Kumentationsarch1v De Dokumentationsarchiv Des Österreichischen Widerstandes

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Kumentationsarch1v De Dokumentationsarchiv Des Österreichischen Widerstandes kumentationsarch1v de Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes JlllllCI Redaktion: Christine Schindler Wir danken dem Bundesministerium für Inneres für die INHALT Förderung des DÖW-Jahrbuchs 2001 PETER MARBOE Festvortrag anlässlich der Jahresversammlung des DÖW, Wien, 13. März 2000 5 Schwerpunkt Justiz WOLFGANG FORM Politische NS-Strafjustiz in Österreich und Deutschland- ein Projektbericht 13 FLORIAN FREUND Der Dachauer Mauthausenprozess 35 CLAUDIA KURETSIDIS-HAIDER Der Fall Engerau und die Nachkriegsgerichtsbarkeit Überlegungen zum Stellenwert der Engerau-Prozesse in der österreichischen Nachkriegsjustizgeschichte 67 WINFRIED R. ÜARSCHA Organisatoren und Nutznießer des Holocaust, Denunzianten, „Illegale" ... Eine erste Auswertung der bisher verfilmten Akten von © 2001 by Dokumentationsarchiv des österreichischen Wiener Gerichtsverfahren wegen NS-Verbrechen 91 Widerstandes (DÖW), Wien Printed in Austria Umschlaggestaltung: Atelier Fuhrherr, Wien Varia Layout: Christa Mehany-Mitterrutzner Hersteller: Plöchl-Druck Ges. m. b. H., HEINZ RrEDEL 4240 Freistadt Sowjetische Kriegsgefangene in Wien 1941- 1945 124 ISBN 3-901142-45-2 PETER MARBOE FESTVORTRAG ANLÄSSLICH DER JAHRESVERSAMMLUNG DES DÖW, WIEN, 13. MÄRZ 2000 ÜERALD STEINACHER „„. der einzige Österreicher in der Schweiz, der den Nazis effektiv Widerstand leistete" Wilhelm Bruckner und der „österreichische Wehrverband Miguel Herz-Kestranek hatja eigentlich im Grunde schon die Festansprache ge­ Patria" 1943-1946 147 halten. Wenn man da hineinhört, wenn man auch die Auswahl betrachtet, die er getroffen hat, wie immer in der ihm eigenen Sorgfalt und Sorgfältigkeit, und wenn man dann sozusagen Rückschlüsse zieht von dem zum Teil Anekdoti­ HUBERT MICHAEL MADER schen, zum Teil Erzählerischen, dann ist das in sich ja eigentlich schon ein we­ „Krieg" gegen den Rechtsstaat: sentlicher Teil einer Festrede, und ich möchte ihm dafür sehr herzlich danken. Neonazi-Terror in Deutschland 184 Es ist tatsächlich richtig, dass ich kurz überlegt habe, das Farau-Gedicht an­ statt einer Ansprache vorzulesen, weil es so unglaublich viel enthält, über das wir jetzt wieder nachdenken sollten. Ich habe ihn oft getroffen in New York und DOKUMENTATIONSARCHIV DES ÖSTERREICHISCHEN war mit ihm befreundet, und wir haben auch oft darüber gesprochen, wieso er WIDERSTANDES eigentlich schon lange vor dem Sturz Hitlers - er hat es ja auch „Trommellied Tätigkeitsbericht 2000 206 vom Irrsinn" genannt - so ein Gedicht schreiben konnte; und da hat er gesagt: „Ja, ich hab' Sorge gehabt, wenn das alles vorbei ist, '45 oder wann immer es auch sein mag - da hat man schon gehofft, dass es in Jahren gemessen wird - DIE AUTOREN 224 da werden alle sagen: Toll, er ist weg, der Wahnsinnige ist weg, der Teufel ist weg, was immer, und jetzt ist alles vorbei, und wir können wieder so leben wie früher." Und davor wollte er mit seinem Gedicht, mit seinem wirklich ein­ drucksvollen Gedicht, warnen. Wie wir inzwischen alle wissen, hat er in seiner visionären Art damit auch allen Anlass gehabt und auch Recht gehabt. Ich