Plenarprotokoll 18/221
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22230 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 221 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 9 . März 2017 Michael Thews (A) als den Bestandteil erwähnt, der dann für die Landwirt- jenige, der die öffentlichen Toiletten in Rom nutzte, um (C) schaft bereitgestellt wird – bei dem ganzen Verfahren Urin zu sammeln und diesen Urin den Gerbern zur Verfü- Geld einbringt, weil er am Ende verkauft wird. Insofern gung zu stellen, damit sie ihre Gerbprozesse durchführen ist das keine Ausgabe. Das ist eine falsche Darstellung. konnten. Er war auch der Erfinder, der dieses Verfahren zusätzlich besteuert hat, was ihm Krach mit seinem Sohn (Beifall bei Abgeordneten der SPD) bescherte, der sich über den Geruch der öffentlichen To- iletten beschwerte. Als sein Vater ihm einen Geldschein Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn: oder eine Geldmünze, die er dafür eingenommen hatte, Herr Lenkert, Sie haben das Wort zur Erwiderung. unter die Nase hielt, hat er den berühmten Spruch ge- prägt: Pecunia non olet! Geld stinkt nicht! Ralph Lenkert (DIE LINKE): (Beifall bei der CDU/CSU) Herr Kollege, der Verkauf von Phosphor bringt in etwa 60 Euro. Die Kosten für die Gewinnung derselben Hat der Kollege das gewusst? Menge Phosphor liegen bei 400 Euro. Ich kann nicht er- (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kennen, wie man da Gewinne machen kann. Es tut mir NEN], auf Dr. Konstantin von Notz [BÜND- echt leid. NIS 90/DIE GRÜNEN] bezogen: Er hat das (Beifall bei der LINKEN) gewusst! Er hat das große Latinum!) – Das verbindet uns. Ich habe es auch. Aber kehren wir Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn: zum Kern des Themas zurück. Als nächster Redner spricht Karsten Möring für die (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- CDU/CSU-Fraktion. NEN]: Ja, wieder zum Klärschlamm!) (Beifall bei der CDU/CSU) Was machen wir, um die Recyclingquote zu ver- bessern? Es muss jetzt heißen: Recycling stinkt nicht, Karsten Möring (CDU/CSU): sondern ist notwendig. Mit der Verordnung sorgen wir Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! letztendlich dafür, dass sich die Recyclingquote erhöht. Lieber Herr Lenkert, es ist wie so oft bei den Linken: Es Aber – die Problematik ist schon angerissen worden – zahlt immer der liebe Gott oder irgendein edler Spender. womit haben wir es zu tun? Wir haben es damit zu tun, dass wir im Koalitionsvertrag festgelegt haben, dass wir (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Nein, der das Ausbringen von Klärschlamm reduzieren wollen, Gebührenzahler!) weil das eine Schadstoffbelastung mit sich bringt und (B) (D) Verraten Sie mir einmal den Unterschied zwischen dem der Aufwand groß ist, die Schadstoffe herauszufiltern. Gebührenzahler, der für das Abwasser zahlt, und dem Zudem wird sowieso schon ein großer Teil nicht mehr Steuerzahler, der dafür zahlt, wenn es die Kommune ausgebracht, sondern verbrannt, und damit ist alles, was bezahlt. Ich sehe da keinen nennenswerten Unterschied. an nützlichen Stoffen im Klärschlamm enthalten ist, weg. Insofern brauchen wir uns darüber nicht zu streiten. Wir (Beifall bei der CDU/CSU) haben schon x-mal festgestellt, dass Umweltschutz, Recycling und alles, was damit zusammenhängt, Geld – Danke für die Gelegenheit zur Trinkpause. kosten. Dieses Geld bringt immer der Endverbraucher, Wie machen wir das? Wir machen das, indem wir die der Steuerzahler, der Stromkunde auf. Das ist so, und das Rückgewinnung von Phosphor vorschreiben. Warum ist können Sie nicht wegreden. – Das als Vorbemerkung. Phosphor für uns von so großer Bedeutung? 1 Gramm Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer von Ihnen hat Phosphor ist notwendig zur Erzeugung von 100 Gramm schon einmal ein Vespasiani benutzt – das könnten Sie in Biomasse. Als wir in einer Zeit lebten, als Phosphor noch Rom getan haben – in Waschmitteln enthalten war und dadurch in unsere Ge- wässer gelangte und wir das Problem der Überdüngung (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hatten, hatten wir zusätzlich das Problem, dass der Abbau NEN]: Jetzt machen wir eine Fragestunde! der so erzeugten Biomasse wiederum 150 Gramm Sauer- Das finde ich gut!) stoff verbrauchte, was dazu führte, dass viele Gewässer umkippten. Diese Zeiten sind vorbei. oder ein Vespasienne? Das könnten Sie in Paris getan haben. Jetzt haben wir ein zweites Problem, nämlich dass wir uns bei der Versorgung mit Phosphor, das wir dringend (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/ für den Pflanzenwuchs brauchen, dessen Vorkommen DIE GRÜNEN]: Vespa! – Britta Haßelmann aber endlich ist und das leider in Gegenden der Welt vor- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Vespa kommt, in denen die politischen Verhältnisse nicht sehr meinen Sie?) menschenwürdig und auch nicht sehr stabil sind, mehr – Nein, meine ich nicht. Wenn es angesichts des Themas, auf