Geschichte der deutschen Prosaliteratur – 5

Vorlesung SoSe 2007/2008 Mittwoch 16.00-18.00 Erzählliteratur der Goethezeit – Klassik / Romantik

 literaturhistorische Epochen = Konstrukte  ‘Epochen’,‘Stilrichtunge n  Überschneidungen  Überlappungen  Schwierigkeiten der Abgrenzung  Goethezeit:  Spätaufklärung  Sturm und Drang  Klassik  Romantik  teilw. Anfänge des sog. Vormärz / Biedermeier Erzählliteratur der Goethezeit – Klassik / Romantik

 Goethezeit: tiefgreifende Wandlungen der Individuumkonzeption  französische Revolution: Umwälzungen und ihre Rückwirkungen  philosophische Grundlagen (Kant, Fichte)  unterschiedliche Auffassungen in Klassik und Romantik  Klassik → verweist auf die Antike – Antike als Ideal (Wickelmann: „edle Einfalt”, „stille Größe”)  Epoche der deutschen Literatur vs. überzeitliche Erscheinung  als literaturgeschichtliche Epoche: Abgrenzungsfragen  deutsche Klassik (Weimarer Klassik): Goethe, Schiller – Herder, Wieland  griechische Antike als Vorbild – entwicklungsgeschichtliche Vorstellungen (Schiller: Über naive und sentimentalische Dichtung; Die Götter Griechenlands)  teilweise aufklärerische Ideen – Erziehbarkeit des Menschen  Humanitätsideal – Harmonie von Gefühl und Verstand, Individuum und Gemeinschaft  Erziehung durch Kunst (Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen)  allseitige Entwicklung der Persönlichkeit vs. Spezialisierung  ästhetische Konzeption des Kunstwerks, der Gattungen Erzählliteratur der Goethezeit – Klassik / Romantik

 Romankonzeptionen: der Roman als Bildungsroman  Goethe: „Wilhelm Meisters Lehrjahre” (1795/96)  frühe Fassung – Fragment: „Wilhelm Meisters theatralische Sendung” (1910 gefunden) → Erfüllung der Figur: im Theater  „Lehrjahre”: Theater = nur ein Element unter den WM formenden Einflüssen  erweitert, strukturell umgestaltet  ungewöhlich große Wirkung auf die Epoche – pro und kontra  Thema: ein Kreis gutgesinnter Menschen (Turmgesellschaft) hilft einem jungen Menschen, seine Lebensziele zu finden Erzählliteratur der Goethezeit – Klassik / Romantik

 Bildung, Entwicklung (vgl. Blanckenburg)  der junge Mensch durchläuft verschiedene Kreise des Lebens und der Welt – dadurch zugleich Etappen einer geistig-seelischen Entwicklung – unterstützt durch äußere (ihm bis zum Ende unbekannte) Kräfte (die Turmgesellschaft)  Aufbau des Romans: Kreise der Entwicklung  Buch 1-5: Welt des Theaters  Buch 6: Religion, Gottesglaube  Buch 7-8: Turmgesellschaft – die große Welt, Tätigkeit, Handeln  Ende: gewissermaßen offen  „eine ganze Bildungsgeschichte des 18.. Jh.s”:  bürgerliche Kultur, Adel, „Scheinwelt” der Kunst, Pietismus, Aufklärung, Freimauertum Erzählliteratur der Goethezeit – Klassik / Romantik

 Bildungsprogramm der „Lehrjahre”:  „mich selbst, ganz wie ich da bin, auszubilden, das war dunkel von Jugend auf mein Wunsch und meine Absicht”  → „Ausbildung” der in ihm angelegten Kräfte und Fähigkeiten: dem Bürger, im Gegensatz zum Adligen, nur durch die Kunst zu verwirklichen  dieses Bildungsprogramm: aufgegeben → Scheitern der universellen, harmonischen Ausbildung des Individuums durch die Kunst  Erfüllung des Bildungsprozesses: in der Gesellschaft – utopische Züge  „Lehrjahre” = Prototyp des Bildungsromans – zugleich auch Zeitroman mit überlieferten Romanmotiven (Entführung, Überfall, Inzest usw.)  zeitgenössische Diskussion über Goethes Roman: durch fast alle bedeutende Schriftsteller (vgl. Goethes und Schillers Briefwechsel)  Friedrich Schlegels Rezension „Über Goethes Meister” (1798)  : Athenäum-Fragment 216:  „Die Französische Revolution, Fichtes Wissenschaftslehre und Goethes Meister sind die größten Tendenzen des Zeitalters. Wer an dieser Zusammenstellung Anstoß nimmt, wem keine Revolution wichtig scheinen kann, die nicht laut und materiell ist, der hat sich noch nicht auf den hohen weiten Standpunkt der Geschichte der Menschheit erhoben. Selbst in unsern dürftigen Kulturgeschichten, die meistens einer mit fortlaufendem Kommentar begleiteten Variantensammlung, wozu der klassische Text verlorenging, gleichen, spielt manches kleine Buch, von dem die lärmende Menge zu seiner Zeit nicht viel Notiz nahm, eine größere Rolle, als alles, was diese trieb.” Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

