gebung. „Viele Bürgerinnen und Bürger unterschätzen, ordnungspunkt, Drucksache 5/4255. wie bedeutend die Arbeit der Europäischen Instituti- onen für sie ist.“ So heißt es auf der Informationsseite Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beginnen der Landesregierung zu dem Informationsbüro des Lan- nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Prä- des Mecklenburg-Vorpommern. Die bisher leider übli- sidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz che geringe Beteiligung an den Wahlen zum Europäi- aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzuge- schen Parlament ist durchaus auch ein Beleg dafür. Die ben. Damit Ihr Votum korrekt erfasst werden kann, bitte sogenannte europäische Innenpolitik wird zunehmend ich Sie, sich nach Aufruf, wenn möglich, von Ihrem Platz wichtiger und das bedeutet auch für das Land Mecklen- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 7653 14. Wahlperiode 25. 02. 2011

Kleine Anfrage des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE und

Antwort des Innenministeriums

Öffentliche Förderung von Demokratieinitiativen

Kleine Anfrage

Ich frage die Landesregierung:

1. Nach welchen Kriterien werden Zuschüsse an Demokratieinitiativen in Baden-Württemberg vergeben, die sich gegen Rechtsextremismus enga- gieren?

2. In welcher Höhe, aus welchen Programmen des Bundes und/oder Mitteln des Landes wurden in der 14. Wahlperiode des Landtags Förderungen ge- währt (mit Angabe der Förderempfänger)?

3. Wurden bzw. werden über die Antragsteller aus Baden-Württemberg Er- kundigungen beim Landesamt für Verfassungsschutz eingeholt (mit Anga- be der Fälle)?

4. Legt sie bei ihren Förderentscheidungen Maßstäbe aus der sogenannten „Extremismusklausel“ der Bundesregierung an?

5. Hält sie die Anwendung einer derartigen Klausel in Baden-Württemberg für angemessen und mit Verfassungsgrundsätzen vereinbar?

25. 02. 2011

Sckerl GRÜNE

Eingegangen: 25. 02. 2011 / Ausgegeben: 25. 03. 2011 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 7653

Begründung

Für die übergroße Mehrheit der Initiativen, die sich gegen Rechtsextre- mismus engagieren, ist diese Tätigkeit nur mit öffentlicher Förderung zu be- wältigen. Durch ihre Bildungs- und Präventionsarbeit leisten die Initiativen einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Zivilgesellschaft und zur Achtung der Menschenrechte. Es ist zu beachten, dass trotz öffentlicher Förderung viele engagierte Bürgerinnen und Bürger in diesen Initiativen ehrenamtlich und in nicht geringem Umfang auch unter Inkaufnahme von persönlichen Gefährdungen arbeiten. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Empfänger von öffentlichen Zuwendungen auf dem Boden der Verfassung stehen müs- sen. Es ist daher widersinnig, von diesen Initiativen eine über die allgemei- nen Richtlinien für öffentliche Zuwendung hinausgehende explizite Sonder- erklärung bezüglich ihrer Verfassungstreue zu verlangen, wie es die soge- nannte „Extremismusklausel“ der Bundesfamilienministerin für das Bundes- programm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ vorsieht. Einer derarti- gen Regelung stehen zudem erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken ent- gegen. Es soll geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen eine Förde- rung von Demokratieinitiativen in Baden-Württemberg stattfindet.

Antwort

Mit Schreiben vom 18. März 2011 Nr. 4–1082.2/0/15 beantwortet das Innen- ministerium in Abstimmung mit dem Staatsministerium, dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, dem Justizministerium, dem Finanzministerium und dem Ministe- rium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren die Kleine Anfra- ge wie folgt:

1. Nach welchen Kriterien werden Zuschüsse an Demokratieinitiativen in Ba- den-Württemberg vergeben, die sich gegen Rechtsextremismus engagie- ren? 2. In welcher Höhe, aus welchen Programmen des Bundes und/oder Mitteln des Landes wurden in der 14. Wahlperiode des Landtags Förderungen ge- währt (mit Angabe der Förderempfänger)?

Zu 1. und 2.:

Der Justizminister ist auch Integrationsbeauftragter der Landesregierung. In dieser Funktion führt er eigene Maßnahmen durch und bezuschusst Projekte Dritter, die darauf zielen, die Integration von Menschen mit Migrationshin- tergrund in Baden-Württemberg zu fördern. Dies beinhaltet gleichzeitig die Förderung des gegenseitigen Kennenlernens, das Abbauen von Vorurteilen, das Aufklären über verschiedene Kulturen und Religionen und somit die Be- kämpfung von Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Projekte, die dieses Ziel vorrangig verfolgt haben bzw. verfolgen und in der 14. Wahlperiode vom Integrationsbeauftragten der Landesregierung gefördert wurden, sind folgende:

– Im Jahr 2008 wurde die Wander-Ausstellung und Veranstaltungsreihe „Schwarze Menschen in Deutschland – damals und heute – Homestory Deutschland“, durchgeführt von der Volkshochschule Tübingen, mit insge- samt 1.600 Euro gefördert. Im Rahmen von Lesungen, Vorträgen, Filmvor- führungen, Workshops und Zeitzeugengesprächen wurden Themen wie der Kolonialismus und seine Auswirkungen bis heute, die Situation dunkelhäu- tiger Menschen im Nationalsozialismus und im Nachkriegsdeutschland so- wie deren Darstellung in den Medien behandelt. Damit sollte insbesondere

2 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 7653

verdeutlicht werden, dass auf den ersten Blick fremd scheinende Menschen in diese Gesellschaft integriert sind, und es sollten Beiträge zum Gelingen des Zusammenlebens gegeben werden.

– Im Jahr 2009 wurde auf Antrag des Vereins Violence Prevention Net- work e. V. das Projekt „De-Radikalisierung und Re-Integration von ex- tremistisch gefährdeten jugendlichen Gewaltstraftätern“ mit insgesamt 3.000 Euro gefördert. Mit einem umfangreichen Schulungs- und Weiterbil- dungsprogramm für Mitarbeiter des Justizvollzugs, pädagogische Fachkräf- te und Trainer zielte das Projekt darauf ab, junge gefährdete Menschen in Gesellschaft und Arbeit zu reintegrieren und den Prozess zunehmender auch ideologischer Desintegration und (Selbst-)Ausgrenzung zu stoppen und umzukehren. Das Projekt richtete sich sowohl an fundamentalistisch gefährdete Jugendliche mit Migrationshintergrund als auch an rechtsextre- mistisch gefährdete junge Straftäter.

– Im Jahr 2010 wurde auf Antrag des Vereins „Show Racism the Red Card“ eine Teamposteraktion im Rahmen des gleichnamigen Projektes „Show Ra- cism the Red Card“ mit insgesamt 430 Euro gefördert. Das gemeinnützige Projekt, das in England bereits seit Jahren sehr erfolgreich durchgeführt wird, zielt auf die politische Bildung von Kindern und Jugendlichen zur Prävention von Rassismus und Diskriminierung. Kerngedanke ist, die Vor- bildfunktion und Popularität von Profisportlern und insbesondere Fußball- vereinen zu nutzen, um auf das Thema Rassismus und Diskriminierung aufmerksam zu machen sowie eine aktive Teilnahme an der demokrati- schen Zivilgesellschaft zu fördern. Durch Teamposter der kooperierenden Fußballvereine mit dem Slogan „Zeig Rassismus die rote Karte“ wurde auf das Projekt aufmerksam gemacht.

– Ebenfalls im Jahr 2010 wurde auf Antrag des Jugendtheaters Ingersheim das Theaterstück zum Thema „Integration und Migration von jungen Men- schen“ mit 1.800 Euro gefördert. Das Theaterstück, dessen Aufführung im Frühjahr dieses Jahres geplant ist, soll auch die Themen „Rechtsextre- mismus“ und „Ausländerfeindlichkeit“ behandeln.

Eine Förderung unterliegt immer einer Einzelfallprüfung. Entscheidend ist dabei unter anderem, dass die Maßnahmen nachhaltig orientiert sind und möglichst unterschiedliche Gruppen einbeziehen.

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport fördert Maßnahmen in seinem Geschäftsbereich allgemein nach Maßgabe des Gesetzes zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung (GBl. 1996, 502), den Richtlinien des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport zur Förderung der außerschuli- schen Jugendbildung (Verwaltungsvorschrift vom 30. Juli 2002, K. u. U. S. 267), der Landeshaushaltsordnung (GBl. 1971, 428) und den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) in der jeweils gültigen Fassung. Gesonderte Kriterien zur Bezuschussung von Demokratieinitiativen in Baden-Württemberg, die sich gegen Rechtsextre- mismus engagieren, sind hierbei nicht gegeben.

In der Anlage sind tabellarisch die Bundesprogramme gegen Rechtsextre- mismus aufgeführt, die in der 14. Wahlperiode des Landtags eine Ko- oder Komplementärfinanzierung durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport erhalten bzw. erhalten haben. Weitere Förderungen landesweiter Programme gegen Rechtsextremismus sind in diesem Zeitraum durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport nicht erfolgt. Dazu, ob im Rahmen der im Landesjugendplan geförderten Maßnahmen (z. B. Bildungsreferenten, Förderung der Jugendbildungsakademien und der über die Regierungspräsi- dien geförderten praktischen Maßnahmen der Jugendarbeit) auch Berührun- gen zur Extremismusprävention bestehen bzw. bestanden, können keine Aus- sagen getroffen werden.

3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 7653

Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren hat in der laufenden Legislaturperiode keine Zuschüsse aus Landesmitteln oder Förderungen aus Programmen des Bundes an Demokratieinitiativen in Baden-Württemberg vergeben, die sich gegen Rechtsextremismus engagie- ren. Sowohl im Bereich der Landesförderung der Jugendarbeit als auch der Jugendsozialarbeit in Form der Mobilen Jugendarbeit unterstützt das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren auch mittelbar Maßnahmen gegen Rechtsextremismus. Diese sind aber nicht allei- niges Ziel der Landesförderung.

Das gemeinsame Präventionsprojekt „Mit Zivilcourage gegen Extremismus“ der Landeszentrale für politische Bildung und des Landesamts für Verfas- sungsschutz wird durch die Baden-Württemberg Stiftung mit 1.000.000 Euro über den Projektzeitraum von drei Jahren (Projektende: 30. September 2011) finanziert. Die Projektmittel werden für die Erstellung und Verteilung einer Grundrechtefibel (Teilprojekt in Kooperation mit dem Verlag Herder) sowie für die Teilprojekte „Team meX. Mit Zivilcourage gegen Rechtsextremis - mus“ und „Team meX. Mit Zivilcourage gegen islamistischen Extremis mus“ verwendet. Die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei beiden Pro- jekten ausgebildet werden, führen beispielsweise Plan- und Rollenspiele für Jugendliche und verschiedene Fortbildungen für Lehrkräfte und Multiplika- torinnen und Multiplikatoren der schulischen und außerschulischen Jugend- und Bildungsarbeit durch.

3. Wurden bzw. werden über die Antragsteller aus Baden-Württemberg Er- kundigungen beim Landesamt für Verfassungsschutz eingeholt (mit Angabe der Fälle)?

Zu 3.:

Soweit sich Anhaltspunkte für eine extremistische Betätigung des Antragstel- lers ergeben, werden im Einzelfall Erkundigungen beim Landesamt für Ver- fassungsschutz eingeholt. Bislang wurde davon in der Praxis kein Gebrauch gemacht.

4. Legt sie bei ihren Förderentscheidungen Maßstäbe aus der sogenannten „Extremismusklausel“ der Bundesregierung an? 5. Hält sie die Anwendung einer derartigen Klausel in Baden-Württemberg für angemessen und mit Verfassungsgrundsätzen vereinbar?

Zu 4. und 5.:

Die Ministerien achten bei ihren Entscheidungen auf die Gewährleistung der Ziele des Grundgesetzes und der Landesverfassung Baden-Württemberg. Eine schriftliche Erklärung zur Verfassungstreue hingegen wurde bislang nicht verlangt.

In Vertretung

Benz Ministerialdirektor

4 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 7653 9+#$- 3"4%#$"#*- c',aN3Naa@aa'' j()%&1$%Bk' c'Ma3aaa@aa' j2&$"B+$%Bk' !"#$- 3"4%#$"#*- c'"/78B'2&:$""B' c'dL3aIH3dM' c'MKb3NIb@bM' c'Ha,3dKM@aa' c'Naa3aaa@aa'' j2&g/##/%Bk' c',Ma3aaa@aa' j2&g/##/%Bk' abJ,aaK'2/1' abJ,aHa' aIJ,aad'2/1' H,J,aHa' aIJ,aHH'2/1' aNJ,aHI' aHJ,aHH'2/1' H,J,aHN' .()/%01161%7- .()/%018%61(+",- ?^PW'_'P"B&%+$B/E"' )"-'W+ZD&"B/E"'/"' -&+'W+$`/1' .EGX&B&"B'DE+'T+B3' *]+'F&GE:+$B/&'_'' [&+$B)"%1"&B(g&+:&' %&%&"'<&78B15'' &`B+&G/1G)1' eEGG)"/Bi',3H'_' .&/"'W#$B('0]+'OE+5 )+B&/#&' Q$"-&1g&/B&1'' [&+$B)"%1"&B(g&+:' )"-'VE2/#&'P"B&+D&"5 B/E"1B&$G1'%&%&"'' <&78B1&`B+&G/1G)1' .()/%011(2*%(- 3"4%#$"#*&%,'52#*%(- !+2&/B1%&G&/"178$0B'' S)%&"-0+&/(&/B1BZBB&"'' [$-&"5\]+BB&G2&+%'&3'O3' S)%&"-1B/0B)"%' [$-&"5\]+BB&G2&+%')"-'' Q$"-&1$+2&/B1%&G&/"178$0B' T00&"&'S)%&"-2/#-)"%'' [$-&"5\]+BB&G2&+%'&3'O3' S)%&"-1B/0B)"%' [$-&"5\]+BB&G2&+%' S)%&"-1B/0B)"%'' [$-&"5\]+BB&G2&+%')"-'' Q$"-&1$+2&/B1%&G&/"178$0B' T00&"&'S)%&"-2/#-)"%'' [$-&"5\]+BB&G2&+%'&3'O3' ' !"#$%&'()*(+,,- OP?Q*!QR'R6R';6R3'' S6;?>F'*=<'OP?Q*!QR@' RTQ?U'6>F'F?VT5 .R3'*=<'F?VT5 .;9>?RU\?<.?' ;?;?>'U'*A'_ .TVW?R?>U'9Rh<.?>' W+E%+$GG2&+&/78' VE-&##X+EY&:B&' ' RTQ?U'*A'_' .TVW?R?>U'9Rh<.?>' W+E%+$GG2&+&/78' [&+$B)"%1"&B(g&+:&' ' !"#$%&'()'*+$%&','-&+'.#&/"&"'!"0+$%&'-&1'!2%3'4$"156#+/78'97:&+#';<=>?@'A00&"B#/78&'*C+-&+)"%'DE"'F&GE:+$B/&/"/B/$B/D&"@'' F+)7:1$78&'HIJKLMN' ' '

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^_ Schleswig-Holsteinischer Landtag (17. WP) - 45. Sitzung - Donnerstag, 24. März 2011 3819

(Jens-Uwe Dankert)

Herr Kollege Fürter, ich hoffe, dass ich Ihrem ho- rechtsstaatlich handeln sollen und jetzt gegen die, hen rechtlichen Anspruch ein bisschen Genüge tue, die dieses Recht in Bund und Land gesetzt haben, wenn ich auf Folgendes hinweise: Sie können sich vorgehen müssen? - Das ist eine unglaubliche Si- mit dieser Aktion nicht auf das Demonstrations- tuation. recht und auch nicht auf Ihren Abgeordnetenstatus (Beifall bei FDP und CDU) berufen. Ich zitiere hier die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung: Den mehr als 1.000 eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten steht am Samstag ein schwerer „… da Ansammlungen, deren Zweck sich - Einsatz bevor, der ihnen angesichts der Vielfalt des wie hier - darin erschöpft, eine andere Ver- polizeilichen Gegenübers und der unterschiedlichen sammlung zu verhindern, dem Schutzbereich Absichten hohe Konzentration und auch ein hohes des Artikel 8 des GG nicht unterfallen. Das Einfühlungsvermögen abverlangt. Deshalb fordere Versammlungs- und Polizeirecht gebietet da- ich Sie noch einmal im Namen aller Polizeibeamten her primär Maßnahmen gegen die Störer der des Landes Schleswig-Holstein auf: Bekunden Sie Demonstration, so verurteilens- und verach- den eingesetzten Polizeibeamten Dank und Aner- tungswert ihr Zweck auch immer sein mag.“ kennung für ihre schwere Arbeit. Wir Liberalen beteiligen uns daher - wie im Übri- (Antje Jansen [DIE LINKE]: Das machen gen hoffentlich alle wahren Demokraten - nicht an wir doch!) Aufrufen zu Blockaden. Wir werden gemeinsam mit Kirchen und bürgerlichen Parteien den Protest - Liebe Kollegin, auf geeignete Art und nicht so. durchführen, denn ganz unabhängig davon, wie die (Zuruf der Abgeordneten Antje Jansen [DIE Aufforderung zu und die aktive Mitwirkung an LINKE]) Blockaden auch strafrechtlich zu bewerten ist, ist allein die Aufforderung falsch, völlig unangemes- sen und erschwert den eingesetzten Polizeibeamten Vizepräsidentin Anita Klahn: ungemein die Arbeit. Herr Abgeordneter Dankert, kommen Sie bitte zum Der Vorsitzende der Regionalgruppe Lübeck/Ost- Ende. holstein der Gewerkschaft der Polizei, Andreas Sankewitz, übte gestern im „Offenen Kanal Lü- Jens-Uwe Dankert [FDP]: beck“ wie folgt Kritik. Hören Sie sich einmal an, Frau Präsidentin! Ich komme zum Ende. - Vor dem was ein Polizeibeamter, der schon viele Jahre lang Hintergrund des Antrags von Ihnen und vor dem im Polizeileben steht, sagt: Hintergrund unseres Antrags haben sich die CDU- „Der Umstand, dass unter anderem Angehö- und die FDP-Fraktion entschlossen, einen eigenen rige des Schleswig-Holsteinischen Landtags Antrag zu stellen, der unmissverständlich aus- einen Aufruf zu Blockaden während einer drückt, was wir wollen und welche Sympathiebe- genehmigten Demonstration unterzeichnen, kundungen wir für unsere Polizei haben. Ich bitte stößt auf absolutes Unverständnis bei allen Sie alle, unserem Antrag zuzustimmen. eingesetzten Polizeibeamten. Hier werden (Beifall bei FDP und CDU) diese Abgeordneten ihrem gesetzlichen Auf- trag und ihrem verliehenen Mandat in kein- Vizepräsidentin Anita Klahn: ster Weise gerecht.“ Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN er- (Beifall bei FDP und CDU) teile ich der Frau Abgeordneten Luise Amtsberg Lassen Sie mich mit einigen Sätzen noch einmal das Wort. das Szenario erläutern, denn ich wurde vorhin in der Lobby gefragt: Was geht da eigentlich ab? - Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss sich vorstellen, dass dort eingesetzte Polizeibeamte in dem Bemühen, rechtsstaatlich Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle- und rechtsfehlerfrei zu handeln, einer Versamm- gen! Demokratie, Menschenrechte, Toleranz und lungsmasse, bestehend aus Bundes- und Landtags- Meinungsfreiheit sind Grundpfeiler unserer Gesell- abgeordneten, gegenüberstehen, die auf dem Boden schaft. Die Unantastbarkeit der Würde jedes Men- sitzen und eingehakt sind. Das Thierse-Beispiel schen ist Voraussetzung für gelingendes Zusam- wurde vom Kollegen Kalinka schon wunderbar menleben auf friedlicher Basis in einer multikultu- dargestellt. Was muten Sie Polizeibeamten zu, die rellen Gesellschaft. Ich möchte der Fraktion DIE 3820 Schleswig-Holsteinischer Landtag (17. WP) - 45. Sitzung - Donnerstag, 24. März 2011

(Luise Amtsberg)

LINKE ausdrücklich dafür danken, dass sie - wie zum Formalen zu sprechen. Deshalb komme ich auch im letzten Jahr - die Initiative ergriffen hat, dann, wenn wir über Nazis und das Engagement ge- diesen Antrag auf den Weg zu bringen, denn auch gen Rechts sprechen, nicht umhin, auch einen Blick in diesem Jahr werden wieder Nazis nach Lübeck auf die Bundesebene und die dortigen Debatten zu kommen und ihre abscheulichen Gedanken und An- werfen. Sie alle werden es verfolgt haben. Momen- sichten auf die Straße tragen. tan ist die Extremismusklausel ein großes Thema. Damit die Debatte nicht schräg läuft, wie sie meiner Auch in diesem Jahr können wir - wenn auch offen- Auffassung in den vergangenen Wochen und Mo- sichtlich nicht gemeinsam - mit diesem symboli- naten gelaufen ist, sage ich: Niemand - auch nicht schen Akt dem bunten Widerstand aus Kirchen, meine Fraktion - sagt etwas dagegen, dass sich ein Gewerkschaften, Parteien und vielen Aktivistinnen Träger, der Bundesgelder für seine Arbeit bezieht, und Aktivisten unsere Solidarität aussprechen. zu den Grundsätzen unserer Demokratie bekennen (Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sollte, auch wenn ich anmerken muss, dass allein der LINKEN und SSW) das Themenfeld, in dem diese Organisationen ar- Aber nicht nur ihnen, denn unsere Solidarität gehört beiten, wirken und sich bewegen, eigentlich schon selbstverständlich auch den Opfern rechter Ge- Bekenntnis genug ist. walt und allen, die in ihrem Alltag mit Angst vor (Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewaltsamen Übergriffen leben müssen. Verehrte und der LINKEN) Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen berich- Unsere Kritik richtet sich in besonderem Maß ge- ten: Die Zahl derer ist leider nicht klein. Immer gen den zweiten Teil der Klausel, der von den Or- wieder erreichen uns Nachrichten von besorgten ganisationen verlangt, Referentinnen und Referen- Bürgerinnen und Bürgern, die beobachten, wie sich ten, Partnerorganisationen oder Freiwillige auszu- Neonazis in ihren Dörfern in Schleswig-Holstein spionieren und sie auf ihre Verfassungstreue zu breitmachen, auf abgelegenen Höfen Versammlun- überprüfen. Das ist nicht ihre Aufgabe. Ziel ihrer gen abhalten und dort auch Strukturen aufbauen. Arbeit ist es, die Zivilgesellschaft vor Ort zur Ge- Nazis stehen für ein autoritäres System ein, leh- staltung einer demokratischen Kultur zu ermutigen, nen Demokratie ab, fordern mit ihrer Ideologie um menschenfeindlichen Ideologien den Nährbo- einen homogenen Staat und ein homogenes Volk. den zu entziehen. Das ist ihre Aufgabe. All jene, Dabei stehen Rassismus, Antisemitismus, Islamo- die sich in antifaschistischen Projekten engagieren, phobie, Sexismus und Homophobie Seite an Seite und ich weiß, wovon ich spreche, müssen einen ho- mit einer abwertenden Haltung gegenüber Men- hen Preis zahlen, denn viele Aktive werden im Zu- schen mit Behinderung oder Obdachlosen. Rassis- ge ihrer Arbeit von Nazis bedroht, beschimpft oder ten behandeln Menschen nicht wie Individuen. Sie angegriffen. Als Demokraten sollten wir uns gerade kategorisieren Menschen, packen sie in Gruppen heute und an dieser Stelle auf unsere Gemeinsam- und behaupten, dass es unveränderliche Eigen- keiten berufen, nämlich den tiefen Wunsch nach ei- schaften oder Charakteristika innerhalb dieser nem Deutschland ohne Rechtsextremismus und oh- Gruppen gibt. ne rassistische Vorurteile. Mit ihrer menschenverachtenden Ideologie greifen (Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Nazis alles an, worauf unser Zusammenleben fußt, und der LINKEN) nämlich darauf, dass die Würde des Menschen un- Menschen hier unter Generalverdacht zu stellen, antastbar ist, dass alle Menschen vor dem Gesetz ist meines Erachtens der falsche Weg. gleich sind und dass niemand wegen seiner Her- kunft, seiner Abstammung oder seines Glaubens Ein weiterer Punkt ist bei diesen Überlegungen und diskriminiert werden darf. Kurzum: Rechts-Sein Fragen wichtig. Es ist die Debatte um Integration beginnt dort, wo der Grundsatz in Zweifel gezogen sowie die Frage, wer eigentlich zu Deutschland ge- wird, dass die in unserer Verfassung garantierten hört, die wir in den letzten Monaten geführt haben. Grundrechte selbstverständlich auch für Nicht- Diese Debatte hat in meinen Augen und in den Au- deutsche gelten. gen sehr vieler anderer in den letzten Monaten sehr großen Schaden angerichtet. Viele NGOs, Bera- (Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN tungsstellen, aber auch Politikerinnen und Politiker und der LINKEN) haben sich in ihren Bemühungen um Integration um Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe mir Jahre zurückgeworfen gefühlt. Man muss an dieser heute vorgenommen, zur Sache und nicht so sehr Schleswig-Holsteinischer Landtag (17. WP) - 45. Sitzung - Donnerstag, 24. März 2011 3821

(Luise Amtsberg)

Stelle sagen: Diese Debatte hat auch bei den Mi- sind es ja auch Aufmärsche und keine Demonstra- grantinnen und Migranten tiefe Risse verursacht. tionen. Diese zynischen Auftritte der Stiefeltreter zur Verhöhnung von millionenfachem Leid entspre- (Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN chen keineswegs dem, was eine Demonstration aus- und der LINKEN) macht. In einem Gespräch mit einer jungen, in Deutsch- Die Rechten versuchen, das Leid der Opfer in ih- land geborenen Muslimin hier in , das ich vor rem Sinn zu vereinnahmen. Gerade darum dürfen Kurzem hatte, ist dies erschreckend deutlich gewor- wir ihnen nicht das Feld überlassen. Zu unserer Ge- den. Sie erzählte mir, dass sich ihr Leben im ver- schichte gehört die Bombardierung vieler Städte gangenen Jahr verändert habe. Sie sei viel häufiger wie Guernica, Coventry und London. Zur Ge- mit rassistischen Vorurteilen konfrontiert worden, schichte gehören auch die Opfer des Bombenkriegs die traurigerweise sehr viel selbstbewusster vorge- in Deutschland. Versöhnung und internationale tragen werden. Sie hat davon gesprochen, dass sich Verständigung sind nur möglich, wenn Menschen dies für sie wie ein Flächenbrand von Vorurteilen und Staaten zu ihrer Geschichte stehen und deren anfühle. Dies fand ich sehr eindrucksvoll. Sehr ge- offensichtlicher Verzerrung entgegentreten. Genau ehrte Kolleginnen und Kollegen, das sollte uns in das passiert in Lübeck, wo sich ein Bündnis gegen unserem politischen Handeln nachdenklich stim- Rechts zusammengefunden hat und am 26. März men. Es wird, denke ich, in Zukunft nicht leicht gewaltfrei demonstrieren wird. werden, diese Risse zu kitten. Nazis und gewaltbereite Demonstranten machen Da der Kampf gegen Rechts ein notwendiger Weg den Einsatz der Polizei unumgänglich, um die hierfür ist, rufe ich dazu auf, gegen den Nazi-Auf- Versammlungsfreiheit durchzusetzen. Für diesen marsch in der kommenden Woche auf die Straße zu Einsatz müssen und wollen wir der Polizei immer gehen, zu demonstrieren und deutlich zu machen, wieder danken. dass die Weltansicht von Neonazis in unserer Ge- sellschaft keinen Platz hat. (Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN sowie vereinzelt bei SPD und Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut, sie ist SSW) unverzichtbarer Bestandteil unserer gesellschaftli- chen Verfasstheit. In diesen Tagen kämpfen in Vizepräsidentin Anita Klahn: Nordafrika Menschen tapfer für dieses Recht. In Li- byen werden sie dafür erschossen. Für die Fraktion des SSW erteile ich der Fraktions- vorsitzenden, der Frau Abgeordneten Anke Spoo- Vor diesem Hintergrund gewinnt das uns so selbst- rendonk, das Wort. verständlich gewordene Recht der Versamm- lungsfreiheit wieder seine volle Kraft. Anke Spoorendonk [SSW]: Demonstrationen sind aber nur ein Teil unserer De- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! mokratie. Wir müssen unsere demokratischen Wer- Es ist ein einfaches physikalisches Gesetz, wonach te jeden Tag neu mit Leben erfüllen. Rechte Auf- sich Luft und Wasser immer dort hinbewegen, wo märsche kommen nur dann zustande, wenn rechte Platz ist. In der Demokratie ist es ganz genauso: Denkmuster in der Gesellschaft verankert sind. Die Wo Positionen geräumt werden, wo Öffentlichkeit rechten Hetzer profitieren dabei von denen, die sie aufgegeben wird oder Rechte verfallen, werden die gewähren lassen. In Zeiten, in denen Politikver- Leerstellen von anderen besetzt. drossenheit chic ist, die Wahlbeteiligung im Sink- flug begriffen sind und demonstrierende Bürgerin- Den Strippenziehern der braunen Szene geht es ge- nen und Bürger als „Wutbürger“ diffamiert werden, nau um solche Geländegewinne. Die Nazis nutzen fällt es schwer, engagiert für demokratische Werte jede Gelegenheit, um ihre menschenverachtende, zu streiten. Umso größer ist der Respekt vor den rassistische und gewaltverherrlichende Ideologie Menschen, die für das friedliche und solidarische voranzubringen. Dazu nutzen sie viele unterschied- Schleswig-Holstein auf die Straße gehen. liche Mittel, unter anderem sogenannte Gedenkta- ge, an denen überall in Deutschland braune Trup- (Beifall bei SSW, der LINKEN und verein- pen aufmarschieren. Auffällig viele junge Leute be- zelt bei der SPD) teiligen sich an diesen Aufmärschen und fühlen Rechtsextreme Gewalt und Agitation ist auch in sich als Teil einer starken Kameradschaft. Darum Schleswig-Holstein seit Jahren wieder zu einem SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 17/1457 17. Wahlperiode 2011-04-27

Kleine Anfrage der Abgeordneten Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und

Antwort der Landesregierung - Innenminister

Zukunft von Demokratieinitiativen

Vorbemerkung: Auf Initiative von Familienministerin Schröder (CDU) müssen Träger von Projekten zur Bekämpfung von Rechtsextremismus eine „Extremismusklausel“ unterschreiben, wenn sie weiter Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompe- tenz stärken“ erhalten möchten. Darüber hinaus sollen die Träger auf eigene Ver- antwortung dafür Sorge tragen, dass die Partnerorganisationen, Referenten etc. sich ebenfalls zu den Zielen des Grundgesetzes verpflichten.

1. Nach welchen Kriterien werden Zuschüsse an Demokratieinitiativen in Schleswig-Holstein vergeben, welche sich gegen Rechtsextremismus enga- gieren?

Antwort: Das MASG fördert die Jugendverbände u. a. für die Aufgabe der außerschuli- schen politischen Jugendbildung. Gefördert werden die auf Landesebene an- Drucksache 17/1457 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode

erkannten Jugendverbände nach der entsprechenden Förderrichtlinie und den darin normierten Kriterien.

Darüber hinaus beteiligt sich das MASG im Rahmen der Kofinanzierung an verschiedenen Bundesprogrammen zum Thema der Demokratie- und Tole- ranzförderung. Dazu zählen die Programme „XENOS“ des BAMS seit 2002 und „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ (früher: „VIELFALT.TUT.GUT - Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“) des BMFSFJ seit 2008. Eine Richtlinie gibt es hierzu nicht, zentrales Kriterium für die Förderentscheidung ist die Aufnahme eines Trägers in das jeweilige Bundesprogramm durch die Entscheidung des zuständigen Bundesministeriums.

