Auf Den Spuren Der Erdgeschichte in Der Schweiz
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Auf den Spuren der Erdgeschichte in der Schweiz Eine geologische Zeit- und Schweizerreise von tropischen Regenwäldern durch Salzwüsten und das warme Alpenmeer zur Alpenfaltung, zu arktischer Kälte und dem heutigen Klimawandel Walter Wildi SecBon des sciences de la Terre et de l’environnement, Université de Genève Rue des Maraîchers 13, CH-1205 Genève hRps://www.erlebnis-geologie.ch/ 1 Fossile Schildkröte aus den Glarner Dachschiefern des ehemaligen Bergwerks bei Engi (Unteres Oligozän, Kanton Glarus; Photo: Dr. H. Furrer, Paläontologisches Museum Universität Zürich). Titelblatt: - Küste von TrioPetra (Kreta) - Nerineenkalk (Kimméridgien, TischPlatte beim Tennis von Dardagny, Genève) - Mont Miné (Wallis, Foto: S. Girardclos) 2 Auf den Spuren der Erdgeschichte in der Schweiz Eine geologische Zeit- und Schweizerreise von tropischen Regenwäldern durch Salzwüsten und das warme Alpenmeer zur Alpenfaltung, zu arktischer Kälte und dem heutigen Klimawandel Walter Wildi Section des sciences de la Terre et de l’environnement, Université de Genève Rue des Maraîchers 13, CH-1205 Genève Copyright Juli 2020 Kontakt: Walter Wildi, 23, chemin des Marais, 1218 Le Grand-Saconnex, 079 310 0039, [email protected] https://www.erlebnis-geologie.ch/ 3 Vorwort Die Schweiz ist ein kleiner Fleck auf unserem Planeten Erde. Ihre Geschichte ist sicher älter, aber einzig die letzten etwa 300 Millionen Jahre sind hinreichend dokumenCert, um die Geschichte zu erzählen, welche die Schweiz mit der ganzen Erde teilt. Zu Beginn dieser Geschichte, vor etwas mehr als 300 Millionen Jahren, lag die Schweiz knapp südlich des Äquators, im feuchten Tropenwald. Dann gliL sie als Folge der KonCnentalwanderung in den Bereich der heissen Sand- und Salzwüsten der Subtropen. Mit der beginnenden Öffnung des ozeanischen Alpenmeeres und des AtlanCschen Ozeans vor 200 Millionen Jahren sCeg der Meeresspiegel an und ein warmes, seichtes Meer überflutete die Schweiz und grosse Teile Europas. Etwa 150 Millionen Jahre dauerte diese Überflutung, bis die Alpenfaltung, verursacht durch die Kollision von Afrika und Europa, den Meeresboden heraushob. Das Meer senkte sich ab und eine BergkeLe so hoch wie die Anden kratzte am Himmelszelt. Flüsse schwemmten das abgetragene Material auf riesige SchuLkegel im feucht- warmen Regenwald. Sodann drang vor 20 Millionen Jahren nochmals ein seichter Meeresarm vom MiLelmeer dem Alpennordrand entlang nach Osten vor. Dann verschwand das Meer auf der Nordseite der Alpen definiCv. Die Schweiz war nunmehr auf der heuCgen Breite Zentraleuropas angelangt. Das Klima kühlte allmählich ab und kippte vor zweieinhalb Millionen Jahren um, in arkCsche Verhältnisse: GleichzeiCg wie die Eiskappen auf den NordkonCnenten wuchsen die Alpengletscher an und sandten ihre Eisströme bis ins MiLelland und in die südalpinen Täler. Im Rhythmus der FluktuaConen der Erdumlau`ahn um die Sonne und der Neigung der Erdachse, wechselten Eiszeiten und Zwischeneiszeiten ab. Letztmals standen die Gletscher vor gut 20’000 Jahren im MiLelland und den Südalpentälern. Dann schmolzen die Eiszungen zurück und erreichten vor 11'700 Jahren etwa ihre heuCge