Kurzfassung MaP 282 „Tal der Großen Bockau“

1. GEBIETSCHARAKTERISTIK

Das 409 ha große SCI „Tal der Großen Bockau“ befindet sich im Landkreis -Schwar- zenberg im oberen West-Erzgebirge etwa 2 km östlich und südöstlich von . Es handelt sich um ein in Nord-Süd-Richtung verlaufendes Gebiet, welches auf der gesam- ten Länge von der Großen Bockau durchflossen wird, in die mehrere kleinere Seitenbä- che einmünden.

Das SCI liegt im Naturraum „Erzgebirge“ und ist vor allem von fluvialen Prozessen, aus- gehend von der Großen Bockau, geformt worden. Die Geologie des Gebietes wird von Graniten des Karbon und Perms bestimmt, die an vielen Stellen der Talhänge als Fels- formationen aufgeschlossen sind. Pleistozäne Schichten überdecken die Granite nur stel- lenweise nahe der Stadt Eibenstock und im Süden bei . Auf den nährstoffarmen Ausgangsgesteinen entwickelten sich aus skelettreichen Lehmen nährstoffarme Podsole und Braunerden. Hohe Niederschläge (ca. 1000 mm Jahressumme) und eine fast 200- jährige Fichtenmonokultur begünstigten diese Bodenentwicklung. Auf den anstehenden Felsen bestehen kleinflächig auch Syroseme und Ranker. Das kühl-feuchte Klima im Ü- bergang zwischen den Klimastufen „feuchte mittlere Berglagen“ und „feuchte höhere Berglagen“ bedingt auch einen hohen Anteil von Nassböden und Moorstandorten.

Das Gebiet umfasst überwiegend die Steilhänge zum Bockautal, die von Fichten- und Buchenwäldern dominiert sind, den schmalen Talgrund der Großen Bockau mit Grünland unterschiedlich intensiver Nutzung und das montan geprägte Offenland der Rodungsinsel Wildenthal. In den Steilhängen ragen Felsen und Felsgruppen, häufig baumbestockt, zum Teil auch unbewaldet, auf. Die Taltiefe liegt zwischen 100 und 200 m, stellenweise an der Westflanke des Auersbergs auch bis zu 300 m, was ein hohes Gefälle der Seitenbäche zur Folge hat. Die vorhandenen Fließgewässer sind gering belastet, weisen aber aufgrund des Urgesteins und der anthropogenen Depositionen aus der Luft einen sehr niedrigen pH-Wert auf. Von der Gebietsfläche sind etwa 82,3 % bewaldet, wobei Landeswald ca. 319,5 ha einnimmt (94,9 % der Waldfläche). Privatwald ist mit ca. 9,1 ha im SCI vertreten und Körperschaftswald in einer Größenordnung von ca. 8,1 ha.

Das gesamte SCI liegt im Naturpark „Erzgebirge/Vogtland“. Eine Bergwiese südwestlich von Wildenthal ist Teil eines SPA (Europäisches Vogelschutzgebiet). Größere Teile des Landschaftsschutzgebietes (LSG) „Auersberg“ liegen im SCI. Des Weiteren befinden sich im SCI das Naturschutzgebiet (NSG) „Bockautal“ (31,9 ha) und die Flächennaturdenkma- le (FND) „Gärtnerei-Wiesen“ (3,4 ha), „Goldbrünnelwiese“ (1,3 ha) und „Wiese am Fried- hof“ (0,8 ha).

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2. ERFASSUNG UND BEWERTUNG

2.1. LEBENSRAUMTYPEN NACH ANHANG I DER FFH-RICHTLINIE

Als Ergebnis der Ersterfassung im Jahr 2004 wurden fünf Lebensraumtypen (LRT) mit einer Gesamtfläche von 119,0 ha (ca. 29,0 % der Gebietsfläche) kartiert (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: Lebensraumtypen im SCI 282

Lebensraumtyp (LRT) Anzahl der Fläche Flächenan- Einzelflä- [ha] teil im SCI chen 6430 Feuchte Hochstaudenfluren 2 0,5 0,1 % 6520 Berg-Mähwiesen 21 43,9 10,7 % 8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation 4 0,8 0,2 % 9110 Hainsimsen-Buchenwälder 19 68,3 16,7 % Erlen-Eschen- und Weichholzauenwäl- 91E0* 6 5,5 1,3 % der gesamt: 52 119,0 29,0 % * prioritärer Lebensraumtyp

Neben kleinflächigen Ausprägungen entlang der Großen Bockau, die nicht gesondert er- fasst wurden, nimmt der LRT Feuchte Hochstaudenfluren (6430) in seiner montanen Aus- prägung zwei größere Flächen ein, die sich nördlich von Wildenthal am rechten Ufer und am Rand des NSG „Bockautal“ am linken Ufer der Großen Bockau befinden. Auf Kiesflä- chen, die durch das Hochwasser im August 2002 aufgeschüttet wurden, befinden sich dort initiale Pestwurzfluren, in denen auch die Weiße Pestwurz (Petasites albus) vor- kommt.