Mit dem Ziel der Gewaltprävention sowie zur Vermeidung rechtsextremisti- scher Einstellungen, der Stärkung der Konfliktfähigkeit und des demokrati- schen Verhaltens fördert das Land Schleswig-Holstein darüber hinaus die „Ak- tion Kinder- und Jugendschutz“ (AKJS) institutionell. Die Förderung erfolgt nach den in den Richtlinien für die institutionelle Förderung von überregional tätigen Trägern in der Jugendhilfe bestimmten Kriterien.

2. In welcher Höhe und aus welchen Programmen wurden in den Jahren 2005 bis 2011 Projekte, die sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus enga- gieren, durch das Land gefördert? (Bitte nach Jahren getrennt und nur originä- re Landesmittel angeben.)

Antwort: Die in der Antwort zu Frage 1. genannte Aktion Kinder- und Jugendschutz wurde in den Jahren 2005 bis 2008 jährlich mit 136.500 Euro und seit 2009 bis 2011 mit jährlich 151.500 Euro gefördert. Darüber hinaus gibt die unten stehende Tabelle Auskunft über die Höhe der Landesförderung (MASG) und die entsprechenden Programme ab 2005. Die Landesmittel stammen aus der Maßnahmegruppe 06 „Präventive Maßnah- men, Finanzierungsbeteiligung gemäß § 58 JuFöG“.

2 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1457

Träger / Jahr / Programm 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 CJD Eutin, XENOS I, 17,9 T! Projekt: „Dialog“ CJD Eutin, XENOS II, 25 T! 58,9 T! 34,8 T! Projekt: „Sichtweisen“ CJD Eutin, XENOS III, 45 T! Projekt: „Schulkultur“ CJD Eutin, XENOS IV, 50 T! 50 T! 50 T! Projekt: „Lebenswelt Europa“ DGB-Jugend Nord XENOS 7,5 T! 7 T! 7,2 T! 7,2 T! Projekt: „Berufsschultour“ Jugendbildungsstätte „Mühle“ 4 T! 4 T! 2 T! VIELFALT.TUT.GUT, Projekt: „Communis“ Aktion Kinder- und Jugendschutz 25 T! 25 T! (AKJS) „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“, Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus

Der Rat für Kriminalitätsverhütung Schleswig-Holstein hat Maßnahmen gegen Rechtsextremismus mit Mitteln aus dem von ihm bis Anfang 2010 verwalteten „FAIRSTÄNDNIS“-Titel (Förderung von Maßnahmen und Projekten im Rah- men der 1991 von den Innenministern und Senatoren von Bund und Ländern beschlossenen Aufklärungskampagne gegen Extremismus und Fremdenfeind- lichkeit) wie folgt gefördert: 2005: 32.972,10 Euro 2006: 42.914,90 Euro 2007: 29.424,74 Euro 2008: 31.609,23 Euro 2009: 16.376,03 Euro 2010: 2.560,00 Euro

Gesamt: 155. 857,00 Euro

3. Wurden bzw. werden über die Antragssteller aus Schleswig-Holstein generell oder im Einzelfall Erkundigungen beim Landesverfassungsschutz eingeholt? Wenn ja, in wie vielen Fällen (absolut und prozentual) erfolgt dies?

Antwort: Nein.

4. Legt die Landesregierung bei ihren Förderentscheidungen Maßstäbe aus der so genannten „Extremismusklausel“ der Bundesregierung an? Wie bewertet

3 Drucksache 17/1457 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode

die Landesregierung diese „Extremismusklausel“? War die Landesregierung an der Erarbeitung der „Extremismusklausel“ beteiligt?

Antwort: Die Landesregierung war nicht an der Erarbeitung der „Extremismusklausel“ beteiligt. Das Land Schleswig-Holstein beachtet bei der Förderung und Aner- kennung von Trägern der freien Jugendhilfe das SGB VIII (§ 75 Abs. 1 Nr. 4, § 74 Abs.1 Nr. 5 SGB VIII), das von diesen als Voraussetzung der Anerken- nung bzw. der Förderung verlangt, dass sie die „Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten“. Die Träger der Beratungsprojek- te haben die „Einverständniserklärung zur freiheitlich-demokratischen Grund- ordnung“ im Rahmen des Bundesprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ unterschrieben. Die „Einverständniserklärung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ soll gemäß BMFSFJ verhindern, dass extremistische Organisationen von der Bundesregierung finanziell unterstützt werden oder ihnen unwillentlich eine Plattform geboten wird und sie so ihre extremistischen Weltanschauun- gen mit staatlicher Hilfe verbreiten können. Dafür bedarf es einer hohen Sen- sibilität der Träger, die u.a. über die Zeichnung der Erklärung erreicht werden soll.

5. Der renommierte Staatsrechtler Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis von der Hum- boldt-Universität zu Berlin erklärte die Extremismusklausel in verschiedenen Medien als „mit dem Grundgesetz in Teilen nicht vereinbar“. Wie positioniert sich die Landesregierung zu den verfassungsrechtlichen Bedenken des Staatsrechtlers Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis?

Antwort: Auch Professor Battis stellt die so genannte "Extremismusklausel" nicht grundsätzlich in Frage. Die Landesregierung sah sich bisher nicht veranlasst, zu den Einzelheiten der Begründung von Professor Battis Position zu bezie- hen.

4 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1457

6. Wer bewertet, ob ein Projektträger den Forderungen aus der so genannten „Extremismusklausel“ ausreichend nachgekommen ist? Welche Rechtsfolgen erwachsen aus einem Verstoß?

Antwort: Die Unterzeichnung der Erklärung ist gemäß BMFSFJ Teil des Zuwendungs- bescheids und somit Voraussetzung für eine Förderung durch das BMFSFJ. Die Nichtunterzeichnung oder Missachtung der Bestätigung kann zu einem teilweisen oder vollständigen Widerruf der Bewilligung führen. Wenn das BMFSFJ bzw. die Regiestelle beim BAZ Hinweise erhält, dass der Zuwendungsempfänger selbst oder sein Partner möglicherweise gegen das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstößt, über- prüft das BMFSFJ bzw. das BAZ in Abstimmung mit den anderen zuständigen Bundesministerien bzw. mit den Verfassungsschutzbehörden - diese Hinwei- se. Die Einhaltung wird – falls es nicht zuvor bereits Anhaltspunkte für einen Verstoß gab – zudem im Rahmen der Prüfung der Verwendungsnachweise überprüft.

5 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 17/1517 17. Wahlperiode 11.05.2011

Antrag der Fraktion der SPD

"Demokratieinitativen nicht verdächtigen, sondern fördern - Bestätigungs- erklärung im Bundesprogramm "TOLERANZ FÖRDERN - KOMPETENZ STÄRKEN" streichen

Der Landtag wolle beschließen:

Der Schleswig-Holsteinische Landtag

• lehnt die Bestätigungserklärung als Zuwendungsvoraussetzung aus den Richtlinien des Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ ab. • begrüßt die breite Teilnahme von über 1.500 Organisationen, Vereinen und Einzelpersonen an der Protestaktion vom 01. Februar 2011 sowie den Wider- spruch des Landes Berlin gegen die „Demokratieerklärung“.

Begründung:

Initiativen und Vereine, die sich in Schleswig-Holstein gegen Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren, erhalten und erhielten finanzielle Förderung aus den Programmen „XENOS“, „CIVITAS“ und „VIELFALT TUT GUT“, die Vorgängerpro- gramme des neuen Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“. Durch ihre Bildungs- und Präventionsarbeit leisten sie einen unverzicht- baren Beitrag zur Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft und für die Achtung der Menschenrechte. Beispielhaft seien hier die Projekte der Türkischen Gemeinde Kiel zur Ausbildung und Integration junger Migrantinnen und Migranten genannt, die durch das „CIVITAS“ Programm gefördert wurden, sowie die Projekte des CJD Eutin zur Interkulturellen Bildung und der DGB-Jugend. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Projekten gegen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit arbeiten in hoher Eigenmotivation und ho- hem persönlichen Einsatz unter oft schwierigen Bedingungen. Ohne die Förderung des Bundes wären viele dieser Projekte auch hier in Schleswig-Holstein nicht durch- führbar. Drucksache 17/1517 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode

Als Fördervoraussetzung des neuen Bundesprogrammes „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ wird von den Projektträgern die Unterzeichnung einer „Demokratieerklärung“ verlangt. Diese auch als „Extremismusklausel“ bekannte „Demokratieerklärung“ beinhaltet eine Bekenntniserklärung zur freiheitlich- demokratischen Grundordnung und zum Grundgesetz seitens der Träger sowie eine Verpflichtung, alle Kooperationspartner auf ihre Verfassungstreue hin zu überprüfen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Empfänger von Zuwendungen des Bundes auf dem Boden des Grundgesetzes stehen müssen. Mit ihrer Arbeit beweisen die Initiativen mehr als viele andere, dass sie für die Geltung des Grundgesetzes eintre- ten und die demokratische Kultur stärken. Aus diesem Grunde ist es paradox und widersinnig, gerade von diesen Initiativen eine über die allgemeinen Richtlinien bei der Zuwendung von Bundesmitteln hinausgehende explizite Sondererklärung zur Verfassungstreue zu verlangen. Zumal die Bundesregierung auf Nachfrage selbst bestätigt hat, dass Träger, die nachweislich eine den Zielen des Grundgesetzes nicht förderliche Arbeit verrichten, von der Förderung grundsätzlich ausgeschlossen sind. Damit fehlt eine stichhaltige Begründung für eine gesonderte Bestätigungserklärung. Die Bundesregierung erweckt vielmehr den Eindruck, einen Generalverdacht gegen alle jene erheben zu wollen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren.

Die Pflicht zur Regelüberprüfung der KooperationspartnerInnen fördert ein Klima des Misstrauens und steht dem Ziel der Demokratieförderung entgegen. Darüber hinaus werden Initiativen und Vereine, die sich gegen Rechtsextremismus und für Demokra- tie engagieren, durch die beabsichtigte Bestätigungserklärung vor große bürokrati- sche Hürden gestellt. Zivilgesellschaftliche Initiativen haben weder die Fähigkeit noch die Legitimation, eine belastbare Einschätzung über die Qualifizierung der politischen Ziele jeder ihrer KooperationspartnerInnen einzuholen. Eine derartige Übertragung staatlicher Aufgaben auf zivilgesellschaftliche Strukturen ist unzulässig. Auch der Verweis, den Verfassungsschutz zwecks der Überprüfung einzelner Personen und Organisationen anzufragen, ist hier nicht zulässig. Aufgabe des Verfassungsschut- zes ist es nicht, präventive Untersuchungen über die Verfassungstreue einzelner Personen und Organisationen im Bereich des zivilgesellschaftlichen Engagements vorzunehmen.

Weder gibt es hinreichende Gründe für die Einführung einer Bestätigungserklärung, die sich aus den Richtlinien des Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ ableitet, noch ist eine solche Erklärung geeignet, die avi- sierten Ziele zu erreichen. Engagierte Demokratinnen und Demokraten sollten nicht unter Generalverdacht gestellt, sondern unterstützt werden.

Serpil Midyatli und Fraktion

2 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 17/1559 17. Wahlperiode 25.05.2010

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE.

"Demokratieinitativen nicht verdächtigen, sondern fördern - Bestätigungserklärung im Bundesprogramm "TOLERANZ FÖRDERN - KOMPETENZ STÄRKEN" streichen

Drucksache 17/ 1517

Der Landtag wolle beschließen:

Der Schleswig-Holsteinische Landtag

• lehnt die Bestätigungserklärung als Zuwendungsvoraussetzung aus den Richtlinien des Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ ab.

• begrüßt die breite Teilnahme von über 1.500 Organisationen, Vereinen und Einzel- personen an der Protestaktion vom 01. Februar 2011 sowie den Widerspruch des Landes Berlin gegen die „Demokratieerklärung“.

• der Landtag fordert die Landesregierung auf, nach dem Vorbild von Berlin für Ver- eine und Initiativen in Schleswig-Holstein, die die „Demokratieerklärung“ nicht unter- schreiben wollen, ausreichend Mittel bereitzustellen um den Wegfall der Bundesmit- tel zu kompensieren.

• der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich im Rahmen einer Bundesratsini- tiative für die Streichung der Sätze 2 und 3 der sogenannten „Demokratieerklärung“ einzusetzen.

Begründung: Initiativen und Vereine, die sich in Schleswig-Holstein gegen Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren, erhalten und erhielten finanzielle Förderung aus den Programmen „XENOS“, „CIVITAS“ und „VIELFALT TUT GUT“, die Vorgängerpro- gramme des neuen Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ Drucksache 17/1559 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode

STÄRKEN“. Durch ihre Bildungs- und Präventionsarbeit leisten sie einen unverzicht- baren Beitrag zur Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft und für die Achtung der Menschenrechte. Beispielhaft seien hier die Projekte der Türkischen Gemeinde Kiel zur Ausbildung und Integration junger Migrantinnen und Migranten genannt, die durch das „CIVITAS“ Programm gefördert wurden, sowie die Projekte des CJD Eutin zur Interkulturellen Bildung und der DGB-Jugend. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Projekten gegen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit arbeiten in hoher Eigenmotivation und ho- hem persönlichen Einsatz unter oft schwierigen Bedingungen. Als Fördervoraussetzung des neuen Bundesprogrammes „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ wird von den Projektträgern die Unterzeichnung einer „Demokratieerklärung“ verlangt. Diese auch als „Extremismusklausel“ bekannte „Demokratieerklärung“ beinhaltet eine Bekenntniserklärung zur freiheitlich- demokratischen Grundordnung und zum Grundgesetz seitens der Träger sowie eine Verpflichtung, alle Kooperationspartner auf ihre Verfassungstreue hin zu überprüfen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Empfänger von Zuwendungen des Bundes auf dem Boden des Grundgesetzes stehen müssen. Mit ihrer Arbeit beweisen die Initiativen mehr als viele andere, dass sie für die Geltung des Grundgesetzes eintre- ten und die demokratische Kultur stärken. Aus diesem Grunde ist es paradox und widersinnig, gerade von diesen Initiativen eine über die allgemeinen Richtlinien bei der Zuwendung von Bundesmitteln hinausgehende explizite Sondererklärung zur Verfassungstreue zu verlangen. Zumal die Bundesregierung auf Nachfrage selbst bestätigt hat, dass Träger, die nachweislich eine den Zielen des Grundgesetzes nicht förderliche Arbeit verrichten, von der Förderung grundsätzlich ausgeschlossen sind. Damit fehlt eine stichhaltige Begründung für eine gesonderte Bestätigungserklärung. Die Bundesregierung erweckt vielmehr den Eindruck, einen Generalverdacht gegen alle jene erheben zu wollen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Die Pflicht zur Regelüberprüfung der KooperationspartnerInnen fördert ein Klima des Misstrauens und steht dem Ziel der Demokratieförderung entgegen. Darüber hinaus werden Initiativen und Vereine, die sich gegen Rechtsextremismus und für Demokra- tie engagieren, durch die beabsichtigte Bestätigungserklärung vor große bürokrati- sche Hürden gestellt. Zivilgesellschaftliche Initiativen haben weder die Fähigkeit noch die Legitimation, eine belastbare Einschätzung über die Qualifizierung der politischen Ziele jeder ihrer KooperationspartnerInnen einzuholen. Eine derartige Übertragung staatlicher Aufgaben auf zivilgesellschaftliche Strukturen ist unzulässig. Auch der Verweis, den Verfassungsschutz zwecks der Überprüfung einzelner Personen und Organisationen anzufragen, ist hier nicht zulässig. Aufgabe des Verfassungsschut- zes ist es nicht, präventive Untersuchungen über die Verfassungstreue einzelner Personen und Organisationen im Bereich des zivilgesellschaftlichen Engagements vorzunehmen. Vor dem beschriebenen Hintergrund ist es konsequent, wenn die Landesregierung sich bereit erklärt, Projekte und Initiativen in Schleswig-Holstein, die nicht bereit sind die sogenannte „Demokratieerklärung“ zu unterschreiben, mit Mitteln aus den Haus- halt unterstützt und ihnen ermöglicht, sich in gewohnter Weise für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus zu engagieren. Dies wird nur nötig sein, bis die Bun- desratsinitiative Erfolg hat und die Sätze zwei und drei aus der sogenannten „Demo- kratieerklärung“ gestrichen sind.

Weder gibt es hinreichende Gründe für die Einführung einer Bestätigungserklärung, die sich aus den Richtlinien des Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN –

2 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1559

KOMPETENZ STÄRKEN“ ableitet, noch ist eine solche Erklärung geeignet, die avi- sierten Ziele zu erreichen. Engagierte Demokratinnen und Demokraten sollten nicht unter Generalverdacht gestellt, sondern unterstützt werden.

Björn Thoroe und Fraktion

3 BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 20/24 Neufassung 20. Wahlperiode 16.03.11

Antrag

der Abgeordneten Christiane Schneider, Dr. Joachim Bischoff, Dora Heyenn, Norbert Hackbusch, Kersten Artus, Cansu Özdemir, Heike Sudmann und Mehmet Yildiz (Fraktion DIE LINKE)

Betr.: Demokratieinitiativen nicht verdächtigen, sondern fördern – Bestätigungserklärung im Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kom- petenz stärken“ streichen!

Viele Initiativen und Vereine, die sich gegen Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren, auch in Hamburg, erhalten und erhielten seit 2001 finanzielle Förderung aus den Bundesprogrammen „CIVITAS“, „entimon“ und „VIELFALT TUT GUT“ sowie aktuell „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“. Engagiert haben die sozialen Träger und Vereine der Region den Aufruf des Familienministeriums aufge- griffen, um in Projekten gelebte Demokratie erfahrbar und damit als erstrebenswertes gesellschaftliches Modell den Kindern und Jugendlichen jedweder kultureller oder religiös geprägter Herkunft nahezubringen. Durch ihre Bildungs- und Präventionsarbeit leisten sie einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft und zur Zurückdrängung neofa- schistischer und anderer extrem rechter Tendenzen wie Antisemitismus und Rassis- mus. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Projekten arbeiten mit hoher Motiva- tion und großem persönlichen Einsatz. Ohne die Förderung des Bundes wären viele dieser Projekte auch hier in Hamburg nicht durchführbar. Als Fördervoraussetzung des neuen Bundesprogrammes „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ verlangt die Bundesregierung nun von den Projektträgern die Unterzeichnung einer „Demokratieerklärung“. Mit der Unterzeichnung dieser auch als „Extremismusklausel“ bekannten Erklärung bekennen sich die Träger nicht nur zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zum Grundgesetz, sondern sie ver- pflichten sich zugleich, alle Kooperationspartner/-innen auf ihre Verfassungstreue hin zu überprüfen. Mit ihrer Arbeit beweisen die Initiativen mehr als viele andere, dass sie für die Geltung des Grundgesetzes und der Menschenrechte eintreten und die demokratische Kultur stärken. Auch ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Empfänger von Zuwendungen des Bundes sich zum Grundgesetz bekennen müssen. Aus diesem Grunde ist es paradox und widersinnig, gerade von diesen Initiativen eine über die allgemeinen Richtlinien bei der Zuwendung von Bundesmitteln hinausgehende explizite Sonderer- klärung zur Verfassungstreue zu verlangen, zumal die Bundesregierung auf Nachfra- ge selbst bestätigt, dass Träger, die nachweislich eine den Zielen des Grundgesetzes nicht förderliche Arbeit verrichten, von der Förderung grundsätzlich ausgeschlossen sind. Damit fehlt jede stichhaltige Begründung für eine gesonderte Bestätigungserklä- rung. Die Bundesregierung erweckt vielmehr den Eindruck, einen Generalverdacht gegen all jene erheben zu wollen, die sich gegen neonazistische und andere extrem rechte Tendenzen engagieren. Die Pflicht zur Regelüberprüfung der Kooperationspartner/-innen fördert ein Klima des Misstrauens, sie belastet die Zusammenarbeit und steht dem Ziel der Demokratieför- derung entgegen. Darüber hinaus werden Initiative und Vereine, die sich gegen Drucksache 20/24 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode

Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren, durch die beabsichtigte Bestäti- gungserklärung vor große bürokratische Hürden gestellt. Zivilgesellschaftliche Initiati- ven haben weder die Fähigkeit noch die Legitimation, eine belastbare Einschätzung der Qualifizierung der politischen Ziele jeder ihrer Kooperationspartner/-innen vorzu- nehmen. Ihnen diese Aufgaben abzuverlangen, ist unzulässig. Auch der Verweis, sie könnten den Verfassungsschutz zwecks Überprüfung einzelner Personen und Organi- sationen anfragen, ist hier nicht zulässig. Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es nicht, die Beauskunftung zivilgesellschaftlicher Akteure über die Verfassungstreue einzelner Personen und Organisationen vorzunehmen. Vereine und Projekte stehen durch die „Demokratieerklärung“ vor der existenziellen Entscheidung, entweder die höchst zweifelhafte Erklärung zu unterschreiben oder ihre Arbeit zu reduzieren oder gar einzustellen. Auch in Hamburg wird dadurch die Arbeit von Trägern behindert und gefährdet, wie etwa die Arbeit des Mobilen Beratungs- teams gegen Rechtsextremismus des Bildungsträgers Arbeit und Leben Hamburg. Einige Träger sind aus Protest ausgestiegen, andere haben Förderanträge zurückge- zogen beziehungsweise erst gar nicht eingereicht. In den vergangenen Wochen haben weit mehr als 1.500 Organisationen und EinzeI- personen in Stellungnahmen, Briefen, E-Mails und Pressemitteilungen gegen die „De- mokratieerklärung“ protestiert, darunter der DGB-Hamburg, der Bildungsträger Arbeit und Leben, die AIDS-Hilfe Hamburg e.V. und der Stadtteilbeirat St. Georg. Auch das Land Berlin und der Landtag NRW haben Stellung bezogen. Sie alle forderten die verantwortliche Familienministerin Schröder auf, die Klausel aus den Förderbeschei- den der Projekte ersatzlos zu streichen.

Die Bürgerschaft beschließt: Die Bürgerschaft fordert die Bundesregierung auf, die Bestätigungserklärung als Zu- wendungsvoraussetzung aus den Richtlinien des Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ zu streichen und die Vergabe von Zuwen- dungen nicht an die Unterzeichnung einer solchen Erklärung zu knüpfen. Die Bürgerschaft bittet den Senat, die Zulässigkeit der „Extremismusklausel“ rechtlich zu prüfen.

2 BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 20/74 20. Wahlperiode 22.03.11

Antrag

der Abgeordneten Jens Kerstan, Anja Hajduk, Antje Möller, Dr. Till Steffen, Farid Müller, Anjes Tjarks (GAL) und Fraktion

zur Drs. 20/24

Betr.: Rechtmäßigkeit der Bestätigungserklärung im Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ prüfen

Die Bürgerschaft beschließt: Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, beim Bund Widerspruch gegen die Kopplung der Bestätigungserklärung an die Förderung der Träger einzulegen und keine Bestäti- gungserklärung zu verlangen.

Begründung: Die Rechtmäßigkeit der Bestätigungserklärung muss angezweifelt werden. Ein im Auf- trag von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) erstelltes und noch nicht veröffentlichtes Rechtsgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages argumentiert, dass in einem bloßen Zuwendungsverhältnis der Staat – anders als bei der Verbeamtung oder Einbürgerung – nicht das Recht habe, ein Bekenntnis zur frei- heitlich-demokratischen Grundordnung zu verlangen, da der hohe Wert der verfas- sungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit dem entgegenstehe. Es sei fraglich, ob es noch angemessen oder verhältnismäßig sei, von Projektträgern ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung zu verlangen. Auch das von Prof. Dr. h.c. Ulrich Battis im Auftrag des Vereins für Demokratische Kultur in Berlin e.V. u.a. erstellte Gutachten kommt zu dem Schluss, dass der zweite und dritte Satz der Bestätigungserklärung einen Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel und dem Bestimmtheitsgebot darstellt. 82 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 2. Sitzung am 23. März 2011

Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel: Wenn keine NRW an und dem breiten Protest von weit über weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir 1500 Organisationen, Initiativen und Einzelperso- jetzt zur Abstimmung. nen, und zwar neben vielen örtlichen und regiona- len Organisationen und zahlreichen Wissenschaft- Zunächst zum Antrag der GAL–Fraktion aus lern und anderen Personen des öffentlichen Le- Drucksache 20/25. Wer diesen beschließen möch- bens auch großen überregionalen Organisationen, te, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenpro- zum Beispiel der Aktion Sühnezeichen Friedens- be. – Enthaltungen? – Damit ist er mit Mehrheit an- dienste, kirchlichen Einrichtungen, dem Zentralrat genommen. der Juden und dem Zentralrat der Muslime, Ge- Weiter zum Antrag der GAL-Fraktion aus Drucksa- werkschaften, Wohlfahrtsverbänden, dem Republi- che 20/75. Hierzu hat die SPD-Fraktion eine zif- kanischen Anwältinnen- und Anwälteverein und fernweise Abstimmung beantragt. vielen anderen mehr. Auch in Hamburg gab es Proteste, zum Beispiel seitens des DGB oder von Wer möchte Ziffer 1 des Antrags aus Drucksache Arbeit und Leben oder dem Stadtteilbeirat St. Ge- 19/75 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? org und vielen anderen Einrichtungen. – Damit ist auch das mehrheitlich angenommen. Wenn die Bürgerschaft diesen Antrag verabschie- Wer möchte sich Ziffer 2 anschließen? – Gegen- det, dann macht sie deutlich, dass sie die Kritik probe. – Enthaltungen? – Damit ist das mehrheit- und die Einwände aus der Zivilgesellschaft gegen lich abgelehnt. die von der Bundesregierung vorgelegte Extremis- Wir kommen dann zum Antrag der SPD-Fraktion musklausel sehr ernst nimmt, anders als die Bun- aus Drucksache 20/78. des-CDU und die Bundes-FDP, die arrogant über diese Kritik und die Einwände hinweggehen und Wer diesen annehmen möchte, den bitte ich um die gerade erst wieder diese Klausel bestätigt ha- das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? ben. – Damit ist das angenommen. Die über die Bundesprogramme gegen Rechtsex- Ich rufe dann Tagesordnungspunkt 11 auf, Druck- tremismus und für Toleranz und Vielfalt geförder- sache 20/24 in der Neufassung, Antrag der Frakti- ten Projekte haben in den letzten zehn Jahren eine on DIE LINKE: Demokratieinitiativen nicht verdäch- unverzichtbare, demokratiestärkende Arbeit gelei- tigen, sondern fördern – Bestätigungserklärung im stet, die wir gar nicht hoch genug schätzen können Bundesprogramm "Toleranz fördern – Kompetenz und die es zu fördern und auszubauen gilt. Diese stärken" streichen. Arbeit hat zu einer Stärkung von demokratischem Engagement, zu einer Stärkung von Partizipation, [Antrag der Fraktion DIE LINKE: vor allem von Jugendlichen, in zahlreichen Regio- Demokratieinitiativen nicht verdächtigen, son- nen des Landes geführt. Diese Arbeit und ihre po- dern fördern – Bestätigungserklärung im Bun- sitiven und vorbehaltlos zu unterstützenden Ergeb- desprogramm "Toleranz fördern – Kompetenz nisse sind jetzt gefährdet – auch in Hamburg. Im stärken" streichen! Oktober letzten Jahres wurde St. Georg vom Bun- – Drs 20/24 (Neufassung) –] desfamilienministerium zu einem der bundesdeut- schen Orte der Vielfalt erklärt. Aus dem Fonds des Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/74 ein Antrag Programms – damals "Vielfalt tut gut", heute heißt der GAL-Fraktion vor. es "Toleranz fördern – Kompetenz stärken" – soll- ten 2011 bis 2013 jährlich jeweils 100 000 Euro [Antrag der GAL-Fraktion: gezahlt werden, davon dreimal 80 000 Euro für et- Rechtmäßigkeit der Bestätigungserklärung im waige Projekte. Einige Workshops und etliche Ge- Bundesprogramm "Toleranz fördern – Kompe- spräche wurden von basis & woge e.V., dem vom tenz stärken" prüfen Bezirk beauftragten Koordinator, bisher bereits or- – Drs 20/74 –] ganisiert. Jetzt ist diese Arbeit akut gefährdet, denn das Bundesfamilienministerium macht die fi- Beide Drucksachen möchte die SPD-Fraktion an nanzielle Förderung nicht nur davon abhängig, den Ausschuss für Verfassung, Geschäftsordnung dass sich die Träger der geförderten Projekte zur und Wahlprüfung überweisen. freiheitlich-demokratischen Grundordnung beken- Wer wünscht das Wort? – Frau Schneider bitte. nen. Nun haben diese Träger bundesweit und auch in Hamburg mit diesem Bekenntnis, wie sie Christiane Schneider DIE LINKE: Meine Damen samt und sonders betonen, keine Probleme, wenn- und Herren, Frau Präsidentin! Wir schlagen mit un- gleich die Forderung insofern merkwürdig anmutet, serem Antrag vor, dass sich die Hamburgische als der Bundesregierung laut eigenem Bekunden Bürgerschaft für die Streichung der sogenannten kein einziger verfassungsfeindlicher Zuwendungs- Extremismusklausel einsetzt. Mit einem solchen empfänger bekannt ist. Das hat sie jedenfalls in ei- Beschluss schließt sich die Bürgerschaft einem ner Antwort auf eine Kleine Anfrage im Bundestag entsprechenden Beschluss des Landtags von gesagt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 2. Sitzung am 23. März 2011 83

(Christiane Schneider)