Ausdehnung. Menschen tauchten vor 50’000 bis 35’000 Jahren auf und besiedelten das MiLelland und die Alpentäler ab 15’000 Jahren. Seit dem Ende der letzten Eiszeit schwankt das Klima mit weltweiten Temperaturamplituden von wenigen Grad Celsius. Der letzte grössere Gletschervorstoss, während der sogenannten Kleinen Eiszeit, begann in den 4 Alpen im sechzehnten Jahrhundert und endete um das Jahr 1850. Er folgte auf ein warmes Mi=elalter mit fast eisfreien Alpengipfeln. Und zum ersten Mal in der Geschichte der Erde ist die Erwärmung nicht ausschließlich natürlichen Ursprungs, sondern wird auch durch Treibhausgasemissionen, Rodung, Austrocknung von AgrarlandschaIen, die Rückhaltung von Nährstoffen aus der konLnentalen Erosion in Stauseen und andere Folgen menschlicher AkLvitäten beeinflusst. Dies ist eine kurze Zusammenfassung der jüngeren Erdgeschichte, so wie wir sie aus den geologischen Zeugnissen, aus Gesteinen, Fossilien und geochemischen Signalen ableiten können. Sie zeugen von dynamischen Ökosystemen und einem Zusammenspiel von geologischen und biologischen Prozessen, welche über Jahrmillionen hinweg sowohl auf steLge Veränderungen, als auch auf katastrophale Ereignisse Antworten fanden und so dem immer vielfälLgeren Leben Raum und Nahrung boten. Aber seien wir uns bewusst: Wir verstehen den Umfang und die Konsequenzen der heute beobachteten RedukLon der Biodiversität und ihre langfrisLgen Konsequenzen für die Ökosysteme noch längst nicht vollumfänglich. Der vorliegende Führer schlägt eine Reise durch die Zeugnisse der Erdgeschichte in der Schweiz vor. Er weist auf geologische Standorte und LandschaIen, auf Museen, Bergwerke und andere Zeugen der Erdgeschichte hin, wo die geologische Geschichte veranschaulicht wird, vom tropischen Regenwald, über die Salzwüsten, zum Alpenmeer, der Alpenfaltung und dem Abtrag der Gebirgske=en bis zu den Eiszeiten und dem jüngsten Gletscherschwund! 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort 4 A. Der Film der Erdgeschichte in der Schweiz 8 1. Karbon (359 – 299 Millionen Jahre) 8 2. Perm (299 – 252 Millionen Jahre) 10 3. Trias (252 – 201 Millionen Jahre) 11 4. Jura (201 – 145 Millionen Jahre) 12 5. Kreide (145 – 66 Millionen Jahre) 19 6. Paläogen (66 – 23 Millionen Jahre) 23 7. Neogen (23 – 2.6 Millionen Jahre) 24 8. Pleistozän – das Eiszeitalter (2.6 Millionen – 11’700 Jahre) 29 9. «Spätglazial»: Klimawechsel und Eisschwund vom Pleistozän zum Holozän 39 10. Holozän, die Nacheiszeit (seit 11’700 Jahren) 40 11. Menschliche Kolonisierung 43 12. «Bergsturz und Menschenleben» 43 B. Das «System Erde» und seine Geschichte 45 1. Der geologische Zeitmassstab 45 2. Plattentektonik 48 3. Vom Deckenbau der Alpen zur Paläogeographie 51 4. Meeresspiegelschwankungen 52 5. Das Klima und seine Geschichte 54 6. Evolution und Biodiversität 59 C. Geowanderungen durch die Erdgeschichte in der Schweiz: Hinweise auf Exkursionen und Besuche 67 1. Tropenwälder im Karbon 68 2. Rote Wüsten des Perm 68 3. Perm Vulkanite von Melide 69 4. Salzpfannen und Sebkhas der Trias 70 5. Crinoidengarten im Muschelkalkmeer 70 6. Die Tethys bricht in die Süd- und Ostalpen ein 71 7. Fischsaurier vom Monte San Giorgio 71 8. Plateosaurier von Frick 72 9. Saurierspuren von Vieux-Emosson 