GrabfeldDas Heimatblätter für Kultur, Geschichte und Brauchtum im Grabfeld Herausgeber: Verein für Heimatgeschichte im Grabfeld e.V. und Museumspädagogisches Zentrum Bad Königshofen i. Gr. Nummer 8 Nummer 8 Bad Königshofen, Oktober 2000 Seite 1

Reinhold Albert Ordnung der Müllerzunft Königshofen und Aus dem Inhalt Ordnung der Müllerzunft Königshofen Wildberg von 1618 und Wildberg von 1618...... 1 Ein Mühlenverzeichnis von 1895...... 3 Konfirmation und Kommunion - m Stadtarchiv von Bad Königshofen befindet die Entwicklung der Industrialisierung. Das zwei hohe Festtage...... 4 sich ein Mühlenbuch, das Eintragungen ab Zunftwesen in Europa wird im 19. Jahrhun- Sonderaustellung Weihnachtszeit in 1618I enthält. Es wurde begonnen, als sich die dert allmählich abgeschafft. Dies ist besonders Bad Königshofen...... 6 Müller der beiden fürstbischöflichen Ämter auf die Ausstrahlungskraft der Französischen Heinrich Richter schuf 1933 der Cent Königshofen und der Cent Wildberg Revolution zurückzuführen. Heute stehen die den Kreuzweg ...... 7 bei Sulzfeld entschlossen, eine Zunft zu bil- Innungen für freiwillige berufliche Zusammen- Die Türkenkriege und das Grabfeld...... 8 den. In einem Schreiben an Johann Gottfried schlüsse. Ablösung der Grundlasten in von Aschhausen, von 1617 - 1622 Bischof Zurück zu Müllerzunft von Königshofen/ Großeibstadt 1848...... 9 zu und Würzburg und Herzog zu Wildberg. Der Bischof erließ am 18. Juli 1618 Kaspar Lurz aus Merkershausen...... 10 Franken, baten die Müller der beiden Ämter die gewünschte Ordnung. Sie beginnt mit den Herbstmanöver 1930 in Unterfranken..... 11 um Bewilligung der neuaufgestellten Zunftord- Worten: „Wir Johann Gottfried von Gottes Das Aufschreib-Buch des Valentin nung. Hieraus gehen auch die Beweggründe für Gnaden Bischoffen zu Bamberg, Würtzburgk Reichert aus ����������������������������� 12 die Zunftgründung hervor, denn es wurde nach und hertzog zu Frankhen, nach dem uns unsere Schriftenreihe des Vereins...... 15 Würzburg berichtet, zwischen den benachbar- lieben Getreuen die sambtlichen Meister des Buchbesprechungen ...... 16 ten Müllern herrsche allerhand Un-einigkeit, Müllerhandwerks in unserem Ambte Königs- Tracht Wülfershausen...... 16 Widerwillen und „Unnachbarschaft”, weil es hoven und Wildberg gehörig unterthänigst zu 1623: Protokoll einer Bluttat . 18 keine Rechtsordnung und keine Aufsicht gebe. erkennen geben, wie sie bishero kein Ordnung Turmmuseum wird eingerichtet...... 18 Das Wort Zunft kommt aus dem althochdeut- gehabt, daraus dann allerhand unrichtigkeit Tracht Eyershausen...... 19 schen und bedeutet „was sich fügt”. Eine Zunft ervolgt, uns derowegen sie mit einer Mühlord- Die dynastische Kleinherrschaft war eine Vereinigung von Handwerkern und nung und sehen wir andern Orten unsers Stifts derer von Rothausen...... 20 Händlern (Gilden) und ähnlichen Gruppen. gebräuchlich, gnedig zu begnaden, untert- Leben und Wirken Herzog Heinrichs Ziel war es stets, den Mitgliedern die Ausü- hänigst ersucht, und gebetten und wir dann von Römhild von 1676 - 1710 ...... 22 bung des gemeinsamen Gewerbes zu ermögli- unserer Unterthanen Bitt, damit die selbst in Otto Schulz - Herbstwald...... 7 chen. Zunftordnungen regelten wirtschaftliche Fried, Ruhe und mehrer Einigkeit sein und Lotte Uhlein - Meu’ dehem!...... 11 und organisatorische Fragen. Zünfte behinder- bleiben, auch danach sich richten können ...” Arthur Hofmann - Sprachaustausch...... 20 ten vor allem ab Beginn des 19. Jahrhunderts In der Mühlordnung von Königshofen/Wild-

Aus dem Vereinsleben Liebe Mitglieder,

Ihnen liegt die neueste Ausgabe unseres „Grabfeld“ vor, die wieder in vorbild- licher Weise von Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert und Schulamtsdirektor a.D. Leo W. Hamm erstellt wurde. Dafür danke ich ganz herzlich. Unser Verein hat in den ver- gangenen Monaten wieder einiges „auf die Beine gestellt“. So gestaltete das Museumspädagogische Zentrum wieder das Museumsfest und machte auf sich und seine Arbeit aufmerksam. Der Ver- ein für Heimatgeschichte im Grabfeld startete gemeinsam mit dem Kulturre- Michael Schippel besaß 1618 die Spitalmühle in Königshofen, in der schon lange nicht mehr … weiter auf Seite 2 gemahlen wird. Seite ­­2 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

berg aus dem Jahre 1618 wurde bestimmt, dass und eines guten Herkommen”, musste dieser ferat des Landkreises Rhön-Grabfeld künftig alljährlich am zweiten Pfingstfeiertag „ anstatt der fünf Gulden Lehrgeld ein zusätz- eine vielbeachtete Ausstellung zum ... dem lieben Volk und seinen lieben Müllern liches Jahr lernen. Die im dritten Lehrjahr ver- Thema „Konfirmation- und Kommu- der hl. Jungfrauen Marien, und dem ganzen dienten fünf Gulden mussten Lehrmeister und nion im letzten Jahrhundert“. Hier heiligen Heer zu Ehren ein Amt der heiligen Lehrjunge dann an die Zunftkasse abführen. Messe im Beisein aller Meister und Gesellen” Wer Meister werden wollte, musste seinen danke ich vor allem den vielen Leihge- in der Stadtpfarrkirche von Königshofen zu Lehrbrief vorzeigen, ebenso ein Meisterstück. bern, die zu Hause nachgeschaut und halten sei. Dabei mussten jeweils zwei von der Dieses wird in der Königshöfer Zunftordnung, uns so manche Rarität gebracht haben. Zunft gestiftete Kerzen entzündet werden. Wer wie folgt beschrieben: „... den Abriß Kamm, Nach der Präsentation in der Schranne dem Müllertag ohne Entschuldigung fernblieb, ein Radt und zwey neue geschirr machen, eins von Bad Königshofen ist ein Teil der verfiel der Innung mit zwei Pfund Wachs und in es fünffte Theil, es ander in es siebenter Exponate nun im Foyer des Landrats- einem Gulden Strafe, die sich der Landesherr theil.” Wurde das Meisterstück von den vier und die Zunft aufteilten. Geschworenen Meistern anerkannt, hatte der amtes Rhön-Grabfeld in Bad Neustadt Paragraph zwei bestimmte, dass die Zunft neue Meister vier Gulden zu entrichten, die zu sehen, bevor es im November in alljährlich zwei Kerzen zu stiften hatte, die sich Obrigkeit und Zunft teilten. Weiter mus- die Kreisgalerie nach die Jungmeister des Müllerhandwerks am ste der Jungmeister ein Pfund Wachs für die geht. Auch für das kommende Jahr Fest Corporis Christi (Fronleichnam), das in Zunftkerzen stiften. War der Vater des neuen haben wir uns wieder ein Thema Königshofen wie allerorten mit einer Prozes- Meisters ebenfalls Müllermeister, gab man sich sion um den Markt gefeiert wurde und wird, mit zwei Gulden Meistergeld zufrieden. gesetzt: „100 Jahre Hochzeitsbrauch- zu tragen hatten. Die Zunftordnung von 1618 bestimmte, dass tum“. Eine Ausstellung, die Sie eben- Bei jedem Zunfttag wurden die vier Geschwo- die Müllermeister ausschließlich Handwerks- falls nicht versäumen sollten, wird in renen Meister, je zwei aus dem Amt Königs- genossen einstellten. Auch war es bei Strafe den Wintermonaten in der „Schranne“ hofen und Wildberg, gewählt und in ihr Amt von zehn Pfund verboten, einem anderen Mül- zu sehen sein. Sie steht unter dem eingeführt. Sie hatten die Bäche und Flüsse ler seinen Gesellen „auszuspannen.” Kündigte fleißig zu begehen, um zu überprüfen, ob diese ein Geselle, durfte er erst nach Ablauf von vier Thema: „Die zwölf heiligen Nächte“. ordnungsgemäß gefegt und auch sonst kein Wochen bei einem anderen Meister bei Strafe Hier hat unser Zweiter Vorsitzender Mangel vorhanden sei. Wurden Unregelmä- von zwei Pfund Wachs in Diensten treten. und Kreisheimat- und Archiv-pfleger ßigkeiten festgestellt, hatten sie die Müller zu Wenn Scheltworte zwischen Meister und Gesel- Reinhold Albert mitgearbeitet. Zehn bestrafen. Die Strafe kam aber nicht dem Hand- len vorkamen, musste dies von den Geschwo- Jahre wird das MPZ im kommenden werk, sondern der Obrigkeit zugute, womit renen bei der Obrigkeit verklagt werden. Die wohl ungerechtfertigte Bestrafungen durch die hier ausgesprochenen Strafen gehörten allein Jahr, Grund genug, sich wieder ein- Geschworenen vermieden werden sollten. der Obrigkeit. mal mehr als bisher der Öffentlichkeit Es war übrigens laut diesen Bestimmungen Der 14. Punkt der Mühlordnung von 1618 zu präsentieren. Was haben wir noch sowohl den Müllern als auch den Bauern strikt bestimmte, dass jeder Meister nur geeichte auf den Weg gebracht? Das Museum untersagt, ohne Erlaubnis die Wasserquel- Metzen verwenden durfte. An einem von den im Bad Königshofener Kirchturm, len und Bächlein abzuleiten. Diese mussten Geschworenen bestimmten Tag hatten die in ihrem natürlichen Fluss belassen werden, Müller in Königshofen im Beisein des fürst- das im März 2001 eröffnet werden wurde bestimmt. Zwei Gulden Buße standen bischöflichen Beamten ihre Metzen eichen soll. Es wird an die jahrhundertealte auf Zuwiderhandlungen. zu lassen. Daraufhin wurde das Gefäß oben Türmertradition im Grabfeld erinnern. Wollte ein Meister einen Lehrjungen aufneh- und unten „beschlagen”, heißt es in der Zunf- Gut angelegt, so meinen wir jeden- men, so hatte dies vor den vier Geschworenen tordnung. Der Müller, der einen ungeeichten falls, haben wir Ihre Mitgliedsbeiträge Meistern beim Müllertag zu geschehen. Der Metzen verwendete, bzw. einen wissentlichen und unterstützen, gemeinsam mit der Lehrbub musste einen Geburtsbrief vorweisen. Betrug beging, musste der Obrigkeit zehn Gul- Die Lehrzeit betrug zwei Jahre und das Lehr- den Strafe zahlen und der Zunft ein Pfund Stadt Bad Königshofen den Stadttür- geld, zu zahlen von den Eltern des Lehrjungen Wachs geben. Der Betrogene war zu entschä- mer mit einer Jahrespauschale von in die „Meister-Büchsen der Zunft”, betrug digen, bestimmte die Ordnung. 2.000 Mark. Thomas Blum wird dafür fünf Gulden sowie ein halbes Pfund Wachs Jede Zusammenkunft der Müller war der täglich vom Turm der Stadtpfarrkir- für die Zunftkerzen. War ein Lehrjunge aber „vorgesetzten Obrigkeit”, das heißt also dem che ein Lied auf der Trompete bla- „...gar arm und unvermöglich, jedoch ehrlich fürstbischöflichen Beamten in Königshofen, sen, Gästen mehr über die Geschichte des Türmers und Bad Königshofen berichten und auch die Betreuung des Turmmuseums übernehmen. Einen neuen Ableger hat unser Grenzmu- seum erhalten. Ein Teil der Exponate befindet sich im Museumsschloß Wolzogen bei Mellrichstadt. In Bad Königshofen will uns Bürgermeister Clemens Behr Räumlichkeiten in der ehemaligen Volksschule zur Ver- fügung stellen. Noch einen Termin sollten Sie sich jetzt schon vormer- ken: 19. Januar 2001. Da findet ab 19 Uhr im Kurzentrum unsere Jahresver- sammlung, diesmal mit Neuwahl der Vorstandschaft, statt. Ihnen allen, eine gute Zeit Hanns Friedrich, 1. Vorsitzender des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld e.V. 1618 gründeten die Müller aus den Ämtern Königshofen und Wildberg eine Müllerzunft und legten ein Mühlenbuch an, das im Stadtarchiv von Bad Königshofen verwahrt wird. Nr. 7 · Oktober 1999 Das Grabfeld Seite 3 anzuzeigen. Unterblieb dies, musste die Zunft zehn Gulden Strafe zahlen. Der letzte Punkt der Ordnung bestimmte: „... soll ein jeder Mül- ler schuldig sein, seinen Mahlgast, er sei geist- lich oder weltlich, reich oder arm...” ordentlich beliefern und das Korn ordentlich mahlen. Bei jedem Müllertag in Königshofen war diese Ordnung fortan zu verlesen.