 deutsche Romantik: ein Abschnitt der sog. Goethezeit (1770-1832)  Ursprung des Begriffs „Romantik”  a) ‘roman’ < Roman  Mittelalter: Texte in der ‘lingua romana’ ↔ lateinische Gelehrtenliteratur  weitergeführt durch F. Schlegel: Roman = romantisches Buch  b) Genrebezeichnungen  17. Jh., England: ‘romantic’ – malerische Landschaft, schwärmerischer Charakter oder Ereignisse  17-18. Jh. frz. ‘romantique’ – abenteuerliche Geschichte oder malerische Landschaft  F. Schlegel: Erweiterung des Begriffs und Verbindung der zwei Linien im Gespräch über die Poesie  Brief über den Roman : Roman = romantisches Buch  Epochen d. Dichtkunst : romantisch = die ganze Literatur nach der Antike (Dante, Petrarca, Boccaccio, Shakespeare, Cervantes = romantisch)  Mme de Staël (1808): ‘poésie romantique’ ↔ ‘poésie classique’ = nördliche Literatur ↔ antike Literatur (vgl. auch „la Querelle des Anciens et des Modernes” als Vorbereitung) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Schwierigkeiten der Definition:  Romantik als a) zeitl. abgrenzbare Richtung b) „ewige” Romantik (Geistesgeschichte)  kulturelle Vorläufer a) Sentimentalismus / Empfindsamkeit  Rousseau: Nouvelle Héloise; Confessions  Richardson: Pamela; Sterne: Sentimental Journey  Goethe: Die Leiden des jungen Werther b) bürg. Nationalitätsgefühl → Interesse für Volkslieder und Volkskultur  Herder: Stimmen d. Völker in Liedern (vgl. Heidelberger Romantik!) c) Sturm u. Drang: Geniekult (Ausnahmemensch); Gefühlskult  Romantiker: Anerkennung der Sturm u. Drang-Periode von Goethe Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

sozialgeschichtlicher Hintergrund  absolutistischer Staat: äußere Verhältnisse = stabil innere Verhältnisse: destabilisierende Kräfte – gesellschaftliche Wandlungen  Unterminierung der ständischen Ordnung – der Einzelne erlebt sich als Individuum wachsende Mobilität, Zuwachs an Bildung, Autonomie Herausbildung der „freien Intelligenz”  die französische Revolution: zuerst Begeisterung (Freiheitsidee) dann: kritisches Verhältnis → Revolution des Bewußtseins – Priorität vor der politischen Revolution vgl. F. Schlegel: Athenäums-Fragment 216 („die größten Tendenzen des Zeitalters”), bzw.: „Bei einem Menschen, der eine gewisse Höhe und Universalität der Bildung erreicht hat, ist sein Innres eine fortgehende Kette der ungeheuersten Revoluzionen” (Philosophische Lehrjahre) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Romantik als europäische Erscheinung  mehrere Phasen und z.T. abweichende Charakteristiken 1) frühere Romantik: 1798 – 1815/20  dt. Romantik / engl. Romantik Wordsworth, Coleridge, Blake („The Lakers”) 2) Hochromantik: 1. Phase: 1815/20 – 1830 (Shelley, Keats, Byron) 2. Phase: 1830 – 1848 französische Romantik (Victor Hugo, Chateaubriand, Alfred de Vigny, Lamartine, Alfred de Musset, George Sand, Gérard de Nerval, Mme de Staël) 3) Spätromantik: nach 1848 (der späte Victor Hugo) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Deutsche Romantik - Periodisierung(en) A/ Zweiteilung :  1) ältere oder Frühromantik mehr kritisch-wissenschaftlich, theoretisch ausgerichtet Entwicklung ästhetischer Konzeptionen geschlossene Gemeinschaft in Jena, teilw. in Berlin  2) jüngere oder Hoch- und Spätromantik eine größtenteils unverbundene Gruppe von Autoren; weniger spekulativ, stärker literarisch Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Deutsche Romantik - Periodisierung(en) B/ Dreiteilung :  1) Jenaer Romantik / Frühromantik  August Wilhelm Schlegel, Friedrich Schlegel, Ludwig Tieck, (Friedrich von Hardenberg), Friedrich Wilhelm Schelling, Friedrich Schleiermacher, Dorothea Schlegel, Caroline Schlegel-Schelling, , August Klingemann  2) Heidelberger Romantik (1806-1815)  Clemens Brentano, Achim von Arnim, Bettina Brentano, Josef Görres, Wilhelm Grimm, Jakob Grimm  3) Berliner Romantik  (!), E.T.A. Hoffmann, Adalbert von Chamisso, Achim von Arnim, Clemens Brentano, Friedrich de la Motte Fouqué  Ausklänge der romantischen Literatur:  schwäbischer Dichterkreis: Uhland, J. Kerner, Gustav Schwab  Wilhelm Hauff, Eduard Mörike, der junge Heine Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Charakteristiken der Romantik:  deutsche Romantik:  Wende in der Literatur und Kultur, zugleich: Generationenwechsel und Generationengegensätze;  weitreichende Wirkung: Anfänge der Moderne; moderne literarische Formen  Romantik(er): spätere Benennung, verstehen sich nicht als Romantiker, sondern als „neue Schule” (Frühromantik) oder Gruppierung  Fortsetzung von Problemen der Aufklärung (verwandt mit Sturm und Drang, Klassik: Ungenügen an der Aufklärung) → starke philosophische Fragestellungen vgl. die Wirkung von Kant, Fichte, Schelling, Schleiermacher 1) Verhältnis (Mensch, Welt/Natur) = R(Subjekt,Objekt); R(Bewußt, Unbewußt); R(Rationales, Irrationales); R(Mensch, Mensch) 2) Erkennbarkeit der Welt und des Ich Gegenpole: Subjekt ↔Objekt; Mensch ↔Welt/Natur; Kultur ↔Natur; Individuum ↔Gesellschaft; Endlichkeit ↔Unendlichkeit  Klassik vs. Romantik: Akzente – anders gesetzt  Romantik: Ziel ≠ Überkompensation oder Eliminierung eines der Pole Ziel: Ausgleich und Synthese Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

