Uwe Bronnert Geschichte der Berufsbildenden Schule

Aus Anlass der Einweihung des Schulgebäudes in der Hachenburger Straße vor vierzig Jahren

Herausgegeben von der Schulleitung der Berufsbildenden Schule Wissen Impressum

© 2009

Herausgeber: Berufsbildende Schule Wissen Hachenburger Straße 47 57537 Wissen/Sieg Telefon (02742) 9337-0 Telefax (02742) 9337-37 E-Mail: [email protected] Homepage: www.bbs-wissen.de

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge entsprechen nicht unbedingt der Meinung des Herausgebers.

2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Grußwort des Landrates

um 40-jährigen Bestehen der Berufsbildenden Schule Wissen möchte ich im Namen des Landkreises , aber auch persönlich, sehr herzlich gratulieren. ZDie Berufsbildende Schule Wissen hat in dieser Zeit den ihr obliegenden Bildungsauf- trag in vorbildlicher Weise erfüllt und vielen jungen Menschen das Rüstzeug für ihre berufliche Tätigkeit vermittelt sowie zu deren schulischer Weiterbildung bei- getragen. Hierfür gebührt der Schule unser aller Dank.

Blickt man in die Vergangenheit, stellt man allerdings fest, dass es für die Berufsbildende Schule Wissen nicht immer leicht war, die- sen Auftrag zu erfüllen, ist in den vergangenen Jahren doch einiges in Bewegung geraten, auf welches die berufsbildenden Schulen re- agieren mussten. Hier können vor allem der technische Fortschritt und der daraus resultierende „Ruf“ der Wirtschaft nach bestens ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angeführt wer- den. Ebenso stellen Veränderungen im Bildungswesen die berufs- bildenden Schulen vor neue Herausforderungen. Es darf jedoch festgestellt werden, dass die Berufsbildende Schule Wissen sich als ein verlässlicher Garant diesen Aufgaben in hervorragender Weise gestellt hat und sicherlich auch zukünftig stellen wird.

Es ist dem Landkreis Altenkirchen, aber auch mir persönlich, ein wichtiges Anliegen, in den nächsten Jahren auch und gerade an diesem Standort alles zu unternehmen, um ein zukunftorientier- tes Bildungsangebot zu sichern. Hierzu zählt auch die Errichtung eines beruflichen Gymnasiums, welches die Bildungsmöglichkeiten sicherlich anreichern und zukunftsfest machen wird.

Der Berufsbildenden Schule Wissen wünsche ich auch für die nächsten Jahre den Mut und die Kraft, sich den künftigen Herausforderungen zu stellen und somit zur Sicherung der Zukunft der jungen Menschen und auch des Landkreises Altenkirchen beizutragen.

Es grüßt Sie herzlich

Michael Lieber Landrat des Kreises Altenkirchen

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 3 Grußwort des Referenten der ADD

Erfolg braucht Kompetenz

as Beispiel der Berufsbildenden Schule Wissen zeigt die Entwicklung des berufsbilden- den Schulwesens eindrucksvoll. DEs ist durch die sich immer schneller ändernden gesellschaftlichen und technologi- schen Anforderungen zu permanenter Anpassung und Weiterentwicklung verpflichtet, um Qualität dauerhaft zu gewährleisten.

Die Berufsbildende Schule als Schule an der Nahtstelle zur Wirtschaft muss sich ständig weiter- entwickeln, um flexibel, dynamisch und zukunftsfähig auf neue Herausforderungen reagieren zu können.

Die erfolgreiche Bewältigung dieses dynamischen Strukturwandels ist aufs engste mit der Qua- lität des beruflichen Schulwesens in einer Region verflochten.

Die BBS Wissen mit ihren fast 1800 Schülern und 92 Klassen stellt ein Ausbildungszentrum dar, das mit seinem Angebot an beruflichen Schulformen und Bildungsgängen den regionalen Bedürfnissen in hervorragender Weise gerecht wird und einen wichtigen Beitrag zur berufli- chen Qualifikation in der Region leistet.

Mit der Berufsschule ist die BBS Partner einer qualifizierten Berufsausbildung im dualen Sys- tem. Darüber hinaus stellt Sie ein differenziertes Wahlschulbildungsangebot bereit, das von Bildungsgängen des Berufsvorbereitungsjahres über die Berufsfachschule und der höheren Be- rufsfachschulen, über die Berufsoberschule und Fachschule reicht. Durch diese Bildungsgänge wird die Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung gestärkt, da die Schülerinnen und Schüler Abschlüsse von dem qualifizierten Sekundarabschluss I über die Fachhochschul- reife bis hin zur allgemeinen Hochschulreife erreichen können.

Ich gratuliere dem gesamten Kollegium, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und nicht zuletzt den Schülerinnen und Schülern zum diesjährigen 40. Geburtstag ihrer Schule und bin überzeugt, dass sie alle gemeinsam dafür sorgen, dass das hervorragende Klima an dieser Schule bestehen bleibt und somit auch die Qualität dieser Schule in die Zukunft hineingetragen wird.

Ihr

Dietmar Hilb ADD Koblenz Referat 36

4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Grußwort des Bürgermeisters

ie doch die Zeit vergeht – nunmehr sind es bereits 40 Jahre, dass die Berufsbildende Schule Wissen ihren Standort an der Hachenburger Straße gefunden hat. WDie Stadt und die Verbandsgemeinde Wissen gratulieren der Berufsbildenden Schule zu diesem Jahrestag ganz herzlich und wir wünschen uns natürlich weiterhin ein gutes Miteinander und eine gedeihliche Entwicklung der Schulen.

In den vergangenen 40 Jahren war das Schulsystem insgesamt, aber insbesondere auch der Bereich der Berufsbildenden Schulen von einer stetigen und weitreichenden Veränderung der pädago- gischen Aufgaben bestimmt. Auch in Zukunft wird die Berufs- bildende Schule, gerade auch angesichts der sich abzeichnenden demografischen Entwicklung, ganz besonders gefordert sein, den jungen Menschen bei entscheidenden Weichenstellungen für das Leben Richtschnur zu sein und Hilfe zu geben. Wir am Schulstand- ort Wissen sind stolz auf unsere Berufsbildende Schule und wir werden sie auch weiterhin unterstützen. Ein besonderer Aktivpos- ten ist die Berufsbildende Schule Wissen auch im Rahmen unserer Städtepartnerschaft mit Krapkowice in Polen. Getragen von dem Geist der europäischen Einigung sind hier Brücken über frühere Grenzen und Gräben geschlagen worden, und dafür sage ich einen ganz besonderen Dank.

Der gesamten Schulgemeinschaft der Berufsbildenden Schule Wissen gilt ein herzliches „Glück Auf“.

Michael Wagener Bürgermeister der Stadt und der Verbandsgemeinde Wissen

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 5 Grußwort des Schulleiters

Die Weihe eines Hauses geben ihm erst die Menschen, die es bewohnen. Leo Weismantel, dt. Schriftsteller und Reformpädagoge, 1888–1964

ie Berufsbildende Schule Wissen, Hachenburger Straße, wird in diesem Jahr 40 Jahr alt. 1969 wurde aus 6000 m³ Beton und vielen Tonnen Stahl, Glas, Aluminium, Stein Dusw. ein Gebäude geschaffen, das sich fortan Berufsbildende Schule Wissen nannte. Schule – dieser Begriff meint aber viel mehr als nur dieses Beton-Gebäude. Seit 40 Jahren gehen täglich viele Menschen in diesem Gebäude ein und aus. Ein jeder prägt das Aufeinandertreffen dieser Menschen – der eine mehr, der andere weniger. So steht die BBS Wissen symbolisch für ein Ort der Begegnung. Seit 40 Jahren begegnen sich hier Menschen, die gemeinsam arbeiten, lernen, sich entwickeln, Freundschaften knüpfen, Konflikte mitein- ander austragen, lachen, weinen, Entdeckungen machen, Projekte entwickeln – ein Stück gemeinsamen Lebens miteinander gehen. Es sind in erster Linie die Schüler, die Eltern, die Ausbildungsbe- triebe und Lehrer. Es sind die Sekretärinnen und die Hausmeister. Es ist die so genannte Schulöffentlichkeit, das sind die Vertreter der Kammern, des Landkreises, der Administration, der Sitzgemein- de, der benachbarten Schulen, der Verwaltungen usw., die Schule ausmachen. Cirka 30 Tausend (!) von den im Kreis Altenkirchen lebenden Menschen zwischen dem 15ten und 55ten Lebensjahr ha- ben irgendwann in ihrem Leben die BBS Wissen besucht oder be- suchen diese heute noch. Das bedeutet, fast jeder Zweite in dieser Altersgruppe kennt die BBS Wissen als Schüler. Dieser Zahlenver- gleich mag die Bedeutung unserer Schule als Bildungseinrichtung im Landkreis Altenkirchen verdeutlichen. Mein Dank gilt dem Schulträger, dem Landkreis Altenkirchen, der nicht nur 1989 eine Sporthalle nebenan errichtete und 2007 einen modernen Anbau ermöglichte, sondern der uns auch mit den not- wendigen finanziellen Mitteln ausstattet und für die Modernisie- rung von Ausstattung und Gebäude Sorge trägt. Mein Dank gilt allen, die an dieser Festschrift mitgewirkt haben, allen voran Herrn Oberstu- dienrat Uwe Bronnert, und der großen Zahl derjenigen, die diese Arbeiten mit Engagement und Fleiß vorangetrieben haben, um die Festschrift gleichsam als greifbares Erinnerungsstück herzustellen.

Im Namen aller Beteiligten wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen.

Reinhold Krämer Oberstudiendirektor Schulleiter der BBS Wissen

6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 m vergangenen Jahr trat die Schulleitung mit der Bitte an mich heran, die nunmehr zehn Jahre alte Schulchronik fortzuschreiben. Dass nun mit dieser Broschüre doch nicht nur eine Fortschreibung vorliegt, sondern eine völlige Neubearbeitung, ist dem Umstand zu verdanken, dass vor einigen Jahren bei Renovierungsarbeiten zahlreiche Fotografien und vor allem die verschollenenI Protokollbücher der Jahre 1936 bis 1965 gefunden wurden. Erstmals kann mit Hilfe au- thentischer Quellen der nationalsozialistische Alltag an der Berufsschule in Wissen nachgezeichnet werden. Nicht minder eindrucksvoll dokumentieren sie die Not wäh- rend der Zeit der französischen Besatzung, den wirtschaftlichen Neu- beginn in der Bundesrepublik, der in die Jahre des Wirtschaftswunders mündete oder auch den strikten Antikommunismus der Adenauer- Vorwort Ära. Wo nötig und möglich, habe ich die schulischen Ereignisse in den historischen Kontext gestellt. Um den Zeitgeist einzufangen und nach- erlebbar zu machen, wurden möglichst viele Originaltexte aus den Protokollbüchern und Zeitungen wiedergegeben, diese allerdings der heutigen Rechtschreibung angepasst. Für die Frühphase des beruflichen Schulwesens im Kreis Altenkirchen, dessen Wurzeln bis ins 19. Jahrhundert reichen, liegen keine Akten vor, so dass hier auf verschiedene heimatgeschichtliche Ab- handlungen zurückgegriffen werden musste. Aus der nun zehn Jahre alten Chronik wurde einzig das Einleitungskapitel über die Einweihungsfei- er 1969 unverändert übernommen, allerdings mit neuen Fotos ergänzt. Die anderen Teile wurden inhaltlich überarbeitet, gestrafft und neu angeordnet. Um die Darstellung von Entwicklungen nicht zu zerreißen, wurde nicht immer chronologisch vorgegangen, die Gliederung orientiert sich jedoch weitgehend an den Ären der Schulleiter. Natürlich bedeutet jedes ordnende Denken zugleich Vereinfachung und enthält Elemente der Inter- pretation. Der bekannte britische Historiker Edward H. Carr sagte einmal darüber: „Ohne das löst sich die Vergangenheit in eine Unzahl von isolierten und unbedeutenden Einzelereignissen auf, so dass man keine Geschichte schreiben kann.“1 Der Bericht beschränkt sich daher auch nicht auf ge- schichtliche Reminiszenzen, sondern greift bewusst schul- und bildungspolische Gegenwartsproble- me auf, von denen gerade wir Lehrer täglich betroffen sind. „Historiker denken ja nicht nur nach; sie wühlen in den erkalteten, verstaubten Hinterlassenschaften einer vergangenen Realität. … Sie stolpern über unerwartete Steinchen aus dem Mosaik einer frü- heren Epoche oder betrachten ein Steinchen, das sie seit Jahren vorliegen hatten, von neuem. Ihre Arbeit ist und bleibt unvollkommen, weil ihre Quellen unvollständig, zufallsabhängig, manchmal nur teilweise erhalten, manchmal nur noch teilweise lesbar sind … Manches von dem, was für die historische Forschung von höchster Bedeutung wäre, ist vielleicht nie niedergeschrieben worden: unausgesprochene Reaktion im Gespräch, ein Zwinkern, ein Kopfnicken oder ein Lächeln, die mit einer Äußerung einhergingen, ein Grundbestand an Kenntnissen und Überzeugungen, der allen Teilnehmern eines Gesprächs gemeinsam und für sie so selbstverständlich war, dass niemand ein Wort darüber verlor.“2 In diesem Sinne ist auch diese Schulchronik – trotz größtem Bemühen – un- vollständig und subjektiv. Dem/Der aufmerksamen Leser/in wird sicherlich nicht endgehen, dass geschickt verborgene Verstöße gegen die gültigen Regeln der Orthografie und Interpunktion in den Text eingebaut sind. Sie sind also beabsichtigt. Ich wünsche Ihnen eine unterhaltsame „Fehlersuche“ und viel Spaß beim Gang durch einhundert Jahre Schulgeschichte. An dieser Stelle danke ich allen die zum Gelingen dieser Schrift mit Rat und Tat beitrugen.

Wissen, im November 2009 Uwe Bronnert Oberstudienrat

1 Gespräch mit Edward H. Carr über die Geschichtswissenschaft, in: José Fontana, Geschichte, Objektivität und Parteinahme in der Geschichtsschreibung, Reinbek bei Hamburg 1979, S. 8. 2 Jonathan Steinberg, Die Deutsche Bank und ihre Goldtransaktionen während des Zweiten Weltkrieges, München 1999, S. 12 f.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 7 Inhaltsverzeichnis

1 Vor vierzig Jahren wurde das Ge- 4 Wie der Phönix aus der Asche bäude der Berufsbildenden Schule (Schulleiter Thiel: 1946 bis 1958) Wissen in der Hachenburger Straße feierlich eingeweiht 4.1 Die mageren Jahre ...... 34 1.1 Minister vom Schnee verweht ...... 11 4.2 Wissen oder Betzdorf? Die Handelsschule entscheidet über den Standort ...... 38 1.2 Fast 2000 Neugierige besichtigten die neue Berufsschule ...... 14 4.3 Die Wirtschaftswunderjahre ...... 39 4.3.1 Endlich wieder ein eigenes Schulgebäude 1.3 Zwar nicht gerade eine Chronique scandaleuse, in Wissen ...... 42 aber doch ein langwieriger Weg ...... 15 4.3.2 In Betzdorf steht die modernste 1.4 Von der Werkstatt bis zum Computer ...... 20 Berufsschule des Landes ...... 45 4.3.3 Strenger Antikommunismus ist angesagt ...... 45 2 Von der Sonntagsschule zur 4.3.4 Rohrstock und Backpfeifen ...... 46 Berufsschule 2.1 Von der zünftigen zur Dualen 5 Das Land Rheinland-Pfalz übernimmt Berufsausbildung ...... 22 die Kreisberufsschule Wissen 2.2 Die Anfänge der Fortbildungsschulen (Schulleiter Böttcher: 1959 bis 1965) im Kreis Altenkirchen ...... 23 2.3 Die Fortbildungsschule wird zur Berufsschule . 24 6 Zeit der Veränderungen (Schulleiter Johannes Brand: 1965 bis 1969) 3 Schule unter dem Hakenkreuz (Schulleiter Wilps: 1936 bis 1942/44) 6.1 Bildungsreform und Bildungsoffensive . . . . 52 6.1.1 Warum werden unsere Lehrlinge 3.1 Die Kreisberufsschule Altenkirchen . . . . . 27 immer schlechter? ...... 52 3.2 Zwischen Pädagogik und Ideologie ...... 29 6.1.2 Chancengleichheit ...... 53 6.2 Der Geist der 68er Rebellion ...... 58 6.3 Streit um eine Abhöranlage – oder doch nur Alarmanlage? ...... 58

8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Inhaltsverzeichnis

7 Im Königreich Wissen 9 Schulpartnerschaft (Schulleiter Wilhelm König: 1971 bis 1990) Zespol Szkos Zawadowych Krapkowice/ Berufsbildende Schule Wissen Ein Königstreffen (Auszug) Von Gerhard Mohr 10 Bleiben wir Menschen! 7.1 Von der Berufsschule zu den Berufsbildenden Schulen (Schulleiter Reinhold Krämer: seit 2003) Entstehung und Entwicklung der Berufsvorberei- tungsjahre in Rheinland-Pfalz – insbesondere an 10.1 Der PISA-Schock der Berufsbildenden Schule Wissen – Die 9 Leitsätze der BBS Wissen ...... 102 Von StD Siegfried Dallmann ...... 64 10.2 Das neue Schulgesetz verändert 7.2 Not macht erfinderisch ...... 66 die Schullandschaft ...... 103 7.3 Die Wissener Schule startet ins 10.3 Die unendliche Geschichte ...... 104 Computer-Zeitalter ...... 66 10.4 Nur für fünf Jahre! ...... 106 7.4 Die Teilung ...... 70 10.5 Was sonst noch geschah? ...... 113 7.5 Kein Stillstand in den Achtzigern ...... 72 10.6 Was wird uns die Zukunft bringen? . . . . . 113 7.6 Die Berufsschule – ein Ort lebenslangen Lernens ...... 74 Beruf und Schule e. V. – Anhang Ortsverein Wissen-Westerburg 1 Wichtige Ereignisse auf einen Blick . . . . . 120 Von Gerhard Kullik ...... 78 2 Funktionsträger an der 8 Eine Schule sucht ein neues Profil Kreisberufsschule Altenkirchen bzw. der BBS Wissen ...... 124 (Schulleiter Dr. Roland Dosch: 1991 bis 2002) 3 Entwicklung der Schülerzahlen an der BBS Wissen seit 1979 8.1 Von einander lernen – Kooperation (Daten aus der amtlichen Statistik) . . . . . 126 mit den Ausbildungsbetrieben ...... 80 4 Schullaufbahnen an der BBS ...... 128 8.2 Öffentlichkeit in die Schule Der Förderverein der Berufsbildenden Wissen e.V. Von Peter Wilking ...... 81 Literaturverzeichnis 8.3 Großer Trubel am 30. September 1999 ...... 83 8.4 Wohl fühlen in der Schule ...... 84 8.5 Grenzen überschreiten – die Schule wird europäisch ...... 89 8.6 Herausforderungen zur Jahrtausendwende . . 90 8.6.1 und KMK-Änderungen . . . . 90 8.6.2 Abstimmung mit den Füßen? . . . . . 91 8.6.3 Abschied ...... 93

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 9 ie ökonomische und technologische, aber auch

die demographische Entwicklung erfordern es,

möglichst viele Menschen auf höchstem Niveau

beruflich zu qualifizieren, um die Wettbewerbsfähigkeit des

Standortes Deutschland und damit Wachstum und Beschäfti-

gung zu sichern. Deutschland kann sich dabei wie kaum ein an-

deres Land nicht nur auf das Hochschulsystem, sondern auch

auf sein qualitativ hochstehendes System der beruflichen Fortbil-

dung stützen. Dies muss jedoch modernisiert und unter der An-

forderung des lebensbegleitenden Lernens ausgebaut werden.

Entschließung des Dt. Bundestages zum Berufsbildungreformgesetz vom 27.1.2005 (Auszug)

1 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Vor vierzig Jahren wurde das Gebäude der Berufsbildenden Schule in der Hachenburger Straße feierlich eingeweiht

11.1 Minister vom Schnee im Detail gesteckt.“ Da die herkömm- fertig. Der Kostenrahmen sei sogar um lichen Bauverfahren zu zeitraubend 100.000 DM unterschritten worden. verweht gewesen seien, habe „der Kreis für den Großes Lob fand Dr. Krämer auch für Wissener Berufsschulbau neue Wege den bisherigen Schulleiter, Oberstudi- „Minister vom Schnee verweht“, so lau- beschritten“. Vor allem dem General- endirektor Brand, der seine Wünsche tet eine der Zeitungsüberschriften1 zur unternehmer, der Glückauf-Bau aus und Verbesserungsvorschläge zielstre- offiziellen Einweihung des neuen Ge- Essen und ihren Bauleitern Reinhard big umsetzte und daher nicht immer bäudes der Berufsbildenden Schule in Henze und Josef Zeitler, dankte der leicht zu ertragen gewesen sei. „Doch Wissen. Kultusminister Dr. Vogel wollte Landrat. Nur elf Monate nach dem ers- ihm gebühre neben dem Architekten- eigentlich die Festrede am Montagmit- ten Spatenstich war das Haus bezugs- Ehepaar Vossbeck das Verdienst, wenn tag, dem 15. Dezember 1969, die Schule heute so sinnvoll halten. Sein Wagen war aber geplant und eingerichtet da- bei winterlichem Wetter auf stehe.“ der Autobahn bei Montabaur Besorgt zeigte sich Dr. Krä- im Schnee stecken geblieben, mer in seiner Rede über die so dass er „die beschwerliche Schulsituation im Lande. „Es Weiterfahrt über den Wes- gelte die Zäune zwischen den terwald hatte .. abbrechen einzelnen Schularten nieder- müssen.“ So fand die Einwei- zureißen. Es sei notwendig, hungsfeier ohne Prominenz dass jeder seine Ansichten aus Mainz statt. Für einen äußern könne und somit ei- festlichen Rahmen sorgte der nen Beitrag zum Abbau au- japanische Pianist, Professor toritärer Strukturen leiste.“ Hiroshi Kajiwara, mit Wer- Auf den Kreis Altenkirchen ken von Brahms, Ravel und bezogen führte er aus, dass Debussy. Zu Beginn der Fei- die Vernachlässigung länd- erstunde hatten der evange- Festredner Regierungspräsident Dr. Leibmann licher Gebiete zugunsten lische Religionslehrer Thieke städtischer Ballungsgebiete und sein katholischer Kollege immer spürbarer werde. „Das Schnütgen ein Gebet gespro- ‚flache Land‘ sei auf Hilfe chen und das neue Haus und aus Mainz angewiesen, wenn seine Bewohner unter den sich Resignation nicht weiter Schutz Gottes gestellt. ausbreiten solle. In manchen Landrat Dr. Krämer meinte Ohren mag der Vorschlag während der Einweihungsfei- des Landrates revolutionär er, „die Vorgeschichte sei zwar klingen: Dem Lehrermangel nicht gerade eine Chronique auf dem Lande sei sicherlich scandaleuse, aber doch lang- beizukommen, wenn die Be- wierig und oft gar langweilig soldung spürbar verbessert gewesen. Bei Grundstücks- werde.“ und Geländefragen habe Regierungspräsident Dr. Leib- der Teufel – wie häufig – mann, der kurz entschlossen für den Minister einsprang Das neue Gebäude der BBS Wissen an der Hachenburger Stra- 1 Rhein-Zeitung vom 17. Dezember 1969. ße 47 kurz nach der Fertigstellung.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 1 Gemeinsames Mittagessen

Festgäste: 1. Reihe v. l. Herr Thieke, Herr Schütgen; 2. Reihe v. l. ehemaliger Schulleiter Direktor Böttcher, Bürgermeister Dr. Everke (Wissen), Herr Ullmann (Kreis- Festgäste: 1. Reihe v. l. Herr Mohr, Herr Nassauer, Bürgermeister verwaltung), - , Herr Richard Schmidt Greßnich (Kirchen)

Festgäste: 1. Reihe v. l. Herr Willi Hoffmann, Herr Herbert Schmidt, Herr Neuwirth; 2. Reihe v. l. Die Kollegen Christmann, Beckmann, Hechler, Kirmis, Feckler, Groß und Frau Schwan Pianist Prof. Hiroshi Kajiwara

In der Eingangshalle 1 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Festgäste: 1. Reihe v. l. Landtagsabgeordneter Wingen- Festgäste: 1. Reihe v. l. ehemaliger Schulleiter Direktor Brand, Stellver- dorf, Betriebsratsvorsitzender Rödder (Walzwerk Wis- tretender Schulleiter Ullrich, Landtagsabgeordneter Wingendorf, Be- sen), Landrat Dr. Krämer, - , - , Kreisbeigeordneter Fabry, triebsratsvorsitzender Rödder (Walzwerk Wissen), Landrat Dr. Krämer Gewerkschaftsvertreter Müller

Festgäste: 1. Reihe Schülervertreter; 2 Reihe v. r. Herr Triesch v. l. Landrat Dr. Krämer, Stellvertretender Direktor Ullrich

Festgäste: 1. Reihe v. r. Büroleiter Mühlemeyer, Herr Hasselmeier (Kreis- verwaltung); 2. Reihe v. r. Frau Löwer (Realschule Betzdorf), Herr Sohl- Festgäste: 1 Reihe v. r. Herr Asbach; 2. Reihe v. r. Herr Vossbeck, bach (Realschule Betzdorf), Frau Winkelmeier, Herr Tussing (Realschule Herr Thierauf (Leiter des Bauamtes der Kreisverwaltung), Frau Voss- Wissen), Frau Tussing; 4. Reihe v. r. Frau Paul, Frau Lütgenau beck, Pfarrer Ernsting (Schönstein)

Festgäste: 1. Reihe v. r. Frau Meisloch, Frau Fritzen, Frau Friedrich, Frau Ginster, Frau Pin- kall; 2. Reihe v. r. Herr Streck, Herr Volkhausen, Friseurmeister Schütz; 3. Reihe v. r. Herr In der Lehrküche neben der Eingangshalle Roenspies, Herr , Herr Burghaus, Herr Neuwirth Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 3 Das Publikum schaut den Haarkünstlern auf die Finger.

Besucher versuchen sich an der elek- trischen Schreibmaschine. OStD Brand führt eines der teuersten Einrichtungsgegenstände, eine komplette Zahn- arztpraxis, vor. [Alle Bilder: Rhein-Zeitung vom 20. Januar 1970]

und die Festrede hielt, bedauerte, dass Hochschule unbefriedigend sei. Doch Berufsschulgesetz aus dem Jahre 1962 der Minister die Vorschläge des Landra- gelte es, zuerst eine Rangordnung auf- sei keineswegs so verstaubt, wie dies tes nicht selbst aus dessen Mund erfah- zustellen, man könne nicht alles auf vielfach behauptet werde. Wandel sei re. Zum Schulproblem meine er, „die einmal haben. Die Palette nötiger Re- auch hier notwendig, denn unzweifel- Landesregierung sei sich durchaus dar- formen reiche von der Grund- bis zur haft sei das gesamte Schulsystem noch über im Klaren, dass die Verfassung der Hochschule. Das rheinland-pfälzische stark vom humanistisch orientierten Bildungsideal vergangener Zeiten beeinflusst.“ Dr. Leibmann betonte, dass Offene Türen eingerannt die neue Schule bereits Fast 2000 Neugierige besichtigten die neue Berufsschule viele Forderungen erfülle, die anderenorts noch Zu- Der Andrang war stärker als dies bei dem Nebelwetter jemand zu hoffen gewagt hatte. Annähernd kunftsmusik seinen. 2000 Besucher fanden am Samstagnachmittag den Weg in die neue Berufsschule an der Hachen- burger Straße, um deren „offene Türen“ einzurennen. Die Neugier war schon geweckt, als vor Diese Ansicht vertrat auch anderthalb Jahren die ersten Bagger die Gruben für Fundamente aushoben. In den Monaten darauf Schulleiter Ullrich. Er be- waren oft hunderte Arbeiter rund um die Uhr im Einsatz. Die Geschäftigkeit erinnerte an einen tonte, dass eigentlich sein Bienenstock. Aus einer ehemaligen Obstplantage war über Nacht die größte Baustelle des Kreises Vorgänger Oberstudien- geworden. Wie sieht es hinter den schnell hochgeschossenen Mauern aus? Die Wissener wollten es direktor Brand, an dieser nun endlich wissen. Am Samstag kamen sie, um zu schauen. Stelle stehen müsse, der Doch was die Besucher zu sehen bekamen, war nur die Seite des inneren Alltags. Sobald der Früh- mit seinem Ideenreich- ling die Natur mit neuem Leben erfüllt, streift die Schulanlage ihr farbenprächtiges Blütenkleid über. tum das Gebäude ent- Für den Entwurf der Außenanlagen zeichnet der Kölner Gartenarchitekt Dr. Funke verantwortlich. scheidend geprägt habe. Wenn die Besucher jetzt ihre Neugier am Innenleben der Schule befriedigen konnten, so werden sie in einigen Monaten ihre Augen an den gepflegten Blumenrabatten weiden können. Der Aufstieg an Ulrichs Dank galt allen, einem Sommernachmittag wird sich lohnen, das jedenfalls erklärt stolz der bisherige Berufsschul- die am Gelingen des Vor- leiter, Oberstudiendirektor Brand. habens Anteil hatten. Mit dem Wissener Bau haben die Berufsbildenden Schulen eine Wohnstatt erhalten, die im Kreis ihres- Anschließend dankte ein gleichen sucht. Die neue Anlage an der Hachenburger Straße ist eine der ersten Schulen im Kreis, die bei Mitglied der Schülerselbst- ihrer Einweihung nicht schon zu klein oder überholt war. Die Fundamente sind so verstärkt, dass sich einige verwaltung dem Kreis für Gebäudetrakte ohne statische Mühe aufstocken lassen. Selbst notwendige Anbauten enthält der Plan. das neue Haus und lud die Im Augenblick ist noch nicht der letzte Zentimeter mit Beschlag belegt. Doch sobald die Schule ihre Gäste nach Feier, Rund- neuen Aufgaben übernommen haben wird, sind alle Räumlichkeiten voll genutzt. Mit ziemlicher Sicherheit wird hier – hoch über den Dächern von Wissen – eine Fachoberschule eingerichtet. Be- gang und Erbsensuppe zu sonders die Ausbildung für hauswirtschaftliche und sozialpflegerische Berufe soll verstärkt werden. einer Diskussion ein. Schon in den nächsten Wochen will die Berufsschule Informationsveranstaltungen für die Oberstu- Von der guten Ausstat- fe des Gymnasiums arrangieren, in denen die späteren Abiturientinnen auf die Möglichkeiten als tung des Hauses konnten Lehrer an Berufs- und Fachoberschulen hingewiesen werden. sich die Gäste bei dem Wer in Wissen die Berufsschulbänke drückt, kann mit seinem Los zufrieden sein. Die Betzdorfer Rundgang überzeugen. sind hier eindeutig im Nachteil. Schon seit 1965 laufen dort die Planungsarbeiten. Im vergangenen Im Sprachlabor stülpte Jahr unternahm der Kreis dann endlich den ersten Schritt. Er erwarb das Gelände für den Berufs- so mancher die Kopfhö- schulneubau. Mittlerweile hat auch der Kreistag die Dringlichkeit dieses Projektes erkannt. In rer über das ehrwürdige Wissen hat man demonstriert, wie ein solch großes Gebäude rasch und ordentlich errichtet werden kann. Haupt und im farbenfro- hen Friseursalon zeigten Rhein-Zeitung vom 20. Januar 1970

1 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 v. l. Herr Krahwinkel, Frau Voßbeck-Krahwinkel (Architektin), Herr Direktor Böttcher, Herr Voßbeck (Architekt) im Herbst 1965

angehende Friseurinnen ihren kunst- 1.2 Die neue Schule stellt 1.3 Zwar nicht gerade eine vollen Kopfschmuck. sich vor Chronique scandaleuse, Als besonderen Clou hatten sich die Organisatoren ein Würfelspiel für ei- Nur einen Monat später hatte die Be- aber doch ein langwieriger nen wohltätigen Zweck ausgedacht. völkerung Gelegenheit, Wissens neues Weg Der Gegner: ein Bürocomputer. „Die Schmuckkästchen zu begutachten. Chancen der lebenden Spieler standen Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre schlecht. Die Maschine hatte mehr Da- Bericht in der Rhein-Zeitung links auf wurde klar, dass das Wissener Schulge- ten gespeichert, als der einzelne im Au- Seite 14. bäude für die wachsende Schülerzahl genblick parat hatte. Doch oh Wunder, nicht mehr ausreicht.1 Die Vertreter dem Landrat gelang, was ihm am Mon- Bis zur Einweihungsfeier und dem ers- der Bezirksregierung, die das Schulge- tag niemand nachmachte: Dr. Krämer ten Tag der offenen Tür war es ein bäude besichtigten, rieten von einem besiegte den Computer.“ langer Weg. Anbau ab und plädierten stattdessen für den Bau einer neuen Schule. Ob- wohl in den nächsten zwei Jahren nicht mit dem Baubeginn gerechnet werden könne, empfahl sie bereits mit der Pla- nung zu beginnen.2 Im Vorfeld galt es nun das Raumprogramm aufzustellen und die Bauplatzfrage zu klären.3 Diese Arbeiten waren schon weit fortgeschrit- ten, als am 7. Juni 1962 Regierungsdi- rektor Stephan und Oberregierungsrat Schäfer die Schulorte Wissen und Betz- dorf besuchten, um über ein Erweite- rungs-Bauprogramms der Berufsschule des Kreises Altenkirchen zu beraten.4 Dennoch tat sich zunächst nichts.

1 Nach dem Bericht über die Konferenz vom 2. Mai 1962 besuchen 1.714 Schüler die Wissener Schule, drei Jahre später sind es bereits 2.100. 2 Vgl. Konferenzberichte vom 4.3.1959 bis zum 21.6.1965 [im folgendem mit (4) zitiert], Bericht über die Konferenz vom 10. Oktober 1960, S. 33. 3 Vgl. (4), Bericht über die Konferenz vom 1. Dezember 1960, S. 40. 4 Vgl. (4), Bericht über die Konferenz vom 18. Juni 1962, S. Modell des 1. Preises beim Wettbewerb. 1 = Verwaltungstrakt, 2 = Gewerbliche Abteilung, 89 f. 3 = Hauswirtschaftliche Abteilung, 4 = Kaufmännische Abteilung, 5 = Hausmeisterwoh- nungen

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 5 Der 1. Kreisdeputierte Fabry (Bildmitte) und Oberstudiendirektor Brand (ganz links) führen den ersten Spatenstich für den Neubau der Wissener Berufsschule aus. [Siegener Zeitung vom 3. September 1968]

Erst am 21. September 1964 tagte der wegs unumstritten. In der Diskussion Architektenkammer geklärt werden. Altenkirchener Kreistag in Wehbach.1 über das mächtige Neubauprojekt in Im April 1965 schrieb der Landkreis Landrat Dr. Sinzig berichtete dem Wissen gab der Kirchener Amtsbürger- Altenkirchen einen Bauwettbewerb für Kreistag, dass die seit Oktober 1959 meister Wingendorf (CDU) zu beden- den Neubau der Berufsschule in Wis- laufenden Gespräche über eine 30-klas- ken, dass im Amt Kirchen 20 % der sen-Sieg aus. Gegen eine Schutzgebühr sige Berufsschule in Wissen nunmehr Kreisbevölkerung leben und allein 50 von 50 DM konnten die Unterlagen von in die Entscheidungsphase treten. Von % der Metallarbeiter aus diesem Raum allen freischaffenden, selbstständigen den Grundstücken, die zur Wahl stan- kämen. Er machte ferner darauf auf- Architekten deutscher Staatsangehörig- den, habe nur ein Gelände der Hütten- merksam, dass der Anfahrtsweg für die keit, die Mitglied der Architektenkam- werke Siegerland den Anforderungen Berufsschüler nach Siegen erheblich mer Rheinland-Pfalz waren und zur entsprochen. Nach anfänglichem Wi- günstiger sei als nach Wissen. Landrat Zeit der Ausschreibung ihren Wohnsitz derstand des Weißblechwerkes konnte Dr. Sinzig entgegnete, dass diese Fra- oder ihre berufliche Niederlassung seit die Gemeinde Wissen am 13. Januar ge ausführlich erörtert worden sei und mindestens sechs Monaten im Regie- 1964 im Wege eines Geländetausches dass das Optimale an Organisation im rungsbezirk Koblenz hatten, anfordert das Grundstück erwerben. Dem Kreis- Blick auf den Raum Kirchen – Betz- werden. Abgabetermin war der 12. Juli.3 bauamt wurden inzwischen die für den dorf – Altenkirchen mit dem Neubau in Am 27. August 1965 tagte das Preisge- vorgesehenen Architektenwettbewerb Wissen erreicht werde. richt unter Vorsitz von Ministerialrat erforderlichen Unterlagen zugeleitet. Die Angelegenheit nahm nun ihren bü- Sieger vom Ministerium für Finanzen In der Sitzung fasste der Kreistag drei rokratischen Lauf.2 Zunächst wurde das und Wiederaufbau in Mainz in der Au- Grundsatzbeschlüsse, die das berufli- vorgesehene Baugelände aufgenom- la des Gymnasiums. Regierungs- und che Schulwesen betrafen: Die landwirt- men und die Bodenbeschaffenheit un- Baurat Thierauf, Altenkirchen, berich- schaftliche Berufsschule in Altenkir- tersucht. Das Kreisbauamt bereitete die tete über die städtebauliche Situation chen soll einen Anbau mit vier Klassen Ausschreibung des Architektenwettbe- und die topographischen Besonderhei- erhalten, um acht Klassen wird die Be- werbs vor, stellte das Raumprogramm ten des Bauplatzes. Vorprüfer Kreisbau- rufsschule in Betzdorf erweitert und in auf und legte beides mit Erläuterungen Oberinspektor Schenk teilte mit, dass Wissen soll die Berufschule komplett der Bezirksregierung vor. Ferner wur- insgesamt neun Entwürfe rechtzeitig neu gebaut werden. Allein hierfür wa- de mit dem zuständigen Dezernenten und im geforderten Umfang eingegan- ren 10 Millionen DM der insgesamt 12,3 des Kultusministeriums Fühlung auf- gen seien. Die in der engeren Wahl Millionen DM vorgesehen. genommen. Anfang Januar 1965 sollten verbliebenen sechs Entwürfe wurden Der Standort Wissen war aber keines- die formellen Voraussetzungen mit der anschließend beurteilt.

1 Vgl. Rhein-Zeitung vom 24. September 1964. 2 Vgl. Rhein-Zeitung vom 23. Dezember 1964. 3 Vgl. Rhein-Zeitung vom 10. April 1965.

1 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Der erste Preis ging an die Architektin sich in der Berufsschule eingefun- längerer Zeit beschäftigen sich Kreistag Dipl.-Ing. Anneliese Voßbeck-Krahwin- den. Kreisberufsschuldirektor Brand und Kreisausschuss mit der Raumnot kel und dem Architekten Dipl.-Ing. gab den Anwesenden Gelegenheit die in unseren Berufsschulen. Das steti- Ulrich Voßwinkel (BDA) aus Wissen, Schule eingehend zu besichtigen und ge Anwachsen der Schülerzahlen und der zweite an Dipl.-Ing. Antonius Klein anschließend einen Überblick über die der erweiterte Bildungsauftrag der (Koblenz) und der dritte an Architekten schulischen Verhältnisse: Berufsschulen machen die Erstellung Hans Rompelberg ( bei Wis- “Das von der Berufsschule benutzte Ge- neuer Klassenräume und Fachräume sen). bäude in Wissen ist kurz nach 1900 ge- dringend notwendig. Um die Voraus- In der Beurteilung des ersten Preises baut und in Bauabschnitten für setzungen für einen erfolgreichen Be- heißt es u. a.: „Die Gruppierung der den gegenwärtigen Zweck hergerichtet rufsschulunterricht zu schaffen, wurde Baumassen in der Mitte des Grundstü- worden. Der letzte Um- und Ausbau deshalb neben Erweiterungen in Al- ckes und die Gruppierung der Freiflä- erfolgte in den Jahren 1953/54. tenkirchen und Betzdorf vor allem der chen ist richtig gewählt. Die Staffelung Neubau einer Berufsschule in Wissen der einzelnen Baukörper der Hanglinie Im Berufsschulgebäude in Wissen wer- beschlossen. Die erforderlichen Pla- folgend kann als sehr reizvoll bezeich- den zz. insgesamt 2043 Personen un- nungsunterlagen waren das Ergebnis net werden. Etwas starr erscheint die terrichtet. Davon sind 1305 Schülerin- eines Wettbewerbs. Abstufung des Gebäudetraktes an der nen und 738 Schüler. Der Unterricht Die Gemeinde Wissen hat sich mit Hachenburger Straße. Es besteht eine erfolgt in 83 Klassen, von denen 41 der Erfolg um die Bereitstellung des not- klare Trennung der einzelnen Abtei- kaufmännischen, 31 der gewerblichen, wendigen Baugeländes bemüht. Für die lungen, die in eigenen Gebäudeteilen 9 der hauswirtschaftlichen und 2 der Finanzierung des Bauvorhabens wur- untergebracht sind und mit der zentra- landwirtschaftlichen Fachrichtung an- den in den Haushaltsplänen des letz- len Treppenanlage beiderseits der Ein- gehören. Die Schülerinnen und Schüler ten Jahres bereits Rückstellungen vor- gangshalle richtig erschlossen sind. Der besuchen wöchentlich einmal die Be- genommen. Aufgrund der gegebenen Aufenthaltsraum öffnet sich über den rufsschule. Die zwei Handelsschulkas- Dringlichkeit und der getroffenen Vor- Pausenhof hinweg talwärts und bietet sen und eine Klasse der Haushaltungs- bereitungen rechnete man allgemein einen reizvollen Durchblick in die sehr schule werden täglich unterrichtet. Für mit einem Baubeginn im Jahr 1967. Da schöne Landschaft. Zu loben ist die den Unterricht in Wissen stehen 28 diese Hoffnung sich nicht zu erfüllen zentrale, dennoch ruhige Lage der Ver- hauptamtliche und 30 nebenamtliche scheint, bitten wir, den Kreistag in der waltung im 1. Obergeschoss des Verbin- und nebenberufliche Lehrkräfte zur Sitzung vom 3. März 1967 eingehend dungsteils. Nicht befriedigend gelöst ist Verfügung. über den Stand der Angelegenheit zu die Anordnung der Hausmeisterwoh- Zusammenfassend ergab die Besich- unterrichten und dabei vor allem fol- nung. Alles in allem ist die Lösung tigung, dass die vorhandenen Klas- gende Fragen zu beantworten: nicht zu beanstanden. Die Architek- senräume nicht ausreichen und dass tur erscheint noch verbesserungsfähig. zahlreiche wichtige Räume und Neben- 1. Liegt für den Neubau der Berufs- Die Wirtschaftlichkeit liegt im mittle- räume fehlen. Trotz Aufstellung von schule in Wissen die schulaufsicht- ren Bereich; sie verspricht sich durch Pavillons muss Schichtunterricht erteilt liche und bauaufsichtliche Geneh- die starke Zentralisierung sehr günstig werden. Unter diesen Umständen ist es migung bereits vor? auszuwirken.“4 nicht möglich, den in den Rahmenlehr- Trotz der drückenden Raumnot tat plänen vorgesehenen Unterricht ord- 2. In welchem Umfang konnte bisher sich im folgenden Jahr nichts. In der nungsgemäß durchzuführen. Hinzu die Finanzierung dieses Bauvorha- Siegener Zeitung war zu lesen: „Die kommt noch, dass der Unterricht sehr bens sichergestellt werden? Notwendigkeit eines Neubaus wird von stark gestört wird durch den Lärm von niemand bestritten, da das gegenwär- der Hauptstraße. 3. Ist ein Baubeginn (Durchführung tig benutzte Gebäude einmal zu klein Die Anwesenden äußerten die Über- eines ersten Bauabschnittes) mit ist, so dass mehrere Pavillons benutzt zeugung, dass es notwendig ist, noch kreiseigenen Mitteln im Jahr 1967 werden müssen; zum anderen, da ei- in diesem Jahr mit dem Bau der vorge- auch dann möglich, wenn Landes- ne Reihe von Demonstrations- und sehenen neuen Berufsschule in Wissen mittel noch nicht zur Verfügung Übungsräumen der Schule fehlen, die zu beginnen. Kreisvorsitzender Win- stehen? zu einem modernen Berufschulunter- gendorf betonte, dass versucht werden richt notwendig sind. Die Berufsschule müsse, mit sparsamsten Mitteln eine 4. Welche Möglichkeiten sieht die steht, obwohl sie auch eine naturwis- moderne neue Schule zu errichten. Er Kreisverwaltung, um Beginn und senschaftliche, technische Ausbildung versprach, hierfür sich auch als Land- Durchführung des Bauvorha- betreiben soll, hinter mancher Volks- tagsabgeordneter sowie auch als Mit- bens in Wissen unter allen Um- schule zurück.“5 glied des Kreistages einzusetzen.“6 ständen sicherzustellen und zu Auch der erweiterte CDU-Kreispartei- Auch Amtbürgermeister Dr. Haas beschleunigen?“7 vorstand, der im Januar 1967 in Wissen mochte nicht zurückstehen. Er richtete in der Stadion-Gaststätte tagte, hatte als Vorsitzender der SPD-Kreistagsfrak- In der selben Zeitung findet sich ein tion eine Anfrage an den Landrat: „Seit Bericht über die öffentliche Gemein- 4 Rhein-Zeitung vom 9. September 1965. 5 Siegener Zeitung vom 6. Januar 1967. 6 Siegener Zeitung vom 31. Januar 1967 7 Rhein-Zeitung vom 4./5. Februar 1967.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 7 deratssitzung in Wissen. Obwohl an diesem Schwerdonnerstag (1967) die Möhnen ihren großen Tag hatten, wurde ernsthaft getagt. Amtsbürger- meister Dr. Everke konnte mit einer erfreulichen Neuigkeit aufwarten. Mit Sicherheit könne 1968 mit dem Bau der Berufsschule begonnen werden. Bis da- hin ständen die Mittel zur Verfügung. Eine halbe Stunde vor Sitzungsbeginn hatte eine Besprechung mit Vertretern des Kultusministeriums, der Bezirksre- gierung und des Landratsamtes in der Amtsverwaltung stattgefunden. Die Richtkrone über dem Rohbau. [Rhein-Zeitung vom 17. Mai 1969] Im Oktober stand wieder einmal die Schulfrage auf dem Programm des Wissener Gemeinderates. Landrat Dr. Krämer, der an der Sitzung teilnahm, betonte, dass die Verzögerungen nicht von der Kreisverwaltung zu vertreten seien. Seit dem Frühjahr seien die Pla- nungen dreimal geändert worden. Erst vor vierzehn Tagen habe die Bezirksre- gierung die neueste zum Ministerium weitergeleitet. „Der Kreis habe im Üb- rigen die vielen Jahre hindurch die Fi- nanzierung für den Neubau vorbereitet. Mit Barmitteln und Bausparverträgen. Nach den Worten Dr. Krämers arbeitet das Architektenbüro Voßbeck-Krahwin- kel, dem die Arbeiten übergeben wur- den, zügig und schnell. Man müsse al- lerdings mit mindestens fünf Monaten durchschnittlich rechnen. ‚Wir dürfen uns nichts vormachen’!“1 Und auch im Frühjahr 1968 bewegt Auf der Baustelle im November 1968 sich nichts. Der Landrat beklagt die Schwerfälligkeit der Kultusbürokratie. Ganz anders wäre es bei unseren Nach- barn in Frankreich. In sechs bis acht Monaten würden dort ganze Schulen gebaut. Dort bediene man sich weitge- hend der Fertigbauweise. Die Bezirks- regierung habe zwar den Bauplänen im Grundsatz zugestimmt, die Entschei- dung über die Höhe der Landesmittel stehe jedoch immer noch aus.2

Endlich kommt im Juni die erlösende Mitteilung, dass die Landesregierung den Wissener Berufsschulneubau ge- nehmigt habe. Das Raumprogramm sieht insgesamt 36 Klassen, elf Übungs- räume und zwölf Lehrmittelzimmer vor. Außerdem werden drei Lehrküchen mit Speise- und Vorratsräumen, eine Lehrwaschküche, je ein Raum für Säug-

1 Rhein-Zeitung vom 21./22. Oktober 1967. Überall sind Handwerker und Bauarbeiter am Werk. Das Bild zeigt einen Waschraum, 2 Vgl. Rhein-Zeitung vom 6./7. April 1968. dessen Wände gefliest werden. [Rhein-Zeitung vom 14. April 1969]

1 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 die Glückauf-Bau scheue weder Mühen noch Kosten um den Rückstand wieder einzuholen. Über die Verhältnisse und den Stand der Dinge gibt ein Zeitungsartikel vom 14. April 1969 in der Rhein-Zeitung Auskunft: „Es geht auf Mitternacht zu. Die zurzeit größte Baustelle des Kreises Altenkir- chen ist in gleißendes Scheinwerfer- licht getaucht. Die Betonmischanlage ist noch in Betrieb. Ein hoher Turm- drehkran befördert die gefüllten Beton- kübel zu den Schalungen, in die sich danach der Brei aus Kies, Zement und Wasser ergießt. Vom frühen Morgen bis in die späte Nacht gleicht die Bau- stelle der neuen Berufsschule oberhalb der Walzwerksiedlung einem Bienen- staat. Von insgesamt 7000 Kubikme- tern Beton sind bereits 6000 verbaut. Auf der Baustelle im Dezember 1968 ... Der Rohbau ist zu über 75 Prozent fertig gestellt. ... Das Baracken-Büro der lingspflege, Haus- und Nadelarbeit ein- tont, dass die Kreisverwaltung bei der Bauleitung erinnert an die Unterkunft gerichtet. Zur weiteren Ausstattung der Ausschreibung und Vergabe der Auf- eines Generalstabes. An den Wänden neuen Berufsschule werden ein Bauhof träge neue Wege gehe. So seien sieben hängen Pläne, in Regalen stapeln sich mit Umkleide- und Waschräumen, eine Großfirmen zur Abgabe eines Kom- Zeichnungen. Minutiös sind alle Ar- Dunkelkammer, eine Schülerbücherei plettangebotes aufgefordert worden. beitsetappen dargestellt. An diesen Ta- und zwei Hausmeisterwohnungen ge- Darüber hinaus gelte als verbindlicher gen muss die Heizung installiert wer- hören. Oberstudiendirektor Brand quit- Termin der schlüsselfertigen Inbetrieb- den, an jenen die Außenverblendung tierte die Nachricht mit Freude.3 nahme des Neubaues der Beginn des aus roten Ziegelplatten angebracht wer- Schuljahres 1969/70. Die aufgeforder- den. Ein Blick auf den Zeitplan zeigt, ob Dann – an den letzten Julitagen, rücken ten Firmen gaben teilweise ihre Ange- an irgendeiner Stelle des riesigen Kom- die ersten Bauarbeiter auf dem Bau- bote für konventionelle, teils auch für platz an der Dörnerstraße/Hachenbur- halbkonventionelle oder Fertigbauweise ger Straße an, roden die Obstbäume, ab. Nach gründlicher Abwägung aller schlagen Baubuden auf und verlegen Einzelheiten habe der Kreisausschuss die Starkstromleitungen. Geht es nun den Auftrag an die Essener Firma ver- wirklich los? In den folgenden Wochen geben, die den Bau in Stahlbetonbau- erscheinen Stellenanzeigen in den Ta- weise errichten werde.5 Der Generalun- geszeitungen des Kreises.4 Gesucht ternehmer beabsichtigt auch die heimi- werden von der Glückauf-Bau-Aktien- sche Wirtschaft und das Handwerk bei gesellschaft bei guten Verdienstmög- den Arbeiten zu berücksichtigen. So lichkeiten erfahrene Poliere, Zimmerer, wurden beispielsweise die Erdarbeiten Einschaler, Betonbauer und Bauhelfer. einer Wissener Firma übertragen.6 Unterkunft wird gestellt, heißt es in den Inseraten. In den folgenden Wochen und Mona- Planierraupen und Lastwagen beherr- ten herrscht reges Treiben auf der Bau- schen bereits das Bild der Baustel- stelle. Allerdings unterbricht ein lan- le hoch über dem Siegtal, als der 1. ger Winter die Arbeiten für 45 Tage. Kreisdeputierte Fabry in Vertretung des „Trotz moderner Fertigungsmethoden verhinderten Landrates zusammen mit – wie etwa die beheizte Betonmischan- Oberstudiendirektor Brand am 29. Au- lage – gelang es nicht völlig, dem Frost gust 1968 den lange erwarteten ersten ein Schnippchen zu schlagen“, so die Spatenstich auf dem 25.000 qm großen beiden Bauleiter Reinhard Henze und Neubaugelände vornehmen. Fabry be- Josef Zeitler. Beide versicherten aber, Landrat Dr. Krämer führt die ersten sym- bolischen Hammerschläge aus. In einer 5 Am 31. Juli entschied sich Kreisausschuss, dass Projekt an 3 Vgl. Rhein-Zeitung vom 22. Juni 1968. die Glückauf-Bau-Aktiengesellschaft aus Essen zu verge- kleinen Feierstunde wurde der Grundstein 4 Z. B. in der Rhein-Zeitung vom 14./15. und 24. August ben. gelegt. [Rhein-Zeitung vom 18. April 1969] 1968. 6 Vgl. Siegener Zeitung vom 3. September 1968.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 9 Die neue Technik: Übungscomputer in der BBS Wissen (1969). Der Übungsraum der Friseure [Schulen im Wandel, S. 88]

plexes die Arbeiten in Verzug geraten Nebenbei berichtet dieser Artikel von Bauzeit kann das Gebäude fristgerecht sind. Diese Generalstabsarbeit ist not- der Grundsteinlegung. In einer klei- zum neuen Schuljahr 1969/70 bezogen wendig, um den Neubau am 15. August nen Feierstunde wurde der Grundstein werden. schlüsselfertig übergeben zu können. in der Wand der Eingangshalle einge- lassen. Der späte Termin erklärt sich Während der Rohbau einiger Trakte dadurch, dass dieser Verbindungstrakt 1.4 Von der Werkstatt bis bereits steht, kann man die Stockwer- zwischen dem gewerblichen Trakt an zum Computer ke der anderen förmlich wachsen se- der Hachenburger Straße und den hen. In mehreren Gebäudeteilen sind Gebäuden der kaufmännischen und „Lehrer und Schüler waren sich im Ur- die Fenster schon eingebaut. In die- hauswirtschaftlichen Abteilungen an teil einig: Diese Schule war für sie – für ser Woche werden sie verglast. In den der Dörnerstraße aus bautechnischen eine junge Generation gebaut worden! Waschräumen und Küchen sind die Gründen zuletzt errichtet wurde. Der Bauherr hatte mehr getan, als nur Fliesenleger am Werk. Mit den Natur- eine Schule zu errichten. Zur Investiti- steinarbeiten auf Fluren und Treppen Nur wenige Wochen nach der offizi- on gehörte auch der gute Geschmack. und an den Fensterbänken wurde be- ellen Grundsteinlegung flatterten die Als Beispiele seien nur die drei behag- gonnen. Die Außenverblendung wird bunten Bänder des Richtkranzes über lich eingerichteten Esszimmer neben zurzeit angebracht. Handwerker sind dem Neubau. „Die guten Wünsche für den drei großen Lehrküchen genannt: augenblicklich mit dem Abhängen der das neue Haus und seine Bewohner schlichte, aber elegante Möbel inmit- Akustikdecken beschäftigt. spiegelten sich im Richtspruch der ten einer farblich akzentuierten Um- Anfang Mai soll Gas, Wasser und Elek- Zimmerleute, die in zünftiger Berufs- gebung. Eine leuchtend blaue Wand trizität angeschlossen werden. Dann kleidung auf das Wohl der Architekten, und blaue Vorhänge zu gelben Stuhl- kann man die mit Gas betriebene Hei- der Handwerker und des Auftraggebers bezügen etwa. Dazu eine farbenfrohe zung einschalten, die die Gebäudeaus- anstießen und die Gläser an den Wän- Bildkomposition über einem modernen trocknung beschleunigen wird. den des Neubaus zerschellen ließen, Sideboard. Zu Hause könnte man es wider. Mit einem kräftigen Essen und kaum gemütlicher haben. Ein Heer von etwa 160 Arbeitern be- einigen Gläsern Bier wurde das Richt- Auch die übrige Einrichtung erinnert völkert jetzt die Baustelle. 200 Ton- fest anschließend im Gasthof Jäger- mehr an moderne Großraumbüros als nen Stahl und 6000 Kubikmeter Beton heim gefeiert.“2 an eine Schule. Farben geben im üb- sind verbaut. Diese Betonmenge würde rigen Orientierungshilfe in dem weit ausreichen, um einen ausgewachsenen Das „Wunder von Wissen“, an das kaum verzweigten Bau: Rotbraun signalisiert Fußballplatz mit einem ein Meter ho- jemand so richtig geglaubt hatte, wurde die gewerbliche und Grün die kaufmän- hen Klotz zu bedecken.“1 Wirklichkeit. Nach knapp einjähriger nische Abteilung. Nicht nur schön, sondern auch prak- 1 Rhein-Zeitung vom 14. April 1969. 2 Rhein-Zeitung vom 17. Mai 1969.

