mit der Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt.

Von Prälat Paul Kopf, Tiejenbach/ Ludwigsburg ------1200 Jahre Seekirch - Bedenkenswertes aus der Geschichte

Kirche und Pfarrei Das Kloster Marchtal, dem die Pfarrei seit 1395 in- korporiert (einverleibt) war, scheute keine Mühen, Eine am 23. Oktober 805 in Zell bei seine zehn Pfarrdörfer und vierzehn Weiler mit zeit- ausgestellte und im Stiftsarchiv St. Gallen aufbewahr- gemäßen Gotteshäusern auszustatten. Ohne diese

te Urkunde veranlasst im Jahre 2005 mehrere Ge- Der Hochaltar der Pfarrkirche Mariae Himmel- meinden, das 1200-jährige Jubiläum ihrer Erstnen- fahrt Seekirch bei der Primiz am 24. Juli 7955. nung zu feiern, darunter auch die Gemeinde See- kirch, deren Kirche "ad See" in der Urkunde genannt wird. Beweisen zu wollen, es handle sich um eine an- dere Kirche als die am , dürfte wohl recht schwierig sein. Der steil über den Seewiesen aufra- gende Platz der Kirche .könnte aufgrund seiner Lage schon in vorchristlicher Zeit eine kultische Bedeutung gehabt haben. Wann und von wem diese genannte Kirche gebaut wurde, ist nicht fassbar. Der Marchtaler Abt Iohann Engler (1614-1637), Mesnersohn aus der Schussenrieder Gemeinde Steinhausen, dessen Bru- der zu dieser Zeit als Ammann in amtier- te und dessen Sohn Karl der bisher bedeutendste in Alleshausen Geborene werden sollte, entschloss sich, in seiner Patronatsgemeinde eine neue Kirche zu bau- en. Ein im westlichen Innenraum der Kirche eingelas- sener Stein mit seinem Wappen erinnert noch heute an ihn als den Erbauer. Das abgebrochene Gotteshaus dürfte aus der Zeit der Gotik gestammt haben.Nur das ehemalige Wallfahrtsbild aus dem zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts wurde aus der Vorgängerkirche, bei der es sich sicher nicht mehr um die 805 genann- te handeln dürfte, übernommen. Die 1616 errichtete Kirche scheint in ihrer Größe der Vorgängerkirche zu entsprechen, da bei der Renovation 1941 nach Aus- kunft der Pfarrchronik damals eine entsprechende Al- tarmensa festgestellt worden sei. Von Prälat Paul Kopf, Tiejenbach/Ludwigsburg

Außenansicht der Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt.

Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt nach der Renovation von 1981. 4·5

Verbindung könnte sich die Pfarrei Seekirch an keiner Seitenschiffes mit der Rosenkranzkönigin, dem hl. Do- so herrlichen Kirche erfreuen, die 1707 bereits einmal minikus und der hl. Katharina von Siena, dahinter die erneuert wurde. Die Meister von Obermarchtal wur- Federseelandschaft im 18. Jahrhundert, ein würdiger den auch Planer und Ausführer der dörflichen Klos- Ort für die Figur der Pietä. Der rechte Seitenaltar ist terkirchen. Am 21. April 1756 begann so Baumeister der heiligen Märtyrerin Katharina geweiht. Das Bild - Iosef Moosbrugger den Umbau der 1616 erstellten wohl 1715 ebenfalls von Weller gemalt - zeigt Katha- Kirche mit dem Abbruch der 1713 und 1715 erbau- rina mit Ursula und Agatha. Vor ihm steht ein Votiv- ten Altäre. Francesco Pocci, der durch den Deutsch- bild, Mariae Krönung, welches Pfarrer Georg Baur in ordensbaumeister Giovanni Bagnato mit seinen Söh- den Kriegsjahren erwerben konnte. nen als Stuckateur für die Prämonstratenserabtei an- Eine 1898 durch Pfarrer loset Hund durchgeführte geworben worden war, gestaltete die Kanzel. Das Renovation war für das herrliche Bauwerk ein unheil- Türmchen für die Lorettoglocke errichtete der aus volles Unternehmen entsprechend dem Geist der da- Oberstadion stammende Zimmermeister Iohann Mar- maligen Zeit, der die Fülle des Barock nicht verstehen quart aus , denn möglichst viele örtliche konnte. Dem suchte Pfarrer Baur abzuhelfen.Trotz und nachbarliche Handwerker sollten an den Bauten Krieg und Not hat er es geschafft, die Kirche mit Res- beteiligt werden. Das Chorfresko fertigte 1760 Franz taurator Konrad Kneer aus Munderkingen 1941 bis Sigrist (1727-1803), der 1758 bereits die Vorhalle der 1945 zu renovieren. Die letzte Renovation 1977 bis Benediktinerabteikirche in Zwiefalten ausgemalt hatte 1981 unter Pater Bader hat mit viel Einfühlungsver- und dessen bedeutendstes Werk das zwischen 1780 mögen auch die Belange der Liturgiereform des 2.Va- und 1783 entstandene Fresko im Prunksaal des Ly- tikanischen Konzils berücksichtigt, wobei auch der zeums in Eger/Ungarn ist. Der Stuckateur Franz Xa- schadhafte Turm grundständig saniert wurde. ver Schmuzer aus Wessobronn arbeitete im Chor, am Chorbogen und an der Kanzel. Den 1743/44 erneu- Die Anlagen um die Kirche und ihre Bewohner erten Turm erhöhte Moosbrugger und versah ihn mit einer Laterne; Ioseph Lukas Selg, Maler, Lehrer und Das einst älteste Gebäude bei der Kirche, das Mesner in Dieterskirch, fasste Knopf und Kreuz und Schloss Burgberg auf dem Gelände des späteren Gar- vergoldete das Ganze. tens vom .Klosenbauern", wurde von Abt Iohannes Über dem von Schmuzer stuckierten Bogen ist Haberkalt (1514-1518), dem ersten namentlich be- unübersehbar das Wappen des Bauherren E(dmund) kannten Kooperator in Seekireh, auf den Ruinen eines A(bt) z(u) M(archtal) (1746-1768) angebracht. Die Vorgängerbaus errichtet. Dieser Marchtaler Abt, aus Deckenausmalung mit Mariae Himmelfahrt als Haupt- Überlingen gebürtig, scheint am Federsee heimatliche bild schuf 1756 der bekannte Weissenhorner Maler Erinnerungen bekommen zu haben, denn er wohnte Franz Martin Kuen (1719-1771), im Chor die über regelmäßig in dieser seiner Residenz am See, in der er die Höllenmächte triumphierende Gottesmutter 1760 1518 auch verstarb. Franz Sigrist. Das Bildprogramm der Kirche entspricht Bis zum 30-jährigen Krieg nutzten auch die nach- mit seinen Bezügen und seiner Vielschichtigkeit voll folgenden Äbte das Anwesen als Sommersitz. Danach den Vorstellungen barocker Frömmigkeit. Für den begann der Verfall, worüber Marchtals Untertanen festlichen Hochaltar malte Anton Messmer 1774 das nicht unglücklich waren, denn sie hassten diesen Altarbild mit der Krönung Mariens. In der unteren "Fronberg". Das Material wurde 1758 zum Bau des Hälfte des Gemäldes sind verschiedene Heilige darge- Kamera1hofes in Alleshausen (Wirtschaft zum Engel), stellt, darunter der hl. Norbert als Gründer des Prä- die letzten Fundamentsteine 1782 zum Bau von Bai- monstratenserordens, der hl. Oswald als Patron von ers Brunnen verwendet. Um 1840 kaufte B1asiusEng- Tiefenbach, der hl. Blasius als Patron von Alleshausen ler (Klosenbauer) vom Taxis'schen Rentamt zu Bu- und der hl. Vitus als Patron der ehemaligen Riedka- chau um 750 fl. den ganzen Platz und trug den Hügel pelle. Den Altar flankieren, wie in allen Kirchen der bis 1863 allmählich ab. Das steinerne Wappen vor Prämonstratenser, die Heiligen Augustinus und Nor- dem Schlossportal mit der Inschrift: .Johannes Haber- bert. kalt, Abt zu MarchtaI1514", wurde beim Abbruch als Der Ehinger Maler Iohann Martin Weller schuf letzte Erinnerung in die Kirchenmauer innerhalb von 1713 das Altarbild des Rosenkranzaltares des linken Klosens Garten, der heute anders genutzt wird, einge- Von Prälat Paul Kopf, Tiejenbach/Ludwigsburg

Die älteste Fotografie im Pfarrarchiv (7906): Das nach 7597 erbaute Pfarrhaus mit der Kaplanswohnung, zuvor Sommerwohnung des Abtes von March tal mit der Pfarrscheuer. Auf dem Gelände wurde 7908 das Kaplanei- bzw. ab 7930 das Schwesternhaus erbaut. Das unter dem Seekireher Abt Johannes Ried- Auf dem Areal befand sich auch die 7838 ab- gasser (7597 -7 600) erbaute Pfarrhaus bei der gebrochene herrschaftliche Zehntscheuer. Renovation 7950. mauert und später über dem Hauptportal der Kirche Chorherr in Marchtal; 1848 bis 1850 Vinzenz Blei- (hinterer Eingang) außen am Turm eingelassen. cher, 1814 zum Priester geweiht, der eigentlich erste Das jetzige Pfarrhaus wurde unter dem aus See- Weltgeistliche; 1851 bis 1862 Alois Allmajer, zuvor kirch stammenden Johannes Riedgasser, der von 1591 Pfarrer der Taxis'schen Gemeinden Elchingen und Eb- bis 1600 Abt von Marchtal war, erbaut und 1737 res- nat auf dem Härtsfeld; 1862 bis 1884 Iohann Evange- tauriert und erweitert. Zwischen 1792 und 1796 er- list Schöttle, zuvor ebenfalls Pfarrer in Ebnat, der sich folgte eine weitere Erneuerung, die letzte unter der an allen Orten seines Wirkens der Erforschung ihrer Marchtaler Herrschaft. Die Baulast fiel nach 1803 an Geschichte widmete.Ihm folgten: 1885 bis 1904 J0- Thurn und Taxis, im Zuge der sog. Ablösung dann an sef Hund, der 1898 die Pfarrkirche im damaligen die Kirchenpflege. Grundständige Reparaturen erfolg- "Zeitgeschmack" renovierte; 1904 bis 1908 Theodor ten immer wieder, so 1950. Mit der Übernahme der Selig als Pfarrverweser, ebenfalls ein verdienter Ge- Seelsorge durch Marchtaler Patres im Jahre 1428 schichtsforscher; 1908 bis 1924 Josef Anton Kloos, wurde diesen ein Helfer beigegeben, der später im zuvor Pfarrer in Uigendorf; 1924 bis 1935 Raphael südlichen Anbau des Pfarrhauses, zuvor Sommerwoh· Hartmann, zuvor Pfarrer der Taxis'schen Pfarrei Tru- nung des Marchtaler Abtes, wohnte. Der Haushalt genhofen/Härtsfeld; 1935 bis 1939 die Pfarrverweser von Pfarrer und Helfer wurde 1803 getrennt. 1906 Gregor Wäschle, Hermann Geiger, Emil Kunz und Ge- beschloss der Kirchenstiftungsrat nach intensiver Be- org Baur, der 1939 zum Pfarrer ernannt wurde. Trotz ratung, die alte, um 1694 erbaute Pfarrscheuer und Kriegszeit renovierte Georg Baur die Pfarrkirche, die die bisherige Kaplaneiwohnung auf Abbruch zu ver- Kapelle in Alleshausen, den Hochaltar in Tiefenbach kaufen, um einen Neubau zu errichten. Das daneben- und die Figuren der Wendelinuskapelle in Brasenberg. stehende Pfarrhaus selber wurde grundständig reno- 1947 wechselte er nach Wilhelmskirch. Nachfolger viert. waren 1948 bis 1957 Karl Müller, der eifrige Marien- In die Pfründgebäude (Pfarr- und Kaplaneihaus) zoo verehrer; 1958 bis 1968 Benno Unterricker, der zum gen nach den Marchtaler Patres ab 1803 vom Patro- hauptamtlichen Landvolkseelsorger bestellt wurde; natsherren Thurn und Taxis bestimmte Pfarrer und 1969 bis 1975 Hugo Ackermann, der unter den nach- Kapläne ein, die nach der Ernennung durch den Fürs- konziliaren Verhältnissen und unter den Veränderun- ten vom Bischof von Konstanz, später vom Bischof gen in Kirche und Gesellschaft sehr gelitten hat; 1975 von Rottenburg, bestätigt werden mussten. Erster bis 1982 P.Franz Bader SVD, mit Leib und Seele Afri- Weltgeistlicher wurde der frühere Prior von Marchtal kamissionar, der nach gebesserter Gesundheit wieder JosefVonier, der - ab 1800 Pfarrer in Seekirch - die- in die Mission zurückkehrte; 1983 bis 1985 Stanis- sen Umbruch der Zeit verkraften musste und 1824 laus Holetzek, ein Spätaussiedler aus Schlesien, der "geistesverwirrt" in Seekirch verstarb. Es folgten mit den westlichen Verhältnissen nicht zurecht kam; 1824 bis 1848 Sebastian Gärtner, früher ebenfalls 1985 bis 1991 Paul Notz, der alsbald auch die Seel- 6·7