Darüber hinaus verlangt aber die verantwortliche Aktion Sühnezeichen und andere Organisationen Bundesfamilienministerin Schröder, dass die Trä- haben vor einigen Wochen sechs Gründe für den ger dafür Sorge zu tragen haben, dass ihre Koope- Protest gegen die Extremismusklausel ausgearbei- rationspartner gleichfalls auf dem Boden der frei- tet. Keine Sorge, ich werde sie hier nicht alle auf- heitlich-demokratischen Grundordnung stehen. führen, einen aber doch. Die Extremismusklausel des Bundesfamilienministeriums – das vielleicht (Jörg Hamann CDU: Was haben Sie damit insbesondere an die Adresse von CDU und FDP – für ein Problem?) (Jörg Hamann CDU: Sparen Sie es sich!) Ausdrücklich wird den Trägern nahegelegt, sich zum Beispiel beim Verfassungsschutz zu informie- ist ein völlig untaugliches Instrument zur Abwehr ren – Zitat aus den Hinweisen, die der zu unter- demokratiegefährdender Entwicklungen, suggeriert zeichnenden Erklärung beiliegen –: sie doch eine scheinbar klare Trennung von Extre- misten und politischer Mitte. Tatsächlich jedoch "Auf jeden Fall sollten die Träger ihre dies- sind, so Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und bezüglichen Abwägungsprozesse so doku- andere – ich zitiere – mentieren, dass sie bei Bedarf nachvollzieh- bar und nachprüfbar sind." "minderheitenfeindliche Einstellungen und Haltungen […] ein Problem der Mitte." – Zitatende. – – Zitatende. (Dr. Till Steffen GAL: Das ist wie bei der Sta- si!) Das zeigen die jüngsten wissenschaftlichen Unter- suchungen und empirischen Befunde zum Rechts- – Das ist wie bei der Stasi. extremismus, ich nenne beispielhaft nur die Heit- Die SPD-Politikerin und ehemalige Bundespräsi- meyer-Studie. Die Extremismusklausel ist ein un- dentschaftskandidatin Gesine Schwan hat völlig taugliches Mittel zur Stärkung von Demokratie und recht, wenn sie diese Extremismusklausel oder Toleranz. Sie zerstört vorhandene Netzwerke ge- diese Demokratieerklärung als Mittel brandmarkt, gen Neofaschismus, gegen rechte Ideologien und mit dem ein – ich zitiere – Gewalt, gegen Rassismus, Antisemitismus und Is- lamophobie und wirft ihre unverzichtbare Arbeit "Vorabverdacht und eine Schnüffelmentali- weit zurück. Sie ist darüber hinaus – zu diesem tät" Schluss kommt das von Aktion Sühnezeichen und gegen demokratisch engagierte Projekte und ihre anderen in Auftrag gegebene Gutachten von Pro- Mitstreiterinnen und Mitstreiter initiiert werde. fessor Battis ebenso wie ein Gutachten des Wis- senschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundes- Die AIDS-Hilfe Hamburg e.V. bringt das Ansinnen tages, das von Herrn Thierse in Auftrag gegeben der Bundesfamilienministerin kurz und knapp auf war – in Teilen rechtswidrig und auch in der Justiz- den Punkt mit dem Ausruf – ich zitiere –: behörde ist man, so scheint es, zu dieser Auffas- "Geht's noch, Frau Schröder?" sung gelangt. Wie viele andere Projekte bundesweit ziehen auch Aus all diesen Gründen gibt es in unseren Augen Hamburger Träger die Konsequenzen aus den Zu- nicht den geringsten Anlass, Zeit zu verlieren. Im mutungen der Frau Schröder. basis & woge e.V. Gegenteil, es ist keine Zeit zu verlieren. Jeder Tag, hat den Koordinierungsauftrag niedergelegt und der verstreicht, kostet Geld und geht auf Kosten das Mediationsinstitut ikm hat die Übernahme die- der engagierten Arbeit für Demokratie, Toleranz ser Tätigkeit inzwischen abgelehnt. Die AIDS-Hilfe und Vielfalt. Deshalb plädieren wir dafür, unseren Hamburg e.V. will sich an der Ausschreibung nicht Antrag und auch den der GAL nicht zu überwei- mehr beteiligen und andere Projekte wollen nach sen, sondern heute zu beschließen, und unverzüg- dem derzeitigen Stand folgen. Wie soll unter sol- lich Gespräche mit den betroffenen Initiativen in chen Bedingungen des Aushorchens und Bespit- Hamburg aufzunehmen, und zwar Gespräche dar- zelns vertrauensvoll zusammengearbeitet werden? über, wie Hamburg so lange in die Finanzierung Wie sollen Demokratie, Toleranz und Vielfalt gelebt der geplanten und bedrohten Projekte einspringen werden, wenn man sich misstrauisch beäugt? Wie kann, bis diese Extremismusklausel endlich ver- soll interkulturelles und interreligiöses Lernen in ei- schwunden ist. – Schönen Dank. ner solchen Verdachtskultur praktiziert und geför- (Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei dert werden? Die Hamburger Initiativen, von denen der GAL) ich hier sprach, haben mutige und konsequente Beschlüsse gefasst. Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel: Herr Kien- (Beifall bei der LINKEN) scherf, Sie haben das Wort. Die Folgen sind von der Bundesregierung zu ver- antworten. Dirk Kienscherf SPD:* Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Schneider, Sie haben 84 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 2. Sitzung am 23. März 2011

(Dirk Kienscherf) das Problem sehr ausführlich zu später Stunde oder vielleicht auch als LINKE irgendetwas herbei- hier dargelegt und ich habe noch einmal bei Ihrer reden: Der Zentralrat der Juden hat sich ganz Fraktion nachgefragt, aber die wissen auch, dass deutlich dahingehend geäußert, wir es überweisen und wir dieses Thema dann im (Katja Suding FDP: Warum stimmen wir Verfassungsausschuss ausführlich beraten und denn heute nicht ab?) behandeln können. Es geht in der Tat um ein wich- tiges Thema – ich will es auch gar nicht lächerlich dass das ein Ausdruck eines neuen Überwa- machen –, bei dem wir als Parlament, als Deut- chungswahns wäre. Andere haben auch noch ein- sche, aber insbesondere auch wir Sozialdemokra- mal deutlich gemacht, dass es schlimm sei, dass ten … eine ganze Gruppe unter Generalverdacht gestellt wird. Ein solches Vorgehen und einen solchen Ver- (Heiterkeit bei allen Fraktionen) dacht lehnen wir Sozialdemokraten ab. – Da können Sie lachen, aber bei einem Thema, (Beifall bei der SPD – Zuruf von Jens Ker- wo es darum geht, letztendlich die Gesellschaft da- stan GAL) für zu gewinnen, gegen Rechtsextremismus, Ras- sismus und Antisemitismus vorzugehen … – Bleiben Sie ganz ruhig, Herr Kerstan, wir haben Ihre Rede vorhin auch ertragen. (Zuruf von Jörg Hamann CDU) Dieses politische Signal halten wir für falsch. Es – Herr Hamann, wir hoffen, dass Ihre Beiträge in geht natürlich nicht darum, dass wir abstreiten, dieser Legislaturperiode inhaltlich vielleicht ein dass es extremistische Organisationen gibt und bisschen gesteigert werden. Da ist durchaus noch der Staat natürlich verhindern muss, dass diese öf- Potenzial nach oben. fentliche Mittel bekommen, sondern es geht um die (Beifall bei der SPD) Tauglichkeit dieser Maßnahme. Bei diesem Thema sind wir doch alle hier gefor- (Glocke) dert, dass wir uns einig sind, dass wir diese Kräfte und Initiativen stärken müssen, die dazu dienen, Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel (unterbre- dem Rechtsextremismus in diesem Land endlich chend): Herr Kienscherf, lassen Sie eine Frage des deutlich Einhalt zu gebieten. Das ist das Gebot der Abgeordneten Farid Müller zu? Stunde. (Katja Suding FDP: Was ist mit Linksextre- Dirk Kienscherf (fortfahrend): Da wäre ich der Er- mismus? – Dietrich Wersich CDU: Jeder Ex- ste am heutigen Abend, das mache ich doch ger- tremismus!) ne. Da war das, was 2001 in einem Bundesprogramm aufgelegt worden ist, wirksam. Es sind viele Initiati- Zwischenfrage von Farid Müller GAL:* Herr ven bei ihrer Arbeit unterstützt worden. Viele Initia- Kienscherf, ich höre Ihre Worte und frage mich, tiven haben dazu beigetragen, dass die Themen warum wir es an den Verfassungsausschuss über- Toleranz und Fremdenfeindlichkeit aufgegriffen weisen, wenn die Mehrheitsfraktion eigentlich un- worden sind, und viele haben natürlich dazu beige- serer Forderung zustimmt. Wir könnten es doch tragen, dass wir zu einer demokratiestützenden verabschieden und dann ist gut. Maßnahme und Gesellschaft in vielen Bereichen (Beifall bei der LINKEN und bei Anja Hajduk gekommen sind, und wir können uns bei diesen GAL) Menschen bedanken. Das war wertvolle gesell- schaftliche Arbeit. Dirk Kienscherf (fortfahrend): Wir sollten – das (Beifall bei der SPD) haben wir mit den anderen Fraktionen auch ent- sprechend besprochen – das nicht nur an diesem Dieses gute Programm wird nun dadurch gefähr- späten Abend diskutieren, sondern wir wollen die det, dass man ab 2011 zu anderen Förderrichtlini- in der Tat auftretenden rechtlichen Fragen, aber en kommt, bei denen man den Trägern etwas ab- auch die politischen Bewertungen im Verfassungs- verlangt, was rechtlich sehr fragwürdig ist. Sie wis- ausschuss ganz ausführlich diskutieren. Das ist ein sen es selbst oder wahrscheinlich nicht, dass der guter politischer Brauch und das wird vor allen Din- Wissenschaftliche Dienst des Bundestages dieses gen auch dem Anliegen gerecht und deswegen bewertet hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, wollen wir es überweisen. dass es mit dem Grundgesetz nicht unbedingt ver- einbar ist, dass der Träger zum einen selbst etwas (Beifall bei der SPD) erklären muss und er – das hat Frau Schneider an- Zur Wirksamkeit kann man nur sagen, dass DIE gesprochen – auch deutlich erklären muss, dass LINKE ganz eigennützig eine entsprechende An- von den Kooperationspartnern, die mit ihm zusam- frage im Bundestag gestellt hat, menarbeiten, keine verfassungsrechtliche Gefahr ausgeht. Bevor Sie jetzt sagen, dass wir als SPD (Heiterkeit bei Dora Heyenn DIE LINKE) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 2. Sitzung am 23. März 2011 85

(Dirk Kienscherf) inwieweit sie selbst davon betroffen sei. Die Bun- nungsantrag die Überweisung an den Ausschuss desregierung hat darauf geantwortet, dass man beinhaltet, also letztendlich nur der Vorläufer für ei- Teilen der LINKEN keine Verfassungsfeindlichkeit ne erneute Debatte sowohl im Ausschuss als auch zubilligen könne beziehungsweise dass es auf den gegebenenfalls noch einmal in diesem Plenum Einzelfall ankäme. Es ist auch noch einmal gefragt sein soll. Nun würde es mich reizen, die halbe worden, ob es denn aufgrund dieses neuen Instru- Stunde Redezeit, die meine Fraktion noch hat, mentariums, das zu einer großen Verunsicherung richtig auszunutzen und über all das zu reden, was geführt hat, oder auch in der Vergangenheit dazu ich immer einmal machen wollte. gekommen ist, dass Zuwendungen falsch gelaufen (Beifall bei der CDU und der GAL und ver- sind. Die Antwort der Bundesregierung war ganz einzelt bei der SPD) entscheidend: Nein, bisher ist in diesem Bereich nichts falsch gelaufen. Der Beitrag der Kollegin Schneider wäre auch ge- eignet gewesen, diese halbe Stunde wirklich ein- Man kann deutlich erkennen, dass das heute mal auszunutzen, um das eine oder andere zu er- schon vorhandene Instrumentarium auch geeignet klären, ist sicherzustellen, dass öffentliche Mittel nicht in falsche Kanäle laufen. Und deswegen halten wir (Beifall bei der CDU) die Regelung für überflüssig. aber die meisten von uns haben einen langen Tag (Zuruf von Jörg Hamann CDU) hinter sich und würden langsam ganz gerne dem Feierabend entgegenkommen. Deshalb will ich – Herr Hamann, bleiben Sie ganz ruhig. Wir wollen mich auf wenige Ausführungen beschränken. auch nach Hause. Zum einen, das muss ich ganz offen gestehen, (Glocke) kann ich vieles von dem, was eben gesagt worden ist, nicht nachvollziehen. Worüber reden wir hier ei- Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel (unterbre- gentlich? Wir reden darüber, dass von den Trägern chend): Herr Kienscherf, darf ich Sie unterbre- und ihren Kooperationspartnern im Kampf gegen chen? – Lassen Sie eine Frage der Abgeordneten Extremismus erwartet wird, dass sie sich zu unse- Sudmann zu? rer Verfassung bekennen; nicht mehr und nicht we- niger. Warum das nicht so sein soll, das muss mir Dirk Kienscherf (fortfahrend): Nein. Ich habe jemand erklären. schon eine Frage beantwortet und jetzt wollen wir (Beifall bei der CDU – Christiane Schneider irgendwann das Ganze auch einmal beenden und DIE LINKE: Darum geht es nicht!) dabei belassen wir es. Der eine oder andere hat eben schon zu Recht Letztendlich können wir feststellen – Frau Schnei- darauf hingewiesen, dass die Debatte nicht ganz der hat auch darauf hingewiesen –, dass wir zu- neu ist. In der Tat haben wir sie schon im Deut- sammen mit den Grünen im Bundestag eine ent- schen Bundestag geführt. Die ellenlangen Proto- sprechende Initiative gestartet haben, dass wir ei- kolle dazu kann man nachlesen und ich vermute, ne entsprechende Initiative in Nordrhein-Westfalen dass man auch in dem einen oder anderen Proto- gestartet haben, koll anderer Landtage eine solche Debatte finden (Christiane Schneider DIE LINKE: Nein, das würde. Ein wichtiger Begriff, der in all diesen De- war DIE LINKE!) batten immer wieder gefallen ist, ist der Begriff der wehrhaften Demokratie. Dafür gab es Gründe, dass wir der Ansicht sind, dass dieses der falsche wenn Sie sich einmal vorstellen, was in den neuen Weg ist, und dass wir mit Ihnen gemeinsam das Bundesländern in den letzten Jahren passiert ist, Ganze im Verfassungsausschuss ausführlich dis- wo Rechtsextremisten sich mehr und mehr in Ver- kutieren wollen. Ich freue mich, dass sich da alle eine einschleichen, und zwar in Kindergärten und Fraktionen einig sind und wir alle einen entspre- Ähnliches, und auf diese Art und Weise versuchen, chenden Überweisungsantrag genehmigen wer- an Fördergelder heranzukommen. Das will ich den. – Vielen Dank. nicht und da möchte ich jede Art und Weise, die (Beifall bei der SPD) wir im Zuwendungsrecht zur Not haben, anwen- den, um solche Vereine von Geldern des Staates Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel: Herr Voet van abzuschneiden. Das ist das, was wir wollen. Vormizeele, Sie haben das Wort. (Beifall bei der CDU) Das gehört für mich auch zum Begriff der wehrhaf- Kai Voet van Vormizeele CDU: Frau Präsidentin, ten Demokratie und ich kann nicht nachvollziehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe warum ein Bekenntnis zu unserer Verfassung in ir- Kollegen! Nichts ist schöner, als in diesem Hause gendeiner Art und Weise dem Kampf gegen Extre- um 22.20 Uhr als dritter Redner in einer Debatte zu mismus abgängig sein sollte. laufen, die dann auch noch als Geschäftsord- 86 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 2. Sitzung am 23. März 2011

(Kai Voet van Vormizeele)

Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. Wir gramm für Toleranz haben, dazu veranlassen zu haben heute Abend hier genug debattiert und ich überprüfen, ob die Präsidentin damit möglicherwei- sehe auch den Sinn und Zweck einer Überweisung se eine Gefahr für die Gewährleistung der demo- nicht. Die Fraktionen haben ihre Meinung klar ge- kratischen Grundordnung in diesem Parlament äußert; wir machen es heute Abend, dann können darstellt. wir klar und deutlich sagen, wer welche Meinung (Beifall bei der GAL und der LINKEN) hat. Eine Ausschussberatung halte ich persönlich für überflüssig. – Vielen Dank. Das genau versteckt sich hinter dieser Formulie- rung und das ist das einzig Strittige daran. Die (Beifall bei der CDU) SPD sieht das genauso. Wenn ich Herrn Kien- scherf richtig verstanden habe, dann sieht auch er Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel: Frau Möller, genau dieses Problem. Die Zuwendungsempfän- Sie haben das Wort. ger können für sich selbst selbstverständlich ihr Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grund- Antje Möller GAL:* Frau Präsidentin, meine Da- ordnung garantieren, aber es ist für sie eine Un- men und Herren! Herr Kollege van Vormizeele, ich möglichkeit, dies auch für die Referenten, Unteror- muss Ihnen leider sagen, dass Sie einem Irrtum ganisationen und sonstigen Beteiligten zu garan- aufgesessen sind. Wir streiten hier nicht darüber, tieren. Sie wissen alle, wenn Sie sich damit be- dass Träger, die Mittel für ihre Projekte beim Bund schäftigt haben, wie das Programm "Toleranz för- beantragen, sich zur freiheitlich-demokratischen dern – Kompetenz stärken" bundesweit umgesetzt Grundordnung bekennen müssen oder nicht, son- wird, nämlich in einem großen Netzwerk, das sich dern wir reden über den zweiten Satz dieser Be- zum Glück ständig erweitert, weil sich immer mehr stätigung. Ich lese es einmal vor, damit vielleicht Initiativen, Referentinnen und Referenten und ein bisschen klarer wird, wozu die Träger, die die Gruppen jeder Art gegen Rechtsextremismus in Mittel bekommen, sich weiterhin verpflichten müs- diesem Staat einsetzen. Zum Glück wird dieses sen – ich zitiere –: Netzwerk immer größer und deswegen geht diese Form der Gesinnungsschnüffelei schlicht und ein- "Als Träger der geförderten Maßnahmen ha- fach gar nicht. ben wir zudem im Rahmen unserer Möglich- keiten und auf eigene Verantwortung dafür (Beifall bei der GAL und der LINKEN) Sorge tragen, dass die als Partner ausge- Eines verstehe ich aber überhaupt nicht und da wählten Organisationen, Referenten etc. habe ich auch die Argumentation von Herrn Kien- sich ebenfalls den Zielen des Grundge- scherf nicht nachvollziehen können – ich zitiere setzes verpflichten." einmal den Bürgermeister –: (Beifall bei der CDU) "Warum etwas funktioniert, ist nicht so wich- Das ist interessant, dass das die CDU freut. Das tig. Ich will, dass es funktioniert." ist schlicht und einfach Gesinnungsschnüffelei, Wir wollen, dass der Kampf gegen Rechtsextre- (Beifall bei der GAL und bei Christiane mismus erfolgreich ist, aber dieser Einschub, den Schneider DIE LINKE – Zurufe von der sich die Ministerin Schröder hier leistet, führt dazu CDU: Oh!) – Frau Schneider hat es ausgeführt –, dass Träger schlicht und einfach ihre Arbeit einstellen, weil sie für die die Träger der Projekte nicht zuständig sind. genau das nicht gewährleisten können oder wol- Zum Glück haben wir andere Organisationen in un- len. serem Staat und in unserem Rechtssystem, die dieser Aufgabe nachgehen. Genau mit diesem (Heino Vahldieck CDU: Wollen! – Zurufe von zweiten Teil der Erklärung befassen sich im Übri- der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Nun geht's gen einerseits die rechtlichen Gutachten des Wis- hier aber los!) senschaftlichen Dienstes und andererseits auch – Sie haben es immer noch nicht verstanden, liebe das Gutachten von Professor Dr. Battis, das es in- Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Kann ich zwischen sogar öffentlich gibt, der ganz eindeutig gewährleisten, dass die Präsidentin dieser Bürger- sagt, dass das verfassungswidrig ist. schaft wirklich auf dem Boden des Grundgesetzes Das Entscheidende ist, dass wir auch selbst als steht? Wie soll ich da nachforschen? Soll ich sie Parlament heute in diese Situation gekommen wä- googeln, soll ich ihre sonstigen Vorkenntnisse der ren, denn wir haben – mit knapper Mehrheit – eine Historie jeder Art überprüfen? Ich möchte das nicht Präsidentin gewählt, die einen weltbekannten Ex- tun. Ich weiß, dass ich auf diesem Boden des tremisten heute zitiert hat, wenn ich das einmal so Grundgesetzes stehe; so tun es die Träger auch vorsichtig sagen darf. Sie hat in ihrer Rede Karl und alles andere ist Schnüffelei. Marx zitiert und darüber gesprochen, dass das (Glocke) Sein das Bewusstsein bestimmt. Das sollte uns jetzt eigentlich, wollten wir Geld aus diesem Pro- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 2. Sitzung am 23. März 2011 87

Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel (unterbre- (Beifall bei der FDP und der CDU und Zuru- chend): Erlauben Sie eine Frage der Abgeordne- fe von der LINKEN) ten Sudmann? Wenn man ein Projekt plant, dann ist es wohl auch zumutbar, sich die Referenten, die man einlädt, Antje Möller GAL: Ja. auch einmal genau anzusehen. Heutzutage ist das dank Internet wirklich kein großes Problem. Zwischenfrage von Heike Sudmann DIE LINKE: (Glocke) Ich danke. – Frau Möller, ist es nicht auch ein Pro- blem, wenn ehemalige CDU-Innensenatoren zum Beispiel Interviews für rechtsextreme Zeitungen Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel (unterbre- geben? chend): Herr Bläsing, gestatten Sie eine Zwischen- frage des Abgeordneten Steffen? (Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE) Robert Bläsing FDP: Bitteschön. Antje Möller (fortfahrend): Ich möchte das Verhal- ten von ehemaligen Innensenatoren und sonstigen Dr. Till Steffen GAL: Herr Kollege Bläsing, ich Kolleginnen und Kollegen dieser Art jetzt nicht wei- möchte Sie fragen, welche Zuwendungsempfänger ter kommentieren, sondern ich möchte, dass wir in Hamburg des Programms "kompetent. für De- uns in diesem Plenum nach ausführlicher Debatte mokratie" Ihrer Meinung nach Linksextremisten – wir haben noch eine lange Redezeit, jede und je- sind. Das ist eine Behauptung, die Sie in den der kann noch einmal ihre und seine Meinung da- Raum gestellt haben, und die Sie jetzt auch unter- zu sagen – schlicht und einfach auf ein Votum für mauern sollten. oder gegen den Antrag der LINKEN und unseren Zusatzantrag verständigen. Eine weitere Befas- sung im Verfassungsausschuss erschließt sich mir Robert Bläsing (fortfahrend): – Ich habe nicht be- inhaltlich überhaupt nicht, hauptet, dass sie linksextrem sind. Aber man muss sich doch ansehen, in welchem Umfeld sich einige (Beifall bei der GAL und bei Dora Heyenn der Personen bewegen. Es muss doch verhindert DIE LINKE) werden, dass der Bock zum Gärtner gemacht wird. weil auch die SPD hier keinerlei Zweifel an dem Wir wollen nicht den Teufel mit dem Beelzebub Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes und austreiben. an all den Länderinitiativen, die in der Regel immer Das geht dann auch an die Adresse der LINKEN. von den Grünen, der SPD oder auch von der LIN- Es gibt dort auch Erläuterungen, in denen steht, KEN kamen, gezeigt hat. Ihre Idee dahinter ist dass sogar die LINKE förderungsfähig wäre, schlicht und einfach, dass Sie gerne mit einem ei- genen Petitum dieses Thema beschließen würden. (Dora Heyenn DIE LINKE: Sogar die LINKE ist förderungsfähig!) (Dr. Andreas Dressel SPD: Ich kann Ihnen versichern, das ist nicht der Fall!) es sei denn, es geht um die "Sozialistische Linke" oder die "Kommunistische Plattform" innerhalb Ih- – Dann seien Sie großmütig mit Ihrer Mehrheit und rer Partei. Ich kann durchaus verstehen, dass Sie beschließen Sie heute und hier diese Anträge. als Partei mit einer Bundesvorsitzenden, die dem (Beifall bei der GAL und der LINKEN) Kommunismus huldigt, damit gewisse Probleme haben. Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel: Herr Bläsing, (Antje Möller GAL: Können Sie bitte beim Sie haben das Wort. Thema bleiben?) Aber dass hier gesagt wurde, das seien Stasi-Me- Robert Bläsing FDP:* Frau Präsidentin, meine thoden – ich habe selbst einen ostdeutschen Mi- sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegin- grationshintergrund –, das aus Ihrem Munde zu nen und Kollegen! Ich kann die Aufregung in die- hören, finde ich wirklich schon ein wenig grenzwer- ser Debatte zum größten Teil nicht nachvollziehen. tig. Ich will zum einen für die Freien Demokraten fest- halten, dass wir – das ist schon am Parteinamen (Beifall bei der FDP und der CDU) erkennbar – kein Problem damit haben, uns zur Aber es ist spät und wir möchten auch noch nach freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu Hause. bekennen. Zum anderen steht für uns auch fest: Wer meint, dass man Rechtsextremismus am bes- (Beifall bei der SPD) ten dadurch bekämpft, indem man Linksextreme – Ich glaube, ich habe nur einen Bruchteil der Zeit damit beauftragt, der hat Demokratie nicht verstan- geredet, die Herr Kienscherf eben geredet hat, den. (Beifall bei Dr. Thomas Kluth FDP) 88 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 2. Sitzung am 23. März 2011

(Robert Bläsing) insofern müssten Sie als SPD da vielleicht ein sungsschutzbericht gemeint sind. Wie kann man bisschen in sich gehen. solche Projekte durchführen? Das ist eine ganz konkrete Frage und darum geht es, dass dann auf Wir halten diese Anträge für entbehrlich. Wenn einmal die Träger solcher Projekte die Teilnehmer aber im Ausschuss noch einmal darüber geredet oder die Referenten bespitzeln müssen, Auskunft werden soll, dann wollen wir uns dem auch nicht über sie einholen und Berichte schreiben müssen, verweigern. weil sie nämlich nachweisen müssen, wie sie ent- (Beifall bei der FDP) schieden haben. Und damit sind solche Projekte von Anfang an wirklich tot. Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel: Frau Schnei- (Beifall bei der LINKEN) der, Sie haben das Wort. Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel: Es liegen keine Christiane Schneider DIE LINKE: Ich bin in ge- weiteren Wortmeldungen mehr vor und wir kom- wisser Weise erschüttert, weil ich immer gedacht men zur Abstimmung. hatte, ein kleiner Rest von der Grundrechtepartei wäre bei der FDP noch vorhanden. Aber das Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen scheint gar nicht mehr der Fall zu sein. 20/24 in der Neufassung und 20/74 an den Aus- schuss für Verfassung, Geschäftsordnung und (Beifall bei der LINKEN und der GAL und Wahlprüfung zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? vereinzelt bei der SPD) – Dann ist das mit Mehrheit angenommen. Ich will es Ihnen an einem Beispiel erläutern: Mo- Damit stelle ich das Ende dieser Sitzung fest. Ich schee-Organisationen, die der SCHURA angehö- wünsche Ihnen einen schönen Nachhauseweg. ren, stehen zum Beispiel im Verfassungsschutzbe- richt. Wie will man jetzt beispielsweise ein Projekt Ende: 22.35 Uhr über interreligiöses Lernen organisieren, wenn man sich erst einmal vergewissern muss und Teil- nehmer vorher bespitzeln oder den Verfassungs- schutz fragen muss, ob gerade sie in dem Verfas-

Hinweis: Die mit * gekennzeichneten Redebeiträge wurden in der von der Rednerin beziehungsweise vom Redner nicht korrigierten Fassung aufgenommen.

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Bericht

des Ausschusses für Verfassung, Geschäftsordnung und Wahlprüfung

über die Drucksachen

20/24 Neuf.: Demokratieinitiativen nicht verdächtigen, sondern fördern – Bestätigungserklärung im Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ streichen! (Antrag Fraktion DIE LINKE)

20/74: Rechtmäßigkeit der Bestätigungserklärung im Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ prüfen (Antrag GAL)

Vorsitz: Britta Ernst Schriftführung: Robert Heinemann

I. Vorbemerkung Die Drs. 20/24 und 20/74 wurden auf Antrag der SPD-Fraktion durch Beschluss der Bürgerschaft am 23. März 2011 an den Ausschuss für Verfassung, Geschäftsordnung und Wahlprüfung überwiesen. Der Ausschuss befasste sich in seiner Sitzung vom 31. März 2011 abschließend mit den Drucksachen.

II. Beratungsinhalt Die Senatsvertreterinnen und -vertreter wiesen zunächst darauf hin, dass der Sach- verhalt, um den es in den vorliegenden Anträgen gehe, eindeutig sei und auch in der Bürgerschaft bereits diskutiert worden sei. Trotz unterschiedlicher politischer Zielrichtung verfolgten beide Anträge den gleichen Zweck, nämlich die sogenannte Demokratieerklärung aus der Welt zu schaffen. Die Justizbehörde teile durchaus die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die „Demo- kratieerklärung“, die zu Recht viel Kritik hervorgerufen habe. Die Petita der Anträge ansprechend, erklärten die Senatsvertreterinnen und -vertreter, dass der Antrag 20/24 der Fraktion DIE LINKE im Wesentlichen eine politische Erklä- rung gegenüber der Bundesregierung fordere und aus ihrer Sicht unproblematisch sei. Die rechtliche Prüfung der Extremismusklausel betreffend führten sie aus, es gebe diesbezüglich bereits zwei Gutachten. Die Justizbehörde habe bisher nur einen relativ kurzen Zeitraum zur Verfügung gehabt, sich damit zu befassen, möglicherweise könn- ten noch offenen Fragen in der Ausschussberatung geklärt werden. Sie boten an, die Gutachten dem Ausschuss zur Verfügung zu stellen, weil sich die Frage stelle, was eine dritte Prüfung durch die Justizbehörde noch an substanziellen Neuigkeiten bei- tragen könnte. Den ersten Petitumspunkt aus der Drs. 20/24 Neuf. unterstütze die Justizbehörde voll und ganz. Der Antrag 20/74 der GAL-Fraktion sei insofern rechtlich problematisch, da er eine juristische Überprüfung in dem Sinne verlange, dass die Bürgerschaft den Senat auf- fordern solle, beim Bund Widerspruch einzulegen. Da es sich in dem Fall um Zuwen- Drucksache 20/478 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode dungsbescheide und demnach um Verwaltungsakte handele, liege das Problem darin, dass diese eine Widerspruchsfrist von nur einem Monat hätten. Diese Frist sei bereits abgelaufen. Insofern würde der Antrag ins Leere laufen und als unzulässig abgewie- sen werden. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter führten hierzu aus, dass die Jus- tizbehörde den Antrag auf Bundesmittel aus dem Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ für den Programmbereich „Beratungsnetzwerke und Mobile Beratung“ im Dezember 2010 gestellt habe. Am 3. Januar 2011 sei der Zuwendungs- bescheid an die Justizbehörde eingegangen und am 4. Januar 2011 habe die Justiz- behörde die Eingangsbestätigung sowie die unterschriebene „Demokratieerklärung“ abgeschickt. Da in dem Bescheid auch eine Monatsfrist mit Rechtsbehelfsbelehrung angekündigt worden sei, sei ein Widerspruch mittlerweile verfristet. Die GAL-Abgeordneten zeigten sich erfreut darüber, dass die Justizbehörde den kriti- schen Ansatz in den Anträgen teile. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, warum die Justizbehörde dann nicht nach einem Weg suche, diese Bestätigungserklä- rung entweder nicht einzufordern oder ins Leere laufen zu lassen. Ferner könnte sie die Zuwendungsempfänger darin unterstützen, dass sie die Bestätigungserklärung von den mit ihnen zusammenarbeitenden Initiativen oder Einzelpersonen nicht abfor- derten. Sie fragten den Senat, ob dem beschriebenen Zuwendungsantrag zusätzlich zu der Erklärung der Träger oder des Trägers an sich weitere Bestätigungserklärungen bei- gefügt gewesen seien. Möglicherweise seien diese nicht notwendig gewesen, weil es sich dabei lediglich um einen agierenden Träger handele. Hier sei von Interesse, wie sich die Situation für Hamburg darstelle. Die SPD-Abgeordneten ergänzten wissen zu wollen, wie viele Träger eigentlich invol- viert seien und um welche Höhe an Zuwendungsmitteln es dabei gehe. Des Weiteren interessierte sie, welche Wege derzeit in Hamburg diskutiert würden. Die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE erkundigte sich, ob es auch Landesmittel gebe, die in solche Projekte einflössen. Da in diesem Fall auch die Problematik der Ungleichbehandlung entstünde, fragte sie, wie der Senat damit eventuell umgehe. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter erläuterten, im Bereich „Beratungsnetzwerke und Mobile Beratung“ gebe es momentan zwei Träger. Dabei handele es sich zum einen um einen Verbund aus Arbeit und Leben Hamburg e.V. und der DGB-Jugend, die das mobile Beratungsteam umsetzten, und zum anderen um die Lawaetz-Stiftung, die Aufgaben der Landeskoordinierung in diesem Bereich übernommen habe. Beide Träger hätten in keiner Weise signalisiert, dass sie sich gegen eine Unterschrift weh- ren würden. Vielmehr hätten sie zusammen mit der Justizbehörde die Zuwendungs- verträge vor ein paar Wochen unterschrieben und somit auch die Zuwendungsmodali- täten anerkannt. Gleichwohl seien die Unterschriften unter der besagten „Demokratie- erklärung“ noch nicht eingegangen. Komplizierter gestalte sich die Handhabung in den Bezirken, die die Landesbehörde nicht unbedingt steuern könne. Ein zweiter Bestandteil des Bundesprogramms seien sogenannte lokale Aktionspläne, um die sich die Bezirke Altona und Hamburg-Mitte beworben hätten. In Altona gebe es kein großes Problem mit den Trägern. Derzeit erkläre sich ein Träger, die Volkshochschule, bereit die „Demokratieerklärung“ zu un- terschreiben. In Hamburg-Mitte hingegen – wo eine Vielzahl von Trägern in dem dafür vorgesehenen Stadtteil St. Georg das Programm durch kleine Einzelprojekte umset- zen sollten – sei momentan keiner der Träger bereit, diese Unterschrift zu leisten. Demnach beschränke sich das Problem der Umsetzung vor allem auf St. Georg und den Bezirk Hamburg-Mitte. Somit könne man die Frage nach der Anzahl der Träger nicht genau beantworten, da sie davon abhängig sei, wie viele letztendlich infrage kämen, so die Senatsvertreterinnen und -vertreter. Bezüglich der nachgefragten Landesmittel erklärten sie, dass für den Bereich der Be- ratungsnetzwerke 40.000 Euro pro Jahr vorgesehen seien. Die „Demokratieerklärung“ von den Trägern schlicht nicht einzufordern sei rein verwal- tungstechnisch problematisch, weil die Behörde damit automatisch verweigere, die Bundesmittel abzufordern. Ein Verlust der Bundesmittel sei nicht unerheblich, da die-