2 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 tisch wurde in Wissen gebaut. Ein Ver- direktor Brand). Den Schreinern steht ten die Maler: Unter einem Shed-Dach bindungstrakt gilt als die Nahtstelle für ebenfalls eine vollständig ausgestattete mit einem matten und transparenten die gewerbliche, hauswirtschaftliche Übungs- und Demonstrationswerkstatt Glasteil, der für ausgeglichene Beleuch- und kaufmännische Abteilung. Die Ein- zur Verfügung. Im Bauhof könnte ein tung sorgt. Ein Eindruck wie in einem gangshalle (Hachenburger Straße) wur- ganzes Einfamilienhaus erstellt wer- Künstleratelier. Zwölf bewegliche große de gleich so eingerichtet, dass sie vielen den. Tafeln ermöglichen die Arbeit auch im Zwecken dienen kann: als abtrennbarer Stehen. Aufenthaltsraum für Schüler, als Film- Die Einrichtung des Chemieraumes Im kaufmännischen Teil finden die vorführraum oder als Aula (180 Schü- wurde so gewählt, dass die Schüler bald Schüler neben mechanischen und elek- ler). Für besondere Schulveranstaltun- lernen mögen, auch hinter ‚die Din- trische Schreibmaschinen, Rechen- und gen steht außerdem eine transportable ge zu sehen’, die sich in naturwissen- Buchungsmaschinen, ein Sprachlabor Bühne bereit. schaftlichen Erkenntnissen verbergen. und ein eigens eingerichtetes Lehrbüro Die überdachte Pausenhalle führt auf Der für die angehenden Bäcker obligate vor. die verschiedenen Schulhofebenen, die Backofen fehlt selbstverständlich nicht Auch ein Übungscomputer – der erste nach einem Entwurf des Gartenarchi- im gewerblichen Trakt. In gleicher Wei- in Rheinland-Pfalz für eine Schule – ist tekten Dr. Funke während des Som- se praxisnah ist die Ausstattung des aufgebaut. ‚Der Jugend soll damit die mers im bunten Blumenschmuck (Kü- Labors für Arzt-, Zahnarzt- und Apothe- Angst vor den neuen Dingen genom- bel und Flächen) die freundlichen Ak- kenhelferinnen. Die Zeichensäle ste- men werden’, wie Oberstudiendirektor zente der Schule noch unterstreichen. hen allen Berufsgruppen offen. Brand erklärte, der maßgeblich an der Konzeption für dies Schule mitgewirkt Die technische Ausstattung bietet den Je vier Vorwärts- und Rückwärtswasch- hat.“3 verschiedenen Berufsaspiranten eine becken sowie Auskämmplätze bieten Fülle von Demonstrationsmöglichkei- sich den Friseusen und Friseuren in ten. Klempner, Installateure und Me- ihrem ‚Mustersalon’ an. Auch hier wie- 3 Kreisausschuss des Landkreises Altenkirchen (Hrsg.), tallberufe erhielten ihre Übungswand, der eine geschickte Farbzusammenstel- Schulen im Wandel – Chance für jedermann, Schulen und Bildungseinrichtungen im Kreis Altenkirchen, in an der geschraubt und genagelt werden lung von Möbeln und Raumbemalung. der Reihe: Dokumentationen über Geschichte, Kultur, Wirtschaft und kommunales Leben im Kreis Altenkirchen, kann, ‚so viel man will’ (Berufsschul- In einer reizvollen Umgebung arbei- Band 4/1972, S. 86 ff.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 2 1 Von der Sonntagsschule zur Berufsschule

22.1 Von der zünftigen zur schnitts der Lehrzeit. Frauen, die Frau derschaft, nicht zuletzt, um bei Meis- des Meisters oder die Mägde, spielten tern anderer Länder ihre Fähigkeiten Dualen Berufsausbildung nur als Hilfskräfte eine Rolle. Erst nach und ihr Wissen zu erweitern: eine frühe einigen Wochen Probezeit wurden die Form beruflicher Mobilität in Europa. Die Mitglieder der verschiedenen Lehrlinge vor Vertretern der Zunft auf- Wenn die Gesellen hinreichend Erfah- Handwerksberufe schlossen sich im genommen. Meist zahlte die Familie rungen gesammelt hatten, bewarben Mittelalter in Zünften zusammen. Die dem Meister, der für Unterbringung sie sich bei einer Zunft um die Zulas- Zunftordnung regelte über Jahrhun- und Verpflegung sorgte, ein Lehrgeld. sung als Meister.“1 derte nicht nur Produktionsverfahren, Die Lehre dauerte je nach Beruf 2 bis Die politischen und gesellschaftlichen Gütestandards, Preise und Marktzu- 4 Jahre, bei sehr spezialisierten Gewer- Umwälzungen des 18. Jahrhunderts, tritt, sondern auch die Versorgung wirt- ben auch länger. Die Lehrzeit endete die Industrialisierung und die Einfüh- schaftlich schwacher Zunftmitglieder mit einer fachlichen Prüfung, mit dem rung der Gewerbefreiheit um 1810 führ- und das standesgemäße Einkommen ‚Freisprechen’ des Lehrlings, für das ten auch in Deutschland zur Auflösung der Meister. die jeweiligen Handwerkssparten un- der Zünfte. Mit dem Ende der Zünfte wurden auch deren Berufsordnung ab- geschafft – und damit auch die festen Lehrzeiten. Ungelernte, billige Arbeits- kräfte bedienten die Maschinen in den Fabriken. Über lange Zeit hinweg be- nötigte die schnell wachsende Industrie kaum qualifizierte Arbeitskräfte. Durch den scharfen internationalen Wettbe- werb wuchs auch der Bedarf an qua- lifizierten Arbeitern, so dass 1897 die traditionelle handwerkliche Ausbildung wieder gesetzlich eingeführt wurde. „Im Laufe des 19. Jahrhunderts besuch- ten Lehrlinge abends oder sonntags oft eine ‚Fortbildungsschule’, in denen der Grundschulstoff wiederholt und theore- tische Kenntnisse zum Beruf vermittelt wurden. [Später] … wurde die Fortbil- dungsschule zur ‚Berufsschule’, die ne- ben der fachlichen Ausbildung auch staatsbürgerliche Erziehung vermittelt. „Zur Erinnerung an meine Lehrzeit 1886/90“ steht mit feiner Handschrift auf der Rückseite dieses Bis heute gehört beides zu einer Leh- Bildes. Es zeigt die Belegschaft der Lokomotivenfabrik Arn. Jung, Jungenthal (Rhein-Zeitung vom 12. April 1996) re: das Lernen im Betrieb und in der Berufsschule. Daher spricht man vom „In den Zünften herrschte überall in terschiedliche Bräuche hatten, und mit ‚Dualen Ausbildungssystem’.“ 2 Europa eine strenge Rangordnung: seiner Aufnahme in den Kreis der Ge- Lehrling, Geselle, Meister. Der Meis- sellen. Die berufliche Qualifikation der tertitel war der einzig verbriefte Qua- Gesellen war auch in anderen Ländern 1 Norbert Wollschläger und Helga Reuter-Kumpmann, Von der Divergenz zur Konvergenz, Zur Geschichte der beruf- lifikationsnachweis. Die ‚Lehrbriefe’ anerkannt. Meist ungebunden durch lichen Bildung in Europa, in: Berufsbildung – Europäische bestätigten die Erfüllung des ersten Ab- Familie, begaben sie sich oft auf Wan- Zeitschrift, Nr. 32, Mai – August 2004/II, S. 7. 2 Ebenda, S. 11.

2 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 2.2 Die Anfänge der Bereits am 16. Januar 1896 meldete der In seiner Antwort aus Berlin, weist Fabrikant in einem persönlichen Sch- Heinrich Krämers am 21. Januar 1896 Fortbildungsschulen im reiben dem Kirchener Bürgermeister auf einige bürokratische Hürden hin, Kreis Altenkirchen und 1. Abgeordneten des Regierungsbe- die noch zu nehmen wären: zirkes Koblenz im Deutschen Reichstag Dem Kirchener Lokomotivenfabrikant in Berlin, Heinrich Krämer, die Unter- Arnold Jung gebührt die Ehre, als erster richtsaufnahme der Fortbildungsschu- in unserer Region die Bedeutung gut le. ausgebildeter Arbeiter erkannt zu haben. So schrieb er am 28. De- zember 1895 an den Bürgermeis- ter von Kirchen:

„Wir haben nun mit unse- rer Fortbildungsschule angefangen; es stellt sich indes heraus, dass der Privatschulsaal schon jetzt etwas klein ist. „Mit Gegenwärtigem gestatte ich Einstweilen sind nur Teilnehmer hier un- „Lieber Arnold! Es freut mich sehr, aus mir höflichst die Errichtung einer Fort- ter 30 Jungen etwa 15 Erwachsene. Sollen Deinen Mitteilungen vom 16.1. ersehen bildungsschule für die Gemeinde Kirchen nun die anderen jungen Leute von Kirchen zu können, dass die Idee der Fortbildungs- und Wehbach in Anregung zu bringen. von vornherein dazu genommen werden, schule Boden gefunden hat. Was nun die Der voraussichtliche Nutzen einer solchen was doch eigentlich empfehlenswert wäre, Überlassung eines Saales der Elemen- Einrichtung für das Allgemeinwohl liegt dann ist der Platzmangel noch fühlbarer. tarschule zu diesem Zwecke angeht, so auf der Hand. Auch kann man ange- Es drängt sich nun demgemäß der Wunsch existieren nach dieser Richtung Bestim- sichts der Tatsache, dass trotz der damit auf, einen der viel größeren evangelischen mungen, welche die ganze Frage auf die verknüpften Umstände der Sonntagsun- Elementarschulsäle für unseren Unterricht Richtung der behördlichen Regelung ins terricht in Siegen von hier aus Zuspruch benutzen zu können. Ich wollte dich nun Rollen bringen würden. Es müssen dar- findet, schon abgesehen von der obligato- fragen, ob und unter welchen Umständen über die betreffenden Instanzen (Schul- rischen Verpflichtung, eine rege Teilnahme wir dieser Wohltat teilhaftig werden könn- vorsteher, Gemeinde, Kreisschulinspek- erhoffen. Ich selbst beschäftige zurzeit 30 ten. Man könnte mit gutem Gewissen den tor) gehört werden. Dazu ist es absolut junge Leute, welche im vorliegenden Falle ganzen Unterricht als Privatunterricht erforderlich, der Fortbildungsschule eine in Betracht kämen und könnte zur Förde- seitens der Lehrer hinstellen, wenn dies behördlich anerkannte Organisation zu rung der guten Sache mich zur Zahlung dem Zwecke förderlich wäre. Ein anderer geben, bevor in irgendeiner Weise weiter einer noch zu vereinbarenden Pauschal- Modus wäre der des einfachen Übersehens. gegangen werden kann. Ich werde sobald summe pro Jahr vielleicht M. 300,- wohl Schließlich handelt es sich ja überhaupt wie möglich nach Kirchen zurückkehren verstehen.“ 3 nur um eine kurze Zeit, da die jetzige Ein- und die Regelung der Angelegenheit nach richtung nach unserer Besprechung ja als dieser Richtung in die Hand nehmen …“ 5 ein Provisorium anzusehen ist.“4 3 Peter Koeleman, Anfänge in der „Fortbildungsschule“, in: Bildungszentrum Betzdorf-Kirchen im Landkreis Al- tenkirchen, Eine Dokumentation zur Einweihung am 27. September 1979, hrsg. v. Landkreis Altenkirchen, S. 6. 4 Ebenda, S. 7. 5 Ebenda, S. 8.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 2 3 Wohl aus diesem Grunde wurde erst richt bei den konstruierenden Berufen 2.3 Die Fortbildungsschule am 2. Mai 1907 die bisher eher private (Metall-, Bau- und Holzgewerbe) erteil- Bildungseinrichtung durch eine öffent- ten sonntags von 8 bis 10 bzw. von 11 wird zur Berufsschule liche, gewerbliche Fortbildungsschu- bis 13 Uhr meist Architekten und Bau- Nach der November-Revolution 1918 le abgelöst. In der Nachbargemeinde meister. gab es Bestrebungen, die Schulpflicht Betzdorf nahm die Fortbildungsschule „Diese ‚neumodische’ Schule stieß an- auf den Besuch der Fortbildungsschu- am 21. Februar 1896 ihre Arbeit auf. fangs keinesfalls überall auf Verständ- len auszudehnen. Artikel 145 der Wei- Einrichtungen in weiteren Gemeinden nis. So weigerte sich beispielsweise im marer Verfassung enthielt eine entspre- folgten. Jahre 1909 ein Schlossermeister, die chende Erklärung. Jedoch gelangte der Über den Schulalltag in diesen Fortbil- veranschlagten 10,75 Mark jährlich zu bei der Reichsschulkonferenz von 1920 dungsschulen ist nur wenig bekannt. zahlen, da davon im Lehrvertrag nichts zur Debatte stehende Gesetzesentwurf Etwa um die Jahrhundertwende wurde verzeichnet sei und dem Lehrling nur über die Berufsschulpflicht nie in den den Lehrlingen aus Handel und Ge- Schaden statt Nutzen bringe.“1 Reichstag. Preußen schuf daher 1923 werbe, Handwerk und Industrie der Nicht nur die Industrie, sondern auch eine eigenständige Regelung durch Besuch der Fortbildungsschulen zur die Landwirtschaft revolutionierte im „Gesetz über die Erweiterung der Be- Pflicht gemacht. In der Regel fand der 19. Jahrhundert: Mineraldüngung, rufsschulpflicht“. Unterricht in den Räumen der Volks- Mechanisierung, neue Züchtungsme- Dennoch stand die Berufsschule auch schulen statt, und zwar dann, wenn thoden bei Pflanzen und Tieren. Eine weiterhin nur einem Teil der Schulent- diese frei waren, d. h. werktags abends Schulung der Jungbauern wurde un- lassenen offen. „Anfang der zwanziger Jahre besuchten etwa 30 Prozent der Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren derartige Einrich- tungen. Bei den Jungen lag der Prozentsatz bei knapp 50, bei den Mädchen noch nicht einmal bei 10 Prozent. Am Ende der Weimarer Republik konnte die- ser Anteil auf etwa 50 Prozent gesteigert werden.“3 Das preußische Gesetz führte vielerorts zur Errichtung von Kreisberufsschulen, im Kreis Al- tenkirchen jedoch zunächst nur zu einer Namensänderung. „Aus dem Verwaltungsbericht des Kreises für das Jahr 1924 geht hervor, dass damals ge- werbliche Fortbildungsschu- len, die man ab diesem Jahr Berufsschulen nannte, in Al- tenkirchen, Betzdorf, , , Kirchen und bestanden. Über die Zahl der in ihnen zusammengefassten Lehrlinge, über die Lehrer und Zeugnis der Fortbildungsschule in Kirchen vor allem über die Art und den Umfang des Unterrichts ist in von 18 bis 20 Uhr und am Sonntag- erlässlich. Bereits 1891 gründete der dem Bericht, der dem gesamten Schul- vormittag – daher im Volksmund auch landwirtschaftliche Zentralverein für wesen immerhin zwei Seiten widmet, häufig Sonntagsschule. Der Mittwoch Rheinpreußen in Wissen eine so ge- leider nichts vermerkt. Auch der Be- und der Samstag waren unterrichtsfrei. nannte Winterschule. Junge Landwirte richt von 1928/29, der dem Schulwesen Die Fortbildungsschule war eine Fort- hatten hier in den Wintermonaten die sechs Seiten einräumt, beschränkt sich setzung der Volksschule und vertiefte Möglichkeit, sich auf ihren Beruf vor- bei den Fortbildungsschulen auf den deren Lerninhalte. Unterrichtet wurde zubereiten.2 Hinweis, dass das Amt Hamm für die von Volksschullehrern in den Fächer jugendlichen Arbeiter einer Rasierklin- Rechnen, Raumlehre, Deutsch und 1 Ebenda, S. 9. genfabrik in Nisterau (Niepenberg) eine Schriftverkehr. An einen Fachunterricht 2 Vgl. Helmut Trapet, Die Landwirtschaftsschule und Be- Berufsschule errichtete, die das Schul- ratungsstelle Wissen, in: Wissener Heimatbuch, Chronik für die einzelnen Berufe war noch nicht der Verbandsgemeinde und Stadt Wissen, Neubearbei- tung 1983 von Reinhard Liedtke, Wissen 1982, S. 454 ff. zu denken. Einzig den Zeichenunter- Anm.: Nach 75 Jahren musste die Landwirtschaftsschule 3 Karl-Heinz Günther u. a. (Redaktion), Geschichte der im März 1967 schließen. Erziehung, 12. Auflage, Berlin (Ost) 1976, S. 590.

2 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 gebäude in Oettershagen am Nachmit- tag nutzte.“4 Im Jahr 1931 verfügte die Schule in Wis- sen, die etwa seit 1903 bestand, über zwei Klassen für Handwerker: eine für konstruierende Berufe (Maurer, Zim- merleute, Dachdecker, Schreiner, Stell- macher, Schlosser aller Art, Schmiede, Klempner usw.) und eine weitere Klas- se für Handwerker der nicht konstruie- renden Berufe (Bäcker, Metzger, Schuh- macher, Schneider, Sattler und Pols- terer, Friseure, Maler und Anstreicher und dergleichen). Unterrichtet wurde von einem Gewerbelehrer nachmittags von 14 bis 20 Uhr in den Räumen der katholischen Volksschule. Außer den beiden Handwerksklassen gab es noch vier Klassen für Ungelernte (jugendli- che Arbeiter des Walzwerks, der Kis- tenfabrik, der Sägewerke usw.), deren Unterricht von 16 bis 20 Uhr dauerte.5

Es war schon ein Fortschritt, dass an den Sonntagen kein Unterricht mehr stattfand, sondern bereits werktags am frühen Nachmittag, wenn die Schüler von ihrer Arbeit noch nicht abgekämpft und infolgedessen auch noch aufnah- mefähiger waren. Der Unterricht für die kaufmännischen Klassen betrug ebenfalls 6 Stunden. Er wurde durch einen Diplom-Handelslehrer, der in Al- tenkirchen eine private Handelsschule betrieb, gewissermaßen nebenberuflich erteilt. Daneben gab es zwei weitere Berufsschulen im Amt Wissen: In Ho- nigsessen für die Schulorte Birken und Honigsessen und in für Elkhausen und Katzwinkel. Da die kommunalen Berufsschulen ei- ne monotechnische Ausbildung vermit- Zeugnis der Berufsschule im Amt Wissen vom 1. Oktober 1933 telten, die nicht mehr den Forderungen der fortschreitenden Technik entspra- chen, und die Berufsausbildung immer besuch für die ländliche Fortbildungs- nen Maßstäben angefertigt, Einzugs- breiter und vielseitiger wurde, waren schule eingeführt und die Trägerschaft gebiete eingezeichnet, Reisen zu den die Gemeinden gefordert, das Bildungs- übernommen. Warum sollte dies nicht Bürgermeistern und Vorstehern unter- angebot zu differenzieren. Dies über- auch für die gewerblichen Berufsschu- nommen, Innungen, Handwerkskam- forderte die heimischen Kommunen. len möglich sein? mer, Industrie- und Handelskammer Nur der Kreis bzw. ein Zweckverband, „Die maßgebenden, noch bestehenden bemüht, die Direktoren der größeren bestehend aus verschiedenen Ämtern Schulträger im Kreis, also Gemein- Industrieunternehmen für die Sache des Kreises, hätte eine solche Aufgabe den bzw. Ämter mussten für die Sa- interessiert, der Landrat in Besprechun- lösen können. Bereits 1927 hatte der che gewonnen werden. Im Auftrage gen mit dem Dezernenten für das Be- Kreistag durch Beschluss den Pflicht- des damaligen Regierungs- und Ge- rufs- und Fachschulwesen an der Re- werbeschulrates wurden statistische gierung in Koblenz über Umfang und Erhebungen über Schülerzahlen, Be- Ausmaß der Schule und ihre Bedeu- 4 Hans Helzer, Das Schulwesen im Kreis Altenkirchen, in: Der Landkreis Altenkirchen im 20. Jahrhundert, Eine rufsarten, Schulorte, Schulräume, tung für die Wirtschaft des Kreises ins Chronik, hrsg. v. d. Kreisverwaltung Altenkirchen, Alten- Wegestrecken u. a. m. vorgenommen, Bild gesetzt.“6 kirchen 1992, S. 301 f. 5 Vgl. Hubert Elben, Die Kreisberufsschule in Wissen, in: Karten des Kreisgebietes in verschiede- Wissener Heimatbuch, S. 447 – 450. 6 Ebenda, S. 448 f.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 2 5 Zeitungsbericht vom 13.11.1936 (wahrscheinlich Sieg-Post)

2 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Schule unter dem Hakenkreuz (Schulleiter Wilps: 1936 bis 1942/44)

33.1 Die Kreisberufsschule sowie einige nebenamtliche Lehrkräfte schaftliche Abteilung noch eine Lehrkü- zur Seite. che und Essräume eingerichtet werden Altenkirchen Die neue Kreisberufsschule zieht in und im Untergeschoss sollen Waschkü- Wissen in das Gebäude des 1935 auf- che und Bügelzimmer entstehen. Die Endlich, im Herbst 1936 ist es so weit. gelösten Realgymnasiums „Auf dem Schule verfügt sogar über eine eigene Die Berufsschulen im Kreis werden zur Löh“ ein. Sechs Klassenräume, drei für Turnhalle. Kreisberufsschule Altenkirchen zusam- die gewerbliche, zwei für die hauswirt- Daneben gibt es drei weitere Haupt- mengefasst. Mit der Leitung wird Dipl.- schaftliche und einer für die kaufmän- schulorte: Altenkirchen, Betzdorf und Handelslehrer Wilps aus Oberhausen nische Abteilung, ferner Zimmer für Kirchen.1 Hier wird in fachlich geglie- betraut, der den Amtstitel Kreisberufs- die zentrale Verwaltung und Leitung derten Klassen Unterricht von Gewer- schulleiter und später Direktor führt. sowie einige Nebenräume wie Lehrer- be- und Handelslehrern erteilt, wäh- Dem Schulleiter stehen zunächst nur zimmer, Sammlungsräume und der- rend in bis zu 15 Nebenschulorten Ju- die Gewerbelehrer Elben, Stein, Persy gleichen stehen nun zur Verfügung. 1 Konferenzberichte vom 14.11.1937 bis zum 1.3.1943 [im und der Dipl.-Handelslehrer Vorbeck Im Erdgeschoss muss für die hauswirt- Folgenden mit (1) zitiert], Bericht über die Konferenz vom 14. November 1937, S. 1 ff.

Fenster im Festsaal: Dankwart, Kriemhild, Gunther Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 2 7 Anzahl Anzahl Ort der Klassen der Schüler

Altenkirchen 17 563

Wissen 34 965 stehen die mit An- liche Unterrichtssoll beträgt zu dieser Betzdorf 43 1.261 schauungs- und Lehr- Zeit 160 Stunden im Jahr. mittel hervorragend Die Mädchen haben in der Woche meist Kirchen 94 2.787 ausgestatteten Werk- fünf Unterrichtsstunden: schulräume der Lo- Erteilte Unter- Anzahl komotivenfabrik Arn. richtstunden Jung bereit. Hierhin Fach / Schuljahr 1. 2. 3. hauptamtliche kommen die gewerb- 9 765 Völkischer Unterricht 1 1 1 Lehrer lichen Lehrling der Industrie, während Hauswirtschaftliches nebenamtliche 1 1 16 235 in Betzdorf Elektri- Rechnen Lehrer ker, Autoschlosser und Klempner – also Arbeitskunde (1), Bericht über die Konferenz vom 15. September 1937, S. 17 1 1 die Handwerksberu- und Schriftverkehr fe – in Spezialklas- Hauswirtschaftslehre 1 Ort Anzahl der Klassen sen zusammengefasst werden. Mit Geneh- Nähen 2 1 gewerbl. kaufm. ungelernte hauswirt. migung der Innung werden ab Ostern 1937 Gesundheitslehre 1 Altenkirchen 7 4 1 9 alle Maurerlehrlinge in Wissen eingeschult, Kochen 3 Betzdorf 8 7 3 13 für die man hier eine Wissen 15 6 3 13 Lehrwerkstatt errichtet. Erstmals sind auch Am 11. Februar 1942, das Kollegium Kirchen 12 Mädchen im Kreis besteht nun aus sieben weiblichen Altenkirchen berufs- und vier männlichen hauptamtlichen Nebenorte 11 schulpflichtig, die im Lehrern,2 wird Direktor Wilps nach Januar 1937 in Wissen Esch in Luxemburg abgeordnet und der 42 17 18 35 in der eigens einge- Fachvorsteher der Abteilung Berufsar- Schülerzahl 2.997 richteten hauswirt- beiter Reif vom Landrat Dr. Dr. Kunkel schaftlichen Abteilung zum Stellvertreter ernannt. Anzahl eingeschult werden; Am 6. Juni 1944 landen die Alliierten Ostern folgen Klassen in der Normandie und rücken unauf- hauptamtliche in Betzdorf und Al- haltsam auf die Reichsgrenze vor. We- 14 Lehrer tenkirchen. Die Schü- gen des nun ständigen Fliegeralarms lerinnen sind vorwie- muss im Herbst 1944 der Unterricht nebenamtliche 31 gend in der elterlichen eingestellt werden; die Mehrzahl der Lehrer Haus- und Landwirt- bisher noch nicht eingezogenen Lehrer schaft als Hausgehilfin wird am „Westwall“ eingesetzt und das (1), Bericht über die Konferenz vom 28. Januar 1939, S. 65 oder Hilfsarbeiterin Schulgebäude in Wissen als Lazarett beschäftigt. Die Schul- genutzt. gendliche, die in keinem Lehrverhältnis pflicht ruft teilweise den erbitterten Wi- „In jener Zeit wurde die Bevölkerung stehen, von nebenamtlichen Kräften – derstand der Eltern hervor. Es ist daher praktisch wieder in das Leben von Höh- meist Volksschullehrern – unterrichtet keine Seltenheit, dass Mädchen mit Po- lenmenschen zurückversetzt. Denn werden. Deren Unterrichtsstunde wird lizeigewalt zur Schule gebracht werden. im Tunnel in Brückhöfe, in den Luft- mit 3,00 RM (Ortsklasse B) vergütet. Im Januar 1939 gibt es bereits je 13 schutzstollen am Walzwerk, Brauerei, Die Summe von 1.200 RM darf jährlich hauswirtschaftliche Klassen in Wissen Köttingsbach, auf der Alten Hütte und allerdings nicht überschritten werden.1 und Betzdorf und 9 in Altenkirchen. in vielen anderen Erdlöchern, spielte Ab September 1940 nehmen auch die sich zu einem großen Teil das Leben Nur in Wissen findet der Unterricht im Mädchen aus dem Amt Daaden in der der Bevölkerung ab. Hier saß man dicht eigenen Berufsschulgebäude statt, wäh- Volksschule Daaden den Berufsschul- gedrängt mit dem Notwendigsten was rend in Betzdorf in einem Schulhaus unterricht auf. man zum Leben benötigte ausgerüstet, aus dem Jahre 1865, Friedrichstraße 39, zu Hunderten und mehr in stiller Er- genannt „Auf dem Äuchen“, unterrich- Unterrichtet wird in zwei „Schichten“, wartung, die nur unterbrochen wurde tet wird. Die Einrichtung ist hier primi- die Mädchen von 7.45 – 12.15 Uhr bzw. vom Weinen der Kinder und von der tiv, die sanitären Anlagen ungenügend. 14.00 – 18.30 Uhr. Der Unterricht der In Altenkirchen wird im evangelischen Jungen endet um 12.55 Uhr bzw. 19.20 2 Unterrichtet wurde in fünf Abteilungen, der jeweils ein Fachvorsteher vorstand: Herr Wunsch der kaufmänni- Gemeindehaus unterrichtet. In Kirchen Uhr. Pausen sind von 10.00 – 10.20 Uhr schen Abteilung, Herr Elben der Abteilung Metallgewerbe, Herr Hombücher der Abteilung Handwerk, Herr Reif der und von 16.30 – 16.50 Uhr. Das gesetz- Abteilung Berufsarbeiter, Fräulein Winkelmeier der Abtei- 1 (1), Bericht über die Konferenz vom 19. März 1938, S. 22. lung Hauswirtschaft und Gewerbe (weiblich).

2 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Auf dem Löh, Haupteingang Schülerinnen bei der Gartenarbeit vor Festlich geschmückte Schule anlässlich der dem Schulgebäude „Rückgliederung der Ostmark“ (Österreich) 1938 leisen Unterhaltung über das Schicksal auf Wissen vor. Die deutschen Trup- antworten. 7 Mit dem „Guten Morgen!“ der Nacht.“3 pen leisten jenseits der Sieg verzweifelt ist es vorbei. Am 11. März 1945, einem trüben Vor- Widerstand. Nach dem 5. April stoßen Jüdischen Schülern ist spätestens seit frühlingstag, warf zwischen 17.50 und die amerikanischen Verbände Richtung dem Runderlass des Ministers für Wis- 18.00 Uhr eine Bomberstaffel ihre töd- Morsbach und Richtung Betzdorf wei- senschaft, Erziehung und Volksbildung liche Last über Wissen ab. „Zu einem ter vor. Nach diesem Termin ist der [E I b 745 (b)] vom 15. November 1938 wahren Inferno gestaltete sich die Si- Krieg in Wissen faktisch zu ende. der Schulbesuch verwehrt: „Nach der tuation … Der Splitterschutzgraben im ruchlosen Mordtat8 von Paris kann es Richtweg, voll gepfropften mit Schutz- Bis zur endgültigen Regelung wird die keinem deutschen Lehrer … mehr zu- suchenden, wurde in Bruchteil von Se- Verwaltung im Kreis von den amerika- gemutet werden, an jüdischen Schul- kunden in Blut, Trümmer und ätzenden nischen Besatzungstruppen übernom- kindern Unterricht zu erteilen. Auch Rauch verwandelt. Furchtbar waren die men. Am 10. Juli 1945 löst die franzö- versteht es sich von selbst, dass es für Zerstörungen und furchtbar die Verlus- sische Militärverwaltung die amerika- deutsche Schüler unerträglich ist, mit te, die durch den Bombenhagel eintra- nische ab. Juden in einem Klassenraum zu sit- ten. Familien wurden zum Teil völlig zen … [Ich] ordne daher mit soforti- vernichtet, Tote und Verletzte ringsrum ger Wirkung an: Juden ist der Besuch und Hilfeschreie erfüllten die Luft. 3.2 Zwischen Pädagogik deutscher Schulen nicht gestattet. Sie Aber nicht genug damit. Während hier und Ideologie dürfen nur jüdische Schulen besuchen am Richtweg Tod und Grauen herrsch- … Diese Regelung erstreckt sich auf alle te, hagelten die Bomben zur gleichen Sobald die NSDAP an die Macht kam, mir unterstellten Schulen einschließ- Zeit auf das St. Antonius-Krankenhaus übernahm sie auch die Kontrolle über lich der Pflichtschulen.“9 Leider ist und das als Ausweichlazarett eingerich- das öffentliche Schulwesen. Bald hin- nicht überliefert, ob jüdische Schüler tete ev. Gemeindehaus. … Die Bergung gen die NS-Fahne und Hitlers Porträt die Berufsschule besuchten. der Toten und Verletzten war hier kam in jedem Klassenzimmer. Die alten möglich und noch stundenlang nach Lehrbücher werden entsorgt und durch Anfangs waren die wenigsten Lehrer dem furchtbaren Geschehen hörte man neue ersetzt. Man schreibt den Lehr- (überzeugte) Nationalsozialisten. Die die gellenden Hilferufe der unter den plan völlig um, so dass nur noch von neuen Machthaber setzen auf politisch Trümmern Begrabenen. … So hatte die- den Nationalsozialisten gebilligte Vor- zuverlässige Lehrer, die die Partei so- ser Bombenhagel … den einst blühen- stellungen gelehrt wurden.6 Die Schule wie deren Prinzipien vorbehaltlos un- den Ort in eine düstere Todeslandschaft dient bei den Jungen der Vorbereitung terstützten. Daher stellt man die Leh- verwandelt. Trümmer breiteten sich auf auf den Krieg und dem Leben als Sol- rer vor die Wahl: Entweder Eintritt in allen Straßen aus; es gab kein Licht, dat. Den Mädchen wird die Rolle der den NS-Lehrerbund oder Ausscheiden kein Wasser, kein Gas.“4 Die Bilanz: treu sorgenden Mutter und Ehefrau in aus dem Schuldienst. Das besondere 185 Tote, 452 Wohngebäude mit 928 der Familie zu gewiesen. Augenmerk der Partei gilt dem Schul- Wohnungen zerstört oder teilweise be- Auch Unterrichtsbeginn und -ende wer- leiter, der folgendes Profil zu erfüllen schädigt.5 den ritualisiert. Jede Unterrichtsstunde Anfang April dringen die amerikani- beginnt damit, dass der Lehrer die ste- 7 Vgl. www.gbg.kbs-koeln.de/jugend2004/tim_e/start.htm. Stand: 25.05.2009. schen Truppen aus dem Altenkirchener hende Klasse als erster durch Erheben 8 Am 7. November 1938 erschoss der 17-jährige Herschel Raum und aus dem Siegtal über Roth des rechten Armes und den Worten Grynszpan den deutschen Diplomaten vom Rath, um die Welt auf das Schicksal seiner Eltern und weiterer 17.000 „Heil Hitler“ begrüßt. Ebenso endet die polnischer Juden aufmerksam zu machen, die man aus dem Deutschen Reich ausgewiesen hatte. Dieses Attentat 3 Gustav Wirths, Der Weltkrieg 1939 – 1945, in: Wissener Schulstunde, nachdem sich die Schüler war Anlass zu staatlich gelenkten antisemitischen Pogro- Heimatbuch, Chronik der Verbandsgemeinde und Stadt erhoben haben und in gleicher Weise men in der Zeit vom 9. – 13. November in Deutschland. Wissen, neu bearbeitet und zusammengestellt von Rein- [Anm. d. Verf.] hard Liedtke, Wissen 1982, S. 106. 9 Josef Walk, Josef (Hrsg.), Das Sonderrecht für die Juden 4 Ebenda, S. 108 ff. im NS-Staat, Eine Sammlung der gesetzlichen Maßnah- 5 Vgl. Benno Solbach, Der 2. Weltkrieg, in: Der Landkreis 6 S. Susan Campbell Bartoletti, Jugend im Nationalsozialis- men und Richtlinien – Inhalt und Bedeutung, in der Altenkirchen im 20. Jahrhundert, Eine Chronik, hrsg. v. d. mus, Zwischen Faszination und Widerstand, 2007, Reihe: Motive – Texte – Materialien (MTV), Band 14, Karls- Kreisverwaltung Altenkirchen, Altenkirchen 1992, S. 164. S. 59. ruhe 1981, S. 256.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 2 9 Werk im der Jungenthal, Werk Arn. Werkszeitschrift Jung GmbH., Lokomotivenfabrik Jungenthal bei Kirchen a. d. Sieg, Jahrgang 2, Heft 3, April/Mai 1943, S.18-20 3 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Gebäude der Berufsschule in Betzdorf, Friedrichstraße 39. In der Nachkriegszeit wurde das Gebäude noch bis 1957 genutzt

hat: „Warmherziger, kluger, weltoffener, der Tafeln und die „Abortbenutzung“, Sieg-Heil auf den Führer und Reichs- erfahrener, aufrichtiger, gewandter Päd- um Fehlzeiten und Entschuldigungen, kanzler Adolf Hitler“5, auch markige agoge. Führerische Persönlichkeit. Ins- um organisatorische Fragen, wie Leh- Worte fallen: „Wir durften die uns an- tinktsicherer Menschenkenner, vorbild- rereinsatz, Lehrplangestaltung, Einfüh- vertrauten Menschen formen und er- licher Kamerad. Kritisches, ziehen wie wir sie später im klares, gerechtes Urteil. Nati- Staat gebrauchen können. onalsozialistische Gesinnung Wir haben unserem Führer einwandfrei. In Auftreten und geholfen, die Träger des neu- Haltung sicher, Redegabe. In en Reiches herauszubilden.“6 jeder Beziehung geeignet für In einem Protokoll heißt es: verantwortungsvolleren päda- „Er [der Schulleiter, Anm. gogischen Einsatz.“1 d. Verf.] schließt die Konfe- Als großes Problem in der renz mit dem Ausdruck der Schule erweist sich die Hit- Hoffnung, dass wir Erfolg lerjugend. Gruppenführer und Befriedigung in unserer dürfen z. B. von Lehrern vor Erziehungsarbeit finden und ihren Kameraden nicht geta- damit die Genugtuung haben delt werden. Unterrichtsver- am Aufbau des Vaterlandes säumnisse und nicht erledigte mitzuarbeiten. Denn alles, Hausaufgaben werden häufig was wir an der Jugend tun im mit Aktivitäten in der HJ bzw. Sinne Adolf Hitlers, tun wir Bund deutscher Mädchen ent- fürs ganze Volk.“7 Auch tages- schuldigt.2 Die Lehrer sind politische Ereignisse finden dagegen machtlos, da das Eingang in die Schlusswor- Regime der „Staatsjugend“ te: „Der Vorsitzende gedeckt sämtliche Freiheiten ein- der Not unserer sudeten- räumt. „Die Hitlerjugend-Mit- deutschen Brüder, und hofft, glieder genossen die Macht, dass auch diese bedrängten die sie über Lehrer und an- Volksgenossen recht bald in dere Autoritätsfiguren hatten. unser deutsches Vaterland In voller Uniform erschienen aufgenommen werden. Mit ganze HJ-Einheiten – mit bis Gruß und Dank an den Füh- zu hundert Jungen – an den rer schließt die Konferenz.“8 Türen der Klassenzimmer, Der Überfall auf Polen spie- um Lehrer, die sich nicht zur gelt sich im ersten Tagesord- NS-Weltanschauung bekann- Zeugnis der Kreisberufsschule 1938 nungspunkt der Konferenz ten, einzuschüchtern.“3 vom 9. September 1939 wider. Dies alles spiegeln die Kon- „Direktor Wilps weist auf den ferenzberichte nicht wider. Hier geht rung neuer Schulbücher, Pausenauf- tiefen Ernst der Stunde hin. Es gilt, es um die pflegliche Behandlung des sicht, Schülerlisten und Notenblätter, sich selbst und die Familie mit den Mobiliars und der Lehrmittel, um die aber auch pädagogisch-methodische Gedanken vertraut zu machen, dass der Sauberkeit der Schulsäle, die Reinigung Fragen … Kampf geführt wird um Deutschlands Und dennoch – einiges mutet uns 1 Vgl. www.gbg.kbs-koeln.de/jugend2004/tim_e/start.htm. Stand: 25.05.2009. heute befremdend an. Die Konferen- 5 (1), Bericht über die Konferenz vom 15. September 1937, S. 18 2 Der Schulleiter teilte in der Konferenz vom 15. September zen schließen „mit einem Gelöbnis der 6 (1), Bericht über die Konferenz vom 19. März 1938, S. 24. 1937 mit, dass grundsätzlich nur schriftliche Entschuldi- Treue zum Führer“4 oder „mit einem gungen gelten sollten und dass bei Schreiben von der HJ 7 (1), Bericht über die Konferenz vom 23. April 1938, S. 28. nur die Bannführung zuständig sei. Vgl. (1), S. 18. 8 (1), Bericht über die Konferenz vom 17. September 1938, S. 3 Susan Campbell Bartoletti, a. a. O., S. 59. 4 (1), Bericht über die Konferenz vom 11. Mai 1937, S. 9. 31.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 3 1 Unterricht in der „Werksschule“ der Firma Arn. Jung, Kirchen, Lehrer Steinberger. [Werk im Jungenthal, Heft 3, Mai/Juni 1944]

Sein oder Nichtsein. Unserer Jugend Auch wenn es um führen es die fundamentale Bedeutung konkrete Unter- Unterricht in der „Werksschule“ der Firma Arn. Jung, Kirchen und Größe dieses gewaltigen Ringens richtsinhalte geht, und den heroischen Einsatz unserer steht die Volksge- siegreichen Wehrmacht unermüdlich meinschaft im Vordergrund. „Was den dern alles hat den einen Zweck hinzu- vor Augen.“1 Unterricht in den Klassen der Unge- führen auf die Erkenntnis der großen In allen Klassen wird der völkische Un- lernten angeht, so soll nach einem gro- Zusammenhänge. Dabei ist es wertvoll, die Organisationsarbeit von HJ, DAF und Partei klarzustellen. Aus diesen „Die zukünftige Gestaltung des völkischen Unterrichts muss einheitlich geregelt Gruppen soll das notwendige herausge- werden. Die Grundlage zu diesem Unterricht bildet die nationalsozialistische Welt- nommen werden, um eine festere Bin- anschauung. Der völkische Unterricht kann für Jungens- und Mädchenklassen nicht dung des jugendlichen Arbeiters an die einheitlich aufgebaut werden, man muss ferner auf die Eigenart der einzelnen Be- Volksgemeinschaft zu erzielen. Dieser rufsschichten Rücksicht nehmen. Im ersten Schuljahr ist der Lehrplan für alle Berufe Gedanke soll in jeder Weise hervorge- gleichmäßig, im zweiten und dritten Schuljahr ist auf die gegebenen Verhältnisse kehrt werden.“2 Rücksicht zu nehmen. … Bei Kriegsbeginn werden die Kollegen Für ungelernte Klassen hat Herr Wilps einen Plan für Volkskunde aufgestellt, welcher Persy und Hassinger sowie eine An- kurz besprochen wird: zahl der nebenamtlichen Lehrer zur I. Schuljahr: Das Grundsätzliche des Nationalsozialismus, Wehrmacht eingezogen. Dies hat zur II. Schuljahr: Der Führer baut das 3. Reich Folge, dass der Unterricht für die „Be- III. Schuljahr: Rassenkunde (ist nur für die Oberstufe geeignet) rufsarbeiter“ (ungelernte Arbeiter) vor- erst ersatzlos ausfällt. Die Lehrlinge des Bei dem ganzen völkischen Unterricht ist darauf hinzuweisen, dass die Partei der Bekleidungs- und Kunstgewerbes so- Träger des Staates ist.“ wie die Müller werden bis auf Weiteres (1), Bericht über die Konferenz vom 17. Juni 1937, S. 9 f beurlaubt. Kriegsbedingt wird für ein halbes Jahr der Kochunterricht in der hauswirtschaftlichen Oberstufe einge- terricht verbindlich, gilt es doch die ßen Rahmen unterrichtet werden, kei- stellt, da die notwendigen Nahrungs- Schüler mit der nationalsozialistischen ne Einzelheiten herausstellen, sondern mittel nicht beschafft werden können. Weltanschauung zu indoktrinieren. ein großes Fachgebiet behandeln. Das Spinnstoffe werden nur bedingt zuge- Fachwissen soll nicht so umfangreich

1 (1), Bericht über die Konferenz vom 9. September 1939, S. werden wie in einer Fachklasse, son- 2 (1), Bericht über die Konferenz vom 15. September 1937, S. 39. 13 f.

3 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 teilt, so dass der Nähunterricht nur be- Aus einem Referat zum Thema: helfsmäßig fortgeführt werden kann. Wehrgeistige Erziehung in den Mädchenklassen Im Übrigen erfolgt soweit wie möglich und notwendig eine Zusammenlegung der Berufsschule der Klassen. Der Ministerialerlass vom Alles was heute in Deutschland geschieht, hat unter dem Gesetz des Krieges zu 20. Juli 1942 erhöht die Pflichtstunden- stehen. In unserem Volke sollen die soldatischen Eigenschaften geweckt werden. zahl für die Lehrer um zwei Stunden. Die Schule von heute ist deshalb auch ausgerichtet auf die Nation. Die Gesamtheit Im Winter 1942 treten wegen des ein- der Nation entscheidet. Die Wehrerziehung soll deshalb nicht Unterrichtsfach, geschränkten Zugverkehrs sondern Grundsatz sein. zusätzliche Schwierigkeiten auf. Der Unterricht für Schüler, die aus Rich- Nationalsozialisten und wehrgeistige Erziehung ruhen auf 3 Hauptsäulen: (nach tung Altenkirchen bzw. Betzdorf kom- Spielhagen) men, beginnt erst um 10 Uhr. Im Be- 1. Auf der rassischen Kraft des Einzelnen, ererbt aus dem Blute der Väter 2. Auf dem Glauben an eine blutmäßige Zusammengehörigkeit zu einer Volks- richt über die Konferenz vom 20. Okto- und Schicksalsgemeinschaft. ber 1942 heißt es lapidar: „Die Schüler 3. Auf der Treue zu dem, aus dieser Bluts- und Schicksalsgemeinschaft geborenen sind während der versäumten Stunden Führern. als beurlaubt zu betrachten.“3 Gemäß des Erlasses des Reichsluft- In der Reichskunde [Völkischer Unterricht, Anm. d. Verf.] nehmen die Themen, fahrtministers vom 25. August 1939 die diesen Zielen dienen einen breiteren Raum ein als bisher. (!) müssen die Schulen entsprechen- Die Erbgesundheitsfrage steht ganz unter diesem Thema. Führer und Helden de Vorkehrungen beim Luftschutz konnten in unserem Volk erst dann zu voller Entfaltung kommen, als das Volk, unbeeinflusst durch artfremde Elemente, der Stimme des Blutes folgte. – Der Le- treffen.4 Dazu gehören monatliche bensraum muss vergrößert werden, denn das deutsche Volk ist ein lebensstarkes, Belehrungen der Schüler ebenso wie sich entwickelndes Volk. das Anbringen von Verdunklungsein- Vorläufig aber muss für die Existenz des Volkes gekämpft werden. Ausschlagge- richtungen in den Klassenräumen. Für bend sind die Vierjahrespläne. – Besonders der 1. Vierjahresplan hat für große Vor- die Schule in Wissen galten folgende arbeiten geliefert. Seine Forderungen gingen an die Haushaltungen, sich der Ver- Regeln bei Fliegeralarm: „Die Mädchen brauchslenkung zu fügen und Eigenwünsche den volkswirtschaftlichen Belangen gehen zuerst hinunter und zwar in den unterzuordnen. So ist auch seit Jahren im hauswirtschaftlichen Unterricht oberstes Keller des Hausmeisters, die Jungen Ziel und Gesetz: Erziehung der Schülerinnen zu richtigem, volkswirtsch[aftlichem] postieren sich im Flur an den Wänden. Denken, Anpassung an die Marktlage in Bezug auf Auswahl und Zubereitung der Lebensmittel. Ein Warndienst ist einzuführen. Auf Die Lehrerin hat die dankbare Aufgabe: Aus dem Wenigen das Möglichste heraus- keinen Fall dürfen die Schüler auf eige- zuholen. ne Faust weggehen, da die Schule sonst Auf dem Gebiet der Ernährungslehre sind deshalb folgende Themen besonders die Verantwortung nicht übernimmt. zu behandeln: Im Luftschutzraum ist für die nötige Aufwertung der Nahrungsmittel durch richtige küchentechnische Behandlung. Ruhe und Ordnung zu sorgen.“5 Auswahl der Nahrungsmittel im Lichte der Volkswirtschaft und Gesundheitslehre. Joseph Goebbels Sportpalast-Rede6 liegt Sicherung der Nahrung durch Maßnahmen der Regierung. erst wenige Tage zurück, als am 1. März Wesentlich sind auch die volkswirtschaftlichen Betrachtungen und Berechnungen. 1943 die letzte dokumentierte Kriegs- An Hand von Zahlen und Zahlenbildern ist den Schülerinnen klar zu machen, Konferenz abgehalten wurde. Der totale dass unsere Ernährungslage gesichert ist und England das Ziel seiner Blockade Krieg hat Wissen schon lange erreicht. nicht erreichen wird. Allerdings muss den Mädchen klar gemacht werden, dass das Immer häufiger werden auch Lehrlin- ganze Volk bei der Abwehr helfen muss. ge zur Wehrmacht oder zum Reichs- Auf dem Gebiet der Nadelarbeit verzichten wir Augenblicklich auf Neuherstellung, arbeitsdienst einberufen. Immer häu- wichtiger ist, dass die Mädchen gut flicken und stopfen können. figer erhalten Familien die Mitteilung, dass ihr Sohn, Vater, Ehemann … für Die Gesundheitspflege bringt als Hauptthema: Warum muss ich meinen Körper gesund erhalten? Die Mädchen müssen erkennen, dass dies Pflicht gegen die „Führer, Volk und Vaterland gefallen Volksgemeinschaft ist, denn sie braucht „meine“ Arbeit. ist“. Das nationalsozialistische Gedan- Aus diesem Grund gehört auch die Säuglingspflege zur wehrgeistigen Erziehung: kengut und Vokabular hat mittlerweile Gesunde Mütter, gesunde Kinder, gesundes Volk! Denn: Dein Leben gehört nicht auch im Kollegium Fuß gefasst: dir, sondern deinem Volke! –

Von allen Fächern aus muss eine Verbindung zum Rechnen geschaffen werden. Durch Beispiele und Zahlen muss den Mädchen klar werden, welche Verantwor- 3 (1), S. 61. tung sie dem Volksganzen gegenüber tragen (80 % des Volksvermögens gehen 4 Also schon vor Kriegsausbruch erlassen! durch die Hände der Hausfrauen). 5 (1), Bericht über die Konferenz vom 27. Januar 1940, S. 42. Diese Erkenntnisse bewirken in den Mädchen ein Bewusstwerden der eigenen ras- 6 Nach dem katastrophalen Untergang der 6. Armee unter sigen Werte, daraus erwächst (sic!) ein starkes Pflicht- und Verantwortungsgefühl, General Paulus bei Stalingrad bereitet am 18. Februar 1943 Propagandaminister Goebbels mit seinem berüchtigten und daraus der Wille zur Tat, der Wille zum Opfer. – Denn unsere Mädels sind Auftritt im Berliner Sportpalast die deutsche Bevölkerung dann Mitstreiter im Kampf unseres Volkes, einsatzbereit wie der Mann. auf den selbst zerstörerischen Kampf bis zum bitteren Ende vor. Die Rede gipfelte in der Frage an die Zuhörer: (1), Bericht über die Konferenz vom 1. März 1943, S. 68 ff „Wollt Ihr den totalen Krieg?“

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 3 3 Wie der Phönix aus der Asche (Schulleiter Thiel: 1946 bis 1958)

44.1 Die mageren Jahre desverordnung zur politischen Säube- Altenkirchen und Betzdorf sind die Un- rung“ überprüft. Nur wer einen Säu- terrichtsräume zum Teil zerstört, Kü- Es sieht trostlos aus. An einen Un- berungsbescheid vorweisen kann, darf cheneinrichtungen vernichtet oder ab- terrichtsbetrieb ist zunächst nicht auf Wiedereinstellung hoffen.1 Auch in handen gekommen, wertvolle Anschau- zu denken. Kaum zu überwinden- ungs- und Lehrmittel unauffindbar. de Schwierigkeiten sind zu meistern. In Wissen stehen für den praktischen 1 Im Bericht über die Konferenz vom 15. März 1947 ist auf Nur schleppend kommen die Lehrer S. 20 zu lesen: „Über den Stand der Bereinigung gibt Dir. Unterricht sage und schreibe noch vier Thiel folgende Ausführungen: Urteile sind bisher ergan- aus der Kriegsgefangenschaft zurück. gen an Thiel, Hombrücher, Wunsch, Wolf, Persy, Winkel- und in Altenkirchen gerade eine Näh- Außerdem werden alle ehemaligen meier, Müller G. Die Urteile sind teilweise sehr hart, bes. maschinen zur Verfügung. in einem Falle. Konferenzberichte 29.1.1952 – 23.10.1958 NSDAP-Mitglieder gemäß der „Lan- [im folgenden (2) zitiert].

Ansprache des Schulleiters Hermann Thiel Auf Drängen der Wirtschaftskreise und mit Genehmigung der Militärregierung ist die Kreisberufsschule wieder eröffnet worden, sie umfasst 33 Klassen mit 800 Schülern und Schülerinnen. Die anwesenden Lehrkräfte haben die vorläufige Unterrichtsgenehmigung. Wieder im Amt zu sein, ist Ursache zum Dank. Wir haben auch Ursache zur Freude, weil die Zeit des Wartens und der Untätigkeit zu Ende ist, und wir mit beim Neubau sind. Die Menschen sind durch den Krieg stumpf, apathisch und ohne Hoffnung gewesen. Auch uns hat der Krieg schwere Wunden geschlagen; wir haben liebe Angehörige, Haus, Hof, Wohnung und Geld verloren. Wir kämpfen nun noch um die Kalorien, um ein Dach über dem Kopf, um Schuhwerk usw. Aber wir haben Hitlers totalen Krieg überstanden; wir Männer sind frei und ohne Stacheldraht. Nun gehen wir mit neuem Mut an die Arbeit. Es kommt ein neuer Frühling mit neuem Korn, und jeder Tag bringt neue Besserung. Ich sehe ohne Illusion, aber ich resigniere nicht. Wir fangen wieder von vorne an, unsere Kinder zwingen uns dazu. Es liegt mir daran, Ihnen für die Arbeit, die vor uns lieg, Mut zu machen. Lehrer an Berufsschulen sind immer Arbeit gewöhnt gewesen. Was erwartet man von uns? Wahrhaft demokratische Erziehung der Jugend, Abkehr von falsch verstandener nationalistischer Erziehung. Elternhaus, Kirche und Schule sollen wieder die alte Geltung haben. Wir wollen für Frieden, nicht für den Krieg wirken. Wenn wir in den vergangenen 12 Jahren sahen, wie die Jugend zum Krieg erzogen wurde, blutet uns das Herz. Es blutet auch, wenn unsere Jungen in den Krieg zogen; eine arme fehlgeleitete Jugend mit falschen Idealen zog in den Krieg mit einer Begeis- terung, die einer besseren Sache würdig gewesen wäre. Noch im Endstadium sah die Jugend den natürlichen Zusammenbruch nicht als notwendig an. Und wie viele, die wir erzogen haben, sind gefallen, Krüppel oder hinter Stacheldraht! Es ist nicht notwendig, dass in jeder Generation Jugend so verblutet. Friedliche Verständigung ist möglich. Wir haben die Aufgabe, die Menschen dazu bereit zu ma- chen. Wir wollen das Unsrige tun. Darüber hinaus arbeiten wir an der fachlichen Ertüchtigung unserer Schüler. Das ist notwendiger als je. Haben wir früher an erstklassigen Maschinen mit vielleicht mittelmäßigen Arbeitern Gutes hergestellt, so werden wir nun dasselbe Gute an schlechten Maschinen mit den vollkommensten Arbeitern herstellen. Wir werden bei unserer Arbeit Schwierigkeiten zu über- winden haben. Unsere Schulhäuser in Altenkirchen und Betzdorf stehen uns nicht mehr zur Verfügung. Die Jugend kommt mit einem Tiefstand an Wissen und Können zu uns wie nie zuvor. Auch sie ist durch den Krieg oft ohne Glauben und Hoffnung auf die Zukunft. Ihre betriebliche Ausbildung ist erschwert, die Betriebe schleppen sie durch. Wir werden auch in der Schule improvisieren müssen. An Heften, Büchern, Bleistiften und Literatur wird es mangeln. Aus Verkehrsgründen werden sich nicht immer reine Fachklassen bilden lassen. Aus Verkehrsgründen werden wir wahrscheinlich auch hohe Schulversäumnisse haben. Aber wir wollen den Verhältnissen das Beste abgewinnen. Ich las mit großem Interesse Ihre Konferenzberichte. Sie vermitteln von Ihren Arbeiten ein anschauliches Bild. Der Kreis war vor dem Krieg sehr berufschulfreudig. Die Berufsschule wird für den Aufbau weiter nötig sein. Stimmen der Regierung spre- chen von einem Aufbau des höheren, einem Aufbau des fachlichen Schulwesens. Der Kreis erwägt die Errichtung einer zweijährigen Handelsschule. Auch in Wissen ist es nicht ausgeschlossen, dass „wir wieder auf den Berg gehen“. Welches Ansehen unsere Schule haben wird, wird das Produkt unserer Arbeit und unserer Hingabe sein. Es ist erfreulich, dass hier die Zusammenarbeit mit der Schule von Handel, Handwerk und Industrie gesucht und gefunden worden ist, und dass die Schule sie auch gefördert hat. In diesem Sinne weiter! Dies alles als Grundsätzliches! (2), Bericht über die Konferenz vom 18. Mai 1946, S. 1 ff.