Der LRT Berg-Mähwiesen (6520) ist im SCI weit verbreitet und zeichnet sich durch eine hohe Pflanzenvielfalt mit reichem Blühaspekt vor der ersten Mahd aus. Besonders arten- reiche Ausprägungen befinden sich nordöstlich von Wildenthal.

Im nördlichen Teilgebiet des SCI wurden vier Teilflächen des LRT Silikatfelsen mit Fels- spaltenvegetation (8220) aufgenommen. Im Gebiet befinden sich noch viele weitere klei- nere Felsflächen, die aber im Wald liegen, von Bäumen überschirmt sind und daher nur als Strukturelement des umgebenden Lebensraumtyps kartiert wurden. Die Vegetation der erfassten Felsen ist relativ artenarm – es ist aber unklar, ob dies der natürliche Zu- stand ist oder auf anthropogene Einflüsse zurückzuführen ist.

Die ermittelten Flächen des LRT Hainsimsen-Buchenwälder (9110) stellen den größten Flächenanteil der erfassten LRT dar. Die Flächen sind über das gesamte nördliche Teil- gebiet verstreut und gehören der Ausbildung montaner bis hochmontaner Tannen-

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Fichten-Buchenwald auf basenarmen Standorten an. Die Weißtanne (Abies alba), die in Sachsen als vom Aussterben bedroht gilt, ist nur noch sehr verstreut als Altbaum anzu- treffen. Naturverjüngung findet zwar statt, aber ohne Zäunung kommen die Jungtannen nicht über die Krautschicht hinaus.

Alle im Gebiet relevanten Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder (LRT 91E0*) befinden sich im nördlichen Teilgebiet des SCI. Eine Fläche der Ausbildung Eschenbach- und Quellwald auf quelligen und sickerfeuchten Standorten befindet sich nördlich des Flach- felsens. Die anderen fünf gehören zur Ausbildung Schwarzerlenwald und Traubenkir- schen-Erlen-Eschenwald und erstrecken sich entlang der Großen Bockau und einem Ne- benzufluss aus Richtung Eibenstock.

45 von 52 erfassten LRT-Flächen befinden sich in einem günstigen Erhaltungszustand (A und B). Vom LRT Berg-Mähwiesen sind lediglich drei kleinere Flächen in einem ungünsti- gen Erhaltungszustand. Neben einer vermutlich brachliegenden Fläche betreffen dies eine isolierte Waldlichtung und eine sehr schmale Fläche. Der Rest der Flächen profitiert vermutlich von der extensiven Nutzung durch private Besitzer und den Landschaftspfle- geverband.

Die gegenwärtige Nutzung der Flächen des LRT Hainsimsen-Buchenwälder stimmt mit den Anforderungen der Erhaltungsziele nur teilweise überein, da 14,6 % der Flächen in einem schlechten Erhaltungszustand (C) sind. Dies liegt meist an strukturellen Defiziten (z. B. fehlende Biotopbäume, Totholzarmut, mangelnde Mehrschichtigkeit). Ein geringer Anteil befindet sich aber auch in einem sehr guten Erhaltungszustand mit einer hallenarti- gen Waldstruktur mit viel Tot- und Altholz bei gleichzeitig geringer Beimischung von Fich- ten. Der Erhaltungszustand der Auenwälder ist insgesamt am stärksten beeinträchtigt. Vorrangig ist dies auf die momentane Nutzung zurückzuführen, die Fichtenforsten bis an die Bäche fördert.