2 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode Drucksache 20/478 se in dem Bereich 200.000 Euro pro Jahr betrügen, ein wesentlicher Teil der gesam- ten Mittel. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter gaben zu bedenken, sobald man den juristi- schen Weg einschlage, gegen die „Demokratieerklärung“ vorzugehen, müsse man sich gleichzeitig die rechtlichen Risiken vor Augen führen und vor allem den Verlust der Bundesmittel und wie man das kompensieren könnte. Die CDU-Abgeordneten stellten heraus, dass sich die Gruppe der Empfänger sehr relativiere und eine Vielzahl der Träger – zum Beispiel die Lawaetz-Stiftung und Arbeit und Leben Hamburg e.V. –, die in dem Bereich auch bisher tätig seien, in zahlreichen Projekten durchaus staatsnah anzusiedeln seien. Als bemerkenswert erachteten sie, dass St. Georg mit einer Vielzahl von Projekten hervorsteche, obwohl dieser Stadtteil bekanntermaßen nicht unbedingt als Hort des Rechtsradikalismus aufgefallen sei. In Hamburg gebe es ganz andere Gebiete, in denen das eine oder andere Projekt mehr durchgeführt werden sollte. Die Debatte zu den vorliegenden Drucksachen sei bereits ausgiebig in der Bürger- schaft geführt worden und die CDU-Fraktion sei grundsätzlich anderer Auffassung. Ihrer Meinung nach sei eine „Demokratieerklärung“ zumutbar und sogar notwendig. Insofern gebe es für sie kein anderes Votum als das in der Bürgerschaft angekündig- te. Zudem betonten sie, die Ausschussbefassung bei einer sehr klaren und deutlichen Meinungsäußerung der einzelnen Fraktionen, wie sie in der Bürgerschaft erfolgt sei, für überflüssig zu erachten. Die SPD-Abgeordneten hielten entgegen, die „Demokratieerklärung“ sei eine Miss- trauenserklärung, die ohne dringenden Grund von der Bundesebene angelegt worden sei. Diese in einer Situation einzubauen, wo es darum gehe, ein wirklich breites ge- sellschaftliches Bündnis gegen Rechtsradikalismus auch weiterhin aufrechtzuerhalten, sei unverständlich. Zudem sei zuwendungsrechtlich klar, dass jede Initiative, die in dem Bundesprogramm gefördert werde, die Gewähr dafür bieten müsse, die freiheit- lich-demokratische Grundordnung einzuhalten. Zusätzlich die Unterschrift einer „De- mokratieerklärung“ einzufordern, sähe genau das Misstrauen, welches von der Bun- desfamilienministerin auch so intendiert gewesen sei. Dies habe sich auch in den bundesweiten öffentlichen Diskussionen gezeigt. Aus diesem Grunde habe die SPD-Fraktion ihre Ablehnung der „Demokratieerklärung“ sehr deutlich gemacht. Gleichwohl befürworteten sie die Anmerkung vom Senat, dass zwei Ebenen unterschieden werden müssten. Rein rechtlich könne festgehalten wer- den, dass nunmehr Fristen verstrichen seien. Das ist ein Faktum, mit dem man umge- hen müsse. Deshalb seien nachträgliche juristische Schritte in Form eines Wider- spruchs aus ihrer Sicht wenig Erfolg versprechend. Vor diesem Hintergrund sahen sie den Antrag der GAL-Fraktion – für den sie durchaus Sympathie hätten – kritisch und äußerten, sich auf die politische Komponente konzentrieren zu wollen. So könne auch für weitere Zuwendungsjahre ein politischer Druck erzeugt werden. Auch andere Bun- desländer hätten sich bereits dafür ausgesprochen, entsprechend initiativ zu werden, damit die Bundesregierung und das Bundesfamilienministerium hier zu einer anderen Einschätzung kämen. Dabei sollte der Senat unterstützt werden. Der Antrag 20/24 der Fraktion DIE LINKE liefere hierfür einen guten Ansatz, bedarf jedoch noch einiger Umformulierung. Aus ihrer Sicht wäre dies ein guter Weg, der der Intention beider Anträge gerecht werde und ein deutliches Signal an die Bundesebene setze. Die GAL-Abgeordneten meinten zur Ansicht der SPD-Abgeordneten, es seien ledig- lich Lippenbekenntnisse. Man müsse sich hinsichtlich der Forderungen an die Träger schützend vor sie stellen, ansonsten sei die Umsetzung eines Programms gegen den Rechtsextremismus fraglich. Sie hätten die Justizbehörde so verstanden, dass sie die Einschätzung über die Verfassungswidrigkeit des Vorgehens teilen würden. Diverse Gutachter seien zu gleichen Ergebnissen gelangt. Solange die Erklärung von den Trägern nicht unterzeichnet sei, fließe kein Geld. Die Träger dürften in dieser Situation nicht allein gelassen werden, ob die rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft seien oder nicht. Die Frage sei, warum nicht mit jedem Antrag erneut ein Widerspruch ein- gelegt werden könne. Zu bedenken sei, dass sogar die sogenannten staatsnahen Trä- ger die Unterschriften verweigern würden.

3 Drucksache 20/478 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode

Problematisch an der Erklärung sei aus ihrer Sicht nicht das Bekenntnis zur freiheit- lich-demokratischen Grundordnung, sondern vielmehr, dass sie verantwortlich für die Prüfung der Verfassungstreue ihrer Partner seien. Die Umsetzung sei problematisch. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter bestätigten, aus ihrer Sicht hätten die Träger keine Möglichkeiten, die Verfassungstreue ihrer jeweiligen Partner zu prüfen. Sie hät- ten wenig Hoffnung auf die Möglichkeit einer rechtlichen Vorgehensweise gegen diese Klausel. Im formalen Zuwendungsverfahren sei die Widerspruchsfrist ungenutzt An- fang Februar 2011 verstrichen, damit sei der Zuwendungsbescheid bestandskräftig. Rechtliche Zweifel würden daran nichts ändern. In diesem Verfahren gebe es keine rechtliche Möglichkeit mehr, den Bescheid anzuzweifeln. Ergänzend sei aber auf die Unbestimmtheit der Begriffe hingewiesen. Hieraus ergäben sich unter Umständen Möglichkeiten bei Meinungsverschiedenheiten, insbesondere wenn Gelder zurückge- fordert würden. Die Unbestimmtheiten würden sich dann auch zulasten des Bundes- familienministeriums auswirken. Ihrer Meinung nach könnten Gelder nur unter extre- men Bedingungen erfolgreich zurückgefordert werden. Die GAL-Abgeordneten regten an, der Senat sollte in solchen Fällen den Trägern künftig beistehen. Ihr vorliegender Antrag werde falsch interpretiert. Sie stellten richtig, dass er sich auch auf alle kommenden Zuwendungsbescheide beziehe, jedenfalls solange eine „Demokratieerklärung“ für die Zuwendungsbescheidung vorausgesetzt werde. Es sei gut und richtig zu diskutieren, welche Möglichkeiten im Rahmen der nächsten Zuwendungsperiode bestünden. Die Bürgerschaft solle daher eine klare Position beziehen und den Weg unterstützen, den andere Bundesländer bereits be- schritten hätten. Der politische Weg sei derzeit in der Gesamtschau nicht zielführend und helfe den Trägern nicht. Sie seien nach wie vor der Meinung, dass der Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht ausreiche. Wenn man der Meinung sei, dass das Vorgehen verfassungswidrig sei, müsse man auch einen Weg finden, eine rechtliche Klärung herbeizuführen. Dies könne die Politik aber nicht leisten. Daher solle zum einen ein Widerspruch gegen das jetzige Verfahren erfolgen, damit es zu einer rechtlichen Aus- einandersetzung komme. Nachvollziehbar sei, dass die stärker institutionalisierten Träger mit großer Verantwor- tung für ihre Arbeitsplätze am ehesten die Bestätigungserklärung unterschreiben wür- den, damit sie niemanden entlassen müssten, denn sie hätten eine eher übersichtli- che Anzahl an Kooperationspartner. Wenn andere Träger die Erklärung nicht unter- schreiben würden, der Senat dennoch die Fördergelder herausreiche, könne dadurch eine Möglichkeit entstehen, eine rechtliche Auseinandersetzung zu provozieren. Den Trägern entstehe auf diese Weise kein zusätzlicher Schaden. Die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE schloss sich dem Vorredner an. Die CDU-Abgeordneten wandten ein, die geführte Diskussion würde anders erfolgen, wenn bekannt würde, dass Fördergelder an rechtsextreme Organisationen geflossen wären. Für sie sei momentan wichtig, wie die Träger bei der derzeit bestehenden Rechtslage unterstützt werden könnten. Daher sei wissenswert, was der Senat dahingehend be- absichtige. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter stellten hinsichtlich der Äußerungen der GAL- Abgeordneten richtig, dass es seitens des Senats nur dann zu einer Auszahlung der Fördergelder kommen könne, wenn die Erklärung unterschrieben worden sei. Auch der Senat erhalte die Fördermittel zur Weiterreichung nicht ohne diese Erklärung. Den Trägern sei die rechtliche Sachlage klar. Sie legten nunmehr ihre Hoffnung in die Politik. Die CDU-Abgeordneten meinten, die Frage sei doch vielmehr, an wen sich die Träger mit ihren Fragen hinsichtlich des Klärungs- und Prüfungsbedarfs zu ihren Kooperati- onspartnern wenden könnten, möglicherweise an das Landesamt für Verfassungs- schutz.

4 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode Drucksache 20/478

Die Senatsvertreterinnen und -vertreter deuteten an, ihrer Einschätzung nach sei die Erklärung nur schwer mit Artikel 3 des Grundgesetzes zu vereinbaren. Die Erklärung sei auf mögliche praktische Folgen für das Landesamt für Verfassungs- schutz geprüft worden. Sie seien der Meinung, wenn eine solche Erklärung zum Re- gelfall würde, wäre zunächst die Frage der politischen Kultur berührt, aber auch die des Verfassungsschutzes, denn die Klärung der politisch-ideologischen Ausrichtung einer Organisation läge beim Landesamt. Das Landesamt für Verfassungsschutz wür- de durch kommende Anfragen und durch die daraus bedingte Vielzahl rechtlicher Verfahren belastet werden. Einzelfälle könnten aber bewältigt werden. Generell sei das Landesamt für Verfassungsschutz in der Lage, Auskunft über die Kooperationspartner zu geben, sofern sie nicht personenbezogen seien. Die SPD-Abgeordneten betonten in Bezug auf den Antrag der GAL-Fraktion, man müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Widerspruchsfrist abgelaufen sei. Andere Län- der hätten Widerspruch eingelegt, allerdings nicht zur Erklärung in seiner Gesamtheit, sondern nur zu dem zweiten und dritten Teil. Sie hätten keinen Widerspruch gegen das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und gegen die Ziele des Grundgesetzes eingelegt. Ihr Ansinnen sei, die Zeit bis zum nächsten Förderpro- gramm zu nutzen, um vermehrt politischen Druck auszuüben, damit die Erklärung künftig entfalle. Sie warfen die Frage auf, ob und wer möglicherweise noch eine Kla- gemöglichkeit hätte, mit dem Hintergrund all der Gutachten, die Zweifel an der verfas- sungsrechtlichen Unbedenklichkeit bekunden würden. Die vorliegenden Anträge würden das gewünschte Ergebnis, dass die Erklärung ent- falle, nicht erreichen können. Der eine habe lediglich einen appellativen Charakter, der andere führe dazu, dass Fördergelder nicht mehr zur Verfügung gestellt würden. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter bekräftigten ihre Meinung, dass eine mögliche Klage kaum Aussicht auf Erfolg haben würde. Es bestehe grundsätzlich kein Rechts- anspruch auf Zuwendungen, daher existiere kein einklagbarer Anspruch. Es gebe aber einen Anspruch auf Gleichberechtigung, der im Widerspruchsverfahren hätte geltend gemacht werden können. Die Widerspruchsfrist sei nun aber abgelaufen. Es sei denkbar, dass die Freie und Hansestadt Hamburg auf Auszahlung der Mittel kla- gen könnte, ohne dass die Bestätigungserklärungen vorgelegt würden. Die Prozess- aussichten seien aber nicht hoffnungsvoll, denn das Verwaltungsgericht werde sich auf den Zuwendungsbescheid berufen, in dem ausdrücklich und bestandskräftig ste- he, dass die umstrittene Erklärung vorzulegen sei. Eine Lösung würde auf diesem Wege nicht erfolgen. Die GAL-Abgeordneten teilten diese Rechtsauffassung im Hinblick auf den Wider- spruch nicht. Es läge auf der Hand, dass man zwar keinen Anspruch auf Zuwendung hätte, aber auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Zuwendung. Bei Vor- liegen einer verfassungswidrigen Bedingung müsse die Bundesregierung erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entscheiden. Die Möglichkeit des Klagewegs sei von ihrer Fraktion aufgezeigt worden. Die Bürger- schaft sollte den Senat auffordern, für die kommende Zuwendungsperiode Wider- spruch zu erheben. Sollte sich dieser aus noch unbekannten Gründen erledigen, so sei er unschädlich. Eine weitere Frage sei die Geeignetheit des Verfahrens im Hinblick auf die Prüfung der Verfassungstreue. Interessant sei, ob das Landesamt für Verfassungsschutz in der Lage sei, über den Verfassungsschutzbericht hinaus weiterführende Informationen an nicht staatliche Organisationen zu geben, denn viele der vom Landesamt gesam- melten Informationen seien zunächst sehr vage und unsicher. Die Frage sei, ob es mithilfe des Landesamts gelänge, sich verfassungswidrig verhaltende Organisationen aus dem Kreis der Zuwendungsnehmer fernzuhalten. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter unterstützten Letztgesagtes. Nur rechtlich gesicherte Erkenntnisse könnten weitergegeben werden. Eine besondere Form der Informationsübermittlung sei mit den Finanzbehörden hinsichtlich der Gemeinnützig- keit von Vereinen getroffen worden. Hierbei werde nach einem zweigeteilten Verfah- ren gehandelt. Zum einen würden die amtlichen Stellen die Daten erhalten, die auch

5 Drucksache 20/478 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode in dem Verfassungsschutzbericht stünden, darüber hinaus aber noch weitere, die allerdings als vertraulich eingestuft würden. Eine solche Vereinbarung sei aber nur mit staatlichen Trägern möglich. Sie seien daher von der Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit in diesem Prozess nicht überzeugt. Das zugrunde liegende Anliegen sei aber nachvoll- ziehbar. Die GAL-Abgeordneten bemerkten, die Bestätigungserklärung fordere nicht nur für Träger oder Vereine eine Überprüfung ihrer Verfassungstreue, sondern auch für Ein- zelpersonen. Dies sei ihrer Meinung nach gar nicht realisierbar. Dazu komme, dass verschiedene Gutachten zu dem Ergebnis gelangt seien, dass es nicht verfassungs- gemäß sei. Bisher sei kein Fall von Missbrauch der Zuwendung aus dem Programm gegen Rechtsextremismus bekannt. Auch bei Beteiligungen von Organisationen, die im Verfassungsschutzbericht genannt seien, seien keine Zweifel an der rechtmäßigen Verwendung der Zuwendung aufgetreten. Die Forderung der Bestätigung beruhe demnach nicht auf Fakten, sondern sei eine politische Willenserklärung. Ihnen fehle die Aussage der Regierungsfraktion über ihre Handlungsstrategie. Die SPD-Abgeordneten überlegten aufgrund der Bemerkungen der Senatsvertreterin- nen und -vertreter hinsichtlich einer möglichen zukünftigen Zuwendungsrückforde- rung, das Petitum um ein Ersuchen an den Senat, den Initiativen in derartigen Fällen mit rechtlicher Unterstützung beizutreten, zu ergänzen. Eine weitere Ergänzung in Form einer Bitte an den Senat, die Bürgerschaft vor der nächsten Bewilligungsperiode über den Sachstand zu informieren, sei vorstellbar, um rechtzeitig feststellen zu kön- nen, ob es auf politischem Wege gelungen sei, eine Veränderung herbeizuführen oder um gegebenenfalls rechtzeitig Widerspruch einlegen zu können. Festzustellen sei jedenfalls, dass ein Widerspruch für die jetzige Bewilligungsperiode keine Aussicht auf Erfolg hätte. Die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE wies darauf hin, dass Zuwendungsempfän- ger verpflichtet seien, konkrete Personen und Strukturen zu prüfen. Ihrer Meinung nach übersteige diese Forderung die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, zumal das Landesamt für Verfassungsschutz unter Umständen keine Informationen hierzu liefern könne oder dürfe. Konkrete Projekte seien akut gefährdet, beispielsweise der Ort der Vielfalt in St. Ge- org. Die Frage sei, ob der Senat nun die Zuwendungszahlungen garantiere und sich unter Umständen mit der Bundesregierung darüber streite oder ob sich die betroffe- nen Projekte mangels finanzieller Mittel erledigen. Ihrer Meinung nach seien alle Trä- ger gegen diese Erklärung. Sie würden sich allerdings unterschiedlich verhalten. Viele Träger würden sich verweigern, die AIDS-Hilfe Hamburg e.V. beispielsweise bewerbe sich nicht mehr um Zuwendungen. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter empfanden die Situation ebenfalls als sehr unbefriedigend. Sie stünden am Anfang der Prüfung, was am besten zu tun sei. Durch den politischen Wechsel im Senat hätten sich auch die Sichtweisen geändert. Neue Überlegungen müssten angestellt werden. Die Möglichkeiten seien aber begrenzt. Das Landesamt für Verfassungsschutz wolle nicht missverstanden werden, es sei generell bereit, Informationen über mögliche extremistische Bestrebungen einzelner Träger im nicht personenbezogenen Bereich zu geben. Sie seien daher nur bedingt aussagefähig und damit eingeschränkt der Wahrheitsfindung dienlich. Die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE stellte richtig, es gehe in erster Linie nicht um die Träger, sondern um die Partner der Träger, einzelne Personen, Mitwirkende, Eingeladene. Ihnen sei unklar, wie die Träger ihre Prüfungen und die Ergebnisse über die Partner dokumentieren sollen. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter erläuterten, je nach Fragestellung könne über Organisationen wie auch über einzelne Personen Auskunft gegeben werden. Grund- sätzlich dürften auch personenbezogene Informationen an private Träger übermittelt werden. Dieser Bereich sei gesetzlich geregelt und betreffe besondere Fälle, bei- spielsweise wenn eine spezielle Gefahr drohe und die Information notwendig sei. Es müsse in jedem Falle eine Abwägung stattfinden, die mit Risiken verbunden sei.

6 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode Drucksache 20/478

Die FDP-Abgeordneten meinten, Basis sei, dass jeder, der Zuwendungen vom Staat erhalte, auch verfassungstreu sein sollte. Der erste Satz der Erklärung sei ihrer Mei- nung nach wichtig und sollte beibehalten werden. Die weiteren Bedingungen würden kritisch gesehen. Die Regelung sei gut gemeint, aber nicht gut durchdacht. Sie wür- den diese bundesgesetzliche Regelung ablehnen, denn es beinhalte ein generelles Misstrauen gegen die Menschen. Umgekehrt sollten aber auch die Zuwendungsemp- fänger weniger misstrauisch gegenüber dem Staat und den von ihm abgeforderten Erklärungen sein. Die CDU-Abgeordneten waren von den Ausführungen der Regierungsfraktion hin- sichtlich der Ergänzungen zum Petitum, dass der Senat die Träger im Verfahren un- terstützen solle, überrascht. Sie würden ein anderes Ersuchen favorisieren, nämlich dass der Senat aufgefordert werde, ein Konzept zu erstellen, wie die Träger im Rah- men der geltenden Regelungen bestmöglich unterstützt werden könnten. Der Vorteil sei, das ein solches Konzept im Vorfeld nützlich sei und nicht erst im Nachhinein. Die GAL-Abgeordneten begrüßten den Erkenntnisfortschritt bei der FDP-Fraktion in der Zeit zwischen der Plenarsitzung und der aktuellen Ausschusssitzung. Der Vorschlag der Regierungsfraktion, den Senat zu bitten, die Bürgerschaft vor der nächsten Bewilligungsperiode über den aktuellen Sachstand zu informieren, sei eine Möglichkeit sicherzustellen, dass ein Widerspruch rechtzeitig eingelegt werden könne. Gleichwohl seien sie der Meinung, dass es ein überflüssiger Weg sei. Sie hielten es für sehr unwahrscheinlich, dass sich bis zum Beginn der nächsten Bewilligungsperio- de an der Haltung der Bundesregierung etwas ändere. Ihr Antrag würde daher auf- rechterhalten. Die Thematik der Bestätigungserklärung böte für eine neue Bewilli- gungsperiode einen weiteren Anknüpfungspunkt. Sie hielten es dennoch für wichtig, den Vorschlag der Regierungsfraktion zusätzlich aufzunehmen, um eine konkrete gemeinsame Lösung anzubieten. Die SPD-Abgeordneten bekundeten, sie würden dem Zusatzantrag der GAL-Fraktion nicht zustimmen können, weil sie zunächst Wege suchen wollten, sicherzustellen, dass die Bundesmittel nicht verloren gingen. Sie würden den Antrag aus der Drs. 20/24 der Fraktion DIE LINKE um Folgendes ergänzen wollen: Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, a) sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, die Bestätigungserklärung als Zuwendungsvoraussetzung aus den Richtlinien des Bundesprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ zu streichen und die Vergabe von Zuwendungen nicht an die Unterzeichnung einer solchen Erklärung zu knüp- fen, b) die betroffenen Hamburger Initiativen im Falle von Rechtsstreitigkeiten mit der Bundesebene bei der Rückforderung von Fördermitteln zu unterstützen, c) den zuständigen Ausschuss vor der nächsten Bewilligungsperiode über den Sachstand zu informieren, um gegebenenfalls weitere rechtliche Schritte ein- zuleiten. Damit seien alle vernünftigen Gesichtspunkte, die man diskutiert habe, aufgegriffen worden. Sie schlugen der FDP-Fraktion vor, das Anliegen auf Bundesebene anzutra- gen. Die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE erklärte sich mit den Ergänzungen ihres Antrages einverstanden, ebenso damit, dass der letzte Satz ihres Petitums entfalle. Sodann erfolgte die Abstimmung.

III. Ausschussempfehlung 1. Der Ausschuss für Verfassung, Geschäftsordnung und Wahlprüfung emp- fiehlt der Bürgerschaft, den Antrag aus Drs. 20/24 Neuf. in folgender geän- derter Fassung:

„Die Bürgerschaft fordert den Senat auf,

7 Drucksache 20/478 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode

a.) sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, die Bestätigungserklä- rung als Zuwendungsvoraussetzung aus den Richtlinien des Bundes- programm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ zu streichen und die Vergabe von Zuwendungen nicht an die Unterzeichnung einer solchen Erklärung zu knüpfen.“

mehrheitlich mit den Stimmen der SPD-, GAL-, FDP-Abgeordneten und den Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE gegen die Stimmen der CDU-Abgeordneten anzunehmen,

„b.) die betroffenen Hamburger Initiativen im Falle von Rechtsstreitigkeiten mit der Bundesebene bei der unberechtigten Rückforderung von För- dermitteln zu unterstützen.“

mehrheitlich mit den Stimmen der SPD-, GAL-Abgeordneten und den Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE gegen die Stimmen der CDU- und der FDP-Abgeordneten anzunehmen,

„c.) den zuständigen Ausschuss vor der nächsten Bewilligungsperiode über den Sachstand zu informieren, um gegebenenfalls weitere rechtliche Schritte einzuleiten.“

mehrheitlich mit den Stimmen der SPD-, GAL-, FDP-Abgeordneten und den Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE gegen die Stimmen der CDU-Abgeordneten anzunehmen. 2. Der Ausschuss für Verfassung, Geschäftsordnung und Wahlprüfung emp- fiehlt der Bürgerschaft mehrheitlich mit den Stimmen der SPD-, CDU- und FDP-Abgeordneten gegen die Stimmen der GAL-Abgeordneten und der Ab- geordneten der Fraktion DIE LINKE, das Petitum aus der Drs. 20/74 abzu- lehnen.

Robert Heinemann, Berichterstattung

8 Wehrhafte Demokratie Rheinland-Pfalz steht für Solidarität, Toleranz und Weltoffenheit. Die rot-grüne Landesregierung akzeptiert keine Form von Rassismus und Antisemitismus. Extremismus stellt unsere Demokratie in Frage und auf die Probe. Wir wehren uns mit den Mitteln des demokratischen Rechtsstaates. Daher treten wir jeder Form von antidemokratischen Tendenzen entschieden entgegen. Die NPD orientiert sich an der menschenverachtenden Weltanschauung des National- sozialismus, agiert fremdenfeindlich, antisemitisch und revisionistisch. Ihr grundlegendes Ziel ist die Beseitigung des freiheitlichen demokratischen Rechtsstaates. Das Verbot einer Partei kann in einer Demokratie unter der Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungs- gerichts und der Rechtsprechung des Europäsche Gerichtshof für Menschenrechte immer nur ultima ratio sein. Die Landesregierung wird ihren konsequenten Kampf gegen Verfassungsfeinde fortsetzen. Wir wollen erreichen, dass durch gezielte Maßnahmen antidemokratische und extremistische Strukturen erst gar nicht wachsen können. Die Präventionsarbeit bleibt unsere Schwer- punktaufgabe. Das „Netzwerk für Demokratie und Courage“ und andere Kräfte der Zivilgesellschaft leisten vorbildhafte und unverzichtbare Arbeit. Diese gilt es nach besten Kräften zu stärken und zu unterstützen. Die Arbeit des Beratungsnetzwerks gegen Rechtsextremismus und der Präventionsagentur, die Beratung von Gefährdeten, Eltern und Kommunen, den Aufbau eines Präventionsnetzwerkes und die Initiierung neuer Projekte wollen wir weiter ausbauen. Der Ausbau von weiteren Beratungsknoten wird bei Bedarf unterstützt. Wir lehnen die Extremismusklausel der Bundesregierung, die von Initiativen gegen Extremismus fordert, ihre Verfassungstreue und die ihrer Kooperationspartner schriftlich zu bekennen, ab.

Humanität in der Flüchtlings- und Asylpolitik Wir bekennen uns in besonderer Weise zu den humanitären Verpflichtungen im Bereich des Flüchtlings- und Asylrechts. Wir wollen, dass das Instrument der Härtefallgewährung noch stärker bekannt und genutzt wird, um besonders gelagerte Einzelfälle zu lösen. Die interkulturelle Kompetenz sowie den Dienstleistungscharakter der Ausländerbehörden wollen wir durch geeignete Maßnahmen weiter stärken. Wir sprechen uns dafür aus, die Bewegungsfreiheit von Asylbewerberinnen und Asyl- bewerbern zeitnah auf das gesamte Gebiet des Landes zu erweitern. Wir werden uns über den Bundesrat dafür einsetzen, die Regelungen zur Bewegungsfreiheit von Asyl- bewerberinnen und Asylbewerbern und Geduldeten auch bundesweit zu harmonisieren und zu erweitern. Außerdem streben wir im Bundesrat eine Initiative zur Abschaffung der Residenzpflicht an. Deutschland und die EU tragen eine gemeinsame Verantwortung für Flüchtlinge in den Krisengebieten der Welt. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und die Flüchtlingsorganisationen fordern daher regelmäßig die Aufnahme von Flüchtlingen von außerhalb der EU-Grenzen im Rahmen von „Resettlement“ oder innerhalb der Grenzen der EU im Rahmen von „Relocation“. Dieser sozialen Verpflichtung ist Rheinland-Pfalz in der Vergangenheit stets durch die Aufnahme von einzelnen Flüchtlingen oder Flüchtlings-

Koalitionsvertrag 2011-2016 85 Rheinland-Pfalz SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 99. Plenarsitzung am 18. Februar 2011

Maßnahmen und Projekte abgestimmt. Diese sol- Auflage (vgl. BT-Drs. 17/4269, S. 2), mit der si- len in den kommenden Monaten kontinuierlich chergestellt werden soll, dass sich die Träger von umgesetzt werden. Maßnahmen in Programmen zur Extremismusprä- vention und deren Partner zur freiheitlichen demo-

kratischen Grundordnung der Bundesrepublik Anlage 56 Deutschland bekennen. Diese Zielsetzung wird von der Landesregierung nachdrücklich begrüßt. Antwort Die Landesregierung verfolgt die Auseinanderset- des Justizministeriums auf die Frage 57 der Abg. zung über die rechtliche Bewertung dieser Klausel. Pia-Beate Zimmermann und Patrick-Marc Humke Über die Verwendung und die Fassung der Klausel (LINKE) hat allerdings allein das die Zuwendung gewäh- rende Bundesministerium für Familie, Senioren, Umsetzung der sogenannten Extremismus- klausel für die Bundesprogramme gegen Frauen und Jugend zu entscheiden. Die Landes- Rechtsextremismus regierung sieht keinen Anlass, zu rechtlichen Be- denken Stellung zu nehmen, die gegen das Ver- Die Umsetzung der sogenannten Extremismus- klausel für die Bundesprogramme gegen waltungshandeln eines Bundesministeriums erho- Rechtsextremismus befindet sich gerade in der ben worden sind. entscheidenden Umsetzungsphase. Die Bewil- ligungsbescheide des Bundesministeriums für Dies vorausgeschickt, beantwortete ich die Mündli- Familie, Senioren, Frauen und Jugend sind an che Anfrage namens der Niedersächsischen Lan- die Länder gesendet worden. Diese müssen sie desregierung wie folgt: dann samt der sogenannten Extremismuserklä- rung an die Projekte weiterreichen. Geld vom Zu 1: Die Umsetzung des Bundesprogramms „To- Bund soll erst dann fließen, wenn die Projekte leranz fördern - Kompetenz stärken“ erfolgt in Nie- die Erklärungen unterschrieben haben. Mit der Erklärung sollen die Zuwendungsempfänger dersachsen durch den Landespräventionsrat Nie- bestätigen, dass sie sich zur freiheitlichen de- dersachsen (LPR). Dieser hat die betreffende Er- mokratischen Grundordnung der Bundesrepu- klärung abgegeben. blik Deutschland bekennen und eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit gewähr- Zu 2: Projekte anderer Träger erhalten in Nieder- leisten. sachsen keine Fördermittel aus den dem LPR Der Rechtswissenschaftler Ulrich Battis von der bewilligten Bundesmitteln. Humboldt-Universität zu Berlin hatte eine Ex- tremismusklausel des Bundesministeriums für Zu 3: Über den Anlass der Einführung einer zu- Familie, Senioren, Frauen und Jugend als teil- sätzlichen Erklärung durch das BMFSFJ liegen der weise unangemessen und nicht vereinbar mit Landesregierung keine Informationen vor. Im Rah- dem Grundgesetz bezeichnet. men des Bundesprogramms „Toleranz fördern - Wir fragen die Landesregierung: Kompetenz stärken“ gibt es in Niedersachsen kei- 1. Wie ist der Stand der Umsetzung der Bun- ne anderen Fördermittelempfänger außer dem desprogramme gegen Rechtsextremismus ins- Landespräventionsrat Niedersachsen. besondere hinsichtlich der Praxis der geforder- ten Unterzeichnung der sogenannten Extremis- muserklärung im Land Niedersachsen, und wie bewertet die Landesregierung in diesem Zu- Anlage 57 sammenhang die kritische Position des Antwort Rechtswissenschaftlers Ulrich Battis?

