Stenografisches Protokoll 28 I

18. Wahlperiode 5. Untersuchungsausschuss nach Artikel 44 des Grundgesetzes

Nur zur dienstlichen Verwendung

Stenografisches Protokoll der 28. Sitzung - Endgültige Fassung -

5. Untersuchungsausschuss Berlin, den 8. MÄRZ 2017, 14.00 Uhr Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101 10117 Berlin, Adele-Schreiber-Krieger-Straße 1

Vorsitz: Herbert Behrens, MdB

Tagesordnung - Öffentliche Beweisaufnahme

Tagesordnungspunkt

Zeugenvernehmung Seite

- Bundeskanzlerin Dr. , MdB 11 (Beweisbeschluss Z-41)

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5. Untersuchungsausschuss

klären. Als Zeugin vor einem Untersuchungsaus- schuss sind Sie verpflichtet, die Wahrheit zu sa- gen. Das heißt, Sie müssen richtige und vollstän- (Beginn: 14.00 Uhr) dige Angaben machen. Sie dürfen nichts weglas- sen, was zur Sache gehört, und nichts hinzu- Vorsitzender Herbert Behrens: Liebe Kolleginnen fügen, was der Wahrheit widerspricht. Ein vor- und Kollegen, ich eröffne die heutige Beweisauf- sätzlicher Verstoß gegen die Wahrheitspflicht nahmesitzung, die aufgrund des großen Interes- kann zur Strafbarkeit nach § 162 in Verbindung ses, wie wir es festgestellt haben, kurzfristig in mit § 153 des Strafgesetzbuches führen. Eine sol- diesen Saal verlegt worden ist. Ich denke, das ist che uneidliche Falschaussage kann eine Geld- für uns alle auch wichtig, dass wir in räumlich strafe oder eine Freiheitsstrafe von drei Monaten entspannter Atmosphäre dann zu den wesent- bis zu fünf Jahren nach sich ziehen. lichen Fragen kommen. Auf bestimmte Fragen dürfen Sie die Auskunft Ich stelle fest, dass die Öffentlichkeit hergestellt verweigern. Das gilt zum einen für Fragen, deren ist, und begrüße Sie als Zuschauerinnen und Zu- Beantwortung Sie oder einen Ihrer Angehörigen schauer sehr herzlich sowie die Vertreterinnen der Gefahr zuziehen würde, einer Untersuchung und Vertreter der Presse ebenfalls. Außerdem nach einem gesetzlichen Verfahren ausgesetzt zu noch einmal herzlich willkommen an die an- werden. Das können Verfahren wegen einer Straf- wesenden Vertreterinnen und Vertreter der tat oder Ordnungswidrigkeit sein, aber auch Dis- Bundesregierung und des Bundesrates. ziplinar- und berufsgerichtliche Verfahren. Zivil- gerichtliche Verfahren gehören nicht dazu. Ein wichtiger Hinweis: Auch für die heutige Sitzung gilt natürlich, dass eigene Ton- und Bild- Darüber hinaus dürfen sogenannte Berufsgeheim- aufnahmen nicht zulässig sind und dass Zu- nisträger und ihre Gehilfen grundsätzlich die widerhandlungen dazu führen, dass man von der Auskunft in Bezug auf die Dinge verweigern, die Sitzung ausgeschlossen werden kann oder sogar ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut oder be- mit einem Hausverbot oder anderen Dingen kon- kannt geworden sind. Dazu gehören unter ande- frontiert ist. rem Mitglieder des Deutschen Bundestages. Sie dürfen dann als Bundestagsabgeordnete eben das Wenn das so weit akzeptiert ist und es keine wei- Zeugnis verweigern gegenüber Personen, die teren Konflikte in dieser Frage gibt, dann rufe ich Ihnen in dieser Eigenschaft als Mitglied des den einzigen Tagesordnungspunkt auf: Deutschen Bundestages Tatsachen anvertraut haben oder denen Sie in dieser Eigenschaft Tat- Öffentliche Zeugenvernehmung sachen anvertraut haben. Ferner dürfen Sie über Dr. Angela Merkel diese anvertrauten Tatsachen selbst das Zeugnis (Beweisbeschluss Z-41) verweigern.

Vernehmung der Zeugin Dann möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es Dr. Angela Merkel eine Tonbandaufnahme von dieser Zeugeneinver- nahme gibt. Das soll der Protokollierung der Sit- Frau Bundeskanzlerin Merkel, ich darf Sie ganz zung dienen. Sie wissen, deshalb ist es notwen- herzlich begrüßen hier in unserem Ausschuss dig, dass hier das Mikrofon verwendet wird, und mich herzlich bedanken, dass Sie es möglich wenn Sie das Wort ergreifen. Die Aufnahme wird machen konnten, unserer Einladung nachzukom- nach Abschluss der Protokollerstellung gelöscht. men. Das Protokoll wird Ihnen vor der endgültigen Fertigstellung übersandt. Bevor wir mit der Vernehmung beginnen können, muss ich Sie über Ihre Rechte und Pflichten auf- Die Vernehmungen werden so ablaufen, dass ich Sie zunächst zur Person vernehme. Dann haben

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5. Untersuchungsausschuss

Sie als Zeugin Gelegenheit, das, was Ihnen über Vernehmung schriftlich informiert worden; dann den Gegenstand der Vernehmung bekannt ist, im kann ich es mir an dieser Stelle auch sparen, das Zusammenhang darzulegen. Danach werde ich noch mal hier vorzutragen, dann zunächst als Vorsitzender Fragen an Sie richten. Sodann haben die übrigen Ausschuss- (Die Zeugin nickt) mitglieder Gelegenheit, Fragen an Sie zu richten. und wir können uns dann schon dem Gegenstand Werden Ihnen Vorhalte aus den Akten gemacht, zuwenden. - Sie haben die Möglichkeit, jetzt dann wird Ihnen der Fragesteller auf Wunsch die auch im Zusammenhang darzulegen, was Ihnen entsprechende Unterlage vorlegen. In diesem Zu- über den Gegenstand der Vernehmung bekannt sammenhang noch mal der Hinweis an die Kolle- ist. Wenn Sie das wünschen, dann haben Sie jetzt ginnen und Kollegen, bitte dann bei Vorhalten das Wort. aus Akten unbedingt die Fundstellen mit zu be- nennen, das heißt die Materialnummer, den Ord- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Ich möchte kein ner und die Seitenzahl. Die entsprechenden An- Eingangsstatement im klassischen Sinne machen, gaben sind wie immer auf den Akten zu finden. sondern ich glaube, dass sich drei Komplexe er- geben: einmal der Komplex Volkswagen und Mein letzter Hinweis : Sollten Sie während Ihrer Dieselabgase, zum Zweiten der Komplex Abgas- Vernehmung, Frau Merkel, der Auffassung sein, tests, diese Real Driving Emissions, und zum dass Sie als VS-Vertraulich oder höher einge- Dritten - nach dem, was ich mir vorstellen kann - stufte Informationen oder sonstige Dinge zur das Treffen bei dem Gouverneur von Kalifornien, Sprache bringen müssen, deren öffentliche Er- Herrn Schwarzenegger. Ich habe mir zu all den örterung überwiegende schutzwürdige Interessen Dingen noch mal die an mich gerichteten Unter- verletzen würde, dann brauchen wir einen ent- lagen aus dem Bundeskanzleramt angeschaut sprechenden Hinweis. Der Ausschuss hätte dann und versucht, zu erinnern, was sonst so in der über den Ausschluss der Öffentlichkeit sowie Öffentlichkeit diskutiert wurde, und bin bereit, den Geheimhaltungsgrad der Sitzung zu ent- jetzt auf diese Fragen und natürlich die, die Sie scheiden. sich überlegt haben, zu antworten.

Frau Bundeskanzlerin, bevor wir mit der Verneh- Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, danke schön. - mung zur Sache beginnen, muss ich Sie zu Ihrer Dann nehme ich zunächst die Möglichkeit als Person vernehmen. Deshalb möchte ich Sie bit- Ausschussvorsitzender in Anspruch, einige ein- ten, sich kurz vorzustellen, indem Sie uns Ihren leitende Fragen an Sie zu richten. Vornamen, Ihren Nachnamen, Ihr Alter, Ihren Beruf und Ihren Wohnort mitteilen. Wir haben ja in den vorangegangenen Sitzungen im Untersuchungsausschuss doch deutlich ge- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, mein Name ist macht, in welcher Weise wir uns dem Untersu- Angela Dorothea Merkel. Meine Anschrift ist chungsgegenstand nähern, und darum ist es uns Willy-Brandt-Straße, Berlin. - Und was sollte wichtig, dass wir uns auch mit den Herangehens- ich - das Alter? - noch sagen? weisen der Zeuginnen und Zeugen beschäftigen. Deshalb möchte ich Sie auch danach fragen, in Vorsitzender Herbert Behrens: Ihr Alter und welcher Weise und mit welcher Intensität Sie Ihren - - sich im Untersuchungszeitraum mit der Proble- matik „Emissionen von Kraftfahrzeugen“ und Zeugin Dr. Angela Merkel: 17.07.1954 geboren, den damit einhergehenden Problemen der Auto- und ich bin Bundestagsabgeordnete und Bundes- mobilindustrie befasst haben. Der Untersu- kanzlerin. chungszeitraum umfasst das Jahr 2007 bis 2016.

Vorsitzender Herbert Behrens: Danke schön. - Frau Merkel, Sie sind über den Gegenstand der

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5. Untersuchungsausschuss

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ich sage mal, ich damals an Diskussionen, die auf Euro 5 und bin aus meiner früheren Tätigkeit als Umwelt- Euro 6 ausgerichtet waren. Das ging schon sehr ministerin von 1994 bis 98 im Grundsatz mit den früh los, auch in den 90er-Jahren. Aber ich habe Fragestellungen der Emissionen von Kraftfahr- mich mit den Testfragen nicht beschäftigt. zeugen gut vertraut; insofern ist die Thematik mir nicht fremd. Und ich habe mich in meiner Zeit Vorsitzender Herbert Behrens: Ich frage das des- als Bundeskanzlerin natürlich immer dann mit halb, weil eben gerade in dieser Diskussion, die diesen Fragen beschäftigt, wenn sie auch durch Sie erwähnt haben, nämlich um den neuen euro- Richtlinienentwürfe oder Diskussionen, zu denen päischen Fahrzyklus NEFZ, wo ja intensiv drüber Deutschland Stellung nehmen musste und wo es diskutiert worden ist - - Das war auf der einen unterschiedliche Meinungen auch unter den Res- Seite eine technische Frage; aber es gab auch da- sorts gab - - immer wieder damit beschäftigt, mals schon Hinweise im Zug der Diskussion, wenn das Bundeskanzleramt quasi einschreiten dass es abweichende Abgasverhalten auf dem musste oder wenn wir im Europäischen Rat sol- Rollenprüfstand und im Fahrbetrieb gibt. Meine che Diskussionen geführt haben - natürlich nie in Frage zielte darauf, ob das Gegenstand gewesen den technischen Details, aber eben immer im ist. Geiste, dass die Bundesregierung in Brüssel ja auch mit einer Meinung auftreten muss. Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, sagen wir mal, es verwundert mich nicht - ich habe aber jetzt Ich habe dann natürlich jetzt zum Untersu- keine klare Erinnerung zum Beispiel aus meiner chungsgegenstand, also zum Gegenstand, durch Zeit als Umweltministerin über die damaligen den dieser Untersuchungsausschuss gebildet Arten der Messverfahren -, dass natürlich die wurde, erfahren von den Vorwürfen an Volks- Frage „Wie messe ich?“ auch Einfluss darauf hat, wagen aus den Medien am 19. September 2015 wie dann der Flottenverbrauch ist und vieles an- und bin dann damit auch durch den Verkehrs- dere mehr. Aber, wie gesagt, ich habe keine de- minister befasst worden, der mich informiert hat taillierte Kenntnis. Ich weiß, dass es immer wie- noch mal mit seinem Sachwissen und mir der auch Presseberichte darüber gab, ob das nun mitgeteilt hat dann sehr schnell, dass er ja sehr das richtige Verfahren ist oder nicht das richtige bald danach, am 21.09., glaube ich, schon, die Verfahren. Man hat dann ja auch bezüglich CO2 Untersuchungskommission oder den Untersu- und NOx immer wieder neue Versuche unter- chungsausschuss in seinem Ministerium einrich- nommen, und insofern habe ich das sozusagen ten wollte. Ich habe ihn dann ermuntert und er- am Rande mitverfolgt, aber mich nie intensiv da- mutigt, mit voller Transparenz und auch voller mit beschäftigt. Energie der Aufklärung, soweit wir das aus der Richtung der Bundesregierung tun können - - na- Vorsitzender Herbert Behrens: Aufgrund dieser türlich alles zu tun, um die Dinge ans Tageslicht Vorkenntnisse, von denen Sie selber auch gespro- zu bringen, soweit sie nicht schon bekannt sind. chen haben, mit den eingeführten Modifizierun- gen beim NEFZ - - In dem Zusammenhang gab es Vorsitzender Herbert Behrens: Sie haben eben ja auch einen durchaus bedeutsamen Abgas- das Datum 19. September genannt, wo Ihnen der skandal in den USA von 1998, wo auch Volks- VW-Skandal sozusagen bekannt gemacht worden wagen mit leichten Nutzfahrzeugen mit ver- ist. Sind Ihnen dann auch in Ihrer Tätigkeit, auf wickelt war. Haben Sie bei der Beurteilung des die Sie gerade abgehoben haben, als Bundesum- 2015 Ihnen bekanntgewordenen Abgasskandals weltministerin solche Thematiken von Abwei- auf diese Erfahrungen, die Sie seinerzeit gemacht chungen bei Emissionswerten bekannt gemacht haben, in irgendeiner Weise zurückgreifen kön- worden, also Abweichungen zwischen Rollen- nen? prüfstand und Realbetrieb?

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, daran erinnere ich mich nicht. Aber ich erinnere mich schon

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Habe auch an Vorsitzender Herbert Behrens: Eine Frage, die diesen von Ihnen genannten sogenannten Skan- wir allen Zeugen gestellt haben, möchte ich auch dal keine detaillierte Erinnerung, sodass ich auf an Sie richten: Seit wann sind Ihnen Begriffe wie etwas hätte zurückgreifen können. „Abschalteinrichtung“ oder „Defeat Device“ oder „Cycle Beating“ oder „Thermofenster“ bekannt? Vorsitzender Herbert Behrens: Dann konkret auf Ihr Wirken. Und zwar frage ich Sie, in welcher Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, das Wort „Ab- Weise Sie sich oder das Bundeskanzleramt in die schaltvorrichtung“ ist mir inzwischen bekannt. Entscheidungen, die den Untersuchungsauftrag Das habe ich zum ersten Mal im Zusammenhang betreffen, dann eingebracht haben. Es ging da um dann mit diesen Presseberichten gehört und bin die Themen Emissionsgesetzgebung, Folgerege- dann auch informiert worden, dass ein solcher lung, Kfz-Steuern, Sanktionen, Messverfahren, Passus auch in der Verordnung von 2007, glaube RDE. Ist das Gegenstand auch Ihrer dann späte- ich, enthalten ist, dass also sozusagen da unter ren Tätigkeit als Bundeskanzlerin gewesen? bestimmten Bedingungen solche Abschaltvor- richtungen legal sind. Aber ich hatte davon vor- Zeugin Dr. Angela Merkel: Von diesem Untersu- her keinerlei Kenntnis. chungsausschuss den Untersuchungsauftrag mei- nen Sie? Vorsitzender Herbert Behrens: Sind Sie in Ihrer Zeit als Bundeskanzlerin seit 2005 mit „Lehren“ Vorsitzender Herbert Behrens: Ja. befasst gewesen - in Anführungszeichen gespro- chen - aus dem Dieselpartikelfilter aus 2007? Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, das machen Sie doch als Parlament. Also - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Mit Lehren von was? Also aus dem Dieselpartikel- - Vorsitzender Herbert Behrens: Ach so. Vorsitzender Herbert Behrens: Dieselpartikel- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, als Bundestags- filter. - Es gab Hinweise, dass es Abweichungen abgeordnete habe ich mich nicht eingebracht, davon gab. Daraufhin gab es eine Initiative des und als Bundeskanzlerin weiß ich, dass ich das Bundesumweltministers, der dann zusammen zur Kenntnis zu nehmen habe, was das Parla- mit dem Verkehrsministerium eine entspre- ment untersuchen möchte. chende Untersuchung auf den Weg gebracht hat, um diesen Dingen auf die Spur zu kommen. Vorsitzender Herbert Behrens: Na, gut. Pardon, das war unklar, irgendwie falsch von mir gesagt. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Der Untersuchungsauftrag jetzt nicht hier des Untersuchungsausschusses, sondern die Kom- Vorsitzender Herbert Behrens: Dann direkte Fra- mission, - gen zum Untersuchungsauftrag. Und da möchte ich gleich auf das - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Die Herr Dobrindt ge- bildet hat. Zeugin Dr. Angela Merkel: Vielleicht noch mal, einfach wenn ich darf, Herr Vorsitzender, eine Vorsitzender Herbert Behrens: - die dann sehr Bemerkung: In meiner - sozusagen - Sozialisie- schnell von Herrn Dobrindt eingerichtet worden rung von der Umweltministerzeit an war ja im- ist. mer klar, dass für uns ein sehr wichtiger Punkt ist im Blick auf den Klimaschutz, dass wir CO2- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Das ist in der Emissionen einsparen. Zweitens war klar, dass Ressortverantwortung von Herrn Dobrindt ge- der Katalysator einen erheblichen Fortschritt ge- macht worden. Er hat mir das mitgeteilt, und ich bracht hat bezüglich der NOx-Emissionen. Und habe das für einen richtigen Schritt gehalten. wir haben ja doch jahrelang vorrangig darauf ar- gumentiert und uns hin gerichtet, dass wir die

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5. Untersuchungsausschuss

Flottenverbräuche im CO2-Bereich senken, und richteten der Weser-Kurier und die Wirtschafts- da war der Dieselmotor natürlich immer eine woche Presseanfragen an das Bundespresseamt sehr gute Möglichkeit, die CO2-Emissionen zu zu diesem Treffen im April 2010. Nach den Pres- senken. Das war ja die Philosophie. Und dann seanfragen soll Frau Nichols gesagt haben, dass gab es ab 2007 auch diese Richtlinie, von der mir Sie, Frau Merkel, sich in diesem Gespräch wie bekannt war, dass etliche Gebiete in Deutschland folgt geäußert haben - das ist also eine indirekte sie nicht einhalten konnten später, was die NOx- Wiedergabe -: Emissionen anbelangt; aber immer hat man ja al- les nach dem Maßstab gemacht, dass doch neben „Sie sagte, eure Stickoxidgrenz- natürlich möglichst geringen NOx-Emissionen werte sind zu strikt, und das scha- det unseren deutschen Dieseln. die CO2-Emissionen - für mich jedenfalls argu- mentativ - viele, viele Jahre im Vordergrund stan- Sie war dort, so schien es, als Sprecherin der Autoindustrie, und den. sie war gut eingewiesen worden“ … „Es war das erste Thema, das Ich sage das deshalb, weil sich im Augenblick sie ansprach.“ das so ein bisschen umkehrt, als spielt CO2 gar keine Rolle und NOx ist sozusagen das Übel. Das ist das MAT A-BKAmt-2-1, Blatt 28 und 35. - Deshalb wollte ich diese Bemerkung noch mal Entspricht es den Tatsachen, dass Sie sich jemals machen, aus der dann manche Maßnahme nach- so geäußert haben bzw. sich gegen die Stickoxid- her auch zu verstehen ist. werte Kaliforniens ausgesprochen haben?

