KREFELD MÖNCHENGLADBACH VIERSEN

Rhein-Kreis Neuss IHK-SCHRIFTENREIHE Ausgabe 165 | 2018 Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität April 2018

WIRTSCHAFTSPOLITIK www.mittlerer-niederrhein.ihk.de 2 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

INHALT 3 1. Einleitung

4 2. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

7 3. Beschäftigungsstrukturen und ihre Veränderungen 7 3.1. Grobstrukturen und Beschäftigungsentwicklung 9 3.2. Die Strukturen im Detail

12 4. Die Beschäftigungsentwicklungen

14 5. Beschäftigungsmotoren und Problembranchen

15 6. Shift-Share-Analyse

16 7. Ergebnisse der Standortbefragung im Rhein-Kreis Neuss 16 7.1. Allgemeine Ergebnisse 17 7.2. Die Bewertungen der einzelnen Themenfelder

27 8. Fazit und Handlungsempfehlungen

IMPRESSUM Herausgeber Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein Nordwall 39, 47798 Krefeld

Ansprechpartner Gregor Werkle Tel. 02151 635-353 E-Mail [email protected]

Bearbeitung Rüdiger Hamm, Christiane Trappmann Niederrhein Institut für Regional- und Strukturforschung Hochschule Niederrhein Mönchengladbach, Januar 2018

Gestaltung 360° Design, Krefeld

Bildnachweise Titel: 360° Design (3), l. u. AdobeStock (Kzenon); S. 2, 3, 8, 11, 16: 360° Design; S. 13: Ojo Images; S. 17: Fotolia (pressmaster); S. 19: Fotolia (ArtmannWitte); S. 26: AdobeStock (estherpoon)

Stand April 2018

Internet www.mittlerer-niederrhein.ihk.de 3

1. EINLEITUNG

Wirtschaftsstandorte stehen in Zeiten einer zunehmenden Globalisierung in einem im- mer stärkeren Wettbewerb zueinander. Es herrscht nicht nur ein Wettbewerb um an- siedlungsinteressierte und erweiterungs- willige Unternehmen, sondern angesichts Rhein-Kreis des sich verschärfenden Fachkräftemangels auch um qualifizierte Mitarbeiter. Mit der Neuss vorliegenden Studie „Rhein-Kreis Neuss – Wirtschaftliche Strukturen und Standort- qualität“ möchte die Industrie- und Han- delskammer Mittlerer Niederrhein in den Kapiteln 2 bis 6 aufzeigen, wie sich die Wirtschaft im Kreis in den vergangenen Jahren hinsichtlich der Wertschöpfung und der Beschäftigungssituation entwickelt Unsere Ergebnisse in Kürze: hat, welche Branchenstruktur die Region aufweist und wie sich diese in den vergan- BIP-Wachstum erheblich höher als im Unternehmen geben dem Rhein-Kreis genen Jahren verändert hat. Land. (Seite 4) eine 2-. (Seite 17)

Das siebte Kapitel ist das Herzstück dieser Wachstumsvorsprung hat sich kontinu- Harte Standortfaktoren als Standort- Analyse. In einer breit angelegten Unter- ierlich aufgebaut. (Seite 4) stärke des Rhein-Kreises Neuss. nehmerbefragung haben knapp 400 Be- (Seite 18) triebe mehr als 50 Standortfaktoren gemäß Lage- und Standortbedingungen be- ihrer Wichtigkeit für das eigene Unterneh- günstigen distributive Dienstleistungen. Starke Kritik an den Kostenfaktoren – men und ihrer Qualität am Standort bewer- (Seite 7) gute Bewertung der Behördenerreich- tet. Aus diesen Antworten lassen sich die barkeit. (Seite 20) Stärken und Schwächen des Kreises und Metallerzeugung bleibt wichtigster In- damit auch entsprechende Forderungen aus dustriezweig. (Seite 9) Informations- und Kommunikations­ Sicht der Wirtschaft ableiten. Die Schrift infrastruktur wird schlechter bewertet basiert auf einer Ausarbeitung der Hoch- Shift-Share-Analyse zeigt: Günstige als bei der vergangenen Analyse. schule Niederrhein (Prof. Dr. ­Rüdiger Hamm Standortbedingungen für die Produzie- (Seite 25) und Dipl.-Ing. Christiane Trappmann). rende Wirtschaft. (Seite 15) 4 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

2. WIRTSCHAFTLICHE LEISTUNGSFÄHIGKEIT

BIP-Wachstum erheblich höher Überdurchschnittliche und rasch Wachstumsvorsprung hat sich als im Land wachsende Arbeitsproduktivität kontinuierlich aufgebaut

Das Bruttoinlandsprodukt1 (BIP) gilt als der Das Verhältnis des Bruttoinlandsprodukts Die Entwicklung der Bruttowertschöpfung zentrale Indikator zur Messung der wirt- bzw. der Bruttowertschöpfung (BWS) zur zwischen 2000 und 2015 ist für den Rhein- schaftlichen Leistungskraft eines Wirt- Zahl der eingesetzten Arbeitskräfte wird Kreis Neuss zum einen für die gesamte schaftsraums. Es erfasst den Wert aller als Arbeitskräfteproduktivität bezeichnet. Wirtschaft, zum anderen für den sekundär- Waren und Dienstleistungen, die während Diese Größe gibt an, wie hoch die in einem en sowie den tertiären Sektor in den Abbil- einer Periode in einem Wirtschaftsraum Jahr von einer Arbeitskraft im Durchschnitt dungen 1 bis 3 dargestellt. Die ge­samte von produziert wurden. Im Jahr 2015 – dem geschaffenen Werte sind.Tabelle 1 enthält Unternehmen im Gebiet des Rhein-Kreises aktuellsten Jahr, für das Daten vorliegen – Angaben zur BWS je Arbeitskraft. Diese Neuss erzielte Wertschöpfung hat im ana- betrug das BIP des Rhein-Kreises Neuss liegt 2015 im Rhein-Kreis bei einem Wert lysierten Zeitraum um 57,3 Prozent zuge- ziemlich genau 18 Mrd. Euro (vgl. Tabelle von knapp 80.000 Euro und damit um 26 nommen. Der Zuwachs ist mithin erkennbar 1). Damit ist das BIP im Rhein-Kreis Neuss Prozent über dem Landesdurchschnitt. Das höher als im Landesdurchschnitt ausgefal- zwischen 2000 und 2015 um fast 6,6 Mrd. Produktionsergebnis, das Arbeitskräfte in len; dort betrug der Zuwachs 38,0 Prozent Euro gestiegen. Dies entspricht einer den Unternehmen im Rhein-Kreis Neuss (Abbildung 1). Dieser Wachstumsvorsprung ­Steigerungsrate von 57,6 Prozent. Damit erwirtschaften, ist somit erheblich höher hat sich im Analysezeitraum recht kontinu- hat sich das BIP im Rhein-Kreis Neuss als im Land. Damit aber nicht genug, denn ierlich aufgebaut – er betrug im Jahr 2003 ­deutlich besser entwickelt als im Land ganz offensichtlich ist die Arbeitskräfte- zehn Prozentpunkte, im Jahr 2007 waren es Nordrhein-Westfalen, denn das Land­ konn- produktivität im Rhein-Kreis Neuss auch 15 Prozentpunkte und 2013 – ähnlich wie te im selben Zeitraum nur einen BIP-­ schneller als im Land gestiegen. Der Pro- im Jahr 2015 – 20 Prozentpunkte. In diesen Anstieg von 38,4 Prozent verzeichnen. duktivitätsvorsprung der Wirtschaft im positiven Entwicklungen kommt die ver- Kreisgebiet hat sich zwischen 2000 und gleichsweise hohe Leistungskraft der Wirt- 2015 weiter erhöht. schaft im Rhein-Kreis zum Ausdruck.

Tab. 1 Der Rhein-Kreis Neuss im Vergleich zu NRW in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (2000 bis 2015) RHEIN-KREIS NEUSS NORDRHEIN-WESTFALEN Änderung Änderung in Mio. Euro Strukturanteile in % in % in Mio. Euro Strukturanteile in % in % 2000 2015 2000 2015 2000–2015 2000 2015 2000 2015 2000–2015 Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu Marktpreisen 11.423 18.007 57,6 468.890 648.714 38,4 Bruttowertschöpfung (BWS) 10.305 16.207 100,0 100,0 57,3 422.977 583.869 100,0 100,0 38,0 Primärer Sektor 52 45 0,5 0,3 -13,6 2.327 2.278 0,6 0,4 -2,1 Sekundärer Sektor 3.818 5.628 37,0 34,7 47,4 128.411 162.503 30,4 27,8 26,5 Übrige Produzierende Wirtschaft 780 1.784 7,6 11,0 128,7 12.148 21.853 2,9 3,7 79,9 Verarbeitendes Gewerbe 2.649 3.387 25,7 20,9 27,8 98.208 118.507 23,2 20,3 20,7 Baugewerbe 389 457 3,8 2,8 17,6 18.055 22.142 4,3 3,8 22,6 Tertiärer Sektor 6.434 10.534 62,4 65,0 63,7 292.239 419.088 69,1 71,8 43,4 Handel, Gastgewerbe, Verkehr 2.476 3.464 24,0 21,4 39,9 93.542 126.911 22,1 21,7 35,7 Finanzierung, Vermietung, Unternehmensdienste 2.397 4.664 23,3 28,8 94,6 108.613 160.272 25,7 27,4 47,6 Öffentliche und private Dienste 1.562 2.406 15,2 14,8 54,0 90.084 131.905 21,3 22,6 46,4 in Tsd. in Tsd. in Tsd. in Tsd. Erwerbstätige 185,5 202,7 100,0 100,0 9,2 8.604,8 9.196 100,0 100,0 6,9 Primärer Sektor 2,1 2,3 1,1 1,1 9,3 84,8 88 1,0 1,0 3,4 Sekundärer Sektor 54,1 47,2 29,2 23,3 -12,7 2.435,4 2.104 28,3 22,9 -13,6 Tertiärer Sektor 129,3 153,2 69,7 75,6 18,4 6.084,6 7.005 70,7 76,2 15,1 in Euro in Euro NRW = 100 in Euro in Euro NRW = 100 BWS je Erwerbstätigen 55.548 79.974 113,0 126,0 44,0 49.156 63.490 29,2

Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben von IT.NRW

1Für die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts über die Güterentstehungsseite wird die Bruttowertschöpfung von Unternehmen bzw. Wirtschaftszweigen (= Produktionswert abzüglich der ­Vorleistungen) summiert. Dabei wird eine Bereinigung um Gütersteuern und Gütersubventionen vorgenommen. Bruttoinlandsprodukt, Bruttowertschöpfung und Erwerbstätigenzahlen werden im Folgenden genutzt, um einen ersten Eindruck über die wirtschaftliche Situation des analysierten Wirtschaftsraums – hier des Rhein-Kreises Neuss – zu erhalten. 2. WIRTSCHAFTLICHE LEISTUNGSFÄHIGKEIT 5

Sowohl das Produzierende 1 Bruttowertschöpfung (gesamt) von 2000 bis 2015 Gewerbe … im Rhein-Kreis Neuss und in NRW, 2000 = 100

Im Folgenden werden die Entwicklungen des 170 NRW Rhein-Kreis Neuss Produzierenden Gewerbes – bzw. des sekun- 160 157,3 dären Sektors – auf der einen (Abbildung 2) 150 146,2 sowie der Handels- und Dienstleistungs- 140 branchen – des tertiären Sektors also – auf 132,5 127,2 138,0 der anderen Seite (Abbildung 3) einer ge- 130 126,9 sonderten Betrachtung unterzogen. 120 114,6 116,7 110 112,4 Dabei ist das zum Ende des Analysezeit- 100 104,3 raums zu beobachtende Resultat für die 100,0 90 Produzierenden Wirtschaft nicht grund- 2000 ’01 ’02 ’03 ’04 ’05 ’06 ’07 ’08 ’09 ’10 ’11 ’12 ’13 ’14 2015 sätzlich anders als das Gesamtresultat: Die Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben von IT.NRW Bruttowertschöpfung der Produzierenden Wirtschaft im Rhein-Kreis Neuss hat zwi- schen 2000 und 2015 um 47,4 Prozent zu- 2 Bruttowertschöpfung im sekundären Sektor von 2000 bis 2015 genommen. Das Produzierende Gewerbe im Rhein-Kreis Neuss und in NRW, 2000 = 100 erzielt daher im Rhein-Kreis ein besseres

Resultat als im Land. Der landesweite Zu- 170 wachs beträgt 26,5 Prozent. Die Verlaufs- NRW Rhein-Kreis Neuss 160 betrachtung macht deutlich, dass die Wert- 150 147,4 schöpfung im Kreis zwar in einer Reihe von 141,7 Jahren z. T. deutlich gesunken ist (so 2003, 140 2005, von 2007 bis 2009 und 2014), dass 130 116,8 aber unmittelbar danach der ursprüngliche 120 116,2 126,5 Wachstumspfad wieder eingeschlagen wer­ 121,8 110 den konnte. Den Schwächephasen standen 98,4 108,8 demnach zumeist besonders wachstums- 100 104,4 100,0 97,4 starke Jahre (2004, 2010, 2012 sowie 2015) 90 2000 ’01 ’02 ’03 ’04 ’05 ’06 ’07 ’08 ’09 ’10 ’11 ’12 ’13 ’14 2015 gegenüber. Auffällig ist auch, dass die Wirtschaft im Rhein-Kreis Neuss von dem Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben von IT.NRW Wachstumseinbruch in Verbindung mit der Finanzkrise 2009 spürbar weniger als das Land betroffen war. Die Zahlen inTabelle 1 3 Bruttowertschöpfung im tertiären Sektor von 2000 bis 2015 lassen ferner erkennen, dass sich sowohl im Rhein-Kreis Neuss und in NRW, 2000 = 100 die Industrie (Verarbeitendes Gewerbe) als 170 auch die übrige Produzierende Wirtschaft 163,7 NRW Rhein-Kreis Neuss im Rhein-Kreis Neuss günstiger als im Land 160 149,2 entwickelt haben. Die industrielle Wert- 150 schöpfung ist im Rhein-Kreis Neuss zwi- 142,2 140 134,1 schen 2000 und 2015 um rund 28 Prozent 143,4 130 124,6 gestiegen, die der übrigen Produzierenden 129,2 Wirtschaft gar um fast 130 Prozent. Lan- 120 122,4 desweit stehen dem Zuwächse von 20,7 110 114,1 107,4 bzw. 79,9 Prozent gegenüber. 100 100,0 90 2000 ’01 ’02 ’03 ’04 ’05 ’06 ’07 ’08 ’09 ’10 ’11 ’12 ’13 ’14 2015

Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben von IT.NRW 6 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