das ästhetisch-literarische Programm der Frühromantik:

 im Bereich der Literatur und Literaturtheorie: Paradigmenwechsel → Abkehr vom Prinzip der Nachahmung, der Repräsentation, der Mimesis (vgl. Ernst Behler) → völlig neue Konzeption des literarischen Werkes

 wichtige Begriffe, Konzeptionen: entwicklungsgeschichtliche Vorstellungen (Kunst, Literatur, Religion) – triadisches Geschichtsmodell Kunst als allumfassendes intermediales Phänomen Ironie Fragment Innen – Außen, magischer Idealismus, Romantisieren Gattungen – Roman, Märchen Bildung Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik Kunst als eigenständiger und allumfassender Bereich (Universalität, Progressivität, Reflexion):

 Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie . Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennte Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen, und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will, und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig und gesellig und das Leben und die Gesellschaft poetisch machen, den Witz poetisieren, und die Formen der Kunst mit gediegnem Bildungsstoff jeder Art anfüllen und sättigen, und durch die Schwingungen des Humors beseelen. Sie umfaßt alles, was nur poetisch ist, vom größten wieder mehre Systeme in sich enthaltenden Systeme der Kunst, bis zu dem Seufzer, dem Kuß, den das dichtende Kind aushaucht in kunstlosen Gesang. Sie kann sich so in das Dargestellte verlieren, daß man glauben möchte, poetische Individuen jeder Art zu charakterisieren, sei ihr Eins und Alles; und doch gibt es noch keine Form, die so dazu gemacht wäre, den Geist des Autors vollständig auszudrücken: so daß manche Künstler, die nur auch einen Roman schreiben wollten, von ungefähr sich selbst dargestellt haben. Nur sie kann gleich dem Epos ein Spiegel der ganzen umgebenden Welt, ein Bild des Zeitalters werden. Und doch kann auch sie am meisten zwischen dem Dargestellten und dem Darstellenden, frei von allem realen und idealen Interesse auf den Flügeln der poetischen Reflexion in der Mitte schweben , diese Reflexion immer wieder potenzieren und wie in einer endlosen Reihe von Spiegeln vervielfachen. Sie ist der höchsten und der allseitigsten Bildung fähig ; nicht bloß von innen heraus , sondern auch von außen hinein ; indem sie jedem, was ein Ganzes in ihren Produkten sein soll, alle Teile ähnlich organisiert, wodurch ihr die Aussicht auf eine grenzenlos wachsende Klassizität eröffnet wird. […] Andre Dichtarten sind fertig, und können nun vollständig zergliedert werden. Die romantische Dichtart ist noch im Werden; ja das ist ihr eigentliches Wesen, daß sie ewig nur werden, nie vollendet sein kann . […] Die romantische Dichtart ist die einzige, die mehr als Art, und gleichsam die Dichtkunst selbst ist: denn in einem gewissen Sinn ist oder soll alle Poesie romantisch sein. (AF 116) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Ironie  Die Philosophie ist die eigentliche Heimat der Ironie, welche man logische Schönheit definieren möchte: denn überall wo in mündlichen oder geschriebenen Gesprächen, und nicht nur ganz systematisch philosophiert wird, soll man Ironie leisten und fordern; und sogar die Stoiker hielten die Urbanität für eine Tugend. Freilich gibts auch eine rhetorische Ironie, welche sparsam gebraucht vortreffliche