2. Welche Projekte und damit verbundenen des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Träger im Land Niedersachsen sollen Förder- auf die Frage 58 der Abg. Gabriela König und mittel aus diesen Mitteln erhalten und sind so- Christian Grascha (FDP) mit von der genannten Erklärung betroffen? Einsatzmöglichkeiten neuartiger Asphaltva- 3. Worin sieht die Landesregierung den Anlass rianten für die Einführung einer solchen Erklärung, und welche bisherigen Fördermittelempfänger wür- Nach dem Tauwetter der letzten Kälteperiode den nach derzeitiger Auffassung der Landesre- wurden wie schon im vergangenen Jahr un- gierung unter Extremismusverdacht stehen? übersehbaren Frostschäden sichtbar. Aufgrund der hohen Kosten, die mit der Beseitigung der Bei der vom Bundesministerium für Familie, Senio- Schäden verbunden sind, wird oft nicht die bes- ren, Frauen und Jugend in seinen Zuwendungsbe- te, sondern die billigste Reparaturmethode ge- wählt, sodass die Füllung der Schlaglöcher be- scheiden verwendeten Klausel handelt es sich reits nach einem Jahr erneut schadhaft ist. nach Auffassung der Bundesregierung um eine

12729 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN Drucksache 15/1310 15. Wahlperiode

15.02.2011

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Arbeit für Demokratie und Toleranz vor Ort nicht gefährden! Bestätigungserklärung im %XQGHVSURJUDPPÄ72/(5$1=)g5'(51± .203(7(1=67b5.(1³VWUHLFKHQ

Viele Initiativen und Vereine haben in den vergangenen Jahren eine unverzichtbare Arbeit für Demokratie und gegen Rechtsextremismus geleistet. Dabei erhielten etliche Projekte seit 2001 eine finanzielle Förderung durch die Vorgängerprogramme des neuen Bundespro- JUDPPVÄ72/(5$1=)g5'(51± .203(7(1=67b5.(1³2KQHGLHVHILQDQ]LHOOH)|UGe- rung wären viele Projekte auch hier in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht durchführbar gewesen. Insbesondere die Einbeziehung der Zivilgesellschaft hat den Charak- ter der Bundesprogramme ausgemacht, denn nur so können demokratische Strukturen nachhaltig verankert und rechtsextreme Tendenzen wirksam zurückgedrängt werden.

)|UGHUYRUDXVVHW]XQJ GHV QHXHQ %XQGHVSURJUDPPV Ä72/(5$1= )g5'(51 ± KOMPE- 7(1=67b5.(1³LVWGLH8QWHU]HLFKQXQJHLQHUÄ'HPRNUDWLHHUNOlUXQJ³GXUFKGLH7UlJHUYRQ Projekten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Das Bekenntnis zu Grundgesetz und Menschenrechten ist für die Träger eine Selbstver- ständlichkeit, denn es bildet seit vielen Jahren die Grundlage für die alltägliche Arbeit für Demokratie, Toleranz und Stärkung der Zivilgesellschaft. Mit ihrer Arbeit beweisen diese Initiativen mehr als viele andere, dass sie für die Geltung des Grundgesetzes eintreten.

Deshalb ist es paradox, dDVVVLFKGLHVH,QLWLDWLYHQLP]ZHLWHQXQGGULWWHQ6DW]GHUÄ'HPRNUa- WLHHUNOlUXQJ³GD]XYHUSIOLFKWHQVROOHQDOOLKUHSRWHQWLHOOHQ3DUWQHULQQHQZLH3DUWQHURUJDQi- sationen oder Referent/innen, auf ihre Verfassungstreue zu überprüfen. Damit bringt die sogenDQQWH Ä'HPRNUDWLHHUNOlUXQJ³ GHQ HQJDJLHUWHQ $NWHXUHQ GLH VFKRQ seit Jahren in NRW vertrauensvoll mit staatlichen und zivilgesellschaftlichen Partner/innen zusammenarbeiten ± Beratungsstellen vor Ort, engagierten Institutionen, parteiunabhängi- gen Jugendverbänden ebenso wie kirchlichen Trägern oder Betroffenen neonazistischer Gewalt ± ein besonderes staatliches Misstrauen entgegen und stellt sie faktisch unter einen Generalverdacht. Ihr oft mühsamer Einsatz für die alltägliche Umsetzung demokratischer Werte und die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe möglichst vieler Menschen sollte gewürdigt und nicht behindert oder gar unmöglich gemacht werden.

Am 01.02.2011 haben sich mehr als 1.500 Organisationen und Einzelpersonen (darunter die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus sowie der Republikanische An-

Datum des Originals: 15.02.2011/Ausgegeben: 15.02.2011

Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 15. Wahlperiode Drucksache 15/1310

wältinnen- und Anwälteverein e. V.) sich mit Briefen, E-Mails und Pressemitteilungen und EHU VR]LDOH 1HW]ZHUNH ZLH )DFHERRN DP 3URWHVW JHJHQ GLH ³'HPRNUDWLHHUNOlUXQJ³ GHV Bundesfamilienministeriums für die Projekte gegen Rechtsextremismus, Rassismus und An- tisemitismus beteiligt. Sie alle forderten Familienministerin Schröder und Bundeskanzlerin Merkel auf, die Klausel aus den Förderbescheiden der Projekte ersatzlos zu streichen.

Ein Gutachten des Verwaltungsjuristen Prof. Dr. Ulrich Battis (http://www.netzwerk- courage.de/downloads/Gutachten1_Extremismusklausel.pdf ) kommt zu dem Ergebnis, Teile GHU (UNOlUXQJ VHLHQ ÄYHUIDVVXQJVUHFKWOLFK EHGHQNOLFK´ XQG YHUVWLH‰HQ JHJHQ GHQ $UWLNHO  GHV*UXQGJHVHW]HVÄ'HU]ZHLWHXQGGULWWH6DW]GHU%HWlWLJXQJVHUNOlUXQJVWHOOHQHLQHQ9Hr- stoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und GHP %HVWLPPWKHLWVJHERW GDU XQG VLQG GDKHU PLW GHP *UXQGJHVHW] QLFKW YHUHLQEDU³ YJO Gutachten S. 3, Punkt 10). So sei weder ausreichend bestimmt, wann eine andere Organisa- WLRQDOVÄ3DUWQHU³]XYHUVWHKHQVHLQRFK wie eine Nutzung der Möglichkeiten zur Kontrolle und Überprüfung auszusehen hat oder auf wessen Bewertung abzustellen sei, bei der Ver- PXWXQJGHUÄ3DUWQHU³VHLQLFKWLP6LQQHGHV*UXQGJHVHW]HVWlWLJ$XFKVHLQLFKWHLQGHXWLJ GHILQLHUWZDVHLQHÄH[WUHPLVWLVFKH6WUXNWXU³GDUVWHOOH

Prof. Battis bezweifelt außerdem die Eignung des zweiten und dritten Satzes der Erklärung zur Erreichung des Ziels der Demokratieförderung. Diese beiden Sätze seien für dieses Ziel VRJDUNRQWUDSURGXNWLYXQGXQYHUKlOWQLVPl‰LJÄ'er zweite und dritte Satz der Bestätigungs- erklärung sind unverhältnismäßig. Die beiden Sätze verpflichten die Letztempfänger auf eine gegenseitige ± praktisch kaum durchführbare ± Kontrolle, die im Ergebnis zu einer erhebli- chen Belastung der Zusammenarbeit der Gruppen und Initiativen führen wird. Diese sind in ihrer Arbeit auf Vernetzung, Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen angewiesen. Diese Folge steht in einem nicht angemessenen Verhältnis zu den mit den Einschränkungen verfolgten Belangen, da das in der Leitlinie übergeordnete Ziel der Demokratieförderung in *HIDKUJHUlW³ YJOLQGHP*XWDFKWHQ63XQNW 

Auch der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestags hat im Auftrag des ehemali- gen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) ein Gutachten zur sogenannten De- mokratieerklärung erstellt, welches in weiten Teilen zu ähnlichen Ergebnissen kommt. Dort heißt es Ä'DV9HUODQJHQSRWHQWLHOOH3URMHNWSDUWQHUDXILKUH9HUIDVVXQJVWUHXH]XSUIHQGUIWHIUGLH Zuwendungsempfänger ein erhebliches Problem darstellen. Zum einen lässt sich die Gesin- nung von Dritten ± anders als etwa das Beachten von Rechtsvorschriften oder das Einhalten von Tarifverträgen ± kaum hinreichend bestimmen. Zum anderen ist nicht auszuschließen, dass durch das Verlangen innerhalb der Projektträger-Ä/DQGVFKDIW³ 0LVVWUDXHQ MHGHQIDOOV Verunsicherung entsteht, was ein gedeihliches, vertrauensvolles Zusammenwirken beein- WUlFKWLJHQN|QQWH³

In Nordrhein-Westfalen arbeiten seit vielen Jahren zahlreiche Initiativen und Vereine mit %XQGHVJHOGHUQ DXV GHQ 9RUOlXIHUSURJUDPPHQ ZLH (17,021 &,9,7$6 XQG Ä9,(/)$/7 787*87-XJHQGIU9LHOIDOW7ROHUDQ]XQG'HPRNUDWLH³'LHVHHWDEOLHUWHQ'HPRNUDWLHLQLWLa- tiven werden nun vor die Wahl gestellt, entweder ihre Partner/innen zu überprüfen oder auf die Bundesgelder zu verzichten, was das Aus für viele Projekte bedeuten würde. Dies wäre ein Rückschlag für unsere zivilgesellschaftlichen Strukturen in Nordrhein-Westfalen.

9HUHLQH XQG 3URMHNWH VWHKHQ GXUFK GLH Ä'HPRNUDWLHHUNOlUXQJ³ YRU GHU H[LVWenziellen Ent- scheidung, diese zweifelhafte Erklärung zu unterschreiben und sich somit zum Gesinnungs- prüfer von potentiellen Bündnispartner(inne)n zu machen oder ihre Arbeit reduzieren oder gar einstellen zu müssen. Im Kampf gegen rassistische und rechte Gewalt ist das ein herber Rückschlag. Gerade ein demokratischer Staat braucht eine starke Zivilgesellschaft.

2 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 15. Wahlperiode Drucksache 15/1310

Der Landtag beschließt:

1. Die Fortführung der bisher geleisteten Arbeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus KDWK|FKVWH3ULRULWlW'LHÄ'HPRNUDWLHHUNOlUXQJ³JHIlKUGHWGLHVHZLFKWLJHJHVHOOVFKDIWOi- che Arbeit der betroffenen Träger und wird deshalb vom Landtag Nordrhein-Westfalen abgelehnt. 2. 'HU /DQGWDJ EHJU‰W GDVV GDV /DQG %HUOLQ:LGHUVSUXFKJHJHQ GLH Ä'HPRNUDWLHHUNOä- UXQJ³HLQJHOHJWKDW 3. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, den Prozess weiter zu beobachten und ihn hinsichtlich möglicher Handlungsoptionen, ggf. mit anderen Bundesländern auszuwer- ten.

Anna Conrads Dr. Carolin Butterwegge Bärbel Beuermann Wolfgang Zimmermann und Fraktion

3 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN Drucksache 15/1388 15. Wahlperiode

23.02.2011

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

]XP $QWUDJ Ä$UEHLW IU 'HPRNUDWLH XQG 7ROHUDQ] YRU 2UW QLFKW JHIlKUGHQ Bestätigungserklärung im %XQGHVSURJUDPP Ä72/(5$1= )g5'(51 ± KOMPETENZ 67b5.(1³VWUHLFKHQ³ 'UV

Ä'HPRNUDWLHLQLWLDWLYHQ QLFKW YHUGlFKWLJHQ VRQGHUQ I|UGHUQ ± Bestätigungserklärung LP%XQGHVSURJUDPPÄ72/(5$1=)g5'(51± .203(7(1=67b5.(1³VWUHLFKHQ³

I. Der Landtag stellt fest:

Viele Initiativen und Vereine, die sich in NRW gegen Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren, erhalten und erhielten seit dem Jahr 2001 finanzielle Förderung aus den 3URJUDPPHQÄ&,9,7$6³Ä(17,021³XQGÄ9,(/)$/7787*87³GLH9RUJlQJHUSURJUDmme GHVQHXHQ%XQGHVSURJUDPPVÄ72/(5$1=)g5'(51± .203(7(1=67b5.(1³'XUFK ihre Bildungs- und Präventionsarbeit leisten sie einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft und für die Achtung der Menschenrechte. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Projekten gegen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit arbeiten in hoher Eigenmotivation und hohem persönlichen Einsatz unter oft schwierigen Bedingungen. Ohne die Förderung des Bundes wären viele dieser Projekte auch hier in NRW nicht durchführbar.

$OV )|UGHUYRUDXVVHW]XQJ GHV QHXHQ %XQGHVSURJUDPPHV Ä72/(5$1= )g5'(51 ± .203(7(1= 67b5.(1³ ZLUG YRQ GHQ 3URMHNWWUlJHUQ GLH 8QWHU]HLFKQXQJ HLQHU Ä'HPRNUDWLHHUNOlUXQJ³ YHUODQJW 'LHVH DXFK DOV Ä([WUHPLVPXVNODXVHO³ EHNDQQWH Ä'HPRNUDWLHHUNOlUXQJ³ EHLQKDOWHW HLQH %HNHQQWQLVHUNOlUXQJ ]XU IUHLKHLWOLFK-demokratischen Grundordnung und zum Grundgesetz seitens der Träger sowie eine Verpflichtung, alle Kooperationspartner auf ihre Verfassungstreue hin zu überprüfen.

Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Empfänger von Zuwendungen des Bundes auf dem Boden des Grundgesetzes stehen müssen. Mit ihrer Arbeit beweisen die Initiativen mehr als viele andere, dass sie für die Geltung des Grundgesetzes eintreten und die demokratische Kultur stärken. Aus diesem Grunde ist es paradox und widersinnig, gerade von diesen Initiativen eine über die allgemeinen Richtlinien bei der Zuwendung von Bundesmitteln

Datum des Originals: 23.02.2011/Ausgegeben: 23.02.2011

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hinausgehende explizite Sondererklärung zur Verfassungstreue zu verlangen. Zumal die Bundesregierung auf Nachfrage selbst bestätigt hat, dass Träger, die nachweislich eine den Zielen des Grundgesetzes nicht förderliche Arbeit verrichten, von der Förderung grundsätzlich ausgeschlossen sind. Damit fehlt eine stichhaltige Begründung für eine gesonderte Bestätigungserklärung. Die Bundesregierung erweckt vielmehr den Eindruck, einen Generalverdacht gegen alle jene erheben zu wollen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren.

Die Pflicht zur Regelüberprüfung der KooperationspartnerInnen fördert ein Klima des Misstrauens und steht dem Ziel der Demokratieförderung entgegen. Darüber hinaus werden Initiativen und Vereine, die sich gegen Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren, durch die beabsichtigte Bestätigungserklärung vor große bürokratische Hürden gestellt. Zivilgesellschaftliche Initiativen haben weder die Fähigkeit noch die Legitimation, eine belastbare Einschätzung über die Qualifizierung der politischen Ziele jeder ihrer KooperationspartnerInnen einzuholen. Eine derartige Übertragung staatlicher Aufgaben auf zivilgesellschaftliche Strukturen ist unzulässig. Auch der Verweis, den Verfassungsschutz zwecks der Überprüfung einzelner Personen und Organisationen anzufragen, ist hier nicht zulässig. Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es nicht, die Beauskunftung zivilgesellschaftlicher Akteure über die Verfassungstreue einzelner Personen und Organisationen vorzunehmen.

Weder gibt es hinreichende Gründe für die Einführung einer Bestätigungserklärung, die sich aus den Richtlinien des BunGHVSURJUDPPV Ä72/(5$1= )g5'(51 ± KOMPETENZ 67b5.(1³ DEOHLWHW QRFK LVW HLQH VROFKH (UNOlUXQJ JHHLJQHW GLH DYLVLHUWHQ =LHOH ]X erreichen. Engagierte Demokratinnen und Demokraten sollten nicht unter Generalverdacht gestellt, sondern unterstützt werden.

II. Der Landtag beschließt:

Der Landtag Nordrhein-Westfalen

x lehnt die Bestätigungserklärung als Zuwendungsvoraussetzung aus den Richtlinien GHV%XQGHVSURJUDPPVÄ72/(5$1=)g5'(51± .203(7(1=67b5.(1³DE

x begrüßt die breite Teilnahme von über 1.500 Organisationen, Vereine und Einzelpersonen an der Protestaktion vom 01. Februar 2011 sowie den Widerspruch GHV/DQGHV%HUOLQJHJHQGLHÄ'HPRNUDWLHHUNOlUXQJ³

Norbert Römer Reiner Proggen Britta Altenkamp Sigrid Beer Rainer Bovermann Verena Schäffer und Fraktion und Fraktion

2 Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2525 Plenarprotokoll 15/27

Dafür hat sich der Herr Minister noch mal zu Wort Wir in Nordrhein-Westfalen sind zur Umsetzung gemeldet. Ihm stehen noch maximal vier Minuten verpflichtet. Die Rahmenbedingungen werden in und 15 Sekunden zur Verfügung. Herr Minister Brüssel gesetzt. Im Übrigen könnte uns die Bundes- Remmel, bitte schön, Sie haben das Wort. regierung sehr viel mehr helfen, die Gesundheit und die Umwelt der Menschen in Nordrhein-Westfalen zu schützen. ± Vielen Dank. Johannes Remmel, Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher- (Beifall von den GRÜNEN) schutz: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da- men und Herren! Ich möchte es noch mal klarstel- Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr len, damit da keine Unklarheit entsteht: Die Zahlen Minister Remmel. ± Damit sind wir am Ende der Be- sind ordnungsgemäß erhoben. Es gibt fachliche Un- ratungen angelangt. terschiede zwischen Immissionen und Emissionen. Das bitte ich in der Diskussion zu berücksichtigen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat emp- fiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache Als Grundlagen haben wir die entsprechenden 15/1322 an den Ausschuss für Klimaschutz, Messungen an den Messstationen. Die sind eindeu- Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Ver- tig. Die entsprechenden Belastungen sind nicht zu- braucherschutz ± federführend ±, an den Aus- rückgegangen. Es braucht keiner daran zu glauben, schuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie dass wir gegenüber der Kommission irgendwie da- sowie an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und runter hindurchkämen. Vielleicht können wir mal Verkehr. Die abschließende Beratung und Abstim- gemeinsam nach Brüssel fahren. Wir haben das mung soll im federführenden Ausschuss in öffentli- schon mal gemacht. Da ist uns unmissverständlich cher Sitzung erfolgen. Wer stimmt diesem Vor- erklärt worden, dass Brüssel darüber nachdenkt, die schlag zu? ± Stimmt jemand dagegen? ± Gibt es Anforderungen noch ein Stück hinaufzusetzen. Sie Enthaltungen? ± Das ist nicht der Fall. Der Antrag sehen nämlich die Notwendigkeit, die Luftbelastung ist einstimmig so überwiesen. zum Schutze der Menschen und der Gesundheit der Menschen entsprechend zu formulieren. Da Wir kommen zu Tagesordnung braucht sich also niemand falsche Hoffnungen zu machen. 4 Arbeit für Demokratie und Toleranz vor Ort Ich glaube eher, wir werden eine Diskussion dar- nicht gefährden! Bestätigungserklärung im über bekommen ± insofern ist es scheinheilig, was %XQGHVSURJUDPP Ä72/(5$1= )g5'(51 ± heute von CDU und FDP verbreitet worden ist ±, .203(7(1=67b5.(1³VWUHLFKHQ was denn auf Bundesebene getan wird. Der Bun- Antrag desumweltminister hat entgegen unserer Aufforde- der Fraktion DIE LINKE rung beispielsweise die zusätzliche Möglichkeit, ei- Drucksache 15/1310 nen Zuschuss bei der Nachrüstung mit Partikelfiltern zu bekommen, zum 31. Dezember 2010 beendet. Entschließungsantrag Er schafft den Malus für Stinker im April dieses Jah- der Fraktion der SPD und res ab. Es gäbe also nach wie vor Handlungsbe- der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darf, die Umrüstung weiter zu fördern. Drucksache 15/1388 (Beifall von den GRÜNEN) Die Kollegin, die den Antrag für Ihre Fraktion be- Hier wird die Linie in Brüssel aber zugemacht. gründen möchte, steht bereits am Pult. Es ist Frau Kollegin Conrads. Sie haben das Wort. Bitte schön. Notwendig wäre auch eine wirklich ambitionierte Veränderung der ersten BImSchV; da geht es um Hausbrand und Feinstaub. Das soll erst im Jahr Anna Conrads (LINKE): Vielen Dank. ± Herr Prä- 2020, 2022 oder 2023 wirksam werden. Wir könn- sident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe An- ten uns vorstellen, da sehr viel schneller zu Ver- wesenden auf der Tribüne! Die Linke hat hier heute schärfungen zu kommen. Auch das ist Teil der Hin- den Antrag eingebracht, dass der Landtag sich ge- tergrundbelastungen. gen die sogenannte Demokratieerklärung von Bun- desfamilienministerin Schröder ausspricht. Einen letzten Punkt will ich erwähnen: Es gibt eine Diskrepanz zwischen der europäischen Anforde- Hintergrund: Viele Initiativen, Beratungsstellen und rung der Euro-6-Norm und einer entsprechenden Vereine haben in den vergangenen Jahren auch hier Abbildung bei der steuerlichen Unterstützung bei- in NRW eine unverzichtbare Arbeit für Demokratie spielsweise über die Kfz-Steuer. Hier könnten wir und gegen Rechtsextremismus und Neofaschismus uns sehr wohl Initiativen der Bundesregierung vor- geleistet. Dabei erhielten etliche Projekte seit 2001 stellen, um zu einer sehr viel schnelleren Einführung finanzielle Förderungen durch die Vorgängerpro- sowohl von Pkw als auch von Nutzfahrzeugen mit JUDPPHGHVQHXHQ%XQGHVSURJUDPPVÄTOLERANZ der Euro-6-Norm zu kommen. FÖRDERN ± .203(7(1=67b5.(1³

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2526 Plenarprotokoll 15/27

Fördervoraussetzung des neuen Bundesprogramms Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Nordrhein- Ä72/(5$1= )g5'(51 ± KOMPETENZ STÄR- Westfalen arbeiten seit vielen Jahren zahlreiche Ini- .(1³LVWGLH8QWHU]HLFKQXQJHLQHUVRJHnannten De- tiativen und Vereine mit Bundesgeldern aus den mokratieerklärung durch die Träger von Projekten Vorläuferprogrammen wie ENTIMON, CIVITAS und gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antise- Ä9,(/)$/7 787 *87³ XVZ 'LHVH HWDEOLHUWHQ 'e- mitismus. Problematisch an dieser Erklärung ist mokratieinitiativen werden nun vor die Wahl gestellt, überhaupt nicht das Bekenntnis zum Grundgesetz entweder ihre Partnerinnen zu überprüfen oder auf oder zur FDGO, sondern problematisch an dieser die Bundesgelder zu verzichten, was das Aus für Erklärung, die diese Initiativen unterzeichnen müs- diese Projekte bedeuten würde. Das, liebe Kollegin- sen, um weiter Gelder zu erhalten, sind vor allen nen und Kollegen, wäre ein herber Rückschlag für Dingen der zweite und der dritte Satz. Dort müssen unsere zivilgesellschaftlichen Strukturen in Nord- sich die Letztempfänger verpflichten, ihre möglichen rhein-Westfalen. Bündnispartner auf Verfassungstreue und extremisti- sche Bestrebungen zu prüfen und im Zweifelsfall Er- (Beifall von der LINKEN ± Vereinzelt Beifall kundigungen beim Verfassungsschutz einholen. von der SPD und von den GRÜNEN) Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, zerstört das Am 1. Februar gab es einen bundesweiten Aktions- Vertrauen der Initiativen und Bündnispartner unter- tag, auf dem der Republikanische Anwältinnen- und einander, die aber auf gute Kooperation angewie- Anwälteverein, Kirchen, Parteien, der Zentralrat der sen sind. Juden und weitere gegen diese sogenannte Demo- kratieerklärung von Ministerin Schröder protestiert. (Beifall von der LINKEN ± Vereinzelt Beifall Und viele Politiker tun es ihnen inzwischen gleich. von den GRÜNEN) (Beifall von der LINKEN) Sie sind darauf angewiesen, um effizient gegen Ne- ofaschismus und für Demokratie vor Ort arbeiten zu Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Beratungsstel- können. len, Initiativen, Projekte und auch Einzelpersonen haben sich an uns gewandt mit der Bitte, auch hier Mindestens zwei juristische Gutachten, das des re- im Landtag ein klares Zeichen gegen diese für ihre nommierten Juristen Battis und eines des Parla- Arbeit wirklich schädliche Demokratieerklärung zu mentarischen Gutachterdienstes des Deutschen setzen. Es liegen hier heute leider aber zwei im Prin- Bundestages, von Wolfgang Thierse in Auftrag ge- zip inhaltsgleiche Anträge vor. Jetzt komme ich zu geben, kommen zu dem Schluss, dass der zweite dem Punkt, den auch mein Kollege Michalowsky und dritte Satz der Erklärung sogar verfassungswid- gestern schon kritisiert hat. Wir haben diesen Antrag rig sind. in weiten Teilen von dem Antrag übernommen, den (Beifall von der LINKEN ± Vereinzelt Beifall SPD und Grüne gemeinsam auf Bundesebene ein- von den GRÜNEN ± Zuruf von der CDU) gebracht haben. Wir haben Ihnen das konkrete An- gebot gemacht, diesen Antrag mit uns zusammen zu ± Ich komme gleich zu Ihnen von der Union ± kein stellen. Sie haben die Hilferufe der Initiativen vor Ort Problem. Das habe ich alles auf dem Zettel. auch bekommen. Und was machen Sie? Sie stellen einen eigenen Entschließungsantrag, in dem haar- Der zweite und dritte Satz der Betätigungserklärung genau das Gleiche steht, anstatt das im Sinne der stellen einen Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 und Sache mit uns gemeinsam zu machen. Sie haben Grundgesetz in Verbindung mit dem Grundsatz der auch keine Änderungswünsche genannt, sondern Verhältnismäßigkeit und dem Bestimmtheitsgebot einfach einen eigenen Antrag eingebracht. Das ist dar und sind daher mit dem Grundgesetz nicht ver- wie immer: Die Leute einladen ± mein Kollege Mi- einbar, so heißt es in dem Gutachten. Es sei weder chalowsky hat es gestern gesagt ±, dann den mitge- ausreichend bestimmt, wann eine andere Organisa- brachten Kuchen wegschmeißen und eigenen Ku- tion als Partner zu verstehen sei, noch wie eine chen auf den Tisch stellen. Nutzung der Möglichkeiten zur Kontrolle und Über- prüfung auszusehen hat oder auf wessen Bewer- (Beifall von der LINKEN) tung, ob man verfassungsfeindlich, extremistisch oder was auch immer ist, abzustellen sei, bei der Warum machen Sie das? Haben Sie solche Angst 9HUPXWXQJ GDVV GHU Ä3DUWQHU³ HYHQWXHOO QLFKW LP vor der erneuten Extremismusdebatte, die die CDU Sinne des Grundgesetzes tätig sein könnte. hier gleich wieder anzetteln wird? Danach hätten 6LHYLHOOHLFKWPLWGHPÄ6FKPXGGHONLQG³JHVSLHOW6LH Auch ist überhaupt nicht eindeutig definiert, was ei- haben von der CDU doch schon alles gehört, was QH ÄH[WUHPLVWLVFKH 6WUXNWXU³ EHUKDXSW GDUVWHOOHQ die dazu zu sagen hat. Es ist doch immer das Glei- soll. Und die vor Ort arbeitenden Initiativen werden che. hier unter den Generalverdacht gestellt, dass sie öffentliche Gelder möglicherweise missbrauchen Der Kollege Ott hat hier neulich eine sehr gute Rede und mit sogenannten extremistischen Strukturen ]X GHP 7KHPD Ä8QHUWUlJOLFKH *OHLFKVHW]XQJ YRQ zusammenarbeiten. /LQNVXQG5HFKWV³JHKDOWHQ

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2527 Plenarprotokoll 15/27

(Armin Laschet [CDU]: Das sieht der Innen- mann [LINKE]: Wo hat der denn studiert? In minister aber anders!) Bayreuth? ± Rüdiger Sagel [LINKE]: Hat der in Bayreuth studiert?) Das ist hier eigentlich schon zigmal diskutiert. Beide Anträge haben doch das gleiche Ziel. Sein Vertrag bei der Landeskoordinationsstelle ist zum Jahreswechsel leider ausgelaufen. Das ist (Zuruf von Armin Laschet [CDU]) auch ganz interessant. Jetzt rächt er sich dafür viel- ± Seien Sie doch mal ruhig, Herr Laschet, ich sage leicht an der Landesregierung? Auf jeden Fall ha- doch gleich was zu Ihnen. Das ist unhöflich und ben Sie hier 3.500 Zeichen Klage über die Gewalt- armselig, was Sie hier machen. täWLJNHLWGHUÄOLQNHQ6]HQH³ZDVDXFKLPPHUGDVLVW und die böse, böse Linkspartei. Kein Wort verliert (Erneuter Zuruf von Armin Laschet [CDU]) Herr Bergsdorf über die 150 durch Neonazis getöte- Ich sage noch mal an die Adresse von SPD und ten Menschen seit dem Mauerfall. Kein Wort! Grünen: Haben Sie doch mal ein breites Kreuz! (Beifall von der LINKEN und von den GRÜNEN) Kriechen Sie doch nicht im Vermeidungseffekt oder aus Angst vor der CDU zu Kreuze, sondern handeln Bergsdorf redet über den angeblichen Missbrauch Sie mit uns gemeinsam. Ja, ich weiß, Berlin hatte von Steuergeldern durch linke Initiativen. Kein Wort Widerspruch eingelegt. Das begrüßen wir auch. verliert er über die politischen Kaffeefahrten der Jungen Union ins linksextreme Berlin. Das ist für (Sigrid Beer [GRÜNE]: Wenn es eine andere mich Missbrauch von Steuergeldern. Performance wäre!) ± Frau Beer ± Frau Schäffer ist ja gleich an der Rei- (Beifall von der LINKEN) he ±, ich sage Ihnen was: Wir werden Ihrem Ent- Das Geld brauchen wir dringend für den Kampf ge- schließungsantrag trotzdem zustimmen, weil wir fin- gen den Neofaschismus. den, dass das ein richtiger und wichtiger Schritt für die Initiativen vor Ort ist. Ich finde, dass wir das ge- (Armin Laschet [CDU]: Und Kommunismus! meinsam tun müssen. Wir können nach Inhalten Neokommunismus!) entscheiden. Deswegen stimmen wir gleich mit Ich kann Sie nur warnen, lieber Herr Laschet: Tra- Ihnen für den Entschließungsantrag. gen Sie Ihren Hass, den Sie auf uns haben, nicht (Beifall von der LINKEN ± Vereinzelt Beifall auf dem Rücken der Initiativen vor Ort aus! von den GRÜNEN) (Armin Laschet [CDU]: Mache ich nicht!) Jetzt sage ich noch kurz etwas zur CDU: Wissen Die machen da unverzichtbare Arbeit. Deswegen Sie, Herr Laschet, Herr Berger, ich könnte bei Ihnen kann ich Sie nur davor warnen, hier eine Debatte als Redenschreiberin anfangen. Ich verwette näm- anzuzetteln, die auf dem Rücken der Demokratieini- lich meinen Lieblings-³$QGL³-Comic darauf, dass Sie tiativen vor Ort ausgetragen wird. ± Vielen Dank. hier gleich ein Sammelsurium von Begriffen und Drohkulissen herunterleiern. Sie werden wieder die (Beifall von der LINKEN ± Zurufe von der %HJULIIH Ä6ED, Stasi, Linksextremismus, Schottern, CDU) .RPPXQLVPXV³ XQG QRFK DQGHUH %HJULIIH LQ ,KUHU Rede unterbringen. Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau (Armin Laschet [CDU]: Das ist aber das Kollegin Conrads. ± Für die CDU-Fraktion spricht Thema!) nun Herr Dr. Berger. Dabei ist es völlig gleichgültig, dass das jedes Mal (Wolfgang Zimmermann [LINKE]: Auf dem am Thema vorbeigeht. Das ist nur dazu geeignet, rechten Auge blind!) die inhaltliche Auseinandersetzung mit uns nicht zu führen und sich davor wegzuducken. Das ist doch jedes Mal das Gleiche. Das bringt Ihnen aber keine Dr. Stefan Berger (CDU): Herr Präsident! Meine Punkte mehr, auch nicht im Sauerland an den Damen und Herren! Frau Conrads, es ist schon in- Stammtischen! teressant, dass Sie fünf Minuten geredet und davon drei Minuten darauf verwendet haben, die CDU zu :LU KDEHQ MD KHXWH GLH Ä53³ JHOHVHQ 6LH ZHUGHQ beschimpfen, obwohl Sie gar nicht wissen, welche wahrscheinlich gleich einen Artikel breittreten. Den Beiträge wir zu Ihrem Antrag bringen. könnten Sie eigentlich auch vorlesen. Ganz zufällig erscheint ausgerechnet heute ein Artikel in der kon- (Anna Conrads [LINKE]: Acht Minuten habe VHUYDWLYHQ3RVWLOOHÄ5KHLQLVFKH 3RVW³ YRPHKHPDOi- ich geredet!) gen Landeskoordinator Harald Bergsdorf, seines Worum geht es? ± Es geht um die Programme Zeichens aktives CDU-Mitglied, der plötzlich unab- Ä72/(5$1= )g5'(51³ JHJHQ 5HFKWVH[WUHPLs- hängiger Extremismusexperte ist. PXV XQG Ä'HPRNUDWLH VWlUNHQ³ JHJHQ /LQNVH[WUe- (Armin Laschet [CDU]: Ist er auch! ± Lachen mismus und islamistischen Extremismus. Damit von Rüdiger Sagel [LINKE] ± Bärbel Beuer- werden bürgerschaftliche Organisationen unter-