Mitglieder der Müllerzunft von 1618 Gründungsmitglieder der 1618 aufgestellten Müllerzunft Königshofen/Wildberg waren aus dem Amt Königshofen Paulus Wolfrum von der Aumühle zu Königshofen, Hans Luft zu Herbstadt, Veit Schneider, Untermüller zu Eyershausen, sein Bruder Claus, der Eyershäu- ser Dorfsmüller Stephan Kaiser und der Herles- Müller Hans May, dann der Müller Melchior Stuhl zu Alsleben, Balthasar Heckenlauer von der Orletz-Mühl zu Obereßfeld (nach ihm wird die Mühle heute noch Heckenmühle genannt), Erhard und Jörg Schubert von der „Heußers- Mühle” in Untereßfeld, Hans Burckhart von der Ludwigs M-Mühle in Untereßfeld (heute Lustmühle), dann die Gabolshäuser Müller Matthes und Wolf Eschenbach, der Gabolshäu- ser Untermüller Jobst Seuffert, der Riedmüller Einer der letzten im Grabfeld tätigen Müller ist Oskar Junius, der in Waltershausen noch in unseren Markus Hammelmann sowie die Königshö- Tagen die Dorfmühle betreibt. Fotos: Albert fer Müller Matthes Schubert (“Haub-Mühle”), Hans Schippel (Stadtmühle), Michael Schippel (Spital-Mühle), weiter Jobst Schweinfest von Welcher Müller durfte wohin liefern Reinhold Albert der Linsen-Mühle in . Einige Jahre In der Zunftordnung von 1618 für die Ämter später wurden folgende Namen hinzugefügt: Königshofen und Wildberg wurde bestimmt, Paulus Schultheiß, „Riedtmüller”, Wolf Albert, Mühlenverzeichnis für welche Orte der jeweilige Müller zuständig Spital-Müller, Bastian Schmidt, Hans Krieger, war. So hatte der Linsenmüller aus Aubstadt von 1895 Erhart Zwick, Balthasar Albert und Balthasar sein Mahlen nach Aubstadt und Ottelmanns- Im Amtsblatt für das königliche Bezirksamt May. hausen zu richten. Königshofen i. Gr. vom 13. April 1895 sind alle Besitzer von Getreidemühlen und Trieb- Aus dem Amt Wildberg waren folgende Mül- Der Herbstädter durfte Mahlgäste aus werken im Bezirk Königshofen, welche aus- lermeister 1618 Gründungsmitglieder der Herbstadt und Ottelmannshausen bedienen, schließlich oder vorwiegend mit unregelmä- Zunft: Matthes Glückstein, Lorentz Schippel der Hau-Müller Königshofen, Herbstadt und ßiger Wasserkraft arbeiteten, aufgeführt. und Paul König aus Sulzfeld, Hans Kritzer Ipthausen. Der Spitalmüller aus Königshofen und Bastian Schunk aus Kleinbardorf, Erhard durfte Mehl für die Bürger von Königshofen, Denckstein, Endres Umbhöfer, Valtin Krug der Merkershausen und Althausen mahlen, ebenso An der Saale und ihren Zuflüssen: Ältere sowie der Jüngere und Heinrich Kaim der Stadtmüller. Der Aumüller aus Ipthausen 1. Alsleber Mühle, genannt Apothekenmühle, aus Kleineibstadt, dann die Saaler Müllermei- durfte Königshofen, Alsleben und Ipthausen Gemeinde Alsleben, Georg Kaufmann’sche ster Jobst Pfister, Stephan Glückstein, Lorentz bedienen, der Riedmüller, im Saalgrund bei Kinder. Nenning, Hans Pfister und Lorentz Glückstein, Gabolshausen beheimatet, durfte Mehl nach 2. Riedmühle, Gabolshausen, Philipp Brück- weiter Hans Gilg und Martin Graf aus Wülfers- Alsleben und die beiden Eßfeld liefern. Der ner, 1 Gehilfe. hausen, Hans Amrhein und Caspar Marterstock Müller aus Alsleben hatte genug damit zu tun, 3. Aumühle, Königshofen, August Krug, 1 aus Eichenhausen, Hermann Jilg aus Groß- seine Alslebener Mitbürger zu versorgen. Die Gehilfe, Sohn des Krug. bardorf, Jörg Glückstein und Michael Sieg- drei Eyershäuser Müller waren in ihrer Hei- müller aus Großeibstadt und Peter Stuhl aus matgemeinde ausgelastet und die drei Untereß- 4. Stadtmühle Königshofen, Stadtgemeinde Kleineibstadt. Ohne Nennung einer Mühle sind felder Mühlen durften ihr Mahlen nach Unter- Königshofen, Pächter Constantin Steiner. der Aufstellung des Amtes Wildberg von 1618 und Obereßfeld richten. Die beiden Mühlen in 5. Schnellersmühle, Königshofen, Georg folgende Namen hinzugefügt: Hans Erb, Peter Gabolshausen durften diesen Ort sowie Aub Stock. Bauernschubert, Hans Reichart, Peter Will, versorgen. Hans Burckhart, Hans Welg und Sohn, Valtin 6. Spitalmühle, Königshofen, Johann Endres, 1 Gehilfe (Sohn des Endres). Bauernschubert, Hanns May, Peter Klückstein Im Amt Wildberg durfte der Steinmüller aus und Michel Klückstein. In späteren Jahren Saal sein Mahlen nach Saal und Königsho- 7. Gabolsmühle, Großeibstadt, Kaspar wurde die Aufstellung um die Namen Werner fen richten, ebenso der Saaler Dorfmüller. Der Schreiber. Seyffert, Hermann Gilg der Junge, Paulus Neumüller sollte sein Mahlen nach Königs- 8. Neumühle, Großeibstadt, Andreas Bart- Klückstein, Philipp Oeßer, Lorenz Klückstein hofen richten. Der Krugs-Müller aus Großeib- helme. und Kilian Nenninger ergänzt. stadt durfte für seine Heimatgemeinde mahlen 9. Schloßmühle, Kleineibstadt, Peter Kestler. Auffällig ist, dass bei der Gründung der Müll- und der „Gabelsmüller aus großen Eybstadt” erzunft die meisten Müller der an der Milz nach Königshofen und Merkershausen. Die 10. Fürstenmühle, Kleineibstadt, Anton Ull- gelegenen Mühlen nicht vorkommen, ebenso Seemühle, Ziegelmühle und Krugsmühle in rich. wenig die beiden Müller an der Baunach und Sulzfeld mahlten für Sulzfeld und beide Ämter 11. Dorfmühle, Kleineibstadt, Lorenz Bockelt. ihren Zuflüssen in Sulzdorf und Serrfeld. (Königshofen und Wildberg). 12. Findelmühle, Wülfershausen, Melchior Vielleicht hängt es damit zusammen, dass Wirsing, 1 Gehilfe. die Dorfherren von Bibra und von Truchseß Die „Gemeinmühl” zu Großeibstadt war für 13. Angermühle, Wülfershausen, Gemeinde evangelisch waren. Zudem stand zumindest ihren Ort zuständig, ebenso die „Parchets- Wülfershausen, Pächter Severin Will, 1 der Truchseß auf Sternberg in jenen Jahren Mühl” in Kleinbardorf. Der „Taubertsmüller” Gehilfe. in erbittertem Streit mit seinem Würzburger aus Eichenhausen bediente ebenso die Mahl- Lehnsherren, respektive dessen fürstbischöf- gäste aus seinem Ort, wie die Kleineibstädter 14. Dorfsmühle, Eyershausen, Ottilie Thein, lichen Beamten in Königshofen. und Wülfershäuser Mühlen. Ehefrau des Karl Thein. Seite ­­4 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