3 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 „Der Herr Regierungspräsident in Koblenz weist in einer Verfügung vom 10. Juni 1947 II c Nr. 207/47 darauf hin, dass den Lehr- personen für ihre zu Hause zu bewältigende Dienstobliegenheiten für ihr Arbeitszimmer Am 1. Mai 1946 wird in Wissen in Räu- mangelt – und manchmal entscheiden eine besondere Brennstoffzuteilung zu bewil- men der evangelischen Volksschule, die Verkehrsmittel und das Schuhwerk ligen ist.“ „Im Kreuztal“, der Schulbetrieb wie- über Unterrichtsteilnahme. Wie sich die Zeiten ändern, heute ist noch 2 der aufgenommen. Der neue Schullei- Die Klassen sind groß, sehr groß; bis nicht einmal mehr das Arbeitszimmer bei der ter, Hermann Thiel, eröffnet die erste zu 100 Schüler sitzen in einem Raum. Einkommensteuer berücksichtigungsfähig! Nachkriegs-Konferenz am 18. Mai mit Sitzen? „Im Wissener Hauptgebäude Es stehen nachmittags ja genügend Klassen- einer bewegenden Ansprache, mit der muss bei gleichzeitiger Benutzung der räume leer! er dem kleinen Kollegium3 aus der See- vier Klassenräume ein Teil der Schü- (2), Bericht über die Konferenz vom 2. August 1947, S. 27. le spricht. ler infolge Mangels an Schulbänke ste- hend am Unterricht teilnehmen.“6 Da Man ist froh, noch einmal davon ge- Glühbirnen Mangelware sind, muss kommen zu sein, denn nicht alle haben auch bei Dämmerlicht unterrichtet „Abgangszeugnisse sind auf dem Büro und das Glück, wieder arbeiten zu dürfen. werden. In den Monaten Februar und werden an alle zur Entlassung kommenden Mancher Kriegsteilnehmer kehrt gar März 1947 gibt es „Kälteferien“. We- Schüler und Schülerinnen ausgegeben. Infol- nicht mehr heim, wie Fachvorsteher gen der fehlenden Brennstoffe und des ge Papiermangel stehen der Kreisberufsschu- Reif, der in der Gefangenschaft starb. strengen Winters bleibt die Schule ge- le nur 500 Jahreszeugnisexemplare zur Ver- Auch die Schüler sind vom Krieg und schlossen. fügung. Herr Dir.Thiel ordnet an, dass daher keine Jahreszeugnisse ausgegeben werden. den augenblicklichen Verhältnissen Die gewerbliche und kaufmännische Abtei- gezeichnet. Sie werden zum Teil als Die Schulen stehen unter strenger Kon- lung haben für jeden Schüler eine Karteikar- apathisch geschildert, mit ernsten Zu- trolle der französischen Besatzungsbe- te, sodass dort die Jahresnoten festgehalten kunftssorgen behaftet, gleichzeitig ist hörde in Altenkirchen. Die Schullei- werden können. … Herr Dipl. Hdl. Wunsch eine „große Bereitschaft zur Aufnah- tung hat jeden Monat einen ausführli- übernimmt es, Verhandlungen aufzunehmen me von Wissen und Anregungen“ zu chen Bericht über Lehrer- und Schüler- betreffs Lieferungen von Zeugnisformularen erkennen, dennoch zeigen die theore- zahl, seelische Haltung von Lehrkräf- gegen Lieferung von Altpapier. Falls es ihm tischen Leistungen bei den ersten Ge- ten und Schülern, Ernährungszustand, gelingt und er die nötige Anzahl erhält, sollen sellenprüfungen „einen beängstigen- Bekleidung und Schuhzeug und über in der Woche ab 1. Oktober Jahreszeugnisse ausgegeben werden.“ den Tiefstand“.4 Beklagt werden von alle Schwierigkeiten, die der ordentli- den Lehrern die Umgangsformen der chen Unterrichtserteilung entgegenste- (2), Bericht über die Konferenz vom 2. August 1947, S. 24. Schüler und der eigene Autoritätsver- hen, vorzulegen. Ausdrücklich verlangt lust: „Sie stehen – trotz der Hinwei- der zuständige Offizier, Capt. Vivés, se – teilweise vor Schulbeginn auf der schonungslose Rapporte. Straße. Ihr Grüßen uns gegenüber ist „Erstmalige sollen nun die Schülerinnen aus schwach.“5 Als Folge der Unterernäh- Zudem fürchten die Behörden7 natio- Herdorf beschult werden, da nach Betzdorf eine gute Bahnverbindung besteht. Es ist be- rung zeigen sich besonders bei den nalsozialistische Umtriebe. Ein Rund- absichtigt die Schülerinnen aus Wehbach und Jugendlichen aus den städtischen Be- schreiben des Oberpräsidenten vom 14. entfernt liegenden Dörfer vorerst nicht mehr zirken im zunehmenden Maße Tuber- August 1946, fordert die Lehrkräfte auf, zu beschulen, da die Bahnverbindung sehr kulose-Erscheinungen. „darüber zu wachen, ob sich bei den Ju- schlecht ist, und die Wege bei dem mangel- gendlichen die Tendenz zeigt, Gruppen haften Schuhwerk zu weit sind.“ Es fehlen nicht nur Nahrungsmittel, bzw. Zellen nat[ional]-soz[ialistischer] (2), Bericht über die Konferenz vom 2. August 1947, S. 26. sondern es fehlt buchstäblich an al- oder militaristischer Natur zu bilden.“ lem, an Schulbüchern und Fachlitera- Direktor Thiel weist in eindringlicher tur, Buchführungs- und Schreibheften, Form darauf hin, „dass jede Lehrkraft Zeichenblättern und Formularen. Die bei ihren Schülern durch Stichproben „Für 2 kg Lumpen erhalten die Schulen 1 Auf- Schüler schreiben, soweit vorhanden, überwachen muss, ob die mitgeführten nehmer, der zur Reinigung der Schule dienen auf die unbedruckten Ränder von Zei- Bücher und Hefte frei sind von natio- soll. Die Konferenzteilnehmer sind alle der tungen. Der Kochunterricht findet nicht nalsozialistischem Gedankengut. Die Ansicht, dass bei der derzeitigen Textilknapp- statt, weil „ein empfindlicher Mangel in diesem Sinne erfolgten Hinweise heit eine solche Sammlung in dieser Schule an Küchengeräten herrscht und Neu- sind im Klassenbericht zu vermerken. ohne Erfolg sein wird.“ anschaffungen recht schwierig sind“, Bei den Antragsformularen der Reichs- (2), Bericht über die Konferenz vom 29. April 1948, S. 34. auch die notwendigen Lebensmittel bahn und vorgelegten Zeugnissen ist werden nicht bewilligt. die Entfernung bzw. Überklebung des Hakenkreuzes und Hoheitsabzeichens Nicht alle Schüler und Schülerinnen zu fordern.“8 Der „völkische Unter- können am Unterricht teilnehmen, da richt“ entfällt natürlich, dafür erhal- es an Lehrern und Unterrichtsräumen 6 (2), Bericht über die Konferenz vom 5. Oktober 1946, S. 14. ten die Schüler der kaufmännischen 7 Für die drei nördlichen Regierungsbezirke wurde am 3. Ja- nuar 1946 das Oberpräsidium Rheinland-Hessen-Nassau Abteilung Unterricht in Französisch, 2 Vgl. Elben, Hubert: a. a. O., S. 449. mit Sitz in Koblenz gebildet. Die Verordnung Nr. 57 des während die eingesparte Zeit in der 3 Elben, Hombrücher, G. Müller, M. Müller, Persey, Stüber, Zonenbefehlshabers Pierre Koenig vom 30. August 1946 Wolf, Wolfgarten und Wunsch. verfügte die Schaffung eines rheinpfälzischen Landes. In einer Volksabstimmung am 18. Mai 1947 stimmten 53 4 (2), Bericht über die Konferenz vom 5. Oktober 1946, S. 15. % der Bevölkerung für die Annahme der Verfassung des 8 (2), Bericht über die Konferenz vom 5. Oktober 1946, S. 15 5 (2), Bericht über die Konferenz vom 18. Mai 1946, S. 4. Landes Rheinland-Pfalz. f.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 3 5 Religionsunterricht an der Berufsschule Die Verfügung des Regierungspräsidenten vom 8. April 1946 schloss die Aufnahme des Re- ligionsunterrichts in den Lehr- und Stundenplan aus, ließ aber eine freiwillige Teilnahme an religiöser Unterweisungen im Anschluss an die Schulstunden ausdrücklich zu. Nur wenige Programm zu erarbeiten. „Ein Vor- Monate später wurde durch Verfügung vom 10. Juli 1946 der Religionsunterricht auch an schlag von Herrn Direktor Thiel ging der Berufsschule obligatorisches Lehrfach. Nun ist die weltanschauliche Unterweisung und dahin, im Jahr 8 Schulungen durch- sittliche Charakterformung wünschenswert. zuführen, die jeweils einen halben Tag „Direktor Thiel erklärt zur Frage des Religionsunterrichts: Wir betonen als Berufsschule die dauern sollten. Zu Beginn der Schulung Notwendigkeit der religiösen Unterweisung, vor allem als Ausgleich für die religionsfeindli- soll ein allgemeines Thema in Form ei- che Einstellung des Dritten Reiches. Der Einbau der Religionsstunden in den Berufsschul- nes Referates behandelt werden und im unterricht ist außerordentlich schwierig, da das Berufsschulwesen sehr differenziert ist, Anschluss daran soll eine Lehrdarbie- sowohl in Bezug auf das Alter als auch auf die Konfessionen und die Verkehrsmöglichkei- ten. Einbau der Religionsstunde vor dem Unterricht bedeutet: die Schüler sind morgens am tung folgen, die vor allem den Zweck frischesten, doch wirkt sich das Zuspätkommen infolge der Verkehrsverhältnisse sehr stö- haben soll, den nebenamtlich unter- rend aus. Einbau zwischen den Unterrichtsstunden: Lehrkräfte und andersgläubige Schüler richtenden Personen Musterdarbietun- müssen sich auf dem Schulhof aufhalten. Einbau nach dem Unterricht: Der Lehrer bleibt gen zu zeigen und den jungen, neu in der Klasse, bis der Religionslehrer kommt, also sind alle Schüler vollzählig versammelt.“1 hinzugekommenen Lehrkräften einen Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 (Auszug) Anhalt zu geben. Artikel 34: Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach an alle .., Berufsschulen, … Durch gemeinsame Überlegungen und Artikel 35: Die Teilnahme am Religionsunterricht kann durch die Willenserklärung der Beratungen kamen dann folgende Vor- Eltern oder Jugendlichen, sofern sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, abgelehnt werden. Für Jugendliche, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, ist ein Unterricht über die schläge zustande, zu denen auch gleich allgemein anerkannten Grundsätze des natürlichen Sittengesetzes zu erteilen. die betreffenden Lehrpersonen gewählt „Das Kultusministerium teil .. folgendes mit. Grundsätzlich nehmen alle Schüler wurden, um das Thema zu überneh- unter 18 Jahren pflichtgemäß am Religionsunterricht teil, sofern es die Erziehungs- men. berechtigten nicht anders bestimmen. Schüler mit vollendeten 18. Lebensjahr kön- 1. a) Berufserziehung zum Frieden nen über die Teilnahme selbst entscheiden.“2 Diese Regelung stand im Widerspruch (Dir. Thiel) zu § 5 Gesetz über die religiöse Kindererziehung vom 15. Juli 1921. „Nach der Vollen- b) Die Gewerbeunfallversicherung dung des vierzehnten Lebensjahrs steht dem Kind die Entscheidung darüber zu, zu (Dir. Thiel) welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will.“ Die Regelung wurde erst durch Gesetz vom 15. März 1991 geändert. Der Artikel 35 Absatz 1 erhielt folgende Fassung: 2. a) Das kriegszerstörte Heim und die Die Teilnahme am Religionsunterricht kann durch Willenserklärung der Eltern oder der Verwahrlosung der Jugend (Fachvor- Jugendlichen nach Maßgabe des Gesetzes abgelehnt werden. steher Hombücher) „Das Bischöfliche Ordinariat in Mainz hat den Antrag gestellt, an den Berufsschulen Religi- b) Wohnungshygiene (FV Hombü- onsunterricht einzurichten. Daraufhin hat der Minister für Unterricht und Kultur verfügt, cher) dass Religionsunterricht an den Berufsschulen als Eckstunde eingerichtet wird.“3 3. a) Die soziale Lebensform und die Diese Regelung führt in den nächsten Jahren wiederholt zu Beschwerden der Religions- Lehrerpersönlichkeit in der Berufs- lehrer (häufig nebenamtlichen Pfarrern) und dem Kollegium, das gestützt auf sinnvolle schule (GOL Persy) und weniger sinnvolle Argumente an dieser Regelung festhalten will. Die Religionslehrer b) Die Behandlung von Postanwei- fordern eine Integration des Religionsunterrichts in den Gesamtstundenplan.4 Wegen der Raumnot müssen Jungen und Mädchen im Religionsunterricht in einer Klasse sung und Zahlkarte im Unterricht unterrichtet werden. 5 Der Religionsunterricht als Vorreiter der Koedukation? (GOL Persy) 4. a) Abbé und sein Werk (FV Elben) 1 (2), Bericht über die Konferenz vom 19. April 1947, S. 22 f. b) Dreisatzaufgaben im Rechenun- 2 (2), Bericht über die Konferenz vom 9. Juli 1951, S. 85. terricht der Berufsschule (GOL Per- 3 (2), Bericht über die Konferenz vom 20. Oktober 1948, S. 45. sy) 4 Vgl. (2), Bericht über die Konferenz vom 3. September 1953. 5. a) Zeitgemäßer Fachunterricht in 5 Vgl. ebenda. den Hauswirtschaftsklassen der Berufsschule (G. Müller) b) Die Bedeutung der Nährstoffe im Hauswirtschaft und im Handwerk zu- ehemaligen Gasanstalt zur Verfügung. menschlichen Körper u. rechneri- sätzlichen für Fachrechnen verwendet Obwohl in vielen Fenstern die Scheiben sche Auswertung (Kalorienberech- wird. Der Religionsunterricht wird or- fehlen, wird der Raum von den Schuh- nung) (GL M. Müller) dentliches Lehrfach an der Berufsschu- machern montags vormittags und von 6. a) Die Dynastie der Fugger und ihr le. Allerdings fehlen vorläufig noch die den Bäckern donnerstags nachmittags Werk (Dpl-Hdl. Wunsch) Geistlichen, die den Unterricht erteilen „besetzt“. Der Unterricht der hauswirt- b) Die Mängelrüge (Dpl.-Hdl. Ul- können. schaftlichen Klassen muss wegen der rich) Besorgniserregend ist die Raumsituati- Raumnot restlos auf den Nachmittag 7. a) Die Zusammenarbeit der Berufs- on. Startete die Schule mit 800 Schü- verlegt werden. schule mit den Organisationen der lern, so sind es im Sommer bereits Andererseits „normalisieren“ sich die Wirtschaft (Dir. Thiel) 1386. Früher standen der Kreisberufs- Verhältnisse. Nach und nach wird der b) Geschichte des Handwerks (FV schule allein 8 Räume in Wissen zur Unterricht auch in Betzdorf und Alten- Hombücher) Verfügung, jetzt sind es gerade ein- kirchen wieder aufgenommen. Durch 8. a) Die Technik, ihr Segen und ihr mal 5. Um die größte Not zu lindern, eine „Regierungsverfügung betreffs Fluch (FV Elben) stellt der Ortsbürgermeister von Wis- Lehrerweiterbildung“ wird das Kolle- b) Arbeit und Leistung (GOL sen einen zusätzlichen Raum in der gium verpflichtet, ein entsprechendes Schmidt)

3 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Diese Aufstellung soll der Regierung als Vorschlag eingereicht werden.“ 1

Die Währungsreform am 20. Juni 1948 bringt die Deutsche Mark. „Nun gab es diese vierzig DM für jeden. Das fand ich wunderbar gerecht. Dass viele Land- und Hausbesitzer doch wieder besser dran waren als die Nur-Lohn- Empfänger, ahnte man nicht. Gleich am nächsten Tag, oder jedenfalls bald danach, ging man staunend von Schau- fenster zu Schaufenster. So viele lang entbehrte Dinge lockten. Man konnte, man musste sich satt sehen. Das Geld reichte nicht, alles zu erwerben, was Herz und Magen begehrten. Trotzdem! Man fühlte sich besser.“2

Galt dies auch für die Schule? Sicher- lich, die Brennstoffversorgung ist ge- sichert, es gibt wieder Glühbirnen und „die Firmen überschwemmen die Schu- le mit Lehrmittelangeboten. Aber es ist kein Geld da für die Anschaffung dieser Dinge.“3 Wegen fehlender Haushalts- mittel verhängt die Landesregierung eine Einstellungssperre. Bei den Fach- kursen, die die Berufsschule zusätzlich anbietet, sinken die Teilnehmerzahlen stark. „Die Gründe sind verschiedener Art, teils scheinen die Semestergebüh- ren zu hoch, der Lohnausfall macht sich bemerkbar, teils sind die Lernmit- Raumbelegungsplan [Bericht über die Konferenz vom 5. September 1949] telauslagen schwer zu bestreiten und die Fahrtkosten nicht ermäßigt. Man- che Schüler kommen bis zu 20 km mit Landrates ist ein Berufsschulvorstand dem Fahrrad, um zu sparen.“4 zu wählen, der sich aus je einem Ver- 1 (2), Bericht über die Konferenz vom 10. Oktober 1947, S. 28. treter des Handwerker, der Industrie, 2 Doris Schade, 20. Juni 1948, in: Mein Kopfgeld, Die Wäh- Auch übt man sich in Spielregeln der der Gewerkschaften, der Hausfrauen, rungsreform – Rückblick nach vier Jahrzehnten, hrsg. v. Heinz Friedrich, München 1988, S.114. Demokratie. Lt. Verfügung des Herrn dem Leiter der Schule und je einem 3 (2), Bericht über die Konferenz vom 20. Oktober 1948, S. 43. 4 Ebenda, S. 47.

Das ehemalige Schwimmbad in der Friedrichstraße in Betzdorf wurde wahrscheinlich direkt nach dem Krieg als Berufsschule für Jungar- beiterinnen genutzt.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 3 7 für die Kreisbe- rufsschule umzu- bauen. Der vom Amtsbaumeister in Betzdorf be- reits ausgearbei- tete Plan sieht im Erdgeschoss eine Schulküche, eine Waschküche und eine kleine Haus- meisterwohnung vor, im ersten und zweiten Stock je fünf Klassenräu- me und je einen kleinen Raum als Geschäfts- bzw. L e h r e r z i m m e r. Der Gemeinde- und der Amts- bürgermeister in Maschinenschlosser Oberstufe, 28. Sept. 1949 in der „Werksschule“ der Firma Arn. Jung, Kirchen mit dem Berufs- Betzdorf bekun- schullehrer Persy aus Kirchen den gegenüber Direktor Thiel ein Vertreter der Lehrer und Lehrerinnen und die Elternschaft der ev. Volksschu- lebhaftes Interesse an einer Verlegung zusammensetzt. Ein Betriebsrat/Perso- le immer heftiger auf Rückgabe der der Kreisberufsschule nach Betzdorf, nalrat wird installiert und am 1. Januar von der Kreisberufsschule benutzten der dem Ansinnen nicht unbedingt ab- 1950 treten viele Kollegen dem Deut- Räume pocht, und entsprechende Arti- lehnend gegenüber steht. Fraglich ist schen Verband der Lehrerschaft an be- kel in den Tageszeitungen lanciert. Der allerdings die Finanzierung des 190.00 rufsbildenden Schulen, Landesverband Schulleiter der Kreisberufsschule sieht DM teuren Gebäudes, an dem sich Rheinland-Pfalz, bei und gründen ei- sich daher genötigt, ebenfalls durch die auch die Nachbargemeinden beteiligen nen Kreisverein, dessen 1. Vorsitzender Tageszeitung zur Raumfrage Stellung sollen.2 Dr. Schmidt wird. Die kaufmännischen zu nehmen. Hierdurch wird die Ge- Etwa zur gleichen Zeit bemängelt der Lehrkräfte hatten sich bereits vorher meinde Betzdorf aufmerksam und kam Direktor des Arbeitsamtes, RO Insp. im Deutschen Diplom-Handelslehrer- von sich aus mit dem Vorschlag, die Weißgerber, das Fehlen berufsvorberei- Verbandes, Landesverband Rheinland- zerstörte Turnhalle zu einem Gebäude tender Schulen im Kreis. Dies wieder- Pfalz, organisiert.1 Es wird noch einige um nimmt der Schulleiter zum Anlass, Jahre dauern, bis auch die Schüler in bei der Kreisverwaltung eine zweijäh- diesen Prozess einbezogen werden. In rige Handelsschule zu beantragen, die Die Gründung der Bundesrepublik der Konferenz vom 12. April 1957 wird liegt erst wenige Monate zurück, gute Volksschüler und solche von der erstmals über die Schülermitverwal- da ordnet der Minister für Unter- höheren Schule mit dem Versetzungs- tung referiert. richt und Kultur die Wiederaufnah- vermerk für O III. nach einer Aufnah- me des politischen Unterrichts in meprüfung zur Mittleren Reife führen Berufsschulen an. „Zunächst sollen soll. Nach Meinung des Antragstellers 4.2 Wissen oder Betzdorf? bestimmte Artikel der Bundesverfas- ist der Kreis mit nahezu 100.000 Ein- Die Handelsschule sung im Unterricht behandelt wer- wohnern in der Lage, die Schule zu den. Die Konferenzteilnehmer waren tragen, zumal ein großer Teil der Kos- entschei­det über den sich der Bedeutung des Staatsbürger- kunde-Unterrichts als Erziehungs- ten durch das Schulgeld aufgebracht Standort! mittel bewusst, denn gerade unsere würde. Darüber hinaus sei die Schule Berufsschüler sind für die politischen nötigt, „denn eine beträchtliche Zahl Die Unterbringung der Kreisberufs- und sozialen Bildungsgüter aufnah- von Schülern unseres Kreises besucht schule in Wissen in bis zu fünf weit mebereit. Das Erkennen politischer die Handelsschule in Neuwied, Siegen auseinander liegenden Gebäuden kann und sozialer Zusammenhänge trägt oder Siegburg.“3 Bereits 1941 hatte ei- keine dauerhafte Lösung sein, zumal dazu bei, aus den Schülern von heu- ne Genehmigung der Regierung für das Gymnasium die Räume im Schul- te verantwortungsfreudige demokra- eine zweiklassige Handelsschule vor- tische Staatsbürger von morgen zu gebäude „Auf dem Löh“ beansprucht formen.“ (2), Bericht über die Konferenz 2 Vgl. (2), Bericht über die Konferenz vom 31.Mai 1949, 1 Vgl. (2), Bericht über die Konferenz vom 17. Dezember vom 17. Dezember 1949, S. 64 f. S. 52 f. 1949, S. 67 f. 3 Ebenda, S. 53 f.

3 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Lied vom Wirtschaftswunder Musik: Franz Grothe / Text: Günter Neumann / Gesang: Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller (1958) gelegen. Der Plan konnte infolge des Die Straßen haben Einsamkeitsgefühle Wer Sorgen hat, hat auch Likör Krieges jedoch nicht realisiert werden, Und fährt ein Auto, ist es sehr antik und gleich in hellen Scharen Nur ab und zu mal klappert eine Mühle Die Läden offenbaren uns wieder da keine geeigneten Lehrkräfte zu be- Ist ja kein Wunder nach dem verlorenen ­Luxuswaren kommen waren. Krieg Am 19. Juli 1949 gibt der Schulleiter Aus Pappe und aus Holz sind die Gardinen Die ersten Nazis schreiben bekannt, dass die Handelsschule ge- Den Zaun bedeckt ein Zettelmosaik fleißig ihre Memoiren nehmigt sei. Da die Standortfrage noch Wer rauchen will, der muss sich selbst be- Denn den Verlegern fehlt es an Kritik offen ist, buhlen mehrere Gemeinden dienen Ist ja kein Wunder nach dem um die Gunst und sind gewillt, die not- Ist ja kein Wunder nach dem verlorenen verlorenen Krieg wendigen Räumlichkeiten und Lehr- Krieg Ist ja kein Wunder nach dem mittel zur Verfügung zu stellen. Im verlorenen Krieg Einst waren wir mal frei Wenn wir auch ein armes Land sind Protokoll heißt es: „Überall im Kreis Nun sind wir besetzt Und so ziemlich abgebrannt sind ist man äußerst lebendig geworden. Das Land ist entzwei Zeigen wir, dass wir imposant sind Man beginnt einzusehen, dass die Be- Was machen wir jetzt? Weil wir etwas überspannt sind rufsschule etwas bedeutet. Betzdorf hat Wieder haun‘ wir auf die Pauke Vorschläge gemacht, die Handelsschu- Jetzt kommt das Wirtschaftswunder Wir leben hoch hoch hoch hoch hoch le in der Volksschule Burgstraße, evtl. Jetzt kommt das Wirtschaftswunder höher hoch in der Kruppschen Bergverwaltung Jetzt gibt‘s im Laden Karbonaden Das ist das Wirtschaftswunder unterzubringen. In Wissen hat sich schon und Räucherflunder Das ist das Wirtschaftswunder Jetzt kommt das Wirtschaftswunder Zwar gibt es Leut, die leben heut der evangelische Teil der Bevölkerung Jetzt kommt das Wirtschaftswunder noch zwischen Dreck und Plunder nach längeren Verhandlungen damit Der deutsche Bauch erholt sich einverstanden erklärt das neue Schul- auch und ist schon sehr viel runder Doch für die Naziknaben, gebäude das auf dem schnellsten Wege Jetzt schmeckt das Eisbein wieder in Aspik die das verschuldet haben fertig gestellt werden soll als Volks- Ist ja kein Wunder nach dem Hat unser Staat viel Geld parat schule zu nehmen. Ein Schulsaal und verlorenen Krieg und spendet Monatsgaben ein Kellerraum (als Schulsaal geeignet) Man muss beim Autofahren Wir sind ne ungelernte Republik sollen vorübergehend für Zwecke der nicht mehr mit Brennstoff sparen Ist ja kein Wunder ist ja kein Wunder Ist ja kein Wunder nach dem Handelsschule zur Verfügung gestellt verlorenen Krieg werden. Es ist beschlossen im Frühjahr 1950 mit dem Ausbau der alten evan- http://www.planet-wissen.de/pw/Artikel,,,,,,,DA0FE127B72ED6F6E030DB95FBC30A70,,,,,,,,,,,,,,,.html gelischen Schule zur Berufsschule zu (Stand: 17.06.2009) beginnen. “4 Am 5. September 1949 erfolgt die feier- liche Eröffnung der Handelsschule und der Schulname wird in „Berufs- und Der neue Bildungsgang erfreute sich des bäuerlichen Berufsstandes und Handelsschule des Kreises Altenkir- von Anfang an großer Beliebtheit, so der Gärtner, sondern war auch Teil der chen“ geändert. Von den 41 gestarte- dass wegen der begrenzten Schulplätze landwirtschaftlichen Verwaltung, die ten Absolventen verlassen nach einer in manchen Jahren zwei Drittel der durch Beratung neue wissenschaftliche Prüfung im Sommer 1951 erstmalig 34 Bewerber abgewiesen werden mussten. Erkenntnisse der Praxis nahe bringen erfolgreich diesen neuen Bildungsgang, Mancher dieser abgewiesenen Kandida- wollte. Daneben war das Lehrpersonal der für die heimische Wirtschaft eine ten versuchte dann sein Glück an einer in der Geschäftsführung der landwirt- große Bedeutung gewann und einen privaten Handelsschule, die es damals schaftlichen Verbände und Vereine ausgezeichneten Ruf genoss. So mel- an vielen Orten gab. tätig.“7 det die Schulleitung noch Anfang der 1950 wird die landwirtschaftliche Be- Sechziger Jahre: „Es dürfte interessant rufsschule als besondere Abteilung der sein zu erfahren, dass alle Schüler der Kreisberufsschule angegliedert. Die 4.3 Die Wirtschafts­ Klasse bereits vor der Prüfung (aller- Zahl der Schülerinnen erhöht sich da- wunderjahre dings unter der Voraussetzung sie zu durch um etwa 500. Sie werden in Birn- bestehen), ihre Lehr- bzw. Anlernstel- bach, Mehren, Leuzbach, Flammers- Mit der Währungsreform beginnt in der le hatten, ja, dass die Nachfrage nach feld, Betzdorf, Elkenroth, Gebhardhain, Bundesrepublik Deutschland eine wirt- Handelsschülern bei weitem das An- Steeg, Daaden, Herdorf und Friesen- schaftliche Entwicklung, die niemand gebot überstieg. So ist es schon seit hagen beschult.6 Daneben besteht die in den kühnsten Träumen erhofft hatte. Jahren. Denn es ist nicht verborgen Landwirtschaftschule in Wissen (bis Produktion und Export sind die Garan- geblieben, dass die Handelsschulen der 1975) bzw. in Altenkirchen weiter, als ten für den Aufschwung und den Er- heimischen Wirtschaft hervorragende Fortsetzung der „Winterschule“. „Von folg der Marktwirtschaft. „Made in West Kräfte zur Verfügung stellen kann.“5 Anfang an diente das landwirtschaftli- “ setzt das seit 1871 renom- che Schulwesen nicht nur der Bildung mierte „Made in Germany“ als Aushän- geschild deutscher Markenartikel fort. 4 (2), Bericht über die Konferenz vom 19. Juli 1949, S. 58. 5 Pressebericht der Schulleitung an die Zeitungen des Krei- 6 Vgl. (2), Bericht über die Konferenz vom 4. Februar 1950, ses. Leider ohne Datum, wohl 1961. S. 68 ff und Bericht über die Konferenz vom 19. Juli 1950. 7 Helzer,Hans: a. a. O., S. 304.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 3 9 „Am Samstag, den 15.11., soll in den Klassen schlichte Feiern aus Anlass des Volkstrauer- tages abgehalten werden. Besonders soll der Gefallenen an der Front und in der Heimat gedacht werden. … Die Feier soll in der 5. Lebensstandard widerspiegelten.“1 Das tall- und baugewerblichen Berufen zur Stunde stattfinden, anschließend ist schul- frei!“ Ausland spricht mit Bewunderung vom Fachschulreife, die zum Besuch einer deutschen Wirtschaftswunder. Ingenieurschule berechtigt. Auf dem (3), Bericht über die Konferenz vom 13. November 1952. Lehrplan stehen Deutsch, Geschichte, Es geht auch in unserer Heimat wirt- Erdkunde, Mathematik, Chemie und schaftlich aufwärts. Erstmals nimmt Physik. Wegen des großen Andrangs5 1952 die Kreisberufsschule an der Kreis- folgen im Januar und nach Ostern ein „Tragen kurzer Hosen jugendwoche teil. Alle 4.200 Berufs- zweiter und dritter Kurs. Dies ist umso Dieses Thema ruft eine lebhafte Diskussion schüler des Kreises treffen sich in Wis- erfreulicher, da der Besuch des Kurses hervor. Ein generelles Verbot ist aus grund- sätzlichen Erwägungen heraus nicht mög- sen, auch die Schüler der Werkschu- für die Schüler mit großen persönli- lich. Übereinstimmend ist die Meinung, dass len (80), der beiden bergmännischen chen Opfern verbunden ist: Die Teil- das persönliche Gefühl der Schüler für das Schulen und der beiden Eisenbahn- nehmer haben nicht nur weite Schul- Schickliche und Unschickliche entscheidend werkschulen (350). Die Teilnehmer zei- wege zurückzulegen, sondern der Be- ist, dass dieses Gefühl sehr oft aber erst gen im Rahmen dieser Veranstaltung such findet zusätzlich zum normalen geweckt werden muss und dass hier, wenn Arbeiten ihres Könnens. Da der Platz Berufschulunterricht statt. Das bedeu- das Elternhaus versagt, eben der Lehrer ein- beschränkt ist, sollen die Ausstellungs- tet z. B. Verzicht auf den freien Sams- zugreifen hat.“ stücke sorgfältig ausgewählt werden – tagnachmittag. Auch die finanzielle (3), Bericht über die Konferenz vom 18. Juli 1953. nicht Quantität, sondern Qualität soll Belastung darf hier nicht unterschätzt entscheiden. „Die Ausstellungsstücke werden. So fallen 60 DM Schulgeld werden einer kritischen Betrachtung pro Kurs an. Der gleiche Betrag muss von Eltern, Lehrmeistern, Arbeitskame- für Lehrmittel aufgebracht werden. Das Die Zeugnisse der damaligen Zeit enthielten raden usw. unterzogen werden. … Um scheint uns aus heutiger Sicht nicht sog. Kopfnoten, die Auskunft über das Betra- den Kostenaufwand zu rechtfertigen, übermäßig viel, doch muss man die Be- gen, den häuslichen Fleiß und den Schulbe- können wir nur mit guten Leistungen träge in Relation zum damaligen „Lehr- such gaben. aufwarten. Die Ausstellung soll den lingsgehalt“ sehen, das bei monatlich „Festlegung der Zeugnisnoten für den Schul- Beweis für die Arbeit und die Leis- 50 – 60 DM lag. besuch tung der Kreisberufsschule bringen.“2 Die Zeitungen des Kreises berichten 1 x unentschuldigt Fehlen = regelmäßig Da die Teilnehmer mit einem Eintopf 1959 ausführlich über die erste Prü- 2 x unentschuldigt Fehlen = nicht immer verpflegt werden, muss jeder Schüler fung, bei der alle 20 Teilnehmer be- regelmäßig seinen eigenen Teller und sein eigenes standen. In der für die Presse vorberei- 3 x unentschuldigt Fehlen = unregelmäßig“ Besteck mitbringen. Nach dem Gottes- teten Meldung der Schulleitung heißt Anmerkung: Das Wort „unentschuldigt“ wur- dienst endet die Veranstaltung am 17. es unter anderem: „Es war ein heißer de handschriftlich gestrichen. Februar mit einer Ansprache des Bun- Tag gewesen, in des Wortes wahrster (3), Bericht über die Konferenz vom 29. Januar 1952. destagspräsidenten Dr. Ehlers. und übertragener Bedeutung und bitter schwere Jahre waren vorausgegangen. Ebenso macht der systematische Aus- Am Abend nun saßen die jungen Leute bau des Unterrichtsangebotes Fort- in einer Betzdorfer Gastwirtschaft zum schritte. 1955 können in Wissen Fach- Abschied zusammen, und diese klei- Eine Aufwertung erfuhren die „Fachvorste- her“, die nun „Abteilungsleiter“ heißen. klassen für hauswirtschaftliche Lehr- ne Abschiedsfeier verdient, erwähnt zu linge gebildet werden. Da Ende der werden. Sie waren gewiss alle erleich- (3), Bericht über die Konferenz vom 21. Oktober 1955. 50er Jahre die Zahl der Schüler/Schü- tert, alle von Herzen froh. Aber weder lerinnen in den landwirtschaftlichen zerschlugen sie Stühle noch stiegen sie Klassen stark rückläufig sind, müssen auf Tische, es gab keinen Lärm und Innovative Unternehmer und engagier- die Standorte Elkenroth (Jungen), Hor- keine Saalschlacht – es gab nieman- te Arbeitnehmer schaffen im Rahmen hausen und Daaden aufgelöst werden.3 den, der über den Durst getrunken hät- der Wirtschaftspolitik im Sinne Lud- te und niemanden, der seine korrekte wig Erhards die Grundlagen für diesen Auf dem Hintergrund, dass 30.000 – Haltung verlor. Wer weiß, aus welchen Erfolg. „Der verantwortungsbewusste 40.000 Ingenieure in der prosperieren- verschiedenen Elternhäusern sie ka- Umgang mit der Tarifautonomie half, den Bundesrepublik fehlen, beginnt men, welche Erziehung sie genossen soziale Spannungen zu entschärfen. in Betzdorf am 1. Oktober 1956 ein sie- hatten – alle, die hier saßen, bewiesen Die Ausgestaltung der sozialen Kom- bensemestriger Abend-Lehrgang (also durch ihr Benehmen das, was sie schon ponente durch den Staat trug entschei- 3 ½ Jahre). Die Berufsaufbauschule4 während der harten Zeit des Lehrgan- dend zur Festigung der neuen Wirt- führt interessierte Jugendliche aus me- ges bewiesen hatten: dass hier eine schaftsordnung bei. Erstmals konnten Auslese6, eine Schar, ausgenommen breite Bevölkerungsschichten an den 1 Sowade Hanno: , „Wohlstand für Alle“ – „Der Sozialismus aus der Allgemeinheit, nicht nur durch siegt“. Konzept, Realisierung und Ziele der Ausstellung, wirtschaftlichen Erfolgen partizipieren, in: Markt oder Plan, Wirtschaftsordnungen in Deutsch- besonderen Fleiß, besondere Zielstre- land 1945 – 1961, hrsg. v. Haus der Geschichte der Bundes- die sich im kontinuierlich steigenden republik Deutschland, Frankfurt/New York 1997, S. 13.

2 (3), Bericht über die Konferenz vom 29. Januar 1952. 5 Möglicherweise war die neu errichtete Ingenieurschule in 3 (3), Bericht über die Konferenz vom 28. März 1958. Siegen ein Grund für den regen Zulauf. 4 (3), Bericht über die Konferenz vom 18. Juli 1953. 6 Zunächst stand hier Elite!

4 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Einjährige Haushaltungsschule, Jahrgang 1958/59

Maschinennähen, Ausbessern schmückende Handarbeit

Frau Dr. Bettges im Unterricht (wahrscheinlich in einer Handelsschule)

Hausarbeit, Waschen und Bügeln

Frau Maria Müller unterrichtet hier das Fach „Backen und Kochen“

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 4 1 Ostern 1959 wird ein neuer Jahrgang in die einjährige Haushaltungsschule des Kreises Altenkirchen aufgenommen. Schwemmsteinmauerwerk errichtet. Die Decken sind bis auf die Decke über Der frühere Brauch, verlobte Mädchen vor der Hochzeit aus ihrem Beruf zu nehmen dem II. Obergeschoss massiv… Die ge- und sie intensiv auf ihren zukünftigen Hausfrauenberuf vorzubereiten, ist verloren räumige Eingangshalle wurde mit Soln- gegangen. Die gegebene Stätte, sich heute für die Hausarbeit vorzubereiten, ist – vor hofener Naturplatten ausgelegt. Die allem für Volksschülerinnen – die Haushaltungsschule; die beste Zeit nach der Schul- entlassung und vor dem Eintritt in das Berufsleben. Vierzehnjährige Mädels sind Böden der Flure und Klassen und Ne- noch nicht berufsreif. Die Haushaltungsschule ist in den Entwicklungsjahren trotz benräume sind Spachtelböden in ver- schulischer Anforderungen noch eine Schonzeit und erleichtert Eltern und Mädels schiedenen Farben. Die Eingangshalle die richtige Berufsfindung. Die Haushaltungsschule bildet die Grundausbildung für ist mit Buntfenstern versehen und von hauswirtschaftliche und soziale Berufe. Als Klasse der Berufsfachschule stellt sie den den Fluren mit Metalltüren abgeschlos- Unterbau zur Ausbildung der Kinderpflegerin und für die Frauenfachschule dar. sen. Die Hausmeisterwohnung im II. Obergeschoss des Gebäudes enthält Das Schulgeld beträgt monatlich 20,– DM. Es werden 35 Wochenstunden erteilt. außer der Küche drei Zimmer, Vorrats- raum und Badezimmer. Alle Räume An die Eltern richten wir die Bitte, bei ihren Töchtern nicht dem Gedanken des baldi- gen Geldverdienens den Vorrang zu geben, sondern ihnen das Haushaltungsjahr als des Gebäudes sind an die Zentralhei- 5 Mitgift für Leben und Ehe zu gönnen. zung angeschlossen.’ Es wird darauf hingewiesen ‚… dass die Gemeinde für diesen schönen Bau ho- he Summen aufwenden musste …’ Und bigkeit, sondern auch durch besondere die Schaffung von 5 Lehrsälen und 2 es wird der Männer gedacht, ‚… die sich Haltung.“1 Küchen vor, von denen am 1. April 1951 um dieses Heim für die heranwach- drei Säle so weit fertig gestellt sind, sende Jugend besonders verdient ge- Auch die folgende Vorlage für einen dass sie ihrer Bestimmung übergeben macht haben …’ Genannt werden u. a. Zeitungsartikel löst aus heutiger Sicht werden können. Im Konferenzbericht ‚der verstorbene Altbürgermeister und ein Schmunzeln aus: siehe oben 2 vom 9. Juli 1951 heißt es: „Zwar, so Ehrenbürger der Gemeinde, Engelbert sagt Herr Direktor Thiel, seien noch Brücher, … der heutige Bürgermeis- etliche Anlagen fertig zu stellen, so das ter Paul Schmitz … und der Leiter der 4.3.1 Endlich wieder ein elektrische Licht, der Anstrich und die Kreisberufsschule, Direktor Thiel …’. eigenes Schulgebäude in Verdunklung, die die Filmvorführung Der andere Artikel trägt die Überschrift: ermöglichen soll. Er drückte sich weiter ‚Feierliche Weihe der neuen Kreisbe- Wissen über die Sorgen, Mühen und vielen rufsschule’. Dort heißt es u. a. ‚Die fei- Am 1. April 1903 übernimmt die Ge- großen und kleinen Geschäftsgänge erliche Einweihung des neuen Kreisbe- meinde Wissen links der Sieg die evgl. aus, die der Neubau erfordere. Leider rufsschulgebäudes war ein besonderes Schule und erbaut ihr in den Jahren seien seine Bemühungen in Koblenz Ereignis für die Gemeinde, die unter 1904/1905 im Kreuztal ein neues Heim, und Mainz, die Dachräume und Küche großen Opfern dieses Haus errichtet, bestehend aus einem Schulsaal und ei- für schulische Zwecke zu erstellen, aus … Etwa 140 Ehrengäste hatten sich ein- ner Lehrerdienstwohnung.3 Nach dem Geldmangel gescheitet.“ Weil der letz- gefunden. Die Bezirksregierung Kob- verheerenden Bombenangriff im März te Bauabschnitt nicht rechtzeitig fertig lenz ‚… überreichte als Geschenk ein 1945 dient das Gebäude als Not-Lazarett wird, kann der Unterricht nach den Rundfunkapparat sowie einen Betrag und später dem durch Bomben zerstör- Sommerferien erst mit einwöchiger von 500 Mark für die Einrichtung einer ten St. Antoniuskrankenhaus als Iso- Verspätung am 9. September 1954 be- Schülerbücherei’. Und ‚Von der Geist- lierhaus für Typuskranke, bis es 1946 ginnen. Dafür, so Direktor Thiel, sei die lichkeit sprachen Dechant Adenäuer für der Kreisberufsschule zur Nutzung Einrichtung für Küche und Frisörklas- die heimische Pfarrgemeinde und das übergeben wird. sen „nach durchaus sach- und fachge- Dekanat Pfarrer Hackler, Altenkirchen, Im Sommer 1949 beschließt der Ge- mäßer Beurteilung dazu angetan, den als Vertreter des Superintendenten und meinderat das Schulgebäude entspre- Unterricht dieser Fachrichtungen aus Pfarrer Stüber für die ev. Gemeinde chend umzubauen und zu erweitern. In dem bisherigen Dilemma, das der Man- und Presbyterium.“6 Nun konnte auch drei Bauabschnitten sollen insgesamt gel an praktischen Räumen verursacht die landwirtschaftliche Klasse für Jun- 14 Lehrsäle, 2 Schulküchen, verschie- habe, herauszuheben.“4 gen aus Opsen nach Wissen verlegt dene Werkstätten und Lehrmittelzim- Zur Schuleinweihung am 15. Novem- werden. mer sowie eine Hausmeisterwohnung ber 1954 erschienen zwei Berichte im entstehen. Der erste Bauabschnitt sieht Altenkirchener Kreisblatt. „Der erste Aufgrund der wachsenden Schülerzahl Artikel trägt die Überschrift: ‚Die Ge- kommt es Anfang der 60er Jahre wie- staltung der neuen Kreisberufsschule’. derum zu ernsten Raumproblemen. Im 1 Pressebericht der Schulleitung vom 23. Juni 1959 für die Zeitungen des Kreises. Er ist handschriftlich überschrie- Dort findet man u. a.: ‚Der umbaute Bericht zur Konferenz vom 10. Mai 1963 ben: „Auch das ist Jugend von heute“. Raum des gesamten Gebäudes beträgt 2 Pressemitteilung der Schulleitung an die Zeitungen des Kreises. rund 10.550 cbm. Der Bau ist massiv 5 1954 hatten die wenigsten Wohnungen ein eigenes Bad, 3 Vgl. Wilhelm Pfeiffer, Die evangelische Volksschule in aus Bruchsteinen, Beton-, Ziegel- und geschweige denn eine Zentralheizung! Wissen, in: Wissener Heimatbuch, Chronik der Verbands- 6 Marion-Dönhoff-Realschule Wissen (Hrsg.): 100 Jahre gemeinde und Stadt Wissen, Neubearbeitung 1982, Zu- Schulgebäude im Kreuztal, Festschrift 1905 – 2005, Wis- sammengestellt von Reinhard Liedtke, Wissen 1982, S.413. 4 (2), Bericht über die Konferenz vom 1. September 1954. sen 2005, S. 16.

4 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Schulgebäude „Im Kreuztal“ in Wissen

Lehrerzimmer

Ess- und Bügelzimmer, dahinter Klassenzimmer Büro und Verkauf Lehrküche die Lehrküche

Flur im ersten Stock Schreibmaschinensaal

Schulgebäude zurzeit der Einweihung 1954 [Marion-Dönhoff-Realschule Wissen (Hrsg.), 100 Jahre Schulgebäude im Kreuztal, Festschrift 1905 – 2005, S.19]

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 4 3 Berufsschulgebäude in Betzdorf, „Auf dem Bühl“

Arbeiten am Schmiedefeuer Im Werkstattraum

Werkstattraum Schweißwerkstatt, Herr Scholl beim „Brennen“ oder „Schneiden“

Physikraum

4 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 ist zu lesen, dass die Klassenfrequenz z. bereits 40.000 DM für den Bau der aufklärend besprochen werden. T. weit über den Richtzahlen liegt und Berufsschule zur Verfügung gestellt. 2 die Klassenräume nicht in allen Fällen Die Räume in der Schule „Auf dem Äu- Briefpropaganda für die U.d.S.S.R. und den Anforderungen entsprechen (Un- chen“ und in der Lokomotivenfabrik in die Ostzone: Das Kultusministerium terricht im Filmsaal und im Keller!). Kirchen hatten nun ausgedient. gibt dazu bekannt, dass Propaganda- Ferner, dass der Kreistag zur Behebung Anfang der 60er Jahre ist das neue briefe nicht zu beantworten seien. – der gegenwärtigen Raumnot am Schul- Schulgebäude schon zu klein. Die Der Herr Direktor hat das Büchlein ort Wissen 65.000 DM für die Aufstel- Schule platzt aus allen Nähten, so dass ‚Recht und Ehre’ in Händen, das auf lung von drei Baracken bewilligt habe. bereits Stimmen laut werden, die einen gleiche Weise in die Westzone gelangte. Schulneubau fordern. Er führt dazu aus, dass es unter dem Namen eines Nürnberger Verlags er- 4.3.2 In Betzdorf steht die schienen sei, dass es bei Betrachtung modernste Berufsschule 4.3.3 Strenger der ersten Seiten durchaus den Ein- Antikommunismus ist druck eines in Westdeutschland ver- des Landes öffentlichten Schriftstückes mache, je- Und auch in Betzdorf darf man sich angesagt! doch im Inneren der Schrift die Hetze bald über eine neue Schule freuen. Die Anfangsjahre der Bundesrepublik der Ostzone gegen den Westen offen- „Eindrucksvolle Feierstunde in der stehen nicht nur für das Wirtschafts- bare. – Man könne an diesen Tatsa- neuen Berufsschule“, so titelte am 18. wunder. Die veränderte politische chen nicht vorüber gehen, ohne sich September 1957 das Altenkirchener Großwetterlage in den Jahren nach ernste Gedanken gemacht zu haben, Kreisblatt anlässlich der Einweihung dem Zweiten Weltkrieg führt zu einer unterstrich Herr Direktor Thiel. – In der neuen Berufsschule in Betzdorf. Integration der Bundesrepublik in das diesem Zusammenhang wies er auf die Nach rund zweijähriger Bauzeit kann westliche Bündnissystem und zu einer kürzlich in Dortmund stattgefundene am Montag, den 16. September, das konsequenten Abgrenzung zum Os- Demonstration der kommunistischen neue Gebäude der Kreisberufsschule ten. Die Ära Adenauer ist durch einen Jugend hin, die mit Polizeigewalt aus- in Betzdorf der Bestimmung überge- strengen Antikommunismus gekenn- einander getrieben wurde. Ferner sagte ben werden.1 Das Schulgebäude, das zeichnet, der erst mit der soziallibera- er, dass die Jugend noch nicht die Fä- Architekten Zens aus Köln plante, len Koalition Ende der 60er Jahre an higkeit habe, eine objektive Beurteilung wurde mit einem Kostenaufwand von Bedeutung verliert. der Verhältnisse zu erwägen. Vielmehr nahezu einer Million DM gebaut, wo- Die folgenden Auszüge aus Konferenz- müsste die Lehrerschaft und die Erzie- zu das Land Rheinland-Pfalz 300.000 berichten sprechen eine eigene Spra- hungsberechtigten hier beratend und DM als Zuschuss und 200.000 DM che: aufklärend wirken.“3 als Darlehen beisteuerte. Die Stadt „Da in der letzten Zeit von der sow- Betzdorf stellte das Bauland „Auf dem „Weltjugendspiele im August 1951: jetisch besetzten Zone Deutschlands Bühl“ zu Verfügung. Nur durch Un- Hierzu führte Herr Direktor Thiel aus, mehrfach für die Verschickung Jugend- terstützung der heimischen Wirtschaft dass die Weltjugendspiele zahlreiche licher zum Ferienaufenthalt in die Zo- wurden die Innengestaltung und die Ausländer, Teilnehmer aus den Westzo- ne geworben wird, werden die Lehr- Einrichtung mehrerer Lehrwerkstätten nen und besonders die Jugend aus der kräfte gebeten, solche Werbungen in möglich, „die als vorbildlich zu bezeich- Ostzone erwarten. – Zweifellos stünden Schule und Elternversammlungen zu nen sind.“ Acht Klassenräume, sechs große sportliche Ereignisse auf dem unterbinden.“4 Lehrwerkstätten, dazu eine neuzeitlich Programm, die aber in Wahrheit nicht „Vor Tagungen od[er] Begegnungen mit eingerichtete Küche für den hauswirt- den edlen, sportlichen Wettstreit ver- Funktionären des SED-Regimes wird schaftlichen Unterricht, Nebenräume körpern sollen, sondern dies nur das gewarnt. Die Teilnahme ist unzulässig. und eine Hausmeisterwohnung sind in Täuschungsmanöver für eine groß an- Es sind bereits Veranstaltungen zur Be- dem Gebäude untergebracht. Die neue gelegte kommunistische Demonstrati- einflussung der Lehrer geplant.“5 Schule gilt in den nächsten Jahren als on sei, die zur Verbolschewierung der die modernste in Rheinland-Pfalz. Jugend beitragen solle. – Die Ostzone „Fachbücher aus der Sowjetzone dürfen Den Schulneubau im Oberkreis verzö- bemüht sich leider, so bemerkte der im Unterricht nicht benutzt werden.“6 gerte zunächst die starke Rivalität zwi- Herr Vorsitzende, in den Westzonen für schen Kirchen und Betzdorf, und auch diese Festspiele Stimmung zu machen, „In einem Schreiben des Ministeriums Wissen betrachtete die Pläne mit Sor- um die West-Jugend zu veranlassen, an für Unterricht und Kultus wird vor der ge, da es einen Zug der Schüler nach dieser Demonstration teilzunehmen. Teilnahme an kommunistischen Ver- dem neuen Schulort fürchtete. Betz- – Die Damen und Herren des Kollegi- anstaltungen der SBZ gewarnt (z. B. dorf hatte schon 1939 den Plan eines ums werden gebeten, in ihren Klassen Weltjugendspiele, Deutsches Turn- und Berufsschulneubaues erwogen. Es wa- festzustellen, ob bei den Schülern ein Sportfest in Leipzig, Gesamtdeutsche ren schon die Fundamente vorhanden. Interesse für diese Festspiele geweckt

Und – im Frühjahr 1953 hatte Betzdorf wurde. Gegebenenfalls sollen die Fest- 3 (2), Bericht über die Konferenz vom 9. Juli 1951, S. 83 f. spiele mit ihren wahren Hintergründen 4 (3), Bericht über die Konferenz vom 8. Juli 1955.

1 Ursprünglich hatte die Einweihung bereits am 1. April 5 (3), Bericht über die Konferenz vom 13. November 1957. stattfinden sollen. 2 (3), Bericht über die Konferenz vom 20. März 1954. 6 (4), Bericht über die Konferenz vom 4. März 1959, S. 5.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 4 5 Aus einem Referat des Kreisamtman- nes Uhlmann zum Thema „Verkehr mit Behörden“: „Der Redner unter- richtete die Anwesenden zunächst über einige Grundsätze, die beim Schriftverkehr mit Behörden zu be- achten sind, um Formfehler zu ver- ihrer Förderung ist mit der Pflicht der dung mit den Weltjugendfestspielen meiden. Als Beispiel zählte er den Angehörigen des öffentlichen Dienstes, beginnt am 25. Aug. 62 in Helsinki. Gebrauch von ‚ersuchen’ und ‚bitten’. sich zur freiheitlichen demokratischen Wegen evtl. Teilnahme einiger Schüler Der Vorgesetzte ‚ersucht’, der Unter- Grundordnung zu bekennen und für ist eine Aufklärung im Sinne der Zu- geordnete ‚bittet’.“ ihre Erhaltung einzutreten, nicht ver- rückhaltung und ein Hinweis auf Be- (3), Bericht über die Konferenz 3 vom 16. Februar 1955. einbar. Auch alle Schüler sollen vor der gleiterscheinungen erforderlich.“ Teilnahme an kommunistisch gelenk- ten Veranstaltungen gewarnt werden.“1 „Nach der Verfügung der Bezirksregie- „Bekanntgabe der Verfügung im Mi- rung vom 19. Dezember 1961 müssen nisterialblatt Nr. über die Schreibwei- Reisen von Beamten in den sowjeti- „Körperliche Züchtigung sollte mög- lichst unterbleiben. Ist dies nicht zu se von Staatennamen außerdeutscher schen Machtbereich vier Wochen vor umgehen, so muss sie überlegt und Länder. … Für alle ist zu merken, dass Antritt der Reise der Bezirksregierung maßvoll durchgeführt werden. Eine die Bezeichnung der sowjetischen Be- gemeldet werden.“4 Züchtigung von Mädchen ist unstatt- satzungszone folgende Sprachregelung haft.“ für alle amtlichen Stellen getroffen (4), Bericht über die Konferenz worden ist: Sowjetische Besatzungszo- 4.3.4 Rohrstock und vom 15. Januar 1965, S. 148. ne oder Sowjetzone oder S.B.Z.“2 Backpfeifen

„Das 8. kommunistische Welttreffen In den fünfziger Jahren war in vielen Arbeiterkonferenz in Leipzig, Feiern der Jugend und Studenten in Verbin- Klassenzimmern das Wilhelminische aus Anlass des 10. Jahrestages der Gründung der DDR). Die Teilnahme 1 (4), Bericht über die Konferenz vom 11. September 1959, S. 3 (4), Bericht über die Konferenz vom 18. Juni 1962, S. 89. an den Veranstaltungen, sowie jede Art 9. 4 (4), Bericht über die Konferenz vom 15. Januar 1962, S. 68 2 (3), Bericht über die Konferenz vom 10. Oktober 1960. f.