sorge in mit übernehmen musste; 1991 bis 1994 Franz Xaver Schmid, der sich krankheitsbe- dingt bald pensionieren ließ; 1994 bis 2000 Werner Schmid, der am 28. Mai 2000 verstarb. Er sollte der letzte geistliche Bewohner des Pfarrhauses sein. Durch die Bildung von Seelsorgeeinheiten wurde die Pfarrei der Seelsorgeeinheit .Pedersee" mit Pfarrsitz eingegliedert; das Pfarrhaus wurde ver- Pfarrer Georg Baur auf Besuch beim Hüten mietet (um 7940). Das neu erbaute Kaplaneihaus konnte bis 1914 besetzt und für das schöne Anwesen musste eine Kaplan Claudius Buck bewohnen. Ihm folgte bis 1925 neue Nutzung gefunden werden. Darüber schreibt Iohannes Renz, der dann als Pfarrer nach Michelwin- 1930 der Chronist Pfr. Hartmann: "Am 8. Mai 1930 naden wechselte.Als "Wundertäter" an kranken Leu- sind zwei Barmherzige Schwestern vom Kloster Reu- ten wurde Kaplan Renz weit über Württemberg hi- te in das hiesige Kaplaneihaus eingezogen, um eine naus bekannt Das Bischöfliche Ordinariat hat den Krankenschwesternstation für die ganze Pfarrei zu großen Zustrom auswärtiger Kranker gar nicht gern gründen. Die Schwester Oberin heißt M. Balduina, gesehen und untersagte Renz die Anwendung des ihre Mitschwester M. Guta.Letztere besorgt noch sog. Exorzismus. Nach seinem Weggang wurde die den Handarbeitsunterricht in der Schule in Alleshau- Kaplaneistelle aus finanziellen Gründen nicht mehr sen. Die Kosten der Krankenschwesternstation wer- Johann Evangelist Schöttle, Pfarrer in See- den getragen von einem im September 1929 gebilde- kirch von 7862 bis 7884. Zu seiner Investitur ten Krankenpflegeverein, der 142 Mitglieder zählt am 4. Juni 7862 wurde er mit 40 Chaisen in und einen Jahresbeitrag von 6 Mark erhebt.Der Diö- Uttenweiler abgeholt zesanverwaltungsrat in Rottenburg hat das Kaplanei- haus vorläufig unentgeltlich überlassen. Möge diese gemeinnützige Gründung sich gut entwickeln." Die-

Von 7930 bis 7982 bestand die Schwestern- station mit Reutener Schwestern. Kranken- pflege, Nähschule, Strickschule, Kindergarten bildeten ihr Aufgabenfeld. Nach dem 2. Welt- krieg wurde die Station wieder mit drei Schwestern besetzt, nachdem in der NS-Zeit eine Schwester für Lazarettdienste abgezo- gen wurde. Ab 7945 wirkten hier: Schwester Epiphania, Schwester Eugenia und Schwester Renovata. Von Prälat Paul Kopf, Tiejenbach/Ludwigsburg

ser gute Wunsch hat sich bis 1982 erfüllt. Dann muss- te die Station aus Mangel an Schwestern aufgelöst werden. Bereits 1979 war für die Krankenpflege der Anschluss an die Sozialstation Riedlingen erfolgt. Die Schwesternstation wurde für ein halbes Jahrhundert eine prägende Einrichtung für die ganze Pfarrgemein- de. Der Handarbeitsunterricht wurde den Schwestern in der NS-Zeit allerdings entzogen. Die häusliche 3. Februar 7942: Abschied von den Glocken. Krankenpflege, der Schmuck der Kirche, die Betreu- Vorne links: Pfarrer Georg Baur. ung des Kindergartens und im Winter die Nähschule gegossene Glocke sowie 27 Orgelpfeifen ab- prägten durch Jahrzehnte das soziale Gefüge. Kein geliefert werden. Das Glöcklein, das alle Kriegsstürme Wunder, wenn junge Mädchen sich ebenfalls zum überlebt hat, ist das Wetterglöcklein hoch oben in der Eintritt in ein Kloster entschlossen haben. Doch schon Laternenkuppel des Turms. Es wiegt 65 Pfund, wurde beim 50-jährigen Bestehen der Station (1980) zeich- 1746 gegossen, in Loretto geweiht und 1793, weil nete sich das Ende ab. Als 1982 auch noch der Kin- zersprungen, in Biberach umgegossen. Als im 2. Welt- dergarten in Seekirch mangels Kindern geschlossen krieg dieses Glöcklein mit zwei anderen Glocken ab- werden musste, vermerkt der Chronist P. Bader: "Die geliefert werden sollte, entschied sich die Pfarrei, beiden Schwestern Eusteria Rupp (82) und Eugenia es zu behalten und dafür die dritte im Turm hängende Riek (76) bleiben vorläufig noch hier und machen den Glocke herzugeben; denn das Wetterglöcklein steht Mesnerdienst und die Kirchenwäsche. Die Oberen seit Jahrhunderten in höchstem Ansehen als Schutz wollen aber, dass beide diesen Herbst ins Mutterhaus gegen die oft übel wütenden Unwetter, deren es vor zurückkehren." allem früher viele gab. Die zwei nun fehlenden Glocken wurden in der Die Glocken der Pfarrkirche Inflationszeit 1923 um den Preis von 31/2 Millionen Mark, der allerdings durch eine Umlage in Form von Der Ursprung der Glocken, als Bindeglied zwi- Getreide aufgebracht werden musste, neu beschafft. schen Himmel und Erde verstanden, liegt in China, Nur bis 1942 durften diese Glocken läuten, dann fand in Europa durch Klostergemeinschaften Einzug mussten sie im 2. Weltkrieg zu Kriegszwecken abge- und wurde durch die Christianisierung unseres Lan- liefert werden. des zum Allgemeingut der Kirche. Jahrhundertelang, 10 Jahre nach dem 2. Weltkrieg, am Sonntag, 22. bis ins 20. Jahrhundert, bestimmte der Klang der Mai 1955, konnten nach vielen Verhandlungen und Glocken die Zeiten von Gebet, Arbeit und Muße. Überlegungen drei neue Glocken geweiht werden. Auch heute noch fasziniert ihr Klang, und keine Ge- Die größte mit 20 Zentner Gewicht wurde als Mari- meinde möchte sie missen. Glockenweihe am 22. Mai 7955 durch Dekan Bereits die erste Seekircher Kirche dürfte zumin- Johannes Holl aus Uttenweiler auf dem dest mit einer Glocke ausgestattet gewesen sein. Lei- Kirchplatz. der gibt es darüber keine Überlieferung. Diese beginnt erst 1690. Abt Nikolaus von Marchtalließ damals in Rottenburg u. a. für die Seekireher Pfarrkirche eine 13 Zentner schwere Glocke, ausgestaltet mit zahlreichen Bildnissen und Umschriften, gießen. Bis 1942 durfte sie läuten; dann musste sie am 3. Februar abgeliefert werden, kehrte aber zur Freude aller in der Pfarrei 1948 "aus dem Krieg" zurück. Weniger Glück war der zweiten, ebenfalls 1690 gegossenen Glocke be- schieden. Am 1. September 1918 musste sie abgelie- fert werden und scheint noch in den letzten Kriegs- monaten zu Kanonenkugeln umgegossen worden zu sein. Schon im September 1917 mussten eine 1779 in ..8·9

englocke geweiht, die zweite mit 8 Zentner Gewicht als Friedensglocke und zugleich als Erinnerung an die Gefallenen und Vermissten des 2. Weltkriegs. Daher die Umschrift: "Unseren Gefallenen und Vermissten 1914/18 bis 1939/45 in Dankbarkeit". Die kleinste Glocke, 5 bis 6 Zentner an Gewicht, wurde der Heili- gen Familie geweiht. Die am 27.April 1955 von der Firma A. Bachert,Heilbronn, gegossenen Glocken tra- gen alle die Handschrift des eifrigen Pfarrers Karl Mül- ler, des Predigers für den Frieden, des Kämpfers für die christliche Familie und des unermüdlich vor dem Bolschewismus warnenden Seelsorgers.

Geistliche aus der Pfarrei

Wenn früher in unserer Gegend jemand zu Amt und Würden gelangen konnte, war dies fast nur im geistlichen Amt möglich, denn in der Zeit vor der Sä- kularisation (1803) waren vorwiegend die Klöster die Johannes Riedgasser, Seekirch, Abt in Orte der Bildung. Auf diesem Wege gelangte der See- Marchtal von 1591 bis 1600. Ein Michael kireher Johannes Riedgasser von 1591 bis 1600 zur Riedgasser wird 1552 in einer Seekireher Ur- Abtswürde im Kloster Marchtal, der Brasenberger kunde (U 23) als Heiligenpfleger erwähnt. Die Michael Müller war 1598 bis 1628 Abt in Zwiefalten. Familie ist schon vor 1500 im Federseegebiet beheimatet. In Alleshausen wird 1433 Heinz Da aus dieser Zeit noch keine Kirchenbücher vorhan- Riedgasser (U 23) erwähnt, in Brasenberg den sind, kann über die Familie Riedgasser nichts 1414 Konrad Riedgasser, 1583 erhält Zacha- Näheres berichtet werden. Iohannes Riedgasser könn- rias Riedgasser den österreich ischen Lehen- te in Dillingen mit einem anderen Seekireher studiert hof Ödenahlen (U 27). haben. Dort ist in der Universitätsmatrikel 1558 Wolf- gang Frank aus Seekirch, Licenziat und Magister der gen Jahren auf tragische Weise Vater und Mutter und Philosophie, eingetragen, der 1561 zum Doktor pro- wurde bei seinen Großeltern in Brackenhofen erzo- moviert wurde. Vom damaligen Marchtaler Abt Chris- gen. Er ging nach Marchtal zur Schule, kehrte aber toph Schenz wird berichtet, er habe einige Fratres bald wieder zurück und wurde bis 1797 Bauern- zum Studium nach Dillingen gesandt. Die nachrefor- knecht, um 1798 wieder nach Marchtal zum Studium matorische Bewegung, durch das Konzil von Trient zu gehen, das durch die Auflösung des Klosters 1802 und den Jesuitenorden getragen, stärkte das Bildungs- unterbrochen wurde. 1804 und 1805 führte er die wesen. Die Auflösung des Klosters Marchtal wurde Studien in Konstanz weiter, trat 1806 in das bischöf- daher auch für die Pfarrei Seekirch zu einem großen liche Priesterseminar Meersburg ein und wurde dort Einbruch. Der bisherige Weg, vor allem für eine höhe- am 21. September 1806 zum Priester geweiht, um re Bildung, war jäh unterbrochen. So musste auch die am Montag nach dem Rosenkranzfest in Seekirch Pri- Ausbildung der Geistlichen neu geordnet werden, um miz zu feiern. Nach einem weiteren Seminaraufent- die Seelsorge zu sichern. Seit dieser Zeit haben aus der halt Vikar in Burladingen, 1808 in Saulgau und 1810 Pfarrei Seekirch verschiedene Jungen den Weg zum Schlosskaplan in Heudorf, wirkte er von 1817 bis Priestertum beschritten, wobei in der Regel das Kon- 1838 als Pfarrer in Altheim bei Riedlingen, wo er am vikt Ehingen zur ersten Station wurde. Die erste Pri- 10.April 1838 starb. miz nach 1803 feierte aus der Pfarrei Johann Michael Am 10. August 1859 wurde Andreas Buck nach Sauter. dem Studium der Theologie an der Universität Tü- Iohann Michael Sauter, geboren am 29. Dezember bingen in Rottenburg zum Priester geweiht. Er 1776 als Sohn des Ioseph Sauter aus Brackenhofen stammte aus dem früheren Lehenhof .Joachim", und der Maria Cadus aus Alleshausen, verlor in [un- der schon 1518 .Schoppes" genannt wird. Der Vater Von Prälat Paul Kopf, Tiejenbach/Ludwigsburg