15. Veitsmühle, Eyershausen, Georg Josef Reinhold Albert Schrepfer. 16. Zentgrafsmühle, genannt Zänkersmühle, Konfirmation und Kommunion Eyershausen, Franz Josef Schrepfer jun., 1 Lehrling - zwei hohe Festtage 17. Haumühle, Ipthausen, Michael Seith. m April 2000 wurde im Vorgeschichts- ein Myrtensträußlein, die Jungen steckten 18. Heckenmühle, Obereßfeld, Johann Wilz- museum Bad Königshofen eine von Kreis- einen Zweig an den (früher) schwarzen Anzug mann. kulturreferentI Hanns Friedrich sowie den oder trugen diesen in der Hand. Dieser Zweig 19. Lustmühle, Untereßfeld, Eduard Trost. Kreisheimatpflegern Cilli Pigor (Unsleben) galt als Symbol für ein Leben mit Christus. 20. Dorfmühle, Trappstadt, Adam Luther. und Reinhold Albert (Sternberg) initiierte Aus ist aus dem Jahre 1911 Ausstellung zum Thema „Erinnerungen: Kom- überliefert: „Der Rosmarinzweig bedeutet: 21 Göckesmühl, auch Untermühle genannt, munion- und Konfirmation im letzten Jahrhun- Ich bin Dir treu in Liebe ergeben! Er ist ein Josef Bernhard Mauer, 1 Gehilfe. dert” durch Landrat Dr. Fritz Steigerwald und treuer, starker Begleiter in Freud und Leid. 22. Dorfmühle, Gabolshausen, Michael Josef. Bezirksheimatpfleger Dr. Klaus Reder eröff- Er schmückt den Paten, wenn er das Kind zur 23. Obere Dorfmühle, Herbstadt, Eduard Rüt- net. Diese Ausstellung soll noch in weiteren Taufe trägt, die Erstkommunikanten tragen zel. Museen im Landkreis Rhön-Grabfeld gezeigt ihn in den Händen, er ziert Braut und Bräuti- 24. Untere Dorfmühle, Herbstadt, Georg Krug. werden, so z.B. in Mellrichstadt und Fladungen gam, wenn sie zum Traualtare gehen und wird sowie in Bad Neustadt. jemand zu Grabe getragen, so halten ihn die 25. Dorfmühle, Saal, Christian Unrath. Leidtragenden in den Händen zum Zeichen, 26. Dorfmühle, Untereßfeld, Nikolaus Döm- Die Kommunion: dass sie dem treuen Verstorbenen in Liebe treu ling ergeben bleiben, auch über das Grab hinaus.” 27. Obere Mühle, Saal, Kaspar Schreiber, Der erste Sonntag nach Ostern heißt im Die Kommunikanten erhalten eine Kommu- Pächter Georg Bauer. Volksmund der „Weiße Sonntag”. Die Kir- nionkerze, die wie die Taufkerze Zeichen des chen-sprache nennt ihn „Quasimodo geniti”. Lichts sein soll, das mit dem Heiland in die 28. Bargetsmühle, Kleinbardorf, Josef Dietz, 1 Die Bezeichnung „Weißer Sonntag” geht auf Welt kam. Die Kerze ist geschmückt. Es gibt Gehilfe, welcher das Getreide herbei und die frühchristliche Zeit zurück, in der die Täuf- Geschenke. Mancherorts werden die Häuser das Mehl fortfährt. linge an diesem Tag die ihnen bei der Taufe der Kinder mit Birken, Fichten und Girlanden 29. Obere Tannigsmühle, Großbardorf, Johann als Zeichen der Reinheit angelegten weißen geschmückt. Ermahnungen zu weniger auf- Mauer. Kleider ablegten. Die Erstkommunion, welche wendigen Geschenken und Gastmählern haben 30. Untere Tannigsmühle, Großbardorf, die volle Aufnahme des Kindes in die christ- von jeher nur geringen Erfolg. Balthasar Endres. liche Gemeinde, die Teilnahme an der vollen In Hendungen luden die Kommunionkinder Messe und den ersten Gang zum Tisch des am Samstagnachmittag vor dem Fest die Gäste 31. Obere Mühle, Sulzfeld, Distrikt Königsho- Herrn (nach vorheriger Beichte) bedeutet, fin- persönlich ein. Überall erhielten sie ein Tüch- fen, Pächter Adam Lauterbach. det in der Regel im 3. Schülerjahrgang statt. lein mit 15-20 Eiern. Vor dem Zug zur Kirche 32. Untere Mühle, Sulzfeld, Franziska Bieber, Das Wort Kommunion stammt vom Latei- am Festtag sagte ein Kind dem Pfarrer und den Witwe, Geschäftsführer der Schwiegerva- nischen „communio”, das heißt „gemeinsam Lehrern ein Dankgedicht auf und überreichte ter Anton Fürst. an etwas teilnehmen”. Sie ähnelt in einer Reihe dabei eine Zitrone, in der ein großer Rosma- 33. Krugsmühle, Kleineibstadt, Michael von kirchlichen Gegebenheiten (z.B. dem rinzweig steckte. Einige Tage vor dem Fest Werner, 1 Gehilfe. ersten Gang zum Tisch des Herrn) und ver- brachten Verwandte, Nachbarn und Bekannte gleichbarem Brauchtum äußerlich der Konfir- Milch, Butter, Rahm, Quark und Eier und An der Milz und ihren Zuflüssen: mation auf der evangelischen Seite. Sie ist kein lieferten so reichlich Vorrat für die nötigen Sakrament, sondern bedeutet die Hinführung Bäckereien. So wurden auch arme Leute, die 34. Dorfmühle, , Hugo Held. zur Eucharistie. sonst keine Feier veranstalten konnten, in die 35. Dorfmühle, Höchheim, Heinrich Jünger, 1 Die Mädchen tragen ein weißes Kleid als Erin- Lage versetzt, ihren Kindern am Festtag etwas Gehilfe. nerung an das Taufkleid. Früher trugen sie auf Besseres zu bieten. 36. Gemeindemühle, Gollmuthhausen, August dem Kopf ein Myrtenkränzlein, an der Brust In Langenleiten in der Rhön war es üblich, Barthelmes, 1 Gehilfe. 37. Dorfmühle, Gollmuthhausen, Rudolf Hal- big und Genossen (Pächter ist Müller Otto Steinert), 1 Gehilfe. 38. Neumühle, Gemeinde Aubstadt, Johann Käb, 1 Lehrling. 39. Linsenmühle, Gemeinde Aubstadt, Gott- lieb Hey. 40. Schützenmühle, Aubstadt, Adolf Hey. 41. Buchmühle, Waltershausen, Stefan Rittwe- ger. 42. Dorfmühle, Waltershausen, Philemon Junius. 43. Weidachsmühle, obere, Waltershausen, Eduard Oppel. 44. Weidachsmühle, untere, Waltershausen, Friedrich Schön. 45. Papiermühle, Walterhausen, Martin Schunk, 1 Gehilfe. 46. Steinmühle, Saal, Julius Lehmann, 2 Gehilfen, 1 Fahr- und 1 Mühlknecht.

An der Baunach und ihren Zuflüssen: 47. Sulzdorfermühle, Sulzdorf a./L., Dorothea Mötzel Wwe., 1 Gehilfe, Haussohn. 48. Serrfeldermühle, Serrfeld, Georg Lorenz Pfarrer Dr. Hugo Paulus (rechts) und Lehrer Otto Mölter zusammen mit den Kommunionkindern Weiß, 1 Gehilfe. von Kleinbardorf zu Beginn der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts. Nr. 8 · Oktober 2000 Das Grabfeld Seite ­­­­­­­5 dass die Eltern der Erstkommunikanten häu- fig „Begleiter” für ihre Kinder bestellten. Die „Begleiter” waren Kommunionkinder des Vorjahres. Sie kamen am Festtag schon früh ins Haus und holten dort ihre Schütz- linge ab. Kommunionkinder und „Begleiter” versammelten sich vor dem Gottesdienst im Schulhaus, wo sie vom Pfarrer, von den Mini- stranten und der Blasmusik abgeholt und in feierlichem Zug in die festlich geschmückte Kirche geleitet wurden. Die „Begleiter”, die wie die Kommunionkinder selbst in dunklem Anzug bzw. weißem Kleid gekommen waren, knieten während des Gottesdienstes hinter den Kommunionkindern und gingen nach diesen auch zur Kommunion. Die Kommunikanten erhalten heute statt eines Erinnerungsblattes mit Namen, Kommuni- ontag und Unterschrift des Pfarrers häufiger auch Metallkreuze für ihr Zimmer. Für den Paten endete mit dem Kauf des Kommuni- ongewandes, der sogenannten „Ausstattung”, zwar die jährliche Schenkpflicht, jedoch nicht die Verantwortung. Im Landkreis Rhön-Grabfeld wird in allen Museen in der nächsten Zeit eine Wanderausstellung Oberlehrer Otto Mölter aus Kleinbardorf hielt über Kommunion- und Konfirmationsbräuche gezeigt. Kreiskulturreferent Hanns Friedrich sowie 1936 fest: „Ostern, Weihnachten und Pfingsten die Kreisheimatpfleger Cilli Pigor und Reinhold Albert zeichnen für die Ausstellung verantwort- werden zwei Tage gefeiert, weshalb auch der lich. eindrucksvollste Tag, der Weiße Sonntag, zwei Tage gefeiert wird. Am Montag nach dem Weißen Sonntag gehen Form kirchlich mündig gesprochen. Er erhält ein solches Sträußchen an der Brust. Vor dem die Kinder in der Früh mit ihren Kerzen zum die Zulassung zum Abendmahl und das Recht Gang zum Gottesdienst erhält der Geistliche Gotteshaus. Gewandet sind sie einfacher wie Pate zu werden. alter Sitte gemäß ein weiß leinenes Tuch und am Fest selbst. Muss doch jedes Mädchen ein Einst kleidete sich der Konfirmand, ähnlich einen Rosmarinstengel, die er auf dem Zug zur zweites Kleid haben für den „zwedda Dooch”. wie der kath. Firmling - zum erstenmal als Kirche in der Hand trägt. Ein schönes Her- Die Buben allerdings begnügen sich mit einem Erwachsener mit langer Hose. Für Mädchen kommen ist, dass unmittelbar nach Schluss des Gewand, das auch am zweiten Tag seine Ver- war mit der Konfirmation früher das Ende des Konfirmationsgottesdienstes mit Abendmahl wendung findet wie am Fest selbst. Das Kleid „Hängezopfes” gekommen. die Väter der Konfirmanden der Reihe nach der Mädchen für den zweiten Tag ist gewöhn- Auch in wenig kirchlich gesinnten Fami- in die Sakristei kommen, um dem Geistlichen lich farbig, um es für alle weiteren Feiertage lien wird der Tag der Konfirmation festlich für den Unterricht an den Kindern zu danken. des Jahres verwenden zu können. Während begangen. Andenken an die Konfirmation ist Weniger schön ist, aber kaum anders zu gestal- des Gottesdienstes schreiten die Kinder bei neben einem Gedenkblatt meist das evange- ten, dass bei dieser Gelegenheit der Geistliche der hl. Opferung zum Altar, um ihre Kerze zu lische Gesangbuch, in das der Pfarrer den Kon- eine Geldgabe in die Hand gedrückt bekommt. opfern. Die Kerzen werden dann während des firmationsspruch einträgt, der als Devise für Am Nachmittag werden die Gräber der Kinder Jahres an hohen Festtagen am Altar verbrannt das ganze Leben verstanden wird. In der Kon- aufgesucht, die in dem betreffenden Jahr zur und erinnern die Kinder noch sehr oft an das firmation blieb der Gedanke der kath. Firmung Konfirmation gekommen wären.” hohe, erhabene Fest der ersten Begegnung mit lebendig, die Luther und Calwin als nicht von Ein eigentümlicher Brauch ist aus Mühlfeld Herrgott. Christus eingesetzt betrachteten. bei Mellrichstadt überliefert, wo 1910 aufge- Zu Hause angekommen, wird kräftig zugel- In einer 1824 angefertigten Pfarrbeschreibung schrieben wurde: „Zu Beginn der Passionszeit angt; denn vom Hauptfest ist doch viel übrig von Sulzdorf ist nachzulesen: „Die Konfirma- werden die Kränze, die das ganze Jahr über geblieben. Es wird aber gleichzeitig auch das tion findet jährlich am Palmsonntag oder am 2. an den Emporbrüstungen usw. von der letzten Ränzel gepackt, denn um 10 Uhr geht’s fort Osterfeiertag statt. Der Akt geschieht wie folgt: Konfirmation her hängen, heraus genommen; zum ‚Kommunionausflug’. ... Gollmuthhau- Nach Absingung eines hierzu schicklichen Die Konfirmationsfeier wird am Sonntag nach sen, Höchheim, Irmelshausen waren uns bisher Gesanges prüft der Geistliche die Konfir- Ostern gehalten. Sie genießt in der Gemeinde unbekannte Orte, obwohl sie die Kinder schon manden vor versammelter Gemeinde im Chri- großes Ansehen. Des Putzens und Backens, oft im Grabfeldlied besungen.” So weit die stentum, lässt sie dann ihr Glaubensbekenntnis des Leiblich sich Bereitens hierzu in den Häu- Schilderung einer Kommunionfeier im Grab- ablegen und sie feierlich angeloben, dass sie sern will kein Ende nehmen. Am Tage selbst feld vor mehr als einem halben Jahrhundert. auf den bekannten Glauben leben, leiden und ist die Kirche gut gefüllt; die Paten sind mög- sterben wollen. Nachdem dies geschehen ist, lichst vollzählig vertreten, außerdem viele Ver- Die Konfirmation so nähern sich die Konfirmanden paarweise wandte. Nicht versäumt wird auch das Schmü- dem Altar und der Geistliche segnet sie ein, cken der Kirche in althergebrachter Weise Der Grundgedanke der Konfirmation geht worauf dann der Gottesdienst durch ein kurzes durch die Konfirmanden und ihre Angehöri- auf Martin Luther zurück: Wer zum Abend- Gebet, Segenspendung und Absingung einiger gen. Das Pfarrhaus, resp. der Eingang dazu, mahl geht, soll wissen, was er tut. Evange- passender Liederworte beschlossen wird. Der die Türen zum Schulhaus und zur Kirche, der lische Christen sollte der Zutritt zum ‚Tisch Konfirmandenunterricht dauert fünf bis sechs Aufgang zur Kirche bekommen in Gestalt von des Herrn’ erst dann gestattet sein, wenn Wochen. Acht Tage nach der Konfirmation Fichten ebenfalls ihren Teil an Schmuck. Eine sie vorher einen entsprechenden Unterricht gehen dann die Konfirmanden zum hl. Abend- Arbeit, die mit mehr Liebe und Hingebung als genossen hatten. Für diese „Unterweisung”, mahl. Das gesetzliche Alter ist das vollendete mit Verständnis ausgeführt wird. die mit einem „kirchlichen Verhör” vor der 13. Jahr.” Am Nachmittag, nach der gottesdienstlichen Gemeinde endete, veröffentlichte der Reforma- 1915 hielt der Sulzdorfer Pfarrer Ludwig Feier befindet sich nun der Pfarrer in einem tor 1529 seinen „Kleinen Katechismus”. Den Röder zudem fest: „Im Nachmittagsgottes- unheilvollen Konflikt der Pflichten. Die Sitte Abschluss, so Luther, soll eine „Confirmatio”, dienst werden die Konfirmationsscheine ver- aber, in der auch ein berechtigter Kern ganz das ist Bestätigung, ein Bekenntnis zum Glau- teilt und die einzelnen Denksprüche verlesen. gewiss steckt, erheischt, dass er von einem ben als jetzt Wissender, bedeuten. Lange Zeit Diese Scheine hält man sich in Ehren. Sie Haus, in dem ein Konfirmand wohnt, zum wurde auch statt des Namens Konfirmation werden gerahmt und erhalten Ehrenplätze an anderen zieht, gefolgt oder angekündigt vom „Einsegnung” gesagt. den Wänden der Wohnzimmer. Zur Konfir- Lehrer, der die gleiche Bahn ziehen muss; ein Nach dem Konfirmandenunterricht wird der mation erscheinen die Kinder ausnahmslos in oder zwei Tassen Kaffee schlürft, allerhand evangelische Christ im Alter von 14 bis 16 schwarzer Kleidung, die Mädchen mit künst- Verwandte kennen lernt, mancherlei über die Jahren vom Pfarrer der Gemeinde in feierlicher lichen Myrtenkränzchen im Haar, die Knaben Zukunft oder Vergangenheit redet, um abends Seite ­­6 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