4 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Schulgebäude „Im Kreuztal“ in Wissen

Zeitalter noch nicht überwunden, kör- „Wenn der Lehrer seine Schüler einer der Schule abschaffen wolle; sie habe perliche Züchtigung in den unteren körperlichen Züchtigung unterzieht, sich aber nicht widerspruchslos durch- Klassen (fast) selbstverständlich. So erfülle er damit zwar den Tatbestand gesetzt. Andererseits nämlich sähen wundert das folgende Urteil des Zwei- der Körperverletzung, aber sie sei nicht es viele Lehrer als wirklichkeitsfremd ten Straf-Senat des Bundesgerichtsho- strafbar, wenn der Lehrer rechtlich be- an, heutzutage ohne ernsthafte Gefähr- fes (Aktenzeichen 2 St R 458/56) nicht. fugt sei und sich in den Grenzen sei- dung der Erziehungsaufgabe bei allen In der Frankfurter Allgemeine Zeitung ner Befugnis halte. In Hessen sei der Schülern im volksschulpflichtigen Al- vom 23. April 1958 ist als Überschrift Lehrer kraft Gewohnheitsrechts auch ter auf körperliche Züchtigung verzich- zu lesen: „Es gibt Schlimmeres als die heute berechtigt, seine Schüler zu Er- ten zu wollen. Darüber zu entscheiden Prügelstrafe“. Der Rüsselsheimer Kon- ziehungszwecken aus hinreichendem sei indes keinesfalls eine Aufgabe des rektor Schwanke hatte seine Schüler Anlass maßvoll körperlich zu züchti- Richters, denn ihm stehe nur zu, nach- mit Ohrfeigen und Rohrstockschlägen gen. Dieses Gewohnheitsrecht könne zuprüfen und zu entscheiden, ob der auf die Finger gezüchtigt. Das Land- nur durch Gesetz aufgehoben werden. Lehrer von seinem Züchtigungsrecht gericht Darmstadt sprach ihn von der Natürlich sei jede quälerische, gesund- Gebrauch hätte machen dürfen und ob Anklage der Körperverletzung im Amt heitsschädliche, das Anstands- und Sitt- er es maßvoll getan habe.“ frei. Hiergegen hatte die Staatsanwalt- lichkeitsgefühl verletzende, nicht dem schaft Revision unter Berufung auf das Erziehungszweck dienende Züchtigung Grundgesetz wegen Menschenrechts- verboten.“ Nach kurzer Krankheit starb am 9. Juli verletzung eingelegt. Der Senat bestä- 1958 unerwartet Direktor Thiel. Bis zur tigte am 23. Oktober 1957 den Frei- Der Rohrstock im Klassenzimmer ist Amtsübernahme durch Direktor Bött- spruch und begründete ihn folgender auch unter Lehrern nicht unumstrit- cher 1959 leitete Gewerbe-Studienrat Maßen: ten: „Es gebe heute eine große Zahl Elben kommissarisch die Schule. von Pädagogen, die jede Züchtigung in

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 4 7 Das Land Rheinland-Pfalz übernimmt die Berufsschule Wissen (Schulleiter Böttcher: 1959 bis 1965)

5Veränderungen in der Berufsausbil- über 18 Jahre waren auch die vorgese- munalen Berufsschule des Kreises ei- dung brachte das neue Jugendarbeits- henen Arbeitszeit-Vergünstigungen zu ne staatliche Einrichtung des Landes schutzgesetz, das am 1. Oktober 1960 in gewähren. Ferner durften Jugendliche Rheinland-Pfalz wurde. Die Personal- Kraft trat. Es verbesserte die Situation nicht vor der Schule beschäftigt werden, kosten trägt nun das Land, das auch der Lehrlinge in vielen Punkten: Für Ju- wenn der Unterricht vor 9 Uhr begann. die Lehrerstellen besetzt. Die Lehrer gendliche von 14 bis 16 Jahren galt nun Betrug der Unterricht mindestens 6 wurden Landesbeamte. Die Besetzung eine Arbeitszeit von 40 Stunden und Stunden einschließlich der Pausen, der Stelle des Schulleiters und seines für 16- bis 18-Jährige von 44 Stunden. so war der Auszubildende für den Tag Vertreters geschieht durch das Land im Künftig fielen auch Gesellen und Ge- ganz von der Arbeit freizustellen. Der Benehmen mit der Kreisverwaltung. Al- hilfen unter das Schutzgesetz, wenn sie Tag war als voller Arbeits- trotz abgelegter Prüfung noch keine 18 tag zu rechnen. Dies galt Jahre alt waren. Berufsschulpflichtigen – anders als heute – auch Nach einer Reg.-Verfügung vom 26. August 1960 sind alle hauptamtlichen Lehrpersonen verpflichtet, für Personen, die älter als bis zum Ablauf von 6 Jahren nach Verleihung der 18 Jahre und noch berufs- Anstellungsfähigkeit schriftliche Unterrichtsskizzen Das rheinland-pfälzische Berufsschulgesetz schulpflichtig waren. zu fertigen. Die Zeitspanne von 6 Jahren gilt auch verpflichtete – anders als heute – Jugendli- Um 1960 bildete sich in bei der Übernahme neuer Unterrichtsfächer. Gefor- che bis zum vollendeten 21. Lebensjahr zum Altenkirchen eine Ge- dert wird eine kurze Skizzierung des Unterrichtsab- Schulbesuch. Die Schulpflicht begann un- meinschaft unter der Be- laufes, die auch als Grundlage des Tafelanschriebs mittelbar im Anschluss an die Volksschule zeichnung „Togo, einge- dienen soll. oder bei vorzeitiger Entlassung aus den Real- tragener gemeinnütziger Vgl. (4), Bericht über die Konferenz vom 14. Juni 1960, S. 30 f . schulen oder höheren Schulen zu dem durch und vom 10. Oktober 1960, S. 34. den Schulabgang bedingten Stichtag und en- Verein zur Förderung der dete drei bzw. 3 ½ Jahren Lehrzeit. Berufsausbildung junger Heute gilt grundsätzlich eine 12-jährige Afrikaner“, die es sich Schulpflicht. Besteht bei Ablauf des 12. Schul- zur Aufgabe machte, Af- jahres ein Ausbildungsverhältnis, so bleibt rika zu helfen, und zwar 1960: Im Kollegium wird die Gründung einer „Freud- und Leidkasse“ wird angeregt. der Auszubildende bis zum Abschluss der nach dem Motto, „Nicht Berufsausbildung berufsschulpflichtig. Geld, sondern Wissen Vgl. (4), Bericht über die Konferenz vom 10. Oktober 1960, S. 36. und Bildung hilft der Dritten Welt“. Im Kreis Altenkirchen wurden „Nach auszugsweiser Verlesung eines Be- über Jahre hinweg To- Es wird eine „harte“ Benotung der Schülerleistun- richtes des Kreisjugendamtes über eine Raz- golesen ausgebildet, die gen gefordert. Die Noten des Entlassungszeugnisses zia in einer Gaststätte im Oberkreis werden sollen grundsätzlich das Mittel der 3. Jahreszeugnis- die Lehrkräfte gebeten, Schüler und Schüle- auch den Berufsschulun- se darstellen. Heute heißt die Devise: „Keiner ohne rinnen noch einmal auf die Bestimmungen terricht besuchten. Abschluss!“ des Jugendschutzgesetzes hinzuweisen, die (4), Bericht über die Konferenz vom 3. Februar 1961. den Aufenthalt in Gaststätten, besonders bei Seit dem 1. Januar 1963 öffentlichen Tanzveranstaltungen betreffen. gibt es die Kreisberufs- Namen von evtl. auffallenden Berufsschülern schule nicht mehr. Sie werden vom Jugendamt der Berufsschule ge- „firmierte“ nun unter meldet.“ „Durch Tragen von sog. Bleistiftabsätzen sind in „Berufsschule Wissen“. einem Raum der Berufsschule Schäden im soeben (4), Bericht über die Konferenz vom Die Namensänderung 9. September 1963, S. 121. erst neu verlegten Linoleumbelag entstanden. Die hatte ihre Ursache da- Schülerinnen sind erneut zu belehren, dass das rin, dass aus der kom- Tragen von Schuhen mit solchen Absätzen in der Berufsschule nicht erlaubt ist.“ (4), Bericht über die Konferenz vom 9. September 1963, S.120 f.

4 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Eine Klasse für Elektroinstallateure. Vorne rechts: Laubert aus Togo und dahinter Herr Schneider, ein weiterer Togolese, der Rundfunk- und Fernsehmechaniker lernte. Anfang der 60er Jahre unterstützte der Togo-Verein die Ausbildung junger Afrikaner. lerdings bleibt der Kreis Altenkirchen liche Abteilung. Dabei reichte das Spek- besuchten insgesamt 3681 Schüler die Baulastträger. trum von Fachklassen für Metall-, Che- Berufsschule, und zwar in 139 Klassen Die Berufsschule mit Verwaltungssitz mie-, Bau-, Holz-, Nahrungsmittel- und an den folgenden Schulorten:1 in Wissen gliederte sich in eine gewerb- Bekleidungsberufe über Maler, Indust- liche, eine kaufmännische, eine haus- rie-, EinzeI- und Großhandelskaufleute, Wissen 2010 wirtschaftliche und eine landwirtschaft- Büroberufe usw. Im Schuljahr 1964/65 Betzdorf 1234 Altenkirchen (Landwirtschaft, Jungen) 62 Neue Bestimmungen für die zweijährige Handelsschule: Altenkirchen (Bundesbahn, Jungwerker) 57 Leuzbach (Landwirtschaft, Mädchen) 72 „Die Klassenstärke soll höchstens 36 Schüler betragen. Zur Aufnahme sind keine Schüler zugelassen, die an einem anderen Ort die Prüfung (Landwirtschaft, Mädchen) 63 nicht bestanden haben. Die Prüfung umfasst nur noch 3 Fächer: Elkenroth (Landwirtschaft, Mädchen) 16 1. Diktat, Zeit ca. 45 Minuten, ferner 2. Aufsatz, Zeit ca. 75 Minuten, 3 Themen zur Wahl, 3. Rechnen, 6 Aufgaben, davon 3 Aufgaben aus dem allgemeinen Rechnen und 3 Wissen eingekleidete Aufgaben. Handelsschule 71 Für die Aufnahme muss die Note 4,0 mindestens erreicht werden. Eine mündliche Haushaltungsschule 23 Prüfung ist nur in Ausnahmefällen durchzuführen. Das Ergebnis der Aufnahmeprüfung ist den Prüflingen und den Erziehungsberech- tigten alsbald mitzuteilen. 1967 waren es bereits rund 170 Klas- Ziel des Unterrichts in der kaufm. Berufsfachschule soll vor der reinen Wissensver- sen mit 3800 Schülern, die wöchentlich mittlung die Erziehung der Schüler zur Selbstständigkeit sein. einmal (in einigen Berufen zweimal) Für das Bestehen der Abschlussprüfung ist die sittliche und fachliche Reife entschei- in 5- bis 12-stündigen Unterricht von dend. Zulassung zur mündlichen Prüfung ist noch möglich bei 3 mangelhaften Klau- über 40 hauptamtlichen und über 80 surarbeiten. Für die schriftliche Prüfung werden die Sitzplätze verlost. Die mündliche Prüfung wird von einer Prüfungskommission in der Art der bisherigen Zusammen- nebenamtlichen und nebenberuflichen setzung durchgeführt. Sie ist nicht öffentlich. Lehrkräften betreut wurden. Die 1280 Schülerinnen und Schüler mit Zum Unterschied des Abgangszeugnisses wird das Abschlusszeugnis mit dem Ver- kaufmännischen Lehr- oder Anlernbe- merk der mittleren Reife ausgestellt.“ Über einen dreijährigen Sonderlehrgang berechtigte dieses Abschlusszeugnis zum 1 Vgl. Altenkirchener Kreisblatt/ Sieg-Post vom 4./5. Juli 1964. Die Addition der Schülerzahlen ergibt nicht die Volksschullehrerstudium! vorgenannte Zahl. (4), Bericht über die Konferenz vom 15. Januar 1960, S. 19.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 4 9 „Der Besuch der Bezirksfachklassen ist teilweise mit erheblichen Schwie- rigkeiten verbunden. Wenn Schüler mehr als 15 Stunden unterwegs sind, ist die Zustimmung der Eltern erfor- Elektrogeräte und Haushaltswaren derlich.“ usw.) gegliedert. (4), Bericht über die Konferenz vom 4. März So sind für die Gruppe Einzelhandel 1959, S. 4. (43 Prozent der Schüler, davon 86 Pro- zent Mädchen) 17 Klassen eingerichtet, und zwar 6 Unter-, 5 Mittel- und 6 Oberstufen mit Parallelklassen für die besonders stark vertretenen Branchen Um die Raumnot bei der jetzt wach- senden Schülerzahl zu beseitigen, Lebensmittel und Textil. Für die Grup- Verabschiedung von Direktor Böttcher am sollen bis Ostern 1963 in Wissen 2 26. August 1965 pen Großhandel und Industrie (je 18 Baracken zur Verfügung stehen. … Prozent der Schüler, davon 55 bzw. 50 Auch in Betzdorf ist die Raumnot Prozent Mädchen) bestehen je 6 Klas- groß. Der Baurat lehnt Baracken ab, rufen bildeten die zweitstärkste Gruppe sen, also jeweils 2 Unter-, 2 Mittel- und es muss daher ein Erweitungsbau ge- der Berufsschule Wissen. „Sie stellen 2 Oberstufen. Daneben gibt es zurzeit schaffen werden. Vier Räume wären genau ein Drittel der Gesamtschüler- je 2 Klassen für Bürogehilfinnen, für notwendig. … Die landwirtschaftliche zahl dar. Von insgesamt 43 Klassen, Arzthelferinnen und für Zahnarzthelfe- Abteilung in Leuzbach und Flam- merfeld ist bezüglich Raumnot am die zur kaufmännischen Abteilung rinnen, 3 Klassen für Apothekenhelfe- übelsten dran. Der Kreisausschuss gehören, befinden sich lediglich drei rinnen und 2 Verwaltungsklassen. Die hat getagt und es werden Möglich- Bundesbahn-Jungwerkerklassen in Al- Zahl der Lehrlinge, die bei Banken, keiten durchgearbeitet, um Raum zu tenkirchen; für alle übrigen Klassen ist Versicherungen, Speditionen, Steuer- schaffen. zentraler Schulort Wissen. beratern, Rechtsanwälten und Notaren (4), Bericht über die Konferenz vom 16. No- Mit Ausnahme der Bürogehilfinnen, tätig sind, ist so gering, dass für sie in vember 1962, S.103 f. die nach Beendigung der zweijährigen Wissen keine besonderen Fachklassen Anlernzeit, d. h. im dritten Berufsschul- gebildet werden können. Diese Jugend- jahr, am Unterricht der hauswirtschaft- lichen bleiben ein Jahr lang in den lichen Klassen teilnehmen, bleiben die Großhandels- oder Industrieklassen In den kaufmännischen Klassen wer- kaufmännischen Lehrlinge drei Jahre und besuchen dann Bezirksfachklas- den folgende Unterrichtsstunden lang in kaufmännischen Fachklassen, sen außerhalb des Kreisgebietes. An- erteilt: Religion, Politische Gemein- im allgemeinen getrennt nach Lehrjah- dererseits sind die an der Berufsschule schaftskunde, Deutsch (in der Unter- ren in den Unterstufen, Mittelstufen in Wissen eingerichteten Klassen für stufe), Betriebswirtschaftslehre/Schrift- und Oberstufen. Die Fachklassen sind Arzt-, Zahnarzt- und Apothekenhelfe- verkehr, Buchführung (ab Mittelstufe) – außer nach aufsteigenden Jahrgängen rinnen so wie die Bundesbahn-Klassen und Kaufmännisches Rechnen. Dane- – nach Berufsgruppen, die Klassen der ebenfalls Bezirksfachklassen, d. h. Klas- ben gibt es natürlich für Fachklassen Gruppe Einzelhandel darüber hinaus sen für das Einzugsgebiet mehrer Be- besonderen Fachunterricht, wie z. B. weitgehend nach Branchen (Lebens- rufsschulen. Warenkunde in den Lebensmittelklas- mittel, Textil, Schuhe und Lederwaren, sen. Für den Unterricht (außer in Re- ligion) stehen sieben hauptamtli- che Lehrkräfte zur Verfügung: fünf Diplomhandelslehrer(innen), eine Technische Lehrerin und Lehrkraft der gewerblichen Abteilung. Daneben un- terrichten elf Lehrer von allgemeinbil- denden Schulen – vorwiegend in den Fä- chern Deutsch und Politische Gemein- schaftskunde – und 15 nebenberuflich tätige Lehrkräfte, wie Ärzte, Zahnärz- te, Apotheker, Einzelhandelskaufleute, Bundesbahn- und Verwaltungsbeamte, in fachkundlichen Fächern. Der Man- gel an Diplomhandelslehrern zeigt sich auch darin, dass die vorgesehenen acht Wochenstunden in den meisten Klas- sen nicht voll erteilt werden können.“1

Abschied von der Schule nahm Direktor Böttcher (links). Sein Nachfolger, Direktor Brand, übernimmt die Leitung der Schule [Siegener Zeitung vom 27. August 1965]

1 Siegener Zeitung vom 9. Januar 1967.

5 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 5 1 Zeit der Veränderungen (Schulleiter Brandt: 1965 bis 1969)

6Berufsschuldirektor Böttcher wurde seinen Stellvertreter, Studiendirektor lelternbeirat, die Lehrerkonferenz und im August 1965 in einer kleinen Fei- Karl Ullrich, da Direktor Brand bereits die Klassensprecher seien dazu zu hö- erstunde im Landratsamt Altenkirchen zum 1. November 1969 zur Bezirksre- ren. Des Weiteren hatten die Schulen in den Ruhestand versetzt. Gleichzei- gierung Trier wechselte. umfassend über die gesundheitlichen tig wurde Gewerbestudienrat Johannes Einen Einschnitt in die Schulorganisa- Gefahren des Rauchens aufzuklären. Brand als neuer Direktor eingeführt.1 tion bedeutete der Beschluss der Kul- Um kontrollieren zu können, ob Schü- In seine Amtszeit fallen der Schulneu- tusminister, ab 1967 statt zu Ostern ler rauchen durften, führten einzelne bau in Wissen sowie der Anbau für die einheitlich im Herbst einzuschulen. Schulen sog. Raucherausweise ein. landwirtschaftliche Abteilung in Alten- Und noch etwas bewegte die Gemü- kirchen. Nach Fertigstellung konnten ter: „Rauchen keine ‚Sünde’ mehr“, Anfang März 1967 die Nebenstellen überschrieb die Rhein-Zeitung einen 6.1 Bildungsreform und in Leuzbach und in Flammersfeld so- Artikel.2 Künftig war das Rauchen für Bildungsoffensive wie im Güterbahnhof in Altenkirchen Schüler der Oberstufenklassen keine aufgelöst werden und die Klassen in unverzeihliche „Pennälersünde“ mehr. 6.1.1 Warum werden unsere den Anbau der seit 1923 bestehenden Das Mainzer Kultusministerium stellte Lehrlinge immer schlechter? Landwirtschaftsschule in Altenkirchen klar, dass es „keine Bedenken“ habe, übersiedeln. Die Nebenstelle in Elken- den Schülern der Klassen 11, 12 und 13 „... Die Zahl der Versager bei den Gesel- roth war bereits ein Jahr zuvor aufgelöst der Gymnasien und den über 16 Jahre lenprüfungen steigt ständig. 1960 fie- worden. alten Berufsschülern das Rauchen in len 7,01 Prozent aller handwerklichen Raucherecken und Raucherzimmern Lehrlinge bei der Gesellenprüfung Die offizielle Übergabe des neuen Ge- in der Schule während der Pausen zu durch. 1961 schon 8,7 Prozent, 1963 bäudes an der Hachenburger Straße erlauben. Die Entscheidung treffe je- bereits 11,4 Prozent und im letzten Jahr in Wissen erfolgte allerdings bereits an doch der Schulleiter mit dem Schu- sogar 12,3 Prozent,“ so die Bild-Zeitung am 8. Januar 1965. 1 Siegener Zeitung vom 27. August 1965. 2 Rhein-Zeitung vom 6. Februar 1969.

Hubert Elben besucht die Baustelle der Landwirtschaftlichen Berufsschule in Altenkirchen. Landwirtschaftliche Berufsschule in Altenkirchen

5 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Lehrlinge schreiben und rechnen zu schlecht

Der deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) hat ermittelt, dass die Kenntnisse der aus der Volksschule entlassenen Jugendlichen, die eine Lehre in der Wirtschaft beginnen, völlig 6.1.2 Chancengleichheit unzureichend sind. Wie die Spitzenorganisation in Bonn mitteilt, ergab sich das bei einer von Wissenschaftlern und Praktikern unter Leitung von Professor Wenke (Hamburg) vorgenom- Nachdrücklich sprach sich Dr. Vogel menen Prüfung von 2134 Lehrlingen. Die unabhängige Prüfungskommission unterschied dafür aus, die Abschlüsse und Über- zwischen männlichen und weiblichen Lehrlingen, zwischen Lehrlingen mit achtjähriger und gänge zwischen den einzelnen Schular- neunjähriger Schulpflicht sowie zwischen Lehrlingen aus voll gegliederten und nicht voll ten besser aufeinander abzustimmen. gegliederten Volksschulen. Der Test kam lediglich für Lehrlinge in Frage, die die Volksschule Die Berufsbildenden Schulen müssten mit einem Abschlusszeugnis verlassen haben. von vornherein so zugeschnitten sein, Das Ergebnis dieser Untersuchung ist bestürzend. Bei zwanzig Prozent der Lehrlinge war dass der gesamte Bildungsfortgang die Beherrschung der Rechtschreibung mangelhaft. Bei weiteren siebzehn Prozent konnte bis hin zur Fachhochschule und zur von einer Sicherheit in der Rechtschreibung nicht die Rede sein. Das Ergebnis im Rechnen allgemeinen Hochschule offen bleibe. ist noch ungünstiger. Bei 25 Prozent der Lehrlinge war die Leistung im Rechnen mangelhaft, bei weiteren 25 Prozent bestanden erhebliche Lücken. Dabei muss berücksichtigt werden, Auch müsse überprüft werden, ob für dass in den Test nicht die durchschnittlich neunzehn Prozent aller Volksschüler einbezogen besonders qualifizierte Ausbildungsbe- worden waren, die regelmäßig das Ziel der Volksschule nicht erreichen. Die Prüfung bestand rufe nicht ein zweiter Berufsschultag in aus einem Diktat und elf Rechenaufgaben. Die Testaufgaben sind keineswegs als schwer zu Kauf genommen werden müsse, falls beurteilen. Es überrascht, dass Lehrlinge, die neun Jahre lang die Volksschule besuchten, und dieses Problem nicht über das Berufs- Lehrlinge, die aus einer voll gegliederten Volksschule kamen, kaum besser abschnitten als grundschuljahr oder den Blockunter- die Lehrlinge, die nur acht Jahre lang die Schule besuchten und aus nicht voll gegliederten richt gelöst werden könne. Ein weiteres Volksschulen stammen. Mittel zur Verbesserung des Berufs- Der Industrie- und Handelstag will mit diesem Ergebnis keine Kritik an Lehrern und Schulen üben; er will lediglich Tatsachen aufzeigen, um den Politikern deutlich zu machen, dass die schulunterrichts sei die Bildung von deutsche Schulpolitik durch ihre „erschreckende“ Planlosigkeit und übertriebene Experimen- Fachklassen. tierfreudigkeit zu völlig unzureichenden Ergebnissen führt. Die Wirtschaft habe es bei der Für das kommende Schuljahr kündig- Ausbildung der Lehrlinge angesichts dieses Ausbildungsstandes bei Schulabgang besonders te der Minister weitere Schulversuche schwer. mit der Berufsgrundschule an. Es solle Eine wesentliche Rolle spiele der Lehrermangel. Die Lehrer seien völlig überlastet. Das Ziel weiterhin erprobt werden, ob ein zehn- der Kultusministerkonferenz bis 1970 eine durchschnittliche Klassenstärke von dreißig Schü- tes Pflichtschuljahr besser ein Berufs- lern und 1,3 Lehrern je Klasse zu erreichen, werde nicht verwirklicht werden können. Dafür grundschuljahr wäre oder ob es mehr fehlten mindestens neunzigtausend Lehrer. Wenn man nur von den gesetzten Mittelwerten ausgehe – 33 Schüler und 1,15 Lehrer je Klasse – so würden immer noch vierzigtausend Lehrer zur Hauptschule passe.3 im Bundesgebiet fehlen. Nordrhein-Westfalens Kultusminister Die Wirtschaft werde deshalb in den kommenden Jahren bei der Ausbildung ihrer Lehrlinge Prof. Mikat hat eine völlige Umgestal- nicht mit einer durchgreifenden Verbesserung des Leistungsniveaus der Volksschulabgänger tung der Lehrlingsausbildung angeregt. rechnen können. Eine angebliche kulturpolitische Fortschrittlichkeit durch eine abermalige Die Lehrlinge sollten nach Mikats Vor- Verlängerung der Pflichtschulzeit dürfe nicht damit erkauft werden, dass dem größeren Teil stellung sieben Monate im Jahr aus- aller Volksschüler der intensive Unterricht vorenthalten werde. ...“ schließlich ihrem Betrieb, vier Mona- Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. November 1967. te dagegen nur der Berufsschule zur Verfügung stehen. Ein revolutionärer Plan.4 Mitte der sechziger Jahre setzte in der Bundesrepublik eine bis dahin nie dar- org Picht schrieb 1964 eine Aufsehen gewesene Diskussion über den Zustand erregende Artikelserie in der Wochen-

3 S. Rhein-Zeitung vom 19./20. November 1968. und die weitere Entwicklung des Bil- zeitung „Christ und Welt“. „Bildungs- 4 S. Welt am Sonntag vom 7. Februar 1965. dungswesens ein. Der Pädagoge Ge- notstand heißt wirtschaftlicher Not- stand“, proklamierte er. Picht und andere Kritiker wiesen mit eindrucksvollen Zahlen nach, dass die Bundesrepu- blik im Vergleich zu ande- ren Industriestaaten einen großen Nachholbedarf habe. Dies beträfe den Anteil der Schüler mit mittlerer Reife und Abitur an den einzel- nen Jahrgängen ebenso wie die Ausstattung der Schulen oder die Durchschnittsgröße der Schulkassen. Schon sa- hen Vertreter der Wirtschaft die internationale Konkur- renzfähigkeit gefährdet, ja die Landwirtschaftliche Berufsschule mit Landwirtschaftsschule in Altenkirchen Bildungskatastrophe würde,

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 5 3 Die Schulordnung stammt aus den Sechziger Jahren

5 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 wenn man nicht schleunigst handelte, in eine Wirtschaftskatastrophe mün- den. Auch seien die Bildungsinhalte und Schwerpunkte des Unterrichts zu sehr an den philosophischen und phi- lologisch-historischen Traditionen des 19. Jahrhunderts orientiert. Die Kritiker forderten nicht nur eine Ausweitung, sondern auch eine Umgestaltung der Bildungsinhalte, so würden naturwis- senschaftlich-technische und sozialwis- senschaftliche Fächer erheblich hinter ihrer Bedeutung in der modernen Ge- sellschaft zurückbleiben. Der Soziologe ging 1965 noch einen Schritt weiter und for- Gesellenprüfung 1967 im Maurerhandwerk auf dem Schulhof (im Kreuztal). [Marion- derte Bildung als „allgemeines Bürger- Dönhoff-Realschule Wissen (Hrsg.), 100 Jahre Schulgebäude im Kreuztal, Festschrift 1905 recht“. „Angesprochen war damit vor – 2005, S.19] allem der geringe Anteil von Arbeiter- kindern unter den Schülern der weiter- führenden Schulen und unter den Stu- tus des Einzelnen heute immer stärker und Mitwirkungsmöglichkeiten von denten, aber auch das Bildungsgefälle von seiner Ausbildung bestimmt wird Lehrern, Schüler und Eltern an den zwischen Stadt und Land, zwischen und dass die Ausbildung Lebenschan- Schulen und von Professoren, akademi- Jungen und Mädchen, zwischen Protes- cen erschließen, aber auch abschnei- schem Mittelbau und Studenten an den tanten und Katholiken, zwischen Nord- den kann. Bildungspolitik, die Chan- Hochschulen, vor allem aber die Frage, und Süddeutschland.“1 Noch 1961 be- cengleichheit in diesem Sinne anstrebt, wie mehr Chancengleichheit, Selbstän- suchte in mehr als 8000 Landgemein- ist damit zugleich Gesellschaftspolitik. digkeit, Urteilsfähigkeit und produkti- den kein einziger Jugendlicher im Alter Daraus erklärt sich auch die Heftigkeit ves Denken gefördert werden könnten, von 16 bis 19 Jahren eine weiterführen- der Auseinandersetzungen über die Bil- damit die Bürger fähig würden, sich in de Schule. Chancengleichheit für alle dungspolitik und einzelne Reformmaß- der Gesellschaft zurechtzufinden und an den öffentlichen Entscheidungen mit Sachverstand mitzuwirken. Dar- aus ergab sich die weitere Frage, mit welchen Lern- und Unterrichtsformen sich diese Ziele am ehesten erreichen ließen.“2

Da die Kulturhoheit bei den Ländern liegt, forderten die Bildungskritiker eine gesamtstaatliche, umfassende Bildungsplanung und -politik. Neben der bereits 1946 zur Koordination der Kulturpolitik der Länder gegründeten Ständigen Konferenz der Kultusmi- nister (KMK) trat 1965 der Deutsche Bildungsrat3, bestehend aus Vertretern des Bundes, der Länder und Sachver- ständigen aus Wissenschaft, Bildung und Wirtschaft. Im April 1970 legte Chancengleichheit (Quelle: Cartoon von Hans Traxler) er den Strukturplan für das deutsche Bildungswesen vor, der einen Maß- nahmenkatalog vom Kindergarten bis Bürger, unabhängig von der sozialen nahmen in den 70er Jahren. zum Hochschulbereich und der Er- Herkunft und dem gesellschaftlichen Eng mit dem Ziel der Chancengleich- wachsenenbildung enthielt, und u. a. Status, war daher eines der Schlagworte heit verknüpft war die Absicht, das vorschlug: Einführung der Vorschuler- dieser Zeit. „Dahinter stand die Auf- Bildungs- und Ausbildungssystem an ziehung für alle Drei- und Vierjähri- fassung, dass der gesellschaftliche Sta- die Werte und Anforderungen einer de- gen, Einschulung mit fünf, Einführung mokratischen Gesellschaft anzupassen.

1 Peter Borowsky, Deutschland 1970 – 1976, Edition Zeitge- Das betraf einmal die Mitbestimmungs- 2 Ebenda. schichte, Hannover 1980, S. 86. 3 1975 wieder aufgelöst.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 5 5 Gesamtkonferenz im Schulgebäude „Auf dem Bühl“ in Betzdorf

v. l. Frau Maria Müller und Frau Else Wolf

v. r. Herr Kirmis, Herr Krause, Herr Feckler, Herr Beckmann, Herr Kreutz, Herr Mohr

Frau Dr. Mosblech und Herr Josef Bengestrate r. Direktor Brand, l. Herr Reuber 5 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Schulstandorte im Kreis Altenkirchen des 10. Pflichtschuljahres, Einführung nichtgymnasiale Ausbildungsgänge, die angeblich vor allem zum Bierholen eines sog. qualifizierten mittleren Ab- Neugestaltung und Vereinheitlichung benutzt wurden. schlusses (Sekundarstufe I), nach der der Lehrerausbildung. Ein Teil der Linken plädierten für eine Sekundarstufe I Einführung eines 11. Der ehemalige Staatssekretär im Bon- Verstaatlichung des seit dem Ende des Schuljahres als Berufsgrundschuljahr1 ner Bildungsministerium und Wissen- 19. Jahrhunderts eingeführten ‚dualen und die studienbezogene Ausbildung schaftssenator in Berlin Peter Glotz2 Systems’, das die praktische Ausbil- mit dem Ziel, die Hochschulreife stär- schreibt in einem Spiegel-Artikel: „Selt- dung in seinem privaten Betrieb mit ker mit der berufsbezogenen Ausbil- sam, aber wahr: Obwohl die Berufsbil- dem obligatorischen Besuch einer öf- dung zu verzahnen, allgemein Neuge- dung viel mehr Menschen betraf als fentlichen Berufsschule verband. staltung des Curriculums für das sog. der Streit um Abitur und Hochschu- Abitur (Sekundarstufe II), Erweiterung le, spielte sie nur ein paar Jahre nach Helmut Rohde hieß der sozialdemokra- des Zugangs zum Hochschulstudium 1968 eine kontroverse Rolle in der öf- tische Bildungsminister, der die Reform über Berufsfachschulen und andere fentlichen Debatte. Damals kritisierte der Berufsbildung für ein wichtigeres man die Ausbeutung von Lehrlingen, Projekt hielt als alle Streitereien um das Hochschulrahmengesetz. Er hatte zwar 1 „Auf Vorschlag der CDU wurde das Berufsgrundbildungs- jahr auf das 10. Schuljahr vorverlegt und damit ein Ansatz 2 Kommunikationswissenschaftler und Publizist, ehemali- Recht, setzte sich im öffentlichen Dis- zur Integration der beiden Bereiche – Berufsgrundbil- ger SPD-Staatssekretär im Bonner Bildungsministerium dungsjahr als erstes Jahr einer integrierten Sekundarstufe und Wissenschaftssenator in Berlin, Gründungsrektor der kurs aber nicht durch. Den bestimmte II – wieder blockiert,“ so Peter Borowsky, a. a. O., S. 96. Universität Erfurt.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 5 7 die Bourgeoisie mit ihrem Streit um die reform haben seit 1969 vor allem in zent des Volkes von Lehrern unterrich- Zukunft der eigenen Kinder. quantitativer Hinsicht Erfolge gezeigt. tet würden, denen man eine unter der Nun war die Berufsbildung auch eine Verfügten bis in die fünfziger Jahre hin- Ausbildung der Lehrer an weiterfüh- komplizierte Materie. Der Bund erließ ein 80 Prozent der Bevölkerung höchs- renden Schulen liegende Ausbildung Ausbildungsordnungen für neue Be- tens über eine Volksschulbildung, die gebe. Der Lehrer müsste nicht gleich- rufe, und zwar in einer komplizierten bei vielen nur sechs oder sieben Jahre artig, aber gleichwertig ausgebildet wer- Prozedur mit den Tarifpartnern. Die dauerte, so erwarben 1996 36 Prozent den. Es gehe um 75 Prozent der jungen Länder entwickelten Lehrpläne für ihre der Bildungsabgänger die Hochschul- Generation und um einen Kampf für Berufsschulen. Beides musste aneinan- reife und 44,8 Prozent den Realschul- fortschrittliche Bildungspolitik.“5 Wie der angepasst werden. Dazu schuf man abschluss. 21,1 Prozent schlossen die man sieht, ist alles schon einmal da ein von Gewerkschaften und Arbeitge- Hauptschule ab und 8,5 Prozent blie- gewesen. bern gemeinsam bestimmtes Berufsbil- ben ohne verwertbares Zeugnis.4 dungsinstitut. Das System zeigte eine bemerkenswer- Damit dieses Ziel erreicht werden 6.2 Der Geist der 68er te Reform- und Anpassungskapazität. konnte, musste die Lehrerzahl an den Rebellion Man konzentrierte die Lehrlingsausbil- Schulen deutlich erhöht werden. Ei- dung auf eine kleinere Zahl von Grund- ne beispiellose Werbeaktion für den Auch im Kreis Altenkirchen wehte der berufen, verbesserte das Anforderungs- Lehrerberuf setzte ein. Dem stand aller- Geist der 68er Rebellion. Auch hier reg- profil, entwickelte neue Berufsbilder. dings die Besoldungspolitik der Regie- te sich Unmut gegen Missstände in der Aber irgendwie fehlte der Glamour. Die rung im Wege. Ausbildung. Die Rhein-Zeitung nahm Studenten ‚streiken’ gelegentlich oder „Auf einer Protestkundgebung der eine Demonstration vor der Herdorfer tragen Särge über den Marktplatz. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissen- Pfarrkirche zum Anlass um zu Fragen: in ‚Auszubildende’ umbenannten Lehr- schaft (GEW) ist am Montag in Bonn „Was ist heutzutage ein Lehrling? ... Ein linge blieben unauffällig.“1 in einer Entschließung, die vom Vorsit- permanenter Bierholer und Werkstatt- zenden der Gewerkschaft, Frister, vorge- feger? Ein Mädchen für alles? ... Sind Der Historiker Peter Borowsky kommt legt wurde, erklärt worden, die Bundes- die Lehrjahre, die ohnehin nie Herren- zu einem ähnlichen Schluss: „Der regierung habe den Lehrern gegenüber jahre waren und sein werden, nun zu wichtige Aspekt, wieweit die Sekun- bei der Neuregelung der Beamtenbesol- noch viel schlimmeren Hundejahren darstufe II der allgemeinbildenden dung die Grundsätze der Gerechtigkeit geworden?“6 Schulen, sei sie nun im herkömmli- und Gleichbehandlung verletzt. Als ein- chen Gymnasium oder in der neuen zige Berufsgruppe würden die Lehrer An der Berufsschule Wissen bildete Gesamtschule verankert, mit dem Sys- einem Gehaltsstopp unterworfen, wäh- sich eine Lehrlingsbasisgruppe, wie es tem der Berufsbildung verbunden wer- rend gleichzeitig für alle anderen Be- im damaligen Vokabular hieß. Ob das den könnte, spielte in der öffentlichen amtengruppen erhebliche Besoldungs- „Kollektiv“ die Arbeit aufnahm oder Diskussion eine untergeordnete Rolle.“ verbesserungen erfolgten. Die Bundes- diese Aktion ein einmaliger Akt war, 2 Und an anderer Stelle heißt es: „Im regierung missachte die Empfehlungen ist heute nur schwer zu sagen. Sicher- Vordergrund der Diskussion über die des Bildungsrats, den Lehrermangel lich litt die Arbeit unter den organi- zukünftige Gestaltung des bundesdeut- durch eine gerechte Lehrerbesoldung satorischen Gegebenheiten, schließlich schen Schulwesens stand in den 70er zu beheben. Die Bundesregierung sei wurden die Schüler an drei Standorten Jahren das Problem der Gesamtschule. daran nicht interessiert und nehme in unterrichtet. Das herkömmliche dreigliedrige Schul- Kauf, dass sich die Lage in den Schulen system mit seiner Unterscheidung durch immer größer werdende Klassen zwischen volkstümlich-praktischer und immer mehr Unterrichtsausfall 6.3 Streit um eine Bildung für Hauptschüler, gehobener weiter verschlechtere. Die im zweiten Abhöranlage – oder doch Praxis und berufsorientierter Bildung Besoldungsneuregelungsgesetz vorge- für Realschüler und wissenschaftsori- sehenen Verbesserungen müssten auch nur Alarmanlage? entierter Bildung für Gymnasiasten für die Lehrer gelten. Nach den Sommerferien (1970) stellte erschien dem Deutschen Bildungsrat Der stellvertretende Vorsitzende der das Kollegium im Lehrerzimmer und 1970 mit dem Selbstverständnis einer Gewerkschaft, Enderwitz, hob hervor, in anderen Schulräumen in Wissen offenen und demokratischen Gesell- die Einordnung der Lehrer in den geho- installierte Mikrophone fest. Auf An- schaft ebenso wenig vereinbar wie es benen Dienst sei angesichts ihres Aus- frage informierte der Schulleiter da- der fortschreitenden technologischen bildungsgangs ungerecht. Zur Ausbil- hingehend, dass es sich hierbei um und wissenschaftlichen Entwicklung dung sagte er, ohne acht Semester gehe die Installationen für eine Alarmanla- entsprach.“3 es nicht, und es müsse ein vollgültiges ge handele. Als das Kollegium erfuhr, Die Bemühungen um eine Bildungs- Referendariat geben. Man verlange kei- dass die Anlage für Abhörzwecke miss- ne Erleichterung, sondern eine Inten- braucht werden könnte, beschloss es 1 , Der verkrustete Weg, Artikelserie: Spiegel des sivierung des Studiums. Es sei schon einstimmig, Schritte zur Beseitigung 20. Jahrhunderts, in: Der Spiegel, Nr. 22 vom 31. Mai 1999, S. 158. immer ungerecht gewesen, dass 75 Pro- 2 Peter Borowsky, a. A. O., S. 95 f. 5 FAZ vom 26. Februar 1969. 3 Ebenda, S. 91 f. 4 Peter Glotz, a. a. O., S. 150. 6 Rhein-Zeitung vom 26. November 1970.

5 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 „Pläschtoßen“ in Berichtsheften / Handfeste Unterlagen fehlten Lehrlingsbasisgruppe gegründet / Kollektive Arbeitsform

„Wenn Du Überstunden machen, berufsfremde Arbeiten leisten und ohne die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen arbeiten musst, dann komme zu uns“, so empfahl sich „Die unabhängige Schülerzeitung der Berufsschule Wissen“ allen Lehrlingen in einem Flugblatt. „Wir gründen eine Lehrlingsbasisgruppe“ versprach das Blatt weiter, und dann war es soweit. In der Gaststätte „Alte Schmiede“ in Wis- sen trafen sich einige Lehrlinge zur Gründungsversammlung. Als Gäste waren anwesend Diplom-Kaufmann Kröll von der Industrie- und Handelskammer Betzdorf, Berufsschullehrer Asbach, Vertreter der Jungen Union und der Jungsozialisten. In seinem Referat über die Aufgaben der Basisgruppe ging „Aktion-70“-Redakteur Gutram Böhmer auf die Ziele der neu zubildenden Gruppe ein. Die Aufgabe der Lehrlingsbasisgruppe (LBG) solle sich nicht darin erschöpfen, bestehende Ausbildungsmissstände aufzu- decken, sondern auch solche vorzeitig zu erkennen und zu verhindern.

Gutram Böhmer entnahm konkrete Fälle nicht der eigenen Praxis, sondern dem „Spiegel“. Eigentlicher Anlass zur Bildung der LBG sei ein Fragebogen der Christlichen Arbeiterjugend gewesen, der in der Wissener Berufsschule verteilt wurde. Hier seien erschreckende Zahlen ausgewertet worden. So seien die Lehrlinge gefragt worden: Müssen Sie Überstunden machen? Bezahlt? Unbezahlt? Müssen Sie berufsfremde Arbeiten leisten? Weiter seien vom DGB solch harte Fälle innerhalb des Kreisgebietes bekannt geworden, dass man glaube, der Lehrling sei viel zu wenig über seine Rechte informiert. Diese Aufgabe sei Grund genug, eine LBG zu gründen. Das am 1. September 1969 verabschiedete Berufsausbildungsgesetz schaffe nicht die Voraussetzungen für eine demokratische zukunfts- sichere Berufsausbildung, sondern stehe immer noch unter dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung der Arbeitgeber. Dann ging Gutram Böhmer zu den massierten Forderungen der LBG über: Eine dem Berufsbild gemäße, qualifizierte Ausbildung. Darunter verstehen die Fordernden eine Ausbildung ohne jegliche berufsfremde Tätigkeit. Die Einhaltung des Jugendarbeitsschutzgesetzes. Die Ausbilder müssen bei dem schnellen Fortschreiten von Technik und Wissenschaft weitergebildet werden, um dem Lehrling den neuesten Stand der Technik vermitteln zu können. Eine bessere Behandlung der Lehrlinge. Der von Unternehmerseite viel zitierte Satz „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ sei untragbar, denn auch ein Lehrling sei kein rechtloses Wesen. Die Situation in der Berufsschule sei heute so, dass zumeist nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene Schulzeit von acht Stunden pro Woche eingehalten werden könne. Es wäre bedeutend besser, den dreijährigen Berufsschulunterricht auf einen halbjährigen, ganztägi- gen zu reduzieren, wodurch ein intensiveres Lernen gewährleistet wäre.

Die stärkere Betonung des Faches Politische Gemeinschaftskunde. Aufgabe der LBG sei es, fuhr Böhmer fort: Kaderschulung. Zu die- sem Punkt will die LBG Referenten verschiedener Organisationen einladen.

Information. Mittels Flugblätter soll das von Kadern erarbeite Wissen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. In der anschließenden Diskussion wurde heftig gestritten. Auch Dipl.-Kaufmann Kröll schaltete sich in die Aussprache ein. Er lobte die sachliche Diskussion, kritisierte jedoch, dass keine konkreten Punkte aufgeführt worden seien. Wo die Ausbildung nicht nach dem Berufsbild eingehalten werde, sollten die Lehrlinge den Missstand der IHK mitteilen, die sich um Abhilfe bemühen werde. Zum Thema Überstunden brachte IHK-Vertreter Kröll ein Beispiel. Die IHK genehmigt grundsätzlich keine vom Arbeitgeber beantragten Überstun- den für Lehrlinge. Was werde gemacht? Der Arbeitgeber wende sich an den Lehrling mit dem Hinweis, wenn er Überstunden mache, würden diese dementsprechend bezahlt. Die Lehrlinge sagten immer ihr Ja-Wort dazu. Dem gleich käme die Schwarzarbeit. Damit schlügen sich die Lehrlinge selbst ein Loch in den Boden. Gern war Kröll bereit, den Vorstand der LBG zu der bei der IHK bestehenden Ausbilderrunde einzuladen. Zum Lehrermangel gab er den Jugendlichen den Rat, doch an die Bezirksregierung zu schreiben, auf kei- nem Fall jedoch eine Partei mit einzuschalten, wie im Verlauf der Diskussion vorgeschlagen wurde. Auch seien von der IHK freiwillig Fortbildungskurse eingerichtet worden, berichteten Berufsschullehrer Asbach und Diplom-Kaufmann Kröll, jedoch der Erfolg sei negativ. Die Kurse seien kaum besucht und man finde anschließend in den Berichtsheften noch Wörter wie „Pläschtoße“ (Blechdose). Nun ging man endlich an die eigentliche Gründung der LBG. Zwar meldeten sich aus der Versammlung nur zwei Mann zur aktiven Mitarbeit, aber man ist voller Optimismus und hofft auf weitere „Mutige“, denn die passive Einstellung der Lehrlinge führen die Organi- satoren auf zu erwartenden Repressalien durch den Lehrbetrieb zurück. Über die Form der LBG gab es zunächst Unstimmigkeiten. Die Mehrheit hätte die Gruppe gern als Kollektiv gesehen und so wurde es auch gemacht, obwohl Diplom-Kaufmann Kröll einwarf: „Nach einer Satzung lässt sich auch gut arbeiten.“ Die Versammlung bestimmte also zwei Kontaktpersonen: Gutram Böhmer aus Betzdorf und Sigi Anders aus Wissen. Ihre Aufgabe ist es, den Kontakt zu Öffentlichkeit und zu den Lehrlingen zu pflegen. Rhein-Zeitung vom 3. Juli 1970.

der Anlage zu unternehmen. „Am 30. II. Über die Installation der Horchge- Es wird einhellig die Auffassung vertre- September 1970 erläuterte der Herstel- räte in den Fluren bittet das Kollegium ten, dass sowohl die derzeitige Schul- ler der umstrittenen Alarmeinrichtung die Schulleitung, auf dem Dienstweg leitung als auch die Hausmeister und dem Kollegium in Wissen Vorschläge eine klärende Stellungnahme des zu- selbstverständlich der Kreis als Sach- zur Sicherung gegen missbräuchliche ständigen Ministeriums einzuholen.“ kostenträger über jeden Verdacht erha- Benutzung dieser Anlage! ben sind, jemals einen Missbrauch der Das Kollegium fasste in einer Bespre- In einer beigefügten Erklärung wird geplanten Alarmanlage vorzunehmen chung folgende Entschlüsse: die Haltung des Kollegium erläutert: oder auch nur zu unterstützen bzw. zu „Die ablehnende Haltung des gesam- dulden! I. Die Installation der Horchgeräte in ten Kollegiums gegen die geplante In- Schulräumen wird aus grundsätzlichen stallation resultiert aus grundsätzlichen Die Erklärung erfolgt bewusst in der Erwägungen abgelehnt. Erwägungen. vorliegenden absolut unzweideutigen

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 5 9 Form, um jeden Irrtum über die Be- Anlage keinesfalls vorgelegen hat ...“ weggründe des Kollegiums zu diesem Der Landrat versprach, dass die Anlage Schritt auszuschließen. nicht betriebsfertig gemacht werde, an- sonsten wolle man sich an das Kultus- Die Kollegen der Berufsschule Wissen ministerium wenden. gehören jedoch einer Generation an, die aus der Geschichte gelernt hat. Wir Dies tat übrigens auch das Kollegium fordern in unserem Unterricht unsere mit Schreiben vom 11. Dezember. Hier Schüler auf, die Demokratie mit allen drückte man die Besorgnis darüber Mitteln der Rechtsstaatlichkeit wahren aus, dass der Kreis wohl die Anlage zu helfen. Wir werden unglaubwürdig, technisch gegen Missbrauch absichern wenn wir selbst nicht alles tun, um un- wolle, dass es aber laut Herstelleranga- seren Teil dazu beizutragen, undemo- ben „keine technische Möglichkeit gibt, kratischen Handlungen vorzubeugen. einen Missbrauch absolut auszuschlie- Denn diese Anlage könnte eine Verlei- ßen.“ Indirekt drohte man mit einem tung sein für politische Verhältnisse, Skandal, wenn die Öffentlichkeit von in denen die Möglichkeit eines Miss- dem Vorgang erfahre: „Das Kollegium brauchs evtl. genutzt würden.“ war bisher bemüht, diesen Fall mit dem Die Bitte um ein klärendes Gespräch Landkreis ohne Aufsehen zu regeln. Es fand beim Landrat Dr. Krämer kein Ge- ist uns gelungen, eine Diskussion in hör. Vielmehr setzte die Schulleitung der Öffentlichkeit zu vermeiden. Mitt- die Kollegen in Kenntnis, dass die Anla- lerweile ist Unruhe unter den Kollegen ge nicht in Betrieb gesetzt werden solle. entstanden. Die Schülerschaft, die sich Die Wogen waren inzwischen so hoch betroffen fühlt und deren SMV bei uns geschlagen, dass diese Auskunft dem sehr aktiv ist, konnte von uns bis heute Kollegium nicht mehr genügte. Mit darauf hingewiesen werden, dass die Schreiben vom 13. November wandte Verhandlungen mit dem Kreis laufen man sich ein zweites Mal an den Land- und wir ein positives Ergebnis erwar- rat mit der Hoffnung, dass die Anlage ten. Ob die Diskussion über die Alarm- abgebaut würde. Man wollte dem Kreis und Abhöranlage sich weiterhin auf die Möglichkeit geben, „die Angelegen- die Schule beschränken lässt, ist sehr heit ohne großes Aufsehen zu klären.“ zweifelhaft. Es ist zu befürchten, dass sich die Presse der Sache annimmt. Der Landrat seinerseits dachte nicht da- Die Verantwortung für eine öffentliche ran, sich den Schwarzen Peter zuschie- Behandlung des Falls trägt nicht das ben zu lassen, sondern konterte damit, Kollegium der Schule!“ dass die Alarmanlage auf Wunsch des damaligen Schulleiters, Oberstudien- Das Ministerium für Unterricht und direktor Brand, nach eingehender Be- Kultus traf am 18. Dezember ein salo- ratung durch das Landeskriminalamt monisches Urteil: „Wir schlagen .. vor, angeschafft worden sei. In der Antwort dass ungeachtet der im Prospekt ent- vom 20. November heiß es: „Herr haltenen Aussage der Herstellerfirma, Brand war damals von der Sorge getra- dass ein Abhören von Gesprächen mit gen, die besonders wertvollen moder- dieser Anlage unmöglich sei, nochmals nen Geräte der Berufsschule vor Ein- mit der Firma Verbindung aufgenom- bruch und Diebstahl zu schützen. Vor men wird. Es sollte von der Firma die der endgültigen Erteilung des Auftrages eindeutige Aussage erbeten werden, ob zur Lieferung der Alarmanlage hatte die Anlage in der derzeitigen Konzep- die Schulleitung nochmals Gelegenheit tion ohne zusätzliche Geräte und oh- zu prüfen, was im Einzelnen gelie- ne Veränderungen an Leitungen und fert und installiert werden sollte. Dies Schaltern zum Abhören von Gesprä- geschah durch die Abzeichnung des chen benutzt werden kann. Wäre dies Auftrages am 26.1.1970 durch Herrn der Fall, würden auch wir die Anlage Direktorstellvertreter Ullrich. Da alle ablehnen. Kann die Anlage jedoch nur Sachanforderungen im Zuge des Neu- unter Verwendung zusätzlicher Gerä- absoluter Schutz gegen vorsätzlichen baues ausschließlich auf Vorschlag der te und Veränderungen an Leitungen Missbrauch ist bei keiner Anlage ge- Berufsschulleitung erfolgt sind, mögen und Schaltern zum Abhören verwandt währleistet. Zusätzlich könnte dann Sie erkennen, dass eine Initiative des werden, halten wir die Anlage als War- noch Vorsorge gegen Abhören getrof- Baukostenträgers zum Einbau dieser neinrichtung für geeignet. Denn ein fen werden, indem die Anlage nur nach

6 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Schulschluss in Betrieb gesetzt wird einschalten, indem etwa von der Leh- Die Angelegenheit ging aus wie das oder für die Gebäudeteile, in denen sich rerkonferenz gewählte Vertrauensleute Hornberger Schießen, die bereits ins- keine Lehrer oder Schüler mehr befugt die Ein- und Ausschaltung der Anlage tallierten Anlagen blieben, wo sie wa- aufhalten. Das Kollegium könnte sich überwachen.“ Damit war ein vorläufi- ren, wurden jedoch nicht betriebsfertig darüber hinaus in die Überwachung ger Endpunkt erreicht. gemacht.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 6 1 Im Königreich Wissen (Schulleiter Wilhelm König: 1971 bis 1990)

7„Ah, Sie kommen aus dem Königreich Inthronisiert am Altweiber-Tag 1971, 7.1 Von der Berufsschule Wissen“, dies hörten häufig Wissener fragte sich mancher im Kollegium, was Lehrer und Referendare, wenn sie mit für ein Mensch der neue Chef wohl zu den Berufsbildenden Kollegen anderer Schulen zusammen- sein möge. Auch Gerhard Mohr stellte Schulen trafen. „Königreich Wissen“ – dieses sich diese Frage. Als Büttenredner bei geflügelten Worte spielte weniger auf der Lehrer-Karnevalsfeier gab er dem Der veränderte Stellenwert der Bildung den Namen des Schulleiters an, als viel- neuen Schulleiter nebenbei in seiner in der Gesellschaft kam auch im Kreis mehr auf seinen autokratischen Füh- humorvollen Art einige Ratschläge mit Altenkirchen zum Tragen. Nicht von rungsstil. auf den Weg: ungefähr wurden Ende der sechziger

Ich will überlegen, was alles es gibt. Leute seid fröhlich und ruft laut „Helau“, Ein Königstreffen Dann werde ich tippen, das ist sehr be- er ist uns willkommen, mit samt seiner liebt. Frau! (Auszug) Er ist ein Schwimmer, dann ist’s recht, Ist er ein Preuße im Sinne vom Wort, Von Gerhard Mohr denn gegenstromig schwimmt sich’s dann fragen wir heut’ schon, schlecht. wann geht er denn fort? Das Thema Glocke ist vorbei Wir wären jetzt schon froh gestimmt, Denn Preußen, das sind wir ein Bisschen, Das nächst kommt, es ist nicht neu. wenn er statt gegen mit uns schwimmt! im Kern. Die Jahre gingen schnell ins Land, Doch preußische Preußen, die hab’n wir endlich Ersatz für einen Brand. Er ist ein Kegler, das ist gut. nicht gern! Der Brand ist tot, es lebe der König! Wer kegeln kann und es auch tut, Das ist zur Begrüßung wohl etwas sehr der zeigt uns, Gutes wird getan. Er ist ein Kaufmann, das freut uns mit wenig. Doch vorgeschrieben ist die Bahn! Ecken. Ich greife zur Feder und schrieb’ ein paar Ein gewerbliches Herz müsst’ er dann Zeilen, Ist er ein Besen, nagelneu, noch entdecken. das Thema Direktor es lädt’ zum Verwei- die fegen gut, wir sind nicht scheu. Ein Kaufmann muss rechnen, das weiß ja len. Doch gut gefegt ist noch nicht rein. einjeder, Wer will schon sauber einsam sein? doch zunächst mal mit uns, wir denken, Doch will ich über Rat nicht lehren, das tut er! der gut gemeint und bös’ zu hören. Ist er aus Korinth ein Mann, Ich möchte nur in uns’ren Sachen dann kommen bald Korinthen an. Er ist ein Guter, schön ist das bei Gott, ein Bisschen aufmerksam ihn machen. Die können wir doch nicht vertragen wir lassen ihn sicher nie wieder fort. Damit er weiß, wie’s hier so ist, und werden krank an uns’rem Magen. Doch ist er uns zu gut, das wäre ein Jam- dass mancher Brauch sich nicht vergisst. mer, Die Arbeit ruht bald hier bald dort, dann gibt es keine verbindende Klammer. …. die oder der, die geh’n dann fort zu einer Kur, um zu genesen. Er ist ein Mensch, dann sind wir froh. Wie er wohl sein wird? Wir wissen es Ohne Korinthen wär’s nicht so gewesen. Nein, nein, das sagen wir nicht so. nicht. Denn Mensch uns willkommen sind, Vielleicht steht die Antwort in diesem Er ist ein Pfälzer, das ist fein, weil immer sie so menschlich sind! Gedicht. dann wird forciert her Pfälzer Wein.