Wirkung tut, besonders im Polemischen; doch ist sie gegen die erhabne Urbanität der sokratischen Muse, was die Pracht der glänzendsten Kunstrede gegen eine alte Tragödie in hohem Styl. Die Poesie allein kann sich auch von dieser Seite bis zur Höhe der Philosophie erheben, und ist nicht auf ironische Stellen begründet, wie die Rhetorik. Es gibt alte und moderne Gedichte, die durchgängig im Ganzen und überall den göttlichen Hauch der Ironie atmen. Es lebt in ihnen eine wirklich transzendentale Buffonerie. Im Innern, die Stimmung , welche alles übersieht, und sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch über eigne Kunst, Tugend, Genialität: im Äußern, in der Ausführung die mimische Manier eines gewöhnlichen guten italienischen Buffo. (KF 42)  Ironie ist die Form des Paradoxen . Paradox ist alles, was zugleich gut und groß ist. (KF 48) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Ironie  Ironie ist klares Bewußtsein der ewigen Agilität, des unendlich vollen Chaos. (Ideen 69)  Die Sokratische Ironie ist die einzige durchaus unwillkürliche, und doch durchaus besonnene Verstellung. Es ist gleich unmöglich sie zu erkünsteln, und sie zu verraten. Wer sie nicht hat, dem bleibt sie auch nach dem offensten Geständnis ein Rätsel. Sie soll niemanden täuschen, als die, welche sie für Täuschung halten, und entweder ihre Freude haben an der herrlichen Schalkheit, alle Welt zum besten zu haben, oder böse werden, wenn sie ahnden, sie wären wohl auch mit gemeint. In ihr soll alles Scherz und alles Ernst sein, alles treuherzig offen, und alles tief verstellt. Sie entspringt aus der Vereinigung von Lebenskunstsinn und wissenschaftlichem Geist, aus dem Zusammentreffen vollendeter Naturphilosophie und vollendeter Kunstphilosophie. Sie enthält und erregt ein Gefühl von dem unauflöslichen Widerstreit des Unbedingten und des Bedingten, der Unmöglichkeit und Notwendigkeit einer vollständigen Mitteilung . Sie ist die freieste aller Lizenzen, denn durch sie setzt man sich über sich selbst weg; und doch auch die gesetzlichste, denn sie ist unbedingt notwendig. Es ist ein sehr gutes Zeichen, wenn die harmonisch Platten gar nicht wissen, wie sie diese stete Selbstparodie zu nehmen haben, immer wieder von neuem glauben und mißglauben, bis sie schwindlicht werden, den Scherz grade für Ernst, und den Ernst für Scherz halten. […] (KF 108) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Fragment, Fragmentarisches, Abgeschlossenheit, Offenheit

 Ein Fragment muß gleich einem kleinen Kunstwerke von der umgebenden Welt ganz abgesondert und in sich selbst vollendet sein wie ein Igel. (AF 206)

 Gebildet ist ein Werk, wenn es überall scharf begrenzt, innerhalb der Grenzen aber grenzenlos und unerschöpflich ist, wenn es sich selbst ganz treu, überall gleich, und doch über sich selbst erhaben ist. Das Höchste und Letzte ist, wie bei der Erziehung eines jungen Engländers, le grand tour . Es muß durch alle drei oder vier Weltteile der Menschheit gewandert sein, nicht um die Ecken seiner Individualität abzuschleifen, sondern um seinen Blick zu erweitern und seinem Geist mehr Freiheit und innre Vielseitigkeit und dadurch mehr Selbständigkeit und Selbstgenügsamkeit zu geben. (AF 297) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Innen-Außen, magischer Idealismus, Romantisieren