möchte mich daher bedanken, dass ich hier das Wort ergreifen darf. Ich empfinde das als Privileg, nicht nur, weil es hier so viele gibt, die wesentlich be­ rufener wären zu sprechen, auch vielleicht aus ihrer eigenen Biographie heraus, nicht nur bis '45, sondern weil, meine Damen und Herren, zwischen dem Zeit­ punkt der Einladung (und das ist ja immerhin ganz beachtlich: ich glaube, es war schon vor zwei Jahren, also da wird sehr perspektivisch gedacht im Dokumenta­ tionsarchiv), zwischen dem Zeitpunkt der Einladung und dem heutigen Zeit­ punkt der Jahresversammlung eine folgenschwere Wahl lag, von der ich glaube, dass sie in die Geschichte der Jahresversammlungen des Dokumentationsarchivs als eine der nachdenklichsten eingehen wird und auch eingehen soll. Ich werde daher, Herr Professor, Ihren Dank gerne an den Vizebürgermeister weiterleiten, umso mehr, als ich wirklich dankbar bin, dass er im Bundesparteivorstand gegen die Beteiligung der Freiheitlichen an dieser Bundesregierung gestimmt hat. Es 5 MARBOE: FESTVORTRAG MARBOE: FESTVORTRAG war auch so vereinbart, und ich weiß, dass er das aus voller Überzeugung ge­ Wenn man diesen Level der Auseinandersetzung einmal kennt, dann braucht macht hat, und man sich außerdem - das kann man ja jetzt auch schon sagen, man auch nicht viel zu spekulieren, wie es ausschauen könnte, wenn man hier weil es schon fast wieder Geschichte ist - den Druck in so einer Stimmung vor­ nicht rechtzeitig entgegenwirkt; und deshalb freut es mich auch, wenn ich heute stellen muss, und der Präsident Neisser weiß, wovon ich rede, den Druck, wo so­ im Standard wieder, einmal mehr, im Zusammenhang mit einer Verhetzungs­ zusagen Einstimmigkeit und „Jetzt müssen wir alle zusammenhalten", wo auf klage lese - und eigentlich ist das der Kernsatz, mit dem ich auch meinen Dank einmal eine völlig eigenwillige Form der Solidarität gefragt ist. Da ist es schon zum Ausdruck bringen möchte bei einer solchen Versammlung: „Das Dokumen­ beachtlich, wenn einer dann bei seiner Überzeugung bleibt und tatsächlich die tationsarchiv des österreichischen Widerstandes beobachtet die politische Ent­ Hand zum Nein erhebt, wenn es zur Abstimmung kommt, und ich möchte ihm wicklung in Österreich mit Sorge. Das Dokumentationsarchiv des österreichi• auch von hier aus dafür sehr danken. schen Widerstandes wird sich daher heute Montag bei seiner Jahresversamm­ Und deshalb, wenn man eingeladen wird, hier eine kurze Rede halten zu lung mit der neuen Lage seit dem Eintritt der Freiheitlichen in die Regierung be­ dürfen, denkt man natürlich auch immer darüber nach, so wie man ja insgesamt, fassen. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes hat immer auch im Leben, darüber nachdenken sollte, was man vom anderen, vom Gegen­ wieder vor Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus und NS-Wiederbetäti• über, voraussetzen kann, was man an Wissen, an Erfahrung, auch an Bereitschaft gung gewarnt" und, möchte man hinzufügen, ist dagegen mutig und mit guten zur Ernsthaftigkeit voraussetzen kann. Das ist natürlich hier in diesem Gremium Argumenten aufgetreten. Und dafür möchte ich heute auch einmal ganz persön• etwas ganz anderes, als wenn man draußen im Alltag mit Vertretern der nächsten lich Danke sagen und auch bitten, diesen Dank allen