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja. Das hat sicher- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, es ging da- lich auch damit zu tun, dass eben VW gerade mals - - Also, es war der 14. April 2010 ausweis- über diese Motive gegangen ist. lich meines Terminplans. Dort gab es ein Früh- stück mit dem Herrn Schwarzenegger, und dabei Zeugin Dr. Angela Merkel: Klar. Es war ja kein war offensichtlich auch die Frau Nichols. Ich Vorwurf. hatte in der Tat darüber wahrscheinlich gespro- chen. Ich habe jetzt keine Erinnerung mehr; aber Vorsitzender Herbert Behrens: Nein, nein. wenn Frau Nichols das so sagt, die ich für eine ehrenwerte und zuverlässige Dame halte, dann Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich will nur sagen: wird es so gewesen sein. Wir haben eigentlich vom deutschen Käufer bis zu unserem internationalen Eintreten immer wie- Damals gab es Pläne für die Fortentwicklung der der betont, dass bezüglich der CO2-Einsparungen kalifornischen Emissionswerte für die Zeit nach das Dieselauto ein sehr sinnvolles und wichtiges 2014. Und ich kann mir die Dinge nur so erklä- Auto ist. Und das haben wir über viele Jahre ge- ren, dass ich in dem Sinne, wie ich es eben auch macht, und das bleibt ja trotz aller Vergehen und gesagt habe, darauf aus war, die CO2-Emissionen nicht rechtmäßigen Ausnutzungen der Abschalt- vor allen Dingen im Flottenverbrauch zu senken. vorrichtungen nach wie vor auch ein Sachver- Der Gouverneur Schwarzenegger gehörte zu de- halt. Das wollte ich nur einmal gesagt haben. nen, zu den wenigen, sage ich mal, republikani- schen Gouverneuren, mit denen man gut und po- Vorsitzender Herbert Behrens: Genau, genau. Da sitiv über Klimaschutz sprechen konnte, und da ist möglicherweise der Zielkonflikt zwischen stand für mich im Vordergrund die Frage der Re- Clean Diesel und CO2-Problematik. - Ich möchte duktion von CO2-Emissionen. Da ich die deut- Sie auf das Treffen mit Schwarzenegger - Sie ha- schen Dieselautos genau für diesen Zweck für gut ben es bereits erwähnt - ansprechen aus dem Jahr hielt, kann es sein, dass ich gesagt habe: „Mit den 2009 [sic!], an dem auch die Vorsitzende der NOx-Emissionen hat das deutsche Dieselauto, Umweltbehörde CARB, der kalifornischen, Mary mit den Grenzwerten hat das deutsche Dieselauto Nichols, teilgenommen hat. Und im Herbst 2015 in Kalifornien keine Chance. Ist das für den Kli- maschutz bezüglich der CO2-Ausstöße eigentlich

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eine gute Strategie?“ Und wenn Frau Nichols Vorsitzender Herbert Behrens: Laut einer Vor- heute sagt, dass ich so sachkundig gesprochen lage im Bundeskanzleramt, die an Ihre Büroleite- habe, dann hängt das wieder, wie gesagt, mit rin gerichtet war und auf die sich ein Interview meiner Zeit als Umweltministerin zusammen zwischen Frau Nichols und der Wirtschaftswoche und vielleicht auch mit meiner naturwissen- bezieht, soll die Reaktion von Frau Nichols auf schaftlichen Bildung, dass ich mich nun da zwi- Ihre Äußerung wie folgt gewesen sein: schen CO2 und NOx ganz gut auskannte; aber es war sicher nicht als Attacke auf die kaliforni- Ich war also ziemlich überrascht, schen Umweltbemühungen gemeint. - das haben wir eben schon besprochen - Wie gesagt, ich habe keine konkrete eigene Er- innerung. Ich weiß nur, dass ich immer diese dass Frau Merkels erster Kommen- Philosophie verfolgt habe und nicht ganz verstan- tar, nachdem die Türen geschlos- den habe, warum bei großem Interesse Kalifor- sen wurden, eine Beschwerde an mich war, dass Kalifornien mit niens an CO2-Minderung man dann sozusagen seinen sehr strengen NOx-Grenz- eine ganze Autoklasse vielleicht durch zukünf- werten deutsche … Hersteller tige Normen ausschließt. Es ging aber auch nicht schädige. um die 2010 Produzierten, sondern es ging um die Zukunftsnormen von 2014 folgende Jahre. Frau Nichols schreibt dann weiter:

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, ist richtig. - Ich antwortete diplomatisch, aber Das heißt, wenn ich Sie richtig verstanden habe, inhaltlich korrekt, dass ich glaube, sind Sie aufgrund Ihrer Kenntnisse und Ihres dass deutsche … Hersteller in der Wissens als Naturwissenschaftlerin an dieses Lage sind, mit unseren Grenzwer- Thema so rangegangen. Oder hat es auch weitere ten zurechtzukommen und dass Informationen oder Gespräche - unsere Grenzwerte streng seien, aber aus Sicht der Luftreinhaltung nötig. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, nein. Und sie schreibt weiter: Vorsitzender Herbert Behrens: - mit entsprechen- den technischen Fachleuten gegeben, die Sie in Es war für mich sehr überra- dieser Weise dann vorbereitet haben? schend, dass sie überhaupt etwas über die NOx-Probleme der deut- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, nein. Ich sage schen Hersteller wusste. das nur, weil Frau Nichols ja immer sagt, sie wäre so überrascht gewesen, dass ich nun gleich Auch das haben wir eben gerade aufgelöst. so detailliert an die Sache rangegangen bin. Aber ich hatte halt viele Jahre Klimaverhandlungen ge- Eine ähnliche Intervention eines führt, und deshalb war ich da in der Materie eini- Politikers gegen unsere Umwelt- germaßen fit. gesetze habe ich weder zuvor noch … danach noch einmal er- lebt. Vorsitzender Herbert Behrens: Haben Sie oder auch andere Mitglieder der Bundesregierung sich Das ist zu finden in MAT A-BKAmt-2-1, bei anderen Gelegenheiten noch mal gegen diese Blatt 29 f. - Können Sie sich an diese direkte sich andeutende Verschärfung der Regelungen in Replik von Frau Nichols erinnern bei diesem Kalifornien eingesetzt? Gespräch? Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, kann ich mich Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich sagte ja, ich nicht - - Nein, ich nicht. habe keinen Zweifel, weil das Gespräch über

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Klimaschutz ging, dass darüber auch gesprochen Vorsitzender Herbert Behrens: Aber Sie haben wurde; aber ich habe jetzt keine konkrete Erinne- auch keine Meldung bekommen, dass es tatsäch- rung. Und sie sagt ja selber, dass sie sehr diplo- lich diesen De-facto-Marktausschluss gegeben hat matisch war. Also ist mir das dann auch nicht aufgrund der - - auffallend in Erinnerung geblieben wahrschein- lich. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich weiß es schlicht nicht. Vorsitzender Herbert Behrens: Das heißt, dann sind Sie auch nicht direkt auf diese Äußerung Vorsitzender Herbert Behrens: Weiter noch mal von Frau Nichols eingestiegen? auf Frau Nichols bezogen: Es geht um Hinweise und entsprechende Weiterleitung von Hinwei- Zeugin Dr. Angela Merkel: Wenn ich zu jeman- sen. In den Akten des BMVI findet sich ein Zei- dem gehe und sage: „Wissen Sie, nach jetzigem tungsartikel vom November 2015, der über die Stand sind unsere deutschen Dieselautos dann Verbindung zwischen Bundesregierung und ausgeschlossen von dem Markt in Kalifornien“, Autokonzernen berichtet. Hier wird die CARB- dann erwarte ich ja auch nicht, dass die Antwort Chefin Frau Nichols ebenfalls zitiert, und diese heißt: „Ach, das hatten wir noch nicht bedacht. spricht sich im Zusammenhang mit der Emis- Wissen Sie, jetzt machen wir das ganz anders“, sionsgesetzgebung für eine weltweit bessere Zu- sondern das sagt man und gibt damit etwas zu sammenarbeit der Behörden bei der Regulierung bedenken - es ging ja, wie gesagt, um Rechtset- von Fahrzeugen aus und äußert sich zum VW- zung für die Zukunft -, und dann macht jeder Skandal - wir sind im November 2015 - wie das, was er für richtig hält. Das ist ja ganz normal folgt - Zitat -: im internationalen Verhandeln. „Es waren Beamte aus der EU- Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Aber Frau Administration, die die amerika- Nichols hat ja eben auch darauf hingewiesen, nische Umweltorganisation ICCT dass sie den deutschen Automobilherstellern auf mögliche Betrügereien bei Stickoxid-Emissionen hinwiesen.“ durchaus zutraut, dass sie diese Grenzwerte ein- halten können, und deshalb sich keine Sorgen Das ist das MAT A-BMVI-2-1, Ordner 12, Blatt 84 macht, dass das zu einem Marktausschluss füh- und 86. Danach soll das ICCT den Fall unter- ren würde. sucht und die Ergebnisse an die US-Umwelt- behörden EPA und CARB weitergeleitet haben, Ist Ihnen - noch mal auf den Marktausschluss be- und diese machten den Abgasskandal ja schließ- zogen - bekannt, ob die in dem Sprechzettel, den lich öffentlich. So war es im Jahr 2018 [sic!] ge- wir hier vorliegen haben - das hatte ich gerade wesen. Das ist die Quelle „EU wurde gewarnt genannt - - dass die Automobilindustrie sich - - und hätte VW-Skandal verhindern können“. Das Hat es sich tatsächlich bewahrheitet, dass es zu ist abgerufen von der Internetseite deutsche-wirt- einem Marktausschluss geführt hat? Oder können schafts-nachrichten.de, zuletzt abgerufen am Sie mir sagen, ob Sie Erkenntnisse darüber ha- 27. Februar 2017. - Haben Sie vor Bekanntwerden ben, wie sich dann die weiteren Dieselabsatz- der Manipulationsvorwürfe von den von Frau zahlen der deutschen Automobilhersteller ent- Nichols erwähnten Tatsachen oder Hinweisen, wickelt haben? dass Beamte der EU-Administration Hinweise auf mögliche Betrügereien hatten - - Hatten Sie da- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich habe mich von Kenntnis? damit, ehrlich gesagt, danach nicht wieder be- schäftigt. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Ich sagte ja, ich habe Kenntnis bekommen durch die Medien- berichterstattung. Nein.

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Vorsitzender Herbert Behrens: Es gibt weitere bei der Gesetzgebung im ausreichenden Maße be- Hinweise darauf, dass es Hinweise gegeben hat. rücksichtigt wurden? Der Europäischen Kommission sollen laut dem eben benannten Artikel in der Wirtschaftswoche Bevor Sie antworten, Frau Dr. Merkel, habe ich bereits 2011 Hinweise vorgelegen haben, dass eine Wortmeldung vom Außenministerium [sic!]. Autohersteller in der EU unzulässige Abschalt- einrichtungen bei Abgasmessungen einsetzten. Dirk Pung-Jakobsen (BK): Herr Vorsitzender, ich Ein Zulieferer soll den damaligen Industriekom- möchte der Frau Bundeskanzlerin natürlich nicht missar über die Praktiken der Autohersteller auf- vorgreifen; aber ich darf Sie schon darauf auf- geklärt haben. Das finden wir in MAT A-BMVI- merksam machen, dass die CO2-Grenzwertgesetz- 2-1, Ordner 12, Blatt 84 und 86. - Haben Sie von gebung nicht zum Untersuchungsgegenstand die- dem Gespräch oder von Gesprächen von Herrn ses Untersuchungsausschusses gehört und hier Tajani und dem Zulieferer jemals erfahren? eigentlich nicht Gegenstand der Erörterung sein sollte. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Vorsitzender Herbert Behrens: Also, in dieser Vorsitzender Herbert Behrens: Dann noch ein Weise hatten wir durchaus in unterschiedlichen letztes Thema in dieser Runde von mir. Und Sitzungen auch die CO2-Grenzwertdiskussion zwar geht es um Interventionen auf EU-Ebene. hier aufgerufen. Ich sehe im Moment nicht, dass Sie haben darüber gesprochen, dass natürlich ein wir hier bei der Befragung von Frau Dr. Merkel laufender Meinungsaustausch stattgefunden hat, dort rigider vorgehen sollten als bei den anderen wenn es um CO2-Grenzwertregelungen ging. Hier Zeuginnen und Zeugen, und frage Sie, Frau möchte ich das Thema des Standpunktes des Merkel, ob Sie bereit sind, Auskunft darüber zu VDA zu den CO2-Grenzwerten ansprechen. In geben und meine Frage zu beantworten, ob auf einem Schreiben vom 8. Mai 2013 bittet Sie Herr europäischer Ebene die Interessen der Industrie Wissmann vom VDA, dem von der EU-Kommis- ausreichend berücksichtigt worden sind. sion im September 2013 [sic!] vorgelegten Vor- schlag zur CO2-Regulierung in einigen wesent- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, erstens bin ich lichen Punkten im anstehenden Ministerrats- für den Hinweis dankbar. Zweitens hat das ja treffen entgegenzutreten. Laut dem Schreiben Folgen für die - wie soll ich sagen? - Bewertung war es den vom VDA vertretenen Unternehmen meiner Aussagen, wenn ich richtig informiert wichtig, auf eine CO2-Grenzwertfestlegung für bin, ob es Gegenstand des Untersuchungsaus- das Jahr 2025 zu verzichten, da die Marktakzep- schusses ist oder nicht. Trotzdem werde ich na- tanz für alternative Antriebe ungewiss erscheine. türlich wahrheitsgemäß antworten. In der Folge spricht sich Herr Wissmann im Na- men der Unternehmen für die Anwendung von Natürlich haben CO2-Regelungen auch immer sogenannten Supercredits in der Zeit zwischen wieder eine Rolle gespielt. Die Automobilindus- 2016 bis 2020 aus sowie die Ausgliederung von trie hat ihre Position dargelegt, die Kommission Transportern aus der gesetzlichen Regelung und hat ihre dargelegt. Die Mitgliedsstaaten haben oft die Anerkennung von tatsächlichen Spritver- sehr unterschiedliche Positionen, und gerade im brauchsmessungen im nicht genormten Ge- Blick auf CO2 ist es ja kein Geheimnis, glaube brauchsalltag sowie die Beibehaltung des NEFZ- ich, dass es Mitgliedstaaten der Europäischen Zyklus zur Einhaltung der CO2-Regulierung bis Union gibt, die mehr Kleinwagen produzieren, 2020. Dem europäischen Gesetzgeber wirft er vor, und Mitgliedstaaten der Europäischen Union willkürlich gesetzte Grenzwerte einführen zu gibt, die unterschiedliche Typen von Autos pro- wollen, die die deutschen Automobilhersteller duzieren, und daraus auch bestimmte Interessen- kaputtregulieren wollen. - Das ist in der Unter- konflikte erwachsen, weil es immer um Flotten- lage MAT A-BKAmt-2-1, Ordner 3, Blatt 37 und verbräuche der Unternehmen geht. Und insofern 38 zu lesen. Hatten Sie den Eindruck, dass auf hat sich der VDA dort eingebracht. Es bringt sich europäischer Ebene die Interessen der Industrie