und Förderer der katholischen Presse" (Chronik 1908). Der 1854 in Tiefenbach geborene Sebastian Schwörer wurde am 30. Juli 1876 in Innsbruck zum Priester geweiht. Die schulische Ausbildung erhielt er in Buchau, Ravensburg und Maria Einsiedeln; Philo- sophie studierte er in St. Maurice/Schweiz und Theo- logie in Innsbruck. 28 Jahre wirkte er in der damals ungarischen Diözese Siebenbürgen als Religionsieh- rer, Beichtvater von Ordensfrauen und Assessor Con- sistorii beim Landesbischof von Siebenbürgen. 1904 wechselte er als Aushilfsgeistlicher in die Diözese Re- gensburg, wo er in Allkofen am 25. Mai 1921 starb (Auskunft Archiv Regensburg vom 21. Juli 2004). Richard Hepp aus Tiefenbach feierte am 19. Juli 1896 in Seekirch Primiz, wobei sich ob des Andrangs der Gläubigen die Kirche als zu klein erwies. Er war in Biberach, Cannstatt, Bietigheim und Spaichingen tätig und lebte als Pensionär in Riedlingen, wo er am 12. Februar 1938 verstarb. Im 20. Jahrhundert feierte nur ein Seekireher Pri- Auf dem Weg zum Primizgottesdienst am miz: Otto Scheffold, geboren in "Stephes Speicher" als 29. Juni 7932. Mitte: Primiziant P.Guntram Sohn von Schneidermeister Ludwig Scheffold aus Olz- Scheffold; rechts: Primizprediger Pater Supe- reute und der Cäcilia geb. Lemmle von Winterstetten- rior aus Lochau bei Bregenz; links: Pfarrer Raphael Hartmann, Seekirch. Die letzte Pri- stadt, die das Haus von Anna Maria Stör kauften. miz eines Seekirehers (Andreas Buck) fand 1927 trat Otto Scheffold bei den Salvatorianern, die in am 74.August 7859 statt. Er wurde damals in Wurzach 1920 eine Niederlassung gegründet hatten, mit Chaisen abgeholt, während ein. Als Frater Guntram kam er in die USA und wur- Pater Guntram in Biberach mit einem be- de am 14. Juni 1932 in Washington zum Priester ge- kränzten Auto abgeholt wurde. weiht. Über die Heimatprimiz schreibt der Chronist: Martin Buck stammte aus Tiefenbach und verstarb "Den Höhepunkt des ganzen Jahres bildete die Pri- 1882 bei seinem geistlichen Sohn in Hundersingen, mizfeier des P. Guntram Scheffold, Salvatorianer, wo dieser in den Jahren 1880 bis 1883 als Kaplan Sohn der Witwe Cäcilia Scheffold in Seekirch, am 29. wirkte, bevor er dann nach Oggelshausen als Pfarrer Juni 1932. Wohl nie hat der Ortspfarrer so willige wechselte. Herzen und Hände gefunden wie bei seinen Anregun- Das Haus St. Oswald kaufte 1847 der Chirurg Lud- gen zur würdigen Vorbereitung und Durchführung wig Hugger aus Offingen. Dessen Nachfolger auf dem dieser Primizfeier. Der Gemeinderat Seekirch bzw. Haus, Lorenz Halder, eröffnete 1865 dort dann die Bürgermeister Mohr übernahm willig die Sorge für Rosenwirtschaft. Hugger's Sohn Ludwig, geboren am den Ortsschmuck und die Kosten für das Böller- 6. Oktober 1857, studierte in Tübingen Theologie, schießen; der Veteranenverein unter Leitung seines trat aber wenige Monate vor der Priesterweihe aus Vorstandes Leonhard Miehle, Seekirch, und des Kom- dem Priesterseminar in Rottenburg aus und wurde ein mandanten Franz Neher, Tiefenbach, bot sich an, auf geschätzter Landarzt in Ravensburg, wo er 1934 dem Weg vom Primizhause zur Pfarrkirche Spalier zu starb. Auch sein Bruder Hermann, geboren 1862, stu- bilden und in der Kirche für Platzordnung zu sorgen. dierte Medizin und wurde in Schwäbisch Gmünd ein Der Kirchenchor unter Leitung von Hauptlehrer bekannter Arzt. Bei seinem Tod 1908 schreibt das Schellinger als Dirigent und Lehrer Eugen Brehm von "Deutsche Volksblatt": "Der Verstorbene betätigte Alleshausen als Organist haben viel Zeit zur Einübung sich im Wandel und Handeln als guter Katholik, als passender Gesänge aufgewendet. Die Barmherzigen treuer Anhänger der Zentrumspartei und als Freund Schwestern haben mit Hilfe der Jungfrauen viele Cir- 11:10·11

burg und zuletzt als Vertreter der Katholischen Kirche von Baden-Württemberg bei der Landesregierung und beim Landtag in Stuttgart tätig.

Kriege, die in der Erinnerung haften

Aus der Vergangenheit sind mehr Kriegs- als Frie- densdaten bekannt und überliefert. Seitdem die Ge- 23.Juli 7955: Primiziant Paul Kopf wird vom schichte Seekirchs in Spuren sichtbar gemacht wer- Stadtpfarrhaus Buchau aus über die Heimat den kann, werden bestimmte Elemente davon gerade Tiefen bach zur Piarrkirche geleitet. Vorne: auch in der mündlichen Tradition weitergegeben. Be- Anton und Karl Kramet, Tletenbach, Bürger- eindruckend, was mein Vater, im 1. Weltkrieg (1916) meister Anton Rauscher, von 7937 bis 7977 Soldat in der Schlacht an der Somme, alles erzählt hat. Organist und Chordirigent. Diese Spuren der Geschichte werden immer dichter, landen und Kränze gewunden und die Pfarrkirche in- je mehr sie sich der Gegenwart nähern. In der Zeit der nen und außen festlich geziert. Drei große Triumph- Seekircher urkundlichen Ersterwähnung weist die bögen wurden errichtet: beim Dorfeingang von Tie- Überlieferung ans andere Ufer des Sees, zur Planken- fenbach her, bei der Seitenstraße am Rathaus, die zum talkapelle, wo im Bericht über Adelindis, ihren Gatten Primizhaus und zur Pfarrkirche führt, und beim Gast- Hatto und die drei Söhne Geschichte und Legende haus zum Adler, in welchem das Primizessen und die sich wie so oft begegnen, die Erinnerung an die grau- Gemeindefeier am Nachmittage stattfand. Schüler {in- sigen Hunneneinfälle dadurch aber bis zum heutigen nen) der drei Schulorte wurden von den betreffenden Tag lebendig bleibt. Lehrkräften geübt und gekleidet als Gratulanten aus Die Bauernunruhen um 1525 werden weniger als Amerika, aus dem Himmel und aus dem Märchen- Krieg denn als Aufstand gegen die Obrigkeit überlie- land. Insbesondere hat die Primizpredigt einen tiefen fert. Ein Schritt wurde versucht, dessen Gelingen Eindruck gemacht und den Wert des katholischen noch Jahrhunderte dauern sollte. Die Rebellierenden Priesters für das katholische Volk ins Herz eingeprägt. waren am Ende, auch unter dem Stab eines Abtes als Am 14. August hat der Primiziant sich von seiner Hei- weltlichem Herrscher, die Verlierer. matpfarrei verabschiedet und ist glücklich wieder in Eingeprägt hat sich der 30-jährige Krieg. 1637 Amerika angekommen, wo er als Lehrer an einem wird berichtet, in Seekirch seien nur noch fünf Salvatorianerkolleg tätig sein soll." Pater Guntram Marchtaler Untertanen übrig geblieben; der größte starb am 9. August 1974 in Portland/Oregon nach ei- Teil wäre gestorben oder geflüchtet, die Häuser und nem langen und segensreichen Wirken. Stallungen ausgeplündert, leer und verwüstet. An die Mit gleicher Festlichkeit konnte am 7. April 1935 Franzosenkriege erinnern bis heute die Gräber im der Tiefenbacher Fridolin Rauscher (Jahrgang 1906) Wald zwischen Minderreuti und Uttenweiler. Der Primiz feiern. Zu seinem 75. Geburtstag verlieh ihm Chronist schreibt: ,,1796 hausten die Franzosen wüst die Gemeinde Tiefenbach die Ehrenbürgerwürde. Am in unserer Gegend. Bei Moreaus Rückzug blieb zwar 27. Dezember 1984 ist Pater Dr. Fridolin Rauscher, der Pfarrer zu Hause, aber die Orte Sauggart,See- am 6. April 1935 als Weißer Vater in Trier zum Pries- kirch, Alleshausen, Brasenberg, Minderreuti, Utten- ter geweiht, im Krankenhaus Ravensburg verstorben; weiler, Dieterskirch, Dietershausen, Dobel u. a. haben beigesetzt wurde er in Haigerloch. 1952 hatte er mit außerordentlich viel gelitten, denn sie waren der an- der Arbeit "Die Mitarbeit der einheimischen Laien am haltende Tummelplatz feindlicher Truppen. Unter Apostolat in den Missionen der Weissen Väter" in dem Hornvieh brach die Seuche aus und wütete be- FreiburgiSchweiz das Doktorat der Theologie erwor- sonders auf dem Dettenberg, in Uttenweiler, Sauggart, ben. Kirchbierlingen, wo mancher Stall geleert wurde." Im Vor nunmehr 50 Jahren, am 24. Juli 1955, erlebte Stift Buchau floh die Äbtissin. Dort zogen nacheinan- Seekirch die letzte Primiz. Primiziant war der Verfas- der kaiserliche wie französische Truppen ein. General ser dieser Schrift, Prälat Paul Kopf, seit 1960 als Pfar- Moreau machte Buchau für zehn Tage zum Haupt- rer, Studentenpfarrer, Dekan, Kreisdekan in Ludwigs- quartier. Die Folgen bedeuteten den völligen Ruin des Von Prälat Paul Kopf, Tiefenbecti/Ludwigsburg