Mitarbeiterinnen und Mit­ Generationen spricht, nicht weiß, wofür die gewählt haben, nicht weiß, was de­ arbeitern weiterzugeben. ren Background ist, nicht weiß, was deren Familiengeschichte ist, und ich glau­ In der Forschung, in der Dokumentation, in der permanenten Überzeu• be, dass wir uns unvoreingenommen jeder Art von Auseinandersetzung, jetzt gungsarbeit ist das Dokumentationsarchiv damit eine zentrale Einrichtung im mehr denn je, zu stellen haben; und ich glaube auch und bin eigentlich dankbar Dienst der Demokratie in unserem Land. Eine Einrichtung, die Aufklärung und im Namen vieler, die es jetzt als ein Anliegen sehen, hier sich nicht zu ver­ Prävention verbindet, die dazu beiträgt, in Österreich jene klärende und reini­ schweigen: die sich hier zu Wort melden, die Kommentare schreiben, Essays gende Diskussion zu führen, die das Land auch und gerade heute braucht. Und schreiben, Analysen schreiben, sich öffentlichen Diskussionen stellen - das ist vielleicht ist es auch kein Zufall von der Symbolik her, dass der heutige Tag mit ja auch nicht immer nur eine angenehme Aufgabe - und dabei nicht ihre Mei­ der Eröffnung des Theodor-Herzl-Symposions im Wiener Rathaus begonnen hat nung verschweigen, meine Damen und Herren. und mit dieser Jahresversammlung heute Abend endet. Denn oft ist es der Man­ Ich bin das letzte Mal hier in diesem Saal gestanden, auch hier am Pult, bei gel an Wissen und Information, der schließlich zu jenem Mangel an Einsicht einer Bürgerversammlung zum Judenplatz, und eigentlich hätte man damals führt, der in unserer Stadt, in unserem Land immer wieder zu erkennen ist. Gan­ schon an den Wortmeldungen - komischerweise sind die, die sich so gemeldet ze Generationen von Österreichern haben als Schüler am eigenen Leib, mich haben, links gesessen und die, die für uns waren, auf der rechten Seite - einen eingeschlossen, die Lücke erfahren, die der Geschichtsunterricht gerade in Be­ Eindruck dieser Diskussion gewinnen können, und ich sage das ja auch immer zug auf die schreckliche Entwicklung hin zum Nationalsozialismus hinterlassen sehr deutlich: Ich kann Bilanz ziehen in meiner politischen Tätigkeit in Wien, hat. Und vielleicht war es so etwas wie eine kollektive Scheu, die vor Jüngeren ich weiß, wie die Freiheitliche Partei agiert, wir brauchen nicht nur zu spekulie­ nicht auszusprechen wagte, was geschehen war. Vielleicht war es die Bequem­ ren, im Atmosphärischen zu bleiben - ich weiß es, was sie tut, ich weiß, woge­ lichkeit, sich mit den Fragen des Warum und Wieso auseinander zu setzen. Fak­ gen gestimmt wurde, ich weiß, wie man denunziert wird, ich weiß, wie schnell tum bleibt, und ich glaube, dass uns das auch jetzt wieder sehr bewusst gewor­ man ein Kinderpornograph ist oder ein Blasphemiker, und ich weiß, wie schnell den ist: Es gibt viel nachzuholen in der historischen, in der politischen, in der man (alles sozusagen eigene Erfahrungen) ein Mitglied einer jüdisch-freimaure• Friedenserziehung. rischen Weltverschwörung ist, wenn man irgendwann einmal gesagt hat: „Wenn Gerade heute fällt wieder auf: Man ist konfrontiert mit Vorurteilen, mit Sig­ es zum Antisemitismus kommt, dann sollten sich die Vernünftigen und die nalen von Intoleranz und Chauvinismus,
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