… als auch Handel und entspricht etwa dem Landesdurchschnitt. digkeit wie im Land. Die festzustellenden Dienstleistungen­ übertreffen Grund hierfür ist vielmehr die deutlich Bedeutungsverluste in der Produzierenden die Landesentwicklungen überdurchschnittliche und im Analysezeit- Wirtschaft betreffen im Rhein-Kreis Neuss raum sogar gestiegene Bedeutung der üb- die Industrie und das Baugewerbe bei – wie Abbildung 3 zeigt, dass auch die Wertschöp­ rigen Produzierenden Wirtschaft, zu der bereits erläutert – steigendem Anteil der fungsentwicklung des Tertiärbereichs im neben dem Bergbau auch die Energieerzeu- übrigen Produzierenden Wirtschaft. An- Rhein-Kreis Neuss erheblich günstiger ver- gung gehört. Während die übrige Produzie- teilsgewinne hat im tertiären Sektor des laufen ist als im Land. Die Wertschöpfung rende Wirtschaft landesweit einen Wert- Rhein-Kreises Neuss der Bereich Finanzie- von Handel und Dienstleistungen ist im schöpfungsanteil von 3,7 Prozent erreicht, rung, Vermietung, Unternehmensdienste zu Rhein-Kreis Neuss zwischen 2000 und liegt der Vergleichswert im Rhein-Kreis bei verzeichnen (von 23,3 auf 28,8 Prozent), 2015 um 63,7 Prozent gestiegen, während 11 Prozent. Diese Anteilswerte verdeutlichen die beiden anderen in Tabelle 1 ausgewie- im Land Nordrhein-Westfalen lediglich ein die besondere Rolle, die der Braunkohlen­ senen Tertiärbereiche (öffentliche und pri- Zuwachs von 43,4 Prozent zu verzeichnen abbau und die Braunkohlenverstromung vate Dienste sowie Handel, Gastgewerbe ist. In Ergänzung hierzu macht Tabelle 1 nach wie vor für den Kreis besitzen. Stei- und Verkehr verzeichnen hingegen rück­ deutlich, dass alle hier unterschiedenen gende Strompreise liefern möglicherweise läufige Wertschöpfungsanteile. Bereiche des tertiären Sektors ihre Beiträ- eine Erklärung dafür, dass die übrige Pro- ge zu diesem positiven Abschneiden geleis- duzierende Wirtschaft im Rhein-Kreis tet haben, denn sie haben sich alle drei Neuss zwischen 2000 und 2015 einen Be- Überdurchschnittlich hoher günstiger als im Land entwickelt. Dabei ist deutungsgewinn zu verzeichnen hat, denn Anstieg der Erwerbstätigenzahlen der Bereich Finanzierung, Vermietung und Wertschöpfungsdaten für die Ebene von Unternehmensdienste besonders hervorzu- Kreisen und kreisfreien Städten werden in Die in Tabelle 1 ebenfalls enthaltenen An- heben. Er hat eine Steigerungsrate der der amtlichen Statistik nur nominal publi- gaben zur Erwerbstätigkeit zeigen, dass die Wertschöpfung von 94,6 Prozent zu ver- ziert – d. h. sie sind nicht um die Effekte von Zahl der Erwerbstätigen im Rhein-Kreis zeichnen, während die vergleichbare steigenden Preisen bereinigt. Neuss zwischen 2000 und 2015 um 9,2 Pro- ­Zuwachsrate für das Land Nordrhein-­ zent gestiegen ist. Dies entspricht einer Westfalen nur etwa halb so hoch war. Die Der tertiäre Sektor hat im Rhein-Kreis Neuss absoluten Zunahme der Erwerbstätigen- Bereiche Handel, Gastgewerbe, Verkehr einen Anteil von 65 Prozent an der gesamten zahl von mehr als 17.000. Damit verlief die sowie übrige private und öffentliche Diens- Wertschöpfung. Nach der Feststellung einer Entwicklung der Erwerbstätigenzahlen deut- te haben sich im Rhein-Kreis Neuss etwas gegenüber dem Land Nordrhein-Westfalen lich besser als im Durchschnitt des Landes günstiger als im Land entwickelt. überdurchschnittlichen Präsenz der Produ- Nordrhein-Westfalen – der landesweite An- zierenden Wirtschaft im Kreisgebiet ist es stieg betrug 6,9 Prozent. Die im Analyse- nicht überraschend, dass die Handels- und zeitraum bei der Erwerbstätigkeit auszu- Noch immer hoher Anteil Dienstleistungssektoren nur unterdurch- machenden Strukturen und Strukturverän- des sekundären Sektors schnittlich vertreten sind – der Vergleichs- derungen liefern ein etwas anderes Bild als durch die Braunkohle wert für das Land erreicht 71,8 Prozent. die Wertschöpfungsdaten: Der Beschäfti- gungsanteil des tertiären Sektors im Rhein- Der primäre Sektor – die Landwirtschaft Kreis Neuss liegt im Jahr 2015 bei 75,6 Pro- – trägt im Rhein-Kreis 0,3 Prozent zur ge- Tertiarisierung setzt sich fort zent. Der Anteilswert ist erkennbar höher samten regionalen Wertschöpfung bei. als der vergleichbare Wertschöpfungsanteil Gegenüber dem Jahr 2000 war der Anteils- Der zwischen 2000 und 2015 zu beobacht- und liegt auf fast demselben Niveau wie im wert leicht rückläufig (vgl.Tabelle 1). Der ende Strukturwandel im Rhein-Kreis steht Land (76,2 Prozent).2 Der Erwerbstätigenan- Anteil des sekundären Sektors beläuft sich mit der 3-Sektoren-Hypothese in Einklang, teil ist seit 2000 um rund sechs Prozent- im Jahr 2015 im Rhein-Kreis Neuss auf 34,7 nach der mit steigendem Entwicklungs- punkte gestiegen. Der Anteil der Produzie- Prozent. Der Wertschöpfungsanteil des stand einer Volkswirtschaft eine zuneh- renden Wirtschaft ist – bei einem unver- Produzierenden Gewerbes liegt damit er- mende Tertiarisierung der Wirtschaft zu änderten Anteil des primären Sektors von kennbar über dem Landesdurchschnitt, wo erwarten ist. Dementsprechend hat der 1,1 Prozent – entsprechend zurückgegangen. 27,8 Prozent der Wertschöpfung im sekun- Anteil des tertiären Sektors im Rhein-Kreis

dären Sektor erwirtschaftet werden. Dies Neuss seit 2000 um knapp drei Prozent- 2 Eine Erklärung hierfür – darauf wurde im Text bereits hin- liegt aber nicht an einer überdurchschnitt- punkte zugenommen. Damit vollzieht sich gewiesen – könnte darin bestehen, dass die volkswirtschaft- lichen Gesamtrechnungen für Kreise und kreisfreie Städte lichen Präsenz der Industrie – der Wertschöp- der strukturelle Veränderungsprozess im keine realen, sondern nur nominale, nicht um Preissteige- fungsanteil des Verarbeitenden Gewerbes Rhein-Kreis Neuss mit ähnlicher Geschwin- rungseffekte bereinigte Wertschöpfungsdaten ausweisen. 3. BESCHÄFTIGUNGSSTRUKTUREN UND IHRE VERÄNDERUNGEN | 3.1. Grobstrukturen und Beschäftigungsentwicklung 7

3. BESCHÄFTIGUNGSSTRUKTUREN UND IHRE VERÄNDERUNGEN3

3.1. GROBSTRUKTUREN UND BESCHÄFTIGUNGSENTWICKLUNG

Tab. 2 Wirtschaftliche Strukturen im Rhein-Kreis Neuss über Straße, Schiene und Binnenwasser- Anteile an der Gesamtbeschäftigung (2008 bis 2017) im Vergleich zu NRW in Prozent straße. Der Beschäftigungsanteil der distri- butiven Dienste ist im Analysezeitraum al- RHEIN-KREIS NEUSS NORDRHEIN-WESTFALEN lerdings – ähnlich wie im Land – leicht (von 2008 2017 2008 2017 18,5 Prozent) zurückgegangen. Primärer Sektor 0,6 0,8 0,4 0,5 Sekundärer Sektor 30,0 27,2 30,7 26,9 darunter: Unternehmensnahe Dienste Verarbeitendes Gewerbe 21,1 18,6 23,3 20,1 mit unterdurchschnittlicher Tertiärer Sektor 69,4 71,9 68,8 72,6 darunter: Bedeutung­ Private Dienstleistungen 63,0 65,9 60,1 63,8 5 Distributive Dienste 18,5 17,8 11,0 10,5 Die unternehmensorientierten Dienste Unternehmensorientierte Dienste 17,1 17,6 19,8 21,8 sind demgegenüber im Rhein-Kreis Neuss Haushaltsorientierte Dienste 27,4 30,5 29,2 31,6 schwächer als im nordrhein-westfälischen Öffentliche Dienste 6,4 6,0 8,7 8,8 Durchschnitt vertreten. 17,6 Prozent aller Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind in diesem Dienstleistungssegment ­tätig, der vergleichbare nordrhein-westfä- lische Anteilswert beträgt 21,8 Prozent. Im Land waren die unternehmensorientierten Dienstleistungen als hat im Kreis mithin einen Anteil, der leicht Dienste im Analysezeitraum ein strukturell Gewinner im Strukturwandel unter dem vergleichbaren Landeswert liegt expandierender Teilbereich der Wirtschaft, (20,1 Prozent). d. h. ihr Strukturanteil hat gegenüber 2008 Tabelle 2 betrachtet zunächst die Grob- zugenommen. Ähnliches gilt auch für die struktur der Wirtschaft im Rhein-Kreis unternehmensorientierten Dienste im Rhein- Neuss. Die dort auf Basis der sozialversi- Lage- und Standortbedingungen Kreis, allerdings ist diese strukturelle Ex- cherungspflichtig Beschäftigten darge- begünstigen distributive pansion schwächer als im Land ausgefallen. stellten Resultate bestätigen in der Ten- Dienstleistungen­ Regionalökonomische Theorievorstellun- denz die Ergebnisse aus Kapitel 2 zum gen gehen davon aus, dass die räumliche Tertiarisierungsprozess: Der Anteil des se- In Tabelle 2 werden die privaten Dienst­ Verfügbarkeit von unternehmensorien­ kundären Sektors ist in dem nun betrach- leistungen in drei Dienstleistungsgruppen tierten Dienstleistungsangeboten die wirt- teten Zeitraum von 2008 bis 2017 um rund unterteilt, weil diese­ – in der Fachliteratur drei Prozentpunkte zurückgegangen. Der durchaus gebräuchliche Untergliederung – 3 Alle nachfolgenden Überlegungen basieren auf Angaben zu Rückgang lässt sich weitgehend dem Ver- eine differenziertere Betrachtung ermög- den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Bundes- arbeitenden Gewerbe zuordnen. licht und so einen ersten Eindruck von agentur für Arbeit. Nur über diese Datenbasis lassen sich Strukturunterschieden zwischen Kreis und tiefer gehende Betrachtungen zu den regionalen Strukturen und Entwicklungen erstellen. Auch wenn die Analyse damit 4 Geschwindigkeitsunterschiede im Struk- Land vermittelt. Die distributiven Dienste über einen Inputfaktor (Arbeitskräfteeinsatz) erfolgt, sind die turwandel zwischen Kreis und Land sind – sind im Rhein-Kreis Neuss erheblich stärker Beschäftigtendaten ein guter Indikator für wirtschaft­liche Strukturen und Entwicklungen. Aufgrund einer umfangrei- wie bereits bei Betrachtung von Wert- als im Land vertreten. Ihr Anteil an der Ge- chen Revision der Erhebungs- und Erfassungsmethoden im schöpfung und Erwerbstätigkeit – nicht samtbeschäftigung beträgt im Jahr 2017 Jahr 2014 wird im Folgenden stets der Analysezeitraum 2008 bis 2017 betrachtet, für den die notwendigen Daten auszumachen. Im Jahr 2017 sind im Rhein- 17,8 Prozent (NRW: 10,5 Prozent). Diese auf einheitlicher Basis verfügbar sind. Stichtag ist jeweils Kreis Neuss knapp 72 Prozent aller sozial- überdurchschnittliche regionale Präsenz der 30. 6. eines jeden Jahres. versicherungspflichtig Beschäftigten im distributiver Dienstleistungen erklärt sich 4 Die Bereiche Großhandel und Verkehr der amtlichen Statis- tertiären Sektor tätig – der Vergleichswert aus dem Zusammenwirken von geografi- tik werden zu den distributiven Diensten zusammengefasst. 5 Hierzu zählen die Bereiche Medien, Informationsdienste, für das Land liegt bei knapp 73 Prozent. scher Lagegunst des Kreises am Rande der Kreditinstitute und Versicherungen, Vermietung, Unter­ Noch 18,6 Prozent der Arbeitnehmer finden beiden nordrhein-westfälischen Metropol- nehmensberatung, Forschung und Entwicklung, Werbung, Marktforschung, Freiberufliche Tätigkeiten, Zeitarbeit sowie in der Industrie des Rhein-Kreises einen regionen (Ruhrgebiet und Rheinland) mit die sonstigen Dienste für Unternehmen. Arbeitsplatz. Das Verarbeitende Gewerbe einer besonders guten Verkehrsanbindung 8 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

schaftliche Entwicklung einer Region ­positiv beeinflussen kann, weil sie die ­Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit industrieller Kernbereiche stärken ­können. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wäre der schwache Besatz des Kreises mit unternehmensorientierten Dienstleistun- gen eigentlich kritisch zu bewerten. Im konkreten Fall muss man dies aber relati- vieren, denn die Unternehmen des Produ- zierenden Gewerbes im Rhein-Kreis Neuss können auf das breite Angebot solcher Dienste in der Landeshauptstadt und Dienstleistungsmetropole Düsseldorf zu- greifen.

Wachsender Anteil haushaltsorientierter Dienste

Zwischen 2008 und 2017 hat der Anteil der die haushaltsnahen Dienste des Kreises in Blick auf Tabelle 2 – sind mit einem Be- haushaltsorientierten6 Dienste im Rhein- leicht geringerem Umfang zur Gesamtbe- schäftigungsanteil von 6 Prozent schwä- Kreis Neuss zugenommen – im Jahr 2008 schäftigung bei wie im Land Nordrhein-­ cher als im Land vertreten. betrug der Anteil 27,4 Prozent, im Jahr Westfalen (31,6 Prozent). Auch die öffent- 2017 sind es 30,5 Prozent. Damit tragen lichen Dienstleistungen – dies belegt ein

Fazit: Rhein-Kreis Neuss – ein Standort für distributive Dienste

Die wirtschaftlichen Strukturen des Rhein-Kreises Neuss haben sich in den letzten zehn Jahren weiter in Richtung der Dienstleistungen verschoben. Im Vergleich zu Nord- rhein-Westfalen sind unternehmensorientierte Dienste unterdurchschnittlich und haus- haltsorientierte Dienste durchschnittlich vertreten. Die erheblich überdurchschnittliche Präsenz von distributiven Diensten prägt den Wirtschaftsstandort. Sie ist durch Lagegunst und Standortvorteile zu erklären.