Stifts. Im März 1799 schlug ein österreichisches Ar· her hörten, wußten wir, daß wieder ein Sieg erfochten meekorps mit 18000 Mann zwischen Oggelshausen worden. Als Straßburg beschossen worden, hörten und Tiefenbach sein Lager auf. Ein Jahr später (1800) wir den Bomben- und Kanonen-Donner dahier recht folgte eine große Rekrutierung zur Verteidigung des gut, sogar im Pfarrgarten, besonders aber auf der An- Vaterlandes. Johannes Strohm ging mit "Pferden und höhe gen Schammach. Man tat überall für die Krieger, Wagen" zum österreichischen Heer, erkrankte und was man nur konnte; besonders wurde Leinwand, starb. In Illertissen wurde er begraben. Franziskus Charpie und Weißzeug überhaupt gesammelt. In un- Müller starb im Mai 1800 als österreichischer Soldat serer Pfarrei blieb man nicht zurück. Unterm 7. Au- im Spital zu Weingarten. 1806 wurde Württemberg gust 1870 wurden in Alleshausen zusammenge- durch Napoleons Gnaden zum Königreich erhoben, bracht: 26 Hemden, 9 Paar Socken, 5 Kissenzieh- nachdem es schon 1803 im Zuge der Säkularisierung chen, 5 Unterziehchen, 17 Leintücher, 13 Ellen Lein- kirchlicher Güter einen enormen Gebietszuwachs er- wand, 6 Binden, 4 Sacktücher, 1 großer Pack alter halten hatte. Der Preis war nicht gering. Die ganze Leinwand, 1 fl. 27 kr. an Geld. In Brasenberg 5 Pfarrei wurde für sechs Monate französisches Stand- Hemdt, 4 Paar Socken, 4 Leintücher, 2 Handtücher, quartier; hinzu kamen österreichische Gefangene mit alte und neue Leinwand, 32 kr. an Geld. Unterm 17. ansteckenden Krankheiten, für die in der Schule in Al- August sandte ich an das Sanitäts-Comitee in Riedlin- leshausen ein Spital eingerichtet wurde. In Seekirch gen: 10 fl. Kirchenopfer und 5 fl. ex propriis [von mir und Tiefenbach starben mehrere dieser Soldaten, die persönlich]. Unterm 11. September Kirchenopfer: 10 wohl in Seekirch begraben wurden. Dafür bot die fl. 27 kr. In der 1.Collekte gaben an Geld Seekirch - Fronleichnamsprozession dieses Jahres ein besonders 1 fl. 18 kr., Alleshausen - 1 fl. 58 kr., Brasenberg - 32 buntes Bild. Französische Soldaten paradierten, wofür kr., Pfr. Schöttle 5 fl. 45 kr. zusammen 20 fl. Bei der der Pfarrer mit einem guten Trinkgeld dankte. Der zweiten Collekte: Seekirch - 7 fl. 45 kr.,Alleshausen Feldzug Napoleons 1812 gegen Russland forderte - 3 fl. 23 kr., der Schulfonds - 20 fl., die Kirchenstif- dann in allen Teilen der Pfarrei seine Opfer, davon aus tung - 10 fl., Pfr. Schöttle - 10 fl. Die gesammelte Seekirch Norbert Stör, Tiber Scheffold und Anton Leinwand etc. haben die Gemeinden Seekirch und Al- Scheffold. leshausen nach Biberach, die Tiefenbacher nach Drei große Kriege sollten das 19. und 20. Iahrhun- Buchau gesandt. Unterm 3. Mai 1871 sandte Alles- dert kennzeichnen. Jeder davon hatte sein eigenes hausen - 6 fl. 52 kr, ein. Wo irgend eine Versammlung Gepräge.Heute jedoch die Begeisterung von 1870 war, wurde für die deutschen Krieger gesammelt, so nachzuvollziehen, dürfte recht schwierig sein. Ein am Wahltag 13. März 1871. Außerdem wurde ihnen Auszug aus der Pfarrchronik möge daher Auskunft ge- von den eigenen Angehörigen wie Anderen ungemein ben. Der Verfasser, Pfarrer Schöttle, scheint wie viele viel an Lebensmitteln und namentlich Cigarren ge- seiner Amtsbrüder völlig vom siegreichen Deutsch- schickt. Jedem aus der Pfarrei, der im Felde stund, land erfüllt gewesen zu sein, zu dem 13 Soldaten der verehrte ich eine Schachtel Cigarren. Aus Seekirch Pfarrei (Seekirch 2, Alleshausen 4, Brasenberg 1, Tie- machte nur Blasius Fiseier den ganzen Krieg mit. Bei fenbach 6) beigetragen haben. Champigny - verdiente er sich das ,eiserne Kreuz'. In einem eigenen Büchlein hat er alle seine Erlebnisse Das Kriegsjahr 1870 und 1871 aufgeschrieben. Richard Miehle, der eigentlich nach "Die erste Nachricht rief allgemeine Bestürzung Oggelsbeuren gehörte, aber hier ganz auferzogen hervor, doch erholte man sich bald vom Schrecken wurde, war nur bei dem Corps im Schwarzwalde. und Alles ward von bester Hoffnung beseelt, als unse- Pfister von Tiefenbach war der einzige Verwundete. re Armeen so schnell schlagfertig dastunden und in Bei Wörth erhielt er einen Streifschuß am Arme; sonst Feindesland einrückten. Die Schlachtenberichte kann kamen alle glücklich heim. Nach dem Frieden wurde man überall lesen. Hier sei nur erwähnt: Auf jeden ein Dankgottesdienst gehalten. Der Einzug in ihre Sieg folgte ungemeiner Jubel; selbst im kleinsten Der- Garnisonen ward überall feierlich gehalten. Am 2. Juli fe. In den Städten wurde allemal geflaggt, geschossen. 1871 eilten Tausende nach Ulm, um diesen Einzug Auch hielt man öffentliche Gebete um Waffenglück. mit anzusehen. Als alle zu Hause waren, lud ich sie Täglich griff man gierig nach den Zeitungen. Wenn ein in die hiesige Adlerwirtschaft, ließ ihnen Würste wir die Kanonen-Salven vom Schlosse Sigmaringen und Brot, Bier und einen Schoppen Wein regalieren. - a::: 12·13

Dieser Sieg und ehrenreiche Krieg hat Deutschland Deutschen in glänzender Offensive aus Ostpreußen politisch geeinigt. Alles war ein Jubel und voll Begeis- hinausgeworfen und ganz russisch Polen besetzt, so terung. Ein junger Mensch aus Rupertshofen, der nur daß die Deutschen Ende 1915 bei Riga und bei Pinsk die Elementarschule besucht, ist dichterisch ange- stehen. Ebenso wurden die Russen von den Deut- weht worden. Ich ließ sein Gedicht ins Deutsche schen und Österreichern aus den Karpaten und Gali- Volksblatt einrücken." zien vertrieben. Die Türkei tritt im Januar und Bulga- rien im August an die Seite Deutschlands und Öster- Der 1. Weltkrieg (1914-1918) reichs in den Krieg ein. Serbien wird in schnellem Sie- Der Mord am österreichischen Thronfolger in Sa- geslauf erobert, und Ende 1915 müssen die Franzosen rajewo löste durch die Kriegserklärung Deutschlands und Engländer die Halbinsel Gallipoli räumen und an Russland am 1. August 1914 den 1. Weltkrieg aus. sich von den Dardanellen zurückziehen. Resultat des Bereits in den ersten Mobilmachungstagen mussten Kriegsjahres am Ende 1915: Unsere Sache steht auf al- 77 Männer der Pfarrei einrücken. Anfangs herrschte len Kriegsschauplätzen gut! Ende 1915 standen aus wiederum Begeisterung. Der Chronist, Pfarrer Josef der Pfarrgemeinde 170 Mann unter den Waffen, da- Kloos, schreibt 1914: "Die Deutschen besetzen, um von im Felde mit Einschluß der Gefallenen 118 den Franzosen zuvorzukommen, Belgien; am 6. Au- Mann; gefallen sind 14 Mann und ein Mann im Fein- gust wird Lüttich von den Deutschen erstürmt. Am desland beim Baden in der Aisne verwundet. 10. August Schlacht bei Mühlhausen und Altkirch. 1916. Die Franzosen ziehen sich zurück. Am 9. August sieg- Der furchtbare Weltkrieg nimmt seinen grauenhaf- reiches Gefecht der Deutschen in der Richtung Lune- ten Fortgang; alle Hoffnung auf Frieden ist bei der Ver- ville. An der russischen Grenze mehrere siegreiche blendung und bei dem Haß unserer Feinde vergeb- Gefechte; die Russen ziehen sich aus Polen zurück. lich; die Mittelmächte haben ein Angebot zum Frie- Woche vom 16. bis 23. August, 20. bis 23. August den gemacht, wurden aber brutal abgewiesen. Anstatt große Schlacht unter Führung des Kronprinzen von offener Feldschlachten wird der sog. Schützengraben- Bayern südlich von Metz; glänzender Sieg der Deut- krieg geführt. Die Zentralmächte halten Belgien, schen; 21. bis 22. August Schlacht um Longwy, nörd- Nordfrankreich, Polen, Rumänien, Serbien und Mon- lich von Metz unter Führung des Deutschen Kron- tenegro besetzt. Ende des Jahres wurden die 1898 ge- prinzen. Sieg der Deutschen; das württembergische borenen Rekruten zum Militär eingezogen. Armeekorps hervorragend tätig; 21. bis 22. August 1917. großer Sieg der Deutschen unter Führung des Her- Der Weltkrieg und kein Ende! Das Jahr 1917 zogs Albrecht von Württemberg über die Franzosen schließt ohne Zeichen eines nahen Friedens. Den von und Engländer bei Neufchäteau. Während der langen übermächtigen Feinden bedrängten ,Mittelmächten' Kriegszeit wurde täglich in der Pfarrkirche und in den war es eine Rettung, daß im Februar 1917 in Rußland Filialkapellen ein Rosenkranz mit Litanei am Abend die Revolution ausbrach, infolge derer dieses große gebetet. - Die Soldaten haben ausnahmslos vor ihrer Reich nach Innen ganz zerfiel und zum weiteren Einberufung die heiligen Sakramente empfangen, so Kriegführen unfähig wurde und sich zum Friedens- am Sonntag den 2. August ca. 80, wie auch im zeit- schluss gezwungen sah. Von Mai bis zur neuen Ernte weiligen Urlaub; der Sakramentenempfang seitens der war die Lebensmittelnot in den Städten sehr bedroh- Gemeinde war auch ein vermehrter. Die Sammlung lich und die Teuerung stieg ins fabelhafte; Kleider und für das Rote Kreuz im September ergab in der Pfarrge- Schuhwerk sind fast nicht mehr zu haben; ein paar meinde 502 Mark und viel Leinwand. Spätere Samm- Schuhe kosten 60 bis 70 Mark; gewöhnliche Pferde lungen in den drei Gemeinden zu Liebesgaben für die werden mit 3000 bis 4000 Mark bezahlt, bessere mit Soldaten im Felde hatten ebenfalls einen schönen Er- bis zu 8000 Mark! Dagegen sind die Frucht- und folg. - Fleischpreise dank der amtlich festgesetzten Festprei- 1915. se nicht übermäßig. Die Zahl der im Kriege gefallenen Der Krieg dauert fort und ist zum langwierigen Pfarreiangehörigen ist am Jahresschluß auf 30 gestie- Stellungskampf geworden. Die Deutschen halten das gen: 1914 sind es 7,1915 - 8,1916 - 8,1917 - 7; ganze Jahr über fast ganz Belgien und einen Teil von dazu noch 3 Vermißte, die wohl auch zu den Toten zu Nordfrankreich besetzt. Die Russen wurden von den zählen sind. Von Prälat Paul Kopf, Tiefenbecti/Ludwigsburg