Ein Patenbrief Mit einem „Patenbrief” luden einst im Württ- embergischen die Kommunikanten ihre Taufpaten zur Feier ein. Die Familie Bauer aus Rödelmaier stellte einen solchen für die Wanderausstellung zur Verfügung. Kreishei- matpflegerin Cilli Pigor transkribierte den in deutscher Schrift verfassten Text, der wie folgt lautet: „Geliebte Taufpaten! Der frohe Tag ist angebrochen, da ich vor Gott erneuern soll, was sie mir in der Tauf versprochen. Drum ist mein Herz vor Freude voll und dank- bar denke ich daran, was mit die Paten guts getan. Als ich nicht konnte selbsten reden, da habet ihr mit Herz und Mund im Glauben bei der Tauf versprochen, mit Gott geschlossen einen Bund. Auch hat mir dessen Patenliebe so manche Wohltat angetan. Drum dank ich euch aus reinem Triebe, weil ich es nicht vergelten kann. Gott gebe euch ein langes Leben, gesunden Leib und frohen Mut und woll’ mit seinem Schutz umgeben und segnen all euer Hab und Gut bis Gott für euer Patentreu im Him- mel euer Vergelter sei. Doch eine Bitte muß ich noch wagen an euch geliebte Paten: Wenn mein Bekenntnis Die obligatorischen Sammeltassen waren in alter Zeit ein beliebtes Geschenk zur Konfirmation ich werd sagen, so möchtet ihr auch Zeugen oder Kommunion. sein und beten dann für mich zu Gott, dass er mit beistehet bis in den Tod und weil der todmüde nach Hause zu kommen, ohne eigent- heißt es in einer volkskundlichen Arbeit über Himmel stehet offen für jeden der nur beten lich etwas Ersprießliches geleistet zu haben, Irmelshausen. Früher galt die Konfirmation als will, so lässt mich eure Liebe hoffen. Ihr zumal der Konfirmand mit dem Hut in der Grenze zwischen Kindheit und Jugendalter. betet für mich in der Still im Glauben und Hand gar nicht zu Haus ist, sondern im Ver- Erst jetzt durfte man die Lichtstuben besu- Beständigkeit Gott treu zu sein in Ewigkeit. ein mit seinem Mitkonfirmierten ebenfalls von chen, durfte man zum Tanz oder abends auf Das wünscht Euer dankbares Taufkind Fried- Haus zu Haus zieht, um sich gleichfalls den die Straße zum Treffen der Dorfjugend. Den rich Metterer. Die Konfirmation findet am Magen zu verderben, wenn nicht noch schlim- Burschen wurde an diesem Tag öffentlich die 27. März 1898 statt.” mere Dinge passieren. Doch wehe, wenn man erste Zigarre und der erste Schnaps angeboten. dieses Männleinlaufen nicht veranstaltet.” 1938 ergänzte der Mühlfelder Pfarrer Werner Keller: „Da meine Konfirmanden 1938 wegen Völlerei zum Teil sich abends erbrachen, wurde das Konfirmandenabendmahl von der eigentlichen Konfirmation getrennt. Konfir- miert wird am Palmsonntag, das Abendmahl der Konfirmanden samt deren Eltern wird am Karfreitagnachmittag gehalten. Schöner und segensreicher für beide Teile ist der Konfir- mandenspaziergang an einem der nächsten schönen Nachmittage. Empfehlenswert ist, nur einen Nachmittag dazu zu nehmen und nicht zu weit zu gehen; recht geeignet ist hierfür der Landsberg bei , weil auf diesem Gange alles vereinigt ist, was man bei solcher Gelegenheit sucht: Stadt und Land, Natur und Kultur, etwas für Körper, Geist und Gemüt”. Die Konfirmanden sind nun vollwertige Mit- glieder der Kirchengemeinde. Aber auch sonst werden sie nun eher „für voll genommen”,

Literatur: Schmidt, Gustav (Herausgeber): Oberfrän- kisches Brauchtum in alter und neuer Zeit, Bayreuth 1994, S. 223; Lexikon der Volkskunde; Im November wird im Vorgeschichtsmuseum in Bad Königshofen eine Sonderausstellung Roth, Elisabeth: Oberfranken im 19. und 20. zum Thema „Von Martini bis Lichtmess - Brauch und Aberglaube in der Weihnachtszeit Jahrhundert, Bayreuth 1990, S. 437 in Franken” eröffnet. Sie wird initiiert von Andrea Jakob vom Meininger Museum Schloss Volkskundliche Umfrage von 1911, die freund- Elisabethenburg, vom Restaurator des Vorgeschichtsmuseums, Andreas Rottmann sowie von licherweise Bezirksheimatpfleger Dr. Klaus Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert. In der Ausstellung, die im vergangenen Reder z.V. stellte; Winter in Meiningen zu sehen war, sind auch zahlreiche Bräuche aus dem Königshöfer Kraus, Alois: Chronik von Hendungen, 1983 Grabfeld dargestellt, wie z.B. das Kiz-Gericht in Gollmuthhausen (unser Bild), der Umgang des Breitenseer Christkinds, das Stärkantrinken im südöstlichen Grabfeld, das Verteilen des Voll, Josef / Holzheimer, Herbert u.a.: Glücksbrots in Irmelshausen oder die Lichtstube in Schwanhausen. Mein Dorf Langenleiten - Heimatbuch zur 300-Jahrfeier 1989; Nr. 8 · Oktober 2000 Das Grabfeld Seite ­­­­­­­7

Reinhold Albert Heinrich Richter schuf 1933 den Kreuzweg Vergessener Kreuzweg aus der Krankenhauskapelle Königshofen fand in Großbardorf eine neue Heimat m Oktober 1993 zog die Verwaltungsge- Tüncher- und Malergeschäft, das übrigens meinschaft Bad Königshofen in ihr neues heute noch existiert und von Heinrich Richters Ge-bäudeI in der Josef-Sperl-Straße um. Beim Enkel geführt wird. Der Hobby-Maler Richter, Ausräumen stieß man auf dem Dachboden des der auch Stadtrat in Königshofen war, malte Gebäudes (das ehemalige Landratsamt des nicht nur diesen Kreuzweg, sondern restau- Kreises Königshofen i. Gr. in der Kellerei- rierte z.B. auch die Deckengemälde in der straße) auf eine Pappschachtel. In ihr befanden Kapuzinerklosterkirche in Königshofen. sich vierzehn Kreuzwegbilder. Für diese fan- Der Kreuzweg hing vor seiner Abnahme in den die Verantwortlichen keine neue Verwen- der Kapelle des Kreiskrankenhauses Königs- dung. Der Geschäftsstellenleiter der Verwal- hofen und wurde dann (vmtl. in den sechziger tungsgemeinschaft, Albert Neugebauer, über- Jahren) auf den Dachboden des Landratsamtes gab daraufhin dem Verfasser dieses Beitrags in der Kellereistraße abgestellt. Als 1972 der die 14 Gemälde, die jeweils ca. 35 x 30 cm Landkreis Königshofen i. Gr. aufgelöst und die groß waren. Unschwer ließ sich schlussfolgern, Kreisverwaltung nach Bad Neustadt umzog, dass diese offensichtlich einmal in einer Kir- fand der Kreuzweg keine Beachtung, so dass che oder Kapelle hingen und dort auch wieder er in den Besitz der nunmehr in dem Gebäude hingehörten. beheimateten Verwaltungsgemeinschaft Bad Es galt zunächst herauszufinden, wer diesen Königshofen überging. Kreuzweg malte, wem er ursprünglich gehörte Aufgrund des Presseaufrufs meldete sich Stadt- und wo er hing. Auf der Rückseite der Bil- pfarrer Linus Eizenhöfer (Bad Königshofen. der waren mit Bleistift die Stifter der Bilder Er berichtete, in der Kapuzinerklosterkirche Heinrich Richter aus Bad Königshofen malte vermerkt. Hierbei handelt es sich um Persön- in Bad Königshofen fehle ein Kreuzweg. Evtl. vor 70 Jahren einen Kreuzweg für die Kran- lichkeiten, die vor allem in den zwanziger könnten die Gemälde dort eine neuen würdigen kenhauskapelle in Königshofen, der vor eini- und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts im Standort finden. Schließlich wurde mitgeteilt, gen Jahren einen würdigen Standort in der Bezirk Königshofen im Grabfeld tätig waren, die Kreuzwegbilder seien für die Klosterkirche Pfarrkirche von Großbardorf fand. Die Auf- und zwar Stadtpfarrer Adam Pfeuffer, Frl. ungeeignet und es werde ein würdiger Standort nahme zeigt die achte Station. Pfarrschwester Olga Pfeuffer, Günter Wiener gesucht. und Wohltäter, Altbürgermeister Eschenbach Am 21. Februar 1994 war einem Pressebe- und wurde somit der Vergessenheit entrissen. und Frau Gretchen, Schwester Oberin, Land- richt zu entnehmen, dass der Kreuzweg in der Kirchenmaler Helmut Mönch aus Saal a.d. wirt Hippeli, Gastwirt und Brauer Heinrich Pfarrkirche von Großbardorf eine neue Heimat Saale restaurierte die Kreuzwegstationen vor- Kneuer und Frau, die Sparkasse, Altbürger- finde und gegenwärtig restauriert werde. trefflich und die Großbardorfer Kirche erfuhr meister Gernert, Oberlehrer Nickler, Dr. Vilbig Im Oktober 1994 wurde im Mitteilungsblatt eine stilvolle Bereicherung. und Frau, Metzgermeister Hippeli, Bäckermei- der Gemeinde Großbardorf mitgeteilt: „Für den ster Firnschild und Frau Büttner. Auf der 14. Kirchenraum konnten endlich Kreuzwegsta- Station war das Jahr 1933 vermerkt sowie die tionen gefunden und nach sorgfältiger, fach- Anfangsbuchstaben des Künstlers, die zunächst männischer Überarbeitung angebracht werden. als „NC” oder „NK” gedeutet wurden. Zusammen mit den neuen Leuchtern ergeben Otto Schulz Daraufhin wurde ein Presseaufruf verfasst. sie nun ein wunderbares Bild und laden zum Dank der Mithilfe der Bevölkerung gelang es, Gebet ein. Einem besonderen Spender sei hier- die Herkunft des Kreuzwegs zu ermitteln. Die für herzlich gedankt.” Herbstwald 14 Gemälde schuf der Tüncher- und Malermei- Endlich hatte der vor rund sieben Jahrzehnten Stiller ward es nun im Laube, ster Heinrich Richter. Er war aus dem Rhein- geschaffene Kreuzweg eine sinnvolle Verwen- nur die scheue wilde Taube land gebürtig und betrieb in Königshofen ein dung in kirchlich genutzten Räumen gefunden gurrt für sich verträumt. Südwärts zog’s die kleinen Sänger, denn die Nacht wird kühl und länger und der Tisch geräumt.