6 Der Kfz-Handel, der Einzelhandel, das Gastgewerbe, der Bereich Gesundheit und Soziales sowie die sonstigen Dienste für Haushalte werden zu den haushaltsorientierten Diensten zusammengefasst. 3. BESCHÄFTIGUNGSSTRUKTUREN UND IHRE VERÄNDERUNGEN | 3.2. Die Strukturen im Detail 9

3.2. DIE STRUKTUREN IM DETAIL

4 Die 15 wichtigsten Branchen im Rhein-Kreis Neuss Metallerzeugung bleibt Beschäftigungsanteile in Prozent, 2017 wichtigster Industriezweig

Gegenüber der letzten von der IHK Mittle- Gesundheit, Soziales 13,7 rer Niederrhein durchgeführten Struktur- Großhandel 10,2 und Standortanalyse für den Rhein-Kreis Einzelhandel 8,3 Neuss aus dem Jahr 2013 und gegenüber

Verkehr 7,7 dem Ausgangsjahr der hier angestellten Betrachtungen (2008) hat es – mit Blick Öffentliche Verwaltung 6,0 auf die industriellen Schwerpunkte – eini- Baugewerbe 4,5 ge Veränderungen gegeben: Der beschäf- Sonst. Dienste f. Unternehmen 4,4 tigungsstärkste Industriezweig ist im Jahr Metallerzeugung 3,8 2017 (wie in der Analyse aus 2013) immer

Sonst. Dienste f. Haushalte 3,6 noch die Metallerzeugung. Im analysierten ­Zeitraum von 2008 bis 2017 ist ihr Anteil Unternehmensberatung 3,3 an allen sozialversicherungspflichtig be- Chemie 3,3 schäftigten Arbeitnehmern allerdings von Kredit, Versicherungen 2,9 4,3 Prozent auf 3,8 Prozent gesunken. Im Bergbau und Energie 2,8 Ranking der 15 wichtigsten Wirtschafts-

Gastgewerbe 2,6 zweige belegt die Metallerzeugung daher aktuell Platz 8. Auch die Chemische In­ Nahrung, Genuss 2,3 dustrie gehört auf Platz 11 zu den 15 0 5 10 15 wichtigsten Wirtschaftszweigen. Ihr Be- Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit schäftigungsanteil hat von 3,0 Prozent auf 3,3 Prozent zugenommen. Das Nahrungs- und Genussmittelgewerbe ist schließlich der drittwichtigste Industriezweig auf Tabelle 3 und Abbildung 4 sollen einen reich „Gesundheit und Soziales“, der Platz 15 des Rankings. 2,3 Prozent der Be- ­Eindruck davon vermitteln, welche Wirt- Großhandel, der Einzelhandel, der Ver- schäftigten finden 2017 in diesem Indust- schaftszweige im Rhein-Kreis Neuss – kehrssektor sowie die öffentliche Verwal- riezweig ihren Arbeitsplatz – gegenüber ­gemessen an der Beschäftigung – am tung. Alle fünf genannten Wirtschafts- 2008 ist der Anteil leicht gesunken. Nicht stärksten vertreten sind. Diese Betrach- zweige belegten bereits in der letzten, im mehr unter den 15 wichtigsten Industrie- tung wird ergänzt durch die Darstellung Jahr 2013 veröffentlichten Struktur- und zweigen des Rhein-Kreises vertreten ist der Lokalisationsquotienten in Abbildung 5. Standortanalyse­ für den Rhein-Kreis7 die der Maschinenbau, dessen Beschäftigungs­ Sie zeigen – gemessen am Landesdurch- fünf vordersten Plätze. Lediglich eine Ver- anteil von 3,1 Prozent 2008 auf 2,2 Pro- schnitt – welche Wirtschaftszweige im änderung hat es bei der Rangfolge gege- zent gesunken ist. Kreisgebiet überproportional vertreten sind. ben: Mittlerweile ist das Gesundheits- und Sozialwesen der beschäftigungsstärkste Wirtschaftszweig, der den Großhandel auf Gesundheit und Soziales mit Beschäftigungsstärkste Branchen: Position zwei verdrängt hat. Der gemein- starkem Bedeutungsgewinn Gesundheitswesen, Handel und same Beschäftigungsanteil der fünf wich- Verkehr, öffentliche Verwaltung tigsten Wirtschaftszweige lag damals Das Gesundheits- und Sozialwesen ist im (Basis: Daten aus 2012) bei 45,6 Prozent. Rhein-Kreis Neuss – wie bereits erwähnt Die fünf beschäftigungsstärksten Wirt- In 2017 liegt der Anteilswert bei 45,9 Pro- – der beschäftigungsstärkste Wirtschafts- schaftszweige im Rhein-Kreis Neuss sind zent, d. h. in ganz ähnlicher Größenordnung. zweig von allen. 13,7 Prozent aller Be- ausnahmslos den Handels- und Dienstleis- schäftigten sind dort mittlerweile tätig. 7 Vgl. IHK Mittlerer Niederrhein (Hrsg.), Wirtschaftliche tungsbranchen zuzurechnen. Der Reihen- Strukturen und Entwicklungen im Rhein-Kreis Neuss. IHK-­ Damit hat das Gesundheits- und Sozial- folge nach sind dies im Einzelnen der Be- Schriftenreihe, Ausgabe 140/2013, Krefeld, Juli 2013, S. 7. wesen seit 2008 erkennbar an Bedeutung 10 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

zugenommen. Sein Anteil lag zu Beginn Die Betrachtung der Grobstrukturen hatte Neuss auch auf die beiden zu diesem des analysierten Zeitraums bei 11,2 Pro- gezeigt, dass die distributiven Dienste im Dienstleistungssegment gehörigen Wirt- zent. Nach wie vor ist der Wirtschafts- Rhein-Kreis Neuss deutlich stärker als im schaftszweige – den Großhandel und den zweig im Kreisgebiet jedoch schwächer als Land Nordrhein-Westfalen vertreten sind. Verkehrssektor – zu. Im Großhandel sind im Landesdurchschnitt vertreten. Diese Feststellung trifft im Rhein-Kreis mehr als 10 Prozent aller Beschäftigten

Tab. 3 Detailstrukturen und ihre Veränderungen – der Rhein-Kreis Neuss im Vergleich zu NRW (2008 bis 2017)

RHEIN-KREIS NEUSS NORDRHEIN-WESTFALEN Beschäftigung Veränderung Veränderung Lokalisations-­ Veränderung 2017 2008 – 2017 2008 – 2017 quotient 2008 – 2017 absolut Anteil in % absolut in % zu NRW Anteil in % in % SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIG BESCHÄFTIGTE INSGESAMT 145.296 100,0 18.508 14,6 1,00 100,0 14,5 Land- und Forstwirtschaft 1.194 0,8 386 47,8 1,65 0,5 30,8 Primärer Sektor 1.194 0,8 386 47,8 1,65 0,5 30,8 Bergbau und Energie 4.050 2,8 -658 -14,0 2,33 1,2 -20,7 Nahrung, Genuss 3.404 2,3 192 6,0 1,19 2,0 13,9 Textil, Bekleidung 140 0,1 -20 -12,5 0,23 0,4 -15,6 Holzwaren 190 0,1 45 31,0 0,40 0,3 -12,0 Papier und Pappe 1.256 0,9 214 20,5 2,13 0,4 -13,2 Druckereien 478 0,3 -179 -27,2 0,75 0,4 -20,4 Chemie 4.843 3,3 1.066 28,2 1,90 1,8 -3,2 Gummi, Kunststoff 2.346 1,6 -53 -2,2 1,27 1,3 11,5 Glas, Keramik 455 0,3 -227 -33,3 0,70 0,5 -11,4 Metallerzeugung 5.593 3,8 107 2,0 2,19 1,8 -14,2 Metallerzeugnisse 1.124 0,8 -395 -26,0 0,25 3,1 -2,6 DV, Elektronik, Optik 1.109 0,8 -224 -16,8 0,98 0,8 -11,8 Elektrische Ausrüstungen 484 0,3 -482 -49,9 0,28 1,2 6,0 Maschinenbau 3.209 2,2 -783 -19,6 0,69 3,2 3,3 Fahrzeugbau 1.045 0,7 591 130,2 0,47 1,5 -2,1 Sonstige Industrie 1.352 0,9 371 37,8 0,63 1,5 10,3 Entsorgung 1.988 1,4 1.007 102,7 1,89 0,7 23,0 Baugewerbe 6.499 4,5 1.019 18,6 0,92 4,9 10,1 Sekundärer Sektor 39.565 27,2 1.591 4,2 1,01 26,9 0,1 Kfz-Handel 3.246 2,2 -252 -7,2 1,16 1,9 4,2 Großhandel 14.779 10,2 722 5,1 1,99 5,1 -2,0 Einzelhandel 11.989 8,3 2.147 21,8 1,11 7,4 14,3 Verkehr 11.145 7,7 1.708 18,1 1,43 5,3 20,8 Gastgewerbe 3.838 2,6 1.213 46,2 1,01 2,6 31,1 Medien 695 0,5 207 42,4 0,54 0,9 -21,1 Informationsdienste 2.352 1,6 -1.809 -43,5 0,73 2,2 32,7 Kredit, Versicherungen 4.280 2,9 502 13,3 0,93 3,2 -1,4 Vermietung 1.526 1,1 124 8,8 1,08 1,0 10,6 Unternehmensberatung 4.858 3,3 1.880 63,1 0,82 4,1 53,8 Forschung und Entwicklung 1.873 1,3 22 1,2 0,62 2,1 28,8 Werbung, Marktforschung 364 0,3 -135 -27,1 0,52 0,5 9,2 Freiberufl. Tätigkeiten 372 0,3 138 59,0 0,84 0,3 52,0 Zeitarbeit 2.882 2,0 952 49,3 0,63 3,2 23,2 Sonst. Dienste f. Unternehmen 6.375 4,4 2.064 47,9 0,99 4,4 49,6 Öffentliche Verwaltung 8.751 6,0 604 7,4 0,68 8,8 15,8 Gesundheit, Soziales 19.910 13,7 5.662 39,7 0,86 15,9 34,7 Sonst. Dienste f. Haushalte 5.302 3,6 798 17,7 0,97 3,7 9,5 Tertiärer Sektor 104.537 71,9 16.547 18,8 0,99 72,6 20,8 Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 3. BESCHÄFTIGUNGSSTRUKTUREN UND IHRE VERÄNDERUNGEN | 3.2. Die Strukturen im Detail 11

des Rhein-Kreises tätig. Damit liegt der 5 Überdurchschnittlich vertretene Branchen im Rhein-Kreis Neuss Anteilswert erheblich über dem Ver- mit Lokalisationsquotient > 1, gemessen an der Beschäftigtenzahl 2017 gleichswert des Landes (5,1 Prozent). Wie landesweit zu beobachten ist, ist der Be- schäftigungsanteil des Großhandels auch Bergbau und Energie 2,33 im Rhein-Kreis Neuss seit 2008 gesunken, Metallerzeugung 2,19 und zwar ausgehend von 11,2 Prozent. Die Papier und Pappe 2,13 Entwicklungen im Bereich Verkehr unter- Großhandel 1,99 scheiden sich hiervon: Mit einem Anteil von 7,7 Prozent an der Gesamtbeschäfti- Chemie 1,90 gung ist dieser Wirtschaftsbereich im Jah- Entsorgung 1,89 re 2017 ebenfalls stärker als landesweit Land und Forstwirtschaft 1,65

(5,3 Prozent) vertreten. Anders als im Falle Verkehr 1,43 des Großhandels hat die Bedeutung des Gummi, Kunststoff 1,27 Verkehrssektors aber seit 2008 von damals 7,0 Prozent ausgehend zugenommen. Nahrung, Genuss 1,19 Kfz-Handel 1,16

Einzelhandel 1,11

Regionale Stärken: Immer noch Vermietung 1,08 Bergbau, Energie und Aluminium 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 In den vorangegangenen Überlegungen Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit wurde der Frage nachgegangen, welche Branchen im Rhein-Kreis Neuss die meis- ten Arbeitsplätze bereitstellen. Daneben interessiert auch, welche Branchen die re- zweigs im Rhein-Kreis Neuss mehr als gehören schließlich der Verkehrssektor gionalen Schwerpunkte der Wirtschaft im doppelt so hoch ist wie im Land Nord- ­sowie die Land- und Forstwirtschaft eben- Rhein-Kreis darstellen, d. h. welche Wirt- rhein-Westfalen. Der Rhein-Kreis Neuss ist falls noch zu den auffälligen Spezialisierun- schaftszweige im Kreisgebiet im Vergleich Teil des Rheinischen Braunkohlenreviers gen im Rhein-Kreis Neuss. zum Bundesland Nordrhein-Westfalen und gleichzeitig Standort von Braunkohlen­ überdurchschnittlich stark vertreten sind. kraftwerken. Bergbau und Energie stellen Um diese Spezialisierungen zu identifizie- somit einen traditionellen Schwerpunkt ren, verwendet man Lokalisationsquotien- der wirtschaftlichen Aktivitäten und eine ten. Diese setzen die Anteilswerte einer wichtige regionale Stärke dar. Aufgrund Branche im Rhein-Kreis Neuss und im der bereits geplanten Schließungen einzel- Land Nordrhein-Westfalen zueinander in ner Kraftwerke und des langfristig geplan- Beziehung. Bei einem Wert von über 1 ist ten Ausstiegs aus der Braunkohle­n­ die jeweilige Branche regional stärker, bei förderung ist für die Zukunft eine sinkende einem Wert von unter 1 schwächer als im Bedeutung dieser Spezialisierung zu er- Landesdurchschnitt vertreten. In Abbil- warten. dung 5 wurden alle diejenigen Branchen erfasst, für die dieser Lokalisationsquoti- Daneben ist die Metallerzeugung – mit ent im Rhein-Kreis Werte von über 1 an- einem Schwerpunkt auf Aluminium – eine nimmt – dies sind die gesuchten Speziali- weitere Spezialisierung der Wirtschaft im täten der Wirtschaft im Rhein-Kreis Neuss. Rhein-Kreis (Lokalisationsquotient: 2,19). Die Abbildung zeigt, dass der Lokalisati- Darüber hinaus sind auch die Erzeugung onsquotient für den Sektor Bergbau und von Papier- und Pappe (2,13), der Großhan- Energie den höchsten Wert annimmt. Der del (1,99), die Chemische Industrie (1,90) in der Abbildung ausgewiesene Lokalisa­ und die Entsorgungswirtschaft (1,89) etwa tionsquotient von 2,33 bedeutet, dass doppelt so stark wie im Land vertreten. der Beschäftigungsanteil dieses Industrie- Mit Lokalisationsquotienten von 1,4 bis 1,6 12 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

4. DIE BESCHÄFTIGUNGSENTWICKLUNGEN

6 Beschäftigtenentwicklung (gesamt) von 2008 bis 2017, Parallele Entwicklung zum Land Rhein-Kreis Neuss / NRW, 2008 = 100 schafft viele neue Arbeitsplätze

130 Die Zahl der sozialversicherungspflichtig NRW Rhein-Kreis Neuss Beschäftigten ist im Rhein-Kreis Neuss

120 zwischen 2008 und 2017 um 14,6 Prozent 114,6 gestiegen (vgl. Abbildung 6). Damit hat sich 114,5 die Beschäftigung im Kreis nahezu genau- 110 105,2 so entwickelt wie im Land Nordrhein-West- falen (+14,5 Prozent). 18.500 neue Arbeits- 104,8 100 plätze sind damit im Analysezeitraum im 100,0 Rhein-Kreis Neuss entstanden. Auch bei einem Vergleich des Entwicklungsverlaufs 90 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 mit dem Land Nordrhein-Westfalen sind keine auffälligen Entwicklungsunterschie- Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit de auszumachen. Seit 2008 sind die Ent- wicklungen nahezu parallel verlaufen, die Kreisentwicklung konnte mithin zu jedem 7 Beschäftigtenentwicklung im sekundären Sektor, 2008 bis 2017, Rhein-Kreis Neuss / NRW, 2008 = 100 Zeitpunkt mit der des Landes Schritt halten.