Einen schmerzlichen Verlust erlitt die Pfarrkirche einer neuen Auseinandersetzung in sich trug, begann infolge des Krieges: Im September musste die der am 1. September 1939 der 2. Weltkrieg.Adolf Hitler, Größe nach dritte Glocke zu Kriegszwecken abgelie- am 30.Januar 1933 durch den Sieger von Tannenberg fert werden gegen eine Entschädigung von 967 M., im 1. Weltkrieg, den ehemaligen Generalfeldmar- während die 2 größeren Glocken noch zurückgestellt schall und Reichspräsidenten bis 1934 Paul von Hin- wurden. Auch die Kapelle in Alleshausen musste ihre denburg zum Reichskanzler ernannt, zielte unter dem dritte Glocke zum Kanonenguss ausliefern; Tiefen- Vorwand, die Schmach von Versailles zu revidieren, bach entrann vorerst diesem das christliche Gemüt auf einen kriegerischen Konflikt hin. Seine Partei, die beleidigenden und betrübenden Geschick. NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpar- 1918. tei), fand in Deutschland, in Württemberg und auch Noch Krieg! Alle Versuche der deutschen Regie- in den Gemeinden der Pfarrei Seekireh, vor allem bei rung, zum Frieden zu kommen, waren vergeblich, un- Jüngeren, Zuspruch, was im Besonderen zu Spannun- sere Friedensangebote wurden von den Feinden mit gen mit der Kirche führte. Höhepunkt war die Ver- Hohn abgewiesen. Die Kriegslage war bis in den Som- bannung des Rottenburger Bischofs Joannes Baptista mer hinein für uns günstig; am 21. März und 26. Mai Sproll im Jahre 1938.Hitler verstand es geschickt, die wurden im Westen große und erfolgreiche Offensiven Probleme der Arbeitslosigkeit anzugehen und bot vor unternommen, aber mit dem 15. Juli begann sich das allem auch den verschuldeten Bauern Hoffnung, wo- Kriegsglück zu wenden, und es wollte uns nichts von nicht wenige auch im Seekireher Raum betroffen mehr gelingen; wir mußten Gelände um Gelände ab- waren. Die Beschaffung von Arbeit geschah nicht zu- geben, so daß von Mitte Oktober ab Waffenstillstands- letzt durch Aufrüstung. Fasziniert hat vor allem der verhandlungen eingeleitet wurden, da die Lage für Bau der Reichsautobahnen, wovon ein erstes Teil- uns aussichtslos geworden gegenüber der wachsen- stück der Strecke Stuttgart-Ulm 1936 eröffnet wurde. den Übermacht der Feinde an Menschen und Materi- Den Weg der Annexion beschritt Hitler 1938 durch al, besonders den sogen. Tanks, gegen welche unsere die Besetzung Österreichs und des Sudetenlandes und Soldaten nicht mehr aufkommen konnten. Der Waf- 1939 der Tschechischen Republik als .Reichsprotek- fenstillstand wurde am 11.November unter schmäh- torat Böhmen-Mähren". lichen Bedingungen abgeschlossen, da am 7. Novem- ber in Deutschland die Revolution ausgebrochen war, Lorenz Lerner, der letzte Heimkehrer aus dem unser schon lange sozialistisch durchseuchtes Heer 2. Weltkrieg, bei der Begrüßung am Heimat- haus am 1.Januar 1954 (t 1958). 1939 hat der sich aufgelöst hatte und wir so völlig machtlos dastan- Zimmermann den heute noch bestehenden den: traurig!Der Krieg schließt für die Pfarrgemeinde Bienenstand des Autors in Tiefenbach gebaut. ab mit 37 Toten und 6 Vermissten, die wohl auch zu den Toten zu zählen sind. - Am 1. September 1918 musste die zweitgrößte Glocke leider auch noch abgeliefert werden, das gleichfalls eingeforderte Lorettoglöckchen wurde auf eine Eingabe hin von der Ablieferung zurückgestellt." Von deutscher Seite wurde der Waffenstillstandsver- trag von Matthias Erzberger, 1921 ermordet und in Biberach im Katholischen Friedhof begraben, für die Reichsregierung unterzeichnet. In einer Gedenkaus- stellung im Geburtshaus Erzbergers in Buttenhausen bei Münsingen wurde das Original dieses Vertrages im Jahre 2004 erstmals in Deutschland ausgestellt.

Der 2. Weltkrieg Nur zwei Jahrzehnte nach dem Friedensvertrag von Versailles (1919), einem Friedensdiktat mit ent- würdigenden Auflagen, das letztlich schon den Keim 14·15

Als dann am 1. September 1939 deutsche Truppen ohne Kriegserklärung in Polen einfielen, begann für fast sechs Jahre ein blutiger Krieg, der mit der bedin- gungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 enden sollte. Ein großer Teil Deutschlands war zerstört. Die Siegermächte teilten das Land in vier Zo- nen. Unsere Gegend war der französischen zugeteilt. Zehn Seekireher Soldaten fanden den Tod. Im Russlandfeldzug fiel aus Seekirch bereits wenige Tage Das Eingangstor zum Friedhof, einst Portal nach Beginn der Offensive der Gefreite Karl Aßfalg. der Kirche St. Veit und Rochus. Zu einem großen Freudentag wurde der 1. Januar 1954. Der letzte Kriegsgefangene, Lorenz Lerner, gene Friedhofskirche, in der nicht wenige ihrer Seel- konnte nach jahrelanger Gefangenschaft in der Hei- sorger begraben wurden, darunter die Patres Modes- mat begrüßt werden. Trotz aller Spannungen - vor al- tus Schwarzenberger (1677),Marianus App (1698), lem wegen der Teilung Deutschlands - konnte nach Petrus Pop (1736), Gottfried Hämmerle (1764) und dem Krieg eine an Dauer noch nie erlebte Friedens- noch sieben weitere, bis die Kapelle 1819 "unter der zeit mit einem wirtschaftlichen Aufschwung ohneglei- Diktatur des kirchenfeindlichen Geistes" (Pfr. Schött- chen beginnen. Aber auch das strukturelle Gefüge le) abgerissen wurde. Mit dem Material wurden das kam ins Wanken, althergebrachte Werte wurden in Mesnerhaus und die Schulstube gebaut; die zwei Frage gestellt, die Strukturen der Landwirtschaft än- Glocken wurden verkauft, eine davon nach Betzen- derten sich. Nur noch wenige bäuerliche Betriebe be- weiler. wirtschaften heute die Felder der Gemarkung. Flur- Die zwölf 1732 vom Kloster Marchtal gestifteten, bereinigung (1960),Dorfentwicklung, verbesserte aus dem 15. Jahrhundert stammenden Apostelfiguren Gemeindewasserversorgung und der Ausbau der sind bis auf die des Philippus (heute im Privatbesitz in Ortskanalisation verbessern die Lebensbedingungen. Alleshausen) verschleudert worden. Auch von den Das Fehlen einer Gaststätte am Pfarrort wird aller- drei Altären und der sonstigen Einrichtung fehlt jede dings allgemein bedauert. Spur. Sonntags fand in dieser Kapelle die Frühmesse statt, wodurch die Kirchenbesucher unmittelbar da- Von der Kultur des Todes nach die Gräber ihrer Verstorbenen aufsuchen konn- ten, ein Brauch, der bis heute feste Tradition geblie- In allen Kulturen spielt der Umgang mit dem Tod ben ist. Die Gedenktafeln von zwei in der Kapelle bei- eine besondere Rolle. Die christliche Tradition orien- gesetzten Seelsorgern befanden sich noch vor Jahr- tiert sich an der Überlieferung der ersten Christen, die zehnten in der Friedhofsmauer eingelassen. Das Por- Art der Bestattung an der Beisetzung Iesu. So wurde tal dieser Kirche wurde zum Friedhofsportal umge- das Erdbegräbnis zur üblichen Form. Orte des Begräb- widmet. Bis in die 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts nisses wurden Kirchen oder Räume um die Kirche, bahrte man die Verstorbenen, deren Hinscheiden das worauf der Name Kirchhof verweist. Somit dürfte der Läuten der Totenglocke - "die Schieding" - bekannt Platz um die heutige Kirche der erste Seekireher machte, zu Hause auf. In den umliegenden Ortschaf- Friedhof gewesen sein. Bis nach 1610 wurden die To- ten wurde durch ältere Frauen "zur Leich gesagt", die ten der Pfarrei hier bestattet. Im Zuge der Planung ei- für diesen Dienst in den Häusern Naturalien erhiel- ner neuen Kirche wurde der Friedhof 1612 an den ten. Nach dem dreimaligen Rosenkranz in den jewei- heutigen Ort verlegt. In diesem Jahr ließ Abt Jakob ligen Ortskapellen, früher im Haus, wurde dem Toten Heß (1600-1614) die 1466 von Johann Haberbosch das "Weihwasser gegeben" und am Begräbnistag der im Ried Richtung Ahlen zu Ehren der Hll. Veit und Tote bis zur Errichtung der Leichenhalle beim Fried- Rochus gestiftete Kapelle am Friedhof neu aufbauen. hof (1992) in Prozession dorthin geleitet, wozu im Zur Weihe dieser als prächtig bezeichneten Kapelle er- 19. Jahrhundert in Alleshausen und Tiefenbach ein ei- schien der Weihbischof des Konstanzer Bischofs Jakob gener Leichenwagen beschafft wurde. In Würde, vom Fugger (1604-1626) und spendete zugleich das Sak- Kirchenchor begleitet, vollzog sich am Portal des rament der Firmung. Die Pfarrei hatte somit eine ei- Friedhofs die Aussegnung. Nach der Beisetzung fand Von Prälat Paul Kopf, Tiejenbach/Ludwigsburg

mand wird leichter vergessen, als die Priester, Män- ner, die für's Reich Gottes gewirkt und ihr Leben auf- geopfert." Diese Sorge hatten die Prämonstratenser des Klosters Marchtal weniger, gehörte doch das To- tengedenken zu ihrem Tagesablauf. Doch schon der erste Pfarrer nach der Säkularisation, Josef Vonier, der als ehemaliger Chorherr von Marchtal 1824 verstarb

Die 1992 errichtete Leichenhalle auf dem und in Seekirch begraben wurde, stiftete für sich ei- Seekireher Friedhof. nen Jahrtag bzw. zwei Messen zu seinem Gedächtnis, ein Beispiel, dem auch die späteren Pfründinhaber bis ca. 1980 das Requiem in der Pfarrkirche statt; jetzt folgten. erfolgt die Aussegnung vor der Leichenhalle unter der Nach dem "siegreichen" Krieg von 1870 kam ein 1993 vom Verfasser gestifteten Schutzmantelmadon- neues Bewusstsein für die Opfer der Kriege auf. Für na des Münchener Künstlers Alexander Henselmann. die im russischen Feldzug (1812) und in anderen Nach dem Trauergottesdienst begaben sich ehedem Kriegen Gefallenen wurden vom 1873 gegründeten die Angehörigen wiederum zum Friedhof, um am nun Veteranenverein für einen Kriegerjahrtag in der Pfarr- geschlossenen Grab die "fünf Wunden" zu beten, be- kirche 95 Gulden gestiftet. Auch sonstige Stiftungen vor die geladenen Gäste sich nach alter Sitte ins Wirts- waren üblich, wobei die durch Jahrhunderte verehrte haus zum Leichenschmaus aufmachten. Am Rosenkranzfest 1993 (10. Oktober) - 50 Das Gedächtnis der Toten ist in der Pfarrei wohl Jahre nach der Marienweihe des Kriegsjahres der älteste Kult, die Reverenz an die Generationen zu- 1943 durch Bischof Joannes Baptista Sproll- vor, wobei sich vielfältiges Brauchtum im Reigen des wurde an der Leichenhalle vom Stifter, Kreis- Jahres entfaltet.Der Besuch des Friedhofs, bis 1977 in dekan Monsignore Paul Kopf, die Schutzman- der Verantwortung der Pfarrei, jetzt der bürgerlichen telmadonna eingeweiht. Gemeinden, ist fester Bestandteil in Freud und Leid. Ein frisch getrautes Paar begibt sich unmittelbar nach der Trauung dorthin.Nach den sonntäglichen Cottes- diensten finden sich die meisten Kirchgänger an den Gräbern ihrer Verstorbenen ein. Seit der Übernahme der Seelsorge durch Marchtaler Patres (1428) wird das Totengedenken durch sog. Jahrtagsstiftungen wach gehalten, wobei derlei Stiftungen in Alleshausen bereits vor dem Neubau der Kapelle 1486 nachgewie- sen werden können. Mit dem Bau der St.Veits-Kapel- le verband Iohann Haberbosch die ansehnliche Stif- tung von 200 Gulden zu einem "ewigen Iahrtag" , aus deren Zins eine Wochenmesse für ihn und seine Nachkommen gelesen werden sollte. Um die Über- sicht über die Jahrtage nicht zu verlieren, hat Pater Modestus 1660 alle Jahrtage verzeichnet. 1721 führ- te die Herrschaft für ihre Lehensgüter Heiligennamen ein.Das auf dieser Grundlage 1734 angelegte Haus- jahrtagsverzeichnis enthält für Seekirch 22, für Tie- fenbach 44, für Alleshausen 58 und für Brasenberg 9 Iahttage. Außerdem wurde für die verstorbenen Mit· glieder der seit 1651 bestehenden Rosenkranzbruder- schaft ein eigener Jahrtag abgehalten. Pfarrer Schöttle verweist noch auf eine andere Personengruppe, derer gedacht werden sollte, die Priester. Er meint: "Nie- E[ 16·17