 Die Phantasie setzt die künftige Welt entweder in die Höhe, oder in die Tiefe, oder in der Metempsychose, zu uns. Wir träumen von Reisen durch das Weltall – ist denn das Weltall nicht in uns ? Die Tiefen unsers Geistes kennen wir nicht – nach innen geht der geheimnisvolle Weg . In uns, oder nirgends ist die Ewigkeit mit ihren Welten - die Vergangenheit und Zukunft. Die Außenwelt ist die Schattenwelt – sie wirft ihren Schatten in das Lichtreich. Jetzt scheint uns freilich innerlich so dunkel, einsam, gestaltlos – aber wie ganz anders wird es uns dünken – wenn diese Verfinsterung vorbei, und der Schattenkörper hinweggerück ist – wir werden mehr genießen als je, denn unser Geist hat entbehrt. (BlSt 17)  Selbstentäußerung ist die Quelle aller Erniedrigung, sowie im Gegenteil der Grund aller echten Erhebung. Der erste Schritt wird Blick nach innen – absondernde Beschauung unsres Selbst – wer hier stehn belibt gerät nur halb. Der zweite Schritt muß wirksamer Blick nach außen – selbsttätige, gehaltne Beobachtung der Außenwelt wein.  Der Mensch wird nie, als Darsteller, etwas Vorzügliches leisten, der nichts weiter darstellen mag, als seine Erfahrungen, seine Lieblingsgegenstände, der es nicht über sich gewinnen kann, auch einen ganz fremden, ihm ganz uninteressanten Gegenstand, mit Fleiß zu studieren und mit Muße darzustellen. Der Darsteller muß alles darstellen können und wollen. Dadurch entsteht der große Stil der Darstellung, den man, mit Recht, an Goethe, so sehr bewundert. (BlSt 26) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Bildung

 Künstler ist ein jeder, dem es Ziel und Mitte seines Daseins ist, seinen Sinn zu bilden. (Ideen 20)

 Ein Künstler ist, wer sein Zentrum in sich selbst hat. Wem es da fehlt, der muß einen bestimmten Führer und Mittler außer sich wählen, natürlich nicht auf immer sondern nur fürs erste. Denn ohne lebendiges Zentrum kann der Mensch nicht sein, und hat er es noch nicht in sich, so darf er es nur in einem Menschen suchen, und nur ein Mensch und dessen Zentrum kann das seinige reizen und wecken. (Ideen 45)

 Die höchste Aufgabe der Bildung ist – sich seines transzendentalen Selbst zu bemächtigen – das Ich ihres Ichs zugleich zu sein. Um so weniger befremdlich ist der Mangel an vollständigem Sinn und Verstand für andre. Ohne vollendetes Selbstverständnis wird man nie andre wahrhaft verstehn lernen. (BlSt 28) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik Gattungen  Alle klassischen Dichtarten in ihrer strengen Reinheit sind jetzt lächerlich. (KF 60)

Roman Friedrich Schlegel: Roman = romantisches Buch  Mancher der vortrefflichsten Romane ist ein Kompendium, eine Enzyclopädie des ganzen geistigen Lebens eines genialischen Individuums; Werke die das sind, selbst in ganz andrer Form, wie NATHAN, bekommen dadurch einen Anstrich vom Roman. Auch enthält jeder Mensch, der gebildet ist, und sich bildet, in seinem Innern einen Roman. Daß er ihn aber äußre und schreibe, ist nicht nötig. (KF 78)

Märchen  Das echte Märchen muß zugleich prophetische Darstellung – idealische Darstellung – absolut notwendige Darstellung sein. Der echte Märchendichter ist ein Seher der Zukunft. (ABr 31)  Das Märchen ist gleichsam der Kanon der Poesie – alles Poetische muß märchenhaft sein. Der Dichter betet den Zufall an. (ABr 126)  Es liegt nur an der Schwäche unsrer Organe und der Selbstberührung, daß wir uns nicht in einer Feenwelt erblicken. Alle Märchen sind nur Träume von jener heimatlichen Welt, die überall und nirgends ist. Die höhern Mächte in uns, die einst als Genie unsern Willen vollbringen werden, sind jetzt Musen, die uns auf dieser mühseligen Laufbahn mit süßen Erinnerungen erquicken. (FSt 48) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik Frühromantik /Jenaer Romantik  August Wilhelm Schlegel (1767-1845)  Redaktion der Zeitschrift „Athenäum” (mit Friedrich Schlegel)  Literatur- und kunstgeschichtliche Schriften  Friedrich Schlegel (1772-1829)  Über das Studium der griechischen Poesie  Gespräch über die Poesie (Epochen der Dichtkunst, Brief über den Roman, Rede über die Mythologie  Fragmente (Kritische[=Lyceums] Fragmente, Athenäums-Fragmente, Ideen)  Lucinde  Novalis [= Friedrich von Hardenberg] (1772-1801)  Fragmente; Hymnen an die Nacht  Romane: Die Lehrlinge zu Sais; Heinrich von Ofterdingen  Märchen  Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773-1798) Zusammenarbeit mit Ludwig Tieck  Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders  Phantasien über die Kunst  Ludwig Tieck (1773-1853)  William Lovell  Franz Sternbalds Wanderungen  Erzählungen (Der blonde Eckbert, Der Runenberg u.a.)  Der gestiefelte Kater  spätere Werke  Clemens Brentano (1778-1842)  Godwi. Ein verwilderter Roman Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