72 10. Das Ligurische Tiefseebecken am Marmorerasee 72 11. Die südalpine Tiefsee in der Breggiaschlucht 74 12. Eisenerz und die Ammonitennekropole von Herznach 74 13. Korallenriffe im Jura 74 14. Saurierspuren im Jura 77 15. Turbidite und Flysch der ersten Alpenfaltung 77 16. Abtragung der frühen Alpenkette: Rigi-Schuttkegel und Mont Pélerin (Subalpine Molasse) 78 17. Das letzte Alpenvorlandmeer: Die Obere Meeresmolasse 78 18. Zeugen der Alpenfaltung und der alpinen Decken 79 19. Der Faltenjura: Letzter Ausdruck der Alpenfaltung 80 6 20. Deckenschotter: Die Schotterfluren der frühen Eiszeiten 80 21. Ecoteaux: Spuren des ersten Genfersees vor 800’000 Jahren 80 22. Gletschermorphologien im Schweizerischen Mittelland 80 23. Klimawechsel, Gletscher und Landschaften 81 24. «Bergsturz und Menschenleben» 81 25. Geologie und Archäologie 82 26. Tropfsteinhöhlen und Karst 83 Glossar 85 Bibliographie 88 Weiter führende Literatur Interessierte Lesern möchten wir bereits an dieser Stelle auf Bücher hinweisen, welche als weiter führende Grundlage zu diesem Führer dienen können. Geologie der Alpen: Pfiffner, O.A. 2015: Geologie des Alpen. Haupt Bern, 400 S. dritte Aufl. Marthaler, M. 2019: Moiry: de l’Europe à l’Afrique. Editions LEP, Le Mont sur Lausanne. Geologische Geschichte der Schweiz: Weissert, H. & Stössel, I. 2015: Der Ozean im Gebirge. Vdf Zürich, 198 S. dritte Aufl. Wildi, W. & Lambert, A. 2019: Erdgeschichte und Landschaften im Kanton Aargau. Aarg. Natf. Ges. Aarau, 183 S. Verdankungen Diese kurze Erdgeschichte profitierte von Anregungen, Korrekturen und/oder zusätzlichen Dokumenten von Eric Davaud (Bardonnex), Philippe Favre (La Forclaz), Christian Schlüchter (Lützelflüh-Goldbach), Heinz Furrer (Rümlang), André Lambert (Baden), Walter H. Müller (Oetwil), Mario Sartori (Ayen), St. Girardclos (Genève), Michel Wildi (El Salvador), Christophe Wildi (La Rippe), Sandrine Vallin (Bern), Michel Marthaler (Univ. Lausanne), Marcos Buser (Zürich), Jean-Claude Lalou (Vaumarcus), Pierre-Yves Jeannin (ISSKA, La Chaux-de-Fonds) und die Aargauische Naturforschende Gesellschaft. Ihnen möchte ich hier herzlich für ihren Beitrag danken. Der Autor trägt allein die Verantwortung für den Inhalt der Brochüre. 7 A. Der Film der Erdgeschichte der Schweiz Jeder Ort auf dieser Erde hat seine kaum fassbar lange geologische Geschichte. Das Universum entstand vor 13.81 Milliarden Jahren, das Planetensystem und die Erde vor 4.54 Milliarden Jahren. Die geologische Geschichte des Erdfleckens Schweiz hat an sich auch eine lange Geschichte, aber einzig die letzten etwa 300 Millionen Jahre sind hinreichend dokumentiert, um einen lückenlosen Film der geologischen Entwicklung zu drehen. Die Schweiz ist ein Alpenland, geographisch und geologisch. Ihre Geschichte möchten wir hier so erzählen, als hätten wir sie selbst erlebt. Allerdings gerafft, wie in einem Kurzfilm. 1. Karbon (359 – 299 Millionen Jahre) Wir setzen uns vor 320 Millionen Jahren, gegen Ende der Karbonzeit auf einen langgezogenen Bergrücken aus der sogenannten herzynischen Gebirgsbildung, etwas südlich des Nordostschweizer Faltenjuras gelegen und schauen um uns. Wir befinden uns mitten im tropischen Regenwald, unter Farnbäumen, im Dickicht der Schachtelhalme