6 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 FOW 74

Jahre eine Anzahl neuer Schulgebäude form, nahm ihre Arbeit am 1. Septem- res 1969/70 auch in Rheinland-Pfalz ihrer Bestimmung übergeben, so am ber 1969 in Wissen auf. 30 Teilnehmer Fachoberschulen errichtet werden, die 15. August 1969 auch unser Gebäude begannen den sechssemestrigen Lehr- in einem zweijährigen Bildungsgang an der Hachenburger Straße 47. Die gang. Unterrichtet wurde mittwochs (Klasse 11 und Klasse 12) zur Fach- Berufsschule wandelte sich zu den „Be- von 16 bis 20 und samstags von 8 bis 13 hochschulreife führten.2 Während am rufsbildenden Schulen“, die neue diffe- Uhr in den Fächern Deutsch, Englisch, Standort Betzdorf die Fachoberschu- renzierte Bildungsgänge anbietet. Geschichte/Politische Gemeinschafts- le für Ingenieurwesen mit der Klasse kunde, Erdkunde, Mathematik, Phy- 11 zu Beginn des Schuljahres 1970/71 Im Schuljahr 1969/70 war es so weit, sik, Chemie, Betriebswirtschaftslehre, startete, reichten die Anmeldungen die Bezirksregierung genehmigte die Rechnungswesen, Volkswirtschaftsleh- für die Fachoberschulen (Fachrichtung lang geforderte zweite Klasse der zwei- re und Rechtslehre. Wirtschaft bzw. Sozialpflege/Sozialpä- jährigen Berufsfachschule, besser be- In Betzdorf nahmen seit dem 28. Au- dagogik) nicht aus, um auch in Wissen kannt als Handelsschule. Allerdings gust 1969 26 Schüler, die alle die 9. den Unterricht aufnehmen zu können. hatte diese Schulform durch die Ein- Volksschulkasse erfolgreich absolviert Jedoch wurde eine einjährige Haushal- führung eines freiwilligen zehnten hatten, an einem wissenschaftlich be- tungsschule mit erweitertem Lehrziel Schuljahres an den Hauptschulen in gleiteten Schulversuch teil, dem Be- angeboten, die zur sog. Mittleren Reife den 60er Jahren Konkurrenz bekom- rufsgrundschuljahr Metall/Elektrotech- führte. Voraussetzung für die Aufnah- men, da beide zu einem der Realschule nik. Von den wöchentlich 40 Stunden me war das Abschlusszeugnis der ein- vergleichbaren Abschluss führten. Der dienten 16 der praktischen Ausbildung. jährigen Haushaltungsschule oder das Verband deutscher Diplom-Handels- Ziel der einjährigen Ausbildung war die Zeugnis als geprüfte Hauswirtschafte- schullehrer sah darin eine Benachtei- Vorbereitung auf die zukünftige Berufs- rin. Die Haushaltungsschule ging im ligung der Handelsschüler, die nach tätigkeit. Schuljahr 1971/72 in die zweijährige einem Ausleseverfahren (Aufnahme- Weitere Schulformen folgten in den hauswirtschaftliche-sozialpflegerische prüfung) aufgenommen würden und nächsten Jahren. Ab 1971 wurden die Berufsfachschule über. zudem ihren Abschluss erst nach einer bisherigen höheren Fachschulen, z. B. schriftlichen Prüfung und einem elfjäh- Ingenieurschulen und Höhere Wirt- 2 Die Vereinbarung sah vor, dass Fachoberschulen für In- genieurwesen (mit den Fachrichtungen Maschinenbau- rigen Schulbesuch verliehen bekämen. schaftsfachschule (HWF), in Fachhoch- technik, Elektrotechnik und Bautechnik), für Wirtschaft, Der Eintritt in die Handelsschule soll- schulen umgewandelt. Voraussetzung Sozialpflege/Sozialpädagogik und Landwirtschaft errich- tet werden. Die Klasse 11 sah für die Absolventen an vier te deshalb gerechterweise wieder nach für das Studium war nun die Fachhoch- Tagen eine praktische Tätigkeit im Betrieb vor sowie an zwei Wochentagen einen allgemeinen und fachbezoge- dem achten Schuljahr möglich sein, so schulreife, die an Fachoberschulen zu nen Unterricht mit insgesamt ca. 12 Wochenstunden. die Forderung des Verbandes.1 erwerben waren. Gemäß den Beschlüs- Die Klasse 12 (2. Jahr der Fachoberschule) war als Voll- zeitunterricht konzipiert. In die Klasse 11 konnte eintre- sen der Ministerpräsidenten-Konferenz ten, wer das Abschlusszeugnis einer Realschule oder ein Eine weitere Schulform, die kaufmän- und der Rahmenvereinbarung der Stän- gleichwertiges Zeugnis besaß. Bewerber, die bereits eine Berufsausbildung hatten, begannen direkt in der Klasse nische Berufsaufbauschule in Teilzeit- digen Konferenz der Kultusminister 12. In Rheinland-Pfalz wurde mit Beginn des Schuljahres 1969/70 an verschiedenen Standorten mit der Klasse 11 sollten daher mit Beginn des Schuljah- begonnen. Bewerber für die Klasse 12 konnten erst mit 1 S. Rhein-Zeitung vom 18. März 1969. Beginn des Schuljahres 1970/71 eintreten.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 6 3 Die Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Berufsvorbereitungsjahres schildert eindrucksvoll den Werdegang und die Leistungen dieses Bildungsganges: Entstehung und Entwicklung der Berufsvorbereitungsjahre in Rheinland-Pfalz – insbesondere an der Berufsbildenden Schule Wissen

Einen großen Schritt – insbesondere für die Empathie gekennzeichnet sein soll, da nur und im hauswirtschaftlich-sozialpflegeri- lernbehinderten Schüler und für ihre un- durch diese Tatsache ein gewisser Erfolg für schen Bereich. terrichtenden Lehrer – brachten die „Richt- den Personenkreis gesichert ist. Bei der Leh- 1979 erhöhte sich die Zahl auf vier Klassen. linien für den Unterricht an Sonderberufs- rerauswahl wurde hierauf zunächst wenig Zwei Klassen im hauswirtschaftlich-sozial- schulen und –klassen des Ministeriums für Wert gelegt. pflegerischen Bereich und zwei Klassen im Unterricht und Kultur“ vom 02.09.66. Erst Es zeigte sich bald, dass Lehrer für die Lern- gewerblich-technischen Bereich mit insge- aufgrund dieses Erlasses war es möglich, beeinträchtigten einer besonderen Ausbil- samt 70 Schülern. Die Entwicklung dieser eine Differenzierung der „Jungarbeiter“ vor- dung bedürfen. Klassen blieb über Jahre stabil. ... Im Schul- zunehmen. Zusammenfassend kann der Erlass von 1966 jahr 1997/98 werden im schulischen Berufs- Diese Vorschrift regelte die Berufsschul- als Basis für alle weiteren Maßnahmen der vorbereitungsjahr 5 Klassen mit 87 Schüler pflicht derjenigen Berufsschüler, „die wegen schulischen Bildung von Lernbeeinträchtig- unterrichtet, wobei im gewerblich-techni- seelischer, geistiger und körperlicher Behin- ten in Rheinland-Pfalz gewertet werden. schen Bereich drei Klassen und im hauswirt- derung nicht oder nicht mit ausreichendem Als es möglich wurde, die Teilzeitbeschu- schaftlich-sozialpflegerischen Bereich zwei Erfolg dem allgemeinen Unterrichtsgang der lung „Jungarbeitern“ in eine einjährige Voll- Klassen eingerichtet werden mussten. ... Berufsschule zu folgen vermögen“. (Runder- zeitbeschulung umzuwandeln, wurde dies Neben den schulischen Berufsvorbereitungs- lass vom 02.09.66) zunächst als Schulversuch an der Berufsbil- jahren werden zz. fünf Klassen des koope- Neben Klassen für die verschiedenen Behin- denden Schule gewerblich-technisch in Lud- rativen Berufsvorbereitungsjahres mit dem derungsarten konnten nun auch Klassen für wigshafen eingeführt. Christlichen Jugenddorf geführt und eine lernbeeinträchtigte Jugendliche eingerichtet Schulpolitisch wurden die Fortentwicklung Klasse mit der TÜV Akademie Rheinland in werden. In diese Klassen wurden Schüler und der weitere Ausbau durch das „Akti- Betzdorf. 1979 wurden die Jahrgänge 1974 aufgenommen, die aus einer Sonderschule onsprogramm für eine bessere berufliche – 1979 zu ihrer Berufseinmündung befragt. L abgegangen waren oder für Schulabgänger Bildung“ durch die Landesregierung 1973 Das Ergebnis kann aus der Statistik abgele- aus der 6., 5. und 4. Klasse Volksschule, die festgelegt. sen werden. Danach konnten ca. 40 % in ein kein Ausbildungsverhältnis eingingen. In diesem Aktionsprogramm wurde festge- Arbeitsverhältnis vermittelt werden. Ein besonderer Vorzug für die Praxis war ne- legt, dass „behinderte Jugendliche ... zu Ab- Leider hat sich in den letzten Jahren dieses ben der Differenzierung des Personenkreises schlüssen in anerkannten Ausbildungsberu- positive Ergebnis der Berufseinmündung auch die Festsetzung der Klassenmesszah- fen oder in Orientierung an Abschlüssen an- nicht fortgesetzt. Zurzeit werden ca. 20 % len, so dass die sehr führungsbedürftigen erkannter Ausbildungsberufe entsprechend der Absolventen aus dem Berufsvorberei- Schüler in kleinen Klassen unterrichtet wer- ihrer Behinderung in stufenbezogenen Aus- tungsjahr in Ausbildungs- und Arbeitsver- den konnten. bildungsgängen zu den für sie erreichbaren hältnisse vermittelt. Die schwierige Arbeits- In diesem Erlass waren schon wesentliche Qualifikationen geführt werden ... sollen.“ marktlage führt leider zu keinem günstige- Gesichtspunkte aufgeführt, die später in der Durch Organisationserlass vom 18.07.74 der ren Ergebnis für unsere Schüler, trotz der Vollzeitbeschulung der Lernbeeinträchtigten Bezirksregierung Koblenz wurde an der Be- Anstellung einer Diplom-Sozialarbeiterin, erst richtig wirkten. Es wird hier schon die rufsbildenden Schule und anderen Schuls- die bei der Stellensuche intensiv die Schüler/ These vertreten, dass die Werkarbeit bzw. tandorten im Bereich der Bezirksregierung Schülerinnen unterstützt. Hauswirtschafts-/Nadelarbeit im Mittelpunkt Koblenz das Berufsgrundschuljahr in Son- Dallmann, Siegfried, StD: Entstehung und Entwicklung steht. Auch über die Unterrichtsmethoden in derform (BGSO) eingeführt. der Berufsvorbereitungsjahre in Rheinland-Pfalz - ins- Form von Projektunterricht wurden wichtige Mit einer Klasse im gewerblich-technischen besondere an der Berufsbildenden Schule Wissen -, in: 1973 – 1988, 25 Jahre Berufsvorbereitungsjahr, Berufsbil- Aussagen gemacht. Bereich mit 16 Schülern begann die Arbeit dende Schule Wissen. Der Erlass stellt auch darauf ab, durch einen 1974. 1976 unterrichtete die Schule schon je- Hinweis, dass die Haltung des Lehrers durch weils eine Klasse im gewerblich-technischen

Im gleichen Schuljahr startete die zwei- derung, Kreativität und Spielen im Zen- Zeitzeugen zur Erzieherausbildung jährige Fachschule für Sozialpädago- trum des Unterrichts. Von anfänglich damals und heute Stellung. Waltraud gik.1 In ihrem Festvortrag anlässlich 32 Schülern sei man heute bei sieben Janke vom Kindergarten Schönstein der Festveranstaltung zum 25-jährigen Klassen mit insgesamt 208 Schülern versetzte die Zuschauer in das Jahr 1971 Bestehen der Fachschule hob die dama- angekommen. Um eine enge Verzah- zurück – eine Zeit, in der viel Theorie, lige stellvertretende Schulleiterin Ingrid nung zwischen Theorie und Praxis zu aber wenig Praxis vermittelt wurde. Die Weichhaus hervor, „dass mit der Fach- gewährleisten, sei die Öffnung der Kin- Kontakte zum Kindergarten fehlten, es schule ein neuer Wind in der überwie- dergärten notwendig gewesen. Von den gab wenig schriftliches Material, aber gend kaufmännisch geprägten Schule anfänglich zwei Kindergärten haben die Aussichten auf einen späteren Ar- wehe. Plötzlich stünden musische För- sich heute 15 bis 20 Kindertagesstätten beitsplatz waren groß. Mit den Worten der Schule als Kooperationspartner be- ‚Ich höre Theorie, erlebe aber auch die 1 Daneben bestand ab 1. August 1978 die Möglichkeit, eine reitgestellt. … Mit einer ‚unzensierten’ Praxis’, stellte Sarah Böhmer ihre ak- spezielle Klasse der Fachschule für Sozialpädagogik zu besuchen, die im zweiten Jahr in die Fachoberschule Sozi- Vorstellung nahmen schließlich zwei tuelle Situation dar. Im Jahr 1996 fehlt alpädagogik in Teilzeitform mündete.

6 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Dr. Tampubolon (†) war einer, der die- sem Ruf folgte:

Ferner gibt es seit die- Im Mai 1972 blätterte ich im Anzei- sem Schuljahr ein Son- genteil einer Samstag-Ausgabe der derberufsgrundschuljahr Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dort las ich, dass die Berufsbildende S II für Jugendliche, die Schule Wissen Dipl.-Kaufleute und aus der Sonderschule Dipl.-Volkswirte sucht. Die Bewerber entlassen wurden oder sollten mindestens eine 5-jährige Tä- für Abgänger aus den tigkeit in der Wirtschaft nachweisen. 5., 6. oder 7. Klassen der Zunächst machte ich mir über eine Hauptschule. Der prakti- Bewerbung keine Gedanken. Aber ir- sche Unterricht erstreckt gendwann fiel mir die Anzeige noch einmal in die Hände und ich ent- In der Werkstatt fehlt es weder an Werkzeug noch an Ma- sich auf Holz- und Me- tallverarbeitung und wird schloss mich, mich an dieser Schu- terialien. Besonders im Berufsgrundschuljahr wird Wert le zu bewerben. Tatsächlich, prompt weitgehend durch ent- auf Praxisnähe gelegt. [Rhein-Zeitung vom 22./23. Januar bekam ich eine Antwort seitens der 2000] sprechend theoretischen Schule, dass ich als Vertragslehrer Unterricht unterstützt. anfangen könne. Da ich während des es nicht an Praxisbezug. Es gibt ausrei- 1976 kam ein hauswirtschaftlich-sozial- Studiums weder Methodik noch Di- chend Fachliteratur – eine gut bestückte pflegerisches Sonderberufsgrundschul- daktik der Wirtschaftswissenschaften Schulbibliothek und eine Unmenge Ko- jahr hinzu. Es ist für Schülerinnen, studiert hatte, musste ich zusammen pien. Nur eines, so Böhmer, mache ihr die den Hauptschulabschluss nicht mit anderen Vertragslehrern zwei großes Kopfzerbrechen: Die Sorge um erreicht haben und sich vorwiegend Jahre lang die didaktisch-methodi- schen Unterweisungen am Semi- einen Arbeitsplatz.“2 durch praktische Unterweisung in der nar für Lehrer an Berufsbildenden Schule auf eine Arbeitsstelle oder einen Schulen in Neuwied bzw. Koblenz Erst mit dem Schuljahr 1972/73 konn- Ausbildungsberuf im hauswirtschaftli- besuchen. Gleichzeitig musste ich 20 te in Wissen die Fachoberschule Wirt- chen oder sozialpflegerischen Bereich Stunden in der Schule unterrichten. schaft und die Fachoberschule für vorbereiten. Sozialpädagogik ihren Unterricht auf- nehmen, während in Betzdorf bereits Als 1977 das Christliche Jugenddorf in Durch die verbrannten Kunststoffteile eine zweite Klasse eingerichtet wurde. Wissen gegründet wurde, richtete die entwickelten sich gefährliche Gase, die Ferner kam ein hauswirtschaftlich/so- Schulleitung spezielle CJD-Klassen für das ganze Schulgebäude durchdrangen. zialpflegerisches Berufsgrundschuljahr die Teilnehmer der Förderlehrgänge Außerdem setzten sich Russrückstände hinzu. Die Außenstelle Betzdorf erwei- zur Berufsvorbereitung ein. Im Schul- ab. Der Schulbetrieb musste daraufhin terte ihr Angebot um die seit Jahren ge- jahr 1978/79 schließlich folgte als neue eingestellt werden. forderte zweijährige Berufsfachschule Schulform die Fachschule für Famili- Eine Radiomeldung im Südwestfunk, Elektrotechnik. Anzumerken ist noch, en-/Altenpflege mit Schwerpunkt Al- dass die Berufsschule Wissen abge- dass die Berufsaufbauschule ab diesem tenpflege. brannt sei und deshalb der Unterricht Schuljahr in Vollzeitform angeboten Einen Rückschlag für die tägliche Arbeit ausfalle, entpuppte sich zum Glück wurde. bedeutete im Oktober 1978 ein Brand 1980 als dummer „Schülerscherz“. in einem Nebenraum Seit dem Schuljahr 1974/75 gehör- einer Lehrküche. Nach te zur Schule auch das Berufsgrund- den Ermittlungen der schuljahr für das Berufsfeld Wirtschaft Polizei war ein Feu- und Verwaltung. Voraussetzung für er durch eine defekte die Aufnahme war der Abschluss der Tiefkühltruhe entstan- Hauptschule (9. Schuljahr). Das Be- den und hatte sich von rufsgrundschuljahr wurde bei erfolg- dort aus auf Lebens- reichem Abschluss auf die nachfolgen- mittel und die Ein- de Ausbildungszeit voll angerechnet, richtung ausgebreitet so dass sich die betriebliche Ausbil- – geschätzter Schaden dungszeit um ein Jahr verkürzte. Ju- ca. 80.000 DM. Der gendliche, die nach Absolvierung des in der Nähe wohnen- Berufsgrundschuljahres in kein Aus- de Hausmeister hatte bildungsverhältnis eintreten wollten, kurz vor Schulbeginn brauchten die Berufsschule nicht mehr Rauchschwaden auf- zu besuchen und konnten unmittelbar steigen sehen und in ein Arbeitsverhältnis eintreten. Der beim Nachschauen das Ausbildungsgang erstreckte sich über Feuer bemerkt. Die ein Jahr und umfasste wöchentlich ca. benachrichtigte Feuer- 34 Stunden Unterricht. wehr hatte das Feuer rasch unter Kontrolle. 2 Rhein-Zeitung vom 23./24. November 1996. Stellensnzeige

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 6 5 Die Art der Lehrerwerbung hat Aufmerksamkeit erregt

Berufsbildende Schulen im Blickpunkt / Fernsehen in Wissen

Not macht erfinderisch – auch in der Schule. Die unkonventionellen Methoden der Berufsbildenden Schulen im Kreis Altenkirchen durch gezielte Werbung den Lehrermangel zu beheben, haben weithin Aufmerksamkeit erregt. Zeitungen in fast allen Teilen der Bundesrepublik berichteten über das erfolgreiche Experiment in Wissen. Auch das Zweite Deutsche Fernsehen griff jetzt das Thema auf. Zwei Tage lang weilte ein Kamerateam aus Bonn in Wissen. Seine filmische „Ausbeute“ wird in einem sechs bis sieben Minuten dauernden Farbbeitrag am Samstag im „Länderspiegel“ (17.15 Uhr) auf den bundesdeut- schen Mattscheiben zu sehen sein. Dietmar Zundel. Leiter des Landessstudios Rheinland-Pfalz: „Die Bildungsfrage wird ohnehin ein Schwer- punkt in dieser Sendung sein.“ Oberstudiendirektor Wilhelm König (46) kann mit dem Erfolg der auf schulischem Gebiet ungewöhnlichen Aktion zufrieden sein. Die insge- samt 800 Werbebriefe, die er auf Zeitungsanzeigen an Stellenbewerber der verschiedensten Berufe schickte, und die auf die Berufsbildenden Schulen im Kreis Altenkirchen hinweisenden Aushänge in den Universitäts-Fakultäten haben der Schule inzwischen 24 neue Lehrkräfte zugeführt. König: „14 Kollegen haben bereits ihren Dienst aufgenommen. Bei weiteren sieben hat die Schulaufsichtsbehörde der Einstellung zugestimmt. Drei Bewerbungen liegen vor. Außerdem sind noch einige Bewerbungen in der Bearbeitung.“ Studioleiter Dietmar Zundel interessierte besonders die Frage, weshalb die neuen Lehrkräfte sich für diese Schule entschieden haben und in das Land zwischen Sieg und Wied gekommen sind. Erst im September vorigen Jahres war die Nachricht durch den Blätterwald gerauscht, dass allein 33 Junglehrer ihren Dienst im Kreis Altenkirchen nicht angetreten haben. Zundel: „Das war einsame Spitze in Rheinland-Pfalz. Nun kam die Erfolgsmeldung, dass es doch möglich sei, ohne weiteres Lehrkräfte für diesen Raum zu mobilisieren, ohne in anderen Schu- len Lücken aufzureißen.“ Im Interview stellten jetzt die „Neuen“ fest, dass sie die optimalen Unterrichtsmöglichkeiten in der neu erbauten Berufsschule überzeugt hätten. Im Übrigen sei der Kreis Altenkirchen gar nicht so abgelegen und uninteressant, wie man sich das zuerst vorgestellt habe. Eine geschichtliche Reminiszenz wurde am Rande der Dreharbeiten geweckt: Altenkirchen war einer der ersten preußischen Kreise, die in den zwanziger Jahren aus den ländlichen Fortbildungslehrgängen für berufstätige junge Menschen die Berufsschule entwickelten – lange bevor ihre Einrichtung zu einer gesetzlichen Aufgabe wurde. Oberamtsrat Otto Uhlmann, aufmerksamer Zaungast bei den Filmaufnahmen, erläu- terte: „Aus dieser Tradition haben sich Berufsschule und Kreis immer bemüht, neue Lehrer zu gewinnen. Darum haben wir auch dankbar die Initiative von Herrn König aufgenommen.“ Ein Teil der in den Berufsbildenden Schulen tätigen Studienräte waren früher selbst Schüler oder Hospitant an dieser Schule. Oberstudiendirektor König sieht sich allerdings noch nicht ganz am Ziel seiner Bemühungen. „Es ist keinesfalls so, dass an den Berufsbil- denden Schulen im Kreis Altenkirchen nun alle freien Stellen besetzt sind,“ stellt er fest. Durch die Errichtung weiterer Schulgattungen, bei- spielsweise der Fachoberschule Wirtschaft, der gewerblichen Berufsfachschule und durch die Erweiterung der bestehenden elf Schulgattungen wächst der Lehrerbedarf ständig. Insbesondere fehlen noch Lehrkräfte im hauswirtschaftlichen Bereich (Diplom-Ökotrophologen), im kaufmännischen Bereich (Diplom-Be- triebswirte und Diplom-Volkswirte), im technischen Bereich (Diplom-Ingenieure der Elektrotechnik und des Maschinenbaus), im ernährungs- wissenschaftlichen Bereich (Diplom-Chemiker der Fachrichtung Nahrungsmittelchemie) und im sprachlichen Bereich (Germanistiklehrer und Diplom-Dolmetscher). In einem Jahr hofft König auch diese Stelle besetzt zu haben. Rhein-Zeitung vom 13. Januar 1972.

7.2 Not macht erfinderisch ner Presse, Westdeutsche Allgemeine, schen Hochschule Aachen einen Groß- General-Anzeiger für Bonn und Umge- versuch mit Computern an nordrhein- Die Berufsschule Wissen litt ständig bung, Neue Ruhr Zeitung, Fränkischer westfälischen Schulen. Die technische unter Lehrermangel. Er wurde beson- Tag, Erlanger Tagblatt, Fränkische Ta- Revolution hatte im Klassenzimmer ders spürbar nach dem Umzug in die gespost, Stuttgarter Nachrichten, Badi- Einzug gehalten. In dem ersten Groß- Hachenburger Straße. Nun waren nicht sche Neueste Nachrichten, Stuttgarter versuch sollte getestet werden, ob der nur die Schüler vorhanden, sondern Zeitung, Göttinger-, Northeimer und Computer bei Routine-Arbeiten zu Zeit- auch die lang ersehnten Räume. Neue Harzer Allgemeine, Gießener Allge- ersparnissen und zu einer Entlastung Bildungsgänge verschärften die Situa- meine. der Lehrer führt.1 tion. Der Arbeitsmarkt für Lehrkräfte Darüber hinaus wurde direkt an der Auch die Schule in Wissen startete im war wie auch heute ein Anbietermarkt. Uni am Schwarzen Brett zur Bewer- gleichen Jahr ins Computerzeitalter. Kaum ein Kollege war bereit, aufs fla- bung aufgefordert. Vor Vertretern des Handwerks verkün- che Land zu gehen. In einer beispiel- Die Aktion war so erfolgreich, dass dete Oberstudiendirektor, Brand, dass losen Werbeaktion schaffte es die da- nicht nur die Zeitungen sondern auch das neue Schulgebäude auch mit ei- malige Schulleitung mit Unterstützung das Fernsehen darauf aufmerksam nem Versuchscomputer ausgestattet des Kreises qualifizierte Lehrkräfte für wurde. sei. Nach den Worten des Schulleiters Wissen anzuwerben. Stellenanzeigen ging es zunächst nicht darum, die Lehr- wurden bundesweit in den Tages- und linge an dem Computer auszubilden, Fachzeitungen geschaltet, in Jugend- 7.3 Die Wissener Schule sondern ihnen lediglich die Angst vor wohl, Kindergarten heute, Rhein-Zei- startet ins diesen Dingen zu nehmen, die im Zu- tung, Kölner Rundschau, Kölner Stadt- ge der technischen Entwicklung täglich Anzeiger, Siegener Zeitung, Die Welt, Computer-Zeitalter auf sie zukommen könnten. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Anfang 1969 startet das Institut für Er- Um dieses Versprechen einlösen zu Zeit, Rheinische Post, Wilhelmshave- ziehung und Wissenschaft der Techni- 1 Vgl. Rhein-Zeitung vom 26. Januar 1969.

6 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Rhein-Zeitung vom 13. Januar 1972

können, musste zunächst ein- fe häufig durch Ziffern kodiert. mal die Angst der Lehrer vor Gleichartige Daten mussten al- der Maschine genommen wer- lerdings immer auf derselben den. Vom 27. - 31. August 1973 Stelle stehen.2 fand daher in Wissen eine Fort- bildung für Lehrer statt. Teil- Das Protokoll über die Gesamt- nehmer waren 11 ausgewählte - konferenz vom 24. März 1980 oder sollte man sagen erwählte vermerkt, dass am Einschu- – EDV-Pioniere kaufmännischer lungstag die EDV-Anlage be- Schulen aus Mainz, Ludwigs- triebsbereit zu halten sei. Wollte hafen und Wissen. Sie wurden man die EDV-Anlage benutzen, von Herrn Oberregierungsrat Hosseus, aus besonders festem, gegen Feuch- dann reichte es also nicht, nur einen zuständiger Referent für Datenverar- tigkeit unempfindlichen, nicht Strom Schalter um zu legen. Das Anfahren beitung und Informatik im Kultusmi- leitenden Karton. Ihre Abmessungen der Anlage war eine aufwendige Ange- nisterium, in die Geheimnisse einge- betrugen 187,3 mm in der Länge, 82,5 legenheit. führt. Ziel der Veranstaltung war es, die mm in der Breite und 0,17 mm in der Grundlagen für einen Schulversuch zu Stärke (7 3/8, 3 ¼, 0,007 Zoll). Sie spei- Seit Personalcomputer die Großrech- legen. Da der Einsatz von Computern cherten in der Regel 80 Zeichen. Die neranlagen in Betrieben und Verwal- im kaufmännischen Unterricht bisher Karte bestand aus 80 Spalten und 12 tung abgelöst haben, hat der PC auch nur wenig erprobt war, sollten die Kol- Zeilen. Ein bestimmtes Datum wurde im Unterricht seinen festen Platz ge- legen in gemeinsamen Schulungen aus nun je nach Stellenzahl durch Lochung funden. Die meisten Schüler werden kaufmännischen Fachgebieten wie z. B. in einer oder mehreren Spalten ausge- heute am Rechner ausgebildet. Um Rechnungswesen, Fakturierung, Lager- drückt. Dieser Bereich innerhalb einer als Lehrer den neuen Anforderungen haltung und Lohnabrechnung gerecht werden zu können, Leitprogramme erarbeiten. führten in der Vergangenheit Mit Hilfe dieser Programme Jeder Schüler erhielt am ersten Unterrichtstag eine Bü- einzelne Fachkollegen in der sollten dann dem Schüler roklammer und je eine perforierte Lochkarte in rot und Freizeit zu verschieden Pro- nicht nur Kenntnisse über den blau. Der Klassenlehrer instruierte nun seine Schüler an grammen (DOS, Multiplan, Computer vermittelt, sondern Hand der ausgegebenen „Aufstellung über die Benut- dBase, KHK, …) und Prob- auch die Auswirkung auf die zung der Spalten in perforierten Lochkarten“ und dem lemstellungen Arbeitsgemein- „Verzeichnis mit dem Lochkartencode“ seine persönli- Organisation ihrer Betriebe schaften durch. In den Pausen chen Daten in die zwei Karten zu übernehmen. Dabei aufgezeigt werden. war darauf zu achten, dass die Lochkombinationen mit gab es Kaffee und Kuchen, für Die Computer dieser Zeit hat- der aufgebogenen Büroklammer auf festem Untergrund den die Teilnehmer reihum ten noch gewaltige Ausmaße ausgestanzt wurden, da der Lochkartenleser bei verboge- sorgten. Vielleicht war dies und waren im Vergleich zu nen Lochkarten streikte. Da jede kleine Unachtsamkeit das Geheimnis des Erfolges heutigen wenig leistungsfä- beim Ausstanzen zu irreparablen Folgen führte, dauerte und dem regen Zulauf zu die- hig. Um mit ihnen arbeiten die Prozedur oft längere Zeit und so manches Mal griff sen Kursen. zu können waren in der Re- dann der Lehrer helfend ein, wollte er nicht „Überstun- gel erhebliche Programmier- den machen“. Der Unterricht endete am Einschulungs- Um der wachsenden gesell- tag erst, wenn alle Schüler fehlerfrei erfasst waren. kenntnisse notwendig. Daten schaftlichen und beruflichen wurden damals häufig mit Bedeutung der EDV gerecht zu Hilfe der Lochkarte und dem werden, wurde 1985 ein neuer Lochkartenleser eingegeben. Bildungsgang, die Fachschule Erstmals wurden zu Beginn Wirtschaft, Schwerpunkt Da- des Schuljahres 1980/81 alle tenverarbeitung, eingerichtet, Schüler EDV-mäßig erfasst, die im Schuljahr 1999/2000 d. h. mit Hilfe der Lochkar- von der Fachschule für Infor- te. In den nächsten Jahren mationsverarbeitung abgelöst sollte sie manchen Kollegen wurde. 1990 folgte die Fach- an den Rand des „Wahnsinns schule Wirtschaft, Schwer- treiben“. Da die Lochkarte Mit den Lochkarten fing alles an. punkt Bürokommunikation. für die Jüngeren kein Begriff Bereits 1988 nahm die zwei- mehr sein dürfte, soll sie jährige Höhere Berufsfach- kurz vorgestellt werden. Mit ihrer Hil- Lochkarte hieß Lochfeld. So gab es z. schule für Datenverarbeitung ihre Ar- fe konnten Maschinen gesteuert und B. in Wissen Lochfelder für Schulform, beit auf. Informationen unmittelbar in Maschi- Bildungsgang, Klasse, Name, Vorna- nen eingelesen werden. Sie konnten bei me, Postleitzahl, Wohnort und Straße Der Start ins Informationszeitalter er- schonendem Umgang beliebig oft und usw. Da die Kapazität einer Lochkarte 2 Vgl. Rudolf Hambusch, (Hrsg.), Organisationslehre – ein- lange eingesetzt werden. Sie bestanden begrenzt war, wurden längere Begrif- schließlich Informatik –, 3., erweiterte Auflage, Darmstadt 1972, S. 84 f.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 6 7 Die Macher des neuen Angebotes an der BBS: stehend v. l. Manfred Schnell (IHK Kirchen), Schulleiter Dr. Roland Dosch, Wolfgang Reiz (Geschäftsführer SSI Schäfer), Michael Debus (Leiter Informatik, Produktion SSI Schäfer), Otto Althof (Leitung Personalwesen SSI Schä- fer), sitzend v. l. Landrat Dr. Alfred Beth und Studiendirektor Bernd Stadtfeld. [Rhein-Zeitung vom 12. Januar 2001]

folgte 1985 mit einem Computerraum mit 10 Computern. Die Kosten der – wurde die Hard- und Software kon- und 16 Personalcomputer der Firma Anschaffung von rund 120.000 Mark tinuierlich ausgebaut. Heute stehen in Siemens, für die der Kreis damals sowie die Folgekosten während der 7 Unterrichtsräumen über 200 Rech- immerhin 180.000 Mark aufwenden nächsten fünf Jahre in Höhe von rund ner zur Verfügung. Um den steigenden musste. 1987 folgte ein zweiter Raum 60.000 Mark trug hier die IHK un- Praxis-Anforderungen gerecht werden ter der Bedingung, dass diese Gerä- zu können, wurden 1992 die Rechner te abends und am Wochenende von vernetzt und seit 1998 hat die Schule Teilnehmern von IHK-Kursen genutzt Zugang zum Internet. Seitdem kann werden konnten. In den folgenden Jah- auch das neue Fach „Kommunikation ren – und man kann sagen bis heute im Netz“ unterrichtet werden.

Investition von UMTS-Geld, RZ v. 18. Januar 2002

Auch die Schüler der Höheren Berufsfachschule Datenverarbeitung wollen das Cisco-Zertifikat erwerben und sind vom eLear- ning begeistert. Im Vorderrund links Studiendirektor Bernd Stadtfeld [Rhein-Zeitung vom 15./16. Februar 2002] 6 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Berufsbildungszentrum schon ab 1973 im Bau? Optimismus im Kreistag / Debatte über den Raumbedarf

Das vom Kreis schon seit langem in den Blick gefasste Berufsbildungszentrum auf dem Molzberg-Alexander nahe dem Hallenbad kann, sofern die optimistischen Erwartungen des Sprechers der CDU-Kreistagsfraktion, Paul Wingendorf (MdL), in Erfüllung gehen, endlich im nächsten Jahr den Bauauftakt nehmen. Der dazu am Montagnachmittag eigens (und erstmals) im Betzdorfer Rathaus tagende Kreistag diskutierte ausgie- big über den Raumbedarf für ein Projekt, das nach „unseren Vorstellungen“ so Regierungsdirektor Protz von der Kob- lenzer Bezirksregierung, die Berufsgrundschuljahre, Berufsfachsschulen für die Bereiche Metall, Elektrotechnik, Hauswirtschaft und Sozialpflege, eine Fachoberschule für das Ingenieurwesen sowie eine Fachschule für Maschinenbau und Elektrotechnik umfassen soll. Zu dem von Landrat Dr. Hermann Krämer und der CDU-Fraktion zur Annahme offerierten Raumbedarfsplan über 7000 qm, brachte Günter Wolfram (MdL) für die SPD-Fraktion eine Raumbedarfs-Vorstellung von 8400 qm ins Spiel. Die CDU griff mit ihrem Vorschlag den praktisch von der Bezirksregierung schon sanktionierten Raumbedarfsplan auf. Er ist das Ergebnis einer regierungsamtlichen Korrektur der auf 9200 qm zielenden Vorstellung der Kreisberufsschulleitung. Die Bezirksregierung reduzierte darin die Klassengröße von 90 qm auf die Norm von 70 qm, strich die in der Regel nicht vorgesehenen Vorbereitungsräume für die 26 Normalklassen ganz und dämpfte per Rotstift auch die ge- wünscht bezüglich der technischen Räume. Zu den Streichungen gab’s indes auch Koblenzer Zugaben: So wies die Bezirksregierung die Fach- oberschule für Elektrotechnik statt mit einem mit zwei Zügen aus. Am Ende aber schrumpfte die Raumbedarfsmeldung der Kreisberufsschule um 2200 qm. Die SPD-Fraktion hingegen wollte mit ihrer 8400 qm-Vorstellung den Plan der Kreisberufsschul-Leitung im Wesentlichen wieder hergestellt sehen, - reduzierte allerdings um einen Teil die Normalklassen-Vorbereitunsräume. Vor allem plädierte Günter Wolfram für eine Reihe von Streichungen zum Opfer gefallene Werkstatträume, die nach SPD-Auffassung „dringend erforderlich“ seien. Wolfram verlangte außerdem, dass die auch von Regierungsdirektor Protz (als Einrichtung der Wirtschaft) für das Berufsbildungszentrum geforderte überbetriebliche Ausbil- dungsstätte im Plan fest vorgesehen werde. Der SPD-Sprecher malte schließlich als abschreckendes Beispiel das sich schon bei der Einweihung als zu klein erweisende Betzdorf-Kirchener Gymnasium an die Wand und reklamierte im Namen der Selbstverwaltung das Recht des Kreistages auf Mitbestimmung beim Raumbedarfs- plan, während Landrat Dr. Krämer und CDU-Sprecher Wingendorf dafür zuerst die Experten zuständig sehen. Wolfram plädierte für einen beschränkten Architekten-Wettbewerb. Dann seien bis 1. Juni 1973 die Unterlagen vorzulegen und „wir kommen 1974 in das Förderungspro- gramm. ....“ Laut Regierungsdirektor Protz plädiert das Ministerium für eine Teilung der Berufsbildenden Schulen in Altenkirchen, Wissen und Betzdorf. Sie werden von insgesamt 4000 Schülern besucht. Auf die als Vollzeitschulen vorgesehen künftigen Betzdorfer Berufsfach- und Fachoberschu- len entfallen 1700 bis 1800 Schüler. Eine solche Schule sei keine Außenstelle mehr, sondern müsse als selbständige Schule errichtet werden. Nach „unseren Vorstellungen“ sollten, so Direktor Protz, in Wissen die gesamte kaufmännische Sparte, Haus- und Landwirtschaft und das Gewerbe bis auf die nach Betzdorf zu verlegende Metall-, Elektro- und Kfz-Sparte verbleiben. In Betzdorf käme dann noch eine kleine Gruppe Hauswirtschaft und zwei Textilklassen hinzu. Das künftige Berufsbildungszentrum in Betzdorf-Kirchen, das mit den im Gesamtkomplex noch vorgesehenen übrigen Schularten insgesamt 3000 bis 4000 Schüler umfassen wird, beleuchtete Regierungsdirektor Protz unter allen Gesichtspunkten der von Ministerpräsident Dr. Kohl mit Priorität ausgestatteten beruflichen Bildung im dualen System des verbesserten Zusammenwirkens zwischen Schule und Betrieb. Zurzeit erarbeitet die Landesregierung ein Aktionsprogramm. Eine gerade betriebene wissenschaftliche Studie sieht Berufsbildungszentren wie das für Betzdorf-Kirchen geplante schon vor. Die einjährige Grundbildung wird auf eins von insgesamt elf Berufsfeldern bezogen sein. Ihr schließt sich die in Dauer und Form den Berufs- stufen anzupassende Fachbildung unter Berücksichtigung auch der Stufenausbildung in der Wirtschaft an. Ergänzt wird die Fachbildung durch die überbetriebliche Unterweisung. Zu berücksichtigen bleiben laut Regierungsdirektor Protz beim Betzdorf-Kirchener Projekt die Unterrichts-Differenzierung, der künftige Medien-Verbund (Fernsehen), der Raumordnungsplan für den , der Schulentwicklungsplan für Berufsbildende Schulen und die hineinspielenden Grenz übergreifenden Probleme. Der Regierungsdirektor nannte außerdem die Sonderberufsschule für Lernbehinderte und für Leistungsschwache als weiteren Bezugspunkt der Überlegungen. Nach seinen Angaben hat sich der Andrang zu weiterführenden Berufsbildenden Schulen explosionsartig ausgeweitet. Mit unverkennbarer Sorge sprach Regierungsdirektor Protz von der dringend nötigen Aufwertung der sonst von der Auslaugung bedrohten Hauptschule, von der heraus genauso wie aus Realschule und Gymnasium der Weg zum Berufsbildungszentrum offen sei. Angesichts der Entwicklung zu Weiße- Kittel-Berufen müsse, forderte der Regierungsdirektor, ein besonders Augenmerk dem Lehrling und seiner Ausbildung gelten. Rhein-Zeitung vom 17. Mai 1972.

Im Rahmen der Bildungsinitiative „Net- Ein unerwarteter Geldsegen ging auf – 2002“ erhielt die Schule 174.323 DM working“ des Landes Rheinland-Pfalz die BBS Wissen nieder. Das Bundes- zur Anschaffung von Notebooks und wurde die BBS im Jahr 2000 offiziel- bildungsministerium förderte mit die Verkabelung in 20 Klassenräumen. ler Partner der Firma Cisco Systems UMTS-Geldern1 die Verbesserung der und erhielt den Status einer Cisco Local Ausstattung mit moderner Technologie. Networking Academy. Damit hat die Aus dem Programm „Zukunftsinves- Schule die Möglichkeit mit Geräten, titionen für berufliche Schulen 2001 Betriebssystemen und Schulungsun- terlagen der Firma Cisco Schüler zu 1 Zwischen dem 31. Juli und 18. August 2000 fand in den Räumen der damaligen Regulierungsbehörde für Tele- Netzwerkassistenten auszubilden. Das kommunikation und Post in Mainz die Versteigerung der Projekt wurde von der Firma Schäfer Lizenzen von Frequenzblöcken für die Nutzung durch das Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) Shop mit 50.000 DM für Laborerstaus- statt. Den Rekorderlös von 98,8 Milliarden DM – knapp 50 Milliarden Euro – nutzte die Bundesregierung zur stattung unterstützt. Schuldentilgung und einen Teil auch zur Ausstattung der Schulen mit moderner Technologie. Im EDV-Raum

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 6 9 7.4 Die Teilung rungsbaurates a. D. Dipl.-Ing. Heinrich Molzberg ein. Die offizielle Einweihung Am 30. August 1979, traf sich das Ge- Grimm, Architekt BDA, Betzdorf. Im folgte dann am 27. September 1979. samtkollegium der beiden Schulstand- November dann der Antrag auf schul- Ende November reihte sich die Außen- orte Wissen und Betzdorf im Konfe- amtliche Genehmigung, die am 25. stelle Betzdorf als 24. Schule in den renzraum des neu errichteten Berufs- Oktober 1976 erteilt wurde.1 Nach ein- Kreis der selbständigen Berufsbilden- bildungszentrum in Betzdorf- Kirchen. jähriger Bauzeit krönte im September den Schulen des Regierungsbezirkes Vor Beginn der letzten gemeinsamen 1978 der Richtkranz das neue Berufs- Koblenz ein. Konferenz wurde eine Gruppenaufnah- bildungszentrum, das einen umbauten me gemacht. Raum von 45.878 cbm und eine Nutz- Am 18. Dezember schließlich erhielt fläche von 11.000 qm umfasst. Für den Studiendirektor Josef Heinemann vom Die Rhein-Zeitung berichtete bereits Kreis bedeutete das neue Schulgebäude Leiter der Schulabteilung bei der Be- am 7. Dezember 1968, dass auch für einen Kraftakt: 7 Millionen der mehr zirksregierung Koblenz, Abteilungs- die Außenstelle Betzdorf ein neues als 18 Millionen Mark für das Projekt direktor Hans-Peter Gorschlüter, die Schulgebäude auf dem künftigen Frei- mussten übernommen werden. Beförderungsurkunde zum Oberstudi- zeitgeländes zwischen Molzberg und endirektor. Gleichzeitig wurde ihm die Alexander in Kirchen geplant sei. Und Mit Beginn des neuen Schuljahres Leitung der neuen Schule übertragen. 1972 war zu lesen: Seite 69 1979/80 zogen 1650 Schüler in das Zu Stellvertretern wurden die Studi- 1974 war es dann tatsächlich so weit. In neue Berufsbildungszentrum auf dem endirektoren Theodor Weil und Josef der Zeit von Januar bis Mai fand der Ar- Reuber ernannt. Letzterer nahm hier chitektenwettbewerb statt. Die Jury ent- 1 S. Landkreis Altenkirchen (Hrsg.), Berufsbildungszent- die gleichen Aufgaben (Koordinierung rum Betzdorf-Kirchen im Landkreis Altenkirchen, Eine schied sich für den Entwurf des Regie- Dokumentation zur Einweihung am 27. September 1979, der schulfachlichen Aufgaben) wahr S. 46.

7 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Das Lehrerkollegium der Berufsbildenden Schule des Kreises Alten- kirchen. Aufgenommen vor der ersten Gesamtkonferenz im neuen BBZ Betzdorf-Kirchen. [Berufsbildungszentrum Betzdorf-Kirchen im Kreis Altenkirchen, S. 47]

Lageplan BBZ Betzdorf-Kirchen. [Berufsbildungszentrum Betzdorf- Kirchen im Kreis Altenkirchen, S.14]

Oberstudiendirektor Josef Heinemann (3. v. r.) wurde von Abteilungsdirektor Hans-Peter Gorschlüter (2. v. r.) zum Leiter des seit November selbstständigen Berufsschulzentrums in Kirchen ernannt. Seine Stellvertreter wurden die Studiendirektoren Theodor Weil (2 v. l.) und Josef Reuber (4. v. l.). Rechts im Bild Oberstudiendirektor Wilhelm Kö- nig, links Landrat Dr. Krämer. [Siegener Zeitung vom 19. Dezember 1979]

Während der Rohbauphase: Ministerpräsident Dr. ließ sich auf seiner Kreisbereisung am 20. April 1978 eingehend die Konzeption des Berufsbildungszentrums auf dem Molzberg-Alexander erläutern. Im Bild in der vorderen Reihe von links nach rechts: Mdl Schmalz, die Bürgermeister Schwan (Betzdorf) und Greßnich (Kirchen), der Ministerpräsident, Landrat Dr. Krämer, Kreisdeputierter Fa- bry und Oberstudiendirektor König. [Berufsbildungszentrum Betzdorf-Kirchen im Kreis Altenkirchen, S.15]

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 7 1 Mein erster Schultag

Mein Einstieg in Wissen begann wie zuvor in Wissen. sen gehören damit u. a. die Gemein- mit einer Panne. Am 1. August, ein Samstag, waren wir neuen drei Refe- „Oberstudiendirektor König dankte sei- den bzw. Gemeindeteile , rendare in die Berufsschule bestellt nem Kollegen Josef Heinemann für die Erlenbruch, Altenhofen, Linden, Win- worden, um die Ernennungsurkunde angenehme Zusammenarbeit ... König gertshardt, Neuwinkel, Steckenstein, entgegen zu nehmen und den Eid würdigte auch die guten Kontakte zwi- , Dorn, Neubrendebach, Fens- abzulegen. Wie sich herausstellte, schen Heinemann und den Kammern dorf und die westlich davon gelegenen befand sich meine Urkunde noch und Betrieben. Viele Probleme habe Gebietsteile des Landkreises Altenkir- auf dem Weg von Koblenz. So durfte Heinemann in seiner Dienstzeit gelöst. chen. ich diese Zeremonie am 3. August, Darüber hinaus habe er es verstanden, Zum Schulbezirk der Berufsbilden- meinem ersten Ausbildungstag, al- leine nachholen. Nach kurzer Vor- das Lehrerkollegium zu motivieren. Da- de Schule Betzdorf-Kirchen gehören stellung im Kollegium ließ uns der bei sei stets bewusst geworden, dass u. a. die Gemeinden bzw. Gemeinde- Abteilungsleiter Walter Hoffman in in der Schule keine gesellschaftliche teile Gernsdorf, Solbach, Locherhof, seinem Dienstzimmer antreten und Veränderung betrieben, sondern Hilfe Diedenberg, Völzen, Elkhausen, Born- verkündete: „Einer von Ihnen muss zur Selbsthilfe gegeben würde. Ober- hahn, Mittel-, Ober-Durwittgen, Dau- mich in der ersten Stunde in der studiendirektor König würdigte auch ersberg, Oberhombach, , Handelsschule vertreten.“ Ohne ei- die Verdienste der Kollegen Reuber und Steinebach und die östlich davon ge- ne Reaktion unsererseits abzuwarten, Weil. ‚Ich freue mich über die Redu- legenen Gebietsteile des Landkreises drückte er mir das Lehrbuch in die zierung der Arbeitslast, scheide aber Altenkirchen. Hand und überließ mich meinem weiteren Schicksal. Wie ich später ungern von Betzdorf, weil ich mich 1979 schied auch die landwirtschaftli- hörte, war ich nicht der einzige, dem hier immer wohl gefühlt habe’, meinte che Abteilung aus dem Verband der Be- dies widerfuhr. Es war sein speziel- König weiter. Die Arbeit mit dem Kolle- rufsschule Wissen aus und wurde der ler Tick, die neuen Referendare zu gium sei von Sachlichkeit und Kollegi- Landwirtschaftschule in Altenkirchen testen. alität geprägt gewesen. Das Kollegium angegliedert. habe wesentlich das positive Bild der Schule mitgeprägt.“1 7.5 Kein Stillstand in den Lassen Sie mich ein Beispiel machen, Nun galt es, die Aufgabenbereiche der Achtzigern ich mache so gerne Beispiele. beiden Schulen sachlich wie räumlich abzugrenzen. In Wissen verblieben die Der SPD-Landtagsabgeordnete und kaufmännischen und die verwaltungs- Vorsitzende des Kulturpolitischen Aus- mäßigen Berufe, das Berufsfeld Ge- schusses, Hans Helzer (Altenkirchen), Eines Tages hing ein großer Kalender sundheit und Körperpflege, die Haus- prangerte 1981 den hohen Unterrichts- – wie wir ihn z. B. vom VLW kennen wirtschaft und der sozialpflegerische ausfall an den Berufsbildenden Schu- – an der Wand des Lehrerzimmers, Bereich. Das Berufsbildungszentrum len des Kreises Altenkirchen an. In der die Ferien und Feiertage zeigte. in Kirchen-Betzdorf übernahm die Betzdorf waren es 38,9 Prozent des not- Das Besondere: In einer der Ecken handwerk-gewerblichen Berufe mit den wendigen Teilzeitunterrichts an der Be- befand sich der Vermerk „Geneh- Berufsfeldern Metall, Elektro, Textil und rufsschule oder 429 Lehrerstunden pro migt“ mit Datum und Unterschrift des Chefs. Bekleidung, sowie die Maler, Schreiner, Woche. Der Ausfall in der Berufsschule Mauerer, Klassen für Jugendliche ohne Wissen betrug sogar 43,8 Prozent oder Beruf und ohne Berufsentscheidung, 307 Wochenstunden, bei den Vollzeit- das Berufsgrundschuljahr Metall und klassen in Betzdorf-Kirchen waren es wiesen sind.“2 die Fachoberschule Technik. Für die 90 Stunden oder 17,9 Prozent des Un- auszubildenden Verkäufer/Einzelhänd- terrichts und in Wissen 168 Stunden Wie man sieht, ob CDU- oder SPD-ge- ler und die männlichen und weiblichen oder 16,9 Prozent. Dazu der Abgeord- führte Regierung, der Finanzminister Jugendlichen ohne Berufsausbildung nete: „Mit diesem skandalösen Unter- bestimmt über die Einstellung von Leh- waren gem. § 50 Abs. 1 Schulgesetz richtsausfall liegen die beiden Berufs- rern, die sollten aber nach dem Willen Schulbezirke zu bilden. In der Gesamt- schulen im Kreis Altenkirchen stark des Kultusministeriums ab 1983 ein Be- konferenz der Berufsbildenden Schu- über dem Bezirksdurchschnitt von 33 rufspraktikum von 12 Tagen ableisten. len Wissen am 11. Februar 1980 infor- bzw. 11,2 Prozent und weit über dem Durch dieses Berufspraktikum sollten mierte die Schulleitung das Kollegium Landesdurchschnitt von 27,9 bzw. 11,9 die Kollegen/innen für ihren Unter- über die neue Situation: Prozent. ... Der ‚ganze Skandal’ liegt richt wertvolle praktische Erfahrungen darin, dass man aus dem Potential ar- sammeln. Natürlich sollte wegen des Der Schulbezirk der Berufsbildenden beitsloser Lehrer nicht die fehlenden Praktikums möglichst kein Unterricht Schulen Betzdorf-Kirchen und Wissen Lehrkräfte für die berufsbildenden ausfallen. „Es sind deshalb bevorzugt wird abgegrenzt durch eine Linie, die Schulen holt. Hier steht sich die Lan- solche Lehrkräfte für Berufspraktika östlich von Friesenhagen beginnt und desregierung mit der Abschottung der vorzusehen, die nach Durchführung östlich von endet. Zum Schul- Lehrämter selbst im Wege. Zum Scha- der Abschlussprüfungen ohnehin stark bezirk der Berufbildende Schule Wis- den der Jungen und Mädchen, die auf entlastet sind. Auf Wunsch des Lehrers eine gute berufliche Ausbildung ange- 1 Siegener Zeitung vom 19. Dezember 1979. 2 Rhein-Zeitung vom 10. Juni 1981.