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dort regelmäßig auch die europäische Vereini- nicht im Detail erinnern; aber wenn man das gung der Automobilindustrie ein, und in einem Radio angeschaltet hat, hat man eigentlich ver- umfangreichen Prozess entstehen dann eben die gleichsweise überall dasselbe gehört. Das hat Grenzwerte, wie sie dann zum Schluss festgelegt dann natürlich dazu geführt, dass ich am Wo- werden. chenende auch - wahrscheinlich am Wochen- ende, vielleicht auch erst Montagfrüh; das kann Vorsitzender Herbert Behrens: Können Sie mir ich nicht mehr ganz genau sagen - mit dem Ver- sagen, inwieweit - - kehrsminister gesprochen habe. Jedenfalls hat er mich auch aus seiner Sicht noch mal informiert, Zeugin Dr. Angela Merkel: Es bringen sich aller- hat mir dann auch gesagt, was er tun will; das dings auch die Umweltverbände ein; es bringen wahrscheinlich an dem 21. oder 22. morgens. Er sich die Gewerkschaften in diesen Prozess ein. hat jedenfalls sofort sehr entschlossen sich der Also, das ist meistens, wenn es zu neuen Regulie- Aufgabe gestellt, das Unsrige beizutragen, um al- rungen kommt, ein zivilgesellschaftlich sehr akti- les, was wir wissen, auf den Tisch zu legen, und ves Verfahren - sagen wir mal so. hat dann auch, wie ich finde, richtigerweise - jedenfalls habe ich den Vorschlag unterstützt - Vorsitzender Herbert Behrens: Das wäre meine eine Untersuchungskommission eingerichtet in nachgehende Frage gewesen, inwieweit eben seinem Ministerium. auch Verbraucherschutzinteressen denn - Ich glaube, am 21. bereits hat der Vorstandsvor- Zeugin Dr. Angela Merkel: Natürlich, immer. sitzende Winterkorn damals um ein Telefonat mit mir gebeten. Und dieses Telefonat hat dann Vorsitzender Herbert Behrens: - dort eine Rolle am 22. - nach Aussagen von Herrn Winterkorn, gespielt haben. habe ich gehört; ich habe es in meinem Termin- plan nicht vermerkt - - aber wird am 22. stattge- Zeugin Dr. Angela Merkel: Gewerkschaften auch. funden haben. Am 21. habe ich dazu ja auch eine Vorbereitung bekommen, die Sie auch in Ihren Vorsitzender Herbert Behrens: Gut. - Ich bedanke Unterlagen haben. Und dann hat er mir das ge- mich und gebe dann das Wort an die Kollegen sagt - - ehrlich gesagt, nichts, was mir in Erinne- der CDU/CSU-Fraktion. rung geblieben wäre, was ich nicht schon ge- wusst hätte aus den Informationen des Verkehrs- Ulrich Lange (CDU/CSU): Ja. Danke, Herr Vorsit- ministers und der Medien. Aber er hat auch zender. - Frau Bundeskanzlerin, einige Komplexe nichts Gegensätzliches gesagt. sind ja bereits abgearbeitet. Ich möchte jetzt zu- nächst noch mal - Sie haben die drei Komplexe Ulrich Lange (CDU/CSU): Ja, danke schön. - Ich genannt - auf den Komplex VW und Bekannt- möchte jetzt auch noch mal auf den Zusammen- werden des gesamten Vorfalls eingehen. Sie hat- hang - - Sie haben schon angesprochen, dass der ten gesagt, Sie haben das Ganze aus den Medien Verkehrsminister Sie dann am 21. September be- erfahren an jenem Septemberwochenende. Viel- reits informiert hat - leicht können Sie uns noch ein bisschen schil- dern, wie dieses Wochenende bei Ihnen abgelau- Zeugin Dr. Angela Merkel: Spätestens. fen ist, auch im Rahmen der Information. Am 22. September haben Sie dann mit Herrn Ulrich Lange (CDU/CSU): - spätestens informiert Dr. Winterkorn telefoniert, und da würde uns hat -, eine Untersuchungskommission einzuset- natürlich dann auch interessieren, welche zen. Sie haben gesagt: „volle Transparenz“, und Informationen dann im Zusammenhang mit ihn ermuntert, diese Untersuchungskommission diesem Telefonat ausgetauscht wurden. einzusetzen mit dem entsprechenden Untersu- chungsauftrag. Da würde uns jetzt noch so ein Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kann mich an- bisschen interessieren, wie der Fortgang der In- sonsten an den Verlauf des Wochenendes jetzt formation auch an Sie, an das Bundeskanzleramt

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während des Zeitablaufes dieser Untersuchungs- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, also, ich sage mal, kommission war. Waren Sie insoweit in den In- Motivforschung ist ja jetzt nicht meine Hauptauf- formationsfluss - immer wieder natürlich zu ge- gabe. Wenn ich recht informiert bin, ist einfach wissen Zeitpunkten - eingebunden? Fühlten Sie die Rechtslage in den Vereinigten Staaten von sich entsprechend informiert aus dem Bundes- Amerika auch eine andere, was die Normen an- verkehrsministerium heraus? belangt, nicht? Aber nicht mal das kann ich ge- nau sagen. Also, ich habe dafür keine Erklärung. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich fühlte mich im- Es ist eben dort aufgetreten - nun muss man sich mer gut informiert durch das Verkehrsministe- damit auseinandersetzen - oder dort entdeckt rium, jedenfalls auf der Ebene, für das, was ich worden. brauchte. Das begann mit der Untersuchungs- kommission. Es wurde dann, glaube ich, sehr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, bald der Untersuchungsauftrag noch mal auf gut, wir haben ja nun mittlerweile Kenntnis da- andere Typen auch erweitert. Und bevor dann rüber, dass - was alles vor September 2015 nicht Ergebnisse veröffentlicht wurden, hat mich der bekannt war - auch hierzulande Fahrzeuge Ab- Verkehrsminister im Grundsatz immer infor- gasreinigungseinrichtungen bei bestimmten Tem- miert. Also, ich habe nicht den geringsten Zwei- peraturen abregeln, bei bestimmten Höhen. Ich fel daran gehabt, dass das in guten Händen liegt. will auf die Details gar nicht eingehen. Das ist am Ende Ergebnis einer Aufdeckungsarbeit, die in Ulrich Lange (CDU/CSU): Gut. Danke schön. - den USA geschehen ist. Verursacht bei uns Pro- Dann wäre ich bereits für die erste Runde fertig. bleme: Wir sind mit einem Vertragsverletzungs- verfahren konfrontiert; es drohen Fahrverbote in Vorsitzender Herbert Behrens: Dann gebe ich das Innenstädten. - Mich würde schon interessieren, Wort weiter an die Fraktion Bündnis 90/Die Grü- wie Sie als Bundeskanzlerin am Ende auch - - nen. Kollege Krischer. welche Erklärung Sie haben, dass deutsche Be- hörden sich mit diesem Problem ja offensichtlich Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, bis September 2015 nicht intensiver auseinander- herzlichen Dank, Herr Vorsitzender. - Frau Bun- gesetzt haben. deskanzlerin, Sie haben ja eben interessant darge- legt, dass Ihnen das Thema und die Materie nicht Zeugin Dr. Angela Merkel: Wie gesagt, ich habe fremd sind. Ich hatte auch den Eindruck, Sie ver- dafür keine Erklärung. Ich habe lediglich dann stehen von Stickoxiden und CO2 mehr als zwei zur Kenntnis genommen, dass es in dieser Ver- ehemalige Verkehrsminister, die wir hier befragt ordnung von 2007 eine Ausnahmebestimmung haben. gibt, die offensichtlich in einer Weise genutzt wurde, wie sie durch die Ausnahmebestimmung Mich würde interessieren: Wir haben ja nun eine nicht insinuiert war. Situation, diesen Skandal, der ist in den USA entdeckt worden durch die Ermittlungen der Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): CARB. Wir haben am Montag Frau Nichols be- Okay. Das ist das ganze Thema Motorschutz und fragt. Was haben Sie eigentlich für eine Erklä- eine Interpretation Ihres Verkehrsministers; rung, warum das - gerade aus Ihrer Zeit auch als aber - - Umweltministerin und Beschäftigung mit der Materie - in Deutschland nicht entdeckt worden Zeugin Dr. Angela Merkel: Jetzt, Entschuldigung, ist und - man kann durchaus, glaube ich, sagen wenn ich nur darauf hinweisen darf: Sie hatten aus den Befragungen, die wir hier hatten - mög- mich gefragt, und ich hatte geantwortet. licherweise bis heute gar nicht entdeckt worden wäre, wenn das in den USA nicht bearbeitet wor- Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): den wäre? Okay. Ja, ist okay. Ich - -

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Ist Ergebnis meiner Organisationen darauf hinweisen: Es fallen Emis- Meinungsbildung. Sie haben ja gefragt, was ich sionen komplett auseinander zwischen real, zwi- denke. schen Prüfständen und Straßen. Diese Informa- tionen waren bekannt, lagen seit zehn Jahren vor; Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ADAC auch, nicht nur Umweltverbände, also, ich Völlig in Ordnung, völlig in Ordnung. - Mich sage mal, jetzt auch unverdächtige Organisatio- würde dann interessieren: Wenn Sie aber jetzt nen, denen man nichts unterstellen könnte, dass die ganze Frage, was Konsequenzen angeht seit sie hier irgendwie eine besonders automobil- September 2015, seit wir über die Dinge wissen, kritische Haltung haben. Da muss man sich doch seit bekannt geworden ist, was die Automobil- schon die Frage stellen: Warum hat eine deutsche industrie hier treibt, VW - nicht nur VW, auch Behörde da nicht irgendwo mal was unternom- andere Hersteller - - Ist das aus Ihrer Sicht denn men, um dahinterzukommen? im Moment jetzt so geregelt, dass man sagen kann: „Okay, da ist die Arbeit geleistet“? Oder Vorsitzender Herbert Behrens: Und was ist jetzt gibt es da aus Ihrer Sicht noch Defizite? die Frage, Oliver?

Zeugin Dr. Angela Merkel: Das vermag ich nicht Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich glaube, wir müs- zu sagen. Ich weiß nur, dass dann ja durch Zufall sen noch zwei Dinge auseinanderhalten - so sehe im selben Zeitraum diese neuen Real-Driving- ich das jedenfalls -: Das eine ist die Frage: Wo Emissions-Prozeduren vereinbart wurden, und wurde diese Vorschrift, dass man auch in einer wenn sozusagen die Ausnahmebestimmung - ich Ausnahmesituation Abschaltvorrichtungen ein- weiß nicht, ob sie noch präzisiert wird oder setzen kann, widrigerweise oder unrechtmäßiger- schon ist; kann ich jetzt nicht sagen - - Aber weise verwendet? - Das ist der eine Teil. - Und wenn sie jedenfalls so angewandt wird, wie sie der andere Teil ist: Wie sind die Prozeduren, wie insinuiert war - das heißt, viel weniger ange- man misst, was nun wirklich verbraucht oder wandt wird -, dann müsste man ja an den Er- ausgestoßen wird, strukturiert, und wie weit sind gebnissen auch der NOx-Messungen in den be- die dem realen Leben und dem realen Fahrver- troffenen Gebieten irgendwann sogar Verbesse- halten angepasst? Das sind, glaube ich, zwei un- rungen sehen. Man muss sich das weiter an- terschiedliche Komplexe. Der eine muss total be- gucken. Ich meine, die Vorgänge haben doch seitigt werden. Da kann es nicht mehr sein, dass gezeigt, dass man jetzt sicherlich aufmerksamer man eben bei bestimmten Temperaturen oder hinschauen wird in Zukunft. nach einer bestimmten Zahl von Kilometern grundsätzlich erstmals von einer Abschaltvor- Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): richtung Gebrauch macht, weil das kein Motor- Haben Sie denn mal im Untersuchungszeitraum schutz ist, sondern einfach da anders gehandelt darüber nachgedacht, ob denn möglicherweise - werden muss. Und das andere ist ein ziemlich wir haben ja in den USA auch eine andere Behör- lange andauernder Prozess, den man, glaube ich, denstruktur - das auch Konsequenzen für die Be- soweit ich das sehe, für CO2 und für NOx immer hörden Ihrer Bundesregierung haben könnte? wieder hat: Was sind reale Fahrverhalten? Und da hat man ja sich nun mit den Real Driving Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe nicht erken- Emissions - und ich glaube, auch im CO2-Bereich nen können, dass die Behörden der Bundesregie- hat man ja Weiterentwicklungen vorgenommen - rung - in diesem Falle weiß ich nicht, ob Sie an immer und immer wieder mit beschäftigt, und das Kraftfahrzeugbundesamt [sic!] denken - hier das auch über Jahre. Und da habe ich jedenfalls schlecht gearbeitet haben. Also, ich sehe keine nach dem, was - - Ich habe zumindest den Ein- strukturellen Veränderungsnotwendigkeiten. druck aus der gebotenen Ferne meiner Position und Aufgabe als Bundeskanzlerin, dass man sich Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): den realen Verhältnissen durch die letzten Recht- Wir haben ja nun die Situation seit Jahren, dass setzungen eher angenähert hat. Ich weiß aber

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nicht, ob das jetzt dem ganz realen Durch- ist ja, diese Untersuchungskommission besteht schnittsverhalten auf der Straße auch schon ent- mit einer - - spricht; das kann ich nicht abschließend sagen. Aber man nähert sich an. Vorsitzender Herbert Behrens: Oliver, entschul- dige, ich habe die Uhr übersehen. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, gut, es kommen weitere Fahrzeuge, die ein Viel- Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): faches der Stickoxidemissionen haben, der Ach so, sorry. Grenzwerte, auf die Straße. Also, dieses Problem ist ja nach wie vor nicht gelöst. Sie sagten eben Vorsitzender Herbert Behrens: In der nächsten so, da habe man sich jetzt angenähert. Das pas- Runde - siert ja im Moment so noch nicht. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich meine die Aber in der nächsten Runde. Tests. Also, wir haben die Normen, was man ein- halten muss, wir hatten Ausnahmebedingungen, Vorsitzender Herbert Behrens: - bist du wieder die wurden extensiv genutzt, und wir haben dran. - Dann gebe ich das Wort weiter an die Testverfahren, über die muss ich immer wieder Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion. sprechen, ob sie eigentlich dem entsprechen, was im realen Leben auf der Straße passiert. Das sind Kirsten Lühmann (SPD): Danke. - Frau Merkel, die drei Dinge, über die man sozusagen dauernd Sie haben uns geschildert, wie Sie Kenntnis ge- spricht. kriegt haben, wie Sie informiert wurden, und Sie haben gesagt, Herr Dobrindt habe Ihnen gesagt, Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): dass er sofort eine Untersuchungskommission Aber Sie haben keine Erklärung dafür, warum die einsetzt, und Sie fanden das auch bei ihm richtig Behörden der Bundesregierung oder die Bundes- aufgehoben. Hat das Kanzleramt angeregt, eigene regierung selber bis zum September 2015 über Vertreter in die Untersuchungskommission zu diese ganzen Ausnahmen, die Sie jetzt ja richtig entsenden? beschrieben haben, überhaupt keine Kenntnis hatten - das ist uns ja hier von allen Zeugen be- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. stätigt worden -, dass all das gar nicht präsent war. Da haben Sie keine Erklärung dafür. Ist Kirsten Lühmann (SPD): Warum? War das für Sie Ihnen jetzt in Ihrer Arbeit auch nicht unter- nicht relevant? gekommen, woher das kommt? Zeugin Dr. Angela Merkel: Weil ich davon aus- Vorsitzender Herbert Behrens: Oliver, jetzt nach gehe, dass ich von den Ergebnissen des Verkehrs- Kenntnissen, Tatsachen fragen. ministers informiert werde und auch das Kanz- leramt und seine Beamten. Zeugin Dr. Angela Merkel: Genau, ich wollte ge- rade sagen: Ich hatte keine Kenntnis darüber. Kirsten Lühmann (SPD): Haben Sie denn - Sie Und die Frage der Erklärung ist mehr so eine haben gesagt, Herr Dobrinth hat Sie regelmäßig Motivationssuche irgendwie. Also, ich habe informiert - den Untersuchungsbericht, den Ab- keine Erkenntnisse darüber gehabt. schlussbericht dieser Untersuchungskommission zur Kenntnis gekriegt, bevor er veröffentlicht Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): wurde? Dann würde mich noch interessieren: Sie haben eben beschrieben, wie Sie Herrn Dobrindt, der Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich persönlich habe Sie informiert hat, dass er eine Untersuchungs- ihn nicht von Seite 1 bis Ende gelesen. Herr kommission eingerichtet hat - - Das Erstaunliche Dobrindt hat mir davon berichtet, dass es jetzt einen Bericht gibt. Der ist sicherlich auch dem

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Bundeskanzleramt bekannt. Ich persönlich diesem Skandal war. Wir haben auch von Zeugen wusste, dass es ihn gibt, aber habe jetzt keine gehört, dass die Entwicklung von RDE bereits im Veranlassung gesehen, ihn Zeile für Zeile zu Jahr 2010 begonnen hat und dann eben zeitgleich lesen. zu Ende ging. Vielleicht sind die letzten Beratun- gen auf politischer Ebene dadurch etwas be- Kirsten Lühmann (SPD): Haben Sie nach dem Be- schleunigt worden; aber grundsätzlich war das kanntwerden dieses Skandales in irgendeiner Art schon ein Prozess, der lange im Gang war. Nun und Weise mit der Automobilindustrie geredet? sind die entscheidenden Dinge, also nicht die Also, es waren ja alle von uns relativ entsetzt technischen Dinge, sondern die entscheidenden auch. Sie haben ja gesagt: Deutschland ist ein politischen Fragen, zum Beispiel: „Wie hoch Automobilland, und auch die Politik setzt sich wird der Konformitätsfaktor sein?“, entschieden sehr für diese Industrie ein - richtigerweise. Und worden, nachdem bekannt wurde, wie VW diese jetzt ist so etwas passiert. Also, haben Sie an- Richtlinie ausgelegt hat und dass es illegale Mög- schließend mit der Automobilindustrie darüber lichkeiten genutzt hat. In welcher Art und Weise geredet? haben Sie sich in diesen politischen Prozess ein- gebracht: „Wie wollen wir nun RDE implemen- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe, wie gesagt, tieren?“? am 22.09. wahrscheinlich mit Herrn Winterkorn telefoniert, und es gibt ja auch immer wieder Be- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, es gehörte ja dann gegnungen in verschiedensten Situationen mit in der Zeit, wahrscheinlich so im Oktober 2015, Vertretern der Automobilindustrie. Ich habe na- zu den Gegenständen, bei denen wir in Europa türlich darauf hingewiesen, dass das ein Vorgang Stellung beziehen mussten mit einer Position der ist, der über das, was jetzt an Schadenszahlungen Bundesregierung, also einer Position der Bundes- und an Kosten entsteht, natürlich für das Bild der regierung zum Vorschlag der Kommission in dem deutschen Automobilindustrie ein sehr bedauer- Komitologieverfahren. Da kam es natürlich zu licher Vorgang ist. Ich hatte allerdings den Ein- der normalen Situation, dass das Umweltministe- druck, dass die Betroffenen das selbst so sehen. rium etwas ambitionierter an die Sache rangehen Ich erinnere mich an einen Jahresendbrief von wollte und deshalb die Vorschläge der Kommis- Herrn Müller von VW, der hat das, glaube ich, sion akzeptabler fand als das Wirtschaftsministe- auch ein bisschen zum Ausdruck gebracht. rium, das Verkehrsministerium. Und dann kommt es ja regelmäßig - das ist nun nicht das Kirsten Lühmann (SPD): Nun hat die Untersu- erste Mal - zu einer Situation, wo auch das Kanz- chungskommission von Herrn Dobrindt ja festge- leramt eine koordinierende und zusammenfüh- stellt, dass es eben nicht nur VW war, die die rende Aufgabe hat. In dem Zusammenhang ist Möglichkeiten, die die Richtlinie bietet, sehr ex- mir dann ja auch eine Vorlage gemacht worden zessiv genutzt haben. Und Sie haben jetzt gesagt, am 16.10.2015, wo auf die Vorschläge der Kom- es gab diesen Jahresendbrief von Herrn Müller. mission und die Positionierung der Bundesregie- Haben die anderen betroffenen Fahrzeugherstel- rung hingewiesen wurde, die auch bis zum 16.10. lenden irgendwelche Reaktionen gezeigt? Nun erfolgen musste. Damals hat man sich ja noch be- nicht Fiat. Wir wissen, mit Fiat haben wir ein stimmte Dinge auch ein bisschen offengehalten, ganz besonderes Problem, auch mit Italien, die da weil man keine gemeinsame Position gefunden nicht kooperieren. Aber es gab ja auch andere hatte, und hat natürlich auch geguckt: Was ma- Fahrzeuge, die in Deutschland hergestellt wur- chen andere Mitgliedsstaaten? Insoweit war ich den, die Auffälligkeiten in dem Bericht zeigten. dort mit einbezogen.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe mit anderen Dann gibt es wie bei fast allen europäischen darüber nicht gesprochen. Rechtsetzungsverfahren, wo es sozusagen durch- aus kontroverse Debatten gibt, auch immer eine Kirsten Lühmann (SPD): Sie haben ja gesagt, dass Abstimmung mit Frankreich. Und auch dort wa- zufällig die Einführung von RDE zeitgleich mit ren durchaus unterschiedliche Positionen der