130 NRW Rhein-Kreis Neuss Industriebeschäftigung von Finanzkrise kaum betroffen 120 Erfreulicher als im Durchschnitt des Landes 110 Nordrhein-Westfalen stellt sich die Be- 104,2 schäftigungsentwicklung im sekundären 101,8 Sektor des Kreises dar (vgl. Abbildung 7 und 100 100,1 100,0 98,7 Tabelle 3). Über den gesamten Zeitraum von 2008 bis 2017 gesehen ist die Zahl der 90 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 im Produzierenden Gewerbe des Rhein-­ Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit Kreises Neuss um 4,2 Prozent gestiegen, während landesweit in der Produzierenden Wirtschaft in 2017 etwa dasselbe Niveau 8 Beschäftigtenentwicklung im tertiären Sektor, 2008 bis 2017, wie in 2008 erreicht wird (+0,1 Prozent). Rhein-Kreis Neuss / NRW, 2008 = 100 Damit sind im Analysezeitraum fast 1.600 neue Arbeitsplätze im Produzierenden Ge- 130 werbe des Rhein-Kreises entstanden. Diese NRW Rhein-Kreis Neuss zusätzlichen Beschäftigungsmöglichkeiten 120,8 120 sind im Baugewerbe (+1.019) und im Ver- 118,8 arbeitenden Gewerbe (+1.230) entstanden, während der Bereich Bergbau und Energie 110 107,5 rückläufige Beschäftigtenzahlen zu ver- 106,6 zeichnen hatte. Vergleicht man die Be- 100 schäftigungsentwicklungen des sekundär- 100,0 en Sektors in Land und Kreis im Zeitverlauf, so fällt auf, dass die Beschäftigtenzahlen 90 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 zwischen 2008 und 2010 – also im Gefolge der Finanzkrise – landesweit um etwa vier Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit Prozent gesunken sind, während im Rhein- 4. DIE BESCHÄFTIGUNGSENTWICKLUNGEN 13

Kreis Neuss die Zahlen nahezu unverändert Landesdurchschnitt waren außerdem die blieben. Diesen Entwicklungsvorsprung Entwicklungen bei der Herstellung elektri- konnte der Rhein-Kreis – mit einem gewis- scher Ausrüstungen und den Metallerzeug- sen Auf und Ab – bis 2017 aufrechterhalten. nissen. Dadurch gingen fast 900 Arbeits- plätze im Rhein-Kreis verloren. Bei den Druckereien, der Herstellung von Glas- und Industriezweige mit günstigen, … Keramikerzeugnissen sowie bei der Herstel- lung von Datenverarbeitungsgeräten, Elek- Die Betrachtung der einzelnen Industrie- tronik und Optik sind die Zahlen der Be- zweige im Rhein-Kreis Neuss macht deutlich, schäftigten um jeweils etwa 200 gesunken. dass es einige Branchen mit überdurch- schnittlich günstigen Beschäftigungsent- wicklungen gibt. Hierzu gehören zunächst Über 16.500 neue Arbeitsplätze die Chemische Industrie und die Entsor- im tertiären Sektor gungswirtschaft. In beiden Branchen sind jeweils rund 1.000 neue Arbeitsplätze von Mehr als 16.500 neue Arbeitsplätze sind im den Unternehmen geschaffen worden. Die tertiären Sektor des Rhein-Kreises Neuss zu verzeichnenden Zuwachsraten lagen bei zwischen 2008 und 2017 entstanden (vgl. 28,2 Prozent bzw. 102,7 Prozent und damit Tabelle 3). Die Zuwachsrate in diesem Zeit- erheblich über den Landeswerten. Auch der raum betrug damit fast 19 Prozent. Damit Fahrzeugbau (+591 Beschäftigte) sowie die liegt sie allerdings leicht unter dem nord- sonstigen Industrien (+371 Beschäftigte) rhein-westfälischen Durchschnitt (20,8 abhängig. Auch die beiden genannten – zu ihnen gehören z. B. die Herstellung von Prozent). Ein Blick auf den Verlauf der Be- Wirtschaftszweige können im Analysezeit- Möbeln, Schmuck, Spielwaren und medi- schäftigungsentwicklungen in Kreis und raum positive Entwicklungen vorweisen: zintechnischen Geräten sowie verschie­ Land (vgl. Abbildung 8) offenbart eine na- Die Steigerungsraten bei den Beschäftig- dene Reparaturtätigkeiten – weisen be- hezu vollständige Parallelität. tenzahlen liegen in beiden Fällen über dem achtliche Zahlen von neuen Arbeitsplätzen Landesdurchschnitt. Fast 3.400 neue Be- auf und haben zu der insgesamt günstigen schäftigungsmöglichkeiten sind im Kreis- Entwicklung des Sekundärbereichs beige- Steigende Beschäftigung gebiet in den beiden Branchen entstanden. tragen. Beide Industriezweige übertreffen in fast allen Tertiärbereichen die Landesentwicklungen ebenfalls. Auch der Großhandel und der Verkehrssek- Die meisten dieser neuen Arbeitsplätze tor – die distributiven Dienste also – konn- (+5.662) sind im Bereich Gesundheit und ten mit den Landesentwicklungen Schritt … aber auch solche mit Soziales entstanden. Mit einer Steigerungs- halten oder liegen sogar darüber. Mehr als ­ungünstigen Beschäftigungs­ rate von 39,7 Prozent ist die Branche im 1.700 neue Arbeitsplätze im Verkehrssektor entwicklungen Rhein-Kreis rascher als im Land gewach- und gut 700 im Großhandel belegen, dass sen. Die sonstigen Dienste für Unterneh- auch die beiden Branchen einen erhebli- Den Industriezweigen, die sich im analy- men (+2.064 Beschäftigte) und die Unter- chen Beitrag zum Beschäftigungswachs- sierten Zeitraum besonders günstig entwi- nehmensberatungen (+1.880 Beschäftigte) tum im tertiären Sektor erbracht haben. ckelt haben, stehen andere Industriebran- sind weitere Wirtschaftszweige mit beson- Schließlich sind auch im Bereich Kredit­ chen mit rückläufigen Beschäftigtenzahlen ders starken Beschäftigungszuwächsen. institute und Versicherungen (+502 Be- gegenüber. Unter den letztgenannten Die Steigerungsraten liegen mit 47,9 Pro- schäftigte) sowie bei den Zeitarbeitsfirmen sticht im Rhein-Kreis Neuss der Maschi- zent bzw. 63,1 Prozent auf Landesniveau (+952 Beschäftigte) im Rhein-Kreis Neuss nenbau besonders ins Auge. Hier ist die oder sogar darüber. Während diese Ent- prozentual mehr neue Arbeitsplätze als im Beschäftigtenzahl zwischen 2008 und wicklungen das Angebot unternehmens­ Land entstanden. Einen auffälligen Beschäf- 2017 um 19,6 Prozent zurückgegangen, orientierter Dienstleistungen und damit die tigungsrückgang verzeichnen die Infor­ was mit einem Verlust von über 780 Be- Leistungserstellung in anderen Unternehmen mationsdienste (-1.809 Beschäftigte) des schäftigungsmöglichkeiten verbunden war. des Rhein-Kreises Neuss stärken, sind die Kreises im analysierten Zeitraum. Das da- Damit hat sich der Maschinenbau im Entwicklungen in Einzelhandel und Gast- mit verbundene Beschäftigungsminus von Rhein-Kreis auch erkennbar schlechter als gewerbe vermutlich von der regionalen fast 45 Prozent steht im krassen Gegensatz im Land entwickelt. Ungünstiger als im Einkommens- und Nachfrageentwicklung zur Landesentwicklung (+32,7 Prozent). 14 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

5. BESCHÄFTIGUNGSMOTOREN UND PROBLEMBRANCHEN

9 Branchenportfolio Rhein-Kreis Neuss

Änderungsrate der Beschäftigten 20

18

16

Gesundheit, 14

Anteil der Beschäftigten der Anteil Soziales 12

Großhandel 10

Einzelhandel Verkehr 8 Öffentliche Sonstige Dienste Verwaltung für Unternehmen 6 Metallerzeugung Baugewerbe 4 Informationsdienste Chemie Maschinenbau Gastgewerbe 2 Unternehmensberatung Bergbau und Energie Sonstige Dienste für Haushalte Zeitarbeit 0 Kfz-Handel Kredit, Versicherungen Gummi, Kunststoff Nahrung, Genuss -2

-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Berechnungen Eigene Quelle: nach Angaben Bundesagentur der für Arbeit

Die Portfolio-Analyse (vgl. Abbildung 9) tigungsmotoren, die den unternehmens­ und den sonstigen Diensten für Haushalte betrachtet die Wirtschaftszweige des orientierten Dienstleistungen zuzurechnen gehören auch zwei der haushaltsorientierten Rhein-Kreises Neuss einerseits nach ihrer sind – nämlich die Unternehmensberatungen Dienstleistungsbranchen und mit dem Ver- Bedeutung (gemessen durch ihren prozen- sowie die sonstigen Unternehmensdienste. kehrssektor ein distributiver Tertiärbereich tualen Anteil an der Gesamtbeschäftigten- Dies ist nicht nur deshalb positiv zu bewer- zu den Beschäftigungsmotoren im Rhein- zahl), andererseits nach der Arbeitsplatz- ten, da diese Branchen in den letzten Jahren Kreis. Zur Vervollständigung sei erwähnt, dass entwicklung (gemessen durch die prozen- in erheblichem Umfang zur Schaffung neuer neben den genannten Wirtschaftszweigen tuale Veränderung der Beschäftigtenzahl). In Arbeitsplätze beigetragen haben. Es ist auch des tertiären Sektors auch zwei Branchen der Abbildung liegen die Problembranchen erfreulich, weil solche Dienste im Rhein- der Produzierenden Wirtschaft zwischen links oben, d. h. sie sind besonders wichtig, Kreis Neuss deutlich schwächer als im Land 2008 und 2017 eine Rolle als Beschäfti- verlieren jedoch bei den Beschäftigtenzah- vertreten sind. Wie bereits an anderer Stel- gungsmotor gespielt haben. Diese sind das len. Branchen, die dagegen weit rechts und le ausgeführt, wird diesen Diensten jedoch Baugewerbe und die Chemische Industrie. oben liegen, sind die regionalen Beschäf­ im Verflechtungsverbund mit der Produzie- tigungsmotoren, d. h. sie haben sowohl ein renden Wirtschaft einer Region eine wich- hohes Gewicht als auch ein hohes tige Funktion für die regionale Wirtschafts- Kritisch: Die Entwicklung Beschäftigungs­wachstum. entwicklung beigemessen. Auch wenn die bei den Informationsdiensten beschriebenen positiven Entwicklungen noch nicht dazu geführt haben, dass unter­ Die Portfolio-Analyse identifiziert aber Stärkste Beschäftigungsmotoren: nehmensorientierte­ Dienste im Kreis diesel- auch wichtige Branchen mit problematischer Gesundheitswirtschaft und be Bedeutung wie im Landesdurchschnitt Entwicklung. Hier sind in erster Linie die unternehmensnahe Dienste haben, lässt die Verbesserung positive Ef- Informationsdienste mit ihren deutlichen fekte auf andere Branchen der Wirtschaft Beschäftigungseinbußen zu nennen. Darüber Die stärksten Beschäftigungsmotoren der im Rhein-Kreis Neuss erwarten. Darüber hinaus gehören der Bereich Bergbau und Wirtschaft im Rhein-Kreis Neuss sind dem hinaus haben auch das Gastgewerbe und die Energie sowie der Maschinenbau zu den tertiären Sektor zuzurechnen. An vorders- Zeitarbeitsbranche für einen Beschäftigungs­ Branchen mit kritischer Beschäftigungs- ter Stelle ist hier das Gesundheits- und aufbau gesorgt und können im Analysezeit- entwicklung. Mit dem Kraftfahrzeughandel Sozialwesen zu nennen. Daneben gehören raum zu den regionalen Beschäftigungsmoto­ weist außerdem noch ein weiterer Tertiärsek- zwei Wirtschaftsbereiche zu den Beschäf- ren gerechnet werden. Mit dem Einzelhandel tor eine problematische Entwicklung auf. 5. BESCHÄFTIGUNGSMOTOREN UND PROBLEMBRANCHEN | 6. SHIFT-SHARE-ANALYSE 15

6. SHIFT-SHARE-ANALYSE

Günstige Standortbedingungen für die Produzierende Wirtschaft

Tab. 4 Shift-Share-Analyse für den Für den Rhein-Kreis Neuss sind die genann- Für den tertiären Sektor liegt der Regio­ Rhein-Kreis Neuss ten Kenngrößen der Shift-Share-Analyse in nalfaktor bei einem Wert von 0,983 –

Sekundärer Tertiärer der Tabelle 4 zusammengefasst worden. Die die Handels- und Dienstleistungssek­ Sektor Sektor Insgesamt Kennziffern für die Gesamtentwicklung des toren im Kreis haben sich demnach Regionalfaktor 1,041 0,983 1,001 Kreises können wie folgt interpretiert wer- schlechter als im Land entwickelt. Der Strukturfaktor 0,981 0,987 0,987 den: Die Beschäftigungsentwicklung im Strukturfaktor von 0,987 deutet auf Standortfaktor 1,061 0,996 1,014 Rhein-Kreis Neuss unterscheidet sich im ein Wachstumspotenzial im tertiären

Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben der analysierten Zeitraum (2008 bis 2017) Sektor hin, das unter dem nordrhein- Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich nicht von den Landesent- ­westfälischen Landesdurchschnitt liegt wicklungen (Regionalfaktor gesamt 1,001). – landesweit gut wachsende Tertiärbe- Der Strukturfaktor von 0,987 besagt aber, reiche sind im Rhein-Kreis schwächer dass die Wachstumspotenziale des Kreises vertreten. Der sehr nahe an dem Wert Die Methode ­niedriger sind als im Durchschnitt der nord- von 1 liegende Standortfaktor (0,996) rhein-westfälischen Wirtschaft. Diese un- zeigt aber, dass es den Handels- und Um die Wachstumspotenziale der Wirt- terdurchschnittlichen Wachstumspotenzi- Dienstleistungsunternehmen im Rhein- schaft im Rhein-Kreis Neuss und deren ale konnten die Wirtschaft im Kreisgebiet Kreis Neuss gelungen ist, die vorhan­ Ausschöpfung im analysierten Zeitraum aber mehr als ausschöpfen. Belegt wird denen Wachstumspotenziale auszu- beurteilen zu können, wurde eine Shift-­ dies durch den Standortfaktor von 1,014 schöpfen. Das langsamere Wachstum Share-Analyse durchgeführt. Bei diesem – ein Hinweis auf gute regionale Standort- der Tertiärbereiche ist ausschließlich Verfahren wird die tatsächliche (Beschäf- bedingungen. strukturbedingt. tigungs-)Entwicklung einer Region mit ­einer hypothetischen Entwicklung – dem Die getrennte Betrachtung von sekundä- Nach den Shift-Share-Analysen besitzt der sektoralen Erwartungswert – verglichen, rem und tertiärem Sektor liefert zusätzli- Rhein-Kreis Neuss sowohl im tertiären als wie sie sich ergeben hätte, wenn die Ent- che Erkenntnisse: auch im sekundären Sektor strukturelle wicklungen in allen Sektoren des Teilraums Nachteile. Es gelingt aber in beiden Berei- genauso wie im übergeordneten Gesamt­ Der Regionalfaktor für den sekundären chen, das relativ niedrige Wachstums­ raum (hier: Nordrhein-Westfalen) verlau- Sektor nimmt für den Rhein-Kreis Neuss potenzial auszuschöpfen oder mehr als fen wären. Die Ergebnisse einer solchen einen Wert von 1,041 an, d. h. die Ent- auszuschöpfen. Das kann nur bei relativ Analyse werden zu drei Kennziffern zusam- wicklung des Produzierenden Gewerbes guten Standortgegebenheiten gelingen. mengefasst: dem Regionalfaktor, dem ist im Rhein-Kreis Neuss deutlich güns- Die nachfolgend vorgestellten Ergebnisse Strukturfaktor und dem Standortfaktor. tiger als im Land verlaufen. Der Struk- einer Befragung von Unternehmen zu den Dabei zeigt die Größe des Regionalfaktors, turfaktor weist einen Wert von 0,981 regionalen Standortgegebenheiten im ob die jeweils betrachtete Region stärker auf, d. h. die industriellen Wachstums­ Rhein-Kreis sollen dabei helfen, dieses (> 1) oder schwächer (< 1) als der Ver- potenziale des Rhein-Kreises sind eher ­Ergebnis zu konkretisieren. gleichsraum wächst. Der Strukturfaktor niedrig – landesweit wachsende Indus- gibt Auskunft darüber, ob in der Teilregion triezweige sind eher unterdurchschnitt- die landesweit wachstumsstarken (> 1) lich vertreten. Da der Standortfaktor oder wachstumsschwachen (< 1) Wirt- aber einen Wert von 1,061 aufweist, schaftszweige überwiegen. Der Standort- bedeutet dies, dass es der Industrie im faktor macht schließlich Aussagen darüber, Rhein-Kreis gelungen ist, die vorhande- ob die Entwicklung einer Region günstiger nen industriellen Potenziale weit mehr (> 1) oder ungünstiger (< 1) verlaufen ist, als auszuschöpfen. Dies kann als ein als man aufgrund der Sektoralstrukturen Hinweis auf günstige Standortgegeben- erwarten konnte. Eine Differenz zwischen heiten für die Produzierende Wirtschaft tatsächlicher und hypothetischer Entwick- im Rhein-Kreis Neuss gewertet werden. lung bzw. ein Standortfaktor, der von 1 abweicht, ist somit ein Indiz für günstige bzw. ungünstige Standortbedingungen.