gotische Schmerzensmutter ein besonderer Ort des Gedenkens in Leben und Tod geworden ist. Wohltäter stifteten 1874 250 Gulden, damit an bestimmten Ta- gen, im Besonderen am Begräbnis- und Jahrestag des Todes der Stifter, sieben Kerzen vor dem Bild der schmerzhaften Muttergottes brennen sollen. Auch nach dem 1. Weltkrieg wurde ein besonde- res Zeichen des Gedenkens an die Gefallenen gesetzt. Nach langer Diskussion um den Standort konnte 1923 am Sonntag nach Pfingsten (27. Mai) auf dem Kirchplatz in einem sehr würdigen Rahmen ein Krie- gerdenkmal mit der Skulptur des Drachentöters St. Georg, unter Federführung des Veteranenvereins und unter Mitwirkung der Musikkapelle Oggelshausen, des Gesangvereins Tiefenbach, der Feuerwehr Alles- hausen und der Radfahrvereine Seekirch, Alleshausen und Tiefenbach eingeweiht werden. Die Namen der Gefallenen von 1939 bis 1945 wurden nach dem 2. Weltkrieg ebenfalls darauf verzeichnet. Seitdem ist diese Stätte, der Ort des alten Friedhofs, ein viel be- Am 27. Mai 1923 wurde auf dem Gelände des suchter Platz des Gedenkens an die Toten der Kriege. ehemaligen Friedhofs ein Kriegerdenkmal Um das Gedenken durch die Jahrhunderte im Sin- eingeweiht. ne der Stifter aufrechterhalten zu können, bedurfte es Handwerker die Rechnung, wurden Knecht und in bestimmten Abständen einer Regulierung der ange- Magd "ausbezahlt" und wechselten die Stellen. All fallenen Verpflichtungen durch die Aufsichtsbehörde, diese Vorgänge galten bis zum 2. Weltkrieg als wichti- zum al in den Inflationen auch die Stiftungskapitalien ge Ereignisse, ebenso wie die Sichelhenke, bei der der entwertet wurden. So werden nunmehr für die "alten Bauer seinen Dienstboten ein Erntegeld ausbezahlte. Iahrtage" sog. Sammeljahrtage abgehalten, mangels Für den Gallenmarkt in Riedlingen und den Martini- Priester auch mehrere zusammengefasst. Auch in der markt in Biberach wurde dadurch eine gute Grund- Gegenwart ist es oberstes Gebot, die Kultur des Todes lage geschaffen. Die landwirtschaftliche Umstruktu- und des Gedenkens an die Verstorbenen wach zu hal- rierung ließ hierfür kaum mehr Platz übrig; selbst die ten, bewusst zu machen. Im Boden der Seekircher Kirbe und das .Birebrot" haben an Bedeutung einge- Friedhofsorte, um die Kirche, am Ort der Veitskapelle büßt. Auch die zahlreichen, Jahrhunderte alten Bru- und im jetzigen Friedhof ruhen die Menschen, die seit derschaften haben mit Ausnahme der 1651 errichte- über 1200 Jahren im Gebiet der Pfarrei gelebt haben, ten Rosenkranzbruderschaft nicht überdauert. Am ob noch bekannt oder schon längst vergessen. Um die Zurückgehen anderer kirchlicher Traditionen sind 10000 - darunter früher viele Kinder - dürften es al- Wertewandel und veränderte Lebens- und Berufsfor- lein im Friedhof von 1612 sein. men schuldig, wie beispielsweise die starke Reduzie- rung der Flurgänge und Prozessionen. Fest in der Ge- Bräuche - Sagen und Geschichte schichte verankert bleibt die gelobte Wallfahrt der Tie- fenbacher nach Steinhausen, in der sich eine Tradition Aus dem Kreislauf des heidnischen und christli- widerspiegelt, die aus größter Not entstanden ist. chen Lebens entwickelte sich in Jahrhunderten ein Eher gewonnen hat das Stecken des .Dorfrnaien ", das vielfältiges Brauchtum, das manchmal nicht wenig in der Regel durch die Feuerwehr erfolgt. nach Magie und Zauber riecht. Bis heute verweisen In noch tieferer Gründung liegen Überlieferungen der .Klosentag" , die Fastnacht, der Osterhase, der in der Begegnung von Sage und Geschichte, Traditio- Funken, die Angst vor der Nachtfrau und die Ge- nen, die tief prägten und durch Weitergabe noch aus- schichte vom Storchen in diese Richtung.Am Mar- geschmückt wurden. Beispiele aus dem Raum der tinstag bezahlte der Bauer die Pacht, schrieb der Pfarrei Seekirch sind Von Prälat Paul Kopf, Tiefenbecti/Ludwigsburg

Die Erinnerung an die Hunneneinfälle Auch die Sage vom Nebelmännlein und dem Gra- im 10. Jahrhundert. fen Stadion mit dem versunkenen Glöcklein, das man noch hören könne, klingt nach Geschichte und Sage. Diese werden in der Sage von Adelindis überlie- Die Grafen von Stadion waren durch Jahrhunderte ei- fert: .Hattc und seine Söhne sollen in einer Schlacht nes der bedeutendsten Adelsgeschlechter im Umfeld gegen die Magyaren gefallen sein. Vor dem Ausritt in der Pfarrei, mit vielen Verbindungen zum Stift Buchau die Schlacht versprach Hatto seiner Gemahlin, ihr an und später, als Inhaber der Herrschaft , einem bestimmten Platze hinter Kappel, im Thale gen mit Tiefenbach. Mit dem Grafen von Stadion und dem zu, da, wo das Blachfeld liegt, für alle Nebelmännlein, ein Hinweis auf die vielen Nebeltage Fälle, ob lebendig oder tot, zu begegnen. Als nun nach am Federsee, könnte auch auf die Kreuzzüge verwie- der Schlacht Hatto über Gebühr lange ausblieb, zet- sen sein. Jeder "rechte" Adelige hatte sich daran be- telte ihm Adelindis entgegen und sprach das Sprüch- teiligt und viele sind dabei elendig umgekommen, lein für sich hin: ,Windle, Windle, weh, daß i mein' was zu vielen Mythen führte. Der Kampf ums Überle- Gspon auch wieder seh!' Da kam in scharfem Trabe ben kann auch zu jener Szene führen, wo der Wald- von der Wahlstatt herein ein Ritter, hoch zu Roß, sein mensch zu dem in die weite Welt gereisten Grafen Haupt auf einem weißen Teller tragend. Deß entsetz- sagt: "So, so! seid ihr, Herr Graf von Stadion! Wenn te sich Frau Adelinde und rief: ,Windle, Windle, weh, ihr euer verbeintes Nebelglöcklein zu Stadion in den daß ich meinen Gspon nimmer seh!' Und auf der Stel- Federsee werfen wollt, so friss ich euch nicht und will le verschwand der Ritter. Auch seine drei gefallenen euch morgen früh bis acht Uhr nach Stadion bringen, Söhne erschienen ohne Kopf. Da brach die Mutter denn um neun Uhr hat euer Weib mit einem anderen und Witwe in lautes Wehklagen aus, baute dann an Hochzeit."Der Graf entgegnete: "Ein Mann, ein derselben Stelle ein Kirchlein und das Thal ward von Wort." Der Waldmensch eröffnete dem Grafen, dass derselben Stunde an ,Planken- d. i. Thränenthal', ge- er eigentlich das Nebelmännlein sei und dass er das nannt" (Schöttle S. 268 f.). verbeinte Nebelglöcklein nicht leiden könne, zumal Wenn sich die ergreifende Sage auch etwas weit es ihn, sooft er Nebel machen wolle, an den Kopf von der Geschichte des Jahres 902 entfernt, hat schlage.Der Graf aß noch zu Nacht bei dem Nebel- sie doch schon die Herzen vieler Menschen, vor männlein, und des Morgens früh waren sie im Nu auf allem von Frauen und Müttern in Kriegszeiten be- einer Nebelwolke nach Stadion gefahren. Der Graf wegt, hat getröstet und bleibt in den Malereien von konnte seinem Weib nur durch den Stahlring zeigen, Paul Hirt aus Villingen in der Plankentalkapelle bis dass er ihr Mann sei. Er war ganz verhaart und zer- heute lebendig. lumpt. Das Glöcklein aber ließ er in den Federsee ver- senken. (Birlinger, Volkstümliches aus Schwaben). Im Sagen um den Federsee Namen des Seekircher Kindergartens ist die Sage wie- der aufgegriffen. Bis zu den Seefällungen um 1800 reichte der Fe- dersee in Seekirch und den anderen Anrainern bis an "Du bist a Hex" - Vom Übel des Hexenwahns die Dorfgrenze. Das Wasser forderte nicht wenige Menschenopfer; so ertranken 1778 Joseph Rauscher Im 17. und 18. Jahrhundert kam diese Beschuldi- und Maria Schilling, die mit einem Kahn von Buchau gung unter Umständen einem Todesurteil gleich. Die heimfahren wollten, denn ein Gutteil des Verkehrs er- Federseegegend war zu dieser Zeit besonders ver- folgte früher auf dem Seewege. Kein Wunder, wenn schrien und nicht wenige, die der Hexerei beschuldigt auch hier sich Sage und Geschichte mischen. Eine wurden, mussten qualvoll sterben. Ort der Hinrich- Überlieferung berichtet von der Stadt im Federsee, tung war in der Regel Marchtal mit dem berüchtigten wohl ein Anklang an die Wasserburg der Hallstattzeit Hexenturm als Gefängnis.Höhepunkt dieses Wahnes um 800 v. Chr. Wo jetzt der Federsee liege, sei eine waren die Jahre ab 1746.Allein aus Alleshausen wur- Stadt gestanden, die ob des gottlosen Lebenswandels den in diesen Jahren wegen Hexerei sieben Personen der Einwohner untergegangen sei. Bei hellem Wetter hingerichtet und verbrannt, ein Schicksal, das zwi- und niederem Wasserstand könne man bis heute die schen 1586 und 1593 bereits acht Frauen getroffen Turmspitze der Kirche erblicken. hatte. Pfarrer Selig schreibt: "Bei 30 Manns- und 18 ·19