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französischen Umweltministerin und auch ande- der Brief von Herrn Ministerpräsident Seehofer, rer im Raum. Deshalb hat das dazu geführt, dass der am 20. Oktober abgesandt worden war. Die ich mit dem französischen Präsidenten darüber Antwort erfolgte dann aber erst, nachdem die auch gesprochen habe und wir dann eine ge- Entscheidung in Europa bereits getroffen wurde, meinsame Position verabredet haben, die wir am 11.11. Das heißt, es war sozusagen ein Ele- dann auch dem Kommissionspräsidenten mitge- ment der Entscheidungsfindung. Aber es gab, wie teilt haben, weil wir gerade am 27. Oktober in gesagt, französische Positionen, es gab deutsche Paris einen European Round Table und einen Di- unterschiedliche Positionen, es gab die Position gitalisierungskongress hatten. An dem, insbeson- des Bundesumweltministeriums, das naturgemäß dere an dem European Round Table, hat Jean- häufiger mit den Umweltverbänden spricht, und Claude Juncker als Kommissionspräsident teilge- es gab die vom Wirtschafts- und Verkehrsminis- nommen, genauso wie der französische Präsident terium, die naturgemäß mehr mit den Unterneh- Hollande und ich. Insofern habe ich mich also men sprechen. Mir ist bei so einer Meinungsfin- auch mit dem französischen Präsidenten über die dung auch immer sehr wichtig, dass wir versu- gemeinsame deutsch-französische Haltung zu chen, Normen zu machen, die dann aber auch diesem Thema ausgetauscht. realistisch in gewisser Weise sind, ambitioniert, aber auch praktisch eingehalten werden können. Kirsten Lühmann (SPD): Zu der Haltung, die Sie Ich sage das ganz bewusst. Wir haben regelmäßig eingenommen haben: Sie sagten ja, es gab unter- auch in der Europäischen Union dann ein Mei- schiedliche Positionen unterschiedlicher Häuser nungsbild, bei dem diejenigen, die Autos produ- in dieser Frage, was an den Häusern, also an der zieren, die Mitgliedsstaaten, in denen Autopro- Aufgabe der Häuser - - auch darauf zurückzufüh- duktionsstätten stehen, eine Gruppe bilden, und ren ist. Sie mussten sich ja dann eine eigene Mei- andere, die keine Autoproduktionsstätten haben, nung bilden. Zur Bildung dieser eigenen Mei- vielleicht eine andere Gruppe bilden. Und ich nung, haben Sie da Gespräche geführt mit der glaube schon, dass die technische Machbarkeit Automobilindustrie oder zum Beispiel mit Um- auch eine Rolle spielen muss, wenngleich natür- weltverbänden? lich die Ambition auch enthalten sein muss. Und da die richtige Balance zu finden, das ist, glaube Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, weder noch, ich, immer die Aufgabe bei solcher Rechtsset- sondern ich habe mich auf den Sachverstand zung. meiner Beamten verlassen. (SPD): Bei dieser koordinierenden Kirsten Lühmann (SPD): Danke. Ich habe in die- Leistung, die das Bundeskanzleramt natürlich bei ser Runde nichts mehr. unterschiedlichen Meinungen der Ressorts oder Auffassungen der Ressorts zu machen hat, hat Arno Klare (SPD): Frau Bundeskanzlerin, ich man sich hinterher - so ist uns das hier von meh- möchte das noch einmal vertiefen. Es gibt ja auch reren Zeugen bestätigt worden - auf den Konfor- noch einen weiteren Akteur, der sich aus Bayern mitätsfaktor 1,95 als Vorschlag der Bundesrepu- gemeldet hat bei Ihnen mit einem Brief, der dann blik Deutschland geeinigt. Herausgekommen sind auch bisschen pro domo natürlich argumentie- nachher 2,1 im ersten Schritt und 1,5 nachher in rend für ein großes Unternehmen, das in Bayern der zweiten Stufe. Jetzt noch die Frage: Auf der ansässig ist - Automobilindustrie -, darauf ge- europäischen Ebene bei den anderen Mitglieds- drängt hat, dass dieser Konformitätsfaktor und staaten: Waren aus ihrer Sicht diese 1,5 eher am- die anderen Faktoren halt nicht so scharf ausfal- bitioniert, oder war das ein Wert, wo andere len. Hat das in irgendeiner Form auch Ihre Mei- Staaten in Europa sofort genickt haben und ge- nungsbildung beeinflusst? sagt haben: „Ja, der ist genau richtig“?

Zeugin Dr. Angela Merkel: Schauen Sie, in so Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe mich ledig- einer Phase der Meinungsbildung nimmt man lich mit der Abstimmung mit Frankreich beschäf- alle Informationen auf, und dazu gehörte auch tigt und habe mich mit den ganzen anderen - -

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habe ich mir nur berichten lassen, wie die Mei- wortentwurf, für den dann auch erklärt ist, wa- nung dort ist. Es gab Mitgliedsstaaten, die waren rum man welche Position hat. Aber ich habe in ihrer Skala noch etwas weniger ambitioniert; mich jetzt nicht jedes Mal - - bei jedem Brief es gab welche, die waren mehr ambitioniert. Das fange ich jetzt an, mich in die Fachsache mit Endergebnis liegt etwas pragmatischer als der allen Anlagen einzuarbeiten. Kommissionsvorschlag. Das ist aber auch nichts besonders Neues. Und insofern haben wir das Arno Klare (SPD): Okay, ich habe keine weiteren dann auch so eingebracht. Fragen. Ich habe nur gedacht, „Transferfunktion“ ist Ihnen als Physikerin sicherlich bekannter als Arno Klare (SPD): Haben Ihnen Ihre Beamten, mathematischer Vorgang als mir. Ihre Experten, die Sie im Hause haben, oder auch aus dem BMVI, berichtet oder erklärt, dass bei Zeugin Dr. Angela Merkel: Das Wort, ja, das diesem Konformitätsfaktor ein Fehlertoleranz- kommt aber in so vielen verschiedenen Zusam- wert der Messgeräte von ungefähr - in absoluter menhängen vor, - Größe - 0,5 eingerechnet ist? Oder ist das jetzt eine neue Information, die Sie von mir bekom- Arno Klare (SPD): Ich weiß, ich weiß. men? Zeugin Dr. Angela Merkel: - „Transferfunktion“, Zeugin Dr. Angela Merkel: Die Information höre dass wirklich die in der Automobilindustrie ich von Ihnen zum ersten Mal. Sie bestätigt mich nicht die einzige ist. aber darin, dass 0,1 Prozent Unterschied noch nicht der Untergang des Abendlandes sind. Arno Klare (SPD): Genau. Danke.

Arno Klare (SPD): Da würde ich Ihnen sofort Vorsitzender Herbert Behrens: Gut, dann ist die recht geben. - Es gibt da so ein paar andere Werte Runde an der Linksfraktion. Und da würde ich bzw. andere Bereiche, Hauptanliegen der Bayri- ganz gern noch mal auf das eingehen, was vorhin schen Staatsregierung - da ist sogar eine Anlage ein kurzer Disput war mit Herrn Pung-Jakobsen, bei dem Brief dabei gewesen -, da ging es noch was denn Untersuchungsgegenstand ist und was mal darum, dass darauf hingewiesen worden ist nicht. Wir haben uns noch mal eben versichert, bei den ganzen Messverfahren, dass man so Ex- dass es eben auch um Kraftstoffverbräuche geht tremfahrbereiche herausrechnen können muss, und um deren Abweichungen, und nicht nur und das sollte dann passieren mit der sogenann- NOx, sondern auch andere Emissionen zum ten Transferfunktion. Ist was Mathematisches, Gegenstand des Untersuchungsauftrages gehören. von dem Sie mit Sicherheit mehr verstehen als Insofern belegt das noch mal, dass die Frage ich; ich bin kein Mathematiker und auch kein durchaus zulässig ist und war. Physiker. Ist Ihnen dieser Vorgang bekannt? An dieser Stelle würde ich dann auch ganz gern Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe mal was von noch mal auf ein Telefonat hinweisen, das Sie, Transferfunktion in dieser Vorlage vom 16.10. ge- Frau Merkel, mit dem irischen Premierminister lesen, habe mich damit aber nicht detaillierter Kenny im Sommer 2013 geführt haben. Laut befasst. einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 27. Juni 2013 soll es im Sommer 2013 vor der Ab- Auch zum Vorgang: Wenn ein Brief eines bayri- stimmung über die 95-Gramm-Regel hinsichtlich schen, einer rheinland-pfälzischen Ministerpräsi- CO2 zu einem Telefonat zwischen Ihnen und dem dentin oder von wem auch immer bei mir ein- Premierminister gekommen sein. Dem Artikel zu- geht, dann lese ich den durch, und dann verfüge folge wurde nach dem Telefonat die Abstimmung ich ihn auf die Fachabteilung, wo dann die ge- von der Tagesordnung genommen und auf das samte technische Kenntnis auch vorhanden ist, kommende Jahr verschoben. Das ist das Material und bekomme dann zu gegebener Zeit einen Ant- mit der Überschrift „,Das Dreisteste, was ich in acht Jahren Brüssel erlebt habe‘“, zu finden auf

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der Homepage der Süddeutschen Zeitung, sued- Vorsitzender Herbert Behrens: In einer E-Mail deutsche.de, abgerufen am 27. Februar 2017. Ha- eines Bosch-Mitarbeiters vom 19. August 2015 ben Sie ein Gespräch mit dem irischen Premier- heißt es bezogen auf die aktuelle NOx-Entwick- minister vor der Abstimmung dieser 95-Gramm- lung bei Diesel-PKW und ein vorheriges Ge- Regel geführt? spräch mit Herrn Bänsch vom Wirtschaftsminis- terium zu RDE - Zitat -: Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe da keine Er- innerung dran, kann das aber auch nicht aus- => Hintergrund (und deshalb darf schließen. Also, das weiß ich nicht. Eberhardt nichts davon wissen!!!): Bundeswirtschaftsministerium Vorsitzender Herbert Behrens: Dann bezüglich und Bundesverkehrsministerium möchten anscheinend austesten, des möglichen Einflusses der Automobilindustrie wie ernst die Industrie RDE auf das Verhalten der Bundesregierung auf EU- nimmt und was wirklich passiert. Ebene im Rahmen der RDE-Gesetzgebung, das Je nach Ergebnis scheint man zu war ja eben schon mal Gegenstand. Ich würde einer härteren oder moderateren das ganz gern noch mal mit einem Vorhalt ergän- Haltung (gerade bei cf-Blockade zen, dass eben im März 2015 im Vorfeld der Ab- …) stimmung im Technischen Ausschuss, im TCMV, zum RDE-Vorschlag der EU-Kommission sich - Conformity-Faktor - Herr von Klaeden von der Daimler AG per Mail an Herrn Professor Röller, Leiter der Abteilung 4, zu tendieren. Anscheinend schla- „Wirtschafts-, Finanz- und Energiepolitik“, im gen Anfragen von weit oben u. a. Bundeskanzleramt gewandt hat. Darin äußert er, aus dem Kanzleramt bei Bänsch dass der Entwurf der Kommission von der Auto- mobilindustrie so nicht akzeptiert werden - Wirtschaftsministerium - könne. - Das ist das MAT A-BKAmt-2-2, Ord- auf. Auch die OEM seien aktiv!!! ner 10, Blatt 28. - Und Herr Wetzel aus dem Refe- rat 421 des Bundeskanzleramtes leitete diese Und dann eine Abkürzung - - E-Mail noch am selben Tag an verschiedene Mit- arbeiter des Kanzleramtes weiter mit dem Kom- Zeugin Dr. Angela Merkel: Was sind OEMs? mentar: Vorsitzender Herbert Behrens: Die Original- Liebe Kollegen, hersteller. uns erreichen Hilferufe aus der Automobilindustrie wegen einer Zeugin Dr. Angela Merkel: Ach so. wohl zwischen BMU und BMVI abgesprochenen Positionierung Vorsitzender Herbert Behrens: für TCMV ... Ich schlage vor, hier eine kurze => HB-Einschätzung: Unterrichtung für ChefBK zu ma- chen. - so steht es hier in dieser Mail; das ist nicht meine - Das ist MAT A-BKAmt-2-2, also ebenda, Blatt 28. - Wurden Sie über diese E-Mail infor- Wir sind endgültig beim Politik- miert? Poker angekommen.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, weil es war die Das ergibt sich aus MAT A-BO-1-1, Ordner 1, Unterrichtung an den Chef des Kanzleramts. Blatt 32. - Haben Sie Kenntnisse darüber, ob sich das Kanzleramt oder andere Bundesministerien,

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wie von dem Bosch-Mitarbeiter vermutet, bezüg- - heißt es hier in dieser Mail - lich RDE-Gesetzgebung direkt beim Wirtschafts- ministerium mit der Nachfrage - - aufgeschlagen Eine politische Entscheidung in ist? Deutschland verliert Ministerin Hendricks klar gegen Merkel, Zeugin Dr. Angela Merkel: Über das, was ich Gabriel, Dobrindt und … Kenntnis habe, habe ich Ihnen jetzt berichtet, und Sie hatten ja auch viele Zeugen vor mir Und dann folgt ein geschwärzter Name. - Das ist schon aus dem Kanzleramt hier. ebenda auf Blatt 32. - Diese Mail mit den aktuel- len CF-Blockaden seinerzeit, ist Ihnen diese be- Vorsitzender Herbert Behrens: Gut, dem ent- kannt gewesen? nehme ich, dass man eben nicht weit oben aufge- schlagen ist. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Frage, wo oben be- Vorsitzender Herbert Behrens: Sind Ihnen Aus- ginnt. einandersetzungen zwischen BMUB und BMVI bekannt bzw. zwischen den beiden Ministerien Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, hier ist damit und dem Kanzleramt, dass es da unterschiedliche Kanzleramt definiert. - In dieser Mail vom Auffassungen gegeben hat? 19. August heißt es auch weiter - Zitat -: Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, sagen wir mal, mir Habe meinerseits aktuelle Blo- ist, seitdem ich Umweltministerin war, bekannt, ckade angesprochen: Umwelt-Hal- dass es eigentlich permanent unterschiedliche tung (cf 1,0 plus Messtoleranz, Auffassungen zwischen Verkehrs-, Wirtschafts- kein extended-Bereich) und In- und Umweltministerium gibt - immer, bei allem dustrie-Haltung (technische Ablei- am Anfang. Dafür gibt es auch verschiedene Mi- tung von cf, mit extended-Be- nisterien, weil jeder andere Interessen verfolgt. reich). Bänsch sieht dies genauso und bedauert es. Eigentlich Vorsitzender Herbert Behrens: Und wer setzt müsste es doch das gemeinsame sich durch nach Ihrer Kenntnis? Ziel geben, den Diesel aus der Schusslinie zu bringen. … Zeugin Dr. Angela Merkel: Hängt davon ab. => Bänsch sieht bis zum 10. Sep- tember (Heiterkeit)

- 2015 - Vorsitzender Herbert Behrens: Okay.

nur … eine politische Lö- Zeugin Dr. Angela Merkel: Jeder hat seinen sung/Entscheidung. Gemeinsames Stolz. Verständnis von Politik und In- dustrie sehr fraglich. (Heiterkeit) Meinen bescheidenen Vorschlag möchte er zumindest mit dem Vorsitzender Herbert Behrens: Dann eine letzte BMVI diskutieren. Er sieht weni- Frage in dieser Runde. Der Vorhalt: Der ehe- ger rechtliche Bedenken, sondern malige Staatssekretär aus dem Bundesumwelt- umweltpolitische. ministerium hat in einer Zeugenvernehmung am Auch hier noch mal: 20. Oktober gesagt - Zitat - : In der Realität ist es leider so … => HB-Einschätzung:

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Wer? Welcher? Wel- in dem Zusammenhang „Viele Bundesländer cher Staatssekretär? Weil Sie sagten: „Der ehema- haben Automobilstandorte“ zu sprechen lige“. kommen. Frau Bundeskanzlerin, Sie hatten ja schon gesagt, es gibt eine bestimmte Vorgehens- Vorsitzender Herbert Behrens: Ja genau, ehema- weise mit dem Eingang solcher Briefe einzelner lige. Wir hatten mit Flasbarth im Ausschuss zu Ministerpräsidenten. Gibt es grundsätzlich eine tun. Also ehemaliger Staatssekretär. Ich habe hier Art der Abstimmung mit den Ministerpräsiden- keinen Namen dabei aufgeschrieben bekommen. ten, die Automobilstandorte haben - da ist jetzt Wird gleich noch aufgeklärt. vorhin Bayern genannt worden; aber das sind na- türlich viele andere auch, wie Hessen oder das Zeugin Dr. Angela Merkel: Aber der ist doch bekannte Niedersachsen -, oder gibt es den noch, Flasbarth. grundsätzlichen Verfahrensgang, so wie Sie ihn gerade beschrieben haben: Verfügung, techni- (Heiterkeit) sche, juristische Auskunft und Antwortschrei- ben? Vorsitzender Herbert Behrens: Nein, das ist nicht der jetzige, sondern ein ehemaliger Staatssekre- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, das unterscheidet tär. - Wird gleich aufgeklärt; ich bekomme das sich von Sachverhalt zu Sachverhalt. Es gibt hier vom Sekretariat noch mal nachgeliefert. Dinge, da schreiben mehrere Ministerpräsiden- ten; manchmal schreiben sie auch gemeinsame Und dort wird geschrieben: Briefe. Auch so was kommt vor in Zusammen- hängen. Wir haben jetzt zum Beispiel - - Wenn In der Realität ist es leider so, dass wir über Opel sprechen, dann haben Sie Thürin- Sie in Brüssel … keinen Satz sa- gen, Rheinland-Pfalz und Hessen gleichermaßen gen können … immer, die sich abstimmen und auch dann an Telefonkonferenzen, die zum Beispiel stattfin- Oh, Entschuldigung, jetzt haben wir es. Das ist den - - Also, das ist von Sachverhalt zu Sachver- Dr. Uwe Lahl, der uns als ehemaliger Staatssekre- halt unterschiedlich. Aber die Ministerpräsiden- tär Auskunft gegeben hat. Und er sagt: ten setzen sich natürlich für ihre Standorte ein; die Betriebsräte setzen sich für ihre Standorte In der Realität ist es leider so, dass ein; und dann gibt es in diesen Fragen, mit denen Sie in Brüssel … keinen Satz sa- gen können … wir uns heute beschäftigen, wo es auch um Umweltfragen geht, natürlich auch die Umwelt- Also, ich muss es in der nächsten Fragerunde verbände, die sich einsetzen. Also, das variiert, machen, weil mein Zeitbudget für jetzt abgelau- aber diese - - fen ist. - Dann gebe ich zunächst das Wort weiter an die CDU/CSU-Fraktion. Als am 20.10. der Brief von dem Ministerpräsi- denten Horst Seehofer einging, da hatte ich ja Ulrich Lange (CDU/CSU): Ja, danke, Herr Vorsit- kurz vorher schon die Vorlage bekommen, dass zender. - Der, den Sie zitieren wollen, der sitzt über die Real Driving Emissions in Brüssel ver- jetzt in Baden-Württemberg bei Winne Hermann, handelt wird. Also hat mich das nicht unverhofft der Herr Lahl, und war vorher im Umweltminis- getroffen, sondern da war ja auch in der Bundes- terium oder im Umweltbundesamt Abteilungs- regierung schon die Abstimmung im Gange. Inso- leiter, wenn ich es noch richtig weiß, den wir fern war es für mich jetzt kein vollkommen neuer hier hatten. Aber, glaube ich, an der Stelle nicht Sachverhalt, dass darüber die Automobilstand- zu vertiefen. orte sich Gedanken machen.

Ich möchte nur mal kurz auf das vorhin ja schon Ulrich Lange (CDU/CSU): Dass es solche Gesprä- angesprochene Verhältnis auch zu einzelnen und che immer wieder gibt, bestätigt ja auch Ihr Tref- diversen Ministerpräsidenten und natürlich auch

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5. Untersuchungsausschuss

fen vom 8. April 2016 mit dem Präsidiumsmit- (Heiterkeit) glied des VW-Aufsichtsrates, gleichzeitig Minis- terpräsident von Niedersachsen, Stephan Weil. Ulrich Lange (CDU/CSU): Wunderbar. Danke Und der hat hier im Untersuchungsausschuss schön. uns mitgeteilt, dass er Ihnen damals schon große Zuversicht über das Meistern der Krise zum Aus- Vorsitzender Herbert Behrens: Weitere Fragen druck gebracht hat und seine Zuversicht auch Ihrerseits in dieser Runde? entsprechend begründen wollte. Können Sie uns über den Inhalt dieses Gespräches einen kurzen Ulrich Lange (CDU/CSU): Das „Danke schön“ Einblick geben, inwiefern Ministerpräsident Weil hieß: Ende der Runde. auch in seiner Mehrfachfunktion, die er ja hier dem Ausschuss gegenüber betont hat, das Ge- Vorsitzender Herbert Behrens: Der Runde. Okay. spräch mit Ihnen gesucht hatte? Ich dachte, „Danke schön“ wegen der Antwort.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Wenn ich mich recht Ulrich Lange (CDU/CSU): Beides. erinnere, könnte es auch sein, dass ich das Ge- spräch mit ihm gesucht habe am 8. April 2016, Vorsitzender Herbert Behrens: Dann ließ sich weil ich einfach aus seiner Perspektive mal wis- das ja eben aufklären, wer sich hinter dem ehe- sen wollte, wie er die Dinge beurteilt. Aus den maligen Staatssekretär oder Abteilungsleiter ver- internen Gesprächen berichten wir ja jetzt nicht birgt. Das ist Herr Lahl seinerzeit. Und der hatte detailliert, aber er hat bei mir nicht den Eindruck uns laut Stenografischem Protokoll 10 I, Blatt 105 hinterlassen, dass seine Sichtweise sich vollkom- den Prozess der Meinungsbildung dargestellt. Ich men von der unterscheidet, die man auch aus will ihn einfach mal zitieren und Sie danach fra- dem Unternehmen und sonst gehört hat. gen, ob Sie das so bestätigen können, was Herr Lahl uns hier erzählt hat - Zitat -: Ulrich Lange (CDU/CSU): Ich möchte dann noch mal kurz auf die Meinungsbildung eingehen und In der Realität ist es leider so, dass hier die Deutsche Umwelthilfe insoweit zitieren, Sie in Brüssel … keinen Satz sa- die Ihnen in der Stuttgarter Zeitung am 21. Sep- gen können, der nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt tember 2015, Überschrift des Artikels „Hebeln ist. …, sondern Sie müssen alles Autobauer die Abgasgrenzwerte aus?“, vorwirft, bis ins Einzelne innerhalb der einen Schmusekurs mit den Autobossen zu füh- Bundesregierung abstimmen. ren. Gleichzeitig wird Ihnen in der Frankfurter Wenn Sie das nicht machen, be- Rundschau am 23.09.2015 unter der Überschrift gehen Sie eine Regelverletzung … „Erfahrene Saboteure“ vorgeworfen, den Präsi- was sind die handelnden Ressorts dent des VDA, Herrn Wissmann, den Sie aus …, die uns hier zusammenführen? Ihrer Zeit in dem Kabinett Kohl kennen - wird Das ist das Verkehrsministerium, hier bezeichnet als Duzfreunde - - insoweit, dass das ist das Wirtschaftsministerium und das Kanzleramt, und dann ist hier ein besonderer Einfluss des Verbandes auf auf der anderen Seite das Umwelt- auch insbesondere Ihre Politik stattfinden würde. ministerium: drei zu eins.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Und soll ich - - Also, Bevor wir einen Vorschlag ge- meine - - macht haben …, war die Auto- mobilindustrie Ulrich Lange (CDU/CSU): Da bitte ich jetzt um mit ihren Positionspapieren Ihre persönliche Antwort darauf. bei den genannten Ministerien Zeugin Dr. Angela Merkel: Hoch lebe die Presse- schon präsent. … Und wenn Sie freiheit. so agieren … müssen Sie natürlich Kompromisse machen, manchmal

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5. Untersuchungsausschuss

faule Kompromisse. Und das Zeugin Dr. Angela Merkel: Na klar. Die sind ja Perfide an der Art und Weise, so schon in dem Verordnungsvorschlag der Kom- zu arbeiten, ist: …, dann müssen mission sehr stark zum Tragen gekommen. Die Sie auch noch so tun, als ob das Kommission geht sehr ambitioniert in ihren Vor- ein guter Vorschlag ist … schlägen meistens vor. Wenn Sie sich mal die Welt anschauen und sich mal die Umweltnormen Wie gesagt, das ist das Zitat von Herrn Lahl. - anschauen, dann gibt es vielleicht in einzelnen Würden Sie, Frau Kanzlerin, diese Beschreibung Bereichen auch Länder, die durchaus weiter der Zusammenarbeit der Ressorts, wie Herr Lahl sind, aber die Europäische Union kann sich nun sie dargestellt hat, bestätigen? in der Gesamtheit ihrer Umweltnormen wirklich sehen lassen. Also da muss man, wenn man die Zeugin Dr. Angela Merkel: Richtig ist, dass ich globale Situation sieht, sich nicht verstecken. mir wünsche, dass niemand in Brüssel einen Satz sagt, der nicht in der Bundesregierung abge- Vorsitzender Herbert Behrens: Herr Wissmann stimmt ist. Die Realität ist noch nicht 100 Prozent vom VDA wendet sich in einem Schreiben bezüg- so; aber darauf wirken wir hin - das ist richtig -, lich der RDE-Gesetzgebung an Bundesminister weil wir sonst in Brüssel alle durcheinanderbrin- Altmaier am 19. März 2015. Das ist aus MAT gen. Wenn 27 Mitgliedsstaaten auch noch mit A-BKAmt-2-2, Ordner 10, Blatt 37. Und seiner sieben oder neun Meinungen in Brüssel auftre- E-Mail beigefügt ist ein mit „RDE Gesetzgebung ten, dann wird es noch schwieriger. Deshalb ist Summary“ betiteltes Dokument, das detailliert also die Reihenfolge immer, die Position erst in die Position der Automobilindustrie zur RDE-Ge- der Bundesregierung abzustimmen und dann setzgebung darstellt. Das ist ebenda, Seite 39 ff. weiter die Meinungsbildung in Brüssel zu beein- Dort lesen wir: flussen. Die RDE Gesetzgebung kann ein Nun kann ich - - Die etwas depressiv wirkende konstruktiver Schritt zu besserer Darstellung des Beamten, sagen wir mal, würde Luftqualität sein. Bei überzogener ich nicht uneingeschränkt so teilen. Ich war ja Schärfe kann sie jedoch dem Die- selber, wie gesagt, Umweltministerin und hatte sel im Markt sehr schaden, ja die eigentlich auch ganz frohe Beamte, die, glaube Erfüllung sogar unmöglich ma- ich, selbstbewusst auch was erreichen konnten. chen. Damit wären die CO2-Ziele Es hängt sicherlich oft von der Zuständigkeit ab - der Hersteller, Deutschlands und welcher Rat ist zuständig? -, und das beeinflusst der EU stark gefährdet und der Wirtschaftskraft geschadet. etwas die Meinungsbildung. Es gibt auch Res- sorts, die sagen würden, wenn der Umweltrat für Ebenda, Blatt 39. etwas zuständig ist, haben Sie auch einen schwierigen Stand. Also, das liegt alles in der Na- In der „RDE Gesetzgebung Summary“ heißt es tur der Sache. Es geht nicht ohne Widersprüche - dann unter „Handlungsempfehlungen“: das ist richtig -, und man setzt sich nicht immer 100 Prozent durch. Das ist das Wesen des Kom- • Review der bundesdeutschen promisses. Position zu RDE im Hinblick auf die Möglichkeit einer Kompro- Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, ich frage des- misslösung. halb nach, um herauszufinden, inwieweit auch • Zustimmung zu einer möglichen in der RDE-Gesetzgebung die umweltpolitischen Kompromisslösung im TCMV auf Belange auch eine wichtige Rolle gespielt haben. Basis des skizzierten Vorschlags. Wie war es Ihrer Kenntnis nach in diesem RDE- Prozess? Sind da die umweltpolitischen Belange Bezieht sich auf VDA. Das ist MAT A-BKAmt- so gleichberechtigt zum Tragen gekommen wie 2-2, Ordner 10, Blatt 39. - Kennen Sie diese auch der anderen? Summary RDE-Gesetzgebung?

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5. Untersuchungsausschuss

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Aber es liegt in Es geht ja nicht darum: „Was kann ich mit un- der Natur der Sache, dass meistens sowohl die endlich hohen Grenzkosten letztlich an Emissio- deutsche Automobilindustrie, aber sehr oft auch nen noch einsparen?“, sondern es geht um die die europäische Automobilindustrie sehr klare Frage, ob ich sowohl CO2 als auch NOx als auch Vorschläge hat, so wie andere auch klare Vor- von den investierten Kosten, was den Preis zum schläge haben. Schluss anbelangt, verkaufsfähige Produkte habe, die auch den Umweltstandards entsprechen. In Vorsitzender Herbert Behrens: Sind Sie diesem diesem Dreieck muss ich mich vernünftig bewe- Vorschlag des VDA sehr direkt gefolgt? gen; sonst sind mir Märkte eben nicht mehr zu- gänglich, weil meine Autos entweder zu teuer Zeugin Dr. Angela Merkel: Da ich ihn nicht sind oder Ähnliches. Und gerade dieser Zielkon- kenne, weiß ich nicht, ob ich ihm gefolgt bin. flikt CO2-NOx, der wird, glaube ich, manchmal vergessen. Einmal sprechen wir über CO2-Flot- Vorsitzender Herbert Behrens: Na, das Ansinnen tenverbrauch in Europa, und dann sprechen wir war ja durchaus erkennbar. - Sie haben eben auf monatelang nur über CO2, und dann sprechen eine andere Frage hin schon Antwort gegeben auf wir wieder nur über NOx. Ich glaube, durch alles, das Schreiben des bayrischen Ministerpräsiden- was wir jetzt reden, sind diese Interdependenzen ten. Es ging darum, dass BMW dann meinte, es noch mal sehr viel klarer geworden. Und das ist sei zu streng. Ich werfe diese Frage hier noch mal eigentlich auch ein Erkenntnisgewinn. auf - das andere haben Sie schon beantwortet -, weil hier ja noch mal dargestellt wird, die deut- Vorsitzender Herbert Behrens: Die SPD-Fraktion sche Automobilindustrie sei nur um den Preis ist an der Reihe, bitte. des Marktausschlusses oder des Niedergangs in der Lage, diese scharfen Grenzwerte einzuhalten. Kirsten Lühmann (SPD): Frau Merkel, ich Und das stelle ich in Gegensatz oder in Kontrast möchte bei diesem Thema weitermachen und zu dem, was Frau Nichols auch gesagt hatte: Die frage gerade auch in diesem Zusammenhang: Sie deutsche Automobilindustrie sei sehr wohl in haben vorhin gesagt, die CO2-Einsparung ist der Lage, das einzuhalten. Und in der Folge war Ihnen sehr wichtig. Trotzdem haben Sie sich sehr es dann ja auch anderen Fahrzeugherstellern auf für die Einführung dieser Supercredits eingesetzt. dem US-amerikanischen Markt möglich, diese Wie passt das zusammen? scharfen Grenzwerte einzuhalten. Warum ist man in der europäischen Gesetzgebung nicht diesen Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, jetzt sind wir wie- scharfen, aber realistischen Grenzwerten gefolgt? der bei einem Detail der CO2-Flottenverbrauchs- fragen. Wir können uns ja Wunschvorstellungen Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, wenn ich recht machen, und dann wissen wir aber, dass wir die informiert bin, muss man ja zwischen den - nur mit bestimmten Antriebstechnologien errei- einerseits - NOx-Grenzwerten unterscheiden und chen. Deshalb machen wir ja auch Förderung von dann auch den CO2-Grenzwerten, und beide ste- Elektromobilität. hen in einem Zusammenhang. Ich kann nicht beides gleichermaßen haben. Ich glaube, wenn Dann hat man sich in Europa entschieden, Flot- wir auf die CO2-Flottenverbräuche in den Ver- tenverbräuche als das Nonplusultra zu nehmen, einigten Staaten von Amerika schauen, dann weil man ja natürlich auch anders das sehr können wir uns in Europa durchaus sehen lassen schwer bemessen kann. Damit sind aber Herstel- mit unserer Gesetzgebung. Es geht jetzt ja immer ler, die jetzt größere Autos herstellen, in einer an- darum, dass sich - - Dabei will ich nicht in Ab- deren Situation als Hersteller, die nur Kleinautos rede stellen, dass Kalifornien ja auch sehr viel für herstellen. Nun muss es ja technisch auch alles Elektromobilität und Ähnliches getan hat; aber machbar sein, was man fordert. Deshalb befinden das sind ja nicht die gesamten Vereinigten Staa- wir uns im Augenblick in einer sehr, ich glaube ten von Amerika. Das heißt, wir sind immer in auch, entscheidenden Phase auch für die gesamte einem Zielkonflikt bei der ganzen Normsetzung. deutsche Automobilindustrie.