7 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 können Berufspraktika auch ganz oder auf die die Berufsschule durch einen Mauerwerk, die bei Frost ihre Spreng- teilweise in den Ferien durchgeführt qualifizierten Englisch-Unterricht vor- wirkung nicht verfehlte. Auch an an- werden. Der Lehrer soll sich selbst ei- bereitete. Am Wochenende und im drit- deren Schulen, z. B. dem Kopernikus- nen Praktikumsplatz suchen. Fahrtkos- ten Ausbildungsjahr waren die Vorle- Gymnasium, waren gleiche Schäden ten werden nicht ersetzt. Das Ministe- sungen und Übungen der Verwaltungs- aufgetreten. Für die Dachsanierungen rium gewährt jedoch für evtl. Fahrten und Wirtschafts-Akademie in Koblenz veranschlagte der Kreis insgesamt 1,5 und am Arbeitsplatz Unfallschutz. Die zu besuchen. Dieser Ausbildungsteil Millionen Mark, allein für die Berufs- von den Lehrern zu erstellenden Prak- schloss nach einer Prüfung zum „Be- bildende Schule 1981 und 1982 850.000 tikumspläne werden wegen Dienstbe- triebswirt VWA“ ab. Während dieses DM, die nun teilweise ein Satteldach freiung und Unfallschutz der Bezirks- Ausbildungsmodell im Koblenzer und bekam. regierung vorgelegt.“ So nachzulesen Neuwieder Raum regen Zuspruch er- im Protokoll der Gesamtkonferenz vom fährt, blieb es an unserer Schule nur Erst zwanzig Jahre nach dem Bezug 4. Juli 1983. eine kurze Episode. der Schule wurde sie komplettiert. Mit 1988 wurde das Bildungsangebot durch einer lebendigen, freundlichen, von In den achtziger Jahren ist die Nach- die zweijährige Höhere Berufsfach- Schüler mitgestalteten Feier wurde am frage nach Ausbildungsstellen erheb- schule für Datenverarbeitung vervoll- 29. Mai 1989 die Sporthalle eingeweiht. lich größer als das Ausbildungsange- ständigt. Selbst Kultusminister Dr. Georg Gölter bot. Auch Schüler mit „mittlerer Rei- Nicht nur die Schülerzahl, sondern ließ es sich nicht nehmen und reiste fe“ haben es immer schwerer, einen auch das Durchschnittsalter der Schü- aus Mainz an, um persönlich die Fest- Ausbildungsplatz zu finden. Daher ler nahm in den vergangenen Jahren rede zu halten. „Da der Mensch eine richtete man im Schuljahr 1980/81 die deutlich zu. Gepaart mit der wachsen- Einheit aus Körper und Geist sei, so zweijährige Höhere Berufsfachschule den Motorisierung bedeutete dies, dass der Minister, beschränke sich der Er- (früher Höhere Handelsschule) ein. Je zunehmend Schüler mit dem eigenen ziehungsauftrag nicht auf den Intellekt. nach Neigung konnte der Schwerpunkt Auto zum Unterricht anreisten. Schon Verantwortungsbewusster Umgang mit Rechnungswesen oder Fremdsprachen bald reichte der vorhandene Parkraum dem eigenen Körper, Gesundheit als gewählt werden. Die Ausbildung endete nicht mehr aus. Ärger mit Anwohnern Teil der Identität, gelte es zu lernen, mit einer schriftlichen Prüfung zum der Hachenburger Straße und Dörner- den eigenen Körper zu erfahren, sein „Staatlich geprüften kaufmännischen straße war vorprogrammiert. Die Po- Leistungsvermögen und seine Gren- Assistenten“. Bei erfolgreicher Teilnah- lizei ging mit „Knöllchen“ gegen die zen. Dies sei die Aufgabe jedes Einzel- me an einem Ergänzungsunterricht Falschparker vor. Auf Drängen der nen. Der Sport habe die Aufgabe, hier kann nach einem Berufspraktikum die Schulleitung stellte der Kreis 1988 an zu helfen. Die soziale Dimension beste- Fachhochschulreife zuerkannt werden. der Dörnerstraße einen großen Park- he in der Bewegung, im Wettkampf, im Im Schuljahr 1982/83 folgte eine zwei- platz mit 120 Stellplätzen zur Verfü- Einüben fairer, menschlicher Verhal- jährige Höhere Berufsfachschule Haus- gung, so dass sich dieses Problem heu- tensweisen. Vom Leistungssport könne wirtschaft, die mit der Prüfung zur te nicht mehr stellt. man hierfür kaum Leitbilder für junge „Staatlich geprüften Hauswirtschaftsas- In den Achtzigern standen noch zwei Menschen erwarten. Leistung und Sieg sistentin“ endet sowie eine dritte Klasse weitere Baumaßnahmen an: gingen dort meist vor Fairness. Dabei der Berufsfachschule Wirtschaft. sollte Sport gerade die notwendige Er- Obwohl erst zehn Jahre seit der feierli- fahrung vermitteln, dass ein anderer Für Abiturienten wurde 1985 mit dem chen Übergabe vergangen waren, stan- etwas besser kann als man selbst und Mittelrhein-Modell eine Alternative den nun Blechwannen und Plastikei- man trotzdem gleichwertig ist.“3 Land- zum herkömmlichen Studium eröff- mer zwischen den Tischen und Stühlen rat Blank stellte fest, obwohl der Sport- net. Die Unternehmen Schäfer-Shop auf dem Fußboden einiger Klassenzim- unterricht an Berufsbildenden Schu- (Betzdorf), Rewe (), Ligno- mer. An den Decken-Enden oberhalb len im Lehrplan vorgeschrieben ist, sei tock Fasertechnik (), Elco der Fenster befanden sich teilweise er keine Selbstverständlichkeit. Blank: Elektronik (), Edgar Kunststoffbehälter, die nach oben geöff- „Hier findet Sport viel zu häufig nur Georg (), Werit Kunststoffwer- net waren und ein Abflussrohr aus dem auf den Stundentafeln statt.“4 ke (Altenkirchen), Brigitte-Geschenke Fenster besaßen. Der Grund für dieses Bleibt anzumerken, dass der Entwurf (Hachenburg) und Schrupp (Alsdorf) kuriose Bild: Wenn es regnete, begann zu dieser Halle vom Architekten Gün- boten den Abiturienten die Möglich- es in den Räumen feucht zu werden. ter Merkel stammt. Der Bau der 22 keit, neben der „normalen“ Berufsaus- An mehreren Stellen tropfte das Was- mal 44 Meter großen Zweifachturn- bildung als Industrie- oder Großhan- ser von der Decke, das durch diese halle kostete 3,27 Millionen Mark und delskaufmann an der Verwaltungs- und Notlösungen aufgefangen wurde. Das dauerte nicht ganz zwei Jahre. Wirtschafts-Akademie in Koblenz zu Flachdach war undicht. Zu spät wurde studieren. Nach zweijährigem Berufs- deutlich, dass die Flachdächer, wie sie Nur ein Jahr später ging Oberstudien- schulbesuch war die Kaufmannsgehil- in den 70er Jahren in Mode waren, bei direktor Wilhelm König in den wohl fenprüfung vor der Industrie- und Han- unserem heimischen Klima ungeeig- verdienten Ruhestand. Wie kaum ein delskammer abzulegen ebenso die Prü- net sind. An der Attika (Randaufbau fung als Fremdsprachenkorrespondent, am Dach) drang die Feuchtigkeit ins 3 Rhein-Zeitung vom 30. Mai 1989. 4 Ebenda.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 7 3 Mit Bravour haben die fünf Absolventinnen das Ziel Hauswirtschaftsmeisterin erreicht. Stolz halten sie ihren Meisterbrief in Händen. Mit den frischgebackenen Meisterinnen freut sich Marianne Dietershagen-Pütz (hinten rechts), die als Fachlehrerin die jungen Frauen zum Ziel führte. Es war ihr letzter Kurs vor der Pensionierung, den sie begleitete. Nach 23 Jahren an der BBS Wissen wurde die engagierte Leh- rerin Ende Oktober in einer Feierstunde in den Ruhestand verabschiedet. [Rhein-Zeitung vom 16. November 2000]

anderer seiner Vorgänger hat er in den Winterhalbjahr 1954/55 führte man in wendig.) Die Betriebe wollen geeignete 19 Jahre seiner Amtszeit die Schule ge- Verbindung mit der Elektro-Innung Leute vorschlagen. Bis jetzt liegen 12 prägt. Bei der offiziellen Verabschie- des Kreises einen Fachkurs für Rund- Anmeldungen vor.“2 dung am 18. Juni 1990 stellte Landrat funk- und Fernsehtechnik durch. Ein Die Schule stellte sich auch arbeits- Herbert B. Blank in seiner Rede fest: Fachkurs für Schreiner erweiterte und marktpolitischen Problemen. Im „Wenn es um seine Schule ging, hat verbesserte in 80 Unterrichtsstunden Herbst 1970 begannen 15 Frauen im Wilhelm König Weitblick und vor allem die beruflichen Kenntnisse der jungen Alter zwischen 18 und 47 Jahren einen Beharrlichkeit gezeigt. ... So habe er Gesellen. Er diente als Vorbereitung auf halbjährigen Kurs, der zur Stenokonto- stets seine Ziele klar und unmissver- die Meisterprüfung. Unterrichtet wurde ristin ausbildete und mit einer Prüfung ständlich vertreten und zu Ende ge- in den Fächern Fachkunde, Fachrech- vor der Industrie- und Handelskammer führt. Eine leistungsfähige Schule, die nen mit Kalkulation und Fachzeichnen. schloss. Das neue Arbeitsförderungsge- sowohl im Teilzeit- als auch im Voll- Besonderes berücksichtigt wurde die setz verpflichtete die Bundesanstalt für zeitbereich den an sie gestellten Anfor- Kunststoffverarbeitung, die auch im Arbeit, sich verstärkt um Umschulung derungen gerecht wird, habe Wilhelm Schreinerhandwerk immer mehr Be- und Weiterbildung zu bemühen. Insbe- König zurückgelassen, eine Schule, die deutung erlangte. Verantwortlich für sondere ging es darum, das vorhandene den Vergleich mit den anderen Berufs- diesen Kurs war übrigens der damali- Arbeitskräfte-Potential der Wirtschaft bildenden Schulen in Rheinland-Pfalz ge Gewerbeoberlehrer Bengestrate, an nutzbar zu machen, um so die Lücken und auch in den benachbarten Bundes- den sich noch viele als Studiendirektor auf dem Arbeitsmarkt zu schließen. ländern nicht zu scheuen braucht.“1 erinnern. Nebenbei wurde den nicht mehr Nur- In einem Protokoll von 1957 ist zu le- Hausfrauen ein neues Betätigungsfeld sen: „Bis jetzt sind 3 Industriemeis- erschlossen. „Vor Jahrzehnten erwor- 7.6 Die „Berufsschule“ – ein terkurse durchgeführt worden. Die Er- bene Kenntnisse und Fertigkeiten sind Ort lebenslangen Lernens folge sind recht zufriedenstellend, der heute vergessen oder überholt. Was Andrang groß. 23 Teilnehmer befinden tun? Ohne Umschulung bleibt oft nur Schon in den fünfziger Jahren sah sich z. Zt. in der Prüfung. Ein weiter die Tätigkeit als Hilfsarbeiterin. Arbeits- sich die Berufsschule nicht nur als Ort Kurs wird eingerichtet. Angeschrieben amt und Handelskammer zeigen heute der Erstausbildung, sondern auch als wurden die Betriebe, da diese ja in ers- einen Ausweg“, so die Rhein-Zeitung.3 Ort der Fort- und Weiterbildung. Im ter Linie interessiert sind. (Eine Ankün- digung in der Presse ist wohl nicht not- 2 (3), Bericht über die Konferenz vom 12. April 1957. 1 Rhein-Zeitung vom 20. Juni 1990. 3 Rhein-Zeitung vom 21. Oktober 1970.

7 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Das Kindergartengesetz vom 15. Juli dule sind beispielsweise Beschaffung, die Lehrer müssen an diesen Tests teil- 1970 forderte von der Leitung des Kin- Produktion, Finanzierung und Absatz, nehmen. Dabei sind 80 Prozent rich- dergartens den Nachweis einer beson- aber auch Programmierung, Netzwerk- tige Antworten das Minimum für Leh- deren Qualifikation, und zwar in der und Mehrplatzbetriebssysteme. Das rer, 70 Prozent das für Schüler. Wer Regel die abgeschlossene Ausbildung Modul Berufs- und Arbeitspädagogik schlechter abschneidet darf den Test als staatlich anerkannte Erzieherin. Um beinhaltet zudem die Vorbereitung auf noch maximal zweimal wiederholen. den Damen, die zwar die erforderliche die ADA-Prüfung (Ausbildung der Aus- Ist er erneut von Misserfolg gekrönt, ist Qualifikation nicht nachweisen konn- bilder). Zur Sicherung der Fachkompe- er „raus“.4 ten, aber bisher sehr erfolgreich in den tenz wird die Informationsverarbeitung Als erstes Bundesland errichtete Rhein- Kindergärten und -heimen gearbeitet an betriebswirtschaftlichen Objekten land-Pfalz die Fachschule Wirtschaft, hatten, die Möglichkeit zu geben, den prozessorientiert und anwendungsbe- Schwerpunkt Bürokommunikation. Befähigungsnachweis zu erlangen, zogen vermittelt. Aufnahmevorausset- Hier werden Staatlich geprüfte Be- richtete die Schule im Dezember 1974 zung für die neue Fachschule ist der triebswirte für Bürokommunikation einen Intensivkurs ein, der die Interessenten in fast 1200 Unterrichtsstunden innerhalb von zwei Jahren auf die Externenprüfung an der Fachschule für So- zialpädagogik vorbereitete. Wer aus dem betreffenden Personenkreis teilnehmen wollte, musste mindestens 22 Jahre alt sein. Diese Al- tersgrenze wurde jedoch von dem überwiegenden Teil der Interessenten wesent- lich überschritten. Die Un- terrichtsfächer entsprachen dem Rahmenlehrplan der Fachschule, Bildungsgang für Sozialpädagogik und der Unterricht erfolgt vorwie- gend freitags und samstags sowie über mehrere Wochen hinweg täglich. 1985 baute die Schule den Bereich der Erwachsenenbil- dung aus. Mit dem neuen Schuljahr wurde die Fach- Nach langjähriger Pause am Küchenherd drücken diese Frauen wieder die Schulbank. Sie bereiten schule Wirtschaft, Schwer- sich in der neuen Wissener Berufsschule auf ein zweites Berufsleben als Stenokontoristin vor. [Rhein- punkt Datenverarbeitung, Zeitung vom 21. Oktober 1970] eingerichtet. Die Schule bot Teilnehmern mit Fachhochschulreife Sekundarabschluss I (Mittlere Reife) ausgebildet, die die neuesten Kom- und abgeschlossener Berufsausbildung und eine einschlägige abgeschlossene munikationsmittel im Büro beherr- die Möglichkeit, innerhalb von zwei Berufsausbildung oder Berufstätigkeit. schen und moderne Technologien wie Jahren den Abschluss des „Staatlich ge- 2001 erfolgte die Änderung in Fach- Hardware/Software/Orgware bei der prüften Betriebswirtes“ zu erwerben. schule für Informationsverarbeitung täglichen Arbeit erfolgreich einsetzen Der Unterricht fand an drei Abenden und –management. Die Teilnehmer können. Diese Fachschule bestand in in der Woche statt. Mit dem Schuljahr können innerhalb von zweieinhalb Wissen seit 1990. Seit 2001 wird sie 1999/2000 trat an die Stelle der Fach- Jahren in Teilzeitform neben dem Ab- als Fachschule Kommunikation und schule Wirtschaft, Schwerpunkt Daten- schluss als staatlich geprüfter Betriebs- Büromanagement in modularisierter verarbeitung die neue dreijährige Fach- wirt auch die Cisco-Zusatzqualifikation Form angeboten. Innerhalb von vier schule für Informationsverarbeitung, erwerben. Während der Ausbildung Semestern kann der Fachwirt erworben für die ein zeitgemäßes, vollkommen bleibt niemand von Prüfungen ver- werden. neues Konzept erarbeitet wurde. Der schont. Ein Rechner in San Francisco Als einzige Schule im nördlichen Unterricht ist in einzelne Lernmodule schaltet Online-Tests frei. Fremdspra- Rheinland-Pfalz richtete die BBS Wis- gegliedert, über deren Abschluss jeweils chenkenntnisse sind hier gefragt, denn 4 Auch den Schülern der Höheren Berufsfachschule Daten- ein Zertifikat erteilt wird. Solche Mo- die Tests gibt es nur auf Englisch. Auch verarbeitung stand der Erwerb der Cisco-Zusatzqualifikati- on offen.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 7 5 sen ab dem Schuljahr 1992/93 eine getragen. Auch in der Folgezeit konn- Bildungsgang ist eine abgeschlossene Fachschule für Hauswirtschaft ein. Der ten immer wieder Meisterinnen die Erzieherausbildung, mindestens ein Bildungsgang bietet Hauswirtschafte- Schule verlassen. Jahr Berufserfahrung in sozial-pädago- rinnen die Möglichkeit, sich mit Abend- gischen Einrichtungen sowie während und Samstagunterricht innerhalb von Eine besondere Stellung nimmt die be- der Ausbildung eine Berufstätigkeit drei Jahren zur Meisterin der städti- reits im Schuljahr 1978/79 ins Leben von mindestens 20 Wochenstunden schen Hauswirtschaft zu qualifizieren. gerufene Fachschule für Familien/Al- in einer sozial-pädagogischen Einrich- Es wird die Fähigkeit vermittelt, einen tenpflege mit Schwerpunkt Altenpflege tung. Unterrichtet werden die Fächer: Haushalt oder hauswirtschaftlichen Be- ein, da sie besonders häufig auch von Heilpädagogik, Psychologie, Medizi- trieb selbständig, organisatorisch, tech- älteren Erwachsenen besucht wird. Die- nische Grundlagen, Gruppenpädago- nisch, wirtschaftlich und pädagogisch se Ausbildung zeichnet sich dadurch gik, Rechtslehre, Bewegungs-, Musik-, fachgerecht zu führen. Nach bestande- aus, dass neben dem fundierten theo- Spiel- und Werkerziehung. ner Abschlussprüfung bieten sich viel- retischen Unterricht auch regelmäßig seitige Beschäftigungsmöglichkeiten in Veranstaltungen mit Fachleuten aus der Privathaushalten, Kinder- und Alten- Praxis stattfinden. heimen, Krankenhäusern, Hotels oder Verwaltungen. „Wo die Regelpädagogik etwas nicht Auch schon vorher fanden Vorberei- mehr bewältigen kann, engagiert sich tungskurse zur Ablegung der Prüfung die Heilpädagogik.“ Mit diesen Worten der Hauswirtschaftsmeisterinnen an begann Professor Dr. H. Bach, Mainz, der Schule statt. Beispielsweise began- seine Ansprache im Rahmen des Fest- nen 18 Teilnehmerinnen den 600 Un- aktes zur Eröffnung der Fachschule terrichtsstunden umfassenden Kurs im für Heilpädagogik. Seit dem Schuljahr November 1974. Er ging auf eine Initia- 1994/95 kann in 3 ½ Jahren der Ab- tive des Deutschen Hausfrauenbundes schluss eines „Staatlich anerkannte/r zurück und wurde von der Volkshoch- Heilpädagoge/in“ erworben werden. schule des Landkreises Altenkirchen Aufnahmevoraussetzung für diesen

Das Lehrerkollegium 1979

7 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Das Kollegium hält zusammen

Lehrerausflug nach Brügge

Karneval 1982 Karneval 1982. Urlichs, Stadtfeld, Dr. Tampobolon, Schmitz

Karneval 1982

Karneval 1982. Urlichs, Schmidt

Betriebsausflug nach Straßburg/Frankreich

Karneval 1982. Gerhard Mohr Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 7 7 Beruf und Schule e.V. Rheinland-Pfalz Ortsverein: Wissen – Westerburg, Hachenburger Str. 47, 57537 Wissen / Sieg Telefon (02742) 933733, Fax (02742) 933737, Mail: [email protected] Eingetragener Verein für: Ausbildungsbegleitende Hilfen, Berufsausbildung, Berufliche Fort- und Weiterbildung

15 Jahre Ausbildungsbegleitung berufliche Fort- und Weiterbildung im Dualen System

chende Maßnahmen für Schülerinnen Pfalz (MBWJK Rheinland-Pfalz)…usw. und Schüler innerhalb der beruflichen zusammen. Gründung des Landesvereins: Bildung durchgeführt werden.“ Auf die- Die Kooperationspartner sind dement- 1987 sem Hintergrund strebt der Ortsverein sprechend: Am 11. September 1987 wurde der Ver- nach folgenden Teilzielen: Lehrerinnen und Lehrer, Berufsausbil- ein, Beruf und Schule e.V. Rheinland- n Verbesserung der Ausbildungs- und derinnen und Berufsausbilder, Förder- Pfalz, im Rahmen des Modellversuchs Arbeitsmarktchancen benachteiligter lehrerinnen und Förderlehrer, Sozial- des Landes Rheinland-Pfalz „Benachtei- Jugendlicher arbeiterinnen und Sozialarbeiter, Sozi- ligte Jugendliche im Lernverbund mit n Information zu Fördermaterialien alpädagoginnen und Sozialpädagogen, dem Sitz in Mainz auf Landesebene n Fachberatung in Fragen der Berufs- Erzieherinnen und Erzieher sowie die gegründet. sonderpädagogik Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des n Unterstützung von Schulsozialarbeit MBWJK – Rheinland-Pfalz. an berufsbildenden und allgemein bil- Gründung des Ortsvereins: denden Schulen 1994 Einige Ergebnisse unserer Arbeit: n Spezifische Qualifizierungsmaßnah- Am 6.10.1994 gründete der Landesver- men z.B. Sprachförderkraft, Praxisan- n Jahrelange Förderung und Pflege der ein zur Umsetzung seiner Ziele durch leitung, Sprachförderung und Integrati- deutschen Sprache durch Sprachförder- das dazu beauftragte Mitglied, StD Sig- on, Kindertagesstättenleitung etc. lehrgänge für Schülerinnen und Schü- fried Dallmann, mittels Einberufung n Mitwirkung beim Aufbau von Ver- ler aus deutschen Familien und Famili- einer Gründungsversammlung einen bundsystemen und Informationen zu en mit Migrationshintergrund Ortsverein im regionalen Raum Wissen ausgewählten Themen der beruflichen n Sechs Kompaktfortbildungen zum – Westerburg: Bildung Erwerb der Qualifikation: Kindertages- Beruf und Schule e.V., Ortsverein: Wis- n Kooperation mit Bildungseinrichtun- stättenleitung (Kindertagesstättenleiter- sen – Westerburg. Dieser Ortsverein gen in Mitgliedstaaten der EU und an- kurse) arbeitet nunmehr seit 15 Jahren im Rah- deren Ländern n Drei Kompaktfördermaßnahmen zur men einer Kooperationsvereinbarung Verbesserung der beruflichen Integra- zwischen Landesverband und unter- tion von Jugendlichen mit Migrations- Zusammenarbeit mit gliedertem Ortsverein. hintergrund (IMG-Lehrgänge) Institutionen und Personen: n Förderlehrgang zur Vorbereitung auf Um die obigen Ziele zu erreichen , ar- die außerschulische Abschlussprüfung Zweck und Ziel: beitet der Verein mit… zur Erzieherin bzw. zum Erzieher (1. Nach § 2, Absatz 2: „…führt er (der Berufsbildenden Schulen, allgemein Teilprüfung!) Verein) Fort- und Weiterbildungsmaß- bildenden Schulen, Fördervereinen, n Sechs Kompaktfortbildungsmaßnah- nahmen sowie Qualifizierungsmaß- Lehrerverbänden, Arbeitsverwaltung, men für Erzieherinnen und Erzieher nahmen im nationalen und transna- Betrieben, Gewerkschaften, Wohl- zur Erlangung des Fortbildungszertifi- tionalen Bereich für alle mit der Be- fahrtsverbänden, Einrichtungen der kats: PraxisanleiterIn rufsvorbereitung und Ausbildung der Jugendsozialarbeit, weiteren Maßnah- n Durchführung verschiedener Pflicht-, Zielgruppe befassten Personen, Institu- meträgern der beruflichen Bildung wie Wahl- und Themenmodule für Erziehe- tionen, Vereinen und Gruppen durch. z.B.: Ministerium für Bildung, Wissen- rinnen und Erzieher zur Erlangung des Darüber hinaus können auch entspre- schaft, Jugend und Kultur, Rheinland- jeweiligen Fortbildungszertifikats im

7 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Das BuS-Planungsteam (v. l.): Ina Neubauer, Verwaltung, BBS Wissen – Herr Jörg Lochmann, stellv. BuS-Vors.; BBS Wissen – Christa Hülpüsch, Leiterin der Ev. Kindertagesstätte „Arche“, Altenkirchen – Gerhard Kullik, BuS-Vors., BBS Wissen – Anne Hasenauer, Leiterin d. Städt. Kinderhauses, Hachenburg – Gerfried Scheuermann, StD a.D., BBS Westerburg

Rahmen des Landesprogramms „Zu- von Frau OStD S. Nugel tatkräftig in ritasverband in Kirchen “Mehrgenera- kunftschance Kinder – Bildung von der BBS Wissen - Außenstelle Muders- tionenhaus“, der Ev. Kirchengemeinde Anfang an“ bach unterstützt wurde. Gemünden/Ww, der Kreisvolkshoch- n Berufsspezifische Weiterbildung für n Dank gilt allen bisherigen Schatz- schule Altenkirchen, der Bildungsstät- Staatl. anerkannte Altenpfleger meisterinnen und Schatzmeistern, te „Naturnahes Familienferienhaus Anne Rose Weller, Felix Weller und Arche Noah“ Marienberge, der LRSD’ dem derzeitigen Schatzmeister Bernd Frau M. Braun bei der ADD Koblenz, Einige Zahlen: Imhäuser sowie seiner Gattin, die die dem Land Rheinland-Pfalz (MBWJK- Seit 1994 konnten rund 2.200 Fortbil- finanziellen Mittel des Vereins mit Kindertagesstättenreferat, Mainz) sowie dungsteilnehmer (Erzieherinnen und großer Sorgfalt so verwalteten und Herrn L. Lohmer von der Unfallkasse Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, So- pflegten,dass bisher alle Fördermit- Rheinland-Pfalz gebührt ein herzlicher zialpädagoginnen und –pädagogen) et- tel sinnvoll direkt an die Kursteilneh- Dank für die sehr gute Kooperation in wa160 Aus-, Fort- und Weiterbildungs- merinnen und Kursteilnehmer weiter den vergangenen Jahren. angebote von Beruf und Schule e.V. gegeben werden konnten. n Nicht zuletzt aber dankt der Verein erfolgreich besuchen und sich auf qua- n Dank gilt dem Vorstand des Vereins, den vielen Fortbildungswilligen, den litativ hohem Niveau persönlich und v.a. dem langjährigen V-Mitglied, Frau Erzieherinnen und Erziehern für deren beruflich kompetent weiterbilden. B. Manderscheidt, aber auch den Funk- Treue und deren Anregungen bei der tionsträgern in den Schulleitungen der Gestaltung der Kursinhalte. Das BuS- Berufsbildenden Schulen Betzdorf- Planungsteam weiß dies sehr zu schät- Dank: Kirchen, Westerburg und Wissen: Frau zen und wird sich auch in den nächsten n Die bisherige Bildungsarbeit des Ver- StD’ I. Weichhaus und den Herren StD Jahren entsprechend engagiert für ein eins wäre ohne die kontinuierliche Un- S. Dallmann, OStD J. Dell, OStD Dr. R. sehr gutes Preis- Leistungsverhältnis terstützung durch alle Mitglieder des Dosch, OStD G. Huke, OStD W. König, bei allen Fortbildungsangeboten einset- Ortsvereins und des Landesvorstands OStD R. Krämer, StD R. Nelke, OStD zen. nicht möglich gewesen. Herzlichen Dr. S. Schimpf, StD M. Schimmel und Dank für die geleistete Arbeit! StD P. Wilking, die die bisherige Arbeit Ihr BuS-Planungsteam n Ein besonderer Dank gilt Herrn des Ortsvereins jederzeit unterstützt StD S. Dallmann, für die Initiative zur und mit vielen kreativen Ideen vorange- i.V. Gerhard Kullik Gründung des Ortsvereins „Wissen – bracht haben. (Vorsitzender des Ortsvereins) Westerburg“, Herrn OStD Horst Bö- n Aber auch unseren Kooperations- cking, der bis zum Jahr 1999 das Fort- partnern: der Lebenshilfe e.V., Stecken- bildungsprogramm der Erzieherinnen stein, der KEB gezielt plante und erweiterte und dabei Mainz und KEB Marienthal, dem Ca-

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 7 9 Eine Schule sucht ein neues Profil (Schulleiter Dr. Roland Dosch: 1991 bis 2002)

88.1 Von einander lernen – schwer umzusetzen. Unserer Schule tägliches Disponieren ebenso möglich bieten sich viele Chancen, wenn wir wie der gezielte Personaleinsatz und Kooperation mit den es mit der Handlungskompetenz ernst die Organisation der Lagerhaltung. Ausbildungsbetrieben meinen. Häufige Betriebsbesuche- und -praktika müssen zu Institutionen Seitdem haben eine große Zahl von 5. Juni 1991: „Ich wünsche Ihnen eine werden.“2 Betriebsbesichtigungen und regelmä- gute Hand für die Menschen an dieser Dass Letzteres kein Lippenbekenntnis ßigen Kontakten für einen regen Ge- Schule und für die Schule selbst“, so blieb, dafür sorgte der neue Schulleiter. dankenaustausch gesorgt. In diesen begrüßte die stellvertretende Leiterin Systematisch galt es, das Gespräch mit Prozess ist selbstverständlich auch die der Berufsbildenden Industrie- und Han- Schule Wissen, Stu- delskammer einge- diendirektorin Ingrid bunden, die im Ok- Weichhaus, den neuen tober 1993 zu einem Leiter der Schule, Ober- Treffen des Arbeits- studiendirektor Dr. Ro- kreises „Schule und land Dosch.1 Zahlreiche Industrie“ einlud. Gäste hatten sich in der Es mag stellvertre- Eingangshalle der Schu- tend für viele ande- le eingefunden, um der re Sitzungen stehen. offiziellen Einführung Hier ging es um ei- des neuen Schulleiters ne Neuorientierung beizuwohnen. Oberstu- des Unterrichts. Im diendirektorin Marliese Mittelpunkt der Dis- Braun von der Bezirks- kussion stand der regierung Koblenz, eine handlungsorientierte ehemalige Schülerin, Unterricht, der die überreichte die Ernen- Auszubildenden be- nungsurkunde. Sie Der Erfolgsautor Klaus-Peter Wolf zog mit verbundenen Augen aus einer Keks- fähigen soll, über die drückte die Hoffnung dose zehn Lose. Die Gewinner erhielten jeweils ein Exemplar des neuen Wolf- Erarbeitung konkre- Werkes „Feuerball“. [Rhein-Zeitung vom 20. Dezember 1997] aus, dass auch weiter- ter Fälle, wie sie zum hin das große Angebot beruflichen Alltag der Schule erhalten bliebe. Gleichzeitig den Ausbildungsbetrieben unserer Re- gehören, später im Betrieb selbststän- bat sie um Verständnis dafür, dass ein gion zu suchen. Die erste Möglichkeit dig und verantwortungsvoll zu planen, neuer Schulleiter auch immer ein neu- bot sich im Dezember 1991. Interes- zu arbeiten und zu entscheiden. Wie er Mensch mit anderen Erfahrungen, sierte Kollegen konnten einen Einblick sehr dieses Prinzip bereits von pädago- Zielen und Wünschen sei, vor deren in die alltägliche Praxis des Einzelhan- gischer Seite getragen wird, zeigte auch Hintergrund er seine Arbeit tue. dels gewinnen. Geschäftsführer Gil- die Anwesenheit von Alfred Mohr, dem Dr. Dosch hob in seiner Antrittsrede bert Henn vom Wissener Petz-Markt stellvertretenden Leiter des Studiense- hervor, dass er sein Amt als „kollegi- informierte intensiv über das Waren- minars Neuwied, und dem leitenden aler Integrationstyp“ ausüben wolle. wirtschaftssystem, bei dem es um die Regierungsschuldirektor Hanne (Be- Und weiter: „Das ist leicht gesagt, aber Erfassung und Auswertung von Wa- zirksregierung Koblenz). renbewegungen geht. Hierdurch wird Trotz mancher Anlaufschwierigkeiten

1 Bereits im Frühjahr 1991 übernahm Dr. Roland Dosch die bewerteten alle Seiten die neue Kon- kommissarische Leitung der BBS. 2 Rhein-Zeitung vom 6. Juni 1991.

8 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 zeption positiv, zumal sie auch von den schen Wiedervereinigung in den Wes- Ergebnisse der Kreativität des Unter- Schülerinnen und Schülern akzeptiert ten, darunter auch viele Jugendliche, richts zeigten Schülerinnen und Schü- wird. Hans Jürgen Wolf, Personalchef die in unserer Region eine Ausbildung ler der Fachschule für Erzieher 1992 von Wolf-Geräte Betzdorf, fasste im Na- absolvierten. Mit der Öffnung der ost- in einer Ausstellung im Schalterraum men der Industrievertreter seine Erfah- europäischen Staaten und insbesonde- der Volksbank Wissen. Zu sehen wa- rungen so zusammen, dass handlungs- re der ehemaligen Sowjet-Republiken ren erstmals außerhalb der Schule orientiertes als prozessorientiertes Ler- Anfang des Jahrzehnts setzte eine star- Werke aus mehreren Jahren Kunstun- nen von ihm begrüßt würde und er der ke Migration in unseren Raum ein. Bei terricht. Bei der Matinee betonte Studi- weiteren Entwicklung sehr aufgeschlos- den jugendlichen Aussiedlern waren endirektorin Weichhaus als Vertreterin sen gegenüberstehe. häufig große Sprachdefizite festzustel- der Schulleitung, den Beitrag, den die Dem Anspruch einer stärkeren Ver- len, die bei gemeinsamer praktischer Kunst- und Werkerziehung leistet, um zahnung von Praxis und Schule stel- Tätigkeit im Berufsvorbereitungsjahr in „das sinnliche Erkenntnisvermögen zu len sich aber nicht nur die Kollegen/ der Regel innerhalb eines Jahres stark schulen und einen Gegenpol zur alltäg- innen und Schüler/innen der kauf- abnahmen. Neben dem regulären Un- lichen Reizüberflutung aufzubauen.“ männischen Abteilung, sondern bei- terricht wurden besondere Förderkurse spielsweise auch die Absolventen der in Deutsch angeboten, wie auch Eng- 1994 war die Ausstellung „Aus der Höl- Fachschule für Altenpflege. Was 1994 lischkurse, um den Aussiedlern den le ins Ungewisse – Flüchlinge aus Bos- begann, ist heute ein fester Bestand- Zugang zu weiterführenden Klassen zu nien“ im Foyer der Schule zu sehen. teil der Ausbildung. Damals gestalte- ermöglichen. Hubertus Eunicke, Leiter des Diakoni- ten die Schüler und Schülerinnen im schen Werkes Altenkirchen, eröffnete Evangelischen Jugendheim für die Be- die Ausstellung mit dem Zitat: „Die wohner und Bewohnerinnen des St. 8.2 Öffentlichkeit in die Stärke einer Gesellschaft bemisst sich Hildegard-Altenheimes ein Frühlings- Schule an ihrem Verhältnis zu den Schwa- fest. Die Veranstaltung sollte den Senio- chen.“ Gemeinsam mit dem Caritasver- ren Gelegenheit zu einem gemütlichen Auf der anderen Seite galt es, die Schu- band hatte sein Verband die Organisati- Beisammensein bieten und gleichzeitig le stärker nach Außen zu öffnen, das on und Finanzierung dieser Dokumen- für die angehenden Altenpfleger/innen eigene Tun einer breiteren Öffentlich- tation übernommen. Gezeigt wurden einmal mehr eine praxisnahe Übung keit zu zeigen, wie auch Öffentlichkeit Arbeiten des Fotografen Nihad Pusija darstellen. in die Schule zu holen. Kurz, die Schule aus Sarajewo sowie der beiden Berliner Neben diesen eher außerschulischen stärker in das gesellschaftliche Umfeld Theo Heimann und Martin Fejér. Do- Aktivitäten wird der „normale“ Unter- und Bewusstsein zu integrieren durch kumente, Karten und Augenzeugenbe- richt nicht vernachlässigt. Die Schule Ausstellungen, Dichterlesungen, Tage richte ergänzten die Bilder. Die Ausstel- stellte sich den neuen Herausforderun- der offenen Tür, Teilnahme an Veran- lung war zuvor bereits in 14 deutschen gen. Viele ehemalige DDR-Bürger zog staltungen der heimischen Unterneh- Städten zu sehen. es nach dem Mauerfall und der deut- men u. ä. Ein Stück Öffnung bedeuten auch die

Seit Januar 2002 gestalten die BBS Betzdorf-Kirchen und die BBS Wissen in Zusammenarbeit mit der IHK, Bezirksstelle Betzdorf eine ge- meinsame Entlassfeier für die Auszubildenden, die die Gesellen- und Kaufmannsgehilfen-Prüfung abgelegt haben.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 8 1 15 Jahre Förderverein der BBS Wissen e. V.

Autorenlesungen, die von Zeit zu Zeit an der Schule stattfinden. So war der Dichter Heiner Feldhoff zu Gast, dessen Gedichte „Europa“ oder „auf dem Lande“ Alltagserfahrungen ver- arbeiten. Hans-Georg Noack las das Anfangskapitel eines unveröffentli- chen Romans und Klaus-Peter Wolf sprach über den neuen Film „Hetz- jagd“. Auch das Hein-Knack-Theater aus Hennef gastierte mehrfach.

Dass Schule nicht nur „büffeln“ für Prüfungen bedeutet, beweisen die Abschlussklassen der Fachschule für Erzieher immer wieder. Ihre Musica- laufführungen sind stets ein kulturel- ler Höhepunkt des Schuljahres. Im Sommer 1996 führten sie z. B. das Musical „Hair“ live und wie immer ohne Playback auf. Dank der Bühnen- dekoration und Kostümierung gelang es ihnen, die Zuschauer der vollbe- setzten Aula der BBS zu begeistern Vorstand des Fördervereins 1995: (von links) Hartmut Schock (Beisitzer), Heinz und die Atmosphäre der späten sech- Georg Roezel (1. Vorsitzender), Dr. Roland Dosch (2. Vorsitzender), Bernhard Urban ziger Jahre zu zaubern. (Schatzmeister) und Peter Wilking (Schriftführer).

Ernster ging es dagegen bei dem Be- such des Landtagspräsident Chris- Am 5. September 1994 kamen auf Initiative des damaligen Schulleiters, Herrn Dr. toph Grimm zu, der mit Schülern Roland Dosch, 27 Interessierte – meist Lehrerinnen und Lehrer der BBS Wissen – zur und Schülerinnen der Höheren Be- Gründungsversammlung eines Fördervereins zusammen. Die Zahl der Mitglieder ist seitdem auf 89 gewachsen – vorwiegend Kolleginnen und Kollegen. rufsfachschule über Arbeitslosigkeit Im Mittelpunkt der ersten Jahreshauptversammlung des neu gegründeten Fördervereins und über die Situation der in der der Berufsbildenden Schule Wissen standen die Vorstandswahlen. Heinz Georg Roezel Bundesrepublik lebenden Ausländer (1. Vorsitzender) nannte als vorrangige Aufgabe des Fördervereins die Vertiefung der Ver- diskutierte. ständigung zwischen Eltern, Schülerinnen und Schülern, dem Lehrerkollegium und den ausbildenden Betrieben bzw. Institutionen. Zunächst aber müsse die Mitgliederwerbung Jede Schule braucht Öffentlichkeit zur Vorrang haben. Selbstdarstellung. Informationsstän- Der Förderverein unterstützt die pädagogische Arbeit der Schule. Ziele sind neben der de bei Ausbildungsbörsen und beson- bereits genannten Vertiefung der Verständigung zwischen allen am Schulleben Beteilig- ten auch die Pflege der Beziehungen der ehemaligen Schülerinnen und Schüler unterei- ders Tage der offenen Tür sind ge- nander und zur Schule. Regelmäßige Ehemaligentreffen sind ein Beleg dafür. eignet, die eigene Leistungsfähigkeit Eine nicht unerhebliche Bedeutung haben auch Hilfen bei der Beschaffung von Aus- einem breiteren Publikum zugäng- stattungsgegenständen, technischem Gerät, Lehr- und Lernmitteln oder bei Fort- und lich zu machen. Anlass dazu boten Weiterbildungsveranstaltungen. Konkret sind hier Unterstützungen bei Klassenfahrten in den vergangenen Jahren mehrere oder Projekten zu nennen oder die Bezuschussung der Bibliotheksarbeit. Viele Maßnah- Schuljubiläen: 10 Jahre Fachschule men dienen zudem der Förderung der Öffentlichkeitsarbeit der Schule. So wäre ohne Wirtschaft, Schwerpunkt Datenverar- die Unterstützung des Fördervereins die jährliche Informationsbroschüre für die neuen beitung (1995), 20 Jahre Fachschule Schülerinnen und Schüler der BBS Wissen nicht denkbar. Die in der Satzung verankerte Kontaktpflege zu in- und ausländischen Schulen findet für Altenpflege (1996), 25 Jahre Fach- ihre Umsetzung beispielsweise in Zuschüssen für den Schüleraustausch mit der polni- schule für Erzieher (1996), 25 Jahre schen Partnerschule in Krapkowice. Die Jahreshauptversammlung findet in der Regel Berufsvorbereitungsjahr (1998). Da- in einem Betrieb oder einer kulturellen Einrichtung der Region statt und ist somit mit neben fanden verschiedentlich schul- entsprechenden Besichtigungen und Informationsveranstaltungen verknüpft. artübergreifende Tage der offenen Die Ihnen vorliegende Festschrift wurde vom Förderverein der BBS Wissen mitfinan- Tür statt, so 1992 unter dem Motto ziert. Dies gilt auch für die gesamte Projektwoche mit dem Tag der offenen Tür. Ist das „Unsere Schule führt zum Beruf und allein nicht Grund genug, dem Förderverein beizutreten? Der Jahresbeitrag von € 6.- für bildet“. Mehrere hundert Interessen- Schüler, € 13.- für Privatpersonen oder € 60.-für Betriebe ist sicher kein Hinderungs- ten von Haupt- und Realschule sowie grund. Zudem ist der Beitrag steuerlich absetzbar. Nähere Informationen und einen Beitrittsantrag finden Sie auch unter www.bbs-wissen.de/Schule/Partner/Förderverein. Gymnasium aus dem ganzen Kreis- Also – bis zur Hauptversammlung im Frühjahr 2010! gebiet nutzten die Gelegenheit sich mit dem weit verzweigten Bildungs- Peter Wilking, 2. Vorsitzender

8 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Angehende Erzieherinnen lockern den Festakt mit Kostproben ihres Musicals „30 Jahre BBS Wissen auf“. Festredner Ministerialdirigent a. D. Martin Decker. [Siegener Zeitung vom 1. Okt. 1999] [Rhein-Zeitung vom 1. Oktober 1999]

„Schachmatt“. Auszubildende verschiedener Berufszweige liefern sich erbitterte Gefechte. [Rhein-Zeitung vom 2. Oktober 1999]

Auch Europa war Thema bei der Projektwoche. Hier schmücken Schülerinnen den Raum mit europäischen Fahnen. [Rhein-Zeitung Das Festbüffet ist eröffnet. [Siegener Zeitung vom 1. Oktober 1999] vom 2. Oktober 1999]

angebot vertraut zu machen. In fast al- Einem weitaus größerem Publikum Schule in dem Gebäude in der Hachen- len Räumen fanden Vorführungen der konnte sich das Berufsvorbereitungs- burger Straße untergebracht, genau vor einzelnen Berufsgruppen statt. Schüler jahr der BBS Wissen vorstellen. Ein fünfzig Jahren wurde der erste Jahr- des gewerblich/technischen Berufsvor- Fernsehteam des Südwestfunks pro- gang der Handelsschule, der heutigen bereitungsjahres präsentierten selbst duzierte einen 30-minütigen Bericht. Berufsfachschule Wirtschaft, einge- gefertigte Gegenstände aus Holz oder 2003 zeigten Schüler der BBS ihr Kön- schult, und gleichzeitig kann auf hun- Metall. Ein kleiner Wettbewerb lud zum nen bei der 7. Handwerkerleistungs- dert Jahre Berufsschulwesen im Kreis Hobeln ein. Angehende Erzieherinnen schau in Wissen. Altenkirchen zurückgeblickt werden. und Erzieher stellten zu Demonstrati- Das wurde von den Schülern und Leh- onszwecken Sandbilder her, Industrie- rern mit einer Projektwoche und einem und Bürokaufleute informierten über 8.3 Großer Trubel Schulfest groß gefeiert, zu dem vor al- ihre Tätigkeit. Andere Klassen boten am 30. September 1999 lem alle Ehemaligen eingeladen waren. Einblicke in Verkaufsgespräche, be- rechneten Nährwerte oder maßen den Die Siegener Zeitung schrieb: „Anlass Neben interessierten Eltern waren auch Blutdruck, um nur einige Beispiele zu waren gleich drei große Jubiläen: Seit zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft und nennen. dreißig Jahren ist die Berufsbildende Politik erschienen, um Schulleiter Dr.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 8 3 sagt die Auszubildende. Auch Christi- ne findet die Projektwoche ‚interessant’ und ‚informativ’. Sie hat sich am Pro- jekt zur Europäischen Union beteiligt und gemeinsam mit anderen Lehrlin- gen einen Fragebogen entwickelt. ‚Ich weiß jetzt viel besser Bescheid’, sagt sie.

‚Schachmatt’ tönt es derweil aus dem vierten Obergeschoss, wo sich Auszu- bildende verschiedener Berufszweige ein erbittertes Gefecht liefern. Zwei Be- treuer sehen ihnen über die Schulter und geben Tipps. Zur gleichen Zeit sammeln Schüler im Berufsvorberei- tungsjahr im Foyer ihre erste Verkaufs- erfahrung, indem sie selbst gefertigte Schatzkistchen, Kerzenhalter und Uh- ren anpreisen. Die Hauswirtschafte- rinnen servieren in der Zwischenzeit hungrigen Gästen leckere Lachshäpp- chen und Kuchen.“2 Den musikalischen Rahmen gestalte- ten die Teilnehmer der Fachschule für Einen 30-minütigen Film über die Berufsvorbereitung an der BBS Wissen drehte ein Team Erzieher. Sie führten ihr Musical „Me- des Südwestfunks. Der Beitrag mit dem Titel „Die zweite Chance“ wurde am 20. März in mories in my dreams“ auf, in dem sie der Reihe „Beispiele machen Schule“ ausgestrahlt. [Rhein-Zeitung vom 9. Februar 1996] die verschiedenen Stationen der Schul- entwicklung darstellten. Zu bekannten Roland Dosch zu gratulieren. Dosch über den weichen Schaumstoffboden, Melodien hatten sie die passenden Tex- konnte einige Schüler aus dem ersten ein Kuschelecke lädt dazu ein, ‚die te geschrieben. Jahrgang der Handelsschule von 1949 Seele baumeln zu lassen’: Angehende begrüßen und zählte die wichtigsten Altenpflegerinnen und Erzieherinnen Bewertungskriterien der damaligen haben aus dem kahlen Klassenraum ei- 8.4 Wohlfühlen in der Zeugnisse auf: Wichtig waren Schrift, nen behaglichen Ort gezaubert. ‚Snoe- Schule Betragen, Fleiß und Ordnung. Mit ei- zelen und Co.’ heißt das Projekt, das als nem Augenzwinkern bemerkte er: ‚Wie Freizeitangebot für Behinderte, Kinder Unterricht soll nicht nur Last sein, son- gut, dass wir das heute nicht mehr und Senioren entwickelt wurde. ‚Das dern darf und soll auch Spaß machen. brauchen.’“1 kann man gut im Kindergarten umsetz- Grundvoraussetzung ist aber, sich wohl In seiner Festrede fasste Ministerialdi- ten’, meint Manuela, der die Projektwo- zu fühlen. Dies dachten auch die Schü- rigent a. D. Martin Decker die Entwick- che großen Spaß gemacht hat. ler einiger Vollzeitklassen. Sie griffen lung des Berufsschulwesens während zu Farbtopf und Pinsel und verschöner- der vergangenen 100 Jahre zusammen Im Raum gegenüber druckt Stefanie ten ihren Klassenraum. und sagte: „Die Anpassung an die Ar- einer Frau gerade einen ‚Geburtstags- Wohl fühlt man sich dort, wo ein fried- beitswelt und ihr Innovationsdrang sei- spiegel’ aus. Auf diese Weise erfährt licher Ton herrscht. Vielleicht auch ein en die Stärken dieser Schule, und so sei diese unter anderem, dass auch der Grund dafür, die Projekttage 1994 unter die Investition in die Berufsschulen die Schauspieler Keanu Reeves an ihrem dem Motto „Für ein friedliches Mit- beste Kapitalanlage der Gesellschaft.“ Geburtsdatum das Licht der Welt er- einander“ zu stellen. 500 Schülerin- blickte. Die zukünftigen Bankkaufleute nen und Schülern der Vollzeitklassen „Eine Kunstausstellung, Werbung, ein im ersten Lehrjahr haben in ihrem Pro- setzten sich drei Tage mit Gewalt und Musical, ein Schachturnier und Erleb- jekt außerdem Plakate gemalt, die über Fremdenfeindlichkeit auseinander. nispädagogik: In 36 Projekten zerbra- ihren Beruf informieren. Einige Projekte beschäftigten sich un- chen sich die Schüler … eine Woche Schülerinnen der Fachschule für Erzie- mittelbar mit Gewalt in verschiedenen lang den Kopf zu einem Thema, mal- hung haben sich mit Erlebnispädagogik Varianten. Fernsehsendungen wurden ten Plakate, werkelten, dekorierten oder beschäftigt und dazu Spiele ausgedacht. unter diesem Aspekt analysiert, in Rol- kochten. … Beim ‚Vertrauensfall’ lässt sich ein Ein- lenspielen wurden die Auseinanderset- ‚Bitte schweigend eintreten’, steht an zelner auf die überkreuzten Arme der zungen mit Gewalt thematisiert. Wie einer Tür. Drinnen umfängt den Besu- Mitspieler plumpsen. ‚Das soll Angst stark Sprache, ob privat oder öffentlich, cher ruhige Musik, Lichtflecken kreisen abbauen’, erklärt Katrin. Das Projekt davon durchdrungen ist, belegte eine habe ihr viel für ihre Arbeit gebracht, 1 Siegener Zeitung vom 1. Oktober 1999. 2 Rhein-Zeitung vom 2. Oktober 1999.

8 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Gemeinsame Aktivitäten des Kollegiums

Lehrer-Fußballmannschaft Lehrersport: Volleyball

Kegelklubausflug nach Sachsenhausen

Betriebsauflug ins Ahrtal (1999)

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 8 5 Gemeinsame Aktivitäten des Kollegiums

Betriebsausflug Burg Greifenstein (1993). Lehrerkegelclub „Feinziel Pudel“

Betriebsausflug Burg Greifenstein (1993). Betriebsausflug Burg Grei- Ritterschlag (eigene Seite!!!!!) fenstein (1993. Bernhard Urban als Ritter Hector. Betriebsausflug Burg Greifenstein (1993).

andere Gruppe, die dies auch in Form gebnisse zu präsentieren und zu se- vielleicht gelingt es sogar, alle Schüle- von Bild- und Toncollagen demonstrier- hen, was die anderen zu bieten hatten. rinnen und Schüler, also auch die der te. Eine weitere Gruppe gestaltete einen Damit konnte eine weitere Idee dieser Berufsschule, einzubeziehen. Gottesdienst zum Thema Gewalt. Tage umgesetzt werden, ging es doch 1998 fanden wieder gemeinsame Pro- nicht nur um den Abbau von Frem- jekttage statt, diesmal unter dem The- Das Überwinden von Vorurteilen und denfeindlichkeit, sondern auch darum, ma „Mit unseren Stärken arbeiten“. die Gestaltung eines friedlichen Mitei- innerhalb der Arbeitsgruppen die Zu- Existenzgründung, Meditation und Ar- nanders war Leitthema vieler Projekte. sammenarbeit von Schülerinnen und beiten im Internet bildeten die Schwer- Eine Gruppe hatte dazu zunächst Asyl- Schüler verschiedener Schulformen zu punkte. bewerber in Wissen aufgesucht und fördern und innerschulische Kontakte Wohl fühlt man sich auch dann, wenn sich mit ihrem Alltag beschäftigt. In herzustellen. Die veränderte Arbeitsat- die eigene Leistung oder die Leistung der BBS wurde dann ein „Eine-Welt- mosphäre führte natürlich auch zu der Klasse anerkannt wird. Dies dürfte Cafe“ eingerichtet, in dem die Begeg- neuen Begegnungsmöglichkeiten zwi- in besonderem Maße auf die Schülerin- nung mit ihnen möglich war. Direkt schen Schülern und Lehrern. nen und Schüler des Berufsvorberei- nebenan wurden türkische und syri- Das Lernen in Projekten war für die tungsjahres Holz und Metall (BVJ 90a) sche Tänze angeboten. Das Erstellen meisten Beteiligten eine neue Erfah- zutreffen. Beim Schülerwettbewerb der eines internationalen Kochbuches trug rung; an die Stelle des herkömmlichen Bundeszentrale für politische Bildung theoretisch zur Völkerverbindung bei, Unterrichts trat ein Arbeiten in Grup- 1990 gewannen sie einen Hauptpreis. internationale Küche kam aber auch pen. Die Schülerinnen und Schüler Ihre Unterrichtsprojekt „Ohne Wasser auf den Tisch. Wieder andere beschäf- konnten frei auswählen, in welchem ist kein Leben“ wurde mit 2000 DM tigten sich mit Sprachen als Brücken der 23 Projekte sie mitarbeiten wollten. prämiert. Auf die Idee dazu kamen die zwischen Völkern. Zudem gab es die Möglichkeit, Inhal- Schüler selbst. Es begann damit, dass Ein Klassenzimmer war zum Leseraum te und Vorgehensweisen mitzubestim- von jedem in der Metallwerkstatt eine umgestaltet worden, in dem aus Wer- men und Aktivitäten aus der Schule zu Uhr gebaut wurde, die anschließend in ken von Autoren, die in der Zeit des Na- verlagern bzw. mit Vertretern des Kreis- einem galvanischen Betrieb verchromt tionalsozialismus verboten und verfolgt jugendamtes Altenkirchen und der OT werden sollte. Bevor es soweit war, er- waren, gelesen wurde. Nebenan war Wissen zusammenzuarbeiten. fuhren die Schüler allerdings aus der eine Buchausstellung über Ausländer Angesichts der Erfahrungen und der Zeitung, dass diese Firma die Sieg mit in Deutschland zu sehen. von allen positiv gesehenen Ergebnisse ihrem Abwasser belastet. Das Projekt Am letzten Projekttag hatten alle Grup- dürften die Projekttage zu einer fes- war geboren: Die Verschmutzung der pen die Möglichkeit, ihre eigenen Er- ten Einrichtung an der Schule werden; Sieg im Kreis Altenkirchen.

8 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 [Rhein-Zeitung vom 6./7. Januar 1996] (eigene Seite!!)

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 8 7 [Rhein-Zeitung vom 11. Juli 2002]

Die Schüler des BGW 2000 freuen sich mit ihrer Lehrerin Lucia Geisemeier (hinten rechts) über den 2. Preis beim Landeswettbe- werb „Zivilcourage“ der Landeszentrale für politische Bildung. [Rhein-Zeitung vom 9. Juni 2001]

[Rhein-Zeitung vom 27. Dezember 2000] 8 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Es soll auch nicht verschwiegen wer- mit anderen teilen und feiern. Warum 8.5 Grenzen überschreiten den, dass bereits beim Schülerwettbe- sollte dies nicht auch für das erreichte werb der Bundeszentrale für politische Ausbildungsziel in der Schule gelten? – die Schule Bildung 1983 die Klasse BVJ-M-83 a ei- wird europäisch nen Hauptpreis, der mit von 1000 DM Vom Musical bis zum Sketch und der prämiert war, gewonnen hat. Jongliernummer reichten die Darbie- Europa wächst zusammen – und was Ebenso stolz auf ihre Leistung können tungen bei der ersten gemeinsamen ist mit den Menschen? Gemeinsam mit die Apothekenhelferinnen sein, die den Abschlussfeier 1995 der BBS. Für über dänischen Jugendlichen verbrachten im 1. Preis beim Schülerwettbewerb der 150 Schülerinnen und Schüler der Voll- Juli 1993 Schüler der Berufsbildenden Landeszentrale für politische Bildung zeitklassen endete damit nach bestan- Schule Wissen im Rahmen des Pro- Rheinland-Pfalz errangen. Sie bearbei- dener Prüfung die Schulausbildung. jektes „HORIZON“ einige Tage in der teten das Thema „Ich engagiere mich“. Produktionsschule Stenderup in Däne- Es galt, persönliches Engagement in Die Absolventen/innen der Fachober- mark. Dieses aus EG-Mitteln geförderte der Schule, in Vereinen oder Gruppen schule verabschiedeten sich 1995 auf Projekt will die technische Informatik- bzw. im sozialen, ökologischen und po- ihre Weise mit einem „Abi-Streich“. Sie grundbildung, die sprachlich Kompe- litischen Bereich darzustellen. schraubten kurzer Hand die Autokenn- tenz und die sozialpädagogische Be- zeichen an einigen Lehrerfahrzeugen treuung fördern und leistet einen guten Das vorher gesagte dürfte auch auf die ab, um sie anschließend in der Pau- Beitrag zur Prävention gegen Gewalt angehenden Bankkaufleute zutreffen. senhalle in einer amerikanischen Ver- und Rechtsradikalismus. Die deutschen „Streitfall: Abreißen – Aufbauen – Er- steigerung zu versteigern. Nicht nur Jugendlichen lebten mit den dänischen halten?“ lautete einer der Themenkom- die betroffenen Kollegen nutzten die Jugendlichen zusammen, sie arbeiteten plexe beim Schülerwettbewerb zur po- Gelegenheit die „begehrten“ Stücke zu gemeinsam und verbrachten gemein- litischen Bildung 1995. Einen solchen erwerben, so dass der Erlös in Höhe sam auch ihre Freizeit bei Spielen und Streitfall, so meinten die Schülerinnen von 800 DM an die Kinderstation des Sport. und Schüler, gibt es auch vor Ort, und Elisabeth-Krankenhauses in Kirchen Die Teilnehmer der Berufsbildenden zwar die ehemalige Germania Braue- übergeben werden konnte. Schule Wissen kehrten mit vielen In- rei Wissen. Ihre Dokumentation wurde formationen und praktischen Erfahrun- unter 3415 eingereichten Arbeiten, an War bisher in erster Linie von den gen im Gepäck nach Hause zurück. denen über 87000 Jugendliche betei- Schülern die Rede, so soll zum Ab- Erfahrungen, die für ein zukünftiges ligt waren, mit einer Geldprämie ausge- schluss dieses Kapitels ein kurzer Blick Arbeitsleben wertvoll sind. Einen Blick zeichnet. Besonders beeindruckt zeigte auf die Belegschaft der Schule gewor- über die Grenzen hat bei Jugendlichen sich die Jury von der Professionalität fen werden. Nicht nur die formellen dazu beigetragen, dass Europa weiter der Darstellung. So skizzierten die Teil- Strukturen in der Schule bestimmen zusammenwächst. nehmer die Entwicklung der Brauerei. die tägliche Arbeit sondern eine Viel- Mit sechs anderen rheinland-pfälzi- Außerdem führten sie eine Umfrage zahl informeller Kontakte schaffen ein schen Schulen nahm BBS Wissen am durch, was mit dem erst 1992 unter produktives Arbeitsklima, ein Klima Projekt „NOW“ – New Opportunities Denkmalschutz stehenden Sudhaus zum Wohlfühlen. So wundert es nicht, for Women teil, das „neue Chancen geschehen solle. Die Klasse setzt sich dass sich Kollegen auch außerhalb der für Frauen“ ermöglichte. Die Euro- uneingeschränkt für die Erhaltung des Schule treffen, beispielsweise zum Vol- päische Union schuf damit auf dem Gebäudes ein und unterstützt den Vor- leyball , zum Schach, zum Kegeln, zum Bildungssektor ein Förderprogramm schlag des Wissener Arztes Dr. Bren- Frauenstammtisch oder auch zum Be- ausschließlich für Frauen, das mit debach, auf dem Gelände ein sozio- triebsausflug, der seit einigen Jahren 1,8 Millionen Mark aus dem europä- kulturelles Zentrum zu errichten. sogar in der Freizeit stattfinden muss. ischen Sozialfonds finanziert wurde. Neben der Freude über die Auszeich- Ein Schwerpunkt war die internationale nung – die Klasse spendete den Geld- Zusammenarbeit auf dem Gebiet der betrag zugunsten krebskranker Kinder Erzieherausbildung. einem Kinderkrankenhaus – empfan- Im Frühjahr 1994 verbrachte eine De- den die Schülerinnen und Schüler al- legation von zehn Expertinnen und Ex- lerdings Bedauern darüber, dass sich perten aus Nordirland und Dänemark bei der Diskussion um die Zukunft der mehrere Tage an der BBS Wissen. Hos- Wissener Brauerei kein Fortschritt zeig- pitation im Unterricht, Erfahrungsaus- te. Die Resonanz auf die Dokumen- tausch über die Verschiedenartigkeit tation fiel gering aus, und auch von der Erzieherausbildung in den betei- politischer Seite war das Echo schwach. ligten Ländern und Berichte über die Der Rhein-Zeitung war sie jedoch eine im Rahmen von NOW durchgeführten Sonderseite wert.1 Projekte standen auf dem Programm.