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2528 Plenarprotokoll 15/27 stützt. Es geht um Fördern und grundsätzlich nicht Dr. Stefan Berger (CDU): Ich komme gleich zu um Ächtung. Verbunden mit der Demokratieerklä- den Sätzen 2 und 3 und zu dem Gutachten von rung sind Absichten des Förderns und nicht, wie Sie Herrn Prof. Battis, das Sie auch ansprechen wer- es suggerieren, der Ächtung. den. Das machen wir gleich.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth) Ich möchte Sie bitten ± Sie tragen die rot-grüne Re- gierung mit ±, Ihren Blick einmal darauf zu richten, Natürlich ± das will ich zu Beginn sagen ± gilt ein was die SPD in Mecklenburg-Vorpommern macht. großer Dank denjenigen, die sich in Beratungs- Dort verlangt Frau Ministerin Schwesig, die Sie jetzt netzwerken mit viel Engagement gegen Extremis- auf der Bundesebene nach vorne schieben, von mus von rechts und auch von links einsetzen und Kita-Trägern eine Selbsterklärung, derzufolge sie für damit unsere Anerkennung verdient haben. Völlig die Grundgesetztreue ihrer Mitarbeiter bürgen. klar ist aber auch, dass ein Staat bei Förderpro- Wenn ein freier Träger eine neue Kita gründen will, grammen gegen Extremismus darauf achten muss, wird sogar eine Selbsterklärung jedes Erziehers ge- dass nicht Personen oder Organisationen davon fordert. profitieren, denen gerade mit diesen Programmen der Boden entzogen werden soll. Das halte ich für Dieser Erlass findet in Mecklenburg-Vorpommern eine Selbstverständlichkeit. große Zustimmung, nur nicht bei der NPD, die ver- sucht hatte ± das war der Grund, warum Frau (Monika Düker [GRÜNE]: Steht alles in den Schwesig den Erlass auf den Weg gebracht hat ±, Richtlinien!) Trägerschaften von Kindertageseinrichtungen zu übernehmen und in Masse durchzuführen. Das war Träger und Projektpartner müssen mit beiden Fü- eine richtige Maßnahme in Mecklenburg- ßen ± mit beiden Füßen ± auf dem Boden des Vorpommern. Grundgesetzes stehen, und zwar bei Projekten ge- gen Rechtsextremismus genauso wie bei Projekten Wenn sich Organisationen der verfassungsrechtli- gegen Linksextremismus. Der einzige Unterschied chen Grundordnung verpflichten, dann müssen sie zur bisherigen Vorgehensweise besteht darin, dass solch eine Erklärung mittragen. Es kann doch nicht die Erklärung jetzt aktiv von Trägern durch Unter- sein, dass extremistische Kreise unter dem Deck- zeichnung bestätigt wird, anstatt wie bisher als An- mäntelchen, angeblich für die Demokratie einzutre- lage zum Zuwendungsbescheid beachtet werden ten, gefördert werden, Gelder erhalten und dann muss. hinten herum mit aller Raffinesse genau diese De- mokratie und den Staat bis aufs Messer bekämpfen, Werfen wir einen Blick auf andere Bundesländer, und das alles auf Rechnung von Steuergeldern und die Sie in Ihrem Antrag auch zitiert haben, die an- des Steuerzahlers. Das, meine Damen und Herren, geblich alle dagegen seien. Zunächst einmal: Ge- kann nicht richtig sein. bietskörperschaften müssen die Erklärung nicht un- terschreiben; ihnen wird grundsätzlich unterstellt, (Beifall von der CDU) dass sie nicht demokratiefeindlich sind. Es geht nicht darum, sich gegenseitig des Extre- mismus zu verdächtigen, sondern es geht darum, Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege die Gesellschaft vor Extremismus zu schützen. Berger, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbre- che. Die Abgeordnete Schäffer möchte Ihnen gerne (Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE]) eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie die zulassen. Das ist der Kern der Demokratieerklärung.

Dr. Stefan Berger (CDU): Ja, bitte. Nun wird von der Linkspartei das Gutachten von Prof. Battis angeführt. An der einen oder anderen Stelle kann man sicher grundsätzlich über Gutach- Vizepräsidentin Angela Freimuth: Bitte schön, ten streiten, aber das konkrete Anliegen der Sät- Frau Kollegin. ze 2 und 3 der Erklärung wird in dem Gutachten von Prof. Battis als legitim und richtig beschrieben. Im Grundsatz steht fest, dass die Intention der Verena Schäffer (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Demokratieerklärung von Prof. Battis befürwortet Berger, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Mich wird. würde interessieren, ob Sie auch die Sätze 2 und 3 der Demokratieerklärung kennen. Bisher sind Sie (Gunhild Böth [LINKE]: Satz 1! 2 und 3 nicht! ± nur auf Satz 1 eingegangen. Die Demokratieerklä- Verena Schäffer [GRÜNE]: Sie verwechseln rung beinhaltet aber noch mehr als nur das Be- die Sätze! ± Wolfgang Zimmermann [LINKE]: kenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundord- Sie sollten das mal richtig lesen! ± Bärbel nung. Kennen Sie die anderen beiden Sätze der Beuermann [LINKE] [mit ihren Fingern zei- Demokratieerklärung? gend]: Das ist eins, das ist zwei, das ist drei!)

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2529 Plenarprotokoll 15/27

± Prof. Battis sagt in dem Gutachten, dass die Inten- Noch interessanter ist die Analyse der Ausfüh- tion der Demokratieerklärung grundsätzlich richtig rungserläuterungen zur Demokratieerklärung, die ist. weiteren Aufschluss über die Motive des Vorsto- ßes der Linken gibt. In diesen Ausführungsbe- (Gunhild Böth [LINKE]: Von 1! Aber wir wie- stimmungen wird nämlich explizit darauf hingewie- derholen das gerne noch einmal!) sen, dass eine Zusammenarbeit mit der Partei Die Von einer Stigmatisierung und einem Generalver- Linke nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, al- dacht, wie Sie es behaupten, ist in dem Gutachten lerdings ist zu berücksichtigen ± jetzt zitiere ich keine Rede. aus den Ausführungserläuterungen ±, Jetzt kommen wir zur wirklichen Motivation der (Ralf Michalowsky [LINKE]: Ihrer Parteifreun- Linkspartei, einen solchen Antrag vorzulegen. Wie din!) gesagt, in Mecklenburg-Vorpommern verhält sich Ihr Ministerinnenpendant anders. Ä«GDVVGLHVH 3DUWHLVHKU KHWHURJHQ DJLHUW (V gibt auch offen extremistische Zusammen- (Zuruf von Ministerin Ute Schäfer) VFKOVVH LQ GHU 3DUWHL Ä',( /,1.(³ ZLH GLH Ä.RPPXQLVWLVFKH 3ODWWIRUP³ RGHU GLH Ä6R]LDOLVWi- ± In Mecklenburg-Vorpommern sagt Ihre Kollegin VFKH /LQNH³ 0LW GLHVHQ 6WUXNWXUHQ LVW eine Zu- Frau Schwesig etwas anderes als Sie. VDPPHQDUEHLWDXVJHVFKORVVHQ³ (Ministerin Ute Schäfer: Das stimmt über- haupt nicht! ± Bärbel Beuermann [LINKE]: (Wolfgang Zimmermann [LINKE]: Sie wie- Sie vergleichen Äpfel mit Birnen!) derholen sich, Kollege!) Die Forderung im nordrhein-westfälischen Landtag, Hier ist, glaube ich, der eigentliche Grund dafür zu die Demokratieerklärung abzulehnen, zeigt ± Frau sehen, warum die Linksfraktion heute diesen Antrag Conrads hat das eben noch einmal klar dargelegt ±, vorlegt. Sie ärgern sich darüber, dass das Bundes- dass die Linke ein sehr gespaltenes Verhältnis zur ministerium für Familie jetzt einen Scheinwerfer auf Demokratie hat. Ihre innere Lebenswirklichkeit der Partei Die Linke hält und das Kind beim Namen nennt: (Bärbel Beuermann [LINKE]: Haben Sie ei- gentlich nicht zugehört, als ich meine Rede (Bärbel Beuermann [LINKE]: Aber die blei- gehalten habe? ± Michael Aggelidis [LINKE]: ben aus meinen Schränken raus!) Das ist eine Frechheit!) Innerhalb der Linken gibt es extremistische Zu- Das belegen zahlreiche Äußerungen von Frau Con- sammenschlüsse. rads, die sie eben zitiert hat. Sieben von elf Abge- ordneten der Linken im nordrhein-westfälischen Und das wird jetzt der engagierten, interessierten Parlament sind in Organisationen aktiv ± das kann Öffentlichkeit, den Verbänden und den Trägern ich Ihnen nicht ersparen, das wissen Sie, und das auch noch schriftlich dokumentiert. Das ärgert Sie. ärgert Sie auch ±, die vom Verfassungsschutz als Die Wahrheit schwarz auf weiß tut Ihnen weh. Des- extremistisch eingestuft werden. wegen bringen Sie diesen Antrag, so wie er ist, ins Parlament ein, um diese Ausführungsbestimmun- (Bärbel Beuermann [LINKE]: Genau! Ich bin gen vergessen machen zu wollen. Mitglied der Sozialistischen Linken, und da- rauf bin ich stolz!) Die SPD muss sich auch die Frage gefallen lassen, warum Sie sich hier im Parlament ± wir haben es 'DV)HUQVHKPDJD]LQÄ5(3257³DXV0DLQ]NRPPW gestern gesehen ± mit den Linken einlässt, wobei zu dem Schluss: Unter den linken Abgeordneten ± sie sie natürlich auch als Mehrheitsbeschaffer also Ihrer Fraktion ± finden sich zahlreiche Vertreter braucht; der Sozialistischen Linken, (Zuruf von Verena Schäffer [GRÜNE]) (Bärbel Beuermann [LINKE]: Ja!) der Antikapitalistischen Linken, ein Mitglied der Ro- eine Minderheitsregierung hat eben keine Mehrheit ten Hilfe, und mit Frau Böth haben wir eine Vizeprä- im Parlament. Diese Frage müssen Sie klar beant- sidentin mit DKP-Vergangenheit, die offen erklärt, worten. die DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen, und zu relativieren versucht, was dort passiert ist. Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege (Rüdiger Sagel [LINKE]: Sie waren doch Berger, ich darf Sie beim StichwoUW Ä)UDJH³ XQWHr- auch in der K-Gruppe!) brechen. Der Abgeordnete Markert würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Würden Sie sie Vor diesem Hintergrund verwundert es mich nicht zulassen? und ist auch völlig klar, dass Sie, meine Damen und Herren von der Linken, sich schwertun, solch eine Demokratieerklärung zu akzeptieren. Dr. Stefan Berger (CDU): Bitte schön.

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2530 Plenarprotokoll 15/27

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Bitte schön, die an der einen oder anderen Stelle mal eine Herr Markert. Stimme für die SPD bereitstellen, sondern hier wird ganz klar nachgewiesen, wie es um die innere Zu- sammensetzung dieser Partei steht. Hans Christian Markert (GRÜNE): Herr Berger, herzlichen Dank für die Möglichkeit, die Zwischen- (Lachen von der LINKEN ± Ralf Michalowsky frage zu stellen. Sie hatten die Mehrheitsfindung im [LINKE]: Der kleine Rechtsausleger hat ge- Parlament angesprochen. Ist Ihnen bekannt, dass sprochen!) im Umweltausschuss in der letzten Sitzung auf akti- Also, beim besten Willen: Ich denke, im Grunde ve Vorschläge der Linken hin ein Antrag der FDP muss uns doch klar sein, mit den Stimmen von FDP, CDU und Linken verab- schiedet wurde? ± Ich kann Ihren Ausführungen (Zuruf von Rüdiger Sagel [LINKE]) nicht ganz entnehmen, was diese Abstimmungsbe- dass staatliches Geld, Steuergeld, das von der lehrungen hier sollen. Sie machen das ja auch. Sie Mehrheit der Menschen in unserem Land aufge- machen ja auch Abstimmungen mit den Linken zu- bracht wird, auch wieder demokratischen Prozes- sammen. sen zur Verfügung gestellt wird. (Ralf Michalowsky [LINKE]: Das ist jetzt aber peinlich!) Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege Berger, entschuldigen Sie, wenn ich Sie noch ein- mal unterbreche. Ich hatte vorhin schon darauf hin- Vizepräsidentin Angela Freimuth: Das war etwas gewiesen, dass es noch eine Nachfrage der Abge- großzügig ausgelegt mit der Frage. Der Abgeordne- ordneten Beuermann gibt. Es gibt mittlerweile auch te Berger hat jetzt die Gelegenheit, sie zu beantwor- noch weitere Nachfragen der Abgeordneten Beer ten. Anschließend gibt es direkt noch eine Nachfra- und der Abgeordneten Conrads. Ich möchte fragen, ge der Abgeordneten Beuermann. wie Sie mit den Zwischenfragen verfahren wollen.

Dr. Stefan Berger (CDU): Also, Herr Markert, in Dr. Stefan Berger (CDU): Ich lasse sie zu. einem Parlament gibt es Abstimmungen und müs- sen Konstellationen zusammenkommen. Vizepräsidentin Angela Freimuth: Ich gebe aber (Beifall von der LINKEN) unumwunden zu: Ich würde weitere Zwischenfragen Es ist aber ein großer Unterschied, ob Sie einen An- bei diesem Tagesordnungspunkt nicht mehr anre- trag vorlegen, dem bestimmte Fraktionen so oder gen und auch nicht mehr zulassen. ± Jetzt hat aber so zustimmen, oder ob Sie Ihre politische Ausrich- Frau Abgeordnete Beuermann das Wort. Bitte tung auf bestimmten Grundpositionen aufbauen. schön. Und das tun Sie hier. Ihnen fehlen die Stimmen in diesem Parlament ± dass wissen Sie haargenau ±, Bärbel Beuermann (LINKE): Herzlichen Dank, und deswegen sind Sie auf mindestens zwei Enthal- Frau Präsidentin. ± Sehr geehrter Herr Dr. Berger, tungen dieser Fraktion angewiesen. welche nicht verfassungskonformen bzw. extremis- tischen Handlungsweisen werfen Sie der Sozialisti- (Monika Düker [GRÜNE]: Es war ein rot- schen Linken und mir als aktivem Mitglied der SL grüner Antrag aus Berlin!) vor bzw. welche sind Ihnen bekannt? Deswegen ist Ihnen auch relativ egal, wie mit die- sem Antrag verfahren wird. Dann werfen Sie alle Dr. Stefan Berger (CDU): Darauf antworte ich Bedenken über Bord, weil Sie auch gar nicht anders Ihnen direkt. Ich werfe Ihnen gar nichts vor. können. Sie hätten gestern die Studienbeiträge nicht abschaffen können. Frau Schäffer hat übri- (Beifall von der LINKEN ± Bärbel Beuermann gens sich selbst von den Studienbeiträgen befreit ± [LINKE]: Der SL!) das mal ganz nebenbei. Ich habe nur aus den Ausführungserläuterungen (Josefine Paul [GRÜNE]: Frechheit!) zitiert, die das Bundesministerium für Familie vorge- legt hat. Aber ohne die Stimmen der Linken hätten Sie das gestern nicht schaffen können. Das wissen Sie (Bärbel Beuermann [LINKE]: Wenn Sie die haargenau. Deswegen fahren Sie hier einen Ku- in den Mund nehmen, müssen Sie auch was schelkurs. Das Bundesministerium für Familie ± ich dazu sagen!) sage es noch einmal ± zeigt aber, dass diese Grup- Noch einmal: pe weit davon entfernt ist, die putzigen kleinen Kommunisten zu geben, Ä(V JLEW DXFK RIIHQ H[WUHPLVWLVFKH =XVDPPHn- VFKOVVH LQ GHU 3DUWHL Ä',( /,1.(³ ZLH GLH (Lachen von der LINKEN) Ä.RPPXQLVWLVFKH 3ODWWIRUP³ RGHU GLH Ä6R]LDOLVWi-

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2531 Plenarprotokoll 15/27

VFKH /LQNH³ 0LW GLHVHQ 6WUXNWXUHQ ist eine Zu- Anna Conrads (LINKE): Vielen Dank. ± Frau Prä- VDPPHQDUEHLWDXVJHVFKORVVHQ³ sidentin! Herr Dr. Berger! Sie haben gerade gesagt, dass es bei diesen Programmen der Bundesfamili- Das ist aus den Ausführungserläuterungen zur De- enministerin vor allem darum geht, den unabhängi- mokratieerklärung. gen Initiativen vor Ort den Rücken zu stärken, den (Bärbel Beuermann [LINKE]: Was liegt konk- Extremismus zu bekämpfen usw. ret vor? Benennen Sie Ross und Reiter!) Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Tat- Das Bundesministerium hat das so geschrieben. sache, dass die Programme Ihrer Bundesfamilien- ministerin Schröder eindeutig politische Schlagseite (Bärbel Beuermann [LINKE]: Erkundigen Sie haben, weil sie sich als freigiebige Patin unionsna- sich doch bitte!) her Einrichtungen betätigt? Sie betätigt sich als frei- giebige Patin unionsnaher Einrichtungen. Ich kann Es ärgert Sie sehr ± deswegen machen Sie ja den Ihnen da gerne ein paar Sachen nennen. Antrag ±, dass das jetzt dokumentiert wird und die gesamte nordrhein-westfälische Bevölkerung und Öffentlichkeit das erfährt. Es ärgert Sie, dass es da Vizepräsidentin Angela Freimuth: Könnten Sie drinsteht und dass es dokumentiert wird. mit Blick auf § 33 der Geschäftsordnung bitte eine kurze Frage stellen? (Bärbel Beuermann [LINKE]: Es ärgert mich nicht! Ich finde es lachhaft!) Anna Conrads (LINKE): Es geht mir konkret um das Symposium für die Konrad-Adenauer-Stiftung, Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Kollegin  ¼ XQG Ä:LU IDKUHQ QDFK %HUOLQ ± gegen Beer. /LQNVH[WUHPLVWHQ³ GLH .DIIHHIDKUWHQ GHU -XQJHQ Union. Sigrid Beer (GRÜNE): Herr Dr. Berger, die Cha- rakterisierung, die ich gerade gehört habe ± ÄSXW]LJH Dr. Stefan Berger (CDU): Ich gehe davon aus, kleine .RPPXQLVWHQ³ ±, bezieht sich das auf Ihr dass die Bundesfamilienministerin auf dem Boden Bemühen, gemeinsame Abstimmungen in bestimm- der demokratischen Verfassung steht. ten Punkten zwischen CDU, FDP und der Linken hinzubekommen? (Bärbel Beuermann [LINKE]: Na, na, na!) Damit, denke ich, ist die Frage beantwortet. (CDU): Frau Beer, Sie brauchen Dr. Stefan Berger Ich halte an meiner Meinung fest: Bei Ihnen bleiben jetzt keine Parlamentsspielchen zu konstruieren. Fragezeichen. Das ist so, auch wenn Sie sich an- Der nordrhein-westfälischen Öffentlichkeit, der nord- ders verhalten, auch wenn Ihre Partei auch auf rhein-westfälischen Gesellschaft ist schon völlig Bundesebene versucht, ein anderes Bild zu erzeu- klar, dass eine Minderheitsregierung ± das sagt gen. Es mag ja sein, dass auch Herr Ernst Porsche schon der Name ± nicht über genug Stimmen ver- fährt und auch Frau Böth ± das sei an dieser Stelle fügt, um in diesem Parlament eine eigene Mehrheit auch einmal gesagt ± Taschen von Louis Vuitton organisieren zu können. trägt. Deswegen sind Sie bei Gesetzesvorhaben ± wie (Gunhild Böth [LINKE]: Das ist überhaupt gestern, Frau Löhrmann, bei den Studienbeiträ- nicht wahr! ± Bärbel Beuermann [LINKE]: gen ± darauf angewiesen, mindestens eine Stimme Extremistenlüge!) woanders herzubekommen. Da ist Ihnen die Links- fraktion ein willkommener Partner. Das ist gestern Auch das ist ein Punkt. der gesamten Öffentlichkeit demonstriert worden. Letztlich ± damit will ich schließen ± gilt, und das Die Zeitungen sind voll davon, die Medien, die Fo- bleibt die grundsätzliche Aussage: Gelder, die von ren sind voll davon. Wir brauchen das in diesem Steuerzahlern in Nordrhein-Westfalen oder in der Parlament nicht zu wiederholen; die Debatte läuft in Bundesrepublik aufgebracht werden, sollten nur für breitester Öffentlichkeit. Zwecke zur Verfügung stehen, die auf demokrati- schem Boden fußen. Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, (Zuruf von Verena Schäffer [GRÜNE]) Herr Kollege Dr. Berger. Sie hatten noch die Zwi- schenfrage der Abgeordneten Conrads zugelas- Damit bin ich noch einmal bei der Ministerin, Frau sen. ± Ich hatte vorhin schon darauf hingewiesen, Schäffer. Es wäre gut, wenn die Landesregierung dass ich von meiner Seite aus, weil wir üblicherweise so verfahren würde wie Frau Schwesig, nämlich bei nicht mehr als zwei Zwischenfragen in einem Zu- der Vergabe von Geldern aus dem Landeshaushalt sammenhang zulassen sollen, keine weiteren Zwi- ähnlich zu verfahren wie der Bund. Staatliches schenfragen zulassen werde. ± Bitte schön, Frau Geld, öffentliches Geld soll nur für demokratische Abgeordnete Conrads. Zwecke zur Verfügung stehen. Das sollte die Bot-

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2532 Plenarprotokoll 15/27 schaft sein, die wir heute mitnehmen. ± Vielen tisch ± unterzeichnet werden soll ±, womit Initiativen Dank. unter einen Generalverdacht gestellt werden, Herr Kollege. (Beifall von der CDU ± Zurufe von der LINKEN: Tätä! Tätä! Tätä!) (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN) Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Das ist doch das Problem. Das ärgert mich, weil ich Herr Dr. Berger. ± Als nächster Redner hat nun für Sie ja hier auch schon anders erlebt habe ± sach- die Fraktion der SPD der Abgeordnete Kuschke das lich, nüchtern, nachdenkend. Wort ± nach Beifallsbekundungen der Fraktion Die Linke für den Kollegen Dr. Berger. Wovon reden wir überhaupt? ± In der Bundesrepub- lik Deutschland, in Nordrhein-Westfalen werden Mil- (Wolfgang Zimmermann [LINKE]: Das waren liarden an Geldern zugewiesen. Da gibt es Zuwen- Karnevalsrufe!) dungsbescheide. Es gibt ein klares Verfahren, das überhaupt keinen Zweifel aufkommen lassen kann, Herr Kollege Kuschke, das ist doch eine Herausfor- dass wir ± ob der Bund, das Land oder wer auch derung. immer ± unterstellen, dass diese Gelder an Zuwen- dungsempfänger gelangen, die sich damit entspre- Wolfram Kuschke (SPD): Frau Präsidentin! Meine chend dem Zuwendungszweck verhalten und die Damen und Herren! Nur mein volles Vertrauen in das auf dem Boden der demokratischen Verfassung das Präsidium hat mich vorhin davon abgehalten, tun. darüber nachzudenken, ob wir zwischenzeitlich die Wenn man dazu kommt, Herr Kollege Berger, mei- Tagesordnung verändert haben. Herr Kollege Ber- ne Damen und Herren, dass man ein zusätzliches ger, zu dem Tagesordnungspunkt haben Sie ja anderes Verfahren will, dann muss es doch eine nicht gesprochen. Vermutung geben, dass das notwendig ist. Auch (Beifall von der LINKEN) wenn Sie jetzt zum hundertsten Mal Mecklenburg- Vorpommern und Frau Schwesig zitieren: Das Gan- Ich hatte gedacht, das wäre jetzt eine Aktuelle ze ist in Mecklenburg-Vorpommern in einem ganz Stunde zu der Fragestellung: Wie gelingt es der anderen Zusammenhang passiert. Regierungskoalition, immer eine Mehrheit zu be- kommen? Oder: Warum gelingt es uns als CDU (Beifall von den GRÜNEN und von der LINKEN) nicht, eine Mehrheit zu bekommen, auch wenn wir mit allen anderen Fraktionen hier im Landtag zu- Es ist im Zusammenhang mit der Befürchtung pas- sammen abstimmen ± außer mit den Regierungs- siert, dass eine Unterwanderung einer Trägerschaft fraktionen? Oder: Geschichte des Kommunismus von Kitas stattfindet. Und das Interessante ist, dass unter besonderer Berücksichtigung von verschiede- auch in der Bundestagsdebatte vom 10. Februar nen Fragestellungen. ± Das können Sie alles ma- diesen Jahres Beispiele genannt worden sind, die chen, Herr Kollege, aber zum richtigen Zeitpunkt. explizit damit zu tun hatten, dass es Verdacht auf Unterwanderung durch rechtsextremistische Grup- Ich will Ihnen aber noch einmal sagen, warum Sie pierungen bei Projekten und Vorhaben gegeben das nicht machen dürfen und das, was Sie hier prä- hat. sentiert haben, jämmerlich und erbärmlich war. Stel- len Sie sich einmal vor, auf der Zuschauertribüne Wie realistisch ist denn die Vermeidung einer sol- hätten bei Ihrem Beitrag Vertreterinnen und Vertre- chen Gefahr, wenn Sie jetzt einem wirklichen, bö- ter von solchen Initiativen gesessen, über die wir sen Verfassungsfeind, der in einer solchen Initiative heute reden! sitzt, eine Demokratieerklärung rüberschieben? Was glauben Sie, würde der denn unterschreiben? (Ministerin Ute Schäfer: Die evangelische Kirche!) Glauben Sie, er würde unterschreiben: Ich bin ein Welches Gefühl hätten die denn gehabt, Jugend- Verfassungsfeind? ± Herr Kollege, so naiv und un- gruppen aus dem katholischen, aus dem evangeli- beholfen ist doch niemand von uns im Raume. schen Bereich?! (Beifall von der SPD und von der LINKEN) (Beifall von den GRÜNEN und von der LINKEN) Das heißt: Ganz praktisch schon scheidet das als Welches Gefühl hätten diese Gruppen gehabt, wenn Mittel aus ± unbeschadet der Tatsache, dass Sie sie den Kollegen Berger, mich oder jemand anderen Prof. Battis nicht richtig gelesen haben. Prof. Battis aus diesem Raum zwei Tage vorher noch hätten re- kommt eindeutig zu dem Urteil, dass diese Demo- den hören über die Notwendigkeit von bürgerschaftli- kratieerklärung und das damit verbundene Verfah- chem Engagement, wie wichtig es doch ist, dass sich ren weder dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerade Jugendliche politisch engagieren ± und das noch dem Bestimmtheitsgebot Rechnung trägt. möglichst für Demokratie und Toleranz? Jetzt kommt (Beifall von der SPD und von der LINKEN) jemand und erklärt ihnen, warum eine solche Erklä- rung mit bürokratischem Aufwand ± völlig unrealis- Das ist der entscheidende Satz aus dem Gutachten.