 Friedrich Schlegel – Romankonzeption und Roman  „Brief über den Roman”: Roman als romantisches Buch: sentimentaler Stoff in phantastischer Form  „Über Goethes Meister”: Kritik des Goethe-Romans aus romantischer Perspektive – Würdigung mit ironischen Untertönen, Ablehnung der Bildungskonzeption von Goethe  „Lucinde” (1799) – Entstehung, zeitgenössische Rezeption  Fragment, nur der 1. Teil publiziert – ästhetisches Experiment („ein gebildetes künstliches Chaos”)  Prolog + 13 Teile (Briefe, Allegorien, Dithyramben, Dialoge, Reflexionen – Mittelteil: „Lehrjahre der Männlichkeit”  Entwicklung der zentralen Figur Julius:  Künstler – Selbstfindung: Liebe und Kunst in Einheit gebracht  zweifelhafte Abenteuer – Liebe zu Lucinde (ebenfalls Künstlerin)  Trennung von Sinnlichem und Geistigem aufgehoben  Bruch mit dem traditionellen Frauenbild (zwiespältig):  „Vollendung des Männlichen und Weiblichen zur vollen ganzen Menschheit”  Dorothea Schlegel: „Florentin” (1801): fragmentarischer romantischer Bildungsroman  Gegenstück zu „Lucinde”  weder Liebe noch Kunst – ohne fixierbare Identität Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

 Ludwig Tieck: „Franz Sternbalds Wanderungen. Eine altdeutsche Geschichte” (1798)  Künstlerroman/ Bildungsroman – Fragment geblieben  zur Zeit Albrecht Dürers  von Nürnberg nach Florenz (Norden/Süden)  Auflockerung des Erzählens durch Gespräche, Monologe, Briefe, lyrische Einlagen (Prinzip der Gattungsmischung)  Intrigenhandlung – zahlreiche Figuren: Reise, Abenteuer, Liebe, Geheimnis  Kunst / Leben, Künstlertum / Bürgerlichkeit, Unendlichkeit der Natur / Begrenztheit ihrer Darstellungsmöglichkeiten  Kunstgespräche:  Kunst als Lebensziel, Ziel der Persönlichkeitsentwicklung  historische Vertreter der Malerei – Dürer / Raffael („altdeutsche Kunst”)  große / widersprüchliche Wirkung (Romantiker vs. Goethe) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

 Novalis: „Heinrich von Ofterdingen” (1802)  unvollendet/ posthum – Pläne zu einer „Enzyklodädie”  1. Teil: Die Erwartung – 2. Teil: Die Erfüllung (Anfang von Tieck herausgegeben + „Bericht über die Fortsetzung”)  Ofterdingen: mittelalterlicher Minnesänger im 13. Jh. (historisch nicht belegt) – mhd. Epos: „Sängerkrieg auf der Wartburg” (um 1260)  Handlung: in einer vagen mittelalterlichen Welt  Reise in den Süden – Reiseerlebnisse: Bildung zum Künstler Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

 „Heinrich von Ofterdingen” als Bildungs- und Künstlerroman  in Anlehnung an Goethe und in Abgrenzung von ihm:  „Goethe ist jetzt der wahre Statthalter des poetischen Geistes auf Erden.” ↔ „Es ist im Grunde ein fatales und albernes Buch – so prätentiös und preziös – undichterisch im höchsten Grade, was den Geist betrifft [...]”  Traum von der blauen Blume – Suche nach dem Mädchen – Reise – Erfahrungen, Begegnungen, Belehrungen  Kaufleute: Arion-Sage; Märchen von Atlantis – Macht der Poesie; Weg nach innen  Welt des Orients und der Kreuzzüge (Zulima)  Bergmann: Naturgeschichte, „edle Kunst des Bergbaus”  Einsiedler (Graf von Hohenzollern): Bereich der Geschichte → geheimnisvolles Buch: „sein Ebenbild in verschiedenen Lagen” (mise en abyme, Vorausdeutung: „der Schluß des Buches schien zu fehlen”)  Augsburg: Ziel der Reise – Poesie und Liebe gefunden  Mathilde: das Mädchen in der blauen Blume  Klingsohr: Einführung in die Dichtkunst (Offenbarung + strenge Kunst)  Klingsohrs Märchen: allegorisches Erlösungsmärchen – Wiedergewinnung des verlorenen Zustandes der Harmonie, alles Trennende aufgehoben =Spiegelung des Romangeschehens  2. Teil: Weg durch verschiedene historische Zeiten und Räume  zur Höhe der poetischen Existenz, zu einer „Höhe der innern Welt”  Gegensätze, Trennungen aufgehoben – „Poetisierung der Welt”, „Herstellung der Märchenwelt”  Novalis: experimenteller Charakter seiner Kunst – starke Wirkung auf die französischen Symbolisten und im 20. Jh. Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