Eichhorn huscht mit flinken Füßen zu den herbstlichen Genüssen unter Strauch und Baum, hört entsetzt der Hasen Klagen von Verfolgung, Angst und Jagen, Leben sei nur Traum.

Waldwart bunt, der Eichelhäher, flieget kreuz und quer als Späher, warnt und protestiert, wenn Reinecke lüstern schleichet, und das kranke Reh entweichet, eh’ er’s aufgespürt.

Dunkelblaue Waldesglocken Wollen noch ein Bienchen locken. Nebel zieht durch’s Tann, schläfert Blätter ein und Blüten, und sie fühlen im Ermüden schon des Todes Nah’n.

Völlig in Vergessenheit geraten war der Kreuzweg auf dem Dachboden des ehemaligen Landrats- Aus: Aus der Ernte eines Lebens. amtes Königshofen in der Kellereistraße. Die Aufnahme zeigt die Bilder kurz nach ihrer Entde- ckung 1993. Fotos: Albert Seite ­­8 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

Detlev Pleiss / Leo W. Hamm pold I. ein Bündnis mit Bayern, Sachsen, Han- nover, dem Polenkönig Johann Sobieski und Venedig. Die Türkenkriege und das Grabfeld Vor der im Sommer 1683 losbrechenden Über- macht zog sich der Führer der kaiserlichen Detlev Pleiss war einmal gefragt worden, ob Unsleben 1753 Truppen, Herzog Karl von Lothringen, vor- er eine Erklärung habe, warum man Ipthausen läufig zurück. Das seit dem 17. Juli 1683 ein- im lokalen Sprachgebrauch „Türkei“ nenne. „Es überrascht, dass sich 1753 in Unsleben geschlossene Wien verteidigte Rüdiger von Seitdem achtet er bei seinen Archiv-Studien türkische Gefangene befanden, wahrschein- Starhemberg bis zum Sieg des zu Hilfe gekom- auch darauf, ob er irgend welche diesbezüg- lich als Tagelöhner beschäftigt, die in jedem menen Reichsheeres am Kahlenberg (12. Sep- liche Hinweise finden könne. Und er hat solche Quartal vom Gastwirt auf Gemeindekosten tember 1683). Damit war der Ansturm auf das gefunden. einen kleinen Betrag ausgezahlt bekamen. Der christliche Abendland gebrochen. letzte Türkenkrieg zwischen dem Reich bzw. Der deutsche Gegenschlag begann: Karl von Habsburg und dem osmanischen Reiche hatte Waltershausen 1686 Lothringen eroberte 1686 Ofen, ganz Ungarn mit dem Frieden von Belgrad 1740 geendet. wurde bis zum Mai 1688 befreit. Die Türken Sechzehn Paten für ein Kind sind eine Selten- Diese Türken oder Balkanesen waren in Uns- gewannen wiederum nach einer Erholungs- heit. Nun versammelten sich in der Walters- leben hängen geblieben und werden nicht mehr pause Belgrad zurück, bis sie schließlich Prinz häuser Kirche gar 16 adelige Paten: wer mag heimgekehrt sein. Eugen von Savoyen 1697 entscheidend schlug. da getauft worden sein? Es war ein „türkisches Anm.: Aus dem Manuskript eines noch nicht veröffent- Im Frieden von Karlowitz (1699) verzichtete Mägdlein von ungefähr 3 oder 3 1/2 Jahren“. lichten Buches von Franz Bungert, Unsleben; dem Ver- die Türkei auf die ehemals eroberten Gebiete. Wolf Dietrich Marschalk von Ostheim hatte es fasser (D.Pleiss) freundlich überlassen im August 1999. Indem die Habsburger Deutschland und Europa bei der Eroberung Neuhäusels zusammen mit Quelle: Gemeindearchiv Unsleben; Dorfsrechnung von 1753 vor einer osmanischen Überflutung schützten, einer älteren türkischen Frau erbeutet. erwuchs ihr Stammland zur österreich-unga- Menschen, auch Kinder zu verschleppen war rischen Großmacht. in den damaligen Kriegen nichts Ungewöhn- Königshofen i. Grabfeld 1655 liches. So wurden Beuteknaben aus Thüringen In neu entflammten Kämpfen stellte sich nach Finnland verschleppt, und der schwe- Das früheste Indiz fand sich im kath. Pfarr- der Kaiser auf die Seite Venedigs (1716- dische König schenkte dem Kurfürsten von archiv in dem von 1600 bis 1998 dort ver- 1718). Prinz Eugen errang glänzende Siege Sachsen ein Kinderpärchen aus Lappland. wahrten Kirchenbuch K 1. Dieses Buch wurde insbesondere bei Peterwardein (1716) und Das türkische Mägdlein hatte bei seiner Ergrei- 1998 nach Würzburg weggegeben. Es ist eine Belgrad (1717) – Neue landschaftliche Zuge- fung „ein Röcklein von Atlas angehabt“. In reichhaltige, noch nicht annähernd ausge- winne brachten ein Übergreifen Österreichs Deutschland dann „hat es sich auch allein bald schöpfte Quelle zur Ortsgeschichte. Angelegt in den Balkanraum; allerdings gingen 1739 zur deutschen Sprach, sondern auch zum Beten wurde es von Pastor Gottfried Thein. Zwölf nach einem weiteren dreijährigen Krieg einige willig erfinden lassen. Absonderlich aber hat Federn schrieben dann, zwölf Männer ver- Gebiete wieder verloren. es die Frage, ob es ein Christ werden und schliss das Amt in den ersten 48 Jahren, bis Nun wurde der Südostraum durch eine Militär- getauft sein wolle, mit einem deutlichen JA kurz vor Waffenstillstand 1648 Christian Karg grenze gesichert. Bauernsoldaten wurden hier beantwortet“. kam und 20 Jahre blieb. Er war es, der am in zahlreichen Dörfern angesiedelt, in einem Die Taufe des Mägdeleins geschah am 7. März, Zweiten Weihnachtstag Anno 1655 einen Tür- großen Schwabenzug wurde der durch jahre- die der Frau am 28. August 1686. ken auf zwei christliche Namen taufen durfte. lange Kämpfe verwüstete Raum wieder neu Ob er vor Freude beschwipst war, als er den besiedelt. Anm.: Ev. Pfarrbuch Waltershausen, Kirchenbuch, als Taufeintrag ins Kirchenbuch schrieb? Da steht auf Folio 171: Würzburgische Truppen waren bereits 1664 >K 1 (1602-1691) < bezeichnet. Es handelt sich histo- in Ungarn dabei, 1683 gehörten sie zum Ent- risch gesehen um das dritte 1655 begonnene Kirchen- „ Ist ein Türckh getauft worden nahmens: buch. Für die Jahre 1602 bis 1654 stellt es eine unvoll- Georg Franciscus; Herr Commentant Georg satzheer vor Wien, bis 1688 kämpften sie an ständige Rekonstruktion dar, wie aus f 1 und p.3. p.14 Antonio von son.“ der Seite des kaiserlichen Heeres. 1697 kamen zu entnehmen ist. Der Eintrag ist arg karg für solch ein seltenes zwei Regimenter zu Fuß (= 20 Kompanien) Pfarrarchiv Waltershausen, K 1, S. 168, 170, 174 Ereignis und am Ende eindeutig zu kurz: von und ein Dragoner-Regiment (= 4 Kompanien) Heppenheim genannt von Saal war der kor- dem Kaier gegen die Türken zu Hilfe. 1699 Eichelsdorf 1689 rekte Name des damaligen Kommandanten und kehrten sie zurück. Taufpaten, nicht >von son<. Im neuerlichen Türkenkrieg 1714-1718 grif- Hier waren es neun adelige Paten, die der Der Rest ist einstweilen nur Spekulation, fen die Würzburger Truppen erst gegen Ende Taufe eines im Türkenkrieg Gefangenen bei- könnte aber anhand der Steuerlisten im Stadtar- ein; beim Donauübergang des Prinz Eugen soll wohnten. Das Gebiet am westlichen Ortsrande chiv nachgeprüft werden. Sollte jener getaufte Balthasar Neumann dabei wesen sein. Richtung Rottenstein, wo dieser Türke wohnte, „Türke“ sich im Vorort Ipthausen niederge- Ende der dreißiger Jahre nahmen letztmals wird seither >Türkei< genannt. So heißt es in lassen haben, geht die Bezeichnung „Türkei“ Würzburger Truppen an einem Türkenkrieg der 1983 erschienenen Ortschronik. analog zu den Eichelsdorfer Fall vermutlich teil, insgesamt 2300 Mann. Der Chronist Geiß- Anm.: Liselotte Sörgel-Füglein; Die Eichelsdorfer Kir- auf ihn zurück, und Ipthausen wäre die älteste ler, getrieben von Türkenhaß, schrieb damals: che und ; ihre Geschichte – Festschrift „400 Jahre bisher bekannt Türkei in Franken. Pfarreierhebung“; (Die Würzburger Soldaten) dürsten nach Eichelsdorf 1983; S. 11 - 60, hier: S. 54 Anm.: Zu beachten, dass in der Frühen Neuzeit nicht türcken bluth, nur Menschen aus der heutigen Türkei „Türke“ genannt wurden, wie ja umgekehrt im Orient „Franke“ ein Sam- sie seine begierig, zu fechten; geb acht o Würzburg 1697 melname für allerlei christliche Europäer war. Muselmann! Sie werden dich curanzen (verhauen), die Krieg ist immer auch Kulturtransfer - meist zeigen dir in ernst, ganz bitter pommeran- von vorübergehender, manchmal auch mit Soweit Detlev Pleiss. Was sich in der Zeit bald zen, der saft ist aber roth bringt dir den bleibender Wirkung. Kurz nach der größten bittren toth. Türkennot und überstandener Belagerung nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges in wurde in Wien 1684 das erste Kaffeehaus Südosteuropa tat, soll der folgende Überblick Die Würzburger Truppen, die 1740 zurück- eröffnet. Es dauerte fast vierzig Jahre, bis der daralegen: kehrten, waren vor allem durch Krankheiten neue Brauch Berlin erreichte. In Franken aber Innenpolitische Schwierigkeiten hatten die um fast die Hälfte dezimiert worden. Das gestattete Fürstbischof Johann Gottfried von Türken seit 100 Jahren gehindert, am Balkan Hochstift hatte für die kaiserlichen Türken- Guttenberg schon 1697 „dem getauften Türken weiter vorzudringen, um ihr Machtgebiet zu kriege einen hohen Preis bezahlt! Johann Ernst Nikolaus Strauß die Niederlas- erweitern, doch unruhig war die Grenze seit Dass auch Truppen aus der Festung Königs- sung und begründete so das erste Kaffeehaus langem. Erst unter Muhamed IV. (1648-1687) hofen abgeordnet waren, ist als selbstverständ- Würzburgs.“ drängten sie mit großer Macht wieder gegen lich anzunehmen. Dass Militärs einzelne tür- Siebenbürgen und Ungarn an. Gegen einen seit kische Personen mitbrachten, wird durch die Anm.: Winfried Romberg; Johann Gottfried von Gutten- Herbst 1682 erwarteten weiteren türkischen berg zum 300. Todestag...; in: Frankenland, Würzburg Studien von Detlev Pleiss belegt. 1998, S. 406-416; hier: S. 411 Angriff nach Mitteleuropa schloß Kaiser Leo- Nr. 8 · Oktober 2000 Das Grabfeld Seite ­­­­­­­9