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5. Untersuchungsausschuss

Die Automobilindustrie ist nicht irgendwas, son- Kirsten Lühmann (SPD): Frau Merkel, haben Sie, dern sie ist einer der Kernarbeitgeber in Deutsch- wenn wir jetzt weitergucken, von CO2 wieder zu land. Unsere Autos sind im Grundsatz sehr um- Stickstoff - - Es ist Ihnen ja bekannt, dass wir weltfreundlich. Und ich habe schon als Bundes- Probleme mit den Stickstoffemissionen in man- kanzlerin - und ich glaube, wir alle - ein Interesse chen Großstädten in Deutschland haben. Haben daran, dass da, wo Hunderttausende und noch Sie sich mit dem Thema beschäftigt? Also sind mehr Arbeitsplätze dranhängen, wir Regulierun- zum Beispiel kommunale Spitzenverbände oder gen finden, die einerseits ambitioniert, aber ande- einzelne Kommunen auf Sie zugegangen und rerseits nicht so sind, dass anschließend in haben Sie aufgefordert, in irgendeiner Art und Deutschland kein Auto mehr produziert wird. Da Weise tätig zu werden? wir uns jetzt in einer schweren Transformations- phase der Automobilindustrie befinden, sowohl Zeugin Dr. Angela Merkel: Na, es gibt immer was Umweltstandards anbelangt, was Antriebs- wieder Diskussionen im Zusammenhang mit der technologien anbelangt, was dann noch die gan- Erfüllung dieser europäischen Richtlinie. Es gibt zen Fragen der Digitalisierung anbelangt, müssen ja eine ganze Reihe von Gerichtsverfahren dazu wir sozusagen alle Dinge im Blick haben, sodass auch. Deutschland hat da, glaube ich, auch Ver- insgesamt dann noch moderne, zukunftsfähige tragsverletzungsverfahren. Jüngst ist ja die Situa- Autos rauskommen. Und ich sage ausdrücklich, tion in Stuttgart öffentlich diskutiert worden. dass manchmal der Gesetzgeber auch schon Darüber habe ich auch - - Darauf hat mich auch nachgeholfen hat, glaube ich, dass die Fort- sowohl der Ministerpräsident Kretschmann als schritte, auch gerade was die Umweltfreundlich- auch der stellvertretende Ministerpräsident keit anbelangt, schneller gemacht wurden, als die Strobl angesprochen, dass man in Stuttgart ja Automobilindustrie es alleine gemacht hätte. temporäre Fahrverbote einführen will - oder Wenn ich dann plötzlich Entwicklungen in muss - zu bestimmten Zeiten; ich will gar nicht China sehe, kann es eines Tages passieren, dass sagen „will“. Ob man muss - - kann man auch dort sehr ambitioniert auch bestimmte Dinge ge- überlegen: Was kann man sonst noch machen? fordert werden. Das heißt also, wir tun auch gut daran, mit den besten Umwelttechnologien Vor- Hamburg zum Beispiel geht einen anderen Weg; reiter in bestimmten Marktentwicklungen zu aber auch der Hamburger Erste Bürgermeister hat sein. Das hat der deutschen Wirtschaft - sei es er- darauf hingewiesen, dass sie Probleme haben mit neuerbare Energien oder sei es Automobilbau - dem Überschreiten der NOx-Werte. Er hat mir nicht geschadet, und trotzdem hat es alles seine auch oder sogar dem Kreis der Ministerpräsiden- Grenze. ten mal berichtet, was sie machen: Umrüstung der gesamten Taxiflotte, Umrüstung der gesamten Wenn immer diejenigen, die gar keine Autos Busflotte, Umrüstung der Lieferfahrzeuge. Das ist bauen, sozusagen die ambitioniertesten Vor- also auch ein zukunftsträchtiger Weg. Und ich schläge haben und alle die, die Autos bauen, bin mal sehr gespannt, wenn die Abschaltvor- dann ein bisschen warnen, dann muss ich doch richtungen nicht mehr eingesetzt werden, wie als verantwortliche Politikerin mich auch noch sich dann die NOx-Emissionen in den Groß- mal fragen, ob ich dann nur denen nachgebe, die städten entwickeln werden. Das wird auch noch nur Autos kaufen, aber keine bauen, und ob wir mal sehr interessant sein. noch mehr Länder in Europa wollen, die be- stimmte Dinge nicht mehr machen. Wenn wir be- Kirsten Lühmann (SPD): Frau Kanzlerin, ich stimmte Normierungen im Stahlbereich oder so habe eine abschließende Frage: Die Opposition haben, dann haben Sie immer Unterschiede zwi- hat schon von Beginn dieses Untersuchungsaus- schen den stahlproduzierenden Ländern und de- schusses an immer von Staatsversagen geredet. nen, die nur Stahl kaufen. Das liegt in der Natur Auch heute vor dieser Sitzung haben wir wieder der Sache. Aber ausdrücklich ein Plädoyer, gehört, es wäre ein systematisches Wegsehen ge- schon ambitionierte Regelungen zu wollen, aber wesen. Haben Sie irgendwelche Hinweise darauf, nicht bis zum Gehtnichtmehr.

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5. Untersuchungsausschuss

dass diese Regierung ein Staatsversagen verur- Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): sacht hat oder dass hier systematisch weggesehen Also, ich frage mich schon, dass - - wurde? Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, wir waren die Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich weise das Unabhängigen gegenüber VW zum Beispiel, dass auch zurück, dass das so ist. Herr Dobrindt gesagt hat: Ich mache das auch sel- ber noch mal; ich verlasse mich jetzt nicht nur Kirsten Lühmann (SPD): Danke. auf die interne Untersuchung von VW. - Weil wir hatten ja keinen Skandal, sondern VW hatte Vorsitzender Herbert Behrens: Das Wort ist bei einen, wenn man es so will. Bündnis 90/Die Grünen. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, Mich würde schon interessieren: Ist es mal disku- herzlichen Dank, Herr Vorsitzender. - Frau Bun- tiert worden - wir reden jetzt nicht über VW, son- deskanzlerin, ich würde noch mal da weiter dern innerhalb der Bundesregierung -, dass je- nachfragen, wo wir eben waren: bei der Entschei- mand anderes außer den Beamten des Verkehrs- dung. Wir haben den - - 21. September oder ministeriums und des Kraftfahrt-Bundesamtes 22. September sind Sie informiert worden, und und eines Professors mit der Frage der Aufklä- Herr Dobrindt hat entschieden, eine Untersu- rung - nicht nur VW - - sondern es sollte ja chungskommission zu machen, eine Untersu- auch - - das ist zwar nirgendwo festgelegt worden chungskommission, der mit einer Ausnahme aus- nach unseren Unterlagen - dann auch darum schließlich Mitarbeiter seines Ministeriums und gehen - und ist es ja auch darum gegangen -, nachgeordneter Behörden angehören. Ist das in weitere Erkenntnisse über die Fahrzeugflotte irgendeiner Weise diskutiert, kritisch hinterfragt insgesamt zu bekommen, jemand Unabhängigen worden in dem Sinne, man macht vielleicht eine da mit einzubinden. Ist das irgendwo mal interministerielle Arbeitsgruppe, die sich darum diskutiert worden? kümmert? Hat es da auch andere Überlegungen gegeben? Und ist das im Kabinett oder irgendwo Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kann Ihnen ja nur diskutiert worden? sagen, was in meiner Anwesenheit diskutiert wurde, und da ist es nicht diskutiert worden. Bei Zeugin Dr. Angela Merkel: Mir ist das nicht zu mir ist auch nie jemand gewesen und hat sich be- Ohren gekommen, und ehrlich gesagt habe ich es schwert, dass man nicht zutraut, dass das Ver- gut gefunden, dass der Herr Minister Dobrindt kehrsministerium mit dem Kraftfahrzeugbundes- sich verantwortlich gefühlt hat. amt [sic!] die richtigen Erkenntnisse bringt. Und auch als der Untersuchungsbericht kam, ist zu Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): mir niemand gekommen und hat gesagt: Dem Man könnte jetzt ja auch auf die Idee kommen glaube ich nicht, weil ich nicht dabei war. und sagen, wenn man einen solchen Skandal hat und Versäumnisse auch über Jahre hinweg nicht Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na entdeckt worden sind, dass man - das macht ja ja, gut, wir haben ja nun aus der Bundesregierung zum Beispiel VW - einen Unabhängigen damit einen Brief von drei Staatssekretären Wirtschaft. beauftragt, da draufzugucken. Haben Sie sich die Da gab es nun massive Beschwerden, was die Zu- Frage mal gestellt? Ist das mal diskutiert worden? sammenarbeit angeht. In einer Mail wurde das als Brandbrief bezeichnet. Also, ganz so einver- Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, VW hätte ich nehmlich scheint das ja nicht gewesen zu sein. das auch empfohlen, dass sie vielleicht auch Un- abhängige fragen. Wir hatten ja nichts von uns Zeugin Dr. Angela Merkel: Deshalb habe ich ja aus zu verbergen. Also, es war ja nicht unser mit Bedacht gesagt: mir. Ich weiß nicht, was Problem, sondern erst mal das Problem von VW. sonst noch alles auf Welt passiert. Bei mir - heute

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5. Untersuchungsausschuss

haben Sie mich ja hier - ist das nicht angekom- Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): men. 31.10., Videopodcast.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zeugin Dr. Angela Merkel: Genau. - Da ist zum Gut, aber das ist nun ein Vorgang von Relevanz. Beispiel dann ja schon die Entscheidung für die- Sie haben eben die Bedeutung der Automobil- ses RDE-Verfahren, das neue, gewesen, und das industrie beschrieben. Da habe ich ja gar nicht zu ist für mich auch eine neue Struktur, in der ge- widersprechen. Da erstaunt mich schon, dass das messen wird. Insofern ist vielleicht das gemeint bei Ihnen - - auch für Sie nicht ein Thema gewe- gewesen. Ich habe jetzt nicht ganz genau alle sen ist, über mögliche Alternativen nachzuden- meine Gedanken zu dem Videopodcast im Kopf; ken. aber das könnte zum Beispiel auch gemeint sein.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber eine Frage Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ist das jetzt nicht gewesen. Gut, also, das heißt mit Strukturen haben Sie da- mals - - war RDE. Andere Dinge, die man damit Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): meinen könnte? Gut. Zeugin Dr. Angela Merkel: Fällt mir jetzt nichts Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, also ich kann ein. da nichts gegen machen, dass es Sie erstaunt. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Heiterkeit) Das heißt also, das, was Sie verändern, was Sie als - - Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Okay, es erstaunt mich. Es erstaunt mich in der Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, wenn ich mich Tat sehr. recht erinnere, will man ja oder hat man schon doch diese Ausnahmegenehmigung oder Aus- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ist ja - - nahmeregelung in dieser Verordnung. Da arbeitet man doch zumindest auch dran. Ich weiß jetzt Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nicht, wie das ausgegangen ist; aber dass diese Mich interessiert nämlich dann: Sie haben am Ausnahmegenehmigung, dass man abschalten 31.10. in Ihrem Videopodcast gesagt - ich kann, nicht besonders präzise gefasst war, hat zitiere -: sich, glaube ich, auch rumgesprochen, und dass man da besser aufpassen wird. Die Strukturen werden … so sein, dass so etwas nicht wieder passie- Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ren kann. Dann kann man eine Am Montag bei der Befragung hat Frau Nichols solche Sache auch überwinden. uns gesagt auf die Frage hin, ob Vertreter der Bundesregierung oder deutscher Behörden mal Jetzt haben Sie eben gesagt, über strukturelle nach Kalifornien gekommen sind, um sich anzu- Änderungen ist nicht nachgedacht und diskutiert gucken, wie die das machen - weil die haben es worden. Jetzt hier sagen Sie aber, Sie wollen ja entdeckt, die haben den Skandal aufgedeckt; neue Strukturen schaffen. Was haben Sie denn hier ist er nicht entdeckt worden -, hat sie geant- damals gemeint? wortet: Es ist seit September 2015 niemand ge- kommen, um mal zu fragen und vielleicht sich da Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe zum Bei- Informationen zu holen. - Ist das auch Ihr Kennt- spiel - weiß ich nicht; wann war das? - im No- nisstand, oder wie bewerten Sie das? vember - ich weiß jetzt nicht mehr ganz genau, was ich - -

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5. Untersuchungsausschuss

Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, erst mal habe Vorsitzender Herbert Behrens: Wir machen die ich darüber keine Kenntnis, ob jemand gekom- nächste Runde und beginnen mit der CDU/CSU- men ist oder nicht gekommen. Tatsache ist, dass Faktion. ja das Bedauerliche ist, dass Vertreter von VW ge- genüber der amerikanischen Umweltbehörde Ulrich Lange (CDU/CSU): Danke. - Keine Fragen, nicht die Wahrheit gesagt haben. Das war ja das, nur eine Klarstellung: Herr Kollege Krischer, was ich zumindest vor allen Dingen bedauere. auch die Amerikaner haben es nicht entdeckt; Und ich weiß auch nicht, ob aus der Europäi- VW hat es gegenüber eingeräumt. schen Union mal jemand da war - es sind jetzt ja auch Verordnungen, die vor allen Dingen aus Vorsitzender Herbert Behrens: Frau Merkel, dem europäischen Bereich kommen -, kann ich noch mal bezüglich des Beschlusses über das nicht sagen. Offensichtlich wurde mir ja erst zi- zweite RDE-Paket im Oktober 2015. Entgegen tiert, was für einen intensiven Austausch es zwi- dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission - schen der Kommission und den Amerikanern ge- wir hatten bereits an anderer Stelle darüber ge- geben hat. Also, ich glaube nicht, dass jeder Mit- sprochen, dass eben die Konformitätsfaktoren, gliedstaat da persönlich hinfahren muss. die dort in Rede standen, zunächst 1,6 für 2017/18 und 1,2 für 2019/20 vorsahen - wurden Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, dann im Laufe des Prozesses Konformitätsfakto- ja, der Unterschied ist: Die Wahrheit haben die ren 2,1 in der ersten Stufe und 1,5 in der zweiten auch gegenüber deutschen Behörden nicht ge- Stufe. In einer Information für den Wirtschafts- sagt. Nur, hier hat es niemand gemerkt, und in minister vom 29. Oktober heißt es unter dem den USA hat man es gemerkt. Das ist der qualita- Stichwort „Weitere Hintergründe“: tive Unterschied. EU: Es zeigte [sic!] sich eine klare Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich glaube, dass - - Ablehnung des ursprünglichen Vorschlags der EU-KOM im Vor- Vorsitzender Herbert Behrens: Das war nun feld der Sitzung am 28.10.2015 ab. Im Rahmen der Verhandlungen keine - - Lass es beim Fragen bleiben. war keine Mehrheit für eine zeit- liche Verschiebung der Verab- Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): schiedung erkennbar. Letztlich Okay. ging dem Beschluss offenbar ein Gespräch Merkel-Juncker voraus, Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich glaube, wir mit der Verständigung auf die müssen, soweit mein Sachstand reicht, jetzt noch Konformitätsfaktoren. mal präzise sein: Die Amerikaner haben eigene Normen, und diese Normen sind nicht eingehal- Das ist MAT A-BMWi-2-2, Ordner 55, Blatt 110 ten worden von VW, und auf Nachfrage hat man und 111. - Hat das Gespräch mit Herrn Juncker abgestritten, dass man sie nicht einhält. Die euro- vor dem Beschluss stattgefunden? päische Rechtsetzung hat eine, sagen wir mal, Unschärfe in Form dieser Abschaltvorrichtung, Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ich habe es ja erst bei der es nicht ganz einfach ist, abzuklären, wo schon gesagt: Wir waren in Paris am 27. Oktober beginnt und endet die Legalität dieses Vorgehens, erst zu einer Digitalkonferenz, an der François und das ruft eigentlich nach einer Präzisierung, Hollande und ich teilgenommen haben. Dort jedenfalls einem präzisierten Verständnis: Was haben wir uns im Vorgespräch auch über die ge- darf nun gemacht werden und was nicht? Aller- meinsame deutsch-französische Position zu den dings ist auch in Europa die Extension, in der Konformitätsfaktoren abgestimmt. Und da wir man von dieser Ausnahmevorschrift Gebrauch anschließend eine Veranstaltung des European gemacht hat, mit Sicherheit nicht im Sinne des Round Table hatten, an der der Kommissions- Gesetzgebers gewesen. präsident teilnahm, und da der Kommissions-

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 35 von 45 Stenografisches Protokoll 28 I

5. Untersuchungsausschuss

präsident auch wusste, dass die Meinungsbil- Vorsitzender Herbert Behrens: Und Sie hatten ja dung unmittelbar bevorstand, haben Deutschland eben gesagt, dass Sie sich ausschließlich oder und Frankreich ihm gesagt, was unsere Position vorrangig um die Position Deutschlands und ist. Nicht mehr und nicht weniger. Und er hat es Frankreichs dort bemüht haben. zur Kenntnis genommen. Zeugin Dr. Angela Merkel: Genau, und deshalb Vorsitzender Herbert Behrens: Das heißt, es weiß ich eben auch nicht, wann dann genau die wurde nicht an dieser Stelle schon darüber Abstimmung war. verhandelt, - Vorsitzender Herbert Behrens: Dann würde ich Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. ganz gern noch mal einen weiteren Punkt anspre- chen, und zwar nach Bekanntgabe der Manipula- Vorsitzender Herbert Behrens: - ob es zu einer tion. Das Telefonat mit Herrn Winterkorn hatten Veränderung der Konformitätsfaktoren kommen Sie bereits erwähnt. Wenn ich es richtig erinnere: muss? Sie hatten dieses Gespräch von sich aus dann an Winterkorn gerichtet. Habe ich das richtig in Er- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, wir haben ihm innerung? unsere gemeinsame Position gesagt. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich glaube, das haben Vorsitzender Herbert Behrens: Wann ist Ihnen Sie falsch in Erinnerung. In meiner Erinnerung dann zum ersten Mal zur Kenntnis gegeben wor- wollte Herr Winterkorn mich anrufen, - den, dass sich der Konformitätsfaktor in diesem Sinne verändert, dass er also jetzt bei 2,1 und 1,5 Vorsitzender Herbert Behrens: Ja. liegen wird? Zeugin Dr. Angela Merkel: - und ich habe auch Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich glaube, die Ab- in Erinnerung, bereits am Montag; aber das ging stimmung war ziemlich schnell danach; denn am aus terminlichen Gründen offensichtlich nicht 11.11. habe ich dann ja Herrn Seehofer geschrie- und deshalb am Dienstag. ben, und da war es schon vorbei. Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. Vorsitzender Herbert Behrens: Und gab es in die- sem Gespräch über den Konformitäts- - Zeugin Dr. Angela Merkel: So meine Erinnerung.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Im Übrigen: Wenn Vorsitzender Herbert Behrens: Ja natürlich, da- Regierungschefs, sagen wir mal, sich mit so was rauf sind wir angewiesen. - Dann ein anderes Ge- beschäftigen, dann ist das meistens - - steht es spräch, über das hatten wir auch schon vorhin meistens kurz vor der Abstimmung. Also, wir am Rande gesprochen. Das war das Gespräch mit werden nicht schon Wochen vorher eingeschal- Matthias Müller und Hans Dieter Pötsch. Im Ok- tet. tober/November 2015 war das. Die Süddeutsche Zeitung meldet dabei, am 2. November soll VW Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, darum hätte gemeldet haben, dass es Unregelmäßigkeiten bei ich gedacht, dass eben insbesondere diese Verän- der Bestimmung des offiziellen CO2-Wertes von derung dann auch mal eine Rolle gespielt hat. Fahrzeugen gegeben habe, und vor der Bekannt- gabe der Information soll es - so sagt die Süd- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich weiß den Tag - - deutsche Zeitung vom 8. November 2015 - zwi- Aber in dem Komitologieverfahren den Tag weiß schen Ihnen, dem Vorstandschef Müller und dem ich nicht mehr genau, wann das war. Wissen Sie Aufsichtsratschef Pötsch und Bundesminister sicherlich besser. Gabriel ein aufklärendes Gespräch zu den aktuel- len Ereignissen gegeben haben. - Das ist zitiert