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Tabelle 2: Erhaltungszustand der Lebensraumtypen im SCI 282

Erhaltungszustand A B C Lebensraumtyp (LRT) Fläche Fläche Fläche Anzahl Anzahl Anzahl [ha] [ha] [ha] Feuchte Hochstaudenflu- 6430 - - 2 0,4 - - ren 6520 Berg-Mähwiesen - - 18 41,8 3 2,1 Silikatfelsen mit Felsspal- 8220 - - 4 0,8 - - tenvegetation 9110 Hainsimsen-Buchenwälder 1 1,1 15 57,2 3 10,0 Erlen-Eschen- und Weich- 91E0* - - 5 4,3 1 1,2 holzauenwälder * prioritärer Lebensraumtyp

Hinsichtlich des überwiegend von fast reinen Fichtenbeständen geprägten Westerzgebir- ges sind die ausgedehnten montanen Buchenwälder im SCI als Reste der ursprünglichen Vegetation ein wertvoller Baustein für den Erhalt naturnaher Wälder im Erzgebirge. Das Gebiet ist zudem Refugium der Tanne, einer gefährdeten Charakterart der montanen Bu- chenwälder, und daher auch von hoher forstlicher Bedeutung für die Erhaltung und Wie- derherstellung naturnaher Wälder.

Die Kohärenzfunktion des SCI besteht in der Erhaltung für das Erzgebirge typischer, na- turnaher Lebensraumtypen wie montaner Buchenwälder, naturnaher Fließgewässer und extensiv genutzter Bergwiesen. Aufgrund des überwiegend guten Erhaltungszustandes der erfassten Lebensraumtypen kann das SCI als ein wichtiger und unverzichtbarer Bau- stein im NATURA 2000 Schutzgebietssystem angesehen werden. Das SCI „Tal der Gro- ßen Bockau“ kann für Arten benachbarter SCI („Bergwiesen um Sosa“, „Oberes - er Muldetal“, „Schwarzwassertal und Burkhardtswald“; z. T. auch „Mittelgebirgslandschaft bei “ und das „Muldetal bei Aue“), die durch eine vergleichbare Aus- stattung mit Lebensraumtypen gekennzeichnet sind, ein wichtiger Trittstein im überregio- nalen Biotopverbund sein.

2.2. ARTEN NACH ANHANG II DER FFH-RICHTLINIE

Es wurden keine Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie nachgewiesen.

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3. MAßNAHMEN

3.1. MAßNAHMEN AUF GEBIETSEBENE

Ziel ist die Gewährleistung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gebietes im Sinne der FFH-Richtlinie, insbesondere für alle in den Erhaltungszielen genannten Lebensräu- me und Arten von gemeinschaftlichem Interesse, vorbehaltlich der Ergebnisse der Erster- fassung sowie der Kohärenzaspekte. Im Zentrum des Gebietsschutzes steht die Erhal- tung der FFH-LRT und -Arten eines montanen Talzuges im oberen Westerzgebirge. Ins- besondere sind die Vorkommen der Berg-Mähwiesen und Hainsimsen-Buchenwälder von hoher Bedeutung.

Großräumig gesehen sind die einzelnen Bestände der Wald-LRT miteinander zu vernet- zen und ihre Isolation oder teilweise Isolation abzumildern bzw. aufzuheben. Generell sollte langfristig der Anteil an Totholz und Biotopbäumen nicht isoliert auf einzelnen LRT- Flächen, sondern im Gesamtgebiet erhöht werden und die Flächenausdehnung naturna- her Hainsimsen-Buchenwälder gefördert werden. Eine Flächenerweiterung kann durch eine femelartige Auflichtung bzw. Nutzung der angrenzenden Fichtenforste unter Ausnut- zung der gemischten Naturverjüngung entwickelt werden. Besonders wichtig sind struk- turverbessernde Entwicklungsmaßnahmen, wie die Erhöhung des Anteils von stark di- mensioniertem Totholz, Biotopbäumen und lebensraumtypischer Baumarten.

3.2. MAßNAHMEN IN BEZUG AUF LEBENSRAUMTYPEN NACH ANHANG I

Dem LRT Feuchte Hochstaudenfluren sollte eine ungestörte Sukzession ermöglicht wer- den. Pflegemaßnahmen, zum Beispiel Entbuschungen, sind vermutlich kaum nötig, da Überschwemmungen durch die Fließgewässer die entsprechendenden Flächen immer wieder in frühe Sukzessionsstadien zurückversetzen werden.

Für den Erhalt des Zustands der Flächen des LRT Berg-Mähwiesen ist eine extensive Wiesennutzung oder –pflege notwendig. In den höheren Lagen ist je nach Witterung in manchen Jahren eine einschürige, in anderen Jahren eine zweischürige Mahd möglich. Das Mahdgut sollte nach einem kurzen Verbleib von bis zu drei Tagen (Ausfallen von Samen) von den Wiesen abgeräumt werden. Verzichtet werden sollte auf eine Stickstoff- Düngung oder Wiederaufforstung.