 Clemens Brentano: „Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter. Ein verwilderter Roman” (1801)  1. Teil: Briefroman  undatierte Briefe verschiedener Figuren – schwer enträtselbare Verhältnisse, Ereignisse, Handlungen  Bildungsgeschichte – statt Handeln: Reflexion („Das Mißverhältnis seines Temperaments zu seinem Leben, und zum Lande, in dem er lebt, zwingt ihn zu reflektieren”)  2. Teil: Godwis Geschichte – durch den fiktiven Erzähler Maria (beauftragt mit der Zusammenstellung der Briefe)  fiktiver Erzähler besucht seine Figur, um die Zusammenhänge zu klären und das Buch beenden zu können  gegen Ende: „Tod des Autors” (Erzählers) – Godwi selbst hilft, den Roman weiterzuführen  „Godwi”: Anknüpfung an F. Schlegels Romankonzeption  inhaltliche Beziehungen zu „Wilhelm Meisters Lehrjahre”, „Franz Sternbalds Wanderungen”  „romantisches Buch”, „gemischt aus Erzählung, Gesang und andern Formen”  zahlreiche Gedichte („Sprich aus der Ferne”; „Ein Fischer saß im Kahne”)  Perspektivenwechsel, Einschübe, Reflexionen, witzige, illusionsdurchbrechende Momente („Dies ist der Teich, in den ich S. 266 im ersten Bande falle”)  formales Experiment, Dokument für die frühromantische Ästhetik Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Kunstmärchen und Novelle/Erzählung in der Frühromantik  gattungstheoretische und gattungsgeschichtliche Einordnungen Novalis  Märchen als „Kanon der Poesie” = das Poetische schlechthin  Märchen und entwicklungsgeschichtliche Vorstellungen:  ursprüngliches Chaos → Auflösung/Unordnung → geordnetes, „vernünftiges” Chaos  „In der künftigen Welt ist alles, wie in der ehmaligen Welt – und doch alles ganz anders . Die künftige Welt ist das vernünftige Chaos ”  die ehemalige Welt = „Naturstand der Natur – die Zeit vor der Welt ”  Märchen in den Romanen:  „Hyazinth und Rosenblütchen” (in: „Die Lehrlinge zu Saïs”)  Geschichte eines Liebespaars: Hyazinth verläßt Rosenblütchen (auf Einwirkung einer Weissagung und des Fremden/des Buches) = Auflösung einer ursprünglichen Harmonie – Wanderung, Tempel der Isis, Traum – Rosenblütchen als Isis/verschleierte Göttin = Herstellung der Harmonie  mehrfach deutbar: Rosenblütchen = Isis vs. Fortsetzung als Traumleben  Reise als Erkenntnisprozeß  Naturerkenntnnis = Selbsterkenntnis  Arion-Geschichte; Atlantis-Geschichte; Klingsohrs Märchen (in: „Heinrich von Ofterdingen”)  Klingsohrs allegorisches Märchen: die Kinder Eros (Liebe) und Fabel (Poesie) befreien mit Hilfe von Ginnistan (Phantasie), dem Vater (Sinn), der Mutter (Herz), dem alten Helden und dessen Frau Sophia (Weisheit) das zu Eis erstarrte Reich Arcturs sie verhelfen, Arcturs Tochter Freya (Frieden) zur Herrschaft und so führen sie ein neues Zeitalter herbei Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

 Kunstmärchen und Novelle/Erzählung in der Frühromantik  Ludwig Tieck : Märchen – Novelle – Märchennovelle  „Der blonde Eckbert” (1797)  Rahmengeschichte: Wechsel der Erzählperspektiven → Subjektivierung des Erzählten  Identität der Figuren: aufrechterhaltene Ambivalenzen  Naturerlebnis, Naturwahrnehmung – Psychologisierung; moralische Fragestellungen  märchenhafte Elemente

Einrahmung Eckbert/Bertha Bertha Eckbert Zweisamkeit Waldeinsamkeit (Wald)einsamkeit

zeitlicher Ablauf der Geschichte: Bertha Eckbert/Bertha Eckbert Wald → Burg → Wald ← ← ← ← Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

 Kunstmärchen und Novelle/Erzählung in der Frühromantik  Ludwig Tieck: „Der Runenberg” (1802)  Topographie der Geschichte: verschiedene Sphären der Natur – unterschiedliche Konnotationen und Oppositionen  Ebene vs. Gebirge; oben vs. unten; Gold vs. Geld; Bewußtes vs. Unbewußtes; Liebesmystik vs. Religion  ambivalente Perspektiven und Interpretationsmöglichkeiten  Probleme der Selbsterkenntnis, der Welterkenntnis – Unmöglichkeit des in allen Sphären beheimateten Individuums