16 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

7. ERGEBNISSE DER STANDORTBEFRAGUNG IM RHEIN-KREIS NEUSS

einer besseren Beurteilung als eine diffe- renzierte Betrachtungsweise nach The- menfeldern. Die gesonderte Betrachtung der Themenfelder liefert für die Gruppen nicht allzu stark voneinander abweichende Bewertungen, die zwischen einem „guten Befriedigend“ und einem „noch Befriedi- gend“ schwanken. Am besten werden da- bei die harten Standortfaktoren (2,69) bewertet, die kommunalen Kosten und Leistungen erhalten die schlechteste Note (3,11). Beide Themenfelder werden etwas besser als im gesamten IHK-Bezirk beur- teilt (Noten dort 2,74 und 3,19). Die wei- chen Standortfaktoren (2,82) werden im Rhein-Kreis Neuss deutlich besser beur- teilt als am gesamten Mittleren Nieder- 7.1. ALLGEMEINE ERGEBNISSE rhein (Note dort 2,93). Die Arbeitsmarkt- faktoren (2,93) sowie das Themenfeld Um die Wichtigkeit einzelner regionaler In der „Grobbewertung“ des Standorts Forschung, Entwicklung und Beratung Standortgegebenheiten besser beurteilen wird die Qualität des Rhein-Kreises Neuss (3,03) erhalten als Durchschnittsnote je- zu können und um die konkreten Stand- mit der Note 2,48 bewertet (vgl. Abbildung weils ein „Befriedigend“. Beide Themen­ ortstärken und -schwächen der Region 10), diese Bewertung ist nahezu identisch felder liegen in den Beurteilungen damit herauszuarbeiten, hat die IHK Mittlerer mit der Bewertung für den ­gesamten nahezu gleichauf mit dem gesamten Niederrhein im Sommer 2017 eine breit IHK-Bezirk (Note 2,49). Dies entspricht ei- IHK-Bezirk. angelegte Unternehmensbefragung durch- ner guten bis befriedigenden Benotung geführt. Daran beteiligten sich knapp 400 des Standorts durch die Unter­nehmen. Bei Unternehmen aus dem Rhein-Kreis Neuss. einem Blick auf die fünf Themenfelder mit derselben Skalierung fällt auf, dass deren Bei der Befragung sollten die Unterneh- Beurteilung in allen Fällen schlechter aus- men zunächst den Standort insgesamt fällt als das Gesamturteil. Die spontane, und die Standortqualität für fünf überge- alle Facetten des Standorts umfassende ordnete Themenfelder (harte Standortfak- Qualitätseinschätzung führt offenbar zu toren, kommunale Kosten und Leistungen, weiche Standortfaktoren, Arbeitskräfte und Qualifikation sowie Forschung, Ent- 10 Bewertung der Themenfelder – Rhein-Kreis Neuss wicklung und Beratung) anhand einer Schulnote von 1 (sehr gut) bis 6 (unge­ nügend) beurteilen. Zusätzlich zu dieser Standort insgesamt 2,48 „groben“ Standortbewertung nach The- Harte Standortfaktoren 2,69 menfeldern sollten die Unternehmen in Weiche Standortfaktoren 2,82

einem weiteren Schritt 53 Einzelstandort- Arbeitsmarktfaktoren 2,93 faktoren auf einer Skala nach ihrer Wich- Forschung, Entwicklung und Beratung 3,03 tigkeit (von 1 = sehr wichtig bis 4 = un- wichtig) und ihrer Qualität (von 1 = gut bis Kommunale Kosten und Leistungen 3,11 4 = schlecht) am jeweiligen Unterneh- 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 mensstandort beurteilen. Die Ergebnisse dieser Befragung werden im Folgenden Qualität nach Schulnoten (1 = sehr gut, 2 = gut, 3 = befriedigend, 4 = ausreichend, 5 = mangelhaft, 6 = ungenügend) vorgestellt. 7. ERGEBNISSE DER STANDORTBEFRAGUNG IM RHEIN-KREIS NEUSS | 7.2. Die Bewertungen der einzelnen Themenfelder 17

7.2. DIE BEWERTUNGEN DER EINZELNEN THEMENFELDER

Auch aus der Bewertung der 53 Einzelfak- dem erfolgt eine Gruppierung nach dem toren lässt sich über die durchschnittlichen qualitativen Durchschnittwert (für alle 53 Beurteilungen ein Gesamturteil ermitteln.8 Standortfaktoren) von 2,1610. Von beson- Die Unternehmen des Rhein-Kreises Neuss derem Interesse sind einerseits diejenigen haben dabei die Qualität des Standorts Standortfaktoren, die sich im Koordina- insgesamt mit der Durchschnittsnote 2,16 tensystem oben links befinden. Diese bewertet. Damit ist die Gesamtqualität Standortfaktoren sind sehr wichtig bis des Standorts aus Unternehmenssicht ge- wichtig und ihre Qualität wird mit weniger genüber der im Jahr 2012 durchgeführten befriedigend bzw. schlecht bewertet. Dar- Standortanalyse nahezu unverändert ge- aus lässt sich ableiten, in welchen Berei- blieben (Durchschnitt 2012: 2,15). Dies chen Handlungsbedarf besteht. Anderer- entspricht einer befriedigenden Gesamt- seits sind auch diejenigen Standortfaktoren beurteilung des Rhein-Kreises Neuss als von Interesse, die sich im Koordinaten­ Wirtschaftsstandort. system oben rechts befinden. Diese Stand- ortfaktoren sind sehr wichtig bis wichtig Für die Detailbewertung der einzelnen und ihre Qualität wird mit gut bzw. befrie­ Standortfaktoren wurden die von den Un- digend bewertet. Dies sind daher die für ternehmen vorgenommenen Bedeutungs- den Rhein-Kreis Neuss bedeutsamen beurteilungen in die Betrachtung einbe­ Stand­ortstärken. zogen. Die nachfolgenden Abbildungen bilden – getrennt nach Themenfeldern – die durchschnittlichen Bewertungen von 8 Vorsicht ist allerdings bei einem unmittelbaren Vergleich der Resultate mit den Ergebnissen aus Abschnitt 7.1. gebo- Wichtigkeit und Qualität der Standort­ ten, da der Beantwortung unterschiedliche Skalen zugrunde faktoren in einem Koordinatensystem ab. liegen. Die Ausprägung der Bedeutung/Wichtig- 9 Die mittlere mögliche Bewertung ist jeweils eine 2,5. Alle Werte < 2,5 liegen im positiven Bereich: die Qualitätsbe- keit der Standortfaktoren wird auf der wertung ist gut bis befriedigend, die Wichtigkeit ist sehr vertikalen Achse (1 = sehr wichtig, 2 = wichtig bis wichtig. Alle Werte > 2,5 liegen im negativen Bereich: die Qualitäts- wichtig, 3 = weniger wichtig, 4 = unwich- bewertung ist weniger befriedigend bis schlecht, die Bedeu- tig) abgebildet, die Beurteilung der Qua­ tung ist weniger wichtig bis unwichtig. lität der Standortfaktoren (1 = gut, 2 = be- 10 Ein Wert > 2,16 bedeutet, dass ein Standortfaktor schlech- ter bewertet wird als die Gesamtheit aller Standortfakto- friedigend, 3 = weniger befriedigend, 4 = ren, eine bessere Bewertung als im Durchschnitt ist erreicht, 9 schlecht) auf der horizontalen Achse . Zu- wenn der Wert < 2,16 beträgt. 18 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

Harte Standortfaktoren – von Grundstückspreisen bis Verkehrsinfrastruktur

Harte Standortfaktoren als Standort- Kostenfaktoren, das Wohnungsangebot so- Informations- und Kommunikations­ stärke des Rhein-Kreises Neuss wie die Verfügbarkeit und das Angebot von infrastruktur mit Schwächen Die harten Standortfaktoren werden im Gewerbeflächen/-immobilien liegen unter Der für die Unternehmen des Rhein-Kreises Rhein-Kreis Neuss mit einer Gesamtbewer- diesem Durchschnittswert. Neuss inzwischen wichtigste Standortfak- tung von 2,02 auf einer 4er-Skala am bes- tor, die Informations- und Kommunikati- ten bewertet. Bereits die eingangs vorge- Hervorragende Bewertung onsinfrastruktur, erhält mit der Note 2,36 nommene Bewertung nach Schulnoten hat der Verkehrsanbindung eine deutlich schlechtere Beurteilung als für die harten Standortfaktoren im Ver- Die Verkehrsanbindung an das Straßen- noch im Jahr 2012 (1,92). Diese Qualitäts- gleich mit den anderen Themenfeldern die und Autobahnnetz ist im Rhein-Kreis Neuss verschlechterung bei der Informations- und beste Bewertung erbracht. Die Einzelbe- der mit Abstand am besten bewertete har- Kommunikationsinfrastruktur ist im Rhein- wertungen bestätigen diese Einschätzung. te Standortfaktor (1,32) (vgl. Abbildung 11). Kreis Neuss wie auch in den anderen Teil- Mit einer Ausnahme werden alle 16 abge- Etwas schlechter, aber immer noch recht regionen des Mittleren Niederrheins fest- fragten Standortfaktoren besser als 2,5 (der gut wird der Zustand der überörtlichen zustellen, sodass davon auszugehen ist, mittleren möglichen Bewertung) beurteilt Straßeninfrastruktur (1,76) beurteilt. Diese dass die Unternehmen, ausgelöst durch (vgl. Abbildung 11). Verkehrsanbindung und zwei Standortfaktoren stehen in ihrer Be- höhere und veränderte Anforderungen, Straßeninfrastruktur, die Nähe zu Zulie­ deutung für die Unternehmen ganz weit ­einen deutlichen Nachholbedarf bei der ferern und Kunden, das Image sowie das oben (zweit- und drittwichtigste Standort- ­Informations- und Kommunikationsinfra- ­Angebot unternehmensnaher Dienstleister faktoren). Der etwas weniger wichtige An- struktur sehen. werden dabei überdurchschnittlich, das schluss an den ÖPNV wird ebenfalls positiv heißt besser als die durchschnittliche Ge- (1,86) beurteilt. Der gut bewertete An- samtbewertung aller 53 Standortfaktoren schluss an den Luftverkehr (1,49) sowie die von 2,16, beurteilt. Die Informations- und Schienenanbindung (1,80) sind aus Unter- Kommunikationsinfrastruktur, die harten nehmenssicht weniger wichtig.

11 Harte Standortfaktoren im Rhein-Kreis Neuss – von Grundstückspreisen bis Verkehrsinfrastruktur

Qualität (1 = gut, 2 = befriedigend, 3 = weniger befriedigend, 4 = schlecht) 1,00

Informations- und sehr wichtig Kommunikationsinfrastruktur Verkehrsanbindung an das Straßen- und Autobahnnetz 1,50

Zustand der überörtlichen Straßeninfrastruktur Energiekosten wichtig Image des Standorts Nähe zu wichtigen Kunden Miet- und Pachtpreise Angebot unternehmensbezogener Verkehrsanbindung an den ÖPNV 2,50 Wohnungsangebot Dienstleistungen Grundstückspreise Nähe zu wichtigen Zulieferern

weniger Verfügbarkeit von Verkehrsanbindung Verkehrsanbindung wichtig freien Gewerbeflächen Angebot bezugsfertiger an den Luftverkehr Gewerbeimmobilien an die Schienenwege = sehr (1 wichtig,Bedeutung 2 = wichtig, 3 = weniger wichtig, 4 = unwichtig)

∅ 2,16 3,50 3,00 weniger befriedigend 2,50 befriedigend 2,00 1,50 gut 1,00 7. ERGEBNISSE DER STANDORTBEFRAGUNG IM RHEIN-KREIS NEUSS | 7.2. Die Bewertungen der einzelnen Themenfelder 19

Kundennähe, unternehmensnahe Kritisch: Energiekosten sowie Mieten Dienstleister und Image – und Pachten Stärken des Rhein-Kreises Die Energiekosten (2,26) sind unter den har- Weitere aus Unternehmenssicht wichtige ten Standortfaktoren der wichtigste Kos- Standortfaktoren wie Kundennähe (1,75), tenfaktor, auch wenn sie im Vergleich zu das Angebot unternehmensnaher Dienst- 2012 leicht an Bedeutung eingebüßt haben. leister (1,92) sowie das Image und der Be- Gleichzeitig hat sich die Qualitätsbeurtei- kanntheitsgrad des Standortes (1,89) wer- lung seit dem Jahr 2012 deutlich verbessert den überdurchschnittlich gut bewertet. Die (+0,32). Begründet werden kann diese Ent- Nähe zu wichtigen Zulieferern (1,93) erhält wicklung vermutlich durch die rückläufigen ebenfalls eine positive Beurteilung, ist aber Erdölpreise. Ebenfalls unterdurchschnittlich für die Unternehmen weniger wichtig. bewertet werden die aus Unternehmens- sicht eher wichtigen Miet- und Pachtpreise (2,32). Die Bewertung hat sich seit 2012 nur unwesentlich verändert. Weitere eher kri- tisch bewertete harte Standortfaktoren sind die Grundstückspreise, das Wohnungs- angebot, die Verfügbarkeit und das Angebot von Gewerbe- und Grundstücksflächen. 20 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