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aus der Berichterstattung sueddeutsche.de, abge- Zeugin Dr. Angela Merkel: Jetzt bei VW, oder rufen am 27. Februar 2017, unter der Überschrift wie? „VW-Ingenieure manipulierten aus Angst vor Winterkorn“. Hat ein solches Gespräch, von dem Vorsitzender Herbert Behrens: Nein, insgesamt die Süddeutsche Zeitung berichtet, stattgefun- auch, allgemein; es war nicht nur VW. Ich habe den? jetzt den anderen Teil abgeschlossen und bin noch mal bei einer Zusatzfrage. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ein solches Gespräch hat stattgefunden, allerdings nach meiner Erinne- Zeugin Dr. Angela Merkel: Okay, also wir sind rung nicht mit Herrn Gabriel, sondern nur zwi- jetzt bei CO2. schen mir und Herrn Müller und Herrn Pötsch. Vorsitzender Herbert Behrens: Bei CO2. Vorsitzender Herbert Behrens: Wer hatte zu die- sem Treffen eingeladen? Zeugin Dr. Angela Merkel: Und der CO2-Ausstoß ist höher. Jetzt auch wieder nach dem Messver- Zeugin Dr. Angela Merkel: Auch VW hatte da- fahren, oder wo? rum gebeten. Vorsitzender Herbert Behrens: So ist es ja auch Vorsitzender Herbert Behrens: Später stellte sich teilweise Ergebnis aus der Untersuchungskom- ja heraus, dass diese Unregelmäßigkeiten offen- mission. Meine Frage zielt in die Richtung: Ist bar doch nur ganz wenige Fahrzeuge betrafen; das Gegenstand gewesen seitens des Kanzler- eine andere Zeitung übertitelte: „Der abgesagte amtes, die damit zusammenhängenden Fragen Skandal“. einfach auf den Tisch zu bringen, wenn hoher CO2-Ausstoß beispielsweise dazu führt, dass das Und dann würde ich ganz gerne als Letztes noch Auto gar nicht richtig besteuert wird? mal erwähnen: Es geht um die Koordinierung der mit dem Abgasskandal zusammenhängenden Fra- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, bei mir ist das gen des Verbraucherschutzes. Also, inwieweit nicht besprochen - - Also, in meiner Anwesen- haben Sie bzw. das Kanzleramt im Hinblick auf heit ist das nicht besprochen worden. Wenn, sind diese Koordinierung Fragen des Verbraucher- das Fachgespräche gewesen, die im Zusammen- schutzes und der Kfz-Steuer, zum Beispiel die hang mit Kfz-Steuerbewertungen oder so gemacht nachträgliche Neufestsetzung oder Aufhebung werden, ja. von Steuerbefreiungen, sowie der Erhebung von Sanktionen eingebracht? Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, ja.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Das habe ich jetzt Zeugin Dr. Angela Merkel: Das kann sein; aber nicht ganz verstanden. Können Sie noch mal ich habe das Ergebnis dann zur Kenntnis genom- wiederholen? men, welche Klasse da wie besteuert wird.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja. Also, hat sich Vorsitzender Herbert Behrens: Das wäre es in das Kanzleramt im Hinblick auf die Koordinie- dieser Runde von mir. - Dann gebe ich das Wort rung - weiter an die SPD-Fraktion.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Kirsten Lühmann (SPD): Keine weiteren Fragen.

Vorsitzender Herbert Behrens: - der zusammen- Vorsitzender Herbert Behrens: Dann Bündnis 90/ hängenden Fragen eingebracht, wo es ja eben da- Die Grünen. Kollege Kühn. rum ging, CO2-Ausstoß eigentlich viel höher als offiziell angegeben, und da treten natürlich auch Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE solche - - GRÜNEN): Frau Bundeskanzlerin, Sie haben ja

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5. Untersuchungsausschuss

auf die Frage von meinem Kollegen Krischer mit natürlich neben den materiellen Herausforderun- Blick auf die Frage Untersuchungskommission gen für das Unternehmen eben auch eine Image- und Volkswagen schon verschiedene Aussagen frage ist. getroffen. Ich habe aber aus Ihren Aussagen im- mer noch nicht verstanden, warum angesichts Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE auch der industriepolitischen Dimension dieses GRÜNEN): Und wie haben Sie sich dann weiter Skandals Sie die Aufklärung nicht zur Chefsache sozusagen informieren lassen hinsichtlich der erklärt haben, sondern gesagt haben: Darum küm- Aufklärung? Sie haben ja in dem schon genann- mert sich jetzt ein Ressortminister. ten Videopodcast, wenn man so will, auch da klar gefordert, dass das eben eine transparente Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, weil mein Ver- und zügige Aufklärung sein soll. Ich frage das ständnis von der Ressortverantwortung so ist, deshalb, weil ja Volkswagen schon für letztes dass, wenn es um diese Abgase geht, das Ver- Jahr, also für April 2016, einen Abschlussbericht kehrsministerium inklusive des Kraftfahrzeug- der internen Ermittlungen angekündigt hat, der bundesamtes [sic!] die geeignete Institution ist, bis heute nicht vorliegt. Also, wie erfolgte dann um das aufzuklären, und weil ich auch keinerlei weiter die Information? Und sind Sie mit der In- Sorgen oder Fragen hatte, ob das, was dort aufge- formation und der Form und dem Stand der Auf- klärt wird, auch der gesamten Bundesregierung klärung von Volkswagen zufrieden? natürlich zur Kenntnis gegeben wird. Wenn ich jetzt Angst gehabt hätte, dass der Verkehrsminis- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, erst einmal - - ter alles für sich behält, dann hätte ich mich na- türlich eingeschaltet. Aber die Sorge hatte ich Vorsitzender Herbert Behrens: Das geht, glaube nicht. ich, ob Sie damit vertraut sind und ob Sie dazu etwas sagen können. Muss ich das präzisieren, Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE die Frage. GRÜNEN): Er war ja mit der Pkw-Maut schon umfangreich eingebunden. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kann dazu über- haupt nichts sagen, was Volkswagen aufklärt. Ich Zeugin Dr. Angela Merkel: Wir haben selbst bei kann nur davon ausgehen, dass Volkswagen das der Pkw-Maut, die kein einfaches Projekt ist, sehr aus eigenem Interesse mit aller Sorgfalt tut. Mir kollegial zusammengearbeitet, über Parteigrenzen ist es, ehrlich gesagt, unterm Strich lieber, es ist hinweg. alles aufgeklärt, als dass zu schnell ein Bericht vorgelegt wird und der hinterher wieder nachge- Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE bessert werden muss. Das wäre, glaube ich, viel GRÜNEN): Gut. - Zur Frage des Telefonats mit schlechter. Und ansonsten habe ich bei dem, was Herrn Winterkorn, was am 22. stattgefunden hat. der Minister Dobrindt untersucht hat, und auch Mich würde interessieren: Was hat denn Herr dann bei der sehr schnellen Ausweitung auf an- Winterkorn an Lösungsvorschlägen Ihnen präsen- dere Fahrzeugtypen nichts zu beanstanden ge- tiert für die Aufklärung des Skandals, bzw. was habt. Da fand ich, dass die Untersuchungsergeb- haben Sie ihm gegenüber für Forderungen adres- nisse doch relativ zügig vorlagen. siert oder/und auch Unterstützung angeboten bei der Aufklärung? Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Minister Dobrindt hat ja auch Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, aus den inter- sehr schnell dann Konsequenzen angekündigt. nen Telefonaten berichte ich grundsätzlich nicht. Wir haben das Thema RDE ja schon sehr umfang- Aber das, was von der VW-Seite grundsätzlich reich jetzt besprochen. Es ging ja auch um das gesagt wurde, ist, dass man mit aller Macht jetzt Thema Feldüberwachung. Wieweit hat er dann die Dinge aufklären wird. Und dazu habe ich er- mit Ihnen über weitere Konsequenzen gespro- muntert und darauf hingewiesen, dass das Ganze chen? Also, ich frage das mit Blick auf zum Bei- spiel das Thema Feldüberwachung. Er hat ja im

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5. Untersuchungsausschuss

November 2015 sogenannte Schadstoffanti- in 2015. Ich konnte mich jedenfalls an das erste dopingtests angekündigt, die es bis heute noch Paket nicht erinnern. nicht gibt; also noch kein einziges Fahrzeug ist getestet. Also, wie ist dann die weitere Kommu- Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE nikation und Absprache über Konsequenzen ge- GRÜNEN): Können Sie vielleicht noch was sagen laufen, die ja eben nicht mit dem Bericht, der ja über den Austausch mit dem Verband der deut- im April 2016 dann vorlegen hat, geendet ist? schen Automobilindustrie, konkret mit Herrn Wissmann? Wir haben da eine Unterlage: Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe über die von MAT A-BKAmt-2-2, Ordner 10, Seite 33. Da heißt Ihnen genannten Feldversuche - - es dann - Zitat -:

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE Seit 2011 haben eine Vielzahl GRÜNEN): Feldüberwachung. nationaler Gesprächsrunden auch mit dem VDA zu RDE stattgefun- Zeugin Dr. Angela Merkel: Feldüberwachung. den. Diese waren dann auch eine Basis für die spätere DE Position. Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE Haben Sie noch Erinnerungen an Gespräche, also GRÜNEN): Also Fahrzeugüberwachung, die Ihre Gespräche, mit Herrn Wissmann und was schon im Verkehr sind. Herr Wissmann an Sie adressiert hat und welche Forderungen und Wünsche für die Positionie- Zeugin Dr. Angela Merkel: Im Realfeld sind rung Deutschlands er in diesen Gesprächen ge- sozusagen. äußert hat? Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe jetzt im Zu- GRÜNEN): Genau. sammenhang mit RDE keine konkreten Erinne- rungen an Gespräche mit Herrn Wissmann, son- Zeugin Dr. Angela Merkel: Habe ich keine dern, wie gesagt, das ist in der Vorlage im Okto- Kenntnis und habe ich mich mit ihm auch noch ber auf mich zugekommen. Ansonsten bin ich ja nicht drüber unterhalten. Ich habe auch den Ein- regelmäßig bei den internationalen Automobil- druck, dass das Ganze jetzt ja inzwischen auch ausstellungen. Da gibt es jedes Mal ein Gespräch durch die Europäische Kommission sehr stark auch mit der gesamten Automobilindustrie. Also aufgenommen wurde. die grundsätzlichen Fragen werden ja immer wie- der angesprochen. Wir haben sehr viel Kontakt Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE gehabt jetzt im Zusammenhang mit der Förde- GRÜNEN): Ein Punkt, der beim Thema RDE im- rung der Elektromobilität. Also, RDE und NOx mer wieder zum Tragen kam - nicht nur zahlrei- sind nun bei weitem nicht das einzige Thema, che Fragen heute, sondern eben auch mit ande- was im Augenblick im Zusammenhang mit der ren Zeugen -, war die Kritik, die insbesondere Automobilindustrie von Relevanz ist. von der Umweltseite kam, dass die Einführung von RDE, die ja noch nicht ganz abgeschlossen Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE ist, sehr lange gedauert hat. Und deshalb möchte GRÜNEN): Ich will noch mal ganz kurz auf das ich Sie fragen, ob Sie nach Ihrer Erinnerung sich Gespräch mit Gouverneur Schwarzenegger zu- an bestimmten Punkten eingeschaltet haben, um rückkommen. Sie haben dort im Gespräch ja diesen RDE-Prozess, die Einführung der Real deutlich gemacht, dass Sie befürchten, dass es Driving Emissions, zu beschleunigen. möglicherweise einen Marktausschluss oder die Gefahr des Marktausschlusses für deutsche Her- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe nach meiner steller mit Dieselfahrzeugen geben könnte, wenn Erinnerung zum ersten Mal von den RDE-Fragen eben diese angekündigten CO2-Werte, Emissions- gehört jetzt im Zusammenhang mit der Mei- nungsbildung oder Entscheidungsfindung dann

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5. Untersuchungsausschuss

werte ab 2014 greifen. Wie sind Sie denn zu die- Ulrich Lange (CDU/CSU): Danke schön, keine ser Einschätzung gekommen, dass sozusagen weiteren Fragen. diese Grenzwerte genau dazu führen? Also, das heißt, da muss ja irgendjemand - so stelle ich mir Vorsitzender Herbert Behrens: Dann würde ich das jetzt vor - Sie darüber informiert haben, dass abschließend ganz gern noch mal auf das einge- das genau die Gefahr ist. Und wer war das? Wer hen, was Frau Lühmann hier vorgetragen hatte, hat Sie da sozusagen gebrieft bzw. vorbereitet? wie das auch Vertreter der Opposition einschät- zen. Der Begriff des organisierten Wegschauens Zeugin Dr. Angela Merkel: Meine Mitarbeiter aus kommt von mir und speist sich aus den Erfahrun- dem Kanzleramt. gen, die wir mit diversen Mitarbeitern und Be- amten und auch der Leitung des Kraftfahrt-Bun- Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE desamtes hatten. In dieser Diskussion hatten wir GRÜNEN): Also das war eine reine Position aus von vielen Mitarbeitern gehört: Ja, es gab Kennt- dem Kanzleramt? nisse oder Hinweise, die an sie herangetragen worden sind; aber sie seien nicht ausreichend be- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. lastbar gewesen, um diesen Hinweisen weiter nachzugehen. - Das hat mich bei der Wiederho- Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE lung dieser Aussagen dann dazu bewogen, zu GRÜNEN): Okay. dieser Einschätzung zu kommen, weil ich einfach nicht einzusehen vermag, dass es erst dieses dra- Zeugin Dr. Angela Merkel: Und da, wie gesagt, matischen Skandals bedurfte, um letztendlich ging es um die NOx-Werte, um die CO2-Emissio- dann zu sagen: Ja, in der Tat, diese Hinweise gin- nen eben einhalten zu können. Noch mal: Frau gen ja doch in die richtige Richtung. - Also, ich CARB [sic!] hat hier ausgesagt. würde ganz gerne auch im Hinblick auf die Er- gebnisse unseres Untersuchungsausschusses zu Vorsitzender Herbert Behrens: Frau Nichols. konkreten Handlungsempfehlungen kommen, weil wir bestimmte Fehler oder auch strukturelle Zeugin Dr. Angela Merkel: Frau CARB [sic!] hat Fehler aufgedeckt haben. an dem Gespräch - - Frau Nicols. Die CARB ist die Institution. - Frau Nichols hat hier ausgesagt Nun haben Sie noch mal klar und deutlich ge- bei Ihnen, und ich habe nicht den geringsten sagt, das KBA ist seinen Aufgaben nachgekom- Zweifel an ihrer Aussage. Deshalb versuche ich, men. Und meine Frage an Sie ist: Haben Sie auch mir zusammenzureimen, was ich dort gespro- selber als Kanzlerin noch mal sich so weit in die chen habe, weil ich mich daran erinnern kann, Bearbeitung und Aufarbeitung des Skandals ein- dass ich mit dem Gouverneur Schwarzenegger geschaltet, um auch zu sagen: „Ja, das KBA ist über Klimaschutz gesprochen habe und da die auf jeden Fall seinen Aufgaben nachgekommen“? CO2-Emissionen im Kopf hatte. Und in dem Zu- Oder ist das eine Information gewesen, die Sie sammenhang ist es eben auch logisch, dass die möglicherweise von der vorgesetzten Behörde NOx-Emissionen, weil die beiden zusammenhän- Bundesverkehrsministerium bekommen haben? gen, eine Rolle gespielt haben. Meine Mitarbeiter haben mir ausweislich des Sprechzettels oder der Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich habe nach Vorbereitung, der Ihnen auch vorliegt, mich auf meiner Erinnerung hier heute nicht gesagt: Ja, das das Thema aufmerksam gemacht. Und wenn Frau KBA ist seiner Aufgabe nachgekommen. - Sie ha- Nichols das so sagt, dann werde ich das wohl so ben mich gefragt, ob es ein organisiertes Weg- gesagt haben. Eine konkrete Erinnerung daran sehen durch die Bundesregierung gegeben hat, habe ich nicht. und das habe ich verneint und sogar zurückge- wiesen. Ansonsten ist das KBA eine nachgeord- Vorsitzender Herbert Behrens: Gibt es weitere nete Behörde des Bundesverkehrsministeriums, Fragen der CDU/CSU-Fraktion? und ich habe keinen Anlass, dass die Aufsicht