Gebirge/ Burg unorganische Natur (Edelsteine) ↑↓ Ebene/ Dorf /Garten → Gebirge /Wald → Ebene/ Dorf / Garten organische (domestizierte) Natur ← organische („wilde”) Natur ← organische (domestizierte) Natur ←↓ Gebirge/ Berghöhle unorganische Natur (Kieselsteine) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Heidelberger Romantik  1808: „Zeitung für Einsiedler”  Herausbildung eines Nationalgefühls und einer „Volkstümlichkeit”; Pflege deutscher Volksdichtung  Clemens Brentano/ Achim von Arnim (1781-1831)  Des Knaben Wunderhorn  Spätere Novelle: „Geschichte vom braven Kasperl und des schönen Annerl” („Ehre”)  Joseph von Eichendorff (1788-1857)  Gedichte  Roman: „Ahnung und Gegenwart” (1815)  Erzählungen: „Das Marmorbild” (1819), „Aus dem Leben eines Taugenichts” (1826), „Eine Meerfahrt” (1835/1864) u.a. – Verabschiedung frühromantischer Postulate  Jakob Grimm (1785-1853)/ Wilhelm Grimm (1786-1859)  Kinder- und Hausmärchen  Deutsche Sagen; Deutsche Mythologie  Deutsches Wörterbuch  Ausgaben: Hildebrandlied; Wessobrunner Gebet; Hartmann von Aue: Der arme Heinrich; Lieder der alten Edda  Begründer der Germanistik  Joseph Görres (1776-1848)  „Die deutschen Volksbücher” (1807) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik Berliner Romantik / Spätromantik  (1781-1838)  „Peter Schlemihls wundersame Geschichte” (1813)  Bearbeitung der Faust-Thematik  1804: „Faust. Ein Versuch” – Fragment – spezielle Behandlung des Faust-Stoffes  Verkauf des Schattens ≠ Verkauf der Seele  Schatten = soziale Identität  Seele = transzendentale Identität  ohne Schatten: sozial ausgegrenzt  mit Seele: in der Natur (Naturforschung) – Einsamkeit – Integrität des Selbst  im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern der Gesellschaft mit Schatten  Märchenmotive (Glückssäckel; Siebenmeilenstiefel) Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik Berliner Romantik / Spätromantik  E.T.A. Hoffmann (1776-1822)  Jurist, Komponist, Zeichner, Schriftsteller  Kunst- und Künstler-Thematik  Erzählungen/ Erzählsammlungen  Fantasiestücke in Callots Manier (1814/15)  Nachtstücke (1817)  Die Serapionsbrüder (1819)  Ambivalenz – moderne Erzählkunst  Identität – Identitätsspaltung  Ironie, Parodie  Intertextualität, Intermedialität Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

 E.T.A. Hoffmann  Kunstmärchen:  Der goldne Topf, Klein Zaches genannt Zinnober, Meister Floh, Prinzessin Brambilla, Die Königsbraut; Das fremde Kind, Nußknacker und Mäusekönig  gemeinsame Erzählstruktur  Reflexivität, Intertextualität  Romane  „Die Elixiere des Teufels” (1815/16)  Schauerroman-Modell (Matthew Gregory Lewis: „The Monk”)  Selbstbiographie als Lebensbeichte (Confessiones)  Doppelgängerfiguren  Undurchschaubarkeit der Welt und des Ich  Kater Murr (1820/22):  vollständiger Titel – „Lebensansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biographie des Kapellmeisters Johannes Kreisler in zufälligen Makulaturblättern. Herausgegeben von E. T. A. Hoffmann”  Doppelroman:  Herausgeberfiktionen  Autobiographie – Biographie: Bildungsgeschichte(n) – Goethe-Parodie  unwahres vs. wahres Künstlertum  Vollständigkeit vs. Fragment  chronologische Ordnung vs. nicht rekonstruierbare Ordnung  Originalität vs. Zitathaftigkeit Erzählliteratur der Goethezeit – Romantik

Berliner Romantik / Spätromantik  Heinrich von Kleist (1777-1811)  Sonderstellung innerhalb der Goethezeit (Klassik / Romantik)  1810/11: Berliner Abendblätter – Zweck: „Unterhaltung aller Stände des Volkes”, „Beförderung der Nationalsache”  „Über das Marionettentheater”: fiktives Gespräch mit poetologischen Überlegungen  Dramen: Prinz Friedrich von Homburg; Das Kätchen von Heilbronn; Penthesilea  Erzählungen: Michael Kohlhaas; Die Marquise von O…; Das Erdbeben in Chili; Die Verlobung in Sankt Domingo; Der Findling  „unerhörte Begebenheiten”  Vertextung von Rätseln und Geheimnissen  auktorialer/allwissender Erzähler – jedoch: das Innere der Figuren nicht aufgeklärt  Undurchschaubarkeit des Ich, der menschlichen Beziehungen, Vielfältigkeit und Mehrdeutigkeit der menschlichen Existenz  antinomische Strukturen – keine monoperspektivischen Deutungsmöglichkeiten  paradoxe Grundmuster