Weibspersonen waren als Hexenmeister und Hexen vor dem Schrättele gehen. Es wird erzählt, wenn das verschrien. Man tat das gegenseitig; es entstanden gar Schrättele in einen Stall kommt, reitet es die Pferde viele Feindschaften. Weit und breit war der Ort be- und flicht ihnen am Kranz und Schweif Zöpfe, die nie- rüchtigt. Niemand mehr wollte mit diesen Leuten et- mand entwirren mag. Die Pferde stehen anderentags was zu tun haben. Man mied sie, wollte nicht mehr schnaubend, zitternd und in Schweiß gebadet da, die von ihnen kaufen und ihnen nichts zu kaufen geben. Kühe haben Zöpfe im Schwanz und den Melkkübel 18 Tage lang war ein Franziskanerpater aus Waldsee zwischen den Hörnern (Birlinger, Volkstümliches). auf Kosten der Alleshauser im Pfarrhaus zu Seekirch Dahinter steckt die tiefe Sorge um die "Mene" , denn und hielt eine neuntägige Prozession zu St. Veits von einem guten Fuhrwerk hing der Bestand des Ho- Kreuzweg. Vergeblich. Da kam der Kapuzinerpater fes ab. Vor allem Zeiten der Not lassen den He- Engelbert aus Waldsee, ein heiligmäßiger Mann, und xenglauben wieder aufleben, und es begegnen sich befreite die Besessenen; aber der Teufel log aus ihnen Glaube und Aberglaube. Der frühere Brauch, bei Un- heraus, daß Hermannus Contractus (Hermann der glücksfällen im Stall den Pfarrer mit der Bitte zu ho- Lahme, Graf v.Altshausen-Veringen, Mönch in Rei- len, diesen "auszusegnen", dürfte dabei auch dicht an chenau) in des Specken Haus im Kühstall begraben der Grenze zum Aberglauben stehen. Aus Seekirch sei. Nun grub man tief, aber ohne Erfolg.P. Engelbert, berichtet der Chronist noch im Jahre 1940, von ei- geschickt und klug, heilte das Übel glücklich und nem Mann mit anormalem langem Schnurrbart und Hermann bekam auch Ruhe. entsprechenden Haaren, der zu Lebzeiten seiner Frau Im Jahr 1747 gab es wieder Streit unter den Weibs- stark dem Hexenwahn gehuldigt habe. Zu diesem Ur- personen wegen Besessenseins und Hexerei. Die Be- teil trugen auch noch Umstände beim Verkauf seines sessenen kamen acht Tage in den Turm nach Marchtal Hofes bei. Ein ehemaliger Tiefenbacher, der in die Bo- und die Unruhe legte sich. Es wurde eine Strafe auf denseegegend gezogen war, stand nach dem 2. Welt- dergleichen Beschimpfungen gesetzt und der Volks- krieg wegen Hexerei vor Gericht und wurde als "He- spott hieß Alleshausen von da an nur noch das .He- xer" verurteilt. Er hatte dabei großen Zulauf. Ob von xengäu'. Die Lästerer, und alle, die ihre Lust daran der früheren Überlieferung, wonach die Hexen in der hatten, wurden vor die Kirchentüre gestellt und ihnen Zeit zwischen Kräuterweihe (15. August) und Mariä eine Lastertafel umgehängt mit den Worten: ,Du sollst Geburt (8. September),.Dreissgnist" genannt, eine nicht Ehr abschneiden.' besondere Gewalt haben, noch Reste vorhanden sind, Am 25. Januar 1749 kam der Prälat Edmund von dürfte schwerer zu ermitteln sein, als ein gewisses Marchtal mit dem P. Großkellner und Kastner und ei- Brauchtum in den "Heiligen Nächten" zwischen nem weltlichen Beamten nach Alleshausen und nahm Weihnachten und Dreikönig, das sicher die Spuren ei- im Wirtshaus Visitation vor. Alle Gemeinder wurden ner heidnischen Überlieferung in sich birgt. zitiert und befragt, was sie wegen der Händel, die He- xereien betreffend, vorzubringen hatten. Die Aufre- Räuberbanden in Oberschwaben gung in der Gemeinde dauerte noch lange fort. Anno 1751 brach das Übel wieder aus; doch hat der Koope- Die Zeit des "Hexenwahns" war auch die der ge- rator [Helfer] von Seekirch durch Benediktion der Sa- fürchteten Räuberbanden in Oberschwaben. Die be- che wieder abgeholfen. Aber nur nach und nach ließ kanntesten haben auch in unserer Gegend ihr Unwe- man sich beruhigen; noch anno 1768 mußten die, sen getrieben, haben Schrecken,Elend und Unsicher- welche andere als Hexen verschrien, strenge bestraft heit verbreitet. Die zwei gefürchtetsten Räuber dran- werden.Selbst die am 13. Mai 1787 verstorbene Wit- gen bis nach Seekirch vor. Der .Schinder-Paul" (Jo- we Sophie Weilerin aus Brasenberg war von bösen hann Paul) war nach Verbrechen wie Mord und Dieb- Zungen eine Hexe genannt worden; und doch war sie stahl in Dürmentingen eingekerkert und konnte dort eine sehr brave und fromme Frau und hatte denen, entkommen. Am 6. Februar 1753 wurde er in See- welche ihr Böses nachgeredet hatten, heldenmütig kirch in Josef Engler's Heustadel gefasst. Als bekann- verziehen und Gutes getan"(Selig, Sonntagsfreude tester Räuber galt der "Schwarze Vere", Xaver Ho- Nr. 20/21, 1905). henleiter, aus der Nähe von Zusmarshausen in Bay- Bis in die Neuzeit lassen sich Spuren dieses Wah- risch-Schwaben. Der ehemalige Soldat bildete eine nes finden. In diese Richtung dürfte auch die Angst Bande mit sechs Paaren, die sich in ganz Oberschwa- Von Prälat Paul Kopf, Tiejenbach/Ludwigsburg

ben und darüber hinaus aufhielten und sich vom Raub Dem Richter, dem Gesetz zum Spott! ernährten, so wurde die Ölmühle in Betzenweiler Noch einen Streich - dann Trotz dir, Gott! überfallen. Im Seekireher Armenhaus beherbergte der Ja wett're nur, ich feil', ich feil! -' Schnallenmacher Petrus Wagner wiederholt den ge- Da fliegt der Blitz, der Flammenpfeil. suchten Räuber, der später in Königseggwald gefangen und von dort nach Biberach überstellt wurde, wo der Da feilt der Strahl, den Ring durchein, Bande der Prozess gemacht werden sollte. Am 20. Juli Er feilt bis in das Herz hinein, 1819 vollzog sich jedoch ein "Gottesgericht". Der Der Mörder krümmt sich wie ein Wurm, schwarze Vere wird im Gefängnisturm vom Blitz er- Der Donner schüttelt an dem Turm. schlagen; ein Ereignis, das bis in die Gegenwart wei- ter erzählt wird. Die andern hat verschont der Schlag, Der Dichter Gustav Schwab hat den Vorgang Und nur als schwarze Schlake lag, in bis heute in Oberschwaben unvergessene Verse ge- Mit Ketten und mit Eisenband fasst: Verschmolzen Einer an der Wand."

"Anklopft das Wetter und der Sturm Neue Ordnungen in Pfarrei und Gemeinde Zu Biberach am Sünderturm, nach 1803 Die Wölbung bebt vom Widerhall, Die Eisenstäbe zittern all. Die Besoldung der Pfarrgeistlichen

Es blitzt so hell, es kracht so schnell: Unter der Marchtaler Herrschaft hatte der Pfarrer Da liegt auf Stroh kein Diebsgesell, ein fest geregeltes Einkommen aus Feldern, Zehnten Dem in der schwarzen Feuernacht und Gebühren (Jahrtage, Kasualien). Den Groß- und Nicht das Gewissen lodernd wacht. Kleinzehnten bezog er von allen Äckern, Wiesen, Gärten und Feldern. Von allen Dingen musste diese Ein jeder Blitz weckt eine Tück', "Steuer" abgegeben werden, was oft als große Last Ein jeder Knall ein Bubenstück. empfunden wurde. Anstatt des Kraut- und Heuzehn- Sie werfen auf die Knie sich - ten erhielt die Pfarrstelle eine Wiese und ein Kraut- Und fleh'n und weinen bitterlich. land zu eigen. Zum Umsetzen dieses Einkommens be- durfte der Pfarrer eines großen Viehstands, Dienstbo- Ein Mörder nur ohn' all's Gebet ten und Gebäude. 1755 waren beim Pfarrer beschäf- In Ketten angeschmiedet steht, tigt die "Hauserin", zwei Mägde, ein Knecht sowie Ein eisern Band den Leib umflicht, ein Bub, deren Bezahlung in Geld und Naturalien er- Er kann nicht knien, er thät's auch nicht. folgte. Zu den Aufgaben von Knecht und Bub gehör- ten u. a.Holzmachen und den Ackerbau versehen; in Er rasselt an der Wand voll Wut, Abwesenheit des Knechtes musste der Bub auch dre- Wie wohl ein Wolf im Käfigthut; schen. Als 1803 Marchtal an den Fürsten von Thurn Er flüstert: .Bald bin ich befreit! und Taxis fiel, musste dieser neben den Rechten am Blitz, Element, jetzt ist es Zeit!' Einkommen auch die Kosten für die Besorgung der Seelsorge übernehmen. Aus einer Falte seiner Haut Seit 200 Jahren vollzieht sich nun durch Entflech- Schlüpft eine Feil', eh's einer schaut: tung von Gemeinde und Kirche ein Prozess, der bis .Ietzt feil ich in der dunklen Nacht, heute nicht abgeschlossen ist und damals wie heute, Ich feile, weil das Wetter kracht! je nach politischer Konstellation, Anlass zu Auseinan- dersetzungen zwischen Staat und Kirche gibt. Zu- Ihr Narren, betet nur und heult, nächst versuchte die Standesherrschaft mit dem Staat Derweil mein Ring wird durchgefeilt! eine Ablösung ihrer Pflichten zu erreichen, was 1865 Eu'r Winseln bittet euch nicht los, auf einer Gesetzesgrundlage von 1848 für die Pfarr- Doch ich, bald wandl' ich kettenbloß. und Kaplaneipfründe erfolgen konnte.Die Ablösungs- EI:20·21

summe war an den sog. Intercalarfonds, einer Verwal- chen erfolgte bis nach dem 2.Weltkrieg unter Berück- tungsstelle kirchlicher Gelder in staatlicher Oberho- sichtigung der Pfründbasis. Das durch Pacht und Er- heit, zu überweisen. Damit war die Baulast an den träge von Gärten und Feldern gewonnene Einkom- Gebäuden abgelöst. Die bisher von der Standesherr- men wurde mit dem Gehalt verrechnet. Die Besol- schaft dafür bezogenen Einkommen entfielen. Bereits dung erfolgte nach drei Kategorien von Pfarreien 1838 war die herrschaftliche Zehntscheuer um 4000 (große, mittlere, kleine), ehe eine einheitliche Besol- Gulden zum Abbruch verkauft worden. Bei der Besol- dungsordnung festgelegt und Pfründgüterverwaltung dung der Geistlichen wurde Schritt um Schritt das Na- wie Intercalarfonds von der Diözese übernommen turaleinkommen abgelöst. Bald blieben als Einkom- wurden, womit auch das Amt des Kamerers, in den men nur noch die Pfründgüter, mit sehr unterschied- Dekanaten für die Pfründverwaltung zuständig, sich licher Größe in den Pfarreien, wodurch Staat und Kir- erübrigte. Einnahmen aus ehemaligen Pfründ gütern , che gezwungen waren, eine Mindestbesoldung zu ga- Leistungen des Staates zur Besoldung und die vom rantieren. Auch in Seekirch erfolgten verschiedene Staat gegen Ersatz der Auslagen eingezogene Kirchen- Aufbesserungen bei Pfarrer und Kaplan, denn deren steuer bilden gegenwärtig ein solides finanzielles Fun- Pfründbesitz war zum Lebensunterhalt zu schmal. dament für die Leitung der Diözese weit über die Be- 1825 standen dem Pfarrer zur Nutznießung das Pfarr- soldung der Geistlichen hinaus. haus nebst Scheuer und Stallung zur Verfügung. Letz- tere wurde 1821 vom fürstlich Thurn und Taxis'schen Die Unterhaltung der kirchlichen Dienste Rentamt beinahe ganz neu hergestellt; unter dem Dach befanden sich zwei übereinander liegende Neben der Besoldung der Geistlichen musste auch Fruchtböden. Neben dem angebauten Kaplaneihaus das kirchliche Umfeld versorgt werden. Die Verwal- standen die 1803 gebaute Pfarrscheuer und ein Holz- tung der materiellen Güter erfolgte durch die Heili- schopf. Der frühere Schweine- und Hühnerstall wur- genfabrik, die das Vermögen des "Heiligen" (Patron de im Schopf untergebracht, Wasch- und Backhaus der Kirche) zu verwalten hatte. Dazu zählten Güter waren mit dem Kaplan gemeinsam; statt des früheren und Stiftungen. Schon 1395 wird von einem Widum- Brunnens bestand eine Hauswasserleitung. Gras-, hof, der zum .Kirchensatz" gehörte, berichtet. Die Baum- und Gemüsegarten lagen neben dem Pfarr- Verwaltung lag in den Händen des Heiligenpflegers, haus, wobei der Grasertrag verpachtet war. Die Erträ- des heutigen Kirchenpflegers. Das Hauptvermögen ge der Wiesen (71/a Morgen), darunter die 1835 zu- bezog der Heilige aus seinem Hof in Ödenahlen, ei- geteilte Seewiese, waren weniger ertragreich als die nem österreichischen Lehen, dessen Inhaber Leibeige- verpachteten Pfründäcker (81/a Morgen).Aufgrund ne des Abtes von Marchtal waren. Da Ahlen während der Waldverteilung von 1849 in Seekirch kam die der Zeit der Reformation, aufgrund seiner Zugehörig- Pfarrstelle in den Besitz von 62/8 Morgen Wald, wo- keit zur Stadt Biberach, evangelisch war, wurde gegen sie in Tiefenbach leer ausging. Zur Besoldung Ödenahlen in dieser Zeit der Pfarrei Seekirch zuge- wurden davon 202,80 Mark angerechnet. Dazu kam ordnet. Die Hauptlast für die Heiligenpflege bestand noch Besoldungsholz. Geld, Frucht und Holz ergaben neben der Sorge für die Kirche.ideren Baulast bei Ge- 1885 eine Besoldung von 2320,99 Mark. Trotz der meinde und Herrschaft lag und formal erst 1939 mit noch anfallenden Gebühren von 105,29 Mark für der Ablösung des taxischen Patronates durch den festgelegte Verpflichtungen und 134,44 Mark Kapital- Fürsten endete, in der Unterhaltung des Heiligen- zinsen aus der Ablösungssumme beim Intercalarfonds oder Mesnerhauses. Der Mesner war, neben dem musste staatlicherseits die Besoldung noch um Pfarrer, eine sehr gewichtige Person, für die 1556 ein 233,44 Mark ergänzt werden, um ein Mindestein- erstes Haus gebaut wurde. 1718 folgt ein Neubau, kommen zu sichern. Das Verdienst des Seekireher 1819 ein Anbau, 1838 ein neuer Keller und 1849 ein Pfarrers betrug demnach 1885 2996,66 Mark. Viehstall. Stoffel Kraus ist von 1553 bis 1564 als erster Mit dem Pfarrgemeindegesetz von 1887 wurde Mesner bezeugt. Im Laufe der Zeit entwickelte sich staatlicherseits das Recht geschaffen, Umlagen zu er- aus dem Mesnerdienst der des Mesners und Lehrers. heben, und im Gesetz von 1924 ein Landessteuerver- Die Reihe der Mesner und Lehrer beginnt mit Thomas band mit Steuervertretung gegründet. Die Zeit der Distel (1664-1666) und endet mit Anton Kurfeß aus Kirchensteuer brach an. Die Besoldung der Geistli- Neuhausen (1895-1905). Die Besoldung erfolgte bis Von Prälat Paul Kopf, Tiejenbach/Ludwigsburg