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2533 Plenarprotokoll 15/27

Noch mal, Herr Kollege Berger: Wenn wir in dem Debatte ist, wurde heute leider wieder bestätigt ± Ziel übereinstimmen, dass wir in diesem Land Be- obwohl es in der Zwischenzeit zahlreiche Berichte in geisterung und Engagement für Demokratie und To- den Medien gegeben hat, zum Beispiel über den leranz erhalten und weiter stärken wollen, dann las- $NWLRQVWDJ Ä)U 'HPRNUDWLH ± Gegen Misstrauen sen Sie uns über Verfahren nachdenken, mit denen XQG%HNHQQWQLV]ZDQJ³DQGHPVLFKUXQG2r- wir Menschen nicht verprellen, die wir dafür gewin- ganisationen und Einzelpersonen beteiligt haben. nen können. Das ist in meinen Augen ein Lehrstück dafür, wie man bürgerschaftliches Engagement ver- Es gab eine Pressekonferenz, auf der unter ande- prellt, indem man die falschen Verfahren und dabei rem der Generalsekretär des Zentralrats der Juden auch noch die falschen Instrumente wählt. in Deutschland, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland und der Innenminister von Lassen Sie mich Ihnen aber auch noch Folgendes Sachsen-Anhalt gemeinsam die Rücknahme dieser mit auf den Weg geben: Ich habe schon das Gefühl, Extremismusklausel bzw. Demokratieerklärung ge- dass es Ihnen bei Ihrem heutigen Redebeitrag ± fordert haben. und wer weiß, was da gleich noch kommen wird ± gar nicht darum geht, zur Lösung dieses Problems (Beifall von den GRÜNEN) beizutragen. Nein, Herr Kollege! Sie wollten hier Der Zentralrat der Juden in Deutschland erwägt so- doch wieder die Extremismus-Debatte führen und gar, eine Verfassungsklage gegen die sogenannte alles ansprechen, was damit zusammenhängt. Ma- Demokratieerklärung zu erheben. chen Sie das « (Beifall von den GRÜNEN, von der SPD und (Dr. Stefan Berger [CDU]: Frau Conrads!) von der LINKEN) ± Ja, ich fand es auch nicht glücklich; denn ich hatte Worum geht es eigentlich? ± Die Demokratieerklä- zwischenzeitlich das Gefühl, dass Frau Kollegin UXQJLVWEHLPQHXHQ%XQGHVSURJUDPPÄ72/(5$1= Beuermann fast dabei war, Ihnen auf den Leim zu FÖRDERN ± .203(7(1= 67b5.(1³ )|UGHUYo- gehen. raussetzung. Das betrifft auch die Modellprojekte in (Bärbel Beuermann [LINKE]: Mit Sicherheit Nordrhein-Westfalen. Es betrifft die mobilen Bera- nicht!) tungsteams in den Regierungsbezirken und vor al- len Dingen auch die vielen kleinen Projekte, die aus Sie haben es aber mindestens versucht, Herr Kolle- den Lokalen Aktionsplänen in den Städten gefördert ge. ± Führen Sie die Debatte irgendwo und irgend- werden. wann zu einem anderen Zeitpunkt, aber bitte nicht in einem Zusammenhang, der uns allen sehr ernst Den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbei- sein sollte ± und vor allen Dingen den Gruppen und tern, die diese Projekte durchführen, die sich seit den Betroffenen in ihrer praktischen Arbeit ernst ist. Jahren für eine demokratische Gesellschaft einset- zen und die, wie ich finde, ein unverzichtbarer Teil Lassen Sie uns das eindeutige Signal aus dem in unserer Arbeit gegen Rechtsextremismus sind, Landtag Nordrhein-Westfalen nach Berlin senden: legen wir Steine in den Weg. Damit müssen wir Dieses Verfahren ist so nicht haltbar und sollte ab- aufhören. geschafft werden. ± Herzlichen Dank. (Beifall von den GRÜNEN, von der SPD und (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN) von der LINKEN) Diese Erklärung besteht aus insgesamt drei Sätzen. Herr Berger, es ist wirklich wichtig, zu differenzieren, Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, worüber wir hier reden. Ich habe die Erklärung auch Herr Kollege Kuschke. ± Als nächste Rednerin hat für Sie mitgebracht und werde sie Ihnen gleich ge- für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Abge- ben. Dann können Sie das selber noch einmal ordnete Schäffer das Wort. Bitte schön, Frau Kolle- nachlesen. gin. Der erste Satz der Erklärung beinhaltet das Be- kenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundord- Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr nung. Dieses Bekenntnis ist nicht neu. Es ist auch geehrte Damen und Herren! Vor drei Wochen ha- nicht wirklich ein Problem für die Projektträger. Be- ben wir hier über den Antrag der FDP zu politischer reits seit 2005 steht das Bekenntnis zur freiheitlich- Bildung und Extremismusprävention diskutiert. Bei demokratischen Grundordnung als Bestandteil in dieser Debatte habe ich bereits die sogenannte Ex- den Zuwendungsbescheiden für die Träger von Pro- tremismusklausel angesprochen. Damals hatte ich jekten gegen Rechtsextremismus. schon das Gefühl, dass die meisten ±insbesondere auf der rechten Seite dieses Hauses ± nicht wissen, Deshalb finde ich es absurd, dass man diesen Pro- worum es eigentlich geht. jektträgern jetzt auf einmal ein solches Misstrauen entgegenbringt und von ihnen verlangt, eine schrift- Der Eindruck, dass Sie gar nicht wissen, worüber liche Erklärung zu unterzeichnen; denn damit unter- wir hier eigentlich diskutieren und was der Kern der stellt man den Trägern ± und das sind Jugendver-

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2534 Plenarprotokoll 15/27 bände bis hin zu kirchlichen Einrichtungen; zum Dr. Stefan Berger (CDU): Danke schön. ± Frau Beispiel ist die Gewalt Akademie Villigst, die zum Schäffer, was sagen Sie zum Punkt 5 der Hinweise Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche von zur Demokratieerklärung, die sich auf die Zusam- Westfalen gehört, ein Träger eines mobilen Bera- menarbeit mit der Partei Die Linke beziehen? Wie tungsteams in Nordrhein-Westfalen ±, dass sie nicht bewerten Sie den Punkt 5 dieser Ausführungsbe- auf dem Boden des Grundgesetzes stehen würden. stimmungen, in dem die Partei Die Linke explizit problematisiert wird? Der Protest richtet sich aber nicht gegen diesen ers- ten Satz, sondern gegen den zweiten und den drit- ten Satz. Viele wollen nicht verstehen ± das will die Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Berger, ich glau- Ä:HOW DP 6RQQWDJ³ QLFKW YHUVWHKHQ GDV ZLOO GLH be, dass Sie das Problem nicht verstehen. Vor allen Ä5KHLQLVFKH3RVW³QLFKWYHUVWHKHQGDVZROOHQDXFK Dingen kennen Sie wahrscheinlich die Antworten Sie nicht verstehen ±, dass es um die anderen bei- der Bundesfamilienministerin auf die vielen Kleinen den Sätze geht, in denen von den Trägern verlangt Anfragen, die es zu diesem Thema gegeben hat, wird, sich dazu zu verpflichten, ihre Projektpartner nicht. In einer Kleinen Anfrage wurde die Bundes- auf deren Verfassungstreue zu überprüfen. familienministerin gefragt, wie denn jetzt die Zu- sammenarbeit mit den Linken aussehe. Darauf hat Die Frage, wie man das eigentlich machen soll, hat sie sehr explizit geantwortet, dass nur Teile der Lin- Frau Ministerin Schröder im zuständigen Bundes- ken beobachtet würden und es deshalb keine tagsausschuss damit beantwortet, dass man ein- grundsätzliche Ablehnung und kein grundsätzliches fach die Partner im Internet googeln solle. ± Ich bitte Problem gebe. Sie, Herr Berger! Das ist wirklich lächerlich. Vielleicht sollten Sie sich einfach einmal die Kleinen (Beifall von den GRÜNEN, von der SPD und Anfragen, die Ihrer Bundesfamilienministerin gestellt von der LINKEN ± Bärbel Beuermann wurden, und die entsprechenden Antworten durch- [LINKE]: Aber das zeugt von nicht vorhan- lesen. Vielleicht kommen wir dann hier auch ein dener Fachkompetenz!) Stück weiter. Wie gerade schon angesprochen wurde, gibt es in (Beifall von den GRÜNEN und von der LINKEN) diesem Zusammenhang ein Rechtsgutachten der Der Innenminister von Sachsen-Anhalt hat jüngst Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bun- erklärt, dass die Demokratieerklärung insbesondere destages. Ich hoffe, dass niemand von Ihnen hier in den ostdeutschen Bundesländern ungute Erinne- an der Seriosität der Wissenschaftlichen Dienste rungen wecken würde. Ich möchte ihn gerne zitie- zweifelt. Sie haben ein Gutachten erstellt, in dem ren. Er sagte, diese Erklärung zwinge dazu, Dos- verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des siers über andere Menschen anzufertigen. Ich glau- Bestimmtheitsgebots und der Verhältnismäßigkeit be, dass dieser Satz schon für sich spricht, gerade formuliert werden. in den ostdeutschen Bundesländern. Sehr wichtig finde ich auch den in diesem Gutach- Liebe Kollegen von der CDU, ich kann durchaus ten enthaltenen Hinweis, dass die Demokratieerklä- verstehen, dass Sie sich hinter Ihre Ministerin rung eine Kultur des Misstrauens auslösen könnte, Schröder stellen müssen. Sie ist ja nicht sonderlich was die Ziele des Bundesprogramms gegen erfolgreich nicht nur in diesem Punkt, sondern auch Rechtsextremismus konterkarieren würde. in vielen anderen Themenbereichen, die sie ver- Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade wir als Ab- sucht anzustoßen. geordnete müssen doch dafür sorgen, dass demo- Auf Herrn Engels Rede bin ich wirklich gespannt. kratische Strukturen und eine demokratische Zivil- Denn die FDP-Bundestagsfraktion ist ja durchaus gesellschaft gestärkt werden. Das erreichen wir kritisch gegenüber dieser Demokratieerklärung ein- nicht, indem wir ihnen mit Misstrauen begegnen. gestellt. Der für das Thema zuständige FDP- (Beifall von den GRÜNEN, von der SPD und Bundestagsabgeordnete hat ja in einem Interview von der LINKEN) gesagt, dass er nicht hinter dieser Demokratieerklä- rung stehen würde. Deshalb hoffe ich zumindest auf die Zustimmung von Herrn Engel und von der FDP. Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Kollegin Ich bitte Sie, dass wir gemeinsam für eine starke, Schäffer, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbre- für eine demokratische Zivilgesellschaft eintreten, che. Der Abgeordnete Dr. Berger möchte Ihnen und ich hoffe darauf, dass die Bundesfamilienminis- gerne eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie sie zu- terin diese Erklärung zurücknimmt. ± Danke. lassen. (Beifall von den GRÜNEN, von der SPD und von der LINKEN) Verena Schäffer (GRÜNE): Gerne. Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Vizepräsidentin Angela Freimuth: Bitte schön. Frau Abgeordnete Schäffer. ± Als nächster Redner

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2535 Plenarprotokoll 15/27 hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Engel Gutachten? Was ist der praktische Nutzen einer das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Engel. solchen Klausel? Darüber scheiden sich die Geister. Dies gilt es aber Horst Engel (FDP): Frau Präsidentin! Verehrte Kol- auch abzuwägen. Klar ist, dass es grundsätzlich leginnen und Kollegen! Es ist eine Selbstverständ- nicht die Aufgabe freier Träger ist, die Überprüfung lichkeit, dass Empfänger von finanziellen Zuwen- Dritter auf ihre Verfassungstreue zu vollziehen. Aber dungen des Bundes auf dem Boden des Grundge- es kann jemandem, der staatliche Gelder erhält, zu- setzes stehen müssen. Die schlichte Gleichung gemutet werden, zu schauen, mit wem er geht, so aber, dass man durch die Tätigkeit gegen Rechts- der Volksmund. Er muss in seinem Verwendungs- extremismus bereits beweist, dass man für die Gel- nachweis am Ende schwarz auf weiß belegen, wo- tung des Grundgesetzes ist, teile ich so pauschal für er die Mittel eingesetzt hat. nicht. Ich frage weiter: Können Sie ausschließen, dass in (Beifall von der FDP und von der CDU ± Ralf einzelnen Projekten in Nordrhein-Westfalen, die 0LFKDORZVN\ >/,1.(@ 6LH KDEHQ GLH Ä5KHi- staatliche Gelder erhalten, Personen aktiv sind, die QLVFKH 3RVW³JHOHVHQ'DVWHKWGDV Z|UWOLFK es mit der Verfassungstreue nicht so genau neh- drin!) men, wenn sie den Zweck für legitim halten, die et- wa im Vorfeld und bei Demonstrationen gegen Schauen wir uns die jüngsten Antifa-Demos in Rechts auch die Nähe zu gewaltbereiten und ext- vor einer Woche an. Ja, das müssen Sie remistischen Gruppen haben? Ich vertraue darauf, aushalten. Vermummte Linksextremisten greifen aber sicher ausschließen kann ich das eben nicht. Polizeibeamte mit Steinen an. Sie demonstrieren Die Linke, Herr Zimmermann, Frau Conrads: Sie zumindest offiziell gegen eine Demonstration von müssen Ihr Verhältnis zu den Prinzipien der freiheit- Rechtsextremisten und sehen Gewalt gegen Poli- lich-demokratischen Grundordnung klären. So lange zeibeamte als legitimes Mittel an, zerstören Autos Sie das nicht tun, haben Sie hier einen Dauerstress, (Zuruf von Ralf Michalowsky [LINKE]) (Wolfgang Zimmermann [LINKE]: Ich habe und verletzen Polizeibeamte. Diese Menschen be- keinen Stress mit Ihnen! ± Zuruf von Bärbel kennen sich nicht zur freiheitlich-demokratischen Beuermann [LINKE]) Grundordnung, obwohl sie aktiv gegen Rechtsext- und nicht nur bei so einer einfachen Demokratieer- remismus sind, sich dabei aber zugleich mit Gewalt klärung. gegen Organe des Staates stellen. Denen würden wir keinen einzigen Eurocent geben, Wir werden Ihrem Antrag natürlich nicht zustimmen. Ob das Recht besteht, in einem bloßen Zuwen- (Beifall von der FDP und von der CDU) dungsverhältnis ein Bekenntnis zur freiheitlich- demokratischen Grundordnung zu verlangen, muss so wie wir keinen Rechtsextremisten Geld geben auf Bundesebene geklärt werden. Dazu gibt es un- würden, um sich gegen Linksextremismus zu betä- terschiedliche rechtliche Bewertungen. Ich habe das tigen. Das sind Selbstverständlichkeiten. angesprochen, Frau Schäffer. Natürlich wäre für die ganz große Zahl der Zuwen- Aber ich möchte in diesem Kontext noch etwas an- dungsempfänger in Nordrhein-Westfalen die Unter- merken ± Zitat ±Ä$XIGHPOLQNHQ$XJHEOLQG³WLWHOWH zeichnung dieser sogenannten Demokratieerklä- GHUÄ)RFXV³LQVHLQHUOHW]WHQ$XVgabe. rung eine reine Formsache. Die FDP hat großes Vertrauen in die Träger, die sich schon seit Langem (Ralf Michalowsky [LINKE]: Auf dem libera- im Kampf gegen Rechtsextremismus engagieren. len Auge blind!) Sie selbst, ihre Mitarbeiter und Kooperationspartner Während die Gesellschaft gegen Rechts kämpft, stehen fest auf dem Boden der freiheitlich- ignoriert sie den Extremismus von der anderen Sei- demokratischen Grundordnung. te, stellt der Autor weiter fest. Warum also dieser massive Aufschrei und Protest gegen diese Demokratieerklärung? Hat man einen Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege wunden Punkt getroffen? Oder geht es ums Prinzip Engel, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unter- Bespitzelungsklausel, staatliches Misstrauen oder breche. Gestatten Sie eine Zwischenfrage? Generalverdacht? Oder doch nur ein notwendiges Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grund- ordnung? Eine bloße Selbstverständlichkeit? Reicht Horst Engel (FDP): Nein, ich trage im Zusammen- das Vertrauen? Oder gibt es begründeten Anlass, hang vor. ± Die Äußerungen von Gesine Lötzsch das auch aktiv bekundet zu ? Welche in- zum Kommunismus, der gewalttätige Widerstand terne Kontrollpflicht für Mitarbeiter und Kooperati- gegen die zum Beispiel rechtskräftig abgesegnete onspartner kann man den Zuwendungsempfängern Räumung der mit Eisenstangen verbarrikadierten staatlicher Fördermittel überhaupt auferlegen, auch Liebigstraße 14 in Berlin im Februar, bei dem 2.500 aus verfassungsrechtlicher Sicht, Stichwort Battis- Polizeibeamte gegen 500 gewaltsame Linksextre-

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2536 Plenarprotokoll 15/27 misten vorgehen mussten, Sachschaden 1 Million ¼ (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und Vermummung, Randale, Gewalt, Vandalismus, 100 von der LINKEN) Polizeibeamte wurden verletzt. Es sollen sogar re- Auch das Verhalten von FDP und CDU erstaunt gelrechte Polizistenfallen installiert worden sein. mich. Sie versuchen, zu suggerieren, dass alle an- (Bärbel Beuermann [LINKE]: Ich kenne nur deren Parteien diese Demokratieklausel nicht unter- Mausefallen!) schreiben würden. Das Wort benutzen Sie immer. Ich möchte noch einmal sehr deutlich sagen, dass Angeblich hat man Wände vernässt und unter Strom jeder hier im Raum den ersten Satz dieser Demo- gestellt. kratieklausel unterschreiben würde; das hat jeder Sie sollten, Herr Zimmermann oder Frau Conrads, Vorredner hier auch so gesagt. Ich bitte Sie daher vielleicht die Gelegenheit nehmen, sich hier stellver- herzlich: Bitte suggerieren Sie den Menschen an tretend für das, was in Berlin passiert ist, zu ent- der Stelle nichts anderes. schuldigen. (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und Die Linke äußerte bislang nur ihr Bedauern über die von der LINKEN) Räumung, nicht über die Randalierer. Achtung Ich war auch erstaunt, als ich heute die Zeitung ge- rechtskräftiger Urteile oder Genehmigungen? ± lesen habe; das hat mich wirklich besorgt gemacht. Fehlanzeige! Linksextremisten denken, dass sie die ,QGHUÄ5KHLQLVFKHQ3RVW³ODXWHWGLHhEHUVFKULIWKHu- Legitimation haben, sich gegen geltendes Recht WHÄ.HLQ*HOGIUÃ/LQNHµÄXQGGRUWVWHKW± ich zitiere; verhalten zu dürfen, dass sie Menschen verletzen das ist der erste Satz dieser Klausel ±: und Sachen zerstören können, wenn es vermeint- lich der guten Sache dient. Sie sind dann jedoch ÄÃ+LHUPLWEHVWlWLJHQZLUGDVVZLUXQV]XUIUHLKHLt- schlichte StraftlWHU'DPLWKDWGHUÄ)RFXV³LQVHLQHU lichen demokratischen Grundordnung der Bun- Bewertung völlig recht: Wir dürfen auf dem linken desrepublik Deutschland bekennen und eine den Auge nicht blind sein. ± Wir als FDP wenden uns Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit ge- entschieden gegen jede Art von Extremismus in un- ZlKUOHLVWHQµÄ serer Gesellschaft. Ich zitiere weiter aus dem Artikel: Ich bemühe zum Schluss noch einmal den Volks- Ä'LHVHV %HNHQQWQLV HUZDUWHW %XQGHVIDPLOLHQPi- mund: Sage mir, mit wem du gehst, und ich sage nisterin Christina Schröder «YRQ,QLWLDWLYHQEe- ich dir, wer du bist. ± Vielen Dank. vor diese staatliche Fördermittel «HUKDOWHQ³ (Beifall von der FDP und von der CDU ± Bär- Zwei Sätze weiter steht: bel Beuermann [LINKE]: Dann will ich wis- sen, warum Sie mit Frau Conrads Kaffee Ä'LH SPD/Grünen-Regierung in NRW hält die trinken gehen wollen!) ([WUHPLVPXVNODXVHOIUSROLWLVFKIDOVFK³ Das suggeriert dem Leser, wir würden diesen Satz Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, für falsch halten. Ich halte es für hoch gefährlich, Herr Abgeordneter Engel. ± Als nächste Rednerin wenn in einer Tageszeitung ein solcher Zusam- hat nun Frau Ministerin Schäfer für die Landesregie- menhang suggeriert sein könnte; ich drücke mich rung das Wort. hier sehr vorsichtig aus. (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und Ute Schäfer, Ministerin für Familie, Kinder, Ju- von der LINKEN) gend, Kultur und Sport: Frau Präsidentin! Liebe Denn in der Tat ist der Streit nicht um den ersten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Satz entbrannt, der hier zitiert wird. Vielmehr sind es Damen und Herren! Ich habe die Debatte sehr auf- die Sätze 2 und 3, die hier auch besprochen wur- merksam verfolgt und bin, gelinde gesagt, über zwei deQ'LHVHZHUGHQLQGHP$UWLNHOGHUÄ5KHLQLVFKHQ Dinge entsetzt. Mich erschüttert Ihr Verständnis 3RVW³MHGRFKPLWNHLQHPHLQ]LJHQ:RUWHUZlKQW vom Parlament und von der Zivilgesellschaft. Herr Dr. Berger, als sie gefragt wurden, ob Sie sie Herr Dr. Berger, Sie haben auf die Frage, warum es denn kennen, haben Sie sie auch nicht erwähnt. Sie denn richtig sei, dass Sie gelegentlich mit den Lin- haben das Gleiche suggeriert, was auch in diesem ken abstimmen würden, geantwortet: Da wird über Artikel zu finden ist. Anträge abgestimmt, ansonsten wird hier über poli- tische Ausrichtungen abgestimmt. ± Ich möchte (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und Ihnen hier noch einmal ganz deutlich sagen: Im von der LINKEN) Landtag von Nordrhein-Westfalen wird über Anträge Das halte ich für politisch sehr gefährlich. und Gesetzentwürfe abgestimmt, und das machen alle Parteien. Insofern nehmen Sie nicht an einer Ich möchte nun ein paar Fakten zu dieser Extre- anderen Abstimmung teil als wir oder die Grünen mismusklausel sagen. Seit 2008 widmet sich die oder wer auch immer. Ich finde, das ist ein unglaub- Landeszentrale für politische Bildung zusätzlich in liches Verständnis. Gestalt der von ihr gegründeten Landeskoordinie-

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2537 Plenarprotokoll 15/27 rungsstelle gegen Rechtsextremismus dem Ziel ei- Ute Schäfer, Ministerin für Familie, Kinder, Ju- ner wirksamen Rechtsextremismusprävention. Die gend, Kultur und Sport: Nein, ich möchte keine Landeskoordinierungsstelle unterstützt vor Ort zivil- Zwischenfrage zulassen. gesellschaftliches und kommunales Engagement, unter anderem durch persönliche Beratung von Ich kann dieses pauschale Misstrauen nicht nur aus Bürgerinnen und Bürgern sowie durch öffentliche verfassungsrechtlichen Gründen nicht nachvollzie- Aufklärungsveranstaltungen. hen. Vielmehr habe ich auch kein Verständnis für eine solche Verschärfung. Denn ich sehe dafür kei- Frau Schäffer hat es erwähnt: Wir haben fünf mobile nen Anlass. Beratungsteams. Diese sind in den Regierungsbe- zirken unterwegs und dienen als erste Anlaufstelle Es ist richtig, dass diH Ä$NWLRQ 6KQH]HLFKHQ )ULe- für alle, die bei Problemen mit Erscheinungsformen GHQVGLHQVWH³XQGGHUÄ9HUHLQIUGHPRNUDWLVFKH.Xl- von rechter Propaganda, Rassismus und Gewalt WXULQ%HUOLQ³XQGDQGHUHGHQUHQRPPLHUWHQ9HUIDs- gegen Minderheiten Unterstützung suchen. sungsrechtler Ulrich Battis gebeten haben, die so- genannte Schröder-Klausel rechtlich zu bewerten. Die wichtige und erfolgreiche Arbeit ± das möchte ich noch einmal deutlich sagen ± dieser Koordinie- Was ist das Ergebnis dieser Überprüfung? ± Auch rungsstelle und ihrer Partner lebt sowohl von Lan- in dem Zusammenhang haben Sie etwas Falsches desmitteln als auch von Mitteln des Bundes aus suggeriert, Herr Dr. Berger. GHPHEHQVFKRQ ]LWLHUWHQ 3URJUDPPÄ7ROHUDQ]I|r- (Widerspruch von Dr. Stefan Berger [CDU]) GHUQ.RPSHWHQ]VWlUNHQ³ Battis meint, es ergebe sich kein Nutzen durch die Für die zweite Förderphase in diesem Jahr hat die Kontrolle von Partnern. Würde man diesen Passus Bundesjugendministerin eine zusätzliche Bedingung streichen und nur ein Bekenntnis zum Grundgesetz gestellt, nämlich diese Klausel, über die wir uns einfordern, wäre das ± hören Sie jetzt genau zu ± heute unterhalten, zu unterschreiben. Danach müs- vollkommen ausreichend. Das ist die Meinung des sen nichtstaatliche Zuwendungsempfänger im Verfassungsrechtlers Prof. Battis. Rahmen ihrer Möglichkeiten und in eigener Verant- wortung eine Demokratieerklärung unterschreiben. Zudem sei die Forderung nach einer Kontrolle un- Diese müssen ihre Partner nunmehr auf Demokra- verhältnismäßig, da diese kaum durchführbar sei tietreue prüfen. und zu einer erheblichen Belastung zwischen den betroffenen Partnern führen könnte. Dies, so Prof. Wissen Sie denn überhaupt, wer in Nordrhein- Battis, stehe im Gegensatz zu der Idee der Vernet- Westfalen die zwei Partner sind, die dieses unter- zung, welche auf Vertrauen angewiesen sei. schreiben mussten? Sie wissen es, oder? ± Das sind zum einen die Evangelische Kirche mit Haus Er führt weiter aus, daher seien Teile der Klausel ± Villigst und zum anderen das Bildungswerk in er meint nicht den ersten Satz ± mit dem Grundge- Vlotho. Ich frage Sie allen Ernstes: Halten Sie es für setz nicht vereinbar. angezeigt, dass man solchen Einrichtungen solche Klauseln vorlegt, welche diese dann unterschreiben Prof. Battis kritisierte zudem, es sei weiterhin unklar, sollen? ZHU EHUKDXSW PLW Ä3DUWQHUQ³ JHPHLQW VHL XQG DE welchem Verdachtsgrad anzunehmen sei, dass ein (Beifall von der SPD und von den GRÜNEN) potenzieller Partner nicht im Sinne des Grundgeset- zes tätig sei. Diese formale Unterzeichnung ist aus meiner Sicht eine absolute Verschärfung der bislang geltenden Was verlangen Sie Haus Villigst ab, was verlangen Fördervoraussetzungen. Bei diesen musste man Sie dem Bildungswerk Vlotho ab, wenn Sie der sich auch zum Grundgesetz erklären; das ist unse- Meinung sind, dass diese solche Erklärungen un- rer Ansicht nach ausreichend. terschreiben müssen? Wir haben dagegen erhebli- che Bedenken. Wir haben allerdings diese Erklä- Natürlich hat es die heftigen Diskussionen gegeben; rung in diesem Jahr unterschreiben lassen. wir diskutieren es heute schließlich auch. Ich stelle hier allerdings fest, dass mit dieser Erklärung ± so (Dr. Stefan Berger [CDU]: Aha!) wie sie unterschrieben werden muss ± zunächst ein pauschales Misstrauen des Bundesministeriums Ich sage Ihnen auch warum: Weil die Bundesfamili- gegenüber dem zivilgesellschaftlichen Engagement enministerin so spät mit ihrer Zusage im Land war, gegen Rechtsextremismus zu verzeichnen ist. dass drohte, dass die Zuwendungen nicht mehr hät- ten fließen können, wenn die Partner zu dem Zeit- (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und punkt nicht unterschrieben hätten. Das hätte eine von der LINKEN) Lücke in ihrer Arbeit gegeben. Das wollten wir nicht zulassen. Aber die Ausführungsbestimmungen, die Sie erwähnt haben, haben wir außen vor gelassen. Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Ministe- Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal aus- rin, erlauben Sie eine Zwischenfrage « drücklich betonen.

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2538 Plenarprotokoll 15/27

Wir sind deshalb sehr daran interessiert, dass ge- der Gutachterdienst des Deutschen Bundestages klärt wird, inwieweit diese Demokratieerklärung so. Herrn Dr. Orth, der das immer so im Munde ganz oder teilweise dem Grundgesetz widerspricht. führt, will ich sagen: In einem Rechtsstaat heiligt der Wir möchten das geklärt haben. Dazu kann der Wi- Zweck eben nicht die Mittel. derspruch Berlins bzw. eine mögliche Klage des Landes durchaus beitragen. Dann haben wir hof- (Beifall von den GRÜNEN, von der SPD und fentlich nicht mehr diese, wie ich finde, entsetzli- von der LINKEN) chen Debatten, wenn ich an all die Partner denke, Das ist die Aufforderung zu einer Bespitzelung. Es die sich so engagiert für den Kampf gegen Rechts- ist schlicht nicht die Aufgabe des Verfassungs- extremismus einsetzen. ± Herzlichen Dank. schutzes, so weit zu gehen. (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und Herr Dr. Berger, noch einmal an Ihre Adresse: Eine von der LINKEN) politische Kultur in diesem Haus gerät wirklich unter die Räder, wenn das passiert, was Sie erneut vor- Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, gemacht haben. Sie konstruieren Unterstellungen Frau Ministerin Schäfer. ZLH Ä'LH ZROOHQ VLFK DOOH QLFKW ]XU IUHLKHLWOLFK- GHPRNUDWLVFKHQ *UXQGRUGQXQJ EHNHQQHQ³ XP (Am Rednerpult steht bereits Anna Conrads dann lautstark und haarscharf am Thema vorbei [LINKE].) und in einer unerträglich populistischen Form gegen den Linksextremismus richtig klare Kante zu zeigen. ± Als nächste Rednerin, liebe Frau Kollegin Con- Darum aber ging es nicht. Das wussten Sie ganz rads, hat nun zunächst die Kollegin Düker für die genau. Es ist schlechte politische Kultur, mit Unter- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen um das Wort gebe- stellungen zu arbeiten. Das nennt man schlicht ten, das sie hiermit natürlich gerne bekommt. ± Wei- Ä'HPDJRJLH³ GLH PDQ LP $QWUDJ EHUKDXSW QLFKW tere Wortmeldungen mit Ausnahme der der beiden wiederfindet. gerade genannten Damen liegen hier nicht vor. (Beifall von den GRÜNEN, von der SPD und von der LINKEN) Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsi- dentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Engel, Deshalb bitte ich noch einmal ausdrücklich die FDP: ich spreche mit meinem Beitrag die FDP-Fraktion Fühlen Sie sich auch heute dem Rechtsstaat ver- doch noch einmal direkt an: Ihr lautstarkes Be- pflichtet, diesen Antrag mitzutragen. Genau darum kenntnis in diesem Hause gegen jedwede Form des geht es. ± Schönen Dank. Extremismus in allen Ehren, aber Sie haben sich vor der Beantwortung einer Frage gedrückt, (Beifall von den GRÜNEN, von der SPD und von der LINKEN) (Rainer Schmeltzer [SPD]: Mal wieder!) nämlich der Frage, ob die von Ihnen angesproche- Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, ne Abwägung, die hier zu treffen ist, auch im Sinne Frau Kollegin Düker. ± Als nächste Rednerin hat unserer Verfassung verhältnismäßig ist, Projektträ- nun Frau Kollegin Conrads das Wort. Bitte schön, gern abzuverlangen, eine Prüfung ihrer Partneror- Frau Kollegin Conrads. ganisationen vornehmen. Diese Frage haben Sie nicht beantwortet. Ich will Sie Ihnen aber noch ein- mal aus meiner rechtsstaatlichen Sicht beantworten. Anna Conrads (LINKE): Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Präsidentin! Ich halte nur kurz in Ich halte es nicht für verhältnismäßig, dass unter Richtung CDU und FDP fest: Thema total verfehlt. Umständen der Verfassungsschutz hierüber befin- det. Darüber müssen wir uns doch klar sein. Der In- Ich stelle fest: nenminister ist im Moment nicht hier. Diese Frage Erstens. Die Debatte um die Wissenschaftlichkeit wäre auch an ihn zu stellen. Inwieweit ist es Aufga- der sogenannten Extremismustheorie und ihrer be des Verfassungsschutzes, über Anfragen des Nutznießer führen wir nicht heute, sondern ein an- Familienministeriums zu befinden? So steht es auch deres Mal. in den Erläuterungen, Herr Dr. Berger: Bei Unsi- cherheiten über diese Frage ist zu klären, ob die Zweitens. Herr Engel, wenn Sie das nächste Mal Partnerorganisationen der Projektträger auf dem anfangen, mich mit Absurdistan-Forderungen nach Boden der freiheitlich-demokratischen Grundord- Entschuldigungen zu überhäufen, erinnere ich Sie nung stehen. Dass man bei Unsicherheiten über daran, dass wir gemeinsam für Demokratie und das Familienministerium eine Anfrage an den Ver- Grundrechte die Hand heben, nämlich gegen die fassungsschutz stellt und Erkundigungen über Part- Vorratsdatenspeicherung, gegen das Zwangsouting ner von Projektträgern einholt, halte ich ± mit Ver- und gegen anderes. laub ± für nicht verhältnismäßig. (Einige Abgeordnete der CDU machen das Das sehen nicht nur wir so, sondern das sehen an- Time-out-Zeichen und halten ihre Uhren erkannte Verfassungsrechtler auch so. Das sieht hoch.)