unsere eigenen Vorkommen besinnen müssen, und um das es geht, nicht vielleicht ein bisschen befremdlich die finden wir eben im Kreislaufprozess im Zusammen- wäre, müsste man sagen: Diese Benennung ist zu Ehren hang mit Klärschlamm. Es geht also darum, möglichst einer Person gefunden worden, die vor rund 2 000 Jahren viel Phosphor rückzugewinnen. Das ist unser Hauptziel. etwas gemacht hat, was wir heute auch machen, in diesem Trotzdem haben wir in der Verordnung eine gestaffelte Fall der römische Kaiser Vespasian. Vespasian war der- Übergangszeit festgelegt; Kollege Thews hat schon be- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017 22231 Karsten Möring (A) gründet, warum das notwendig ist. Wir haben aber An- Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit zu dieser (C) lagen in der Größenordnung „50 000 Einwohner und späten Stunde. kleiner“ von dieser Regelung ausgenommen, weil – Herr (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD so- Lenkert, hören Sie gut zu! – wir uns natürlich über die wie bei Abgeordneten der LINKEN und des Belastung der Gebührenzahler Gedanken machen. Es BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ist ganz einfach so, dass bei den großen Anlagen durch Skaleneffekte die Rückgewinnung von Phosphor preis- werter ist als bei kleinen Anlagen. Deshalb haben wir in Vizepräsidentin Dr. h. c. Edelgard Bulmahn: der Abwägung verschiedener Ziele diesen Kompromiss Vielen Dank. – Ich gebe zu: Ich habe nicht erwartet, gefunden, und ich meine, es ist ein guter Kompromiss. dass die Debatte insgesamt so interessant werden würde. (Heiterkeit) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Also, liebe Kollegen, es lohnt sich auch, spät ins Plenum Wer zahlt das Ganze? Es zahlt – die Berechnungen zu kommen. in der Begründung der Vorlage, was die Größenordnung angeht, sind möglicherweise richtig; genau wissen wir es Peter Meiwald hat als letzter Redner in der Ausspra- auch noch nicht, weil wir die großtechnischen Anlagen che das Wort. für die Rückgewinnung noch nicht entwickelt haben – (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- letztlich der Gebührenzahler oder der Steuerzahler. Da- NEN]: Peter, das ist jetzt schwer zu toppen! – rüber gibt es noch Streit. Sie wissen, dass die Gegenar- Max Straubinger [CDU/CSU]: Letzte Chance, gumente des VKU, der kommunalen Vertreter, genau auf sich beliebt zu machen!) diesen Punkt zielten. Sie befürchten, dass sie auf einem Teil der Kosten sitzenbleiben. Das ist eine Frage, der si- Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): cherlich noch geklärt werden muss, genau wie die Fra- Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kollegin- ge, mit welchen Anlagen wir das Ganze erreichen kön- nen und Kollegen! Es ist in der Tat gut, dass die zumeist nen. Wir haben die Möglichkeit der Monoverbrennung, kommunalen Betreiber der Kläranlagen mit diesem aus um den Phosphor aus der Asche zurückzugewinnen. Es einem langen Prozess hervorgetretenen Konstrukt nun gibt Verfahren, mit denen wir Magnesiumammonium- endlich Planungssicherheit für die dringend anstehenden phosphat direkt gewinnen können; die Ausbeute ist zwar Investitionen bekommen. Das ist positiv; das kann man nicht besonders groß, aber es wäre direkt als Dünger ver- nur so sagen. wendbar. Auch dass die Phosphorfrage angegangen wird, ist (B) (D) Wie die Vermarktung später aussieht, wissen wir auch grundsätzlich positiv. Das ist in der Tat ein langfristiges noch nicht. Der Kostenunterschied wurde eben angespro- Thema. Im Moment bzw. solange es noch keine Knapp- chen; das ist richtig. Also entweder steigt der Phosphor- heit gibt, ist der Preis für das Produkt noch nicht hoch. preis wegen der Knappheit irgendwann so stark, dass Das ist offensichtlich. Grundsätzlich ist es trotzdem rich- die rückgewonnenen Mengen an Phosphor damit kon- tig, sich über die zukünftige Phosphorversorgung Gedan- kurrieren können, oder wir werden die Beschaffung von ken zu machen. Ob sich die Monoverbrennung am Ende Phosphor auf irgendeine Weise subventionieren müssen. sinnvollerweise wirklich durchsetzt oder die eben ange- Da es sich um einen begrenzten Stoff handelt, den wir sprochene MAP-Technologie oder eine andere Techno- zwingend brauchen, ist das auch gerechtfertigt. Das ist logie, das sollte sich im Laufe der weiteren Entwicklung ein weiterer Grund dafür, weshalb wir lange Übergangs- zeigen. Ich glaube, da muss man erst einmal noch tech- zeiten brauchen: Wir brauchen Zeit, um die nötigen Ent- nologieoffen denken. wicklungen voranzubringen und wichtige Abschätzun- Die Klärschlammausbringung insgesamt zu beenden, gen vornehmen zu können. ist auch aus anderen Gründen sinnvoll. Die Belastung des Klärschlamms konnten wir an vielen Stellen redu- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir könnten davon zieren – durch Grenzwerte und Kontrollen konnten wir sprechen, dass wir hier eine Klärschlammschlacht schla- einiges machen –; aber sowohl Medikamentenrückstän-