1848 in Naturalien, die dann Schritt für Schritt in und Taxis präsentiert, 1906 eingesetzt. Sein Enkel Geldbezüge überführt wurden. Das St.Ignazi-Lehen Josef Aßfalg folgte ihm 1933. Erster Lehrer auf dieser (Ammanns Haus, 1718 als Mesner-/Lehrer-Schulhaus Grundlage wurde als Schulamtsverweser bis 1906 erbaut), 1864 in das Eigentum des Schulmeisters Berthold Müller aus Ehingen. übergegangen, diente als Besoldungsgrundlage. 1864 1712 wurde für die Pfarrkirche eine Orgel be- wird das 1824 erbaute Haus des Wagners Georg Mül- schafft. Der Dienst des Organisten wurde ebenfalls ler zum Lehrerhaus umgebaut, das 1957 abgebrochen mit dem des Lehrers verbunden, der in der Regel und neu erbaut, seit 2001 Kindergarten ist. Neben der noch eine Landwirtschaft umtrieb, weshalb oftmals Wohnung befanden sich in dem Gebäude Stadel, Hilfskräfte eingestellt werden mussten. Schopf, Spritzenremise und Schweinestall, während Die Entflechtung der verschiedenen Dienste dau- der Schulraum bis 1966 im 1865 neu erbauten Schul- erte lange. Viele Lehrer waren der kirchlichen Auf- und Rathaus untergebracht war.Als erster Lehrer zog sicht überdrüssig und taten ihren Dienst nur ungern. 1866 Moritz Schönberger ein, dessen Konflikt mit der Der letzte Lehrer, der in Seekirch Schul- und Organis- kirchlichen Obrigkeit wegen Viehhütens auf dem tendienst übernommen hatte, war von 1932 bis 1938 Kirchplatz, unpünktlichem Läutens, Unpünktlichkeit Albert Schellinger aus Spaichingen. Sein Abgang vom beim Gottesdienst und zu wenig Fürsorge für das Organistendienst wirft ein bezeichnendes Licht auf "ewige Licht" die damals schwierige Situation des die Situation von Kirche und Schule in der Zeit des Lehrerstandes aufzeigt, die nach einer Neuordnung Nationalsozialismus, der in den Reihen der Lehrer verlangte. Ein Gesetz von 1905 brachte die Trennung guten Zuspruch fand. Am 1. Februar 1937 erhielt von Mesner- und Schuldienst. Das Mesnereinkom- Pfarrverweser Emil Kunz den folgenden Brief von men musste dadurch vom Lehrereinkommen ge- Lehrer Schellinger: "Als deutscher Mann von Charak- trennt werden. Die Güter, bestehend aus Äcker, Wie- ter und aufrechtem Sinn und als Nationalsozialist sen, Seeteil und Wald, wurden hälftig zwischen kirch- habe ich gestern, am Tage nach der Feier der nationa- licher und bürgerlicher Gemeinde geteilt. len Erhebung, den allein möglichen Entschluss gezo- Erster Mesner nach der Trennung der Dienste gen, die Orgel zu verlassen. Ich sehe mich veranlasst, wurde Wagner Felix Aßfalg, 1905 vom Fürsten Thurn Ihnen mitzuteilen, daß ich bei weiteren solchen An- lässen, d. h. also bei Hirtenbriefen, die in so gemeiner Der seit dem 74. Jahrhundert bekannte öster- Art und Weise wie gestern, das Empfinden eines reichische Lehenhof Ödenahlen (Hof Pappe- lau), dessen Inhaber Marchtaler Leibeigene Deutschen und Nationalsozialisten verletzen, die Or- waren, gehörte zur Haupteinnahme der Heili- gel wiederum verlassen werde. Heil Hitler!" genpflege, die daraus vor allem das Mesner-/ In der Pfarrchronik wird berichtet: "Die Verlesung Schulhaus unterhalten musste. des zweiten Teiles des Fastenhirtenbriefes 1937, der ernste Fragen der Zeit in offener Weise behandelte, brachte ein wichtiges Ereignis: Der Lehrer [Organist] verließ die Orgel mit der Bemerkung, der Bischof sol- le selber orgeln. Infolgedessen wurde nur eine Lieder- messe ohne Orgelbegleitung gesungen. Die Erregung in der ganzen Pfarrei war sehr groß. Ein Schreiben des Organisten gab Anlass zu sofortiger Kündigung des Organistenvertrages, was vom Ordinariat schon zum Voraus auf einen Bericht des Pfarrverwesers hin ge- nehmigt wurde.Als Organist wurde ein Mitglied der Pfarrei: Anton Rauscher in Tiefenbach bestellt, der schon 11/4 Jahre dieses Amt aushilfsweise in Stafflan- gen ausübte." Dieser sollte für fünfzig Jahre gekonnt als Organist und Chorleiter tätig sein. Durch den Neubau der Schule zwischen Alleshau- sen und Seekirch 1966 wurde das Lehrer- und Schul- haus zu anderer Nutzung frei, worüber Pfarrer Unter- 22·23

Rechts das 7865 erbaute Schul- und Rathaus, in dem die Unter- und Oberklasse bis zum Neubau 7966 unterrichtet wurde.

Vorne links: Das 7824 erbaute, 7866 zum Lehrerhaus umgebaute, 7957 abgebrochene Haus. Der folgende Neubau wur- de 200 7 zum Kindergarten umgebaut. Ganz links: Der Hof St. Blasius (Klosenbauer), der an den Schlossgarten angrenz- te und deren Inhaber schon vor 7640 bezeugt wird. Mitte: Das Haus St. Oswald, seit 7865 Gasthaus zur Rose.Dahinter: Das Haus St.lgnazius, 7778 als Mesnerwohnung mit Schulstube durch die Kirchenstiftung erbaut. Ein Schulanbau erfolgte 7879 mit den Materialien aus dem Abbruch der Kapelle St. Veit und Rochus auf dem Friedhof. Im Zuge der Aus- scheidung der Kirchengüter ging das Anwesen 7866 an Georg Müller, Wagner, über. Der spätere Besitzer Alois Gaßner richtete in der ehemaligen Schule eine Käserei ein. 7902 heiratete Matthias Ammann von Winterreute Marianne Gaßner. Rechts im Hintergrund: Das Haus St.lsidor (Schilling-Bauer), das 7907 abbrannte. 7882 heiratete Carl Mohr aus Schammach auf den Hof. Er wurde 7903 Schultheiß. Von Prälat Paul Kopf, Tiejenbach/Ludwigsburg

Die 7966 errichtete Schule mit Federseehalle (2002). ricker zunächst gar nicht glücklich war, nach einem nern immer wieder verdeutlicht werden, auf welchen Jahr Schulbetrieb jedoch seine Meinung völlig änder- Grundlagen die 1200 Jahre Seekirch aufgebaut wur- te. den. Die moderne Welt bietet Bildung für jedermann. Die gewonnene Freiheit aber stößt auch heutzutage Vom Lehensträger zum freien Mann an Grenzen. In der Struktur der Geschichte hat sich nichts so verändert wie die Kirche und ihr Umfeld mit Zug um Zug wurde nach 1803 dem Bürger ein einst weltlicher und geistlicher Macht. Weg geebnet, der ihn vom Lehensträger zum Eigentü- Der Rückblick auf 1200 Jahre Geschichte dieses mer seiner Güter machen sollte. 1817 kam es zur Auf- Dorfes zeigt: Veränderungen gab es zu allen Zeiten, hebung der Leibeigenschaft, durch das Gesetz von die stärksten jedoch in der Zeit, in der wir leben. Der 1848 der Grundherrschaft. Der Lehensträger wurde Gang durch die Geschichte möge vielen Freude berei- Eigentümer, musste dafür aber festgelegte Gebühren ten, Nachdenklichkeit hervorrufen, um den künftigen bezahlen. Dasselbe galt für die Ablösung des Zehnten Veränderungen unserer Gesellschaft getrost entgegen- durch das Gesetz vom 17.Juni 1849.Der ermittelte sehen zu können - wissend: Der Auftrag jeder Gene- Kapitalwert war mit 4 % zu verzinsen und in 25 Jah- ration besteht darin, die tragenden Güter des Lebens resraten zu tilgen. Bei der Verteilung des Gemeinde- weiterzugeben in der Kraft der Quellen, aus denen gutes, der Allmende, erhielten die 22 "Gerechtigkeits- seit 1200 Jahren Wasser fließt; und das ist die christ- besitzer" sowie die Pfarr- und Schulstelle gleiche An- liche Tradition, erstmals schriftlich bezeugt für die Kir- teile, wie dies bereits 1834 bei der Verteilung der See- che am See am 23. Oktober 805. wiesen geschah. Im Vertrag vom 23. August 1847 wurden die Waldanteile (2295/8 Morgen) auf dersel- ben Grundlage aufgeteilt. Den einstigen .Fabrikwald" Quelle

(Wald der Kirchenpflege) verkaufte man 1829 um Pfarrarchiv 5eekirch nach dem vom Verfasser 1953 angefertig- 7900 Gulden, um Investitionsmittel für anstehende ten Repertorium. Aufgaben zu erhalten. Der Weg in die Unabhängigkeit führte nicht selten in neue Abhängigkeiten, denn der Lasten waren nicht Bildnachweis wenige, wodurch nicht selten statt der Freiheit der "Gant" (Konkurs) am Ende stand. Trotz aller Kosten 5.3,4 (unten), 6, 7, 8,10,11,14 Pfarrarchiv 5eekirch. 5.4 (oben), 15, 16 (oben), 17,22, 23, 24 Gemeinde 5eekirch. entwickelte sich die Gemeinde in gesunden Bahnen. 5.9 Wilfried Eschenfelder, Rottenburg. Im Blick auf die Geschichte jedoch sollte den Einwoh- 5.16 (unten) Foto Weiss,Bad Buchau.