Kommunale Kosten und Leistungen

Die kommunalen Kosten und Leistungen Bewertung (2,64). Ebenfalls wichtig, aber felds erhält der Faktor Erreichbarkeit der sind im Rhein-Kreis Neuss, wie auch im stark unterdurchschnittlich beurteilt, wird Behörden (1,97) die mit Abstand beste Be- IHK-Bezirk Mittlerer Niederrhein insge- der Grundsteuerhebesatz (2,60). Auch die urteilung (vgl. Abbildung 12). Leicht unter- samt, das mit Abstand am schlechtesten Gebührenhöhe und das Kostenbewusstsein durchschnittlich, aber immer noch zufrie- bewertete Themenfeld (vgl. Abbildung 12). der Kommunalverwaltung gehören zu den denstellend, werten die Unternehmen die Im Vergleich zu den beiden kreisfreien wichtigen Standortfaktoren. Sie erhalten reibungslose Kooperation öffentlicher Äm- Städten des Mittleren Niederrheins wird zumindest eine bessere als die mittlere ter (2,18), die behördlichen Reaktionszeiten dieses Themenfeld jedoch, wie bereits in mögliche Bewertung von 2,5. Die Kosten (2,22) und den Service der Wirtschafts­ den vorangegangenen Untersuchungen, im der Abfallbeseitigung und die Wasser- und förderung (2,19). Auch das City­marketing Rhein-Kreis Neuss etwas besser bewertet. Abwassergebühren werden nicht mehr als (2,20) erhält eine ähnliche Benotung durch befriedigend angesehen, sind aber für die die Unternehmen, ist aus deren Sicht aber Starke Kritik an den Kostenfaktoren Unternehmen im Rhein-Kreis Neuss nicht eher unwichtig. Die ­Qualitätsbeurteilung Die zur Gruppe der kommunalen Kosten so wichtig wie die zuvor genannten Kosten­ der Dauer von Plan- und Genehmigungs- und Leistungen gehörenden Kostenfakto- faktoren. verfahren (2,54) hat sich seit der letzten ren liegen für den Rhein-Kreis Neuss im Standortbefragung in der Qualitätsbeur- linken oberen Bereich des Koordinatensys- Gute Bewertung der teilung verschlechtert (-0,10) und signali- tems (Abbildung 12), sie werden also als Behördenerreichbarkeit siert eine erkennbare ­Unzufriedenheit der wichtig angesehen, aber durchgehend Die Mehrzahl der serviceorientierten kom- Unternehmen. Die ­Bestandspflege ortsan- schlecht ­beurteilt. Der wichtigste Kosten- munalen Standortfaktoren erhalten bes­ sässiger Betriebe (2,39) kann gerade noch faktor, die Höhe des Gewerbesteuer­ sere Qualitätsbeurteilungen als die Kosten- im befriedigenden Bereich eingeordnet hebesatzes, ist zugleich der Standortfaktor faktoren. Als einziger überdurchschnittlich werden. dieses Themenfelds mit der schlechtesten bewerteter Standortfaktor dieses Themen-

12 Qualität der kommunalen Kosten und Leistungen im Rhein-Kreis Neusss

Qualität (1 = gut, 2 = befriedigend, 3 = weniger befriedigend, 4 = schlecht) 1,50

Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes wichtig

Höhe öffentlicher Gebühren Kostenbewusstsein der Kommunalverwaltung Höhe des Grundsteuer­hebesatzes 2,00 Reibungslose Kooperation öffentlicher Ämter

Kosten der Abfallbeseitigung Behördliche Reaktionszeiten­ Wasser- und Abwasser­gebühren Service der Wirtschaftsförderung Bestandspflege ortsansässiger Betriebe Dauer von Plan- und Erreichbarkeit / 2,50 Genehmigungsverfahren Öffnungszeiten der Behörden

Citymarketing weniger wichtig = sehr (1 wichtig,Bedeutung 2 = wichtig, 3 = weniger wichtig, 4 = unwichtig)

∅ 2,16 3,00 3,00 weniger befriedigend 2,50 befriedigend 2,00 1,50 7. ERGEBNISSE DER STANDORTBEFRAGUNG IM RHEIN-KREIS NEUSS | 7.2. Die Bewertungen der einzelnen Themenfelder 21

13 Qualität der Städte im Rhein-Kreis Neuss – Innenstadt, Freizeit, Kultur und Konsum

Qualität (1 = gut, 2 = befriedigend, 3 = weniger befriedigend, 4 = schlecht) 1,5

wichtig

Parkplatzangebot Zustand des 2,00 innerstädtischen Sicherheit in der Innenstadt Straßennetzes Stadtbild Innerstädtische Verkehrsverhältnisse­ Einkaufsmöglichkeiten/Branchenmix Höhe der Parkgebühren Naherholungs- und Freizeitangebot 2,50

Kulturelles Angebot weniger wichtig = sehr (1 wichtig,Bedeutung 2 = wichtig, 3 = weniger wichtig, 4 = unwichtig) ∅ 2,16 3,00 2,50 befriedigend 2,00 1,50

Qualität der Städte – Innenstadt, Freizeit, Kultur und Konsum

Die Antworten der Unternehmen aus dem den Unternehmen vergebene Note ist mit teilung verbessert. Die zum Kreis gehörigen Rhein-Kreis Neuss bestätigen ein auch in 2,06 besser als im IHK-­Bezirk insgesamt Kommunen besitzen offenbar eine hohe den anderen Teilregionen des IHK-Bezirks (2,12). Dies sind Hinweise auf eine hohe Aufenthaltsqualität. Auch die eher weniger erkennbares, von der regionalökonomi- Lebensqualität des Kreises innerhalb der wichtigen Einkaufsmöglichkeiten, die Kul- schen Theorie lange vorhergesagtes Er­ Region. Es kommt – ebenfalls positiv – hin- turangebote sowie Naherholungs- und gebnis: Die Wichtigkeit der weichen Stand- zu, dass sich die Qualität der meisten Freizeitangebote erhalten überdurch- ortfaktoren nimmt für die Unternehmen Standortfaktoren dieses Themenfelds ge- schnittlich gute Qualitätsbeurteilungen. zu. Für alle Standortfaktoren, die zu der genüber 2012 verbessert hat. Offenbar halten die Unternehmen hier auch Gruppe­ Qualität der Städte gehören, wird die Angebote in den Kommunen für gut. die Wichtigkeit im Jahr 2017 höher ein­ Aufenthaltsqualität und Angebote gut – Etwas kritischer wird der Zugang zu den gestuft als noch im Jahr 2012. Vor diesem der Zugang verbesserungsfähig Städten und Gemeinden des Kreises gese- Hintergrund ist es ein für den Kreis er­ Das Stadtbild und die Sicherheit in der hen. Die innerstädtischen Verkehrsver­ freuliches Resultat, dass die Qualität bei ­Innenstadt gehören im betrachteten The- hältnisse, der Zustand des innerstädtischen nahezu allen zu dieser Gruppe gehörenden menfeld zu den Standortfaktoren mit der Straßennetzes sowie das Parkplatzangebot Standortfaktoren im Rhein-Kreis Neuss höchsten Wichtigkeit (vgl. Abbildung 13). erhalten zwar akzeptable Beurteilungen, besser beurteilt wird als im Durchschnitt Gleichzeitig erhalten diese beiden Stand- diese Beur­teilungen sind im Themenfeld des IHK-Bezirks. Für das gesamte Themen- ortfaktoren im Rhein-Kreis Neuss von den aber die ungünstigsten­ und haben sich feld Qualität der Städte erhält der Rhein- Unternehmen gute Benotungen (1,95 bzw. z. T. (Park­platzangebot, innerstädtische Kreis Neuss von den Unternehmen eine 1,85). Beide Standortfaktoren haben sich Ver­kehrs­­verhältnisse) gegenüber 2012 vergleichsweise gute Beurteilung. Die von außerdem seit 2012 in der Qualitätsbeur- ­verschlechtert. 22 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

Arbeitskräfte und Qualifikation

(Aus-)Bildungsangebote als Probleme bei der Suche nach wie bei der Standortbefragung im Jahr Standortvorteil ­geeigneten Arbeitskräften 2012. Dies deutet darauf hin, dass die Höhe Alle im Themenfeld Arbeitskräfte und Qua- Die lokale Verfügbarkeit und die Qualifika- der Löhne derzeit nicht zu den prioritären lifikation abgefragten Bildungsangebote tion von Arbeitskräften sind für die Unter- Problemen der Unternehmen gehört. werden besser als der Durchschnitt aller 53 nehmen die zwei bedeutendsten Standort- Standortfaktoren (2,16) beurteilt (vgl. Ab- faktoren des Themenfelds Arbeitskräfte Verbesserungspotenzial bei bildung 14). Das Angebot an allgemeinbil- und Qualifikation. Die Qualitätsbewertung ­Vereinbarkeit von Beruf und Familie denden Schulen (1,87) erhält, wie schon beider Standortfaktoren hat sich seit 2012 Die Verfügbarkeit von Kinderbetreuungs- bei der Standortbefragung 2012, die beste (wie schon von 2008 zu 2012) weiter ver- plätzen als Beitrag zu einer Verbesserung Qualitätsbewertung. Auch das Weiterbil- schlechtert. Insbesondere im Hinblick auf der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist dungsangebot, das Berufsschulangebot die lokale Verfügbarkeit von Arbeitskräften in ihrer Bedeutung leicht gestiegen, wird und die Hochschulen der Region als Aus­ (2,45) hat es einen negativen Sprung aber von den Unternehmen immer (noch) bildungsstätten erhalten leicht überdurch- (-0,20) in der Beurteilung gegeben. Offen- als vergleichsweise unwichtig eingestuft schnittliche Beurteilungen und zählen bar stellt nicht allein die Akquirierung von (vgl. Abbildung 14). Die Qualitätsbeurtei- ­somit zu den Stärken des Standorts. Das Fachkräften, sondern grundsätzlich die lung liegt im Rhein-Kreis Neuss seit 2012 Hochschulangebot der Region wird von den Suche nach geeigneten Arbeitskräften für unverändert bei einem Wert von 2,23, wo- Unternehmen jedoch als weniger wichtig die Unternehmen des Rhein-Kreises Neuss raus abgeleitet werden kann, dass bei die- eingestuft. In Zeiten des sich verschärfen- ein sich verstärkendes Problem dar. Die sem Thema nach wie vor Verbesserungspo- den Fachkräftemangels gewinnt die Zu- Lohnhöhe, neben der Qualifikation und tenzial besteht. Im Hinblick auf die sammenarbeit zwischen Betrieben und Verfügbarkeit von Arbeitskräften der wich- zunehmenden Schwierigkeiten der Unter- Schulen an Bedeutung. Dennoch wird die- tigste Standortfaktor dieses Themenfelds, nehmen, geeignetes Personal vor Ort zu ser Standortfaktor im Rhein-Kreis als rela- erhält eine Qualitätsbeurteilung von 2,06 finden, dürfte dieser Standortfaktor in tiv unwichtig angesehen und erhält auch und wird damit nahezu genauso beurteilt Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. eine leicht unterdurchschnittliche Quali- tätsbewertung.

14 Qualität der Arbeitskräfte im Rhein-Kreis Neuss – Arbeitskräfte und Qualifikation

Qualität (1 = gut, 2 = befriedigend, 3 = weniger befriedigend, 4 = schlecht) 1,5

Qualifikation wichtig der lokalen Arbeitskräfte

Lokale Verfügbarkeit Lohnhöhe 2,00 von Arbeitskräften

Weiterbildungsangebot Zusammenarbeit Betriebe – Schulen Angebot an Berufsschulen Angebot an ­allgemeinbildenden 2,50 Verfügbarkeit von Schulen Kinderbetreuungsplätzen (Fach-)Hoch­schulen in der Region als weniger Ausbildungsstätten wichtig = sehr (1 wichtig,Bedeutung 2 = wichtig, 3 = weniger wichtig, 4 = unwichtig)

∅ 2,16 3,00 2,50 befriedigend 2,00 1,50 7. ERGEBNISSE DER STANDORTBEFRAGUNG IM RHEIN-KREIS NEUSS | 7.2. Die Bewertungen der einzelnen Themenfelder 23

15 Qualität von Beratungsdienstleistungen im Rhein-Kreis Neuss – Forschung, Entwicklung und Beratung

Qualität (1 = gut, 2 = befriedigend, 3 = weniger befriedigend, 4 = schlecht) 2,00

wichtig

Fördermittelberatung 2,50 Finanzierungsberatung

Umwelt- oder Energieeffizienzberatung Unternehmensnachfolgeberatung weniger wichtig

3,00 Verfügbarkeit an (Fach-)Hochschulen Einrichtungen für Forschung in der Region als Partner für und Entwicklung bzw. Forschung und Entwicklung Technologieberatung = sehr (1 wichtig,Bedeutung 2 = wichtig, 3 = weniger wichtig, 4 = unwichtig)

∅ 2,16 3,50 2,50 befriedigend 2,00 1,50

Forschung, Entwicklung und Beratung

Forschung und Beratung Die zwei für Forschung und Entwicklung wird noch etwas schlechter beurteilt. Diese von geringer Bedeutung relevanten Standortfaktoren des Themen- Bewertung dürfte dadurch zu erklären sein, Im Rhein-Kreis Neuss werden alle sechs felds, die F+E-Einrichtungen/Technologie- dass eher die besonders innovativen Unter- abgefragten Standortfaktoren des The- beratung und die regionalen Hochschulen nehmen eine Partnerschaft mit Hochschu- menfelds Forschung, Entwicklung und Be- als Partner für Forschung und Entwicklung, len oder anderen Forschungseinrichtungen ratung aus Unternehmenssicht als weniger sind nach Ansicht der Unternehmen aus suchen. Dies dürfte jedoch auf viele der hier wichtig eingestuft (vgl. Abbildung 15). Die dem Rhein-Kreis Neuss in der betrachteten befragten Einzelhändler und Dienstleister Finanzierungsberatung (2,15), einer der Gruppe die Faktoren mit der geringsten kaum zutreffen. noch vergleichsweise wichtigen Standort- Bedeutung (vgl. Abbildung◦15). Dabei er- faktoren dieses Themenfelds, erhält die halten die Hochschulen als Partner für For- beste, die Fördermittelberatung (2,46) die schung und Entwicklung eine leicht unter- schlechteste Bewertung. Bei beiden Bera- durchschnittliche Beurteilung (2,20) und tungsfaktoren haben sich seit 2012 keine die Verfügbarkeit von F+E-Einrichtungen großen Veränderungen in der Bewertung ergeben. Die Umweltberatung (2,19) und die Unternehmensnachfolgeberatung (2,28) werden leicht unterdurchschnittlich beurteilt. 24 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

16 Die 20 bedeutendsten Standortfaktoren – Vergleich des Rhein-Kreises Neuss mit dem Mittleren Niederrhein Die 20 wichtigsten Standortfaktoren

Rhein-Kreis Neuss Mittlerer Niederrhein Im Folgenden werden die Qualitätsbeurtei- lungen der 20 wichtigsten Standortfakto-

Informations- und 2,36 ren des Rhein-Kreises Neuss im Vergleich Kommunikationsinfrastruktur 2,35 mit den Bewertungen für den gesamten

Verkehrsanbindung an das 1,32 IHK-Bezirk betrachtet. Handlungsbedarf ist Straßen- und Autobahnnetz 1,36 insbesondere dann angezeigt, wenn die Qualitätsbewertungen von Standortfakto- Höhe des 2,64 Gewerbesteuerhebesatzes 2,72 ren im Rhein-Kreis Neuss deutlich von den

2,26 Bewertungen für den gesamten Mittleren Energiekosten 2,26 Niederrhein nach unten abweichen. Abbil-