Die Freude über das Erreichte will man v. l. Freifrau von Hövel, Dr. Günter Fischer, Im Oktober startete eine Gruppe künf- Mario Schneider von der FOS. [Rhein- tiger Erzieherinnen zu einem vierzehn- 1 Rhein-Zeitung vom 6./7. Januar 1996. Zeitung vom 11. Juli 1995]

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 8 9 tägigen Aufenthalt zum nordirischen als fünf Mitarbeiter aus Ennis im Ju- zubereiten. Die finanziellen Mittel Belfast. Das abwechselungsreiche und genddorf zu Gast waren. Den Unter- für die Materialbeschaffung wurden sehr arbeitsintensive Programm bot ne- schied zwischen Jugenddorf und Youth gestellt. Darüber hinaus konnten die ben dem täglichen Computer- und Eng- Centre konnten die Jugendlichen aus Werkstätten und Arbeitsräume bes- lischtraining einen Einblick in wesent- Wissen schnell erkennen. Dort gab es ser ausgestattet werden. So wurde im liche pädagogische Elemente, wie die kein Internat. Die angehenden Haus- Holzbereich eine CNC-Maschine be- englische Kinder- und Jugendliteratur wirtschaftshelferinnen arbeiteten in der schafft, mit der Fräsarbeiten durchge- oder Musikerziehung. Sehr beeindruckt Küche mit dazugehöriger Cafeteria und führt werden können. Eine moderne zeigten sich die Schülerinnen von einer die Jugendlichen aus dem Förderlehr- Schweißanlage erleichtert künftig die Farm und einem „Naturcenter“, deren gang waren in den Bereichen Holz, Me- Vorbereitung auf Metallberufe. Im Zielsetzung darin besteht, Kinder im tall und Polsterei tätig. An den Wochen- hauswirtschaftlichen Bereich konnten Sinne einer „handlungsorientierten Pä- enden wurden das Gastland erkundet: zehn moderne Nähmaschinen gekauft dagogik“ den Umgang mit der Natur zu Bunratty Castle und Park mit seinem werden und mit Hilfe des Programms vermitteln. riesigen Freilichtmuseum, The Dolmen MEJAH ein Frisurencomputer, der nun Mit einer kleinen Ausstellung doku- mit 4000 Jahre alten Gräbern, die Städ- zur Vorbereitung auf den Friseurberuf mentierten die Wissener Fachschüle- te Limerick und Galway. Höhepunkt zur Verfügung steht. rinnen ihre Erfahrungen. war eine Radtour zu den Cliffs of Mo- Leonardo da Vinci, ein Aktionspro- Im Rahmen des Petra-Programms der her mit ihren 200 Meter steil ins Meer gramm der Europäischen Union zur Europäischen Union flogen fünf Aus- abfallenden Klippen. Unterstützung der Bildungspolitik und zubildende zur Hauswirtschaftshelferin 1995 bot sich für Jugendliche des Be- Zusammenarbeit, brachte der Fach- und fünf Jugendliche aus dem Förder- rufsvorbereitungsjahrs Holz/Metall im schule Altenpflege Partnerschaften lehrgang des Jugenddorfes Wissen mit Rahmen eines Projektes eine Schul- außerhalb Deutschlands. Auszubilden- ihren Betreuern für zwei Wochen zu küche zu renovieren. Möglich wurde de in der Alten- bzw. Krankenpflege einem Begegnungs- und Erfahrungs- dies durch die Teilnahme am Projekt sollen auf diesem Weg die Lern- und austausch nach Ennis, einer kleinen Horizon der Europäischen Union. Ziel Arbeitsverhältnisse in anderen Staaten, Stadt an der Westküste Irlands. Der des EU-Projektes war, die Teilnehmer aber auch deren Kultur kennen lernen. Kontakt zum dortigen Jugendzentrum auf die Berufs- und Arbeitswelt durch Gleichzeitig diente das Projekt der An- wurde schon vor zwei Jahren geknüpft, handlungsorientierten Unterricht vor- gleichung der Ausbildung und der Ab- schlüsse in der Europäischen Union. Im November 1995 informierten sich Vertreterinnen der finnischen Partner- schule „South-Carelia Polytechnic“ an Im September 1997 startete die Duale Oberschule, deren Oberstufen in die Berufsbildenden Schulen der Wissener Fachschule. Im Mai 1996 Betzdorf-Kirchen und Wissen integriert wird. Die neue Schule führt die Schüler/innen nach der Ori- besuchten dann im Rahmen des Aus- entierungsstufe gezielt an die spätere Berufswelt heran. So wird in den Klassen 7 bis 9 unter anderen mit der BBS zusammengearbeitet, um „Praxis in der Schule“ im Unterricht konkret umzusetzen. In tauschprogramms 15 Schülerinnen und der Sekundarstufe II (Klasse 10 bis 12) erwerben die Schüler/innen dann als Auszubildende neben Schüler der Fachschule für Altenpflege dem Berufsabschluss auch die mittlere Reife. die Fachschule für Altenfachbetreuer/ Aus heutiger Sicht muss diese Schulform in unserem Kreis als gescheitert gelten. innen in Bregenz (Österreich). Parallel zu diesem Austausch empfing die Wis- sener Fachschule in mehreren Blöcken Auszubildende einer Krankenpflege- schule aus Brügge (Belgien).

8.6 Herausforderungen zur Jahrtausendwende

8.6.1 Mudersbach und KMK-Änderungen Eine besondere Herausforderung für alle Betroffenen stellte die Auslagerung von 13 Klassen mit 300 Schülern zum Schuljahr 1998/99 dar. Neben den Klassen der Fachschule Erziehung, der Fachschule Altenpflege, der Fachschu- le Heilpädagogik waren hiervon auch Klasse 5 c bereitet sich in der BBS-Küche einen Imbiss die Fachklassen der Friseure betroffen. Selcan, Christina, Murat und Jasmin (v. l.) von der Klasse 5 c der Dualen Oberschule Betzdorf Das 30 Jahre alte Gebäude in Wissen sind begeistert von der BBS. [Rhein-Zeitung vom 7. September 2001]

9 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Vertiefungswissen anschließen kann. Basisberufe sind konsequenterwei- se offen konzipiert. Sie beziehen sich auf Arbeitszusammenhänge und -pro- zesse und nicht mehr auf spezifische Tätigkeiten. Der Kernbereich der Aus- bildung in einem Basisberuf (ca. 2/3 der gesamten Ausbildungszeit) umfasst Orientierungs- und Zusammenhangs- wissen und soll bundeseinheitlich ge- Die Vertreterinnen der finnischen Partnerschule informieren sich über den Unterricht an regelt werden. Ein Drittel der gesam- der Fachschule für Altenpflege. [Rhein-Zeitung vom 22. Dezember 1998] ten Ausbildungszeit, deren Gegenstand betriebs- und/oder regionalspezifische war mittlerweile viel zu klein geworden. der Unternehmen wurde daher ange- Aspekte sind, soll vor Ort zwischen den Seit Jahren litt man unter akuter Raum- regt, zum Schuljahr 2000/2001 eine Partnern der dualen Berufsausbildung not, so dass dringend leere Klassen- Fachklasse für zukünftige Automobil- einvernehmlich geregelt werden.“3 räume gesucht wurden, die schließlich kaufleute einzurichten. Hierzu kam es im Hauptschulgebäude in Mudersbach jedoch nicht, da die geforderten 16 Aus- Diese Konzeption erfordert eine völlig kurzfristig zu haben waren. zubildenden nicht zusammen kamen. andere Organisation des Unterrichts. Im Gegensatz dazu, konnte in Koopera- Darüber hinaus erwarten die Ausbil- Das neue Schuljahr 1999/2000 war tion mit der BBS Betzdorf/Kirchen im dungsbetriebe von den Schulen, dass ein bitteres Jahr für die Absolventen Schuljahr 2001/2002 eine Fachklasse ihre Belange stärker berücksichtigt wer- der Fachoberschule Wirtschaft. Bereits IT (Informationstechnologie) einge- den. Dem wird durch eine größere Fle- nach fünf Tagen musste der Unterricht richtet werden. Die Fachklasse deckt xibilität in der Unterrichtsorganisation abgebrochen werden. Von den 18 an- die vier IT-Berufe Fachinformatiker, Rechnung getragen, z. B. unterschied- gemeldeten Schüler/innen waren nur Informatik-Kaufmann, IT-Systemelek- liche Stundenanteile in den verschiede- 9 zum Schulbeginn erschienen. Da troniker und IT-Systemkaufmann ab. nen Ausbildungsstufen. Darüber hin- die Schule ohnehin schon viele rela- Wäre es damals nach dem Willen der aus bringen vermehrte Betriebserkun- tiv kleine Klassen hatte, waren keine Firma Schäfer Shop gegangen, gebe es dungen sowie Vorträge von Experten Puffer an Lehrerstunden vorhanden, heute auch eine Fachklasse für Medien- aus der Wirtschaft die Praxis in die denn im Rahmen von „PAUSE“ stehen gestalter. Klassenzimmer. der Schule auf Grund der Schülerzahl In den folgenden Jahren wurden für nur eine begrenzte Anzahl von Lehrer- die meisten Ausbildungsberufe neue 8.6.2 Abstimmung mit den stunden zur Verfügung, so dass „Mini- Lehrpläne konzipiert. Die herkömm- Füßen? klassen“ nicht vertretbar sind. Einigen lichen Fächer gingen in Lernfelder/ Fachklassen der Berufsschule drohte Lernbereiche auf. Hintergrund ist die Auch an den Berufsbildenden Schulen ebenfalls das „Aus“. Akut gefährdet wa- Abkehr der KMK von den stark diffe- nahm die Schülerzahl stark zu. An- ren die Klassen der Verwaltungsfachan- renzierten Ausbildungsberufen und die gesichts der leeren Staatskassen bot gestellten, Hauswirtschafterinnen und Absicht Basisberufe einzuführen. Von man älteren Kollegen die Möglichkeit besonders pharmazeutisch-kaufmänni- den 360 Ausbildungsberufen gelten et- zur Altersteilzeit, den jungen Kollegen schen Angestellten (PKA). Bei letzteren wa 200 als „Splitterberufe“. „Da die aber nur ¾-Angestellten-Verträge. Die- wurden im Schuljahr 1996/97 zwölf, Innovationszeiten von Produkten und se Maßnahme, die unweigerlich eine 1997/98 elf und 1998/99 nur fünf Aus- Dienstleistungen heute schon in vielen Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Schu- zubildende aufgenommen. 1 Die Apo- Fällen kürzer sind als ein Ausbildungs- le entstehen lässt, führte auch in Wis- theker des Kreises sagten jedoch zu, in durchlauf, ergibt sich die Notwendig- sen nicht zum Erfolg, so kritisierte der den kommenden zwei Jahren jeweils keit, von dem bisherigen Berufsprinzip, Elternbeirat den Stundenausfall. „Nach zwölf Ausbildungsplätze zur Verfügung das zu immer neuen Berufen führte, Angaben der Schulleitung ist der wö- zu stellen.2 abzuweichen. Eine grundsätzliche Neu- chentliche Unterrichtsausfall beträcht- Waren Bürokaufleute früher als echte orientierung ist notwendig. Dies er- lich.4 Dies gilt insbesondere für den Allrounder sowohl beim Dachdecker, scheint umso dringlicher, wenn man hauswirtschaftlichen Bereich und die als auch in der öffentlichen Verwaltung bedenkt, dass weniger als die Hälfte sozial-pädagogischen Fächer (Pädago- einsetzbar, so verlangen Betriebe im- der Absolventen des dualen Systems im gik und Psychologie). Die Ursachen mer häufiger branchentypisches Rüst- Anschluss an die Ausbildung im erlern- dafür sieht der Elternbeirat – anders zeug. Neue Berufsbilder wie der Auto- ten Beruf arbeitet. ... Die von der KMK als Bildungsminister Zöllner und die mobilkaufmann entstanden, für die es vorgeschlagenen Basisberufe werden Bezirksregierung – nicht darin, dass Fachklassen nur in weiter Entfernung verstanden als Ausbildungsberufe, die gab: Siegen, Neuwied, Koblenz. Seitens durch Vermittlung eines breiten beruf- 3 Karl-Heinz Bernzott, Überlegungen der KMK zur Weiter- lichen Orientierungswissens gekenn- entwicklung der Berufsbildung, in: Wirtschaft und Erzie- hung, Juni 1999, S. 238. 1 RZ v. 20.März 1999. zeichnet sind, an das sich ergänzendes 4 Anm. d. Verf.: Nach einer Meldung in der Rhein-Zeitung 2 Rhein-Zeitung vom 10./11. Juli 1999. vom 17. Januar 2000 betrug der Unterrichtsausfall 11,8 %.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 9 1 Die Rotstift-Liste (Auszug) http://www.gew-rheinland-pfalz.de/UPL/PDF/Rotstiftliste.pdf?PHPSESSID=otzrbsdlaxg. Stand 26.06.2009.

von Leistungszulagen, -prämi- soll die Alterteilzeit ermöglicht Inanspruchnahme von Wahl- Generell en und -stufen sollen aus dem werden. leistungen im Beihilferecht. In 10 von 12 Jahren wurden die Neuzuschnitt der Grundgehalts- Ergebnisse der Tarifverhandlun- tabelle finanziert werden. Ab 2001 2004 gen erst mit zeitlicher Verzöge- 2002 wurde die Zahlung der Absenkung des Versorgungs- Reduzierung des Weihnachts- rung auf den Beamtenbereich Leistungsprämie im Schulbe- höchstsatzes auf 71,75 % bei acht geldes auf 50 % bei gleichzei- übertragen. reich eingestellt. Anpassungsschritten ab 2003 tiger Zahlung als monatliche 1992 Kürzung der Versorgung: Weg- (auch für bereits im Ruhestand Sonderzahlung von 4,17 %. fall des Anpassungszuschlages, befindlichen Pensionär/innen) Streichung des Urlaubsgeldes Umstellung der Ruhegehalts- Wegfall des Erhöhungsbetrages Senkung der Witwenversor- für die Besoldungsgruppen ab skala auf lineares System mit von 17,30 DM, Ausbildungszei- gung auf 55 % (für nach dem A 9. 1,875 % Steigerungssatz pro ten werden nur noch für 3 Jahre 31.12.2001 geschlossene Ehen) Dienstjahr. Damit Versorgungs- anerkannt 2006 höchstsatz von 75 % nicht mehr 2003 Die bereits eingeschränkte Ab- nach 35, sondern erst nach 40 1998 zugsfähigkeit der Kosten des Ar- Dienstjahren erreichbar. Wegfall der Jubiläumszuwen- Einführung einer Versorgungs- dungen als Geldleistung beitszimmers als Werbungskos- 1994 rücklage von 0,2 % (Kürzung Reduzierung des Weihnachts- ten bei der Einkommensteuer entfällt.. Weihnachtsgeld (Sonderzuwen- der Besoldungserhöhung) geldes der Beamten für das Jahr dungen) wird eingefroren. Ge- Erhöhung der Wartefrist für die 2003 auf 70 % 2007 Versorgung aus dem letzten Be- Streichung aller Beförderungen messen an dem Stand von 1993 Änderung bei der Altersteilzeit: förderungsamt von 2 auf 3 Jahre für das Jahr 2003. hatte die Sonderzuwendung En- Statt 83 % vom Netto künftig (am 13.4.2007 hat das Bundes- verpflichtendes Ansparen einer de 2003 nur noch einen Wert nur noch 60 % vom Brutto; verfassungsgericht die Rege- Unterrichtsstunde für Lehrkräf- von 84,29 % einer Monatsbe- Anrechnung als ruhegehaltsfä- lung für rechtswidrig erklärt) te an berufsbildenden Schulen soldung. hige Dienstzeit nur noch 5/10 Einführung eines Versorgungs- ab dem Schuljahr 2003/04 bis statt 9/10 1997 abschlages von jährlich 3,6 % 2010/11. Einführung der Möglichkeit (max. 10,8 %) bei vorzeitiger Kürzung der Beihilfe für Beam- Änderung der Besoldungsstruk- des Hinausschiebens des Ruhe- Ruhestandsversetzung wegen ten durch Einführung einer für tur: standsbeginns um 3 Jahre mit Dienstunfähigkeit vor Vollen- das Kalenderjahr anzuwenden- Statt zweijährigem Zeitintervall Zuschlag von 8 % aufs Grund- für den Aufstieg in die nächs- dung des 63. Lebensjahres. den Kostendämpfungspauscha- le. In der Besoldungsgruppen gehalt ohne Auswirkung auf die te Dienstaltersstufe werden die 1999 Pension. Intervalle auf bis zu 4 Jahren A12 bis A 15 beträgt die Pau- ausgedehnt. Streichung der Altersermäßi- schale 300 Euro jährlich. Die Kosten für die Zahlung gung für die unter 63-Jährigen. Einführung einer Zuzahlung Mit den eingesparten Stunden von 13 Euro pro Monat für die

[Rhein-Zeitung vom 08. Juli 2000]

9 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 in Zeiten knapper Stellen und eines Entscheiden soll über die Gewährung Bewerberüberhangs Lehrerinnen und von Prämien ebenfalls die Schulleitung. Lehrer, die nicht aus der Region stam- Die Prämien können pro Jahr bis zu men, andere Standorte bevorzugen. So 2500 Mark betragen.“ Nicht gemeldet hatte der Minister in einem Schreiben wurde, dass die Kosten für die Zahlung an MdL Dr. Peter Enders (CDU) argu- aus dem Neuzuschnitt der Grundge- Verabschiedung Dr. Dosch, RZ v. 1./2. Februar 2003 mentiert. Die Bezirksregierung hatte haltstabelle, also von den Betroffenen dem Schulelternbeirat auf eine entspre- selbst, finanziert wurden. Nach nur chende Anfrage geantwortet, dass die zwei Jahren wurde die Leistungsprämie Einstellung von Lehrkräften in Wissen in den Schulen stillschweigend zurück aufgrund der Randlage nicht leicht sei. genommen, um das Vergabesystem zu ‚Falls dies tatsächlich zutreffen sollte, überarbeiten. – Und dabei blieb es bis müssten nach unserer Auffassung das heute! Ministerium und die Bezirksregierung Die Föderalismus-Reform, die am 1. besonders flexibel handeln, um die Si- September 2006 in Kraft trat, beseitig- tuation zu verbessern’, sagte Utsch. Er te die einheitliche Beamtenbesoldung. sieht als einen der Hauptgründe für Nun reguliert jedes Bundesland eigen- die Probleme bei der Unterrichtsver- ständig diesen Bereich. Dabei ist man sorgung die Randlage zu Nordrhein- nur Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet: „Das Westfalen und Hessen. Dort erhalten Recht des öffentlichen Dienstes ist un- die Bewerber von Beginn ihrer Tätig- ter Berücksichtigung der hergebrachten keit an Vollzeitverträge, während in Grundsätze des Berufsbeamtentums zu Rheinland-Pfalz – von Ausnahmen regeln und fortzuentwickeln.“ Wie von abgesehen – zunächst für die ersten Experten befürchtet, driften seitdem die fünf Jahre nur ¾-Verträge (18 Stunden) Beamtenbezüge in den Bundesländern abschließt. Negativ schlage sich diese auseinander. Schon findet eine Abstim- 18-Stunden-Regelung auch bei Referen- mung mit den Füßen statt. Junge Päda- daren nieder, weil diese lieber in Nord- gogen aus Rheinland-Pfalz zieht es ins Verabschiedung Dallmann, RZ v. 1. Februar 2002 rhein-Westfalen eine Referendarstelle nachbarliche Hessen oder nach Baden- mit Aussicht auf eine spätere Vollein- Württemberg. sich in andere Menschen hinein zu stellung annehmen. Schon mehrfach versetzten. Auch die Schüler bekamen sei es vorgekommen, dass Referendare dies zu spüren, und als Dosch 1994 8.6.3 Abschied ihre Bewerbung zurückgezogen hätten, die jährlich stattfindende Laufbahnbe- weil sie zwischenzeitlich in Nachbar- Siegfried Dallmann prägte wie kein an- ratung in der BBS einführte, wurde land eine Stelle bekommen hatten.“1 derer 30 Jahre lang die BBS in Wissen dies hervorragend angenommen. Der Volle Beamtenstellen wurden an der und Mudersbach. Am 31. Januar 2002 Dauerbrenner „Cafeteria“ fand einen BBS erst ab 2001 wieder vergeben. wurde er im Rahmen einer Feierstun- versöhnlichen Abschluss. Ebenfalls de in den wohlverdienten Ruhestand ging die Gründung eines Fördervereins Darüber hinaus sind ab dem Schul- verabschiedet. „Ich schick’ dich zum am 28. September 1995 auf seine In- jahr 2003/2004 bis zum Schuljahr Dallmann“ – wurde zum geflügelten itiative zurück. „Die Atmosphäre än- 2010/2011 alle Lehrkräfte – bis zum 50. Wort und brachte aufmüpfige Schüler derte sich, aber offensichtlich wollten Lebensjahr – an berufsbildenden Schu- blitzschnell zur Räson. „Da frag ich Sie nicht alles neu machen. Ich weiß len verpflichtet, eine Unterrichtsstunde doch mal den Dallmann“ – sagten die noch, dass Sie darauf bestanden, den anzusparen. Die Mehrstunde soll an- Kollegen, wenn sie nicht weiter wuss- Schreibtischstuhl Ihres Vorgängers zu schließend durch Freizeit ausgeglichen ten. behalten“, sagte Wilking. Landrat Dr. werden. Alfred Beth würdigte das Engagement, Der Spiegel meldete am 30. März 2001: Nur ein Jahr später „ging der Kapitän das in der Schule neue Akzente ge- „In Rheinland-Pfalz wird ab dem kom- von Bord“. Studiendirektor Peter Wil- setzt habe, indem Dosch immer wieder menden Herbst die leistungsgerechte king hielt die Laudatio und reflektierte auf die veränderte Berufswelt und ihre Entlohnung eingeführt. ‚Wir sind schon die besonderen Stationen des nun in die Herausforderungen für die Jugend re- seit längerem mit der Umsetzung be- „Passivphase der Block-Altersteilzeit“ agiert habe. „Neue Ideen machten ihn schäftigt’, sagte Zöllner. Leistungsprä- eintretenden Schulleiters. Dr. Dosch zum Querdenker im positiven Sinne“, mien soll es in Rheinland-Pfalz geben, war am 5. Juni 1991 mit dem Satz: „Ich meinte Beth, der Dank und Anerken- wenn Lehrer etwa in der Betreuung von bin ein kollegialer Integrationstyp“ in nung des Kreises aussprach. Mit dem Eltern oder Problemschülern aktiv sind das Schulleitungsteam eingestiegen. Schulleiter verließen auch Sabine Nu- oder wenn sie sich bei der Organisation „Ich denke, aus der Rückschau wer- gel, die einen Karrieresprung ins Main- von Schulfesten oder der Profilbildung den alle Kolleginnen und Kollegen Ihre zer Bildungsministerium macht, und einer Schule besonders engagieren. Aussage bestätigen“, meinte Wilking. Bernd Imhäuser, der zur BBS Betzdorf- Ein besonders Lob galt der Fähigkeit Kirchen wechselte, die Schule. 1 RZ v. 28.Mai 1999.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 9 3 Schulpartnerschaft Zespol Szkos Zawadowych Krapkowice/ Berufsbildende Schule Wissen

9Partnerschaft feierlich Dr. Roland Dosch die Partnerschaftsur- sondere Bedeutung dieser Tag für die kunden im historischen Schulgebäude polnischen Gastgeber hatte. Dies hatte besiegelt von Krapkowice. seinen Grund jedoch nicht nur in der Mit einem feierlichen Gottesdienst in bevorstehenden Unterzeichnung der Im Rahmen eines ganztägigen Schul- der St. Nikolaus-Kirche in Krapkowice Partnerschaftsurkunden, sondern auch festes unterschrieben die Direktorin wurde das Schulfest eröffnet. Schon darin, dass die Ökonomische Schule der polnischen Oberschule, Janina Bar- nach kurzer Zeit konnten die Vertreter Krapkowice an diesem Tag auch ih- bara Kos, und der Wissener Schulleiter der BBS Wissen feststellen, welche be- re offizielle Namensgebung – „Piastow

Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrages

9 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Opolskich“, nach einem unter Beweis gestellt. In alten Adelsgeschlecht der der Aula stimmten sie zu- Piasten – im Rahmen ei- nächst die polnische und ner Fahnenweihe feierte. die deutsche Nationalhym- Die von den Lehrern ge- ne an um anschließend staltete und hergestellte mit der Europahymne und Fahne wurde während des einer selbst verfassten drit- Gottesdienstes von Bischof ten Strophe den Geist der Jan Kopiec gesegnet. Da- Partnerschaft zu verdeut- nach überreichte die El- lichen: ternvertretung die Fahne einer Schülerabordnung. Schweift das Auge in die Dies ist ein in Polen tradi- Ferne tioneller symbolischer Akt, blicken wir auf freies Land. da die Eltern die Schulfah- Unter’m Schutz der ew’gen ne stiften. In einer weite- Sterne, ren symbolischen Geste trieb es uns an diesen Stand, versprachen dann die wo der Menschen alte Schüler Grundstufe stell- Träume vertretend für alle Schü- sich erfüllen und bestehen. ler, „eifrig zu lernen und Über Mauern, über Zäune sich in der Schule wie im soll der Leben zu engagieren zur Wind der Freundschaft Freude der Familie, zur weh’n. Ehre des Vaterlandes und [J. Henseler, Mitglied des zum Wohle und Frieden Saarbrücker Chores] Europas und der Welt“. Alle bedeutenden Wür- Anschließend richtete zu- denträger der Umgebung Partnerschaftsvertrag in polnischer Sprache nächst Direktorin Janina nahmen an diesem histo- Barbara Kos das Wort an rischen Ereignis teil, um die zahlreichen Gäste und den Oppelner Bischof zu Schüler und erinnerte an unterstützen. Ebenso war das erste Treffen der beiden die lokale politische Pro- Schuldirektoren. „Herr Dr. minenz anwesend. Schüle- Dosch hat damals englisch rinnen und Schüler hatten gesprochen – ich russisch sich entsprechend festlich – und trotzdem ist es zur gekleidet. Verständigung gekom- Im Anschluss an die Messe men.“ Sie freue sich auf ei- fand dann im historischen ne Partnerschaft, getragen Schulgebäude, einem eins- von gegenseitiger „Sympa- tigen Adelssitz in unmit- thie, Achtung und bestem telbarer Nähe der Kirche, Willen“. die Festveranstaltung statt. Zur größten Überraschung Musikalische umrahmt der Zuhörer trug Oberstu- wurde die Veranstaltung diendirektor Dr. Roland durch den Schulchor unter Dosch seine Rede in nahe- Leitung von Frau Salamon. zu perfektem polnisch vor, Unterstützt wurde der was selbst die vielen Schü- Chor durch elf Jugendliche lerinnen und Schüler zu vom Otto-Hahn-Gymnasi- staunender Aufmerksam- um Saarbrücken und deren keit veranlasste. Chorleiterin Dr. Margit Er- Im Anschluss daran be- furt-Freund. Als gemisch- kundeten die zahlreichen ter Chor hatten die jungen Vertreter des öffentlichen Leute bereits in der Kirche Lebens ihre Glückwünsche ihr herausragendes Kön- und Hoffnungen zu einem nen mit religiösen Liedern guten Gelingen der Schul- in verschiedenen Sprachen partnerschaft. Unter ihnen

Partnerschaftsvertrag in deutscher Sprache

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 9 5 Besuch des Landschaftsmuseums in Hachenburg Besuch der Bank- und Verwaltungsklasse in Krapkowice

Chorkonzert in der Pfarrkirche in Wissen, Klarinettensolo einer polnischen Schülerin 60-jähriges Jubiläum der Partnerschule

60-jähriges Jubiläum der Partnerschule

v l. Reinhold Krämer, Michael Schimmel, Angelika Balogh, Hart- mut Schock, Reiner Schneider, Peter Wilking, Hermann Schnei- der, Axel Böhnlein und Bernhard Stadtfeld.

Fahrt nach Mainz

der katholische Dekan Christof Korgel, Direktoren der Schulen der näheren schaftsurkunden kam, hielt es die An- der stellvertretende Landrat Joachim Umgebung und der Stadt Krapkowice. wesenden nicht mehr auf ihren Sitzen. Wojtala, Bürgermeister Piotr Solloch Alle wollten Zeuge dieses historischen und Richard Donitza als Vertreter des Als es schließlich zum bewegenden Augenblickes sein und viele Schüler Kreistages und alle Direktorinnen und Akt der Unterzeichnung der Partner- drängten nach vorne, um diesen Mo-

9 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 ment in einem Schnappschuss zu ver- ewigen.

Nach einem umfangreichen Mittages- sen, an dessen Gestaltung auch Schü- lerinnen und Schüler des Hauses be- teiligt waren, begannen im Innenhof des Schulgebäudes die letzten Vorbe- reitungen für die Abendveranstaltun- gen. Zahlreiche Künstler der Umge- bung nutzten die Möglichkeit, sich ei- nem großen Publikum zu präsentieren. Das Hauptinteresse der überwiegend jugendlichen Besucher galt dabei na- Schüler pflanzen den Partnerschaftsbaum türlich den musikalischen Beiträgen örtlich bekannter Bands. Zuvor wuss- ten die angereisten Wissener Lehrer jedoch ihre Gäste zu überraschen. Mit Zufrieden konnten Landrat Joachim Auftakt zu einer hoffentlich intensiven sichtlichem Spaß sangen sie in polni- Czernek sowie alle Beteiligten der bei- und befruchtenden Partnerschaft für scher Sprache „Sto lat“, ein polnisches den Partnerschulen zu später Stunde beide Seiten war. Glückwunschlied. feststellen, dass der Tag ein gelungener

September 1977: Erstmals fährt eine Klas- 10. – 21. März 2003: Gegenbesuch einer 20. – 25. Juni 2007: Bankfachklasse besich- se der BBS Wissen nach Warschau (Her- polnischen Schülergruppe. Während die- tigt die Zachodni Bank in Breslau und die bert Schmidt). ser Zeit findet am 15. März ein Chorkon- IngBank Slaski in Krapkowice. Gemeinsa- zert und Abendmesse an dem die Chöre me Fahrt mit polnischen Schülern nach Oktober 1999: Erste Kontakte im Rahmen aus Krapkowice, Wissen und dem Otto- Krakau. einer Kreisdelegation zwischen den Schul- Hahn-Gymnasium aus Saarbrücken in der leitern der beiden Partnerschulen Frau Kos Pfarrkirche „Kreuzerhöhung“ in Wissen 11. – 13. Oktober 2007: Teilnahme von und Herrn Dr. Dosch. teilnehmen. Herrn Rainer Rinkel, Reiner Schneider und Gerhard Frömber an den Feierlichkei- 11. – 13. Mai 2000: Eine Delegation der BBS Oktober 2003: Schulleiterseminar in ten zum 60. Jubiläum der Partnerschule in Wissen (Dr. Roland Dosch, Reiner Schnei- Niwki (Fortbildungszentrum der Region Krapkowice. der, Rolf Schlich, Gerhard Frömberg, Hu- Oppeln). Teilnehmer Frau Michna und bert Kemper und Barbara Manderscheid) Herr Reiner Schneider. 16. – 19. Mai 2008: Besuch des Schulchors fährt nach Krapkowice und bereitet die anlässlich der Feierlichkeiten der Ver- Partnerschaft vor. Mai 2004: Partnerschaftsbörse in Mainz, bandsgemeinde Wissen „40 Jahre Städte- Boppard und Wissen. Teilnehmer Frau partnerschaft mit Chagney (Frankreich)“, 26. März – 6. April 2001: Hubert Kemper Czaja und Herr Gerhard Frömberg. „25 Jahre Städtepartnerschaft mit Letch- und Rolf Schlich hospitieren an der Öko- worth (England)“ und „10 Jahre Städtepart- nomischen Schule in Krapkowice. Seit dem Schuljahr 2004/2005: Einrich- nerschaft mit Krapkowice (Polen)“. tung des Wahlpflichtfaches Polnisch für Deutsche und polnische Schüler und 17. – 28. September 2001: Frau Michna die Höheren Berufsfachschulen. Schülerinnen pflanzen zum Zeichen der und Frau Czaja von der Ökonomischen Verbundenheit gemeinsam einen Ginkgo- Schule hospitieren an der BBS Wissen. 12. – 14. Oktober 2004: Schulleitungsse- Baum auf unserem Schulgelände. Betreu- minar in Bad Marienberg unter dem Motto ende polnische Lehrer: Domenika Ochlast, Sommer 2001: Ein Schüler der HBB absol- „Lernen, aber nicht belehren“. Teilnehmer: Ilona Gruchot und Frau Schneider. viert sein vierwöchiges Pflichtpraktikum in Frau Czaja und Herr Reiner Schneider. einem Zementwerk nahe Krapkowice. 29. Oktober – 1. November 2008: Besuch 6. – 15. November 2004: Besuch einer Wis- der Partnerschule in Krapkowice durch die 17. – 26. September 2002: Erster Schüler- sener Schülergruppe in Krapkowice mit erweiterte Schulleitung der BBS Wissen. austausch. Wissener Schüler und Schü- Frau Morus-Vollmer und Rainer Rinkel. lerinnen der Höheren Berufsfachschule 21. – 25. April 2009: EURO-Seminar einer besuchen die zukünftige Partnerschule 23. September – 2. Oktober 2005: Vierter Bank- und Verwaltungsfachklasse der BBS (Ulrike Hopach und Gerhard Frömberg). Schüleraustausch in Wissen. Wissen in Krapkowice. Deutsche und pol- nische Schüler widmen sich gemeinsam 20. September 2002: In einer Feierstunde 6. – 8. Dezember 2006: Arbeitsbesuch in dem Thema Europa. Betreuende Lehrer: unterschreiben die beiden Schulleiter Bar- Krapkowice unter dem Motto: „Neue Ideen Britta Caro-Longerich und Gerd Frömberg. bara Kos und Dr. Roland Dosch die Part- für die Partnerschaft“, dabei Besuch einer nerschaftsurkunde. Dazu sind auch Rei- Zachodni Bank, der IngBank Slaski und ner Schneider, Hubert Kemper und Rolf der Handwerkskammer in Krapkowice. Schlich gekommen.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 9 7 [Rhein-Zeitung vom 14. Dezember 2007

9 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Bleiben wir Menschen! (Schulleiter Reinhold Krämer: seit 2003)

10Nach nur fünf Monaten wurde am 8. Zukunft zu blicken, an den Optimis- nicht viel über Nebensächlichkeiten? Juli 2003 die Stelle des Schulleiters neu mus der Nachkriegszeit, unserer Eltern Die Mehrheit unserer Jugend möchte besetzt. Einige Monate später, am 11. und Großeltern anzuknüpfen. viel lieber etwas von Zukunftschancen November, fand die offizielle Amtsein- „Sie wollten etwas leisten und sie ha- hören. Optimismus ist für mich als Pä- führung statt. ben etwas geleistet: Sie haben etwas dagoge – insbesondere als Leiter einer Ausgehend von der Leitidee unseres aufgebaut. Dieser Optimismus ließ sie Schule – natürlich auch ein gerütteltes schulischen Qualitätsprogramms „Visi- zuversichtlich auf die Chancen der Zu- Maß an Berufsoptimismus. Aber ich onen sind Strategien des Handels, denn kunft schauen und das Glas nicht als bin überzeugt, dass wir mehr Chan- der Weg ist das Ziel“, entwickelt er in halb leer, sondern als halb voll betrach- cen für die Gestaltung unserer Zukunft seiner Antrittsrede, die Auszugsweise ten. Und wir heute? Sind wir Älteren haben, als jede Generation vor uns – wiedergegeben wird, seine „Vision von wirklich optimistisch, wenn es um Zu- wir müssen diese Chance nur nutzen. Schule“. Er fordert optimistisch in die kunftsfragen geht? Oder jammern wir Diesen Optimismus bin ich nicht nur

Amtseinführung

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 9 9 meinen Schülerinnen und Schüler weiter. Nachdem er 38 Jahre lang in lierte: ‚Die Schule aber, wenn sie mehr schuldig, sondern auch insbesondere den Baublöcken unterrichtet hatte, gab will als Vermittlung von Wissen, kann meinen jüngeren Kolleginnen und Kol- er uns – bei seiner Verabschiedung am an Erziehung nur geben, was die Ge- legen. 26.6.2001 – in seinem Berliner Dialekt sellschaft ihr gibt.’ Wenn die Gesell- Und unsere Jugend selbst? Gerade jetzt – mit auf den Weg: ‚Habt eure Schüler schaft weiß, was sie will, dann setzen nach PISA sind wir manchmal geneigt en ganz kleen bisschen lieb – dann die Schulen auch Werte um. Und daher zu glauben, wir hätten eine Looser-Ge- klappt det.’ meine ich: Jede Gesellschaft bekommt neration. Aber die beschriebenen Prob- Wir dürfen auch nicht verschweigen, die Jugend, die sie verdient. Unsere leme sind nicht neu. Ich denke an eine dass viele unserer Kinder und Jugend- Jugend – ist besser als ihr Ruf. Über- Untersuchung des Deutschen Indust- lichen mehr Anstrengung und Leis- nehmen wir Verantwortung für die Zu- rie- und Handelskammertages (DIHT) tungsbereitschaft zeigen müssen. … Mit kunft unserer Jugend, aber zeigen wir aus dem Jahre 1960, zu den Kenntnis- Anstrengung und Leistungsbereitschaft ihnen vor allen Dingen was uns unsere sen der Volksschulentlassenen. … sind Erziehungswerte eingefordert, die Zukunft wert ist. Zeigen wir uns op- Wir alle wissen, dass es auch Proble- nicht mit Können, aber mit Wollen zu timistisch – wir haben viele Gründe me beim Umgang mit Jugendlichen tun haben. Diese Wertevermittlung be- dazu.“ gibt. Hierfür gibt es keine Patentrezep- darf der schulischen, aber mehr noch In seiner weiteren Rede fordert er Kom- te, aber ich gebe den Rat meines ehe- der gesellschaftlichen Unterstützung. munikationsbereitschaft, denn „Part- maligen Kollegen Hansheinrich Bauch Oder wie Günter de Bruyn es formu- nerschaft lebt vom Geben und Nehmen,

Mitglieder der Steuergruppe: Herr Schimmel, Herr Schmidt, Herr Conrad, Frau Balogh, Herr Wilking, Frau Seifner, Frau Mohr, Herr Win- disch, Frau Dr. Otto, Frau Holzhüter und Herr Hornburg bei der Hauptversammlung am 03.04.2008

1 0 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Bilder vom Studientag 2005

vom Willen zur ernsthaften, gleichbe- Vier Milliarden Euro will der Regie- hinreichend widerlegt wurde.“3 rechtigten Zusammenarbeit und vom rungschef in den nächsten vier Jah- „Der Studie zufolge sind in Deutsch- Vertrauen in die Arbeit des anderen. ren aus dem Bundeshaushalt für mehr land die Unterschiede zwischen guten Aber Partnerschaft lebt auch von der Kinderbetreuung und Ganztagsschu- und schlechten Schülern besonders kritischen und konstruktiven Ausein- len locker machen. Und die KMK er- hoch. Kinder aus der Unterschicht ha- andersetzung.“ Und zum Schluss heißt wägt neben der Einführung national ben demnach ungleich kleinere Chan- es: „Bleiben wir bei allem Planen, Ent- verbindlicher Bildungsstandards und cen auf ein Abitur oder einen mittleren scheiden und Denken wir selbst – blei- der jährlichen Durchführung zentraler Bildungsabschluss als in anderen In- ben wir Menschen!“ Leistungstests in jeder Jahrgangsstufe dustrieländern. Verstärkt werden diese auch die Vorverlegung von Bildung und Unterschiede offenbar durch das ge- Unterricht in den Kindergarten.“2 gliederte Schulsystem. 10.1 Der PISA-Schock Bei dem Test landete die Bundesrepu- Besonders stark ausgeprägt ist bei den blik unter 32 teilnehmenden Staaten, deutschen Schülern offenbar auch die Auch diesmal trat ein neuer Schul- im unteren Drittel (Plätze 20 – 25). Abhängigkeit zwischen schulischen leiter in einer Phase des Umbruchs Nachdenklicher als die Platzierung Leistungen und sozialer Herkunft. Ge- seinen Dienst an. Erinnern wir uns: müssen jedoch einige Aussage dieses rade Kinder aus sozial schwachen und Über Nacht waren Bildung und Er- Tests stimmen: Danach durchlaufen 25 ausländischen Familien erreichen im ziehung zum Megathema der Medien Prozent der Jugendlichen das deutsche Durchschnitt schlechtere Ergebnisse. aufgestiegen. „Das vernichtende Urteil Schulsystem, ohne die Kompetenzstufe Die schlechten Werte bei ausländischen … [der PISA-Studie1] über die Leistun- zu erreichen, die einen Anschluss an Kindern sind jedoch weniger auf den gen deutscher Schüler im globalen Ver- weiterführende Ausbildung überhaupt Ausländeranteil in Deutschland zurück- gleich …, aber auch der Amoklauf von erst ermöglicht. Das deutsche Schulsys- zuführen, der in anderen Ländern ähn- Erfurt und die ständigen Klagen der tem produziert mehr als die Bildungs- lich ist. Vielmehr scheint die schlechte Wirtschaft und der Universitäten über systeme aller anderen europäischen Integration, vor allem der in Deutsch- Fachkräftemangel oder studierunfähi- Länder Scheitern und Schulversagen. land geborenen Ausländerkinder, da- ge Studenten haben die Politiker aller „In Deutschland“, so Gero Lenhardt, für entscheidend zu sein. Möglicher Fraktionen aufgeschreckt. Erstmals in Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts Erklärungsansatz: Mehr Förderung in der Geschichte der Bundesrepublik gab für Bildungsforschung in Berlin, „sei Kindergärten und Ganztagsschulen, in ein Regierungschef dazu im Bundes- die Vorstellung verbreitet, den meisten denen ausländische Kinder verstärkt tag eine Regierungserklärung ab. Bun- Schülern sei eine anspruchsvolle Bil- die Gastsprache sprechen müssen, so- deskanzler Schröder räumte dort dem dung nicht möglich. Das Festhalten an wie spezieller Förderunterricht. Thema ‚Bildung’ die höchste Priorität einem gleichsam naturalistischen Be- Zudem geben die deutschen Bildungs- ein und bezeichnete sie als ‚die soziale gabungsglauben, der Grenzen der Bil- politiker mit rund 42.000 Dollar im Frage des 21. Jahrhunderts’. dungs- und Leistungsfähigkeit der Kin- Schnitt weniger Geld für die ersten Vermutlich in Anspielung auf den so der unterstellt und die sich daraus ab- zehn Schuljahre aus als andere Indust- genannten ‚Sputnik-Schock’ vor ca. leitende Orientierung des gegliederten riestaaten. Noch krasser sind die Unter- fünfzig Jahren sagte Schröder: ‚Wir deutschen Schulsystems auf möglichst schiede im Primärbereich (Klassen eins können es uns nicht leisten, auch nur homogene Leistungsgruppen führt zu bis vier) und im Vorschulbereich.“4 eine einzige Begabung ungenutzt zu einer Praxis umfassender Auslese, Ab- lassen’. Und fast schon im Ton einer stufung und zur Vernachlässigung von Kein Wunder, dass ein Aufschrei quer Großen Koalition rief der Kanzler die Fördermöglichkeiten, obwohl durch die durch die Gesellschaft ging! Hektisch versammelten Volksvertreter zu ‚einer PISA-Studie die leistungssteigernde wurden Gründe und Schuldige für gemeinsamen Kraftanstrengung’ auf. Funktion von homogenen Lerngruppen das Versagen gesucht. Die Schulen in Rheinland-Pfalz wurden aufgerufen,

1 Die OECD untersucht seit dem Jahr 2000 in einem drei- jährigen Turnus alltags- und berufsrelevante Kenntnisse 3 http://www.loccum.de/material/bildung/pisa.html. Stand: und Fertigkeiten 15-jähriger Schüler/innen. Der Test deckt 2 Rolf Maresch, 21.07.2002, Der Pisa-Schock. http:// 24.06.2009. die Bereiche Mathematik, Lesefähigkeit und Naturwissen- www.heise.de/tp/r4/artikel/12/12929/1.html. Stand: 4 http://www.stellenboersen.de/studium/bildungspolitik/ schaften ab. 24.06.2009. pisa-studie-2001-ueberblick Stand: 24.06.2009.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 0 1 Die 9 Leitsätze der BBS Wissen

Gute Schule bedeutet ... Gute Schule bedeutet ... • qualitativ guten Unterricht. Er ist • Teamarbeit in vielen Lernberei- von einer Vielzahl von Einflüs- chen und Organisationsstruktu- sen abhängig. Diese Einflussfak- ren. toren so zu gestalten, dass die Schülerinnen und Schüler größt­ Gute Schule bedeutet ... mögliche Lernfortschritte erzie- • pädagogisch kompetenter Um- len, ist die wichtigste Aufgabe gang mit Schülern und adäqua- des Kollegiums, der Schullei- tes Handeln in schwierigen Situ- tung, der Schulaufsicht und der ationen. Bildungspolitik. Zu gutem Un- terricht gehört auch gegenseiti- Gute Schule bedeutet ... ger Respekt von Lehrern, Schü- • ein einladendes und optima- lern, Eltern und Ausbildern. les Lernumfeld. Dazu gehören Gute Schule bedeutet ... Schulgebäude, fachlich gestaltete Räume und Außenanlagen. • die kompetente und engagierte Wahrnehmung des Erziehungs- Gute Schule bedeutet ... auftrages durch Kollegium und • einen geringen Aufwand zur Ver- Schulleitung. waltung von Schülerdaten und Gute Schule bedeutet ... Arbeitsmaterialien für die ein- zelne Lehrkraft, damit Zeit und • Kommunikation und wechsel- Kraft für die pädagogische Arbeit seitige Information über Ziele, zur Verfügung stehen. Anforderungen und Probleme zwischen Schülern, Eltern, Aus- Gute Schule bedeutet ... bildungsbetrieben, Lehrern und • die „Öffnung“ zum Umfeld. Vorgesetzten. Zur Verankerung demokrati- Gute Schule bedeutet ... scher Strukturen an der Schule schließt dies Partizipation und • gezielte Fortbildungsplanung Kooperation mit allen am Schul- als Grundlage für die Weiterent- leben beteiligten und interessier- wicklung der einzelnen Lehrkräf- ten Personen ein. te und der Schule als lernende Organisation.

1 0 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Die ernüchternde Bilanz Damit nicht genug: Mit 58 jungen, nicht berufsreifen Jugendlichen begann das Be- nach einem Jahr rufsvorbereitungsjahr (BVJ), 15 haben eine ein Qualitätsprogramm aufzustellen. berufliche Perspektive in Schule und Arbeits- Ferner wurde 2006 die Agentur für Von den 170 Schülern (6 Klassen), die im welt, aber 43 gelten als chancenlos und sind Schuljahr 2004/2005 im der Berufsfach- derzeit nicht versorgt. Qualitätssicherung, Evaluation und schule starteten, schafften nur 60 den No- Gleichzeitig ist die Entwicklung an den Be- Selbstständigkeit von Schulen (AQS) tendurchschnitt von 3,0, der zum Besuch rufsschulen im Kreis Besorgnis erregend. ins Leben gerufen. Die AQS hat den der weiterführenden Berufsfachschule II Im Vollzeitbereich wurden in Wissen im Auftrag, in einem Turnus von fünf berechtigt. Von den Abgängern gingen 25 Schuljahr 2004/2005 786 Schüler beschult. Jahren alle 1.600 staatlichen Schulen in ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis Seit Sommer ist diese Zahl auf 860 ange- des Landes zu evaluieren und ihnen über, aber 86 sind ohne jede Perspektive. stiegen. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl eine Rückmeldung zu ihrer Qualität „Da sind Jugendliche im Alter von 16 oder 17 der Schülerinnen und Schüler, welche in zugeben. Ziel ist es, ein möglichst um- Jahren, die jetzt nichts haben. Sie haben kei- Teilzeitform unterrichtet werden von 1019 nen Schulabschluss, können keine weitere auf 874. Die Zahlen machen deutlich, dass fassendes und vollständiges Bild der Schule mehr besuchen und eine Lehrstelle weniger ausgebildet wird und viele (schul- Schule zu zeichnen. Die externe Eva- bekommen diese Jugendlichen auch nicht. pflichtige) Jugendliche auf einen Schulplatz luation versteht sich als unabhängiger Die Schulpflicht haben sie erfüllt.“ in Vollzeitform angewiesen sind. Partner der Schulen, der die Schulen Rhein-Zeitung vom 23. Juli 2005 Vgl. Rhein-Zeitung vom 24. September 2005 bei ihrer Qualitätsentwicklung unter- stützt. Der Aufgabe der Qualitätsentwick- lung hat sich das Kollegium der BBS in der Pisa-Studie. Ab dem Schuljahr zum Erwerb der fachgebundenen bzw. Wissen schon vor Jahren gestellte. Das 2004/2005 bringt es eine Reihe von allgemeinen Hochschulreife. Qualitätsprogramm ist nicht nur fester Veränderungen: Mehr Selbstständigkeit Bestandteil der schulinternen Studien- für die Schulen, flexiblere Regeln beim Die Berufsfachschule I ersetzt das Be- tage, sondern wurde auch in Form der Einschulungsalter, das Ganztagsschul- rufsgrundschuljahr und die zweijährige „Hauptversammlung“ institutionali- Programm und für uns eine Reform Berufsfachschule und gibt leistungs- siert. des berufsbildenden Systems. An die starken Jugendlichen die Möglichkeit in Stelle der Fachoberschule tritt die Be- der Berufsfachschule II, die im Schul- rufsoberschule I, die zur Fachhoch- jahr 2005/2006 startete, die „Mittle- 10.2 Das neue Schulgesetz schulreife führt. re Reife“ nachzuholen. Erklärtes Ziel verändert die ist es, die Abbrecherquote in diesem Die Berufsoberschule II, die im folgen- Bereich zu senken. Auch die Ausbil- Schullandschaft den Jahr eingerichtet wurde, eröffnet dung der Erzieherinnen und Erzieher Sicherlich hat auch das neue rheinland- jungen Menschen nach dem Besuch wurde reformiert. Künftig müssen pfälzische Schulgesetz seine Wurzeln der Berufsoberschule I die Möglichkeit die Erzieher/innen nach dem Besuch

Die ersten Absolventen der BOS I mit ihren Lehrern. Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 0 3 Zum ersten Mal erhalten Absolventen der BOS II der Berufsbildenden Schulen des Kreises Altenkirchen ihr Abiturzeugnis

der Sekundarstufe I eine zweijährige schichte werden. Ein Zeitungsartikel in 2002 fast anschaulich die Entwicklung Höhere Berufsfachschule für Sozialas- der Rhein-Zeitung vom 14. Dezember zusammen: sistenz absolvieren. Die Schule nahm zum Schuljahr 2006/2007 ihre Arbeit auf. Im Anschluss daran folgt die drei- jährige Erzieher/innen-Ausbildung. Zunächst ist zwei Jahre lang die Fach- schule Sozialpädagogik, die die Fach- Trauerspiel um Berufs-Gymnasium schule für Erzieher seit dem Schuljahr 2004/2005 ersetzt, zu besuchen, es Nach sieben Jahren Vertröstung, die Minis- Gymnasiums mit den Schwerpunkten folgt dann das Anerkennungsjahr in so- terin in den Kreis bitten – Horst Nassauer Technik, Wirtschaft und Sozialwesen. Die- zial-pädagogischen Einrichtungen. Das fordert „endlich verlässliche Aussagen“ ser Antrag wurde bisher in jedem Jahr Vorpraktikum entfällt in Zukunft. Die Seit Jahren schleppt sich ein Thema durch erneuert. Schulträger Kreis – auch der ak- die schulpolitischen Vorstellungen im tuelle Kreistag reihte sich in die Tradition Reform der Höheren Berufsfachschu- Kreis Altenkirchen – ganz so, als könne ein – verlieh diesem vom Landtagsabge- len gilt seit dem Schuljahr 2008/2009. es nicht leben und nicht sterben: Einfüh- ordneten der SPD und CDU unterstützten Wie bereits in vielen Berufsschulklas- rung eine beruflichen Gymnasiums be- Anliegen mit Beschlüssen Nachdruck. sen tritt hier an die Stelle der Fächer ziehungsweise einer Beruflichen Oberstu- Probleme mit der Begründung gab es nie. „Lernbereiche/Lernfelder“. Methoden- fe an den Berufsbildenden Schulen des Ansicht über Fraktionen hinweg: Eine sol- training und Projektarbeit sind zentrale Kreises. Jetzt will die CDU-Fraktion des che Oberstufe ist die dringend notwendige Anliegen dieser Bildungsgänge. Hier- Kreistages einen Beschluss reanimieren, Ergänzung der Schulangebote im Kreis durch wird eine vollkommen neue Un- Ministerin Doris Ahnen zu Gesprächen in Altenkirchen. Entsprechend begabte und den Kreis einzuladen. motivierte Absolventen von Realschulen, terrichtsorganisation notwendig. Die CDU-Fraktion des Kreistags hat sich Dualer Oberschule, Regionaler Schule, mit einer Anfrage zur Einrichtung eines Berufsfachschule oder auch Integrierter Beruflichen Gymnasiums beziehungs- Gesamtschule fänden hier eine ihnen ge- 10.3 Die unendliche weise einer Beruflichen Oberstufe an den mäße Perspektive. Nassauer: „Dieser Weg Geschichte Berufsbildenden Schulen an die Kreisver- zur Hochschulreife ist, und das habe ich waltung gewandt. Horst Nassauer rief den Kritikern unter meinen eigenen Berufskol- Basierend auf einem Kooperationsmo- Mitgliedern des Kreistages bei dieser Ge- legen immer wieder gesagt, keine billige, dell stellten die Berufsschulen Betzdorf- legenheit die historische Entwicklung ins unlautere, weniger anspruchsvolle Kon- kurrenz zum gymnasialen Weg.“ Kirchen und Wissen am 17. Juli 1995 Gedächtnis – falls sie damals nicht schon im Kreistag gewesen sein sollten. Stattdessen, so Nassauer, entlaste dieses einen gemeinsamen Antrag auf Errich- Angebot die Gymnasien. Und es sei eine tung eines Beruflichen Gymnasiums. Der erste Antrag lieg inzwischen länger notwendige Chance für Schüler mit eher Die beiden Schulen wollten gemeinsam als sieben Jahre zurück und datiert aus praxisbezogenen Begabungsprofil. Nas- an ihren Standorten drei Bildungsgän- der Amtszeit des damaligen Ersten Kreis- sauer charakterisierte die Reaktion des Mi- ge (Wirtschaft, Hauswirtschaft/Soziales beigeordneten Nikolaus Roth, heute als nisteriums auf sieben Antrags-Jahre: Hoff- und Technik) anbieten, die zum Abitur Oberbürgermeister von Neuwied sicher nungen wecken, unverbindliches Hinhal- führen. Dieser Antrag sollte der Aus- mit anderen Problemen befasst. ten, schließlich Ablehnung und Vertrös- gangspunkt für eine unendliche Ge- Am 17. Juli 1995 stellten die beiden Berufs- tung auf das übernächste Schuljahr. bildenden Schulen im Kreis einen ersten Mal erfolgten die Ablehnung ohne Begrün- Antrag auf Errichtung eines Beruflichen dung, mal wurde auf finanzielle Probleme,

