Otto-Von-Guericke-Universität Magdeburg
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Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften Institut für Soziologie Georg Köhler Zur Tätigkeit der K I Ein soziologischer Rekonstruktionsversuch zur Rolle und Stellung der Arbeitsrichtung I der Kriminalpolizei der DDR A r b e i t s b e r i c h t Nr. 6 Internet-Fassung Mai, Jahr ISSN-1615-8229 Zur Reihe der Arbeitsberichte Die „Arbeitsberichte“ des Instituts für Soziologie versammeln theoretische und empirische Beiträge, die im Rahmen von Forschungsprojekten und Qualifikationsvorhaben entstanden sind. Präsentiert werden Überlegungen sowohl zu einschlägigen soziologischen Bereichen als auch aus angrenzenden Fachgebieten. Die Reihe verfolgt drei Absichten: Erstens soll die Möglichkeit der unverzüglichen Vorabveröffentlichung von theoretischen Beiträgen, empirischen Forschungsarbeiten, Reviews und Überblicksarbeiten geschaffen werden, die für eine Publikation in Zeitschriften oder Herausgeberzwecken gedacht sind, dort aber erst mit zeitlicher Verzögerung erscheinen können. Zweitens soll ein Informations- und Diskussionsforum für jene Arbeiten geschaffen werden, die sich für eine Publikation in einer Zeitschrift oder Edition weniger eignen, z. B. Forschungsberichte und –dokumentationen, Thesen- und Diskussionspapiere sowie hochwertige Arbeiten von Studierenden, die in forschungsorientierten Vertiefungen oder im Rahmen von Beobachtungs- und Empiriepraktika entstanden. Drittens soll diese Reihe die Vielfältigkeit der Arbeit am Institut für Soziologie dokumentieren. Impressum: Magdeburg: Otto-von-Guericke-Universität Herausgeber: Die Lehrstühle für Soziologie der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Anschrift: Institut für Soziologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg „Arbeitsberichte des Instituts“ Postfach 41 20 39016 Magdeburg Sämtliche Rechte verbleiben bei den Autoren und Autorinnen. Auflage: 150 Redaktion: Prof. Dr. Barbara Dippelhofer-Stiem Prof. Dr. Heiko Schrader Gedruckte Fassungen sind erhältlich im Institut für Soziologie. Schutzgebühr: 5,-- DM Inhalt Vorwort 4 1 Der ideologische Rahmen 4 2 Der DDR-Staat als Machtgenerierungsmaschine 9 2.1 Das Prinzip des demokratischen Zentralismus 10 2.1.1 Inhaltliche Bestimmung 10 2.1.2 Die Verankerung des demokratischen Zentralismus 11 2.2 Das Prinzip der Einzelleitung 12 2.3 Das Prinzip der doppelten Unterstellung 14 2.4 Die Maßnahmen zur Kontrolle der Überwacher 15 2.4.1 Instrumentalisierung 15 2.4.2 Wiederholung 17 2.4.3 Wissenskontrolle 18 2.4.4 Psychologisierung 19 3 Die kriminalpolizeilichen Aufgaben 21 3.1 Eine Skizze zur Entstehung der modernen Kriminalpolizei 22 3.1.1 Die vidocquesche Arbeitsweise 23 3.1.2 Zur Unterscheidung vormoderner und moderner kriminalistischer Tätigkeit 23 3.2 Zur Bedeutung des Kriminalitätsbegriffes im DDR-Strafrecht 25 3.2.1 Eine soziologische Positionierung zur Bedeutung von kriminell 26 3.2.2 Das Kriminalitätsverständnis in der DDR 28 3.2.3 Zu den Umständen kriminellen Handelns 29 3.3 Die allgemeinen Aufgaben einer Kriminalpolizei 30 3.3.1 Der Bereich der Öffentlichkeit 31 3.3.2 Die Aufgaben der Kriminalpolizei der DDR 32 3.3.3 Der Ungesetzliche Grenzübertritt 33 4 Die Arbeitsrichtung I der Kriminalpolizei 34 4.1 Zur Tätigkeit der I 35 4.2 Die Stellung der I im Gefüge der K 38 4.3 Die Charaktere 40 4.3.1 Der Einser 40 4.3.2 Die Quelle 41 4.3.3 Der VP-Helfer 42 4.4 Die Praxis der Einser-Arbeit 42 4.4.1 Die Werbung von Quellen 42 4.4.2 Die Organisation der Treffs 43 4.4.3 Der Ermittlungsbericht 44 4.4.4 Ein offenes Problem 45 5 Epilog 47 Literaturverzeichnis 51 4 Vorwort Gut 10 Jahre nach der Vereinigung zwischen der DDR und der BRD bestimmen mannigfaltige Klischees und z.T. sentimentale Reminiszenzen das Bild von der DDR. Trotz zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen bleibt die soziale Realität der DDR mit ihren vielfältigen Differenzierungen stellenweise stark unterbelichtet. Einen Tummelplatz bloßer Behauptungen, indifferenter Bemerkungen und (scheinbar gewollt) eingeschränkter Sichtweisen bildet insbesondere der Komplex der Schutz- und Sicherheitsorgane der ehemaligen DDR. Die nachfolgende Schrift möchte daher die Rolle und Stellung der Arbeitsrichtung I der Kriminalpolizei innerhalb der Deutschen Volkspolizei, als einem Bestandteil der einheitlichen Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR, sowie deren Einbindung in das staatliche Machtgefüge, nachzuzeichnen versuchen. Um diesem Vorhaben einigermaßen gerecht zu werden, wird es nicht ausbleiben können, herrschaftstheoretische Bemerkungen voranzuschicken. Dies geschieht in allgemeiner Form im 1. Kapitel mit einer makrosoziologischen Rahmung. Eine Fortführung dieses Tenors