Qualifikation der 2,40 dung 16 zeigt, dass von den 20 bedeu- lokalen Arbeitskräfte 2,41 tendsten Standortfaktoren ein Großteil

Zustand der überörtlichen 1,76 im Rhein-Kreis etwa dieselben Qualitäts- Straßeninfrastruktur 1,88 bewertungen erhält wie am Mittleren Nie- derrhein insgesamt. Hier gibt es lediglich Lokale Verfügbarkeit 2,45 von Arbeitskräften 2,45 kleinste Abweichungen, die im Rahmen statistischer Ungenauigkeit liegen dürften. Höhe öffentlicher 2,47 Gebühren 2,53 Größere Abweichungen treten in der Qua- litätsbeurteilung nur auf, wenn Standort- 2,38 Parkplatzangebot 2,37 faktoren im Rhein-Kreis besser als im IHK-Bezirk insgesamt bewertet werden. Höhe des 2,60 Grundsteuerhebesatzes 2,68 Die positiven Abweichungen bei der Quali- Kostenbewusstsein der 2,34 Kommunalverwaltung 2,45 tätsbewertung durch die Unternehmen im Rhein-Kreis Neuss betreffen zahlreiche Reibungslose Kooperation 2,18 öffentlicher Ämter 2,27 kommunale Kostenfaktoren (die Höhe von Grund- und Gewerbesteuerhebesatz, die 2,06 Lohnhöhe 2,04 öffentlichen Gebühren, das Kostenbe- wusstsein der Kommunalverwaltung sowie Sicherheit 1,85 in der Innenstadt 2,00 die Kosten der Abfallbeseitigung) und ­Leistungen der Kommunen (reibungslose Nähe zu 1,75 wichtigen Kunden 1,80 ­Kooperation öffentlicher Ämter und be- hördliche Reaktionszeiten). Sie betreffen Kosten der 2,37 Abfallbeseitigung 2,43 darüber hinaus auch einige innenstadtbe- zogene Standortfaktoren wie die ­Sicherheit Zustand des innerstädtischen 2,13 Straßennetzes 2,32 in der Innenstadt, die innerstädtischen Ver- kehrsverhältnisse, den Zustand des inner- Behördliche 2,22 Reaktionszeiten 2,29 städtischen Straßennetzes sowie das Image des Standorts. Zudem wird die Image und Bekanntheitsgrad 1,89 des Standorts 2,01 ­überörtliche Straßeninfrastruktur im Ver- gleich zum IHK-Bezirk insgesamt besser Innerstädtische 2,13 Verkehrsverhältnisse 2,21 bewertet.

0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5

Qualität (1 = gut, 2 = befriedigend, 3 = weniger befriedigend, 4 = schlecht) 7. ERGEBNISSE DER STANDORTBEFRAGUNG IM RHEIN-KREIS NEUSS | 7.2. Die Bewertungen der einzelnen Themenfelder 25

Die 20 wichtigsten 17 Die 20 wichtigsten Standortfaktoren im Rhein-Kreis Neuss im Zeitvergleich Standortfaktoren im Zeitvergleich

Verbesserungen bei Kostenfaktoren 2017 2012 und der Sicherheit in der Innenstadt

Gleich vier Kostenfaktoren unter den 20 Informations- und 2,36 bedeutendsten Standortfaktoren des Kommunikationsinfrastruktur 1,92

Rhein-Kreises Neuss haben ihre Qualitäts- Verkehrsanbindung an das 1,32 beurteilung seit 2012 verbessern können Straßen- und Autobahnnetz 1,25 (vgl. Abbildung 17). Die Energiekosten, ak- Höhe des 2,64 tuell der viertwichtigste Standortfaktor für Gewerbesteuerhebesatzes 2,58 die Neusser Unternehmen, hat eine deut- 2,26 Energiekosten lich bessere Qualitätsbewertung erhalten 2,58 als 2012. Auch das Kostenbewusstsein der Qualifikation der 2,40 Kommunalverwaltung hat sich in seiner lokalen Arbeitskräfte 2,32

Beurteilung klar verbessert, ebenso die Zustand der überörtlichen 1,76 Kosten der Abfallbeseitigung. Bei der Höhe Straßeninfrastruktur Bei der Standortumfrage im Jahr 2012 nicht abgefragt öffentlicher Gebühren sehen die Unterneh- Lokale Verfügbarkeit 2,45 men zumindest moderate Verbesserungen von Arbeitskräften 2,25 zu 2012. Mit der Sicherheit in der Innen- Höhe öffentlicher 2,47 stadt gehört auch ein weicher Standort- Gebühren 2,55 faktor mit deutlich verbesserter Qualitäts- 2,38 Parkplatzangebot bewertung zu den wichtigsten Standort- 2,19 faktoren. Beim Image des Standorts ist in Höhe des 2,60 der aktuellen Standortbefragung eine Grundsteuerhebesatzes 2,58 leichte Verbesserung in der Qualitätsbe- Kostenbewusstsein der 2,34 wertung erkennbar. Auch das Kostenbe- Kommunalverwaltung 2,50 wusstsein der Kommunalverwaltung hat Reibungslose Kooperation 2,18 sich in der Beurteilung verbessert, dennoch öffentlicher Ämter 2,18 hinkt der Standortfaktor im Vergleich mit 2,06 Lohnhöhe der Gesamtregion noch immer hinterher. 2,07

Sicherheit 1,85 Kaum Veränderungen bei Grundsteuer, in der Innenstadt 1,98 Löhnen, Verwaltungsfreundlichkeit Nähe zu 1,75 Bei einigen der wichtigsten Standortfakto- wichtigen Kunden 1,72 ren gibt es kaum Veränderungen in der Kosten der 2,37 Qualitätsbeurteilung. Dazu gehören die Abfallbeseitigung 2,52 Höhe des Grundsteuerhebesatzes, die Zustand des innerstädtischen 2,13 ­Kundennähe, Lohnhöhe, die Kooperation Straßennetzes Bei der Standortumfrage im Jahr 2012 nicht abgefragt öffentlicher Ämter und die behördlichen Behördliche 2,22 Reaktionszeiten. Reaktionszeiten 2,22

Image und Bekanntheitsgrad 1,89 Verschlechterungen bei Informations- des Standorts 1,93 und Kommunikationsinfrastruktur und Innerstädtische 2,13 der Arbeitskräfteverfügbarkeit Verkehrsverhältnisse 2,05 Die Informations- und Kommunikationsin- frastruktur ist im Rhein-Kreis Neuss, wie 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 auch in allen anderen Teilregionen des Mittleren Niederrheins, inzwischen der Qualität (1 = gut, 2 = befriedigend, 3 = weniger befriedigend, 4 = schlecht) Standortfaktor mit der höchsten Bedeu- 26 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

tung aus Sicht der Unternehmen. Parallel zu dem starken Bedeutungsgewinn hat dieser Standortfaktor eine starke Ver- schlechterung der Qualitätsbeurteilung erfahren (vgl. Abbildung 17). Ebenfalls sehr deutlich ist die Bewertungsverschlechte- rung im Hinblick auf die lokale Verfügbar- keit von Arbeitskräften ausgeprägt. Etwas geringer fällt die Verschlechterung bei der Qualifikation der lokalen Arbeitskräfte aus. Darüber hinaus hat es in Bezug auf das Parkplatzangebot im Rhein-Kreis Neuss offenbar eine negative Entwicklung gege- ben. Vergleichsweise moderate Verschlech- terungen in der Qualitätsbeurteilung kon- statieren die Unternehmen bei der Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes einerseits und den Standortfaktoren, die die Verkehrs­ anbindung und die Straßeninfrastruktur betreffen, andererseits. 8. FAZIT UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN 27

8. FAZIT UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

Die Analyse zeigt, dass der Rhein-Kreis insgesamt von den Unternehmen positiv beurteilt wird. Zudem ist die Beschäftigung in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich stark angestiegen. Die Shift-Share-Analyse hat gezeigt, dass dies auch an guten Standortbedingungen für die Wirtschaft im Kreisgebiet lag. Nichtsdestotrotz können durch die Befragungsergebnisse verschiedene Handlungsfelder identifiziert werden.

I. Harte Standortfaktoren Den Umbau der Anschlussstelle Die Sicherung der Fahrwasserhöhe Neuss-West auf dem Rhein auf 2,80 Meter Die aktuelle Verkehrslage zeigt schon – Eine Containerlage auf einem Binnenschiff Verkehrsinfrastruktur jetzt, dass die Anschlussstelle Neuss- ersetzt circa 80 bis 120 Lkw-Fahrten auf West in den Hauptverkehrszeiten über- der Straße. Die regelmäßige Nutzung der Die harten Standortfaktoren haben eine lastet ist. Mit dem Umbau der Autobah- Wasserstraße setzt allerdings eine ver- insgesamt gute Bewertung der Betriebe nen im Braunkohleabbaugebiet wird lässliche Wasserstandshöhe voraus. In erhalten. Die überörtliche Straßeninfra- sich der Druck noch deutlich erhöhen. einem grenzüberschreitenden Projekt struktur bleibt ein Standortvorteil, allerdings Wir fordern den Ausbau der Anschluss- mit den Niederlanden wurde die Siche- bewerten die Unternehmen diesen Stand- stelle Neuss-West und des Westrings rung der Fahrwasserhöhe in der defi- ortfaktor geringfügig schlechter als 2012. Neuss nach Süden. nierten Fahrrinne des Rheins von 2,5 Auch vor dem Hintergrund, dass die distri- Meter auf 2,8 Meter bis nach Krefeld butiven Dienste im Rhein-Kreis überdurch- Eine Verkehrserschließung umgesetzt. Die Sicherung dieser Fahr- schnittlich bedeutend sind, kommt der Grevenbroichs wasserhöhe über Krefeld hinaus bis Verkehrsinfrastruktur eine besondere Auf- Die L 361n verbindet die nördlichen nach Köln/Bonn ist verkehrs-, industrie- merksamkeit zu. Aus diesem Grund fordert Stadtteile Grevenbroichs mit dem über- und umweltpolitisch sinnvoll und auch die IHK bezogen auf den Rhein-Kreis Neuss: regionalen Straßennetz. Durch eine feh- für den Hafen Neuss wichtig. lende Ortsumgehung von Kapellen ist – Im Bundesverkehrswegeplan 2030 ist Die Erhaltung und Sanierung von der Verkehrsdruck groß. Durch einen die Sicherung der Fahrwasserhöhe auf ­Straßen und Brücken entsprechenden Lückenschluss würden 2,80 Meter bis nach -Stürzel- Der Investitionsstau bei Straßen muss die Bürger entlastet und das Industrie- berg im vordringlichen Bedarf ausge- aufgelöst werden, und notwendige Sa- gebiet Ost würde besser angebunden wiesen. Wir fordern die zügige Umset- nierungen müssen zügig umgesetzt werden. Verbunden mit der Renaturie- zung dieser Maßnahme. werden. Außerdem sollten die im Bun- rung der Erft bietet sich eine nachhalti- desverkehrswegeplan beschriebenen ge Ausgleichsmaßnahme für Natur und Maßnahmen zur Kapazitätserweiterung Mensch. Wir fordern den Lückenschluss Flächenpolitik in Angriff genommen werden. der L 361n. Die Datenanalyse hat gezeigt, dass sich das Den sechsspurigen Ausbau der A 57, Die Verlängerung der Schienenstrecke Beschäftigtenwachstum auf einem im Ver- Anschlussstelle Delrath –Mettmann nach Viersen gleich zum Land überdurchschnittlichen Die Stadt Dormagen verfügt mit dem Mit der Initiative zur Einrichtung der Niveau befindet. Dies lag auch an der vor- Gewerbegebiet Silbersee noch über eine Regiobahn zwischen Kaarst und Mett- rausschauenden Gewerbeflächenpolitik in der wenigen großen zusammenhängen- mann wurde eine Erfolgsgeschichte ge- der Vergangenheit. Der Rhein-Kreis konnte den Entwicklungsflächen in der Region. schrieben. Die Verbindung unseres Wirt- in den vergangenen Jahren immer wieder Der Ausbau der A 57 bietet die Möglich- schaftsraums mit Düsseldorf bietet eine einige impulsgebenden Unternehmen für keit, dieses Gebiet zu erschließen. Mit deutliche Entlastung für die Straße. den Standort gewinnen – sicherlich auch der beabsichtigten Anschlussstelle Del- Dieser Erfolg ist durch die Verlängerung einer der Gründe, die zum guten Abschnei- rath wird zudem auch eine deutliche der Regiobahn nach Willich, Mönchen- den der Wirtschaftsförderung geführt ha- Entlastung der überlasteten B 9 erreicht. gladbach und Viersen fortzuschreiben. ben. Damit diese Entwicklung auch in Zu- Wir fordern die Planungsbeteiligten auf, kunft anhält, muss es weiterhin Flächen dieses Projekt zügig umzusetzen. geben, auf denen sich Unternehmen ansie- 28 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