gegen den Islam auch nach einem guten Salär. wurde er schließlich zum kaiserlichen Obrist- Der fränkische Adel war zahlreich vertreten. Felzeugmeister befördert. 1705 verstarb er. So kämpften etliche Mitglieder der weit ver- Johann Ludwig v. Bibra war 1713-1716 gegen zweigten Familie derer von Bibra im Dien- die Türken eingesetzt.. ste des Hochstifts bzw. des Kaisers gegen die Wilhelm Ernst v. Bibra (1691-1778) war 1716 Türken: Hauptmann in Ungarn, 172o lag er in Sieben- Schon 1664 fiel ein Hans Georg v. Bibra im bürgen in Garnison. Gefecht bei St. Gotthard gegen die Türken. Johann Ernst v. Bibra (* 1691) war 1729 kai- 1683 kämpfte Christoph Erhard v. Bibra als serlicher Hauptmann im Dragoner-Regiment Rittmeister im neu formierten fränkischen Philipp als er in Ungarn verstarb. Dragonerregiment Hedersheim in der großen Nun war es damals durchaus üblich, dass sich Befreiungsschlacht bei Wien mit. im Heerestross auch einiges Bedienungsperso- Georg Friedrich v. Bibra focht in derselben nal befand, manchmal auch Familienangehö- Schlacht ; 1687 war er Hauptmann im frän- rige.Hier fanden eben bei Bedarf auch in die kischen Regiment Köth und mit diesem auch Hände Gefallene Aufnahme. Und es drängte noch gegen die Türken in Ungarn. Sein Sohn die adeloigen Offiziere diese mit heimzufüh- Carl Heinrich kämpfte 1699 noch als halbes ren, um als Sieger in dem Verteidigungskrieg Kind unter seinem Vater in Ungarn gegen die gegen die Türken auftreten zu können und sich Türken. als Retter Europas darzustellen. Johann Ernst von Bibra (* 1662) stand eben- falls vor Wien. 1697 war er General-Feldmar- schall-Lieutenant des Hochstifts Würzburg. Als Kaiser Leopold 1698 den Kriege mit den Literaturangaben Türken rasch beenden wollte, sandte auch das Der illustrierte Ploetz; Würzburg 1982 Hochstift Würzburg seine beiden Infanterie- Albert Reinhold; Dorfspitznamen aus dem Grabfeld; Über das weitere Schicksal der Verschleppten Regimenter Bibra und Fuchs zu je 1800 Mann In: Jb des Lkrs.Rhön-Grabf. 1990; hier: S. 194 ist (bislang) nichts bekannt - immerhin hatte Soll-Stärke (jedoch nur mit 1541 bzw. 1672 v.Bibra Wilh.; Beiträge z. Gesch. der Reichsfreiherrn von das Waltershäuser Mägdlein „ein Röcklein Mann Ist-Stärke) nach Ungarn. Das Korps Bibra; Dritter Band; München 1888 von Atlas“ angehabt und war möglicherweise kam jedoch nicht mehr zum Einsatz, da Sultan Bungert Franz; Volksfrömmigkeit u. ihre Ausdrucks- höheren Standes gewesen. Auch ist es auffäl- Muhamed IV. am 26. Januar 1699 gezwun- formen in Früheren Zeiten; in: Jb.d.Lkrs.Rhön-Grabf. lig, dass zahlreiche adelige Taufpaten genannt gen war, Frieden zu schließen. Am 25. April 1991; S.136 ff werden. Immerhin gibt auch das Deckenge- Friedrich Hanns; Warum die Ipthäuser als die Türken 1699 bekam der General den Befehl, seine mälde im Ipthäuser Kirchlein einen nicht zu und ihr Dorf als kleine Türkei bezeichnet werden; in: Truppen in die Heimat zurückzuführen. Am übersehenden Hinweis Rhön-Saale-Post v. 23. März 2000 9. Mai rückte man ab und traf am 1. August Kolb / Krenig; Unterfränk. Geschichte; Bd. 4/1; Würz- Junge Adelige verdingten sich als Militärs; der in Oberzell und Himmelspforten 1157 Mann burg 1998 Kinderreichtum der Familien setzte deutliche stark ein. 1701 wurde Johann Ernst v. Bibra May/Scharold; Gesch. d. neueren Zeit; München 1952 finanzielle Grenzen. So strebte man neben kaiserlicher Feldmarschall-Lieutenant (ohne Pleiss Detlev; Türken und Türkeien in Unterfranken (in zu erwerbenden glorreichen Ruhm im Kampfe sein Würzburger Regiment aufzugeben), 1704 der Frühen Neuzeit); MS 1999.

Karl Lurz Ablösung der Grundlasten in Großeibstadt 1848

it dem Gesetz über die Aufhebung der eibstadt waren Kaspar Knobling und Valtin Martinifristen an den Gutsbesitzer entrichten standes- und gutsherrlichen Gerichts- Wirsing. sollten. Mbarkeit, dann die Aufhebung, Fixierung und Fronarbeiten für den Lehensherren wurden Um sich der vollen Zufriedenheit sämtlicher Ab-lösung der Grundlasten (veröffentlicht im zum 1. Januar 1849 ohne Entschädigung Fronpflichtigen mit dieser Regelung zu über- Intelligenz-Blatt für Unterfranken und Aschaf- für den Berechtigten aufgehoben. Blutzehnt zeugen, verlangte man deren Unterschriften. 70 fenburg am 4. Juli 1848) wurden alle noch (lebendiger Zehnt) bei Vieh, sowie der Klein- Nachbarn unterschrieben das Protokoll auf der bestehenden Grundlasten abgelöst. zehnt (Gartenzehnt) hörten für die Zukunft rechten Seite und waren somit für die verein- Der Abschnitt I, Artikel 1, regelt die Auf- ohne Entschädigung auf. barte Ablösung, 21 Nachbarn unterschrieben hebung der standes- und gutsherrlichen Auch schon vor 1848 gab es Verhandlungen auf der linken Seite und waren folglich gegen Gerichtsbarkeit. Dieser Abschnitt betraf Groß- zwischen den Grundherren und den Grund- die Ablösung. eibstadt nicht, da es ein solches Gericht in der holden von Großeibstadt, um Fronleistungen Im Abschnitt IV des Gesetzes wurde die Gemeinde nicht gab. Auch das eigene Patrimo- in Geld abzulösen, so geschehen am 12. Ablösung aller Grundlasten bestimmt. Die nialgericht der Herren von Münster in Klein- August 1836. Laut Protokoll hatten Großeib- jährlichen Grundlasten (gleichbleibende und eibstadt wurde bereits 1829 abgelöst. städter Grundholde Hand- und Spanndienste fixierte) wurden auf das achtzehnfache hoch- Abschnitt II regelte die Aufhebung und Regu- beim Gutsbesitzer Heinrich Muselmann auf gerechnet und dies war der Ablösungsbetrag, lierung der persönlichen und der auf dem dem Lindleshof zu leisten. Diese Fronarbeiten der bar erlegt werden konnte. Somit hörte jeder Boden haftenden Lasten und Abgaben. Die bestanden aus Pflug-, Saat- und Erntearbeiten, Anspruch der Berechtigten auf und der Bauer in Naturalien bis dahin entrichtenden Grund- Mistausfahren und Futterernte. Die Grundhol- wurde Alleineigentümer und konnte uneinge- lasten wurden nach den damals gültigen Sätzen den bekamen nach erledigter Arbeit bei der schränkt über die Nutzung entscheiden. und Preisen in Geld (Gulden) angeschlagen. Getreideernte ein Pfund Brot, eine Erbsen- Da die meisten Bauern das Geld für eine bare Zur Ermittlung des durchschnittlichen Zehn- suppe mit gedörrten, gekochten Birnenobst Ablösung nicht hatten, konnten sie jährliche tertrages wurden die Jahre von 1828 bis 1845 und jeder ein Maß Bier. Um sich nun diese Ablösungsraten an die eigens dafür geschaf- herangezogen. Für die Feststellung des reinen Last des Ortes in der Folge zu entledigen, fene Ablösungkasse entrichten. Diese Zah- Zehntertrages wurden Sachverständige bestellt. wurde der Gemeindeausschuss in Großeib- lungen konnte auf verschiedene Art und Weise Die Berechtigten und die Pflichtigen stellten je stadt mit dem Muselmann zur Ablohnung entrichtet werden und nahmen die rechtliche zwei Schätzer und das Gericht einen Schätzer. dieser Fron für immer in der Art einig, Natur eines Bodenzinses an, welcher am 15. Die zwei Schätzer der Pflichtigen von Groß- dass die Großeibstädter 300 Gulden in vier Dezember eines jeden Jahres fällig war. Seite ­­10 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