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5. Untersuchungsausschuss

durch das Bundesverkehrsministerium nicht aus- gebnis gekommen, dass Deutschland und Frank- reichend geführt wird. reich die dann genannten Faktoren verabredet haben. Und das hat wiederum dazu geführt, dass Vorsitzender Herbert Behrens: Danke schön. Das wir das dann nach Europa eingespeist haben in war meine letzte Nachfrage an dieser Stelle. - Die Form, dass wir es dem Präsidenten der Kommis- SPD-Fraktion wäre an der Reihe. - Und dann gebe sion mitgeteilt haben und natürlich auch den ich das Wort weiter an Bündnis 90/Die Grünen. Ressorts.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Bundeskanzlerin, ich würde noch mal gerne Also, dafür gab es jetzt keine fachliche Begrün- nachfragen zu dem Thema Konformitätsfaktoren dung, sondern es war eine Verständigung mit und RDE-Verhandlungen, wobei, man muss ja Frankreich. ehrlich sagen, Konformitätsfaktoren zehn Jahre nach Inkrafttreten immer einen, der jetzt gilt, von Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich pflege 2,1 - - bedeutet ja immer noch, dass die Grenz- meine Haltung durchaus noch irgendwie fachlich werte um das Doppelte überschritten werden zu untermauern. Ich habe mir jetzt nicht eine können. Das ist das ja im Ergebnis. Da hat Herr Zahl aus der Luft gegriffen. Staatssekretär Flasbarth auf unsere Befragung ge- sagt: Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, weil nämlich genau vorher die Debatte darüber Letztlich, am 28.10. gab es dann geht, was gerade fachlich noch zu vertreten ist. - die Entscheidung aus dem Kanz- Ich würde dann noch mal bei der Europäischen leramt, dass abweichend von der Union bleiben. Wir haben eben über strukturelle Vereinbarung, die wir getroffen Veränderungen gesprochen. Wir haben ja eine hatten, Situation, auch Vorschläge der Europäischen Kommission, wo eine stärkere Rolle der Europäi- der Konformitätsfaktor 2,1 sein sollte. Die Verein- schen Union bei der Kontrolle und Überwachung barung - das beschreibt er vorher - ist 1,95. gefordert wird, beispielsweise eine einheitliche europäische Behörde, die dann möglicherweise Warum hat das Kanzleramt - das war vor dem auch so einen Dumpingwettbewerb der nationa- Termin - entschieden, 2,1 zu machen, obwohl die len Behörden ein bisschen verhindert durch drei Fachressorts sich anders entschieden haben? Standards. Ist das eine Position, die innerhalb der Bundesregierung getragen wurde oder getra- Zeugin Dr. Angela Merkel: Weil das das Ergebnis gen wird? Ist das diskutiert worden? der deutsch-französischen Absprache war. Zeugin Dr. Angela Merkel: In meiner Anwesen- Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): heit ist das noch nicht diskutiert worden. Da Das war - - kann ich nichts dazu sagen. Da habe ich mich noch nicht mit beschäftigt. Vorsitzender Herbert Behrens: Lieferst du noch mal eben die Quelle nach? Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Okay. - Ich hätte dann auch noch mal eine Frage, Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, wir mussten ja an weil eben ja auch immer wieder das Thema CO2 einer gemeinsamen Position - - Das war jetzt erst eine Rolle spielte. Im Rahmen der Untersu- mal schön, dass die Bundesregierung eine ge- chungskommission sind CO2-Tests gemacht wor- meinsame Position hat. Das war ja auch sehr gut; den. Seit etwa einem Jahr gibt es auch Ergeb- sonst hätte ich ja gar nicht mit dem französischen nisse. Hat Herr Dobrindt Sie mal darüber in- Präsidenten eine deutsche Haltung gehabt. Dann formiert, warum die noch nicht veröffentlicht haben wir uns ausgetauscht und sind zu dem Er- worden sind?

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5. Untersuchungsausschuss

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Ansonsten hatte ich mich ja auch in meiner Zeit - - schon von 94 bis 98 mit den Euro-5-Nor- Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): men zumindest beschäftigt - ich weiß gar nicht, Das heißt, es entzieht sich Ihrer Kenntnis, warum ob - - Euro 6 stand, glaube ich, auch schon im dort die angekündigten, öffentlich auch mehrfach Raum -, also Jahre vorher, und hatte deshalb auch angekündigten Ergebnisse noch nicht vorliegen. eine ungefähre Vorstellung von der Wechselwir- kung von CO2 und NOx. Nun war ich eben Bun- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Das entzieht sich deskanzlerin geworden und hatte das alles noch meiner Kenntnis. Ich werde ihn vielleicht mal nicht vergessen. Deshalb hat mich der Hinweis fragen jetzt, weil ich hatte das noch nicht als meiner Mitarbeiter sozusagen - Thema auf meinem Schirm. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ja, Sie waren schon fünf Jahre Bundeskanzler. Okay, das ist ja gut. - Gut, dann würde mich noch interessieren zum Thema „Arnold Schwarzen- Zeugin Dr. Angela Merkel: - gleich wieder in die egger und der Besuch“: Sie haben das gerade sehr alte Zeit - - Wie bitte? beschrieben, dass es eigentlich um Klimaschutz ging und dass deshalb möglicherweise diese Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stickoxidfrage da eine größere Rolle spielte. Wie Gut, Sie waren schon fünf Jahre Bundeskanzlerin kann es denn sein, dass Sie mit dem Gedanken: zu dem Zeitpunkt. „Da wird uns der Marktzutritt verwehrt bei die- sen strengen Stickoxidwerten“, die ja im - - Der Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, aber man ist doch Termin war im Jahr 2010; im Jahr 2014 sollten immer wieder - - Ich meine, bei den europäi- diese neuen, strengeren Grenzwerte kommen; es schen - - Wenn Sie mich fragen: Entweder be- gibt einen Zusammenhang zwischen CO2 und schäftigen wir uns auch als Staats- und Regie- NOx. Das ist ja alles schon ein sehr komplexes - - rungschefs mit dem ETS-System, oder wir be- erfordert ja einen sehr komplexen Kenntnisstand. schäftigen uns mit dem CO2-Flottenverbrauch, Da würde mich noch mal einfach interessieren: oder wir beschäftigen uns mit Euro 5 und Euro 6, In welcher Art und Weise - - Woher kommt das, oder wir führen eine emissionsbezogene Kfz- dass Sie sich an der Stelle da ja offensichtlich Steuer ein und überlegen, wie wir da wieder dann intensiver mit auseinandergesetzt haben? kompensieren können. Also das ist doch selbst für eine Bundeskanzlerin ein permanentes Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, woher soll das Thema, wo man entweder mit der Industrie, mit kommen? Weil ich mein ganzes Leben lang, vom den Nicht-ETS und mit dem und mit dem - - Und ersten Tag als Umweltministerin an mich mit der dann ist wieder eine Klimakonferenz, und dann Frage beschäftigt habe, wie man CO2-Emissionen ist wieder was. Und immer war der Fokus sehr, einschränken kann, und wir dann auch sehr be- sehr stark auf CO2. wusst darauf gesetzt haben - und das sehe ich im Augenblick auch in der öffentlichen Kommuni- Dann ist irgendwann diese NOx-Richtlinie ge- kation sehr als ein Beschwernis -, dass wir auch kommen. Dann hat man gesehen, dass viele bewusst gegenüber unseren Bürgern darauf ge- Städte die nicht eingeführt haben, Entschuldi- setzt haben, zu sagen: Wenn ihr umweltfreund- gung: nicht erfüllen können; aber dieser Versuch lich fahren wollt, bitte, kauft euch durchaus und die sehr ambitionierten Vorgaben auch einen Diesel. - Den haben wir ja auch in gewisser schon für die nächsten Jahre für CO2-Minderung, Weise immer wieder präferiert. Das war damals die sind doch immer im Raum, und ich habe sozusagen das Gedankenbild, in dem wir agiert auch diesen Fokus auf CO2-Reduktion für richtig haben. gehalten. Nun sind wir inzwischen in einem Zu- stand, wo wir schon an die nächsten Antriebs- technologien denken, und sicherlich über die Verbrennungsmotoren auch schon ein Stück weit

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hinaus; aber für eine lange Zeit werden sie ein- ich doch nicht einen ganzen Bereich jetzt für fach noch da sein. Und insofern hat mich das da- sozusagen nicht mehr sinnvoll erklären. mals bewegt, weil ich davon überzeugt war, dass Deutschland CO2-arme Antriebstechnologien hat. Vorsitzender Herbert Behrens: Jetzt - -

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zeugin Dr. Angela Merkel: Das ist aber jetzt eine Gut. politische Einschätzung meinerseits.

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE Vorsitzender Herbert Behrens: Genau. - Seitens GRÜNEN): Sie haben gerade, Frau Bundeskanz- der CDU/CSU-Fraktion keine weiteren Fragen. - lerin, gesagt, sinngemäß: Wir haben damals fak- Dann bezüglich der - - Ja, Sie haben es eben sel- tisch den Leuten empfohlen: Kauft euch einen ber gesagt: Aufgrund der gigantischen Ausmaße, Diesel, weil das ist ein Beitrag zu CO2-Reduktio- die dieser Skandal hat, muss man unter Umstän- nen. den sorgsam abwägen, was die Schlussfolgerun- gen daraus anbetrifft. Eine Schlussfolgerung, die Zeugin Dr. Angela Merkel: Ist es auch noch. im Bundesjustizministerium ja diskutiert worden ist und ja auch bis zur Vorlage eines Referenten- ( entwurfs bezüglich einer Musterklagemöglich- (CDU/CSU): Richtig! - keit, beinhaltete - - kam nicht zum Durchbruch. Arno Klare (SPD): Meine Frage ist: Wir haben jetzt erfahren, dass Faktisch richtig!) sehr viel ressortabgestimmt wird, bevor man da- mit an die Öffentlichkeit geht. Ist der Rückzug Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE dieser Möglichkeit, dass Verbraucherinnen und GRÜNEN): Jetzt haben wir die Verbraucher, die Verbraucher zu ihrem Recht kommen können, mit den Rückrufen konfrontiert sind und natür- dadurch dass man nicht jedes Mal einzeln klagen lich sich fragen, ob es da eigentlich Garantien muss, sondern dass man über ein Musterklage- gibt, dass nach der Umrüstung keine Schäden verfahren schneller eine Rechtsklarheit herstellt, entstehen usw. usf.: Kann ich das Auto später insoweit ressortabgestimmt gewesen, dass es verkaufen? - Sie hören, dass es in den USA Ent- diese Musterklagemöglichkeit nicht gibt, oder schädigungen gibt usw. usf., hier nicht. Können war es nur eine Idee des Justizministeriums? Sie verstehen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher sich hier als sozusagen Verbraucher Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich wollte erstens zweiter Klasse sehen? sagen: Sie haben eben gesagt - oder ich hatte den Eindruck, Sie haben mir in den Mund gelegt -, Zeugin Dr. Angela Merkel: So würde ich es nicht dass ich von einem Skandal gigantischen Aus- bezeichnen; aber es gibt sicherlich eine Verun- maßes gesprochen habe. Das habe ich nicht. Aus- sicherung. Deshalb haben wir politisch auch eine drücklich. Es sind Vorkommnisse, die schnellst- Verantwortung dafür, sozusagen eine gewisse möglich behoben werden müssen, aber - - Ich Kontinuität in unserer Argumentation - da, wo wollte nur sagen: Das waren jetzt Ihre Einschät- sie richtig ist - zu bewahren. Und die Richtigkeit zungen. besteht darin, dass die CO2-Verbräuche von Die- selautos einfach geringer sind und dass der Bei- Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. trag zum Klimaschutz damit nicht obsolet gewor- den ist. Zeugin Dr. Angela Merkel: Zweitens: Die Frage einer Musterklage ist bis zu mir nicht vorgedrun- Also ich persönlich bemühe mich schon - - Ich gen. Also, ich schließe mich der nicht an. Ich meine, da hängen sehr viele Arbeitsplätze dran, weiß nicht, ob das nur im Justizministerium - - da hängen - - Also, es muss ehrlich gearbeitet Ob das auch andere geteilt haben, das kann ich werden. Es ist sehr misslich, dass das, was da nicht sagen; aber ich habe mich damit nicht be- vorgefallen ist, vorgefallen ist; aber deshalb darf fasst.

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Vorsitzender Herbert Behrens: Nein, in der Tat: Keine weiteren Fragen meinerseits. - SPD-Frak- Da sind unter Umständen unterschiedliche Ein- tion? - Keine Fragen. - Dann Bündnis 90/Die Grü- schätzungen, was das Ausmaß dieses Skandals nen, bitte schön. anbetrifft. Es ist einmal der, der die 2,4 Millionen Kundinnen und Kunden anbetrifft, die mit einem Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auto fahren, das eigentlich nicht typgenehmigt Frau Bundeskanzlerin, ich muss da noch mal ist. Und es geht darüber hinaus, insbesondere bei nachfragen: Sie haben gerade von „Vorkomm- NOx, um die massive Schädigung der Gesund- nissen“ gesprochen. Können Sie uns noch mal er- heit, die davon ausgeht. Also darum habe ich läutern, was Sie mit „Vorkommnissen“ meinen? eine etwas andere Einschätzung; aber das ist ja durchaus unterschiedlich zu sehen an dieser Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, vielleicht - - Ich Stelle. weiß nicht, wie ich die - - das Fehlverhal- - Ich ersetze „Vorkommnis“ durch „Fehlverhalten von Wenn wir jetzt unsere Arbeit im Untersuchungs- VW und anderen“. ausschuss auch damit beenden wollen, dass wir zu Schlussfolgerungen kommen wollen, dann Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): sind uns natürlich solche Zeugenvernehmungen Das heißt, für Sie ist das ein Fehlverhalten von wichtig, um eben aufdecken zu können, an wel- anderen. cher Stelle es gehakt haben könnte. Nun gibt es aber ja auch bezüglich der Entschädigungsfrage Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, nicht „von an- der Kundinnen und Kunden eine Diskussion. deren“, sondern weil ja auch bei anderen Typen, Sind Sie in der Lage, als Kanzlerin uns oder mir Autoherstellern durchaus Fragestellungen aufge- jetzt Ihre Position oder die Position des Kanzler- kommen sind. amtes dazu zu sagen, um auch den Kunden ge- genüber Signale zu geben? Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, das wäre nämlich genau jetzt meine Frage: Ist in- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kann außer der nerhalb der Bundesregierung denn mal diskutiert Tatsache, dass VW bereit ist, umzurüsten, nichts worden? Wir haben ja nun Fahrzeuge von VW; da sagen. Ich glaube auch nicht, dass das jetzt der gibt es einen Rückruf. Ich kenne nur Untersu- Untersuchungsgegenstand in seinem Kern ist. chungen, wo die Stickoxidemissionen danach nicht zurückgegangen sind. Es gibt eine freiwil- Vorsitzender Herbert Behrens: Okay, da haben lige Serviceaktion, die Herr Dobrindt bzw. das Sie recht. Kraftfahrt-Bundesamt angeordnet hat, für 630 000 andere Fahrzeuge, die bis heute noch nicht ange- (Heiterkeit) laufen ist. Bleiben Millionen von anderen Fahr- zeugen, die auf der Straße hohe Stickoxidemis- Das werden wir dann im Bericht versuchen auf- sionen - - Egal wie man das jetzt mal rechtlich zuarbeiten. wertet: Ist mal in der Bundesregierung diskutiert worden, wie man mit diesen Millionen Fahrzeu- (Ulrich Lange (CDU/CSU): gen umgeht? Man kann es ja mal probieren!) Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, das ist in der Bundesregierung, jedenfalls nach meinem Kennt- - Genau. Wir versuchen ja, weitreichende - nisstand, nicht diskutiert worden, sondern man ist jetzt erst mal noch mit den verschiedenen Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, klar. Aufklärungsarbeiten beschäftigt. Also ich kann mich an eine solche Diskussion nicht erinnern. Vorsitzender Herbert Behrens: - Aufklärung hier zu betreiben, und da haben Sie sicherlich auch Verständnis dafür.

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5. Untersuchungsausschuss

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vorsitzender Herbert Behrens: Und Ihnen einen Würden Sie es denn - - Oder: Könnte es denn auf- schönen Internationalen Frauentag. grund der Diskussionen, die Sie in der Vergan- genheit geführt haben, sinnvoll sein, dass man Zeugin Dr. Angela Merkel: Der ist natürlich be- sich um dieses Thema kümmert? reichert gewesen durch diesen Untersuchungs- ausschuss. (Zuruf) (Heiterkeit) Vorsitzender Herbert Behrens: Jetzt ist es schwierig. „Könnte es möglicherweise ...“ ist Vorsitzender Herbert Behrens: Wir sind am schon ein schwieriger Einstieg. Wir brauchen Schluss unserer heutigen Beweisaufnahme- konkrete Fragen. sitzung. Ich darf mich bei den Kolleginnen und Kollegen bedanken und schließe hiermit die Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, wir sind jetzt, Sitzung. glaube ich, alle so ein biss- - Oder: Sie sind jetzt auch auf dem Weg: Welche Schlussfolgerungen (Schluss: 16.11 Uhr) soll man ziehen? Das ist jetzt wieder nicht inhalt- lich der Kern des Untersuchungsgegenstandes. Und trotzdem nehme ich es als Anregung für die politische Diskussion auf.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Okay. Gut.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gibt es weitere Fragen, die möglicherweise aufgetaucht sind? - Dann stelle ich fest, dass es keine weiteren Fra- gen gibt.

Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, Frau Mer- kel, für Ihre Aussagen. Wir können die Befragung damit beenden. Sie wissen aber: Im Rechtssinne abgeschlossen ist die Vernehmung erst dann, wenn Sie die Möglichkeit gehabt haben, das Pro- tokoll einzusehen und möglicherweise zu verän- dern, wo es verändert werden muss. Erst danach würde der Ausschuss dann den Abschluss der Vernehmung feststellen. Vielen Dank.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ich bedanke mich auch und wünsche Ihnen noch gute Abschluss- arbeiten.

Vorsitzender Herbert Behrens: Vielen Dank. - Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich gehe jetzt nicht noch mal rum, sondern sage einfach kollektiv: Auf Wiedersehen.

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