erfolgt im 2. Kapitel in einer, insofern die Bezeichnung statthaft erscheint, meso-soziologischen Sichtung. Im 3. Kapitel werden allgemeine, und ebenso zugespitzt auf die DDR, kriminalpolizeiliche Aufgaben thematisiert. Dies wird mit relevanten Aspekten untersetzt. Das 4. Kapitel stellt eine eher mikrosoziologische Orientierung der Konsequenzen der behandelten strukturellen Gegebenheiten für die individuellen Akteure dar. Der Ertrag der Ausführungen, im abschließenden 5. Kapitel, pointiert ein Ergebnis mit der Kulmination auf die Frage der Unterdrückung in der DDR. Wohlmeinend ließe sich diese Fragestellung als inhärenter Leitfaden dieser Arbeit verstehen. Die typischen Formulierungen im öffentlichen (sowie fachlichen) DDR-Sprachgebrauch werden kursiv hervorgehoben. Das wird vorwiegend in den ersten beiden Kapiteln besonders deutlich. Allerdings ergibt sich keine strikte Stringenz im weiteren Fortlauf, insofern, da Kursivsetzungen daneben, und wie allgemein üblich, auch zur Hervorhebung bestimmter Betonungen, und deren Zusammenhänge, Verwendung finden. Schließlich sei erlaubt, exponiert darauf hinzuweisen, und obwohl die folgende, empirisch zu verstehende Aussage, überflüssig erscheint, da es einsichtig ist: die DDR war, neben vielem anderen, und zumindest für 3 Generationen prägend, eben auch eine Lebenswelt vielschichtiger sozialer Abläufe. 1 Der ideologische Rahmen Die Machtfrage war nicht nur schlechthin ein zentraler Aspekt des DDR-Staates, sondern sie bildete vielmehr die conditio sine qua non der DDR-Herrschaft.1 Sie besaß daher nicht nur Priorität in allen politischen Entscheidungen, sondern sie war konstitutiv für den Erhalt der politischen Verhältnisse entsprechend eines Selbstverständnisses als Arbeiter- und Bauernstaat. Jenes Selbstverständnis 1 In der vorliegenden Schrift werden die Begriffe Macht und Herrschaft entsprechend der Bestimmung nach Max WEBER gebraucht. Macht "bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht[. Herrschaft ist] die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden" (Weber, S. 28). 5 gründete auf der leninschen Konzeption der Diktatur des Proletariats.2 Der Staat wurde danach als das politische Machtinstrument der ökonomisch herrschenden Klasse gesehen.3 Daraus ergab sich ein Spannungsfeld zwischen der Politik und der Ökonomie, worin all das, was ökonomisch war, nicht politisch ist und umgekehrt, alles das, was politisch war, nicht ökonomisch ist. Das bedeutete eine restriktive Reduktion entweder auf die Politik - und damit auf die alles entscheidende Machtfrage, selbst sozio-kultureller Momente - oder die Ökonomie. Unterschieden wurden zwei mögliche Formen der Diktatur des Proletariats. Zum einen konnte sich diese Diktatur in der Form der Sowjetrepublik realisieren. Ein Beispiel hierfür bot die einstige UdSSR. Zum anderen aktualisierte sich die Diktatur des Proletariats in der Form der Volksdemokratie. Die DDR verstand sich hinsichtlich ihrer Staatsform als eine solche Volksdemokratie. Ein markantes Kriterium für jene Unterscheidung bestand in der parlamentarischen Organisation. Für die Sowjetrepublik war dies eine Räteregierung mit einem Ein- Parteien-System. Eine Volksdemokratie zeichnete sich durch ein Mehr-Parteien-System aus. Weitere Formen einer Umsetzung der Dikatur des Proletariats wurden weder erörtert, noch im Bereich der Warschauer Vetragsstaaten für möglich gehalten. Ansätze sowie Bestrebungen in eine solche Richtung wurden apodiktisch als Konterrevolution klassifiziert und innerhalb der Einflußsphäre der Staaten des real existierenden Sozialismus, besser: im Bereich der Hegemonie der einstigen UdSSR, bekämpft, unterdrückt und vernichtet. Ein Beispiel hiefür lag mit den von breiten Teilen der Bevölkerung Tschechiens und der Slovakei getragenen Versuche der Regierung der CSSR in der Zeit um 1968 vor, welche vor allem mit Hilfe sowjetischer Panzer - unter Beteiligung sämtlicher weiterer Warschauer Vetragsstaaten - gewaltsam kassiert worden waren. (Was nicht sein darf, konnte nicht sein.) Seine Legitimierung unterstrich der DDR-Staat grundsätzlich mit dem generellen und universellen Konzept der historischen Mission der Arbeiterklasse.4 Danach ist die Arbeiterklasse5 historisch dazu auserkoren, sämtliche Ausbeutergesellschaften revolutionär zu beseitigen und an deren Stelle, eben den von Ausbeutung freien Staat der Diktatur des Proletariats zu errichten. Um dafür befähigt zu sein, bedarf die Arbeiterklasse, getreu der marxistisch-leninistischen Lehre (im engen Schulterschluß mit der 2 Hierbei handelt es sich um die Lehre der "Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat ("Diktatur des Proletariats")" (Lenin, Bd. 2, S. 508). Der Ausdruck bedeutet, einzig "eine...Klasse, nämlich die...Arbeiter[klasse]...,