Leo W. Hamm Ein Soldatenschicksal vor 200 Jahren

n der Geschichte des Kgl. Bayerischen 6. Aufstand zu bekämpfen. Chevauxlegers - Regiments ist in dem Ver- Auch bei dem im April 1792 ausgebrochenen zeichnisI der Offiziere folgender Eintrag zu Kriege zwischen Österreich und Frankreich finden: waren würzburgische Truppen mit dabei; hier „94. Kaspar Lurz, geboren 1762 zu Merkers- dürfte sich Lurz hervorragend bewährt haben, hausen bei Königshofen, 16. Juli 1788 Gemei- so dass er zum Wachtmeister befördert wurde. ner im Dragoner-Regiment, 10. März 1783 Auch am Feldzug 1799 gegen Frankreich Korporal, 18. Januar 1793 Wachtmeister, 20. nahm er teil, was ihm eine weitere Beförde- September 1799 Unterleutnant, 1. April 1803 rung einbrachte. in das Chevauleger -Regiment Bubenhofen Als 1803 das Hochstift Würzburg an Bayern übernommen, 1.November 1805 Oberleutnant, kam, wandelte Kurfürst Maximilian Joseph fiel als solcher am 22. April 1809 bei der Atta- in einer Kabinettsorder vom 31.03.1803 das cke von Eggmühl”. Dragonerregiment in das Chevauleger-Regi- In einer Zeit, in der der Offiziersrang vornehm- ment Bubenhoven um. 1804 wurde es in 4. lich Angehörigen des Adels vorbehalten war, Chevauleger-Regiment umbenannt (und 1811 In der Schlacht bei Eggmühl am 22. April 1809 müssen außerordentliche Verdienste vorgele- in 6. Chev.Rgt). 1805 ist Lurz in der 2. Majors- besiegte Napoleon mit seinen Verbündeten die gen haben, die Kaspar Lurz diese Laufbahn Eskadron nachweisbar, 1809 in der 1. Majors- Österreicher entscheidend. Die Schlacht in der ermöglichten. Eskadron. Laaberaue und auf den angrenzenden Höhen Lurz trat 1788 zunächst in das würzburgische Als Standorte dienten Würzburg, Bamberg, bezeichnete Napoleon später als seine größte Dragoner- Regiment unter Oberst Freiherr von Schweinfurt und . 1805 stellte sich Bewährungsprobe. Zum Gedenken an die Tau- Guttenberg ein. Das Regiment umfasste 500 Bayern auf die Seite Napoleons, was dem Kur- sende von Opfern steht seit 1909 ein großes Mann in 5 Eskadronen und versah in Würz- fürstentum die Königskrone einbrachte. In den Löwendenkmal mahnend über dem ehemaligen burg für lange Zeit Infanteriedienste, da es an Kämpfen nun gegen die Österreicher dürfte er Schlachtfeld. Pferden mangelte. sich erneut hervorgetan haben, was ihm nun 1790 wurde ein Teil des Regiments dem Erz- den Rang eines Oberleutnants einbrachte. hause Österreichs zur Verfügung gestellt, um Am Kriege 1806 gegen Preußen nahm das nun- griff eroberte die bayerische Reiterei erneut in den Niederlanden einen im Gefolge der mehrige 4. Bayer. Chev.-Rgt. nicht teil, doch die Anhöhe und weitere fünf Geschütze, dies- französischen Revolution ausgebrochenen als Österreich 1809 die Grenzen überschritt, mal von französischen Kürassieren unterstützt. kam es zu erheblichen kriegerischen Ausei- Napoleon geizte nicht mit Lob und Auszeich- nandersetzungen nungen. zwischen Frankreich Doch Major Blattner, Oberleutnant Lurz, und Bayern einerseits Unterleutnant Merx und 27 Chevauleger und Österreich auf waren gefallen. Verwundet wurden Rittmeister der anderen Seite, die Schiffmann (später gestorben), Oberleutnant am 22. April 1809 in der Schlacht bei Egg- mühl (südlich von Regensburg) einen Höhepunkt erreich- ten. Nordwestlich von Eggmühl hatten die Österreicher auf dem Bettelberg 16 Ge- schütze aufgestellt, die den gegnerischen Truppen besonders lästig zu werden drohten. Napoleon, Opfer nicht scheu- end, befahl die Er- stürmung der An- höhe. Mölter und 75 Chevauleger. Da der Angriff Den Auftrag erhielten von 2 1/2 Eskadronen durchgeführt wurde die bayerischen Rei- (1 Schwadron hatte eine Stärke von 100-150 ter. In gerader Rich- Mann) war dies ein blutiger Opfergang. tung stürmten sie an und erreichten unter erheblichen Opfern die Ge-schütze. Die Quellenangaben: Artilleristen wur- Beckerle Adolf; Caspar Lurz, einem Tapferen den zusammenge- des Grabfeldes zum Gedächtnis; hauen bzw. in die In: Bl.f.H. 1935/8 Flucht geschlagen Clement A.; Das 150 jährige Jubiläum des und zunächst vier königl. bayerischen 4. Chevauleger-Regi- Geschütze ent- ments;1895 führt, als plötzlich v.Reichenau (Hrsgb); Schlachtfelder zwi- acht österreichische schen Alpen und Main; München 1938 Schwadronen ihrer- Wegner Günter; Deutschlands Heere bis 1918; seits die Bayern Osnabrück 1984 überfielen und diese Den Herren Werner Bergmann (Kirchenl- die Anhöhe hinter- amnitz) und Walter Hamm (Uettingen) bin ich trieben. Im Gegenan- für wertvolle Hinweise dankbar. Nr. 8 · Oktober 2000 Das Grabfeld Seite ­­­­­­­11

Aus der Reichswehrzeit Herbstmanöver 1930 in Unterfranken; Feldparade in Römhild am 19.September 1930 m Anschluss an die Herbstmanöver (als dann die 5. Nachrichtenabteilung (Cannstatt); Aus: Die Tradition - Informationen für Militariasamm- „Reichswehrrahmenübung” bezeichnet) der im Galopp das 5. Artillerie-Regiment (Fulda, ler, Okt.1996. 5.I Division (Stuttgart) und der 3. Kavallerie- Ulm, Ludwigsburg, Fritzlar) und die 5. Fahr- Division (Weimar) in Unterfranken fand bei der Abteilung (Ludwigsburg, Kassel, Ulm). Den südlich Meiningen gelegenen Stadt Römhild Schluss bildeten die Reiter-Regimenter wie eine große Feldparade statt. Die persönliche folgt: 13. (Preußisches) Reiter-Rgt. (Hanno- Anwesenheit des greisen Reichspräsidenten ver, Lüneburg), 14. Reiter-Rgt. (Ludwigslust, Generalfeldmarschall Paul v. Hindenburg ließ Parchim, Schleswig), 15. (Preußisches) Reiter- eine große Menschenmenge (man sprach von Rgt. (Paderborn, Neuhaus, Münster/Westf.), Lotte und Christine Uhlein 100.000 Zuschauern) nach Römhild strömen. 16. Reiter-Rgt. (, Hofgeismar, Langen- In den Morgenstunden des 19. September 1930 salza), 18. Reiter-Rgt. (Cannstatt, Ludwigs- rückten die zu Paradetruppen bestimmten burg). Hindenburg stand während der ganzen, Meu’ dehem! Regimenter der 3. Kavallerie-Division und zweistündigen Parade auf einer kleinen Tribüne Ich bin vo’ Ermelshause, on doa drü’ bin der 5. Division auf das Paradefeld. Ein Zei- und grüßte die vorbei paradierenden Truppen. ich frohe’, tungsbericht schreibt: „Die Herbstsonne stieß Ein zeitgenössischer Pressebericht hat ein on will a’kee’oner Nurt laab’, als wie doa’! durch und von den Bergen hob sich die Nebel- kurioses Ereignis während des Truppenvorbei- Scho’ for onern Dorf zwesche grüne Wiese, kappe”. Der Reichspräsident wurde in Römhild marsches festgehalten: tut die Melz’gonz gemütlich verbei fliese. mit Ehrentrunk und Frühstück begrüßt; er fuhr Ein junger Soldat stolperte wahrend des Para- Der Wald vo’weiten zu ons guckt, dann im offenen Wagen auf das Paradefeld, demarsches und lag, als sein Bataillon vorü- ner’die Gleichberch sen monchmol von zuerst an der Front der angetretenen Krieger- ber war, flach auf dem Boden im Paradefeld Nawel verschluckt! verbände entlang. Generaloberst Heye , Chef unweit vom ersten Richtungsoffizier. Das laute Pfeuft en’ Wenter a’ bal der kalt der Heeresleitung, meldete, auf einem Schim- Lachen tausender von Zuschauern übertönte Rhöewend’mich öm, mel beritten, die an der Parade teilnehmenden kurz die Musik. Schon rückte von rückwärts dos macht mir nis’aus, denn ich bin doa Truppen. die nächste Bataillonskolonne heran. Jeder- dehem! An der Spitze der anrückenden Regimenter mann erwartete wohl, dass der Pechvogel, der En’onen Dorf kennt jedr’en onere sen’ ritten General der Kavallerie v. Kayser ( Ober- rasch Gewehr und Helm aufsammelte, flucht- Nome, befehlshaber des Gruppenkommandos 2 ) und artig nach der Seite laufen würde. Aber nein ner’zu die Frömme soche mer’”Sie”, die der Kommandeur der 5. Division Frh. Seutter – ruhig setzte er seinen Helm gerade auf, stand zu ons komme! v. Lötzen. Die Fußtruppen der 5. Division - das still, nahm mit zackigem Griff „das Gewehr Fohr ich emol’ fort, neu die gruße Welt, 13. (Württembergische) Infanterie - Rgt. (Lud- über” und marschierte dann in tadellosem do’ dauerts net’ long, des mers’doa nimmer wigsburg, Stuttgart, Ulm), das 14. (Badische) Paradeschritt mit Blickwendung rechts ganz gfällt! Inf.-Rgt. (Konstanz, Meiningen, Tübingen, allein am Feldmarschall vorbei. Stürmischer Niss ko’ich ge’ess, niss ko’ich ge’trink, Donaueschingen, Villingen), das 15. Inf.-Rgt. Beifall der Zuschauer war die Reaktion. Das ich muß ner’ömmerzu o’meu Ermeslhause (Kassel, Gießen, Eisenach, Weimar, Marburg/ Nachspiel sei kurz geschildert: Feldmarschall denk! Lahn) mit je drei Bataillonen und das Pionier- v. Hindenburg ließ sofort nach der Parade den Tu’ich nocher vo weiten die Dormspetze Bataillon (Ulm und Neu-Ulm) marschierten Soldaten und seinen Kompaniechef kommen sen’ in Bataillonskolonnen, also vier Kompanien und sprach beiden seine Anerkennung aus. on die gut’Londluft riche, in Kompaniefronten dicht aufgeschlossen, , Der Soldat wurde zum Gefreiten befördert und nocher bin ich dehem! in massierten Blocks mit klingendem Spiel erhielt bald darauf als Anerkennung eine Uhr. am Reichspräsidenten vorbei. Im Trab folgte Hm

Hindenburgparade bei Römhild/Mönchshof im September 1930. Seite ­­12 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