1 0 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Wie wir alle wissen, startete die Berufs- stunden in Deutsch fällig, dafür zwei tung: Die Oberstufe an der IGS könnte oberschule im Schuljahr 2004/2005. Fremdsprachen. Huke wie Krämer mei- dem Berufsgymnasium geopfert wer- Allerdings war damit das Thema Be- nen, dass drei Fliegen mit einer Klap- den. Im Raum Wissen/Hamm gäbe es rufliches Gymnasium nicht vom Tisch. pe geschlagen werden könnten: mehr dann womöglich nur noch das ‚Turbo- Der Kreisausschuss sprach sich am 27. Jungendliche zu Hochschulabschlüs- Gymnasium’. August 2007 einstimmig für ein Be- sen verhelfen, den Fachkräftemangel Nachdem Michael Wagener für die rufliches Gymnasium an den beiden insbesondere im Ingenieurwesen min- CDU signalisiert hatte, dass ein Ja zum Berufsbildenden Schulen aus. Zuvor dern und mehr Jugendliche ohne Abi- Beruflichen Gymnasium keine Vorent- hatten die beiden Schulleiter, Gerhard tur Lehrstellen verschaffen, indem sie scheidung gegen die IGS beinhalte, Huke (Betzdorf) und Reinhold Krä- mit weniger Abiturienten konkurrie- wurde die Zustimmung bei drei Enthal- mer (Wissen) die Ausschussmitglieder ren müssen. Im Anschluss herrschte tungen erteilt.“1 „durch den ‚Dschungel’ der Schular- weitgehende Einigkeit, dass dies Sinn Da eine konkrete Antwort aus Mainz ten geführt, um das Berufliche Gym- macht. Strittig war die Frage, inwiefern ausblieb, hakte der Abgeordnete Dr. Ro- nasium zu erklären. In Kürze: Dorthin die Entscheidung Einfluss auf andere senbauer am 24. Januar 2008 nach und kann wechseln, wer die Mittlere Reife Gymnasialthemen hat. So möchte die erhielt die Antwort, dass der Kreis Al- (Sekundarstufe 1, ‚S 1’) an einer der IGS Hamm eine Oberstufe und das tenkirchen seinerzeit im Gegenzug zur Haupt-, Real-, Regional- oder Dualen Wissener Gymnasium ‚G 8’ werden: Einrichtung einer Berufsoberschule auf Oberschulen (DOS) mit mindestens 3,0 in acht Jahren zum Abitur. SPD-Chef die Beantragung Beruflicher Gymnasi- geschafft hat. Danach geht es in drei Heijo Höfer ärgerte sich, dass das Gan- en verzichtet habe. Jahren Vollzeitunterricht zum Abitur. ze nicht im Gesamtpaket beraten wird „Rosenbauer, zugleich CDU-Kreis- Nur geringfügig sind die Unterschie- – ein Argument, dem Wolf-Rüdiger vorsitzender, erklärte jetzt zu diesem de zum ‚normalen’ Gymnasium. So Bieschke (FWG) und Gerd Dittmann Schreiben: ‚Dieser Beschluss ist so nie werden zum Beispiel weniger Pflicht- (Grüne) folgen konnten. Die Befürch- gefasst worden. Wir brauchen die Be- ruflichen Gymnasien im Kreis Altenkir- chen, um dieses Bildungsangebot end- lich auch bei uns zur Verfügung stellen zu können. Die Schülerzahlen aus den Nachbarkreisen belegen das große Inte- resse der jungen Menschen an Berufli- chen Gymnasien.’ Dabei habe der Kreis mal auf den Vorrang der Unterrichtsver- alle bieten lassen müssen.“ die Bedeutung der Beruflichen Gym- sorgung in den übrigen Bereichen der Be- Von der Aufsichts- und Dienstleistungs- nasien für die Zukunftsfähigkeit der rufsschulen hingewiesen. Was Nassauer Direktion genannte Perspektiven für das Region schon früh erkannt: Seit 1996 verunsichert: Allein 1999 wurden andern- Schuljahr 2003/04 waren für Nassauer dauerten die Bemühungen um die orts zehn Anträge auf Errichtung neuer eine weitere Provokation. Einstweilen soll- Einrichtung schon an, ohne dass das Bildungsgänge genehmigt. Auch den Hin- ten nämlich die bisherigen Fachoberschu- weis auf organisatorische Probleme mit len (also nicht die Berufliche Oberschule) Bildungsministerium die wiederholten 2 dem Unterricht an drei Standorten ver- intensiv beworben und fortgeführt wer- Anträge je berücksichtigt haben.“ steht Nassauer nicht, denn „das wurde von den. Wenn dann zu Beginn des Schuljahrs Seit dem 23. Oktober 2008 ist es gewiss. uns so nie vorgeschlagen.“1 dies avisierte Strukturkonzept vorliegen Während Betzdorf-Kirchen ein Berufli- Im April 2000 teilte Minister Zöllner mit, sollte, könnte der Unterricht dann auf der ches Gymnasium (Schwerpunkt Metall- es seinen noch aktuelle Rahmenvereinba- Grundlage der ersten Stufe der Berufs- technik) ab dem Schuljahr 2009/2010 rungen der Kultusministerkonferenz zu oberschule, die der Fachoberschule ähnle, einrichten darf, geht die BBS Wissen berücksichtigen. Im Juni 2000 gab der gestaltet werden. wieder leer aus. „Während es für Huke Kreis der Verwaltung grünes Licht, auch „Wenn ja, dann ja – wenn nicht, dann das Alternativmodell Berufsoberschule zu eben wieder nicht“, stellt Nassauer fest. gestern ein ‚richtig toller Tag’ war, gab verfolgen, falls ein solcher Antrag eher Zugleich nannte er es wenig sinnvoll, dass es in Wissen viel Frust. Denn dort hatte Erfolg verspreche als das Ziel Berufliches Dietmar Schumacher (SPD) ein drittes die BBS auch gehofft, dass man ein Be- Gymnasium. Ein Erfolg kam nicht in Sicht. Modell vorschlage – und jetzt sogar ein rufliches Gymnasium bekommt – mit Im März 2001 war vom Minister zu hören, viertes Fass aufmache „mit der unrealisti- Schwerpunkt Wirtschaft/Verwaltung. eine Arbeitsgruppe sei mit einem Struk- schen Idee einer eigenständigen Oberstufe ‚Wir sind alle maßlos enttäuscht’, fasste turkonzept zur beruflichen Bildung be- mit Abiturabschluss an der IGS Hamm. Schulleiter Reinhold Krämer die Stim- Nach den genannten Erfahrungen erinner- traut. Zöllner kündigte eine Zusage für mung zusammen. ‚Die Entscheidung die neue Schulform für August 2002 an. te Nassauer an einen Beschluss des Schul- „Geschehen ist nichts“, stellte Nassauer trägerausschusses, einen hochrangigen sei nicht nachvollziehbar. Man suche fest. Es sei „ein Trauerspiel, das wir uns Vertreter des Mainzer Ministeriums, am nach den Gründen für die Ablehnung. besten die Ministerin selbst, zu einem Ge- Wenn nun davon geredet werde, dass spräch in den Kreis zu bitten. Ziel: endlich gestern mit der Bekanntgabe ein guter 1 Anm. d. Verf.: Am 2. April 1998 war in der Rhein-Zei- eine verlässliche Aussage darüber „was Tag für den Kreis Altenkirchen gewe- tung zu lesen, dass Landrat Dr. Beth vorschlage, die leer stehende Hauptschule Mudersbach als Standort eines konzeptionell vom Land nun eigentlich sen sei, so meldet Krämer Skepsis an.’ Beruflichen Gymnasiums zu nutzen. „Allerdings sollte gewollt, was auf Grund der Schülerzahlen den bisherigen Berufsschulstandorten Wissen und Kir- im Kreis möglich und was finanziell dann chen/Betzdorf kein Nachteil entstehen“, war der Mel- 1 Rhein-Zeitung vom 28. August 2007. dung weiter zu entnehmen. Statt zu einem Gymnasium machbar ist. kam die BBS bekanntlich wegen der akuten Raumnot in 2 Rhein-Zeitung vom 15. März 2008. Wissen zu einer Außenstelle Mudersbach. Rhein-Zeitung vom 14. Dezember 2002

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 0 5 tagsreden’, dass man mehr in die Bil- dung investieren müsse, findet es Krä- mer nicht gut, dass die BBS Wissen au- ßen vor geblieben ist. ‚Aber wir bleiben dran. Wir werden weiter aktiv sein, um das Berufliche Gymnasium nach hier vor Ort zu bekommen’.“1

10.4 Nur für fünf Jahre!

Ursprünglich nur als Provisorium ge- dacht, entpuppte sich die Rückführung Spatenstich der nach Mudersbach ausgelagerten Klassen als äußerst schwierig und uner- quicklich. Plötzlich wollte oder konnte Der Landtagsabgeordnete Thorsten Hätte man zeitgleich noch das neue man sich nicht mehr an einmal gege- Wehner nennt einen Grund für die der- Angebot an der BBS in Wissen, wo man bene Zusagen erinnern. Die Interessen zeitige Nichtberücksichtigung der BBS auch 50 junge Leute benötige, dann hät- der beteiligten Parteien ließen sich nur Wissen. Da müsse man die Schulent- te man sich vermutlich gegenseitig das schwer unter einen Hut bringen. Im wicklung im Kreis Altenkirchen sehen. Wasser abgegraben und weder Hamm November 2004 startete die Siegener Auch an der IGS in Hamm soll es ab noch Wissen hätten die Mindestzahl Zeitung eine regelrechte Kampagne zur dem nächsten Schuljahr eine gymna- von 50 Schülern erreicht. Das Ergebnis: Erhaltung des Schulstandortes Muders- siale Oberstufe geben. Zu deren Ein- Weder in Hamm noch in Wissen gäbe bach als Außenstelle der BBS Wissen. richtung sind mindestens 50 Schüler es ein neues Schulangebot. Voraus gegangen waren Monate lange notwendig. Und auch angesichts der vielen ‚Sonn- Gespräche zwischen Schulleitung und

Widerstand gegen „letztes Denkmal“ für Dr. Beth

Die CDU der Verbandsgemeinde Kirchen resse entschieden zurück. Angesichts einer in gehen uns alle an.“ Der 1. Beigeordnete Werner wehrt sich massiv gegen BBS-Anbau in Wissen allen Bereichen überstrapazierten Haushaltsla- Becker verwies in diesem Zusammenhang da- zum Nachteil von Mudersbach ge sei ein Anbau in Wissen bei gleichzeitigem rauf, dass auf der alten Hauptschule noch ein Wenn kein (alter) Fehler gemacht wurde, so ist Leerstand in Mudersbach nicht zu verantwor- jährlicher Schuldendienst von 90.000 Euro dies noch lange kein Grund, einen neuen Feh- ten. Becker: „Der Kreis ist nicht in der Lage, die laste. An Mieteinnahmen erhält die Verbands- ler zu begehen. Auf diese simple Formel lässt Probleme in Kirchen zu lösen; das soll er auch gemeinde Kirchen momentan rund 130.000 sich die Meinung der CDU in der Verbandsge- gar nicht. Aber vielleicht ist Kirchen in der La- Euro vom Kreis für die Nutzung durch die BBS. meinde Kirchen zum geplanten Anbau der Be- ge, die Probleme des Kreises zu lösen.“ Die Kommune würde durch einen Anbau in rufsbildenden Schule in Wissen bringen. Wie Ulrich Merzhäuser, Vorsitzender der CDU im Wissen folglich doppelt bestraft, denn schließ- von der SZ berichtet, hatte Landrat Dr. Alfred Verbandsgemeinderat, verwahrte sich gegen lich müsse der Kreis diese Maßnahme über Beth noch am Freiatag einklares Bekenntnis den Eindruck einer falschen Planung in Mu- Jahre hinweg vorfinanzieren – und hier sitze zu dem 1,5-Millionen-Projekt abgegeben. Und dersbach. Über zehn Jahre lang sei die Schule die VG Kirchen über die Umlage mit im Boot, gleichzeitig hatte er auch gewisse „Fehler“ in voll ausgelastet gewesen, mit bis zu 600 Schü- erklärte Becker. der früheren Kirchener Schulbaupolitik unter lern: „Man kann hier nicht von einer Fehlinves- der Regie von Bürgermeister Paul Wingendorf tition sprechen.“ Im Gegensatz zum Kreis sei Raumnot bewusst geschaffen angeprangert. Für den Landrat ist die Unter- in der Verbandsgemeinde bereits eine gewisse Für die Christdemokraten ist die „akute Raum- bringung von Teilen der BBS Wissen im ehe- Erkenntnis vorhanden gewesen, als man z. B. not“ in Wissen teilweise bewusst konstruiert maligen Hauptschulgebäude in Mudersbach das Hallenbad geschlossen habe, so Merzhäu- worden, indem zum Teil bereits Klassen aus ein „Auslaufmodell“ – ohne Wenn und Aber. ser. Aktuell sieht die Belegung des Gebäudes Mudersbach abgezogen worden seien. Dabei Für diese Haltung und seine jüngste Äußerun- übrigens so aus: 52 Prozent werden von der habe es mit der Außenstelle nie Probleme gege- gen erntete Dr. Beth nun heftige Kritik seiner BBS genutzt, 14,5 Prozent von der Grundschule ben, meinte Müller. Der frühere Schulleiter Dr. Parteifreunde aus der Verbandsgemeinde Kir- und 3 Prozent von Vereinen. Roland Dosch habe stets betont, dass man „bes- chen Bürgermeister Wolfgang Müller plädierte dafür, tens untergebracht“ sei. Erst mit dem Wechsel Als sich Vorstand und Fraktion gestern vor sorgfältig im gesamten Kreis die Raumkapa- in der Schulleitung, so hat die CDU beobachtet, Ort in Mudersbach trafen, sprach Gemeinde- zitäten zu sondieren. „Auch an den Berufsbil- sei der Druck hinsichtlich eines Anbaus deut- verbandsvorsitzender Georg Becker von einer denden Schulen geht die demographische Ent- lich größer geworden. „sehr bedenklichen Entwicklung“ und wies die wicklung nicht vorbei“, mahnte er und forderte Zwischen Kirchen und Friesenhagen ist man Vorwürfe des Landrats an die Kirchener Ad- ein langfristiges Denken, denn: „Die Finanzen jedenfalls bereit, im Kreistag für die weitere

1 Rhein-Zeitung vom 26. Oktober 2008.

1 0 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Bereich für alle jungen Menschen im Kreis von bis Niederschelder- hütte habe.“3

Auch der ehemalige Schulleiter Dr. Dosch wollte diese Äußerungen so nicht stehen lassen:

Leserbrief: Auslagerung nur Hier baut … eine Übergangslösung

Zum SZ-Artikel „Widerstand gegen „letztes Denk- Landrat, die Genehmigung der ADD hof aufgestellt werden mussten, um mal“ für Dr. Beth vom 16. November. für die Errichtung 13 neuer Unterrichts- die Unterrichtsversorgung zu gewähr- In diesem Artikel heißt es, der frühere Schulleiter räume und schließlich die Einigung auf leisten. habe erklärt, man sei in Mudersbach „bestens un- tergebracht“. Ich will nicht bestreiten, eine solche einen Anbau mit acht Unterrichtsräu- Aussage gemacht zu haben. Nur ist der Kontext, in men. Leider wurde die Chance vertan, Anlässlich des 35-jährigen Bestehen den jetzt diese Äußerung gestellt wird, falsch. Auch für ein zukunftsträchtiges Raumange- des Schulgebäudes Hachenburger Stra- in meinem Verständnis war die Auslagerung nach bot zu sorgen. Die Einsparung bekom- ße sagte Landrat Dr. Beth: „Wir wollen Mudersbach nur eine Übergangslösung. Seitens der men wir heute zu spüren. Das neue die BBS als eine Einheit begreifen und Kreisverwaltung war seinerzeit ein Zeitraum von ca. Schuljahr 2009/10 begann damit, dass dazu ist eine Außenstelle nicht gerade fünf Jahren genannt worden. Vor diesem Hinter- zwei Container auf dem oberen Schul- förderlich.“ 2 Der Landrat führte fer- grund allerdings war die Unterbringung und Aus- ner aus, dass der Kreis die Pla- stattung der Friseur- und Erzieherklassen „bestens“. Noch vor Ablauf der Übergangszeit hat das frühere nungsmittel für einen Anbau Schulleitungsteam zusammen mit dem örtlichen im Haushalt aufgenommen Personalrat einen detaillierten Um- und Erweite- habe. Damit war die Katze aus rungsplan ausgearbeitet und diesen im förmlichen dem Sack. Antragsverfahren der ADD Koblenz und der Kreis- In der Siegener Zeitung vom verwaltung zugeleitet. Insofern steht die jetzige 16. November 2004 meldeten Schulleitung in der Kontinuität der jahrelangen sich Vertreter der CDU und Bemühungen der Raumnot in Wissen Abhilfe zu Nutzung der Mudersbacher Schule zu kämpfen der Kirchener Bürgermeister schaffen. ... Wenn der Landrat sich in Wissen ein „letztes zu Wort. Dabei wurde (be- Bei den durchaus verständlichen Kostenvergleichen, Denkmal“ setzen wolle, dann müsse er mit die jetzt in Kirchen angestellt werden, ist übrigens wusst) unsachlich und falsch Widerstand rechnen. Ulrich Merzhäuser hofft ein wichtiger Posten übersehen worden. Während dabei auch auf die Unterstützung der SPD, informiert. der Auslagerung waren viele tausend DM und Euros hatte sich diese im Kommunalwahlkampf doch an Fahrtkosten – wenn auch nicht vom Kreis oder ganz ähnlich geäußert. Kluge Ratschläge aus Der Landrat rief nun zu mehr der Verbandsgemeinde – zu zahlen. Aber schließlich Altenkirchen verbittet man sich jedenfalls in Sachlichkeit auf. Gleichzeitig sind das auch Steuergroschen aus dem Geldbeutel Kirchen ... machte er deutlich, dass der der Bürgerinnen und Bürger. Dr. Roland Dosch Schwerer Stand für Dr. Rosenbauer Kreis nicht für die in Kirchen gemachten Fehler aufkomme. Siegener Zeitung vom 18. November 2004. Die Unterstützung aus anderen Parteien wer- den die Kirchener Christdemokraten auch drin- Schließlich sei das Raumüber- gend brauchen, denn der eigene Kreisvorstand angebot erst durch den Neu- steht – nach einem Beschluss während der bau des DOS-Schulgebäudes jüngsten Klausurtagung – hinter dem Anbau in auf dem Molzberg entstanden. Die emotional geführte Diskussion gip- Wissen. Schriftlich wurde festgehalten: „… be- Im Vordergrund der Diskussi- felt in der von der Siegener Zeitung deutet dies für den Kreis Altenkirchen, dass an on müssten neben wirtschaftli- ins Leben gerufenen Telefonaktion. Ein der BBS Wissen ein zusätzlicher Anbau nicht chen Überlegungen die berech- Großteil der Anrufer sprach sich für die vermieden werden kann.“ So hatte der Kreis- tigten pädagogischen Interes- Nutzung des Mudersbacher Schulge- vorsitzende Dr. Josef Rosenbauer gestern in Mudersbach einen schweren Stand und musste sen der jeweiligen Schule ste- bäudes aus und zeigte wenig Verständ- für seine „Neutralität“ ordentlich einstecken. hen. „Und dieses Recht stehe nis für die Anbaupläne in Wissen. Der Da half ihm auch nicht sein Hinweis auf die auch der BBS Wissen zu, die einhellige Tenor der Aussagen: „Die Forderung der ADD, wonach aus „pädagogi- einen Ausbildungsauftrag im Politiker schmeißen mit Steuergeldern schen Gründen“ ein Unterricht in nur einem kaufmännischen und sozialen um sich“.4 Gebäude verlangt werde ...

Siegener Zeitung vom 16. November 2004 2 Vgl. Siegener Zeitung vom 13 November 3 Siegener Zeitung vom 17. November 2004. 2004. 4 S. Siegener Zeitung vom 19. November 2004.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 0 7 Einige Fraktionsmitglieder der SPD im der Schulleitung. Nachzulesen in der mehreren Räumen einsetzen, jedoch Kreistag dachten laut über eine „Be- Haus-Info 21/2004. nicht, wenn diese 30 Kilometer vonei- rufsschule für Sozial- und Hauswirt- nander entfernt liegen’, sagt Reinhold schaftswesen“ in Mudersbach nach und Es sollten jedoch noch weitere 20 Mo- Krämer. ‚Ebenso muss man bedenken, Fraktionsvize Bernd Becker meinte: nate verstreichen bis Landrat Dr. Beth, dass dadurch erhebliche finanzielle „Man könne sich als Kommunalpoliti- nicht mit der obligatorischen Schaufel, Aufwendungen für den Kreis und für ker zu pädagogischen Fragen kein ab- sondern mit einem Bagger, den sym- das Land verbunden waren.’ Ursprüng- schließendes Urteil erlauben. Es ste- bolischen Spatenstich vollzog. Für den lich war die Auslagerung nur für fünf he aber fest, dass die Ausbildung in Anbau mit acht Klassenräumen stan- Jahre geplant. Dass es schließlich neun Mudersbach bei den Schülerinnen und den rund 1,62 Millionen Euro bereit.2 Jahre wurden, lag nach Ansicht vieler Schüler gut ankomme. Offenbar biete auch an kommunalpolitisch bedingten gerade die Situation der Auslagerung Zum neuen Schuljahr 2007/2008 en- Verzögerungen bei der Genehmigung die Chance, neue pädagogische Kon- dete das Mudersbacher Exil. „Erleich- und Planung des neuen Anbaus.“3 zepte zu fahren, projektbezogen und tert und froh zeigten sich die Vertreter ohne starre Schulstundenregelung zum der BBS Wissen, Oberstudiendirektor Mit einer feierlichen Einweihung wur- Beispiel.“1 Reinhold Krämer und Studiendirektor de am 6. November 2007 das Gebäu- Am 3. Dezember 2004 war dann in der Michael Schimmel, als sie kürzlich die de übergeben. Insgesamt zehn Klas- Siegener Zeitung zu lesen, dass sich Räume wieder an Florian Grundmeier senräume wurden für 1.526.000 Euro der Schulträgerausschuss des Kreises und Frank Reifenrath von der VG Kir- errichtet. Damit blieben die Baukos- Altenkirchen einstimmig für den An- chen zurückgeben konnten. ten genau 100.000 Euro hinter den bau in Wissen ausgesprochen habe. Vo- „‚Man kann zwar einen Lehrer an ei- ursprünglichen Schätzungen. „Der rausgegangen war eine Entscheidung nem Tag in mehreren Klassen und in Oberstudiendirektor rekapitulierte die

1 Rhein-Zeitung vom 23. November 2004. 2 S. Rhein-Zeitung vom 19. Juli 2006. 3 Rhein-Zeitung vom 24. Juli 2007.

BERUFSBILDENDE SCHULE WISSEN – S chulleitung – Hausinfo Nr. 21 / November 2004

Unsere Schule, unser Kollegium, unserer Schü- den; Schuljahr 2004/05: 1863 erteilte Lehrer- ler und unsere pädagogische Arbeit werden im Wochenstunden. Hiervon werden zurzeit 209 Moment öffentlich diffamiert und für unmün- Lehrer-Wochenstunden an der Außenstelle in dig erklärt, da die Platznot hier in Wissen diese Mudersbach unterrichtet. „Sankt-Florians-Prinzip-Aktionisten“ offenbar In einem nach den Richtlinien des Landes er- nicht interessiert. Am Tag der offenen Tür ha- rechneten und genehmigten Raumprogramm ben Sie gehört, dass wir mit Herrn Landrat Dr. aus dem Jahre 2002 (1616 Lehrer-Wochenstun- Liebe Kolleginnen und Kollegen, Beth und Herrn Bürgermeister Wagener zwei den!) wurde ein zusätzlicher Raumbedarf für liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, leidenschaftliche Vertreter des Anbaus hier in unsere Schule von 13 Räumen festgestellt. Auf- Wissen haben, weil diese unsere Arbeit aner- grund der aktuellen Raumnot haben wir alle nachfolgend erhalten Sie einige aktuelle Infor- kennen und die räumlichen Zwänge sehen. organisatorischen Möglichkeiten ausgeschöpft mationen und Hinweise: Ich gebe Ihnen im Folgenden einen Auszug und seit dem Schuljahr 2003/04 Samstagsun- aus einer vorbereiteten Presseerklärung, die wir terricht eingerichtet, so dass eine effizientere Hinweis: Unser E-Mail-Account funktioniert jedoch nicht ohne Absprache mit den Verant- Auslastung unseres Gebäudes bei konstant ge- wieder: Daher erhalten Sie diese Hausinfo in wortlichen veröffentlichen werden. bliebenen Unterhaltskosten möglich ist. Den- Papierform und per E-Mail. Auszug: noch stellt sich der Raumbedarf an unserer An unserer Schule werden im Schuljahr Schule so drastisch dar, dass wir in ehemaligen Anbaumaßnahme 2004/05 1805 Schülerinnen und Schüler unter- Lager-Räumen mit Oberlichtern unterrichten Wie Sie sicherlich den Zeitungsberichten richtet; hiervon 196 an unserer Außenstelle in müssen. Weiterhin können wir den Differenzie- (Rhein-Zeitung und Siegener Zeitung) entneh- Mudersbach. Von diesen 196 Schülerinnen und rungs- und Förderunterricht nicht so anbieten, men konnten, ist eine mehr parteipolitische Schülern kommen 152 aus dem Kreis Altenkir- wie er pädagogisch dringend erforderlich und als bildungspolitische Diskussion um unseren chen, 28 aus Nordrhein-Westfalen, 12 aus dem vom Gesetzgeber gefordert ist. Die Raumka- Anbau hier in Wissen entbrannt. Kreis Westerwald und 4 aus dem Kreis Neu- pazität ist so eng, dass bei der Stundenplange- Das Ganze gipfelte (m. E) in einer Telefonaktion wied. Aufgrund der Entwicklung der Planungs- staltung manche pädagogischen Erfordernisse der Siegener Zeitung, bei der sich 40 Bürger daten (Schülerzahlen und Lehrer-Wochenstun- in den Hintergrund geraten (z.B. Kernfächer in aus der VG Kirchen (23 aus Mudersbach und 10 den) hat die BBS Wissen im Schuljahr 2004/05 den Nachmittagsunterricht). Dass unser Kolle- aus Niederschelderhütte) gegen einen Anbau in den größten Raumbedarf seit dem Schuljahr gium, unsere Schuleltern und unsere Schüler Wissen aussprachen, damit Mudersbach weiter 1979/80. In Zahlen ausgedrückt; Schuljahr trotz dieser Umstände nicht öffentlich Protest genutzt wird. 1979/80: 1294 erteilte Lehrer-Wochenstun- anmelden, ist sicherlich der Geduld der Betei-

1 0 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 lange Geschichte des Anbaus, die er mit einem Triathlon (Disziplinen: Ge- spräche führen, Überzeugungsarbeit leisten, Vereinbarungen treffen) ver- glich. ‘Der war lange vor dem Anrollen des ersten Baggers vor 15 Monaten zu bewältigen.’ Die Bauphase selbst be- zeichnete Krämer dann als problemlos. Hier hob er vor allem den Architek- ten, Klaus Kolb, und den Referatsleiter der Bauverwaltung, Oliver Weber, her- vor. Beide hätten Weitblick erkennen lassen und ergänzende pragmatische Lösungen kurzfristig realisiert. So vor allem den zusätzlichen Einbau einer Zwischendecke im Werkstattbereich, Mit der Schlüsselrückgabe von Studiendirektor Michael Schimmel (rechts) an VG-Mit- der dazu führte, dass insgesamt zehn arbeiter Frank Reifenrath endete die Auslagerung von Fachklassen nach Mudersbach. neue Klassenräume entstanden sind. [Rhein-Zeitung vom 27. Juli 2007] Sein besonderer Dank galt zudem den Lehrerkollegen, die beim Umzug ho- rung gesorgt hätten.“4 Krämer rief in Das ist sehr schön und es war aller- hen persönlichen Einsatz gezeigt und seiner Ansprache den Anwesenden zu: höchste Zeit.“ somit für eine reibungslose Rückfüh- „Jetzt sind wir wieder ein Kollegium. Bei diesem Kraftakt darf nicht überse- hen werden, dass sich in dieser Zeit auch an dem „alten“ Schulgebäude ei- 4 Rhein-Zeitung vom 7. November 2007.

ligten, aber auch der über Jahre gewachsenen dem „Sankt-Florians-Prinzip“, als von einer Schulleitung und Funktionsträger sind sich ei- kooperativen und vertrauensvollen Zusammen- sachlichen, zukunftsweisenden und bedürfniso- nig, dass für den Fall, dass die Zustimmung arbeit zwischen Schule und dem Sachkosten- rientierten Schulpolitik für den gesamten Kreis zum Anbau nicht erfolgt, gehandelt werden träger, der Kreisverwaltung Altenkirchen, zu Altenkirchen. muss. Dann stellt es sich nämlich so dar, dass verdanken. Wir alle wissen, dass die Zeiten … wir auch zukünftig von keiner Anbaumaßnah- knapper Kassen auch mehr Geduld und Kom- Ich möchte nicht verschweigen, dass die Nut- me ausgehen können, so lange wir die Räume promissbereitschaft von uns abverlangen. zung der Räume in Mudersbach für unsere in Mudersbach nutzen. Schule mit erheblichen Nachteilen verbunden Wir haben für diesen Fall Kontakte aufgenom- Zurzeit nutzen wir in Mudersbach 5 Klassen- ist, die in erster Linie durch die räumliche Dis- men, um vorübergehend Räume hier in Wissen räume. Dies bedeutet, dass die als Anbau ge- tanz zwischen den Schulstandorten Wissen und anzumieten. Damit ist es sehr zeitnah (noch planten 8 Klassenräume unabhängig von einer Mudersbach sowie die extreme Randlage von im Verlaufe dieses Schuljahres) möglich, dem möglichen späteren Nutzung in Mudersbach Mudersbach im Kreis bedingt sind. Daher war Grund für die Blockadepolitik die Nahrung zu dringend jetzt und in Wissen benötigt werden, diese Auslagerung auch nur als Übergangslö- entziehen. Weiterhin müssen wir dann über- da nach dem Raumprogramm 13 Räume erfor- sung mehrheitsfähig. Ansonsten wäre es unter legen, ob wir aufgrund der räumlichen Enge derlich sind. Ob wir nach dem Anbau der 8 meinem Vorgänger, Herrn Dr. Dosch, niemals zukünftig im Wahlschulbereich weiterhin die Klassenräume weiterhin auf die Räume in Mu- zu einer Auslagerung nach Mudersbach gekom- Parallelklassen wie bisher einrichten können dersbach angewiesen sind oder durch die wei- men (siehe auch Leserbrief SZ vom 18.11.04). und den Samstagsunterricht ausweiten. tere Beibehaltung des Samstagsunterrichts auf die Raumnutzung in Mudersbach verzichten In meiner Person als Schulleiter der BBS Wis- Ich bitte im Namen unserer Schule bei Gesprä- und hierdurch dem Schulträger und dem Land sen werde ich auch weiterhin alles dafür tun, die chen mit Freunden, Bekannten und Mandats- erhebliche Kosten ersparen können, darüber beruflichen Bildungsgänge unserer Schule für trägern um Ihre Unterstützung. Klären Sie die müssen wir entscheiden, wenn dies soweit ist. die Schülerinnen und Schüler des Kreises Al- Leute über unsere Raumnot hier in Wissen auf, Nach den momentanen Planungsdaten und der tenkirchen – im Zentrum des Kreises - attraktiv damit hier am Gebäude in Wissen der zeitnahe einhelligen Absicht unseres Kollegiums werden und bedarfsorientiert zu gestalten. Es geht nicht Anbau erfolgen kann und damit hier in der BBS wir gemeinsam alle Anstrengungen unterneh- um eine nicht bezahlte Schule in Mudersbach Wissen wieder ein adäquates Raumangebot zur men unserer Schule wieder in Wissen zusam- und schon gar nicht um Denkmäler – es geht Verfügung steht. menzuführen. um die berufliche Zukunft unserer Heranwach- … senden und damit um das arbeitsmarktpoliti- Wissen, 24.11.2004 Wenn in bisher erschienen Artikeln von „letz- sche Überleben unseres Kreises. Hierfür trete tes Denkmal“, „...schmeißen mit Steuergel- ich ein. Reinhold Krämer dern..“, „..teilweise bewusst konstruierter... … Oberstudiendirektor und Schulleiter Raumnot“, „Unsinn“ und „... ziehen das jetzt Am Montag, 29.11.2004 ist nun eine Kreisaus- durch...“ gesprochen wird, so zeugt dies eher schusssitzung mit der möglichen Entscheidung Verteiler: E-Mail an Kollegium, Lehrerzimmer (Wissen, Muders- von polemisch-polarisierendem Denken nach zum Anbau. bach), Schulelternsprecher H. Siedl (E-Mail), Büro, Hausmeister

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 0 9 Einweihung am 6. November 2007

1 1 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Anbau von der Dörnerstraße gesehen

10.4 Bild: Zwei Bilder wurden statt des obligatorischen Schlüssels überreicht. V. l. Oliver Weber, Referatsleiter Bauverwaltung, Landrat Lieber, Künstler Kai Niederhausen, Oberstudiendirektor Rheinhold Krämer und Architekt Kolb.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 1 1 schutzes, einem Schall- techniker und einem Sachverständigen für Elektrotechnik steht nun der gesamte Umfang der notwendigen Inves- titionen fest: Die Brand- schutzsanierung sieht un- ter anderen einen Einbau von Brandschutztüren, Brandschutzabschottun- Mai 2006: Die Schüler des Berufsvorbereitungsjahres waren fleißig im Werkunterricht und verkauften ihre Pro- gen und die haustechni- dukte. Jetzt bekam Pater Schmitz (links) vom Orden der Heiligen Familie aus Betzdorf-Bruche 1100 Euro für sche Umrüstung vor. Um das Projekt „Ein Haus in Brasilien“ überreicht. Mit dem Geld kann das Baumaterial für ein zweites Haus des das Schulgebäude behin- Ordens gekauft werden. In Brasilien wirkt der Orden in der Stadt Sao Francisco. Seit vier Jahre unterstützt dertengerecht umzubau- die BBS dieses Projekt. Der Dank galt den Schülern für ihr Engagement. Der Lehrer Winfried Maas, Schul- en, bedarf es eines Auf- leiter Reinhold Krämer (v. r.) und Felix Weller (4. v. r.) freuen sich, dass nun eine zweite besitzlose Familie ein zugs, der Verbreiterung Haus ermöglicht wird. von Eingängen und einer Behindertentoilette. Da- neben sollen durch das niges tat: Klassenräume erhielten einen nahmen an. „Nach Begehungen mit Vergrößern von Fensteröffnungen Ne- neuen Anstrich, neue Tische und Stüh- Vertretern der Unfallkasse, des Brand- benräume zu Unterrichtsräumen um- le, die Hauswirtschaft bekam eine neue gebaut werden. Da die Raumakustik in Großküchenzeile, die Fremdsprachler allen Unterrichtsräumen unzureichend durften sich über ein Sprachlabor mit Den dienstältesten Teppichboden ver- ist, werden nun in sämtlichen Klas- 25 PC-Arbeitsplätzen freuen und nicht abschiedet senzimmern Akustikdecken installiert. zuletzt wurde die Lehrertoilette und Reinhold Krämer, neuer Leiter der Insgesamt sind fast alle Räume dieses verschiedene Büros der Schulleitung Berufsbildenden Schule Wissen freut zweitgrößten kreiseigenen Gebäudes umfassend renoviert. In diesem Zu- sich sicher über renovierte Wände von Umbaumaßnahmen betroffen. Die sammenhang wurde auch der dienstäl- sowie die neue Decke samt moderner ermittelten Kosten für die eine Förde- teste Teppichboden des Kreises Alten- Beleuchtung. Auch die Tage des 30 rung durch das Land erwartet wird, lie- Jahre alten Teppichbodens im Chef- kirchen verabschiedet. gen bei 3,5 Millionen Euro.“1 zimmer waren gezählt. Und schon stehen weitere umfang- reiche Sanierungs- und Umbaumaß- Rhein-Zeitung vom 1. September 2003. 1 Rhein-Zeitung vom 2. Oktober 2008.

40-jähriges Dienstjubiläum von Hanni Neuhoff am 1. Juli 2009

Gratulation zum 40-jährigen Dienstjubiläum Am Tag der Schuleinweihung im Schulbüro

1 1 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 “Orwell“-Projekttage, Sicherheit und Überwachung (2006)

Die Berufsschülerinnen der BSHW 02-04 erstellten unter Assistenz von 10.5 Was sonst noch Dr. Thomas Stahl während einer Bei entsprechender Nachfrage kann ei- geschah? mehrwöchigen Projektarbeit eine ne Realschule plus um zwei Schuljahre Ungarn-Zeitung, mit der sie am Lan- aufgestockt werden und zur Fachhoch- Schule als lebendes Gebilde, lebt von desschülerwettbewerb Rheinland- schulreife führen, so der Plan des Mi- und mit Schülern und Lehrern. Meist Pfalz teilnahmen und einen wertvol- nisteriums. Ob Letzteres wirklich ernst ist der Schulalltag wenig spektakulär – len Preis gewannen. Der Wettbewerb gemeint ist, muss abgewartet werden, halt Alltag. Dennoch gab es manches stand diesmal unter dem Motto: „Un- da die Berufsoberschule eine abge- Highlight, über das an dieser Stelle zu garn – eine Reise zu Freunden“. schlossene Ausbildung voraussetzt und berichten ist. Nicht von Klassenfahrten Vgl. Rhein-Zeitung vom 9. Juni 2005. der Unterricht an der Fachoberschule und Betriebsbesichtungen soll die Rede von Lehrkräften, die die Prüfung für sein, denn dies würde den Rahmen das Lehramt an berufsbildenden Schu- sprengen, sondern von besonderen Er- die Aufstiegsmöglichkeiten bis hin len oder an Gymnasien abgelegt haben, eignissen. Selbst hier, kann nur eine zur Fachhochschulreife soll verbessert kleine Auswahl gezeigt werden. werden. Ab dem Schuljahr 2009/10 soll der Umbau beginnen. Unter dem Seit dem 1. September 2007 dürfen Dach der Realschule plus finden sich keine Tabakwaren an Jugendliche ab- 10.6 Was wird uns die dann die Regionalen Schulen einer- gegeben werden. Ebenso ist Jugendli- seits sowie zusammengelegte Real- und chen das Rauchen in der Öffentlich- Zukunft bringen? keit verboten. Hauptschulen andererseits, die nach ei- [§ 10 Jugendschutzgesetz vom 23. Juli 2002 „Mit einer neuen Struktur der weiter- ner gemeinsamen Orientierungsstufe mit späteren Änderungen] führenden Schulen neben dem Gym- getrennte Wege zum Abschluss nach nasium will Bildungsministerin Doris Klasse neun oder zehn anbieten. In die- Seit dem 15. Februar 2008 gilt an Ahnen bessere Bildungschancen errei- sem Zweig der kooperativen Realschule rheinland-pfälzischen Schulen ein chen: In den Klassen fünf und sechs gehen auch die berufsorientierten Dua- absolutes Rauchverbot 2 [§ 5 Nichtraucherschutzgesetz. Rheinland- der Orientierungsstufe soll es kleine- len Oberschulen auf.“ Pfalz vom 5. Oktober 2007] re Klassen geben, die die Schulabbre- cherquote drastisch verringert und 2 Rhein-Zeitung vom 30. Oktober 2007.

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 1 3 Freude bei der BBS: Fußball-Kreissieger 2005. Studiendirektor Peter Wilking (links) überreichte die Trikots des Fördervereins an die erfolgreichen Fußballer und gratulierte der Mannschaft und dem Mannschaftsbetreuer Studienrat Rüdiger Pelzel (3. v. links) zusammen mit Schullei- ter Oberstudiendirektor Reinhold Kramer (rechts) zu ihrem guten Abschneiden.

Große Freude herrschte bei den 21 Schülerinnen und Schüler der BFW 2001 b über ihren Erfolg bei der Teilnahme am 33. Schülerwettbewerb Rheinland-Pfalz „Die Deutschen und ihre östlichen Nachbarn auf dem Weg in ein vereintes Europa. L. hinten Dr. Thomas Stahl, der betreuen- de Lehrer. [Rhein-Zeitung von 2003]

[Rhein-Zeitung vom 20. Juli 2005]

[ Rhein-Zeitung vom 3. Dezember 2004] Die Projektgruppe FS Erzieher 2003 a sammelte 616,83 Euro für in Not geratene Kinder. Der Betrag kommt dem Kinder- schutzdienst Kirchen zugute, der sich seit mehr als elf Jahren um misshandelte Kinder kümmert. [Rhein-Zeitung vom 7. Dezember 2004]

1 1 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Mit ihnen fing alles an. BSFL97_99

24. Oktober 2007: Tag der Logistik 10 Jahre Bildungsgang Lagerberufe 1997 – 2007

BSFL2007 Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 1 5 Betriebsausflug 2008 in die Kaiserstadt Aachen

Die Berufsbildenden Schulen im Kreis Altenkirchen, Wissen und Betz- dorf-Kirchen, verabschieden an der BBS Betzdorf-Kirchen ihre Abitu- [Rhein-Zeitung vom 3. Januar 2009] rienten und Fachabiturienten gemeinsam. Leitgedanke der Abiturfeier war „Bildung als Standortfaktor“. [Rhein-Zeitung vom 3. Juli 2009]

Die Lehrerin Andrea Aufderheide (2. v. l.) führt seit gestern den evangelischen Kirchenkreis. [Rhein-Zeitung vom 26. Januar 2009]

1 1 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Betriebsausflug 2006 zum Weltkulturerbe Völklinger Hütte

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 1 7 Rhein-Zeitung vom 7. September 2009: Wer das liest, ist – nicht doof, sondern Schüler. Und muss hoffen, dass genügend junge Lehrer ihre älteren Kollegen ersettzen können, wenn diese sich massenhaft in den Ruhestand verabschieden.

erteilt werden muss.1 Über die Aus- perten voraus, dass es in Zukunft an 5700 Lehrkräfte an den staatlichen be- wirkungen die Realschule plus auf das Fachkräften mangeln wird, besonders rufsbildenden Schulen geht in den berufliche Schulwesen kann letztlich im Hinblick auf die demographische nächsten zehn Jahren in Pension. Als nur orakelt werden. Entwicklung. Alarmsignal gilt, dass der geplante Un- terrichtsausfall im vergangenen Schul- Die Ausbildungsplatzsuche ist für Ju- Nach Zahlen des Statistischen Lan- jahr erstmals wieder auf 6,9 Prozent gendliche unserer Region seit Jahren desamtes wird bis 2020 in Rheinland- geklettert ist. Das ist der Unterricht, schwierig. Die derzeitige Arbeitsmarkt- Pfalz ein gutes Viertel der heute aktiven der wegen Lehrermangels gar nicht erst lage und der damit verbundene Rück- Lehrkräfte an allgemeinbildenden und auf dem Stundenplan erscheint. Bren- gang an Ausbildungsplätzen verschärft beruflichen Schulen die Altersgrenze ken rechnet mit einer Verschärfung des die Situation, so dass die Berufsbilden- für den Ruhestand erreichen. Die größ- Fachlehrermangels …“2 Auch die BBS de Schule Wissen einen starken Run im te Pensionierungswelle rollt zwischen Wissen ist hiervon betroffen. Noch ist Bereich der Vollzeitklassen verzeichnet. 2015 und 2020. In diesen fünf Jah- ungewiss, woher die jungen Kollegen Was geschieht also, wenn immer mehr ren verlassen etwa 8500 Lehrkräfte die kommen sollen, zumal wenn andere Unternehmen die Frage stellen, ob sie Schulen. „Am heftigsten trifft es die be- Bundesländern mit besseren Arbeits- sich im härteren Wind eines globali- rufsbildenden Schulen. Ihre Kollegien bedingungen und besserer Bezahlung sierten Wettbewerbs die hohen Kosten sind im Schnitt ein gutes Jahr älter, da locken. für eine Berufsausbildung überhaupt viele vorher im Wirtschaftsleben tätig noch leisten können? Schon sagen Ex- waren, erklärt der Landesvorsitzende des Berufsverbandes vlbs, Ulrich Bren- 1 Vgl. Punkt 5 Rahmenvereinbarung über die Fachober- schule (Beschluss der KMK vom 16.12.2004 i.d.F. vom ken. Deutlich mehr als ein Viertel der 2 Claudia Renner, Ein Viertel der Lehrer sagt bis 2020 leise 6.5.2008). „Tschüss“, in Rhein-Zeitung vom 07. September 2009.

1 1 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Letzte Meldung

Rhein-Zeitung vom 7. November 2009

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 1 9 Wichtige Ereignisse auf einen Blick

Schulische Ereignisse Außerschulische Ereignisse

Reichskanzler Otto von Bismarcks 1890 wird entlassen

Landwirtschaftlicher Zentralverein für Rheinpreußen eröffnet in ­Wissen eine so genannte Winterschule 1891

28.12.: Der Kirchener Fabrikant Arnold Jung regt die Errichtung einer Fortbildungsschule in Kirchen an 1895

16.1.: Die Fortbildungsschule in Kirchen nimmt ihre Arbeit auf 1896 21.2.: Die Fortbildungsschule in Betzdorf nimmt ihre Arbeit auf

In Wissen eröffnet eine Fortbildungsschule 1903

1914 Erster Weltkrieg -1918

Die Weimarer Verfassung sieht eine allgemeine Berufsschulpflicht vor 1919 Friedensvertrag von Versailles

Das Gesetz über die Erweiterung der Berufsschulpflicht begründet die Höhepunkt der Inflation. Berufsschulpflicht in Preußen 1923 Währungsreform: Der Kreis errichtet in Altenkirchen eine Landwirtschaftsschule 1 Billion Mark = 1 Rentenmark

Die Fortbildungsschulen (Altenkirchen, Betzdorf, Daaden, Herdorf, Kirchen, Hamm und Wissen) im Kreis Altenkirchen ändern ihren Na- 1924 men in Berufsschule

1929 Weltwirtschaftskrise -1932

30.1.: Machtergreifung der Natio- 1933 nalsozialisten. Adolf Hitler wird Reichskanzler

Oktober: Die Berufsschulen im Kreis werden zur Kreisberufsschule zu- sammengefasst. Die zentrale Verwaltung wird in Wissen eingerichtet Herr Wilps wird Schulleiter 1936 Berufsschulpflicht auch für Mädchen

Januar: Hauswirtschaftliche Abteilung in Betzdorf und Altenkirchen, später auch in Wissen und Daaden 1937

1.9.: Mit dem Überfall auf Polen be- 1939 ginnt der Zweite Weltkrieg

Herbst: Wegen der Kriegshandlungen kommt der Unterricht zum Er- liegen 1944

9.5. Ende des Zweiten Weltkrie- 1945 ges und Viermächte Verwaltung Deutschlands

1.5.: Der Berufsschulunterricht wird in drei Räumen der evangelischen 30.8.: Die Verordnung Nr. 57 des Volksschule in Wissen wieder aufgenommen. Der Unterricht für die Zonenbefehlshabers Pierre Koenig Mädchen aus dem Raum Altenkirchen findet in Leuzbach statt 1946 verfügt die Schaffung eines rhein- Herr Thiel wird Schulleiter pfälzischen Staates.

1 2 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Schulische Ereignisse Außerschulische Ereignisse

18.5.: Volksabstimmung über die 1947 rheinland-pfälzische Verfassung

20.6.: Währungsreform: Einfüh- 1948 rung der D-Mark

23.5.: Errichtung der Bundesrepub- 1.9.: Eine zweijährigen Handelsschule wird in Wissen eingerichtet 1949 lik Deutschland

1953 17.6.: Volksaufstand in der DDR

Die deutsche Fußball-National- 15.4: Einweihung des Gebäudes der Kreisberufsschule „Im Kreuztal“ 1954 Mannschaft wird Weltmeister

5.5.: Aufhebung des Besatzungs- In Wissen werden Fachklassen für hauswirtschaftliche Lehrlinge ein- statuts: Die Bundesrepublik wird gerichtet 1955 souverän.

Die Berufsaufbauschule für metall- und baugewerbliche Berufe nimmt ihre Arbeit in Betzdorf auf. 1956

Die Außenstelle Betzdorf bezieht ein neues Schulgebäude „Auf dem Gründung der EWG Bühl“ 1957

Herr Böttcher wird Schulleiter 1959

1.1.: Das Land Rheinland-Pfalz übernimmt die Kreisberufsschule. Die 13.8.: Mauerbau in Berlin Wissener Schule firmiert jetzt unter „Berufsschule Wissen“ 1961

Johannes Brand wird Schulleiter 1965

Die Nebenstelle Elkenroth wird aufgelöst 1966

Die Nebenstellen Leuzbach, Flammerfeld und Güterbahnhof Altenkir- chen werden in das neue Gebäude der Landwirtschaftschule in Alten- 1967 kirchen verlegt

1968 Rebellion der Studenten

15.8.: Das neue Gebäude in der Hachenburger Straße wird bezogen 15.12.: Einweihung des neuen Gebäudes 21.7.: Neil Armstrong betritt als ers- Eine zweite Klasse der zweijährigen Berufsfachschule (Handelsschule) 1969 ter Mensch den Mond wird in Wissen eröffnet, ebenso die Kaufmännische Berufsaufbau- 21.10.: Sozialliberale Koalition schule in Teilzeitform und ein Berufsgrundschuljahr Metall/Elektro- technik in Betzdorf

In Betzdorf beginnt die Fachoberschule für Ingenieurwesen, Ostverträge in Wissen die einjährige Haushaltungsschule mit erweitertem Lehrziel 1970

Wilhelm König wird Schulleiter Die zweijährige hauswirtschaftliche-sozialpflegerische Berufsfachschu- le ersetzt die Haushaltungsschule in Wissen 1971 In Wissen nimmt die Zweijährige Fachschule für Sozialpädagogik ihre Arbeit auf

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 2 1 Schulische Ereignisse Außerschulische Ereignisse

In Wissen nehmen die Fachoberschule Wirtschaft, Fachschule für Sozialpädagogik, Hauswirtschaftlich/sozialpflegerisches Berufsgrund- Olympische Spiele in München schuljahr, Berufsaufbauschule Wirtschaft in Vollzeitform und in Betz- 1972 dorf eine zweijährige Berufsfachschule Elektrotechnik ihre Arbeit auf

1973 1. Ölkrise

Fußball-Weltmeisterschaft in Das Berufsgrundschuljahr Wirtschaft und Verwaltung und das Sonder- Deutschland, Deutschland wird berufsgrundschuljahr S II 1974 Weltmeister

Das hauswirtschaftlich-sozialpflegerische Sonderberufsgrundschuljahr Die USA ziehen sich aus Vietnam wird eingerichtet 1975 zurück

Besondere Klassen für Lehrgangsteilnehmer des Christlichen Jugend- RAF-Terror dorfes werden eingerichtet 1977

Die Fachschule für Familien/Altenpflege mit Schwerpunkt Altenpflege nimmt den Unterricht auf 1978

Die Außenstelle Betzdorf bezieht das neue Berufsbildungszentrum auf dem Molzberg Die Außenstelle Betzdorf wird als Berufsbildende Schule Betzdorf- Kirchen selbständig 1979 Nato-Doppelbeschluss Weitere Bildungsgänge werden eröffnet: Höhere Berufsfachschule Wirtschaft, Schwerpunkt Rechnungswesen, Höhere Berufsfachschule Wirtschaft, Schwerpunkt Fremdsprachen,

Höhere Berufsfachschule Hauswirtschaft, 1982

Fachschule Wirtschaft, Schwerpunkt Datenverarbeitung, 1985 Mittelrhein-Modell für Abiturienten,

1986 Super-Gau in Tschernobyl

Höhere Berufsfachschule für Datenverarbeitung 1988

29.5.: Einweihung der Sporthalle 1989 9.11. Fall der Mauer in Berlin

Es folgen Fachschule Wirtschaft, Schwerpunkt Bürokommunikation, 1990 3.10. Wiedervereinigung

Dr. Roland Dosch wird Schulleiter 1991

Fachschule Hauswirtschaft: Meister/in für städtische Hauswirtschaft, 1992 7.2.: Vertrag von Maastricht

Fachschule Heilpädagogik 1994 5.9.: Gründung des Fördervereins der BBS Wissen

Start der Dualen Oberschule (DOS) in Betzdorf und Kirchen. Die neue DOS führt die Schüler nach der Orientierungsstufe gezielt an die spä- tere Berufswelt heran. So wird in den Klassen 7 bis 9 unter anderen mit der BBS Betzdorf-Kirchen und der BBS Wissen zusammengear- beitet, um „Praxis in der Schule“ im Unterricht konkret umzusetzen. 1997 In der Sekundarstufe II erwerben die Schüler dann als Auszubildende neben dem Berufsabschluss auch die Mittlere Reife. Fachklasse für Logistik-Berufe

Einrichtung der Außenstelle Mudersbach (Fachschulen für Erzieher und Altenpfleger und Berufsschulklassen Körperpflege) 1998

1 2 2 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Schulische Ereignisse Außerschulische Ereignisse

Fachschule für Informationsverarbeitung führt in drei Jahren Abend- unterricht mit 12 Wochenstunden zum staatlich geprüften Betriebs- 1999 wirt.

Die BBS wird offizieller Partner der Firma Cisco Systems und hat den Status einer Local Academy. 2000

Fachschule Informationsverarbeitung und -management ersetzt die Fachschule für Informationsverarbeitung. Der Unterricht ist in einzel- ne Lernmodule gegliedert. 2 ½ Jahre 11.9.: Terroranschlag auf das Fachschule Kommunikation und Büromanagement. 2 – 4 Jahre 2001 World Trade Center in New York Fachklasse IT (Informationstechnologie) deckt die vier IT-Berufe Fach- informatiker, Informatik-Kaufmann, IT-Systemelektroniker und IT- Systemkaufmann ab.

Die BBS erhält 89.130 € UMTS-Gelder zur Investition in moderne Technologie und Medien 2002 1.1.: Der Euro löst die D-Mark ab. Einjährige Ausbildung zur Altenpflegehelferin

Reinhold Krämer wird Schulleiter 2003

Die zweijährige Berufsfachschulen und die Berufsgrundbildungsjahre werden neu strukturiert und durch die Berufsfachschule I abgelöst Die Fachoberschulen werden durch die Berufsoberschule I abgelöst. EU-Erweiterung Der Bildungsgang wird in Vollzeit und Teilzeitform angeboten. 2004 Die dreijährige Fachschule für Sozialpädagogik tritt an die Stelle der Fachschule für Erzieher

Einrichtung der Berufsfachschule I Holztechnik. Einrichtung der Berufsfachschule II, die die Berufsfachschule I fort- Mit Benedikt XVI wird ein Deut- führt und mit dem qualifizierten Sekundarabschluss I abschließt. 2005 scher Papst Einrichtung der Berufsoberschule II. Es ist erstmals das Erreichen des Abiturs über das berufsbildende Schulwesen im Kreis möglich.

Fußball-Weltmeisterschaft Einrichtung der Höheren Berufsfachschule Sozialassistenz 2006 in Deutschland

Feierliche Einweihung des Anbaues Mit dem Anbau von 8 Klassenräumen und 2 Klassenräumen im Werk- stattbereich kann die Außenstelle Mudersbach rückgeführt werden. 2007 Reform der Höheren Berufsfachschulen: – Höhere Berufsfachschule Handel und E-Commerce

– Höhere Berufsfachschule Fremdsprachen und Bürokommunikation – Höhere Berufsfachschule Organisation und Officemanagement – Höhere Berufsfachschule IT-Systeme (Schwerpunkt kaufmännische Anwendung) Finanzkrise treten an die Stelle der Höheren Berufsfachschule 2008 – Betriebswirtschaft – Datenverarbeitung – Fremdsprachen

13.11.: Tag der offenen Tür: 40 Jahre Berufsbildende Schule Wissen, Hachenburger Straße 2009

Errichtung eines berufliches Gymnasium ab dem Schuljahr 2010/11 2010

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 2 3 Schulleiter und Funktionsträger an der Kreisberufsschule bzw. der BBS Wissen

1 2 4 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Schulleiter und Funktionsträger an der Kreisberufsschule bzw. der BBS Wissen

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 2 5 Entwicklung der Schülerzahlen an der BBS Wissen seit 1979 (Daten aus der amtlichen Statistik)

1 2 6 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Entwicklung der Schülerzahlen an der BBS Wissen seit 1979 (Daten aus der amtlichen Statistik)

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 2 7 Schullaufbahnen an der BBS

www.berufsbildendeschule.bildung-rp.de/schulformen.html (Stand 2.11.2009)

1 2 8 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Literaturverzeichnis

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Schade, Doris: 20. Juni 1948, in: Mein Kopfgeld, Die Wäh-

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 2 9 Die Sponsoren. Für die Unterstützung der Projektwoche und Festschrift danken wir unseren Partnern und Förderern:

n AOK – die Gesundheitskasse n Barmer Krankenkasse n Beruf und Schule e.V. n DAK – Unternehmen Leben, Beruf und Schule e.V. n Der Buchladen Wissen n Förderverein der Berufsbildenden Schule Wissen e.V. n Kreissparkasse Altenkirchen n Petz-Märkte Wissen n TREIF Maschinenbau GmbH n Westerwald Bank eG

1 3 0 • Berufsbildende Schule Wissen 2009 Lehrkräfte und Beschäftigte BBS Wissen. (Stand: 1. November 2009)

Alsen, Bernhard Flöck, Kurt Kullik, Gerhard Schmidt, Michael Arndt, Nicole Frank-Ließem, Ute Lochmann, Jörg Schmidt, Petra Aufderheide, Andrea Frömberg, Gerhard Löttgen, Dieter Schmitz, Maria Balogh, Angelika Göderz, Silvia Lungwitz, Rolf-Dieter Schneider, Hermann Becker, Sonja Gönnersdorf, Renate Maas, Winfried Schneider, Regina Becker, Thomas Gürke, Christa Manderscheid, Barbara Schneider, Reiner Becker, Ute Heling, Ursula May-Dingeldein, Monika Schneider-Giel, Manuela Berg, Monika Henrich, Markus Mohr, Kerstin Schock, Hartmut Blechinger, Andreas Hensel, Hubertus Morus-Vollmer, Ivonna Schörfke, Ursula Böcking, Maria Holzhüter, Marion Müllmerstadt, Anne Schubert, Sabine Böhmer, Judith Hopbach, Ulrike Mündt, Helena Schwarcz-Cosso, Claudia Böhnlein, Axel Hornburg, Björn Neubauer, Ina Seifner, Annette Brenner, Rudolf Höwer, Elke Neuhoff, Hanni Spörhase, Dagmar Breuer, Gertrud Hüner-Schuhknecht, Beata Orthen, Ewald Stadtfeld, Bernhard

Das Kollegium am 10. Juli 2009

Breuer, Helmar Ißley, Isolde Otto, Dr. Beate Stahl, Dr. Thomas Bronnert, Uwe Kampmann, Friedrich Panthel-Stock, Silke Sturm, Sarah Brylla, Karin Kläs, Thilo Pauli-Friesdorf, Christine Theis, Christoph Caro-Longerich, Britta Klodwig, Christel Pauschert, Sybille Thiery-Franz, Diana Christmann, Isabel Klomann, Heinz-Hermann Pelzel, Rüdiger Vangelista, Dieter Collé, Claudia Knechtel, Thorsten Richartz, Antje Weitershagen, Peter Conrad, Andreas Köhler, Alfred Rinkel, Alexandra Weller, Anne-Rose Dähne, Joachim Kolakowski, Birgitt Rinkel, Reiner Wiekenberg, Waltraud Diedershagen, Jürgen Kollmann, Manuela Rötzel, Marita Wilhelmi, Jochen Ebener, Doris Krämer, Reinhold San, Janet Wilking, Peter Eichler, Thomas Kruber, Arnulf Schaub, Frank Windisch, Thorsten Endsin, Lydia Kruse-von Waldthausen, Schiep, Stephan Witscher, Katrin Filz, Melanie Annabelle Schimmel, Michael Woelki, Bernd

Berufsbildende Schule Wissen 2009 • 1 3 1