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2539 Plenarprotokoll 15/27

Drittens. Ich zitiere Herrn Hovenjürgen zum heuti- Deswegen legen Sie einen Antrag vor, der diese gen TOP 3 und schließe mich Herrn Kuschke an, Erklärung vergessen macht. was diese Klausel und ihre Praxistauglichkeit an- geht: ein bisschen weniger Ideologie, ein bisschen Was Teile Ihrer Partei betrifft, sage ich: Es lohnt mehr Praxisnähe! ± Danke. sich, in Ihr Parteiprogramm hineinzusehen. (Beifall von der LINKEN, von der SPD und (Bärbel Beuermann [LINKE]: Davon können von den GRÜNEN) Sie unheimlich viel lernen! ± Gunhild Böth [LINKE]: Lesen bildet! ± Michael Aggelidis [LINKE]: Machen Sie sich doch die Mühe! ± Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Weitere Zurufe) Frau Abgeordnete Conrads. ± Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Dann kann man sich eine eigene Meinung darüber Dr. Berger das Wort, anschließend Herr Kollege bilden. Das Bundesministerium kommt zu ganz kla- Kuschke für die Fraktion der SPD. Bitte schön. ren Beurteilungen darüber. (Unruhe) Dr. Stefan Berger (CDU): Danke, Frau Präsiden- Zum letzten Punkt: Frau Ministerin Schäfer, wenn tin. ± Wir haben heute von der Fraktion der Grünen Sie mich kritisieren, müssen Sie mich auch richtig das Argument gehört, da würden Steine in den Weg zitieren. Ich habe bei der Frage der Zusammenar- gelegt. Eine Unterschrift ist kein Stein, sondern eine beit mit der Linkspartei in diesem Hause einen Un- Unterschrift unter eine Demokratieerklärung macht terschied gemacht. Es ist etwas anderes, wenn man nur klar, auf welchem Boden jemand steht, der öf- in diesem Parlament einen Antrag vorlegt, sich über fentliches Geld erhalten möchte. eine Sachfrage unterhält und eine Abstimmung her- beiführt sowie die Ergebnisse dieser Abstimmung Frau Ministerin Schäfer, Sie haben gerade erklärt, zur Kenntnis nimmt. Demgegenüber ist es aber dass Sie den beiden Zuwendungsempfängern von noch ein erheblicher Unterschied, wenn Sie eine po- Bundesmitteln empfohlen haben, diese Erklärung litische Strategie entwickeln müssen, weil Ihnen die zu unterschreiben. Mehrheit fehlt, auf der Sie aufbauen, um die Stim- (Zuruf von Ministerin Ute Schäfer) men zu haben. Wenn Sie das empfehlen, müsste eigentlich Ihre (Beifall von der CDU und von der FDP ± Wi- Fraktion im Landtag den Antrag der Linken ableh- derspruch von der SPD und von der LINKEN ± nen. Das wäre vom Verständnis her der richtige Sören Link [SPD]: So ein Quatsch, Herr Dr. Punkt. Berger! ± Weitere Zurufe von der SPD) (Beifall von der CDU und von der FDP ± Wi- Denn sonst ± ich bleibe dabei ± hätten Sie gestern derspruch von der SPD, von den GRÜNEN die Studienbeiträge nicht abschaffen können. und von der LINKEN ± Serdar Yüksel [SPD]: (Sören Link [SPD]: Das spottet Ihrer Intelli- Das hat sie gerade erklärt! ± Gunhild Böth genz! ± Weitere Zurufe von der SPD, von [LINKE]: Erst hören, dann denken, dann den GRÜNEN und von der LINKEN ± Fort- sprechen! ± Zuruf von der LINKEN: Nehmen gesetzt Unruhe) Sie die Stöpsel aus den Ohren! ± Weitere Zu- rufe von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN) Vizepräsidentin Angela Freimuth: Pscht! Egal, wie Sie sich drehen und wenden: Im Wesent- lichen ärgert Sie von der Linkspartei, dass Sie Ge- Dr. Stefan Berger (CDU): Das weiß die gesamte genstand der Ausführungsbestimmungen sind und Öffentlichkeit. dass die Ausführungsbestimmungen der Öffentlich- keit in Nordrhein-Westfalen klar erklären, dass Teile (Bärbel Beuermann [LINKE]: Tö tö!) von Ihnen extremistisch sind. Das ist das Kernanliegen. Darum geht es. (Ralf Michalowsky [LINKE]: Das ist doch ge- logen!) (Zuruf von Michael Aggelidis [LINKE]) Das steht schwarz auf weiß darin. Deswegen stimmt diese Fraktion dem linken Antrag zu und folgt eigentlich nicht Ihnen. (Zuruf von Rüdiger Sagel [LINKE]) (Zurufe von der SPD und von der LINKEN) Das wollen Sie vergessen machen; das wollen Sie nicht in der Gesellschaft des Landes Nordrhein- Sie haben etwas anderes als das empfohlen, was Westfalen verteilt wissen. Herr Kuschke eben an diesem Pult erklärt hat. Das ist eine Diskrepanz. Der Grund sitzt dort; der Grund (Bärbel Beuermann [LINKE]: Sie sind mir auf sind mindestens zwei Enthaltungen im nordrhein- meine Frage eine Antwort schuldig geblieben!) westfälischen Landtag.

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2540 Plenarprotokoll 15/27

(Beifall von der CDU und von der FDP ± Zu- (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und ruf von der SPD: Setzen, sechs! ± Weitere von der LINKEN -Zuruf von der SPD: Wider- Zurufe) wärtig!) Viertens. Herr Kollege Dr. Berger, ich habe mir ge- Vizepräsidentin Angela Freimuth: Meine Damen rade erlaubt nachzusehen, aus welchem Geburts- und Herren, das war der Abgeordnete Dr. Berger für jahrgang Sie stammen. Bei Männern kann man das die Fraktion der CDU. ± Nun hat für die Fraktion der machen. SPD der Abgeordnete Kuschke das Wort. Bitte (Dr. Stefan Berger [CDU] winkt ab.) schön, Herr Kollege Kuschke. Sie sind Jahrgang 1969. (Sigrid Beer [GRÜNE]: Schön, dass die Lin- ke den Präsidenten Uhlenberg mitgewählt (Ralf Michalowsky [LINKE]: Ein Jahr zu hat!) spät!) Dann haben Sie nicht aktiv mitbekommen, aber es Wolfram Kuschke (SPD): Frau Präsidentin! Meine sich vielleicht erzählen lassen bzw. sich im Unter- Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Berger, ich richt damit auseinandergesetzt: die 70er-Jahre und KDEHHLQH%LWWH0DFKHQ6LHXQVKLHUQLFKWÄGHQ]X die Versuche, die in Deutschland gestartet worden *XWWHQEHUJ³ sind, Verfassungstreue und Demokratieorientierung festzustellen. Was damals gelaufen ist ± Stichworte: (Heiterkeit und Beifall von der SPD, von den Berufsverbote, Gesinnungsschnüffelei usw. ±, GRÜNEN und von der LINKEN ± Josef kennzeichnet völlig untaugliche Versuche, diesen Hovenjürgen [CDU] schüttelt mit dem Kopf.) Staat demokratiefest zu machen.

Erstens und in aller Deutlichkeit: Die Regeln dieses (Vorsitz: Vizepräsidentin Gunhild Böth) Parlamentes bestimmt dieses Hohe Haus und nicht Diesen Staat demokratiefest zu machen, ist der Sie. gemeinsame Konsens von Demokraten auch in die- (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und sem Hohen Hause. Zerstören Sie ihn bitte nicht von der LINKEN ± Zuruf von der CDU: Aber durch solche Äußerungen. Sie auch nicht!) (Anhaltender lebhafter Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN) Zweitens. Ich hoffe stark, dass Sie sich noch bei Frau Kollegin Schäffer entschuldigen. Schon ges- tern bei der Diskussion um Studiengebühren hat es Vizepräsidentin Gunhild Böth: Danke, Herr seinen Anfang genommen, und heute wollen Sie es Kuschke. ± Für die Landesregierung spricht Frau fortsetzen, nämlich Mitgliedern dieses Hohen Hau- Ministerin Schäfer. ses persönliche Motive bei ihrem Abstimmungsver- halten zu unterstellen. Da müssen Sie sich noch entschuldigen. Ute Schäfer, Ministerin für Familie, Kinder, Ju- gend, Kultur und Sport: Frau Präsidentin! Liebe Kol- (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und leginnen, liebe Kollegen! Ich habe mich noch einmal von der LINKEN ± Zuruf von der CDU: zu Wort gemeldet, weil Herr Dr. Berger erneut Scheinheilig!) Halbwahrheiten erzählt und suggeriert hat, be- stimmte Dinge würden sich anders darstellen, als Drittens. Herr Kollege Dr. Berger, ich weiß nicht, ob sie in der Realität sind. so etwas machbar ist. Aber wenn es Ihnen tatsäch- lich darum geht zu vermeiden, dass bei Projekten Damit Sie es jetzt genau verstehen, Herr Dr. Berger: andere Ziele als Demokratie und Toleranz entste- Was hat es damit auf sich, dass sowohl Haus Vil- hen, haben Sie doch bitte den Mut, vielleicht zu- ligst als auch das Bildungswerk Vlotho diese Erklä- sammen mit der Ministerin zum Zentralrat der Juden rung unterschrieben haben? Sie haben das ge- in Deutschland, zur Evangelischen Kirche von macht, weil die Bundesministerin den Bescheid, Westfalen bzw. zur Lippischen Landeskirche oder dass Gelder fließen, so kurz vor Weihnachten bewil- zu vielen anderen Organisationen zu gehen und ligt hat. ihnen diese Erklärung einschließlich der von Ihnen so oft gepredigten Ausführungsbestimmungen vor- Die beiden Einrichtungen waren ab dem 1. Januar zulegen. 2011 auf diese Mittel angewiesen, um weiterarbei- ten zu können. Was hätten Sie an meiner Stelle an- (Zuruf von der SPD: Da geht er nicht hin!) deres gemacht, als zu sagen: Einmal muss man in den sauren Apfel beißen. Dann aber muss man sich Dann möchte ich erleben, wie die Reaktionen dort wehren ± das werden wir auch tun ±, damit solche sein werden. Was Sie demokratischen Organisatio- Erklärungen zukünftig nicht mehr unterschrieben nen zumuten, ist abstrus und ungeheuerlich. werden müssen.

Landtag 25.02.2011 Nordrhein-Westfalen 2541 Plenarprotokoll 15/27

(Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und Zukunft bleiben. Wir schätzen Angebotsvielfalt, wol- von der LINKEN) len Pluralität erhalten, weiter ausbauen und sehen uns der Qualität verpflichtet. Es ist geradezu hanebüchen, einen Keil zwischen das treiben zu wollen, was die Landesregierung hat Deshalb lohnt eine Debatte darüber, in welchem tun müssen und was die Fraktionen heute als An- Umfang und für wie lange Zeit wir kommerzielle trag einbringen. Es ist absolut stimmig. Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk brau- Ansonsten kann ich nur meinem Vorredner, Herrn chen, gerade wo wir ohnehin gegenwärtig eine brei- Kuschke, beipflichten: Ich kann jetzt langsam ver- te Debatte über die Zukunft der Rundfunkfinanzie- stehen, warum es tatsächlich möglich ist, trotz eines rung haben. Auch in diesem Zusammenhang dürfen Plagiats bei einer Doktorarbeit von der eigenen Par- wir zukünftige Entwicklungen neu denken. tei immer noch im Amt belassen zu werden. Wir alle wissen, dass es einen begrenzten Werbe- (Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und kuchen gibt, an dem sich die unterschiedlichen von der LINKEN ± Widerspruch von der Rundfunkveranstalter bedienen, aber natürlich auch CDU ± Stefan Wiedon [CDU]: Das ist unge- andere Medien, insbesondere Zeitungsverlage. heuerlich!) Deshalb ist es sinnvoll, darüber nachzudenken, wer an dem limitierten Volumen partizipieren kann, das zur Finanzierung von Medien zur Verfügung steht. Vizepräsidentin Gunhild Böth: Danke schön, Frau Ministerin. Es lohnt sich eine Debatte darüber, wie es mit der Qualität aussieht. Ist es nicht gerade richtig und Wir kommen zur Abstimmung über den Inhalt des wichtig, die Werbung etwas zurückzufahren und die Antrags Drucksache 15/1310 der Fraktion Die Lin- Existenz des öffentlich-rechtlichen Programms auf ke. Wer möchte dem Antrag zustimmen? ± Die eine andere Basis zu gründen, wenn es das Ziel ist, Fraktion Die Linke. Wer stimmt dagegen? ± Die einen unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk Fraktionen von CDU und FDP. Wer enthält sich? ± zu haben, der ja das große Privileg genießt, in sei- Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grü- ner finanziellen Ausstattung bevorzugt und in seiner nen. Existenz gesichert zu sein, was unser politisches (Rüdiger Sagel [LINKE]: Knapp abgelehnt!) Ziel ist und unser Auftrag ist?

Damit ist der Antrag abgelehnt. Nordrhein-Westfalen ist ein wichtiger Medienstand- Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- ort, wie wir das auch bei der Arbeitsplatzentwicklung ßungsantrag Drucksache 15/1388 der Fraktionen und der Wirtschaftsdynamik sehen. Hier haben wir von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer möchte bundesweit eine Spitzenposition. Deshalb geht es dem Antrag zustimmen? ± Das sind die Fraktionen uns natürlich auch um den Standortfaktor eines plu- Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer ralen und breit gefächerten Mediensystems in Nord- stimmt dagegen? ± Die Fraktionen von CDU und rhein-Westfalen mit allen unterschiedlichen Anbie- FDP. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksa- tern. che 15/1388 angenommen. Wir stehen zum dualen Rundfunksystem, das sich Wir kommen zu: in den letzten Jahren bewährt hat. Es muss viel- leicht an der einen oder anderen Stelle fortentwi- ckelt werden, ist aber als Konstruktionsprinzip rich- 5 Für einen werbefreien öffentlich-rechtlichen tig. Wir brauchen fairen Wettbewerb zwischen den Rundfunk ± Mehr Qualität statt Kommerz soll privaten und den öffentlichen Anbietern. das Programm bestimmen Deshalb sagen wir: Private Anbieter sind zur Finan- Antrag zierung ihrer Programme logischerweise maßgeb- der Fraktion der FDP lich auf Werbeeinnahmen angewiesen. Sie können Drucksache 15/1320 ihr Programm nicht finanzieren, wenn ihnen diese Möglichkeit nicht offensteht. Wenn wir diese Ange- Für die antragstellende Fraktion eröffnet Herr Witzel botsvielfalt wollen, muss uns das wichtig und be- die Debatte. wusst sein. Logischerweise sind die Werbevolumina abhängig Ralf Witzel (FDP): Frau Präsidentin! Meine sehr von der konjunkturellen Situation. Auch davon hän- verehrten Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen gen potenzielle Auftragsvolumina ab. Deshalb ist ist glücklicherweise bundesweit ein ganz führender der private Veranstalter immer unsicherer in seiner Medienstandort in sehr unterschiedlichen Berei- Existenz und Finanzierung als der öffentlich- chen. Das gilt für öffentlich-rechtliche Angebote wie rechtliche Veranstalter aufgrund der Absicherung für private. Das gilt für Print- genauso gut wie für durch eine hohe und ausreichende Rundfunkge- Rundfunk- und Onlinemedien. Dabei soll es auch in bühr.

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TOP 22 Beratung

„Demokratieerklärung“ überarbeiten - Entschließung des Landes Berlin im Bundesrat unterstützen

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/177

Änderungsantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/204

Dem Änderungsantrag Drs. 6/204 wird zugestimmt; der Antrag Drs. 6/177 wird in geänderter Fassung beschlossen.

Der Auftrag an die Landesregierung ist somit erteilt.

Der Beschluss liegt als Drs. 6/227 vor.

Die Landesregierung ist gebeten, in den Ausschüssen für Bildung und Kultur und für Inneres Bericht zu erstatten.

TOP 21 Beratung

Arbeitsplätze in der Braunkohlenindustrie erhalten

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/176

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/202

Der Änderungsantrag Drs. 6/202 wird abgelehnt. Der Antrag Drs. 6/176 wird be- schlossen.

Der Auftrag an die Landesregierung ist somit erteilt.

Der Beschluss liegt als Drs. 6/228 vor.

Die Landesregierung ist gebeten, im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft Be- richt zu erstatten.

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(A) Abg. Hinners (CDU): A ber noch ei nmal zu den von sind: Können Sie mir trotzdem bestätigen, dass die (C) Ihnen soeben genannten Zahlen über die Gesamtzahl Zahl der Wohnungseinbrüche in Bremerhaven nach der Einbrüche: Wie ist denn das im Benchmarking Einrichtung der Task Force in Bremerhaven in einem zu anderen Großstädten zu sehen? Da gibt es ja in erheblichen M aß zurückgegangen ist, und zwar in jedem Jahr auch durchaus Vergleichszahlen, da war einem sehr schnellen Zeitraum? ja, in den vergangenen Jahren zumindest, Spitzenreiter. Präsident Weber: Bitte, Herr Senator!

Präsident Weber: Bitte, Herr Senator! Senator M äurer: Ja, das bestätige ich Ihnen gern, weil wir in der Tat wissen, dass mit dem Einsatz der Senator M äurer: Ob wir Spitzenreiter sind, das Ermittlungsgruppe eine ganze Anzahl von Tätern bestreite ich, aber wir wissen natürlich aus gemein- auch dann erfasst wurde, und das schlägt sich in samen Erfahrungen, dass Bremen seit Jahrzehnten der Statistik nieder. ein Problem hat im Bereich der Eigentumsdelikte. 50 Prozent aller Strafverfahren gehören in diese Präsident Weber: Weitere Zusatzfragen liegen Kategorie, und in der Tat stellen wir fest, dass es nicht vor. hier Veränderungen gegeben hat. Die Anzahl der Kfz-Aufbrüche ist sehr drastisch zurückgegangen, Die vierte Anfrage trägt die Überschrift „Kampf und wir haben dafür eine Verschiebung im Bereich gegen den Rechtsextremismus unterstützen und der Wohnungseinbrüche, aber insgesamt geht es nicht das Vertrauen entziehen“. Die Anfrage ist nach unten, und Sie erinnern sich daran, dass wir unterschrieben von den Abgeordneten Fecker, Dr. auch solche Projekte in Bremen aufgelegt haben wie Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. die DNA-Analyse. Bitte, Herr Kollege Fecker!

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Künstliche Abg. Fecker (Bündnis 90/Die Grünen): Wir fragen DNA meinen Sie!) den Senat: Erstens: Welche Projekte werden im Land Bremen Genau! Wir werben dafür ja auch in den Stadtteilen, aus dem neuen Bundesprogramm „ Toleranz fördern dass man sein Eigentum besser sichert, aber das ist – Kompetenz stärken“ des Bundesministeriums für (B) ein langwieriger Prozess, und wir verfolgen das Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert, (D) weiter. das die Arbeit früherer Programme unter einem Dach fortführt? Präsident Weber: Haben Sie eine weitere Zusatz- frage? – Bitte sehr! Zweitens: Welche Auswirkungen hat die sogenann- te Extremismus-Klausel, deren Unterzeichnung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen Abg. Hinners (CDU): Herr Senator, Sie haben und Jugend vor einer finanziellen Unterstützung soeben davon gesprochen, dass ei n Großtei l der gefordert wird, auf die Arbeit von Projekten gegen Wohnungseinbrüche auf drogenabhängige Täter Rechtsextremismus? zurückzuführen ist. Können Sie den Anteil der Be- schaffungskriminalität an der Eigentumskriminalität Drittens: Wie bewertet der Senat diese Klausel? beziffern? Präsident Weber: Die Anfrage wird beantwortet Präsident Weber: Bitte, Herr Senator! von Frau Senatorin Rosenkötter.

Senator M äurer: Da gibt es keine verlässlichen Senatorin Rosenkötter: Herr Präsident, meine Zahlen, das verändert sich auch durchaus täglich, Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich kann man sagen. Es ist ja nicht so, dass das originär die Anfrage wie folgt: Täter aus Bremen und Bremerhaven sind, sondern es Zu Frage 1: Das neue Bundesprogramm soll unter kommt auch dazu, dass durchreisende Banden einfach anderem die Intervention und Prävention bei der hier aufschlagen, und dann haben wir plötzlich einen Förderung von zivilem Engagement, demokrati- Anstieg, aber am nächsten Tag sind sie weg, und schem Verhalten und beim Einsatz für Vielfalt und das kann man im Einzelnen nicht nachvollziehen. Toleranz stärker miteinander verknüpfen. Das bisher aus M itteln des Bundesprogramms „ kompetent. für Präsident Weber: Zusatzfrage? – Bitte sehr, Herr Demokratie“ geförderte Landesberatungsnetzwerk Willmann! „pro aktiv gegen rechts – Mobile Beratung in Bremen und Bremerhaven“ wird im Rahmen des Programms Abg. Willmann (Bündnis 90/Die Grünen): Herr weiter gefördert. Zudem liegen derzeitig drei weitere Senator, auch w enn Si e dank ensw erterw ei se k l arge- Anträge vor, die gute Chancen auf eine Bewilligung stel l t haben, dass Si e für Bremerhaven ni cht zuständi g haben. Dies sind der Lokale Aktionsplan Bremer- 6194 Bremische Bürgerschaft (Landtag) – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung am 23.02.11

(A) haven, Träger ist das Amt für Jugend, Familie und durchaus auch Einschätzungen in der bundesweiten (C) Frauen in Bremerhaven, der Lokale Aktionsplan Diskussion, die bis hin zur Verfassungswidrigkeit Bremen-Nord, Träger ist hier das Amt für Soziale gehen. Dienste/Sozialzentrum Nord und das Modellprojekt „Rechte Jungs, rechte Mädchen – ratlose Eltern – Be- Präsident Weber: Bitte, Frau Senatorin! ratung von Eltern und Angehörigen rechtsextremer Jugendlicher“ in Trägerschaft der Jugendbildungs- Senatorin Rosenkötter: Genau! Hier geht es also stätte Lidice Haus. weit über das hinaus, was man auch hier sehr oft Zu Frage 2: Die sogenannte Extremismus-Klausel ehrenamtlich tätigen Trägern zumuten kann, und fordert ein eindeutiges Bekenntnis zur freiheitlich- es ist unangemessen und in der Tat sicherlich auch demokratischen Grundordnung. Sie ist Fördervor- rechtlich fraglich, ob hier eine Unterschrift für die aussetzung beim neuen Bundesprogramm und soll Dritten und eine Prüfung für die Dritten abgegeben von den Projektträgerinnen und Projektträgern der werden kann. Ich würde das auch einmal schlichtweg Einzelprojekte im Bereich der lokalen Aktionspläne in diesem Fall als einen Bürokratieaufbau ansehen. und der Landesberatungsnetzwerke unterschrieben werden. Befürchtet werden muss, dass sich Antrag- Präsident Weber: Haben Sie eine weitere Zusatz- steller wegen der als Unterwerfung empfundenen frage? – Bitte sehr! Erklärung und der damit empfundenen mangelnden Anerkennung ihrer Arbeit nicht weiter um eine Abg. Fecker (Bündnis 90/Die Grünen): Frau Sena- Förderung aus dem Bundesprogramm bemühen. torin, angesichts der breiten gesellschaftlichen Bewe- Zu Frage 3: Der Senat ist der Auffassung, dass gung gegen diese extrem unsinnige Klausel, wären die Arbeit der Projektträger durch die geforderte Sie bereit, aus Bremen noch einmal dieses Thema in Unterzeichnung unnötig behindert wird, da die Trä- der Konferenz der Jugendminister anzusprechen? ger unter den Generalverdacht gestellt werden, sich nicht zur freiheitlich demokratischen Grundordnung Präsident Weber: Bitte, Frau Senatorin! zu bekennen oder diese aktiv beseitigen zu wollen. Der Senat würde einen Rückzug der Träger aus der wichtigen Arbeit gegen rechtsextreme Aktivitäten Senatorin Rosenkötter: Ja! außerordentlich bedauern. – Soweit die Antwort (B) des Senats! Präsident Weber: Zusatzfrage? – Bitte sehr, Herr (D) Tittmann! Präsident Weber: Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr! Abg. Tittmann (parteilos): Gibt es auch solche Programme gegen den ansteigenden gewalttätigen Abg. Fecker (Bündnis 90/Die Grünen): Frau Se- Linksextremismus, und wenn nein, warum nicht? Ich natorin, liegen dem Senat Erkenntnisse vor, die die sage einmal, Hunderte brennende Autos in Berlin und Einführung dieser sogenannten Extremismus-Klausel Hamburg sprechen eine eindeutige Sprache, und ich rechtfertigen könnten, arbeitet beispielsweise das finde es nicht in Ordnung, dass das verharmlost wird. Lidice Haus gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung? Präsident Weber: Bitte, Frau Senatorin!

Präsident Weber: Bitte, Frau Senatorin! Senatorin Rosenkötter: Ich will noch einmal ganz deutlich sagen, eine Gleichsetzung von Links- und Senatorin Rosenkötter: Uns l i egen k ei ne Erk ennt - Rechtsextremismus lehnen wir ab. nisse vor. Gerade das Lidice Haus und dessen Arbeit kenne ich sehr gut. Sie machen eine sehr gute Arbeit. (Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN – Abg. T i t t - (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ mann [parteilos]: Da gibt es für mich keinen Die Grünen) Unterschied!)

Präsident Weber: Haben Sie eine weitere Zusatz- Präsident Weber: Haben Sie eine weitere Zusatz- frage? – Bitte sehr! frage? – Bitte sehr!

Abg. Fecker (Bündni s 90/ Di e Grünen): Frau Sena- Abg. Tittmann (parteilos): Nein, ich möchte sie torin, in der Antwort geht der Senat nur auf einen Teil nur beantwortet haben! der Belastung der Träger ein, die Extremismus-Klausel besagt ja auch, dass die Träger Informationen über Präsident Weber: Die Frau Senatorin hat gerade ihre Projektpartner einholen müssen. Wie bewertet Ihre Frage beantwortet, und jetzt frage ich Sie, ob denn der Senat diesen Umstand? Dazu gibt es ja Sie eine weitere Zusatzfrage haben. Bremische Bürgerschaft (Landtag) – 17. Wahlperiode – 81. Sitzung am 23.02.11 6195

(A) Abg. Tittmann (parteilos): Meines Erachtens ist in der Erhebung des ADAC festgestellte Bandbreite (C) Sie nicht beantwortet, aber keine Antwort ist auch von 1,5 Cent beim Durchschnittspreis der M arken- eine Antwort. tankstellen in den ausgesuchten 20 Städten am 18. Januar 2011 ist als M omentaufnahme zu bewerten, Präsident Weber: Weitere Zusatzfragen liegen nicht als eine strukturell verfestigte Problemlage vor nicht vor. Ort. Insofern sind keine strukturell tiefgreifenden Auswirkungen dieses zeitweisen regionalen Un- Die fünfte Anfrage bezieht sich auf überhöhte terschiedes auf Unternehmen oder auf Arbeitneh- Benzinpreise in der Region Bremen. Die Anfrage merinnen und Arbeitnehmer zu erwarten. – Soweit ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Nitz, die Antwort des Senats! Frau Troedel, Erlanson und Fraktion DIE LINKE.

Bitte, Frau Kollegin Nitz! Präsident Weber: Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr! Abg. Frau Nitz (DIE LINKE): Wir fragen den Senat: Erstens: Worauf führt das Wirtschaftsressort die Abg. Frau Nitz (DIE LINKE): Aus verbraucher- extrem hohen Preise für Kraftstoffe vor allem in schutzpolitischer Sicht muss man ja schon sagen, unserer Region zurück? dass die Preise jetzt anhaltend hoch sind. Würden Zweitens: Hält das Ressort unerlaubte Preisabspra- Si e mi r zusti mmen, dass man dann ei nfach sagen chen der M ineralölkonzerne für möglich? kann, Wirtschaftsunternehmen, aber auch Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer sind quasi machtlos? Drittens: Welche Auswirkungen dieser hohen Preise sieht der Senat auf die lokalen Wirtschaftsunterneh- men, und wie schätzt der Senat die finanziellen Fol- Präsident Weber: Bitte, Herr Staatsrat! gen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein? Staatsrat Dr. Heseler: Sie sind nicht vollständig Präsident Weber: Die Anfrage wird beantwortet machtlos. Fragen Sie nach den regionalen Unter- von Herrn Staatsrat Dr. Heseler. schi eden i m N orden und Süden Deutschl ands, dann ist die Antwort des Senats, glaube ich, sehr eindeutig: Staatsrat Dr. Heseler: Herr Präsident, meine sehr Wir können keine strukturellen Unterschiede in den (B) geehrten Damen und Herren! Für den Senat beant- Preisen zwischen Norddeutschland, Bremen und (D) worte ich die Anfrage wie folgt: Bremerhaven etwa, und Süddeutschland feststellen. Das sind M omentaufnahmen, die Preisschwankun- Zu Frage 1: Der ADAC veröffentlicht monatlich gen liegen bei einem bis zwei Cent pro Liter, also die durchschnittlichen Kraftstoffpreise an M arken- ein bis drei Prozent im Durchschnitt, das ist, glaube tankstellen in 20 jeweils unterschiedlichen deutschen ich, kein großer Unterschied. Städten. Am 18. Januar 2011 lag der durchschnittliche Preis von Super Benzin mit 1,519 Euro pro Liter in den Fragen Sie nach der generellen Höhe des M ineral- Städten M ünchen, Bielefeld, Bremen, , Essen, ölpreises, dann ist Ihre Frage, ob die Arbeitnehmerin- Freiburg, und Saarbrücken in der höchsten nen und Arbeitnehmer, ob die Verbraucher einen Preisgruppe von insgesamt neun unterschiedlichen Einfluss haben, natürlich völlig berechtigt. Da spielen Preisgruppen. In M agdeburg wurde mit 1,504 Euro viele Faktoren eine Rolle, das ist die oligopolistische am 18. Januar 2011 der niedrigste Durchschnittspreis Struktur der Branche, sicher der Dollar-Preis, die gemessen. Preise der freien Tankstellen werden bei aktuellen Entwicklungen in den arabischen Staaten, der Erhebung nicht berücksichtigt. Die Höhe des insbesondere in Libyen spielen auch eine Rolle. Na- konkreten Preises für Kraftstoffe an der Tankstelle türlich können die Verbraucher, das stellt der ADAC wird über den Wettbewerb vor Ort bestimmt. Lokal ja auch fest, durch preisbewusstes Einkaufen, durch unterschiedliche Wettbewerbsverhältnisse wie die Zurückhaltung und durch Energieeinsparung auch Existenz von freien Tankstellen und das preisbe- dazu beitragen, aber natürlich spielt die Situation auf wusste Tankverhalten der Autofahrer führen zu den M ärkten dabei eine ganz entscheidende Rolle. unterschiedlicher Preisbildung. Zu Frage 2: Über unerlaubte Preisabsprachen der Präsident Weber: Weitere Zusatzfragen liegen Mineralölkonzerne liegen dem Senat keine Infor- nicht vor. mationen vor. Das Bundeskartellamt führt in diesem Die sechste Anfrage trägt die Überschrift „Frauen Bereich eine umfassende Sektoruntersuchung durch; in Führungspositionen“. Di e A nfrage i st unterschri e- aktuell ist diese Untersuchung jedoch noch nicht ben von den Abgeordneten Frau Nitz, Frau Troedel, vollständig abgeschlossen. Erlanson und Fraktion DIE LINKE. Zu Frage 3: Generell zeichnen sich Märkte mit funktionierendem Wettbewerb durch häufige Preis- Bitte, Frau Kollegin Nitz! bewegungen aus; Tankstellen reagieren auf Preisver- änderungen bei den Konkurrenten relativ schnell. Die Abg. Frau N itz (DIE LINKE): Wir fragen den Senat: !