Für den LRT Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation ist die gelegentliche behutsame Frei- stellung durch die Entnahme einiger Bäume im Umkreis der Felsen als Erhaltungsmaß- nahme zu benennen.

Um auf den Flächen der Wald-LRT den vorhandenen Totholzanteil starker Dimension und die bestehenden Biotopbäume zu erhalten, müssen starkes Totholz und einzelne Biotop- bäume, besonders auch wirtschaftlich nicht nutzbare Bäume, in den Wäldern belassen werden. Wichtig ist auch die Erhöhung des Bestockungsanteils lebensraumtypischer Baumarten. Vorhandener Nachwuchs der Weißtannen (LRT 9110) sollte durch geeignete Maßnahmen vor Wildverbiss geschützt werden (Zäunung, Wildbestandsregulierung). Ge-

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sellschaftsfremde Baumarten sind bei der Holzernte zu entfernen und auf Teilflächen ist die Mehrschichtigkeit aktiv zu verbessern.

Im Talbereich sollte ein durchgängiger, zusammenhängender Auenwald entlang der Gro- ßen Bockau entwickelt werden. Insbesondere könnte im Landeswald ein ca. 15 m breiter Uferstreifen, der jetzt häufig von hiebreifen Fichten bestanden ist, zum Schwarzerlenwald entwickelt werden.

3.3. MAßNAHMEN IN BEZUG AUF ARTEN NACH ANHANG II

Maßnahmen für Arten sind im SCI nicht geplant, da keine Arten nach Anhang II der FFH- Richtlinie kartiert worden.

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Tabelle 3: Erhaltungsmaßnahmen im SCI 282

Flächengröße Maßnahme-Beschreibung Maßnahmeziel LRT / Habitat [ha] Sukzession 0,5 Sicherung der typischen Lebensraumdynamik Feuchte Hochstaudenfluren (6430) Extensive Grünlandbewirtschaftung 43,9 Sicherung bzw. Wiederherstellung des günstigen Erhal- Berg-Mähwiesen (6520) tungszustandes Gehölzentfernung 5,0 Sicherung bzw. Wiederherstellung des günstigen Erhal- Berg-Mähwiesen (6520) tungszustandes Entfernung von Ablagerungen 4,3 Sicherung bzw. Wiederherstellung des günstigen Erhal- Berg-Mähwiesen (6520), Erlen- tungszustandes Eschen- und Weichholzauenwälder (91E0*) Freistellen von Felsen 0,8 Sicherung des günstigen Erhaltungszustandes Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation (8220) Naturnahe Waldbewirtschaftung 5,6 Sicherung bzw. Wiederherstellung des günstigen Erhal- Erlen-Eschen- und Weichholzauen- (starkes stehendes Totholz und tungszustandes wälder (91E0*), Hainsimsen-Buchen- Biotopbäume erhalten, Anteil an wälder (9110) lebensraumtypischer Baumarten erhöhen, gesellschaftsfremde Baumarten entfernen, Mehrschich- tigkeit aktiv verbessern) * prioritärer Lebensraumtyp

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4. FAZIT

Die Abstimmung mit den Nutzungsberechtigten und Wald-Eigentümern erbrachte meist Zustimmung zu den geplanten Maßnahmen, die somit in der jeweils vorgeschlagenen Optimalvariante umgesetzt werden können. Von Seiten des Forstamtes Schönheide wurde der Maßnahmenplanung im Landeswald zugestimmt und darauf verwiesen, dass die Ziele für eine naturnahe Waldbewirtschaftung im Bereich des Forstamts Schönheide den Maßnahmenplanungen nicht widersprechen.

Flächenkäufe oder andere Sicherungsmaßnahmen erscheinen derzeit nicht erforder- lich.

5. QUELLE

Der Managementplan für das Gebiet Nr. 282 wurde im Original vom Büro für ökologi- sche Studien GbR, Chemnitz, erstellt und kann bei Interesse beim Regierungspräsidi- um Chemnitz, Umweltfachbereich, Außenstelle Plauen, oder beim Sächsischen Lan- desamt für Umwelt und Geologie eingesehen werden.

ANHANG

Karte 1: Übersichtskarte Lebensraumtypen

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