deln können. Vorhandene Betriebe benöti- Flächenpotenziale in allen Kommunen ­-Ost, die Neuentwick- gen Entwicklungsmöglichkeiten. Daher des Rhein-Kreises heben: Für die ein- lung eines Gewerbegebiets südlich fordert die IHK eine zukunftsweisende zelnen Kommunen im Rhein-Kreis Neuss der A 46 (zwischen Düsseldorfer Flächenpolitik: existieren verschiedene Möglichkeiten, Straße und L 116) sowie die Aktivie- das Gewerbeflächenangebot zu erweitern. rung der im Regionalplan dargestell- Die IHK Mittlerer Niederrhein fordert Die IHK unterstützt diese Vorhaben. ten Sondierungsfläche südlich der konkret die Realisierung neuer regional – Neuss: Wir fordern die Realisierung A 46 und nordöstlich der L 361 in bedeutsamer Gewerbeflächen. Dazu ge- weiterer Gewerbeflächen in der Qui- Angriff genommen werden. hört auch das interkommunale Gewerbe­ rinusstadt, beispielsweise in Allerhei- – : Rommerskirchen gebiet Krefeld/ an der A 44: Es ligen (Kuckhofer Straße – Ost), im ist vor allem ein Agrarstandort und müssen verbindliche Verabredungen ge- Bereich Morgensternsheide und in bietet sich aufgrund der zentralen troffen werden, damit in die konkrete Pla- Hoisten-Süd. Darüber hinaus sollten Lage in der Region optimal für ein nung eingestiegen werden kann. Der erste perspektivisch auch die noch nicht Agrarzentrum an. Um dies planerisch Spatenstich sollte 2025 erfolgen. Dieses genutzten Flächen im Industrieband aufzugreifen, sollte im Regionalplan Gewerbegebiet beinhaltet auch große Uedesheim zwischen der A 57 und der eine zweckgebundene Fläche „Agro- Chancen für den Standort Meerbusch. B 9 im Hinblick auf Erweiterungs­ business“ südlich von Gill und nörd- potenziale untersucht werden. Eine lich der B 59n dargestellt werden. Chancen für Logistik: Die IHK hat in zusätzliche Erweiterung des Gewer- – Dormagen: Zur Erweiterung des Zusammenarbeit mit dem Rhein-Kreis begebiets Kreitzweg in Richtung ­Gewerbegebiets Top-West sollte Neuss und allen Gebietskörperschaften Südwesten sollte geprüft werden. zeitnah das erforderliche Planungs- im Kammerbezirk Flächenreserven auf – Kaarst: Die Revitalisierung des Ge- recht geschaffen werden. Mittelfris- ihr Entwicklungspotenzial hin unter- werbegebiets Kaarst-Ost sollte dazu tig sollte die Norderweiterung des sucht. Dabei sind fünf Premiumflächen genutzt werden, neue imageprägen- Gewerbe­gebiets Hackenbroich reali- herausgearbeitet worden, die realisiert de gewerbliche Nutzungen anzusie- siert werden. werden sollten: Dazu gehört auch das deln. Gleichzeitig sollten die vorhan- interkommunale Gewerbegebiet Dorma­ denen Unternehmen die Möglichkeit gen/Neuss Silbersee sowie das inter- haben, sich zu entwickeln. Breitbandausbau kommunale Gewerbegebiet Greven­ – : Wir fordern die Re- broich/­Jüchen an der A 540. alisierung eines Gewerbe- und Indus- Die Ergebnisse der Unternehmensumfrage triegebiets im Bereich Hassel­damm. haben gezeigt, dass die Betriebe im Rhein- Perspektiven für das Braunkohlen­ Dieser Standort ist aufgrund seiner Kreis der Informations- und Kommunikati- revier entwickeln: Die IHK unterstützt großen Entfernung zu Wohngebieten onsinfrastruktur eine hohe Bedeutung bei- die interkommunalen Ansätze der „Inno­ für emittierende Unternehmen prä- messen. Gleichzeitig sehen die Unterneh- vationsregion Rheinisches Revier“ und destiniert. men bei der Bewertung der Qualität noch des „Rheinischen Sixpacks“ – das ist der – Jüchen: Für die Anforderungen der erhebliches Verbesserungspotenzial. Eine Zusammenschluss der Kommunen Bed- Logistikwirtschaft ist eine optimale leistungsstarke digitale Infrastruktur ist burg, Bergheim, Elsdorf, Greven­broich, Anbindung des interkommunalen Voraussetzung für eine erfolgreiche Um- Jüchen und Rommerskirchen – sowie des ­Gewerbegebiets Grevenbroich/Jüchen setzung der digitalen Transformation sowie Zweckverbands „Tagebaufolge(n)land­ - A 540 an die A 46 unerlässlich. für die Entwicklung neuer Geschäftsmo- schaft Garzweiler“, dem die Kommunen ­Deshalb fordern wir das Land und delle. Für Unternehmen ist sie Grundlage Mönchengladbach, Erkelenz,­ Jüchen und Straßen.NRW auf, gemeinsam mit für eine reibungslose Abwicklung ihrer Ge- Titz angehören. Alle Zusammenschlüsse den Kommunen an einer Lösung zu schäfte. Der Kreis sowie die Städte und haben das Ziel, Perspektiven­ für die Zeit arbeiten. Gemeinden sollten sich mit ihren Mitteln nach dem Abschalten­ von Kraftwerken – Grevenbroich: Die Stadt Greven­ dafür einsetzen, dass eine flächendeckende beziehungsweise dem Auslaufen des broich benötigt neben den Flächen und leistungsfähige Breitbandversorgung Braunkohlentagebaus zu entwickeln. im interkommunalen Gewerbegebiet gewährleistet werden kann. Hierzu gehört auch die Entwicklung von Grevenbroich/Jüchen A 540 auch Gewerbe- und Industrieflächen. Diese neue stadtnahe Gewerbegebiete. Da- ­Flächen müssen in den Regionalplänen für sollten die Flächen im Bereich außerhalb des kommunalen Bedarfs Kapellen (Auf den Hundert Morgen), dargestellt werden. der Ausbau des Gewerbegebiets 8. FAZIT UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN 29

II. Arbeitskräfte und Qualifikation Die Förderung der Berufsorientierung Fachkräfte beruflich weiterbilden Das Thema Berufsorientierung muss Mit verschiedenen Instrumenten (z. B. weiter konsequent in die Strukturen al- Bildungsscheck, Bildungsprämie und Hinsichtlich der Bewertung der Arbeits- ler Schulformen integriert werden. Das Aufstiegs-BAföG) fördert der Staat marktfaktoren melden die Unternehmen aus Landesprogramm Kein Abschluss ohne Qualifizierungsmaßnahmen. Diese un- dem Rhein-Kreis insbesondere bei wichti- Anschluss (KAoA) sollte auf seine Wirk- terliegen verschiedensten und sich fort- gen Standortfaktoren wie der Arbeitskräf- samkeit hin überprüft und praktikabel laufend verändernden Voraussetzun- teverfügbarkeit und der Qualifikation loka- weiterentwickelt werden. Themen wie gen. Die Voraussetzungen sollten dabei ler Arbeitskräfte Verbesserungspotenzial Wirtschaft und Arbeitsleben müssen in nicht so häufig wie bisher verändert sowie eine deutliche Verschlechterung im den Schulalltag integriert werden. werden, um die Akzeptanz der Instru- Vergleich zu den Vorumfragen. Dies spricht mente in der Wirtschaft zu erhöhen und für einen sich verschärfenden Fachkräfte- Um den Fachkräftebedarf zu decken, sollte deren Administration zu erleichtern. mangel. Aus Sicht der IHK ist die duale das Potenzial von älteren Arbeitnehmern, Gleichzeitig sollten die Instrumente bes- ­Berufsausbildung die Basis des Erfolgs der Menschen mit Behinderungen und Bürgern ser aufeinander abgestimmt werden, um deutschen Wirtschaft. Daher fordert die IHK: mit Migrationshintergrund noch mehr als die Partizipation unterschiedlicher Ziel- bisher gefördert werden. Daher fordert die gruppen klar zu trennen. Insbesondere Ein besseres Image der dualen ­ IHK: sollten die restriktiven Gehaltsgrenzen Ausbildung beim Bildungsscheck wieder gestrichen Sämtliche Akteure müssen sich für das Geflüchtete beruflich integrieren werden. Aktuell müssen zahlreiche An- Erfolgsmodell der dualen Ausbildung Die Anträge auf Beschäftigungserlaub- tragsteller abgewiesen werden, zumal einsetzen. Auf die Gleichwertigkeit aka- nis müssen zeitnah bearbeitet und in- bereits die Bildungsprämie (traditionell) demischer und beruflicher Bildung soll- nerhalb von maximal zwei Wochen be- Gehaltsobergrenzen unterliegt. te immer wieder hingewiesen werden, schieden werden. Das ist für die Pla- um das Image der dualen Ausbildung mit nungssicherheit der Unternehmen Weiterbildungs- und Beratungsangebo- der anschließenden höheren Berufsbil- wesentlich. Aktuell liegt der Bearbei- te sollten flächendeckend und ortsnah dung in der öffentlichen Wahrnehmung tungszeitraum bei vier bis sechs Wo- zur Verfügung stehen. Auf dem Weg in zu verbessern. Um unversorgte und chen. Die sogenannte 3+2-Regelung für die digitale Arbeitswelt müssen auch noch nicht ausbildungsreife Jugendliche Flüchtlinge in der Ausbildung birgt nach ältere Arbeitnehmer durch passgenaue weiterzuqualifizieren, müssen betriebli- wie vor für Unternehmen Unsicherhei- Weiterbildungsangebote mitgenommen che Angebote gefördert werden. Ziel ten. Eine Duldungsregelung wäre bereits werden. Doppelstrukturen der Bildungs- muss dabei die Integration in eine be- für die Zeit der Ausbildungsvorbereitung akteure sollten vermieden werden. Für triebliche Erstausbildung bleiben. wichtig, etwa während einer Einstiegs- die Kompetenzförderung auf wissen- qualifizierung. Der Bund sollte Interpre- schaftlichem Niveau sind die Hochschu- Die Stärkung der Berufskollegs tationsräume in dem Gesetz schließen len mit ihren Angeboten zuständig, für Ziel ist ein flächendeckendes, ortsnahes und Ergänzungen für das Thema Ausbil- die berufliche Weiterbildung die zustän- Berufsschulangebot. Das stärkt die Aus- dungsvorbereitung formulieren. digen Stellen gemäß Berufsbildungsge- bildungsbereitschaft der Unternehmen setz, Bildungsträger und Unternehmen. und die Ausbildungsmotivation junger Die Einstiegsqualifizierung (EQ Plus) für Menschen, die in ihrer Region verwur- Flüchtlinge sollte mit einem Sprachkurs zelt sind. Die technische und personelle verknüpft werden. Dazu werden am Ausstattung der Berufskollegs am Mitt- Mittleren Niederrhein Sprachangebote leren Niederrhein und damit auch im in Teilzeit benötigt. Rhein-Kreis muss kontinuierlich verbes- sert werden. Nur dann können die Azu- bis in der Berufsschule für den digitalen Wandel fit gemacht und auf die Wirt- schaft 4.0 vorbereitet werden. 30 RHEIN-KREIS NEUSS – Wirtschaftliche Strukturen und Standortqualität

III. Qualität der Innenstädte Die Entwicklung des Areals levanten Aufgaben und Dienstleistungen Hammfeld II zu einem ­ verlässlich, in kurzen Fristen und nach- Gewerbestandort vollziehbar wahrnehmen. Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistung Der Möbelhaus-Investor Kurt Krieger und passende Wohnangebote tragen zur hat für die Entwicklung des Gesamt­ Eine nachhaltige Haushaltspolitik Attraktivität eines Zentrums bei. Deshalb areals Hammfeld II mit rund 100.000 in den Kommunen setzt sich die IHK für die Vielfalt der Innen- Quadratmetern Fläche einen Options- Bei der Konsolidierung der kommunalen städte ein und fordert: vertrag, der ihm fünf Jahre Zeit gibt. Haushalte muss in den kommenden Laut ersten Plänen sollen dort ein wei- ­Jahren der Schwerpunkt auf der Redu- Digitalisierung des Handels fördern terer Mitnahmemöbelmarkt und ein zierung der Ausgaben liegen. Sowohl Der Handel muss sich den veränderten Fahrradfachmarkt entstehen. Wir sehen Grund- als auch Gewerbesteuern sollten Ansprüchen der Konsumenten anpassen diese Planungen kritisch, vor allem auch nicht erhöht werden. Beide Kostenfak- und nicht nur lernen, mehrere Kommu- deshalb, weil schon heute im benachbar- toren werden zwar nicht so schlecht nikations- und Vertriebskanäle zu nut- ten Möbelmarkt zentrenrelevante Sorti- bewertet wie in der Gesamtregion, aber zen, sondern ein umfassendes Einkaufs- mente in erheblichem Umfang verkauft etwas schlechter als im Jahr 2012. und Markenverständnis zu entwickeln. werden. Deshalb sprechen wir uns dafür Diese Aufgabe muss insbesondere der aus, das Hammfeld II zu einem Gewer- Mehr Kooperation inhabergeführte, stationäre Handel an- bestandort und eben nicht zu einem Nicht nur eine systematische Aufgaben- nehmen; aber er bedarf dabei der Unter- Fachmarktstandort zu entwickeln. kritik trägt dazu bei, dass Kommunen stützung durch die Warenhersteller und sparen. Auch weitreichendere kommu- durch die Förderung von Modellprojek- nale Kooperationen können helfen, Kos- ten durch die öffentliche Hand. ten zu senken. Indem einzelne Gemein- IV. Kommunale Kosten und den bestimmte Aufgaben outsourcen, Nutzungsvielfalt bewahren und Leistungen können sie sich sachlich, thematisch und Lauflagen lebendig halten personell spezialisieren. Das spart Geld. Nur durch die Bündelung zahlreicher Zugleich werden Vorgänge entbürokra- öffentlicher und privater Dienstleistun- Die kommunalen Kosten werden in der tisiert. Letztlich führt eine solche Ko- gen und Angebote, aber auch durch die ­Untersuchung als Herausforderung für den operation zu einer kundenfreundliche- Etablierung des Wohnens mit einer ad- Standort identifiziert, die kommunalen ren und kompetenteren Verwaltung. äquaten Nahversorgung in den Städten, Leistungen werden besser als in der Ge- bleiben die Innenstädte lebendig. Urba- samtregion Mittlerer Niederrhein bewer- nität ist das einzige Mittel, um sich vom tet. Die IHK fordert daher: Marktplatz Internet erfolgreich abzu- grenzen. Die Einführung eines One-Stop-Agency-Konzepts Innenstädte müssen erreichbar ­ In Kommunen, die das One-Stop-Agency- bleiben Konzept eingeführt haben, betreut ein Die Innenstädte müssen sowohl mit einziger Ansprechpartner den Kunden Pkw, mit öffentlichen Verkehrsmitteln und begleitet ihn durch den „Behörden­ und für den übrigen Individualverkehr dschungel“. Dieses Konzept ist für die erreichbar sein und es muss ausreichen- Städte und Gemeinden im Rhein-Kreis der Parkraum in Nähe der Geschäfte zur Neuss nachahmenswert, auch wenn die Verfügung stehen. Umweltzonen, Lärm- Unternehmen den Behörden im Rhein- schutzvorgaben und Parkgebühren dür- Kreis schon heute ein besseres Zeugnis fen die Kunden nicht von den Innenstäd- ausstellen als die Unternehmen in der ten fernhalten und die ÖPNV-Verbin- Region Mittlerer Niederrhein im Schnitt. dungen sind konsequent auf die Dies kommt nicht von ungefähr. Die Innenstädte auszurichten. Kreisverwaltung selbst ist als mittel- standsfreundliche Verwaltung zer­ tifiziert. Zudem sollten die Städte, Ge- meinden und Kreise ihre wirtschaftsre- 8. FAZIT UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN 31

V. Qualität der Forschungs- und Die Forcierung des Austauschs Die Förderung von Innovationen Beratungsinfrastruktur zwischen Wirtschaft und ohne bürokratische Hürden Wissenschaft Vor allem für kleine und mittelständi- Die Hochschulausbildung sollte noch sche Unternehmen sind Innovationen Die Standortfaktoren rund um das Thema stärker als bisher die Bedürfnisse der bedeutend, um dauerhaft am Markt er- Forschung und Beratung werden zwar als Wirtschaft wiederspiegeln. Der Aus- folgreich zu sein. Wir fordern unbüro- weniger bedeutend angesehen. Dennoch tausch zwischen Wirtschaft und Wis- kratische und themenoffene Förderpro- sind neue Technologien und Innovationen senschaft sollte forciert werden. Ent- gramme für Innovationen – insbesonde- Basis dafür, dass der Rhein-Kreis sich auch wicklungen und Forschungsergebnisse re für kleine und mittlere Unternehmen. in Zukunft im Wettbewerb mit anderen der Hochschulen sollten sichtbarer wer- Regionen behaupten kann. Die Innovati- den. Die Digitalisierung muss eine stär- onskraft der Unternehmen ist für die Regi- kere Rolle im Studienangebot spielen. on von entscheidender Bedeutung. Daher fordert die IHK:

BISHER ERSCHIENENE STANDORTANALYSEN IHK in Krefeld

Postfach 10 10 62 47710 Krefeld Stand: April 2018 Nordwall 39 47798 Krefeld

Tel. 02151 635-0 Fax 02151 635-338 E-Mail [email protected]

IHK in Mönchengladbach

Postfach 10 06 53 41006 Mönchengladbach

Bismarckstraße 109 41061 Mönchengladbach

Tel. 02161 241-0 Fax 02161 241-105 E-Mail [email protected]

IHK in Neuss

Postfach 10 07 53 41407 Neuss

Friedrichstraße 40 41460 Neuss

Tel. 02131 9268-0 Fax 02131 9268-529 E-Mail [email protected]

www.mittlerer-niederrhein.ihk.de