Reinhold Albert Das „Aufschreib-Buch” des Valentin Reichert aus Herbstadt

ei der Erarbeitung der Chronik der gestreut. Ziemlich ein Drittel der Ernte ging Titanic 1912 findet in Reicherts Familienchro- Gemeinde Herbstadt, die im kommenden dadurch verloren. nik Erwähnung, ebenso der im gleichen Jahr FrühjahrB aus Anlass der 1200-Jahrfeier von Über das Jahr 1908 schrieb Reichert u.a. nie- erfolgte Tod des bayer. Prinzregenten Luitpold, Herbstadt und Ottelmannshausen erscheinen der: „Ein so nasses Jahr wissen sich die älte- der im Volk sehr beliebt war. wird, fiel auf, dass in den Quellen, insbeson- sten Leute nicht zu erinnern. Im Juni ging’s an Zum Jahr 1913 heißt es: „Nichts wie Kriegs- dere in Schriftstücken in der Kirchturmkugel, und regnete mit kleinen Unterbrechungen bis furcht und deshalb keinen Unternehmungs- eine Familienchronik der Reicherts des öfteren September. Das sämtliche Getreide wuchs aus geist.” Zu 1914 schrieb Reichert: „... aber die Erwähnung findet. Die Familie hat über Jahr- auf dem Felde.” Nicht zu Unrecht bezeichnete böse Kriegsdrohung will kein Ende nehmen. hunderte an maßgeblicher Stelle das Schick- er das Jahr 1909 als „Plagjahr ohnegleichen.” Und richtig, am 29. Juni war es soweit!” Der sal Herbstadts mitbestimmt, stellte nicht nur Im Februar 1909 wurde Valentin Reichert Zeitzeuge beschreibt kurz den Anlass und den zahlreiche Bürgermeister, sondern auch Abge- von den Höchstbesteuerten in den Distriktsrat Verlauf des Krieges - und dessen Auswüchse. ordnete im Berliner Reichstag. Auf Nachfrage (heute Kreisrat) gewählt. 1909 wurde in die- So hält er beispielsweise zum Jahre 1916 fest: stellte Theo Reichert eine um 1900 begonnene sem Gremium beschlossen, ein Stück Straße „Eine Teuerung ohnegleichen. Leute natürlich Chronik freundlicherweise zur Verfügung, die erstmals im Kreisgebiet mit einer Dampfwalze mit weitem Gewissen verkaufen Eier, Butter sein Großvater Valentin Reichert (geboren zu walzen, und zwar die Strecke von Königs- etc. an Schleichhändler, hauptsächlich vom 1870) bis zu seinem Tod 1956 führte. Theo hofen nach Großeibstadt und von Königshofen Thüringer Wald. Die Leute hatten alle Geld Reichert berichtete, dass ältere Familienchro- nach Eyershausen. Der Kilometer kostete 3000 genug. Die Munitionsarbeiter in den Fabriken niken nicht mehr vorhanden sind. Die 267 - 4000 Mark. Da die Straße nach Herbstadt erhielten 10 - 20 Mark den Tag. Und ging Seiten umfassenden Aufzeichnungen Valentin durch die 1907 von einer Bremer Firma erbaute alles, was nicht zu Hause benötigt war, nach Reicherts sind ein überaus wichtiges Zeitzeu- Gasleitung zur Gasanstalt Königshofen stark Suhl oder Schweinfurt. In den Städten war es gnis. Nachfolgend wird das Interessanteste gelitten hatte, sollte diese mit dem Walzen natürlich noch viel ärger mit Geldverdienen. mitgeteilt. noch warten, bis sie sich wieder gesetzt habe. Da wurden Leute in einem Jahre Millionär. Über das Jahr 1905 hielt Reichert fest: „Was Während ein Teil seiner Ablieferungspflicht die Ernte für das Jahr 1905 betrifft, so wird „Er wird sich die Hörner nachkommt, verkauft der andere Teil seine es eine der quantitativ geringsten sein, mit noch abstoßen!” Produkte an die Schleichhändler um den 4, Ausnahme des Notjahres 1893 seit vielen 5, ja 10fachen Preis. Die Butter, die jetzt 4,19 Jahren. Es war die Folge einer großen Dürre, Aus dem Jahre 1910 überliefert Valentin Rei- M kostet das Pfund, kaufen Thüringer aus der anfangend im Frühjahr bis tief in den Herbst chert: „Unser Herr Bezirksamtmann, Freiherr Industriegegend von Suhl oder Sonneberg um hinein.” Am 1. Dezember 1905 fand die alle von Ruffin, den wir im Sommer 1909 erhielten, 15, ja 20, ja 25 Mark.” Auch Valentin Reichert fünf Jahre wiederkehrende Volkszählung statt. tritt in der Distriktpolizei sehr scharf auf. Die musste im Ersten Weltkrieg Kriegsdienst lei- In Herbstadt wurden gezählt: 205 männliche Ortsfuhrwerke, die vom Felde kommen, sollen sten. Er wurde im Mai 1917 zum „Landsturm” und 230 weibliche Seelen, also insgesamt bei Eintritt der Dunkelheit mit Laternen ver- eingezogen und erlitt zahlreiche Kriegsverlet- 435. Das Jahr 1906 war das fruchtbarste seit sehen sein, was ja nicht möglich ist. Nun er zungen. langer Zeit. Es regnete sehr oft und viel und wird sich, wie man sagt, die Hörner auch noch 1922 warnte der Direktor des Bauernvereins, es gab deshalb viel Futter und einen großen abstoßen.” Artur Heim: „Bauern verbaut Euer Geld, rich- Saatertrag. Valentin Reichert drusch 1906 24 Im August 1911 stöhnten die Menschen im tet und repariert Euer Anwesen, wässert und Stunden mit einer in Römhild ausgeliehenen Grabfeld unter einer Hitzewelle ungekannten entwässert eure Felder und Wiesen, niemand Dampfdreschmaschine. Ausmaßes. Es wurde bis zu 44 Grad heiß. weiß, was mit dem Gelde wird!” Manche Bei der Reichstagswahl 1907 wählten in „Am 16. November 1911 war nachts um 23.30 taten’s und gut war es, so Reichert in seinen Herbstadt von 109 Wahlberechtigten 104. Uhr ein Erdbeben, wie keines zuvor!”, hielt Aufzeichnungen, denn das Jahr 1923 brachte Das Zentrum erhielt 102 und die Bauernpar- Reichert fest. Schäden entstanden in unserer den Rekord in der Inflation. Mit 1000 Mark tei zwei Stimmen. Das genannte Jahr war ein Heimat jedoch nicht. 1912 beschlossen die ging es an. Jahresmitte kamen die Millionen gesegnetes, ganz besonders im Getreidebau, Herbstädter wegen Unverkäuflichkeit der und Ende die Milliarden nebst Billionen. Ein schrieb der Chronist. Es wurde nur beeinträch- Eichenrinde künftig nicht mehr zu schaben, Pfund Butter kostete eine Billion. Reichert tigt durch das Auftreten von Millionen Feld- also zu Jahresbeginn Eichenrinde von den Bäu- schrieb: „Und jetzt kam der Zusammenbruch. mäusen. Manche Felder waren wie mit Häcksel men abzunehmen. Und auch der Untergang der Die Regierung wußte sich nicht zu helfen und gab eine Verordnung heraus, daß alles auf Frie- densstand kommt. Die Stabilisierung jetzt war 1 Billion soviel wie 1 M und das ganze Kapi- tal des ehrlichen Teiles der Bevölkerung war verloren. Wer Geld auf der Sparkasse hatte, ob vor dem Kriege oder erst nach dem Kriege gespart, 1 Billion wurde reduziert auf 1 Mark. Und so wurden alle Privatiers und Rentner, die in ihrem Leben voll Arbeit sich 50.000 oder 100.000 M erspart hatten, zu Bettelleu- ten, daß die Summe die früher ausreichte mit den Zinsen zu leben, jetzt keine 1 Mark mehr Wert hatte.” Im Jahre 1924 normalisierten sich die Verhält- nisse. Lebensmittel gab es in Hülle und Fülle. Alles hätte sich wieder eingereiht, wenn nicht die ungeheure Besteuerung eingesetzt hätte. Sie betrug mitunter mehr als zehnmal soviel wie vor dem Krieg. Dabei hatten die landwirt- schaftlichen Produkte niedere Preise, aber alle Bedarfsartikel, wie Schuhe, Kleidung, Maschi- nen, Kunstdünger usw. hatten weit höhere Preise, ja mitunter doppelt so hoch. Dadurch kam die Landwirtschaft in große Schulden und große Bedrängnis. Eine Steuer jagte die andere. In der Reichert’schen Familienchronik findet auch der traditionelle Plantanz in Herbstadt Erwäh- So gab es Vermögens-, Einkommens-, Umsatz-, nung. Die Aufnahme entstand zu Beginn der 20. Jahrhunderts. Rentenbank, Grund- und Haussteuer und Miet- Nr. 8 · Oktober 2000 Das Grabfeld Seite ­­­­­­­13 wohnungsbauabgabe. Jungvieh incl. Kuh, 4 Schweine und 3 Schafe. bettelten. Die Zeit vor dem Kriege 1914/18, wo Am 1. Januar 1925 wurde Valentin Reichert Dann einen neuen Wagen, so daß heute Anfang es gar keine Bettelleut mehr gab, hatte sich ins zum Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Oktober 1930 Pferd, Vieh und Schafe nebst Gegenteil verkehrt, so der Chronist. gewählt. 1926 berichtete er, dass in der Wagen vollständig geteilt sind. An Grundstü- Valentin Reichert hielt weiter für die Nach- Gemeinde eine elektrisch betriebene Dresch- cken erhielt er 18 Tagwerk Feld und Wiesen welt fest: „Infolge dieser Not ist das poli- maschine angeschafft wurde, die bis zu 1000 und behielt ich selbst von jedem Kind 4 Tag- tische Leben radikalisiert, gemein und ordinär Dreschstunden im Dorf zu dreschen hatte, werk zum Auszug. In das Anwesen bauten wir geworden. Bei der Reichspräsidentenwahl im gegen 700 bis 800 in normalen Jahren. Das einen Motor ein, richteten den Stall und beklei- März haben die Parteien den alten Hindenburg Jahr 1926 muss also ein sehr furchtbares gewe- deten Scheune und Stall auf der Ostseite, bis (Oberster Heerführer im Weltkrieg) und einen sen sein. Die Preise betrugen nun 12 - 14 Mark auf den Grund mit einem Betonmantel, um das nationalsozialistischen Parteiführer (Hitler) pro Ztr. Gerste, 12 - 13 M Weizen, 11-12 M eindringende Wasser abzuhalten. Seine Frau aufgestellt. Den ersten Zentrum und Sozialde- Korn, 9-10 M Hafer. hatte ca. 38 Tagwerk Feld und haben dieselben mokraten, den zweiten Nationalsozialisten und Das Jahr 1929 war wie 1928 trocken und jetzt mit 58 Tagwerk ein schöne Landwirt- Deutschnationale. Es war ein Wahlkampf, wie schön. Es regnete immer zur passenden Zeit, schaft. Pferde kaufte er ein paar 4jährige mit- er noch nie geführt wurde. Der ganze politische gerade genug, dass sich das Getreide gut entwi- telschwere Fuchspferde bei Klemm in Würz- Kampf wird roher, gemeiner und blutiger. Täg- ckelte. Bemerkenswert war der strenge Winter burg, Preis 1650 M. Er ist jetzt gut eingerichtet lich schlagen politische Gegner einander den 1928/29. Hierzu schrieb Reichert: „Schon an und wird es mit Gottes Hilfe weiter gut gehen.” Schädel ein. Die Nationalsozialisten streben Weihnachten fing eine Kälte mit 26 Grad an Zum Jahr 1931 berichtet Valentin Reichert: eine Diktatur an, wogegen sich unsere Partei, und dauerte bis Anfang März. In 100 Jahren „Nachdem ich seit 1909 im Distriktsausschuß Bayerische Volkspartei und Zentrum, nebst war kein solch strenger Winter. In den Kellern bin, will ich nur erwähnen, daß 1931 unter den Sozialdemokraten, heftig wehren. erfroren die Kartoffeln, in den Zimmern die Oberregierungsrat Beckerle und Bezirksamt- Nach schweren Kämpfen wurde die Sozialde- Äpfel. Der Bach längs des Dorfes fror täglich mann Weber das Krankenhaus Königshofen mokratie beseitigt. Hier in Herbstadt ist das auf und mußte durch tägliche Fron (30 - 40 erweitert wurde (Kosten 135 - 140.000 M), und noch Niedagewesene vorgekommen, daß bei Mann) ausgehauen werden. Das Eis war auf zwar um einen Anbau im Garten mit moderner jeder Versammlung Leute von Irmelshausen, dem ganzen Bach ca. 70 - 80 cm hoch und Impfungs-, Bad und Wascheinrichtung. Will Milz, Römhild kamen, um für ihre Nazipartei lief das Wasser in dem Eisgraben viel höher, nur sehen, ob es rentiert. Es war das Jahr 1931 zu werben. Wir haben aber auch in Versamm- wie die Straße. Es war bei den Bachanwoh- überhaupt im Bezirk ein Kampfjahr. Bezirk- lungen tüchtig geschafft und sind die bei der nern große Angst vor dem Wasser bei starkem samtmann Weber, ein baulustiger Herr, will Reichstagswahl angefallenen 60 Nazistimmen Tauwetter. Zum Glück taute es sehr langsam.” immerzu bauen!” bei der Landtagswahl auf 40 zurückgegangen. 1930 heiratete Valentins Sohn Ludwig Aurelia So fanatisch wie diesmal, ist es noch bei kei- Walter und sie zogen in Haus Nr. 71. Sein Radikalisierung des ner Wahl gegangen. Es konzentriert sich alles Vater notierte: „Ich hatte in der Inflation schon politischen Lebens jetzt auf zwei Parteien, religiöse und antireli- Möbel fertigen lassen, ebenso Wäsche gekauft, giöse Weltanschauung. Kleinere Parteien, wie so daß Ludwig sein volles Möbel beisammen Die Zwangsversteigerungen häuften sich in Wirtschaftspartei, Deutschnationale, Deutsche hatte. Er erhielt: 3 Betten, Kleiderschrank, jener Zeit, so dass beim Notar in Königshofen Volkspartei sind verschwunden und von der Waschschrank, Kanapee, 2 Nachttischlein, stets 50 - 80 Versteigerungen vorlagen. Täglich nationalsozialistischen Partei aufgefangen wor- Waschtisch, Tisch (Auszug), 5 Stühle und kamen viele Menschen vom Thüringer Wald den. Jetzt ist alles nur neugierig, was dieselben Wäsche. An Vieh erhielt er ein Pferd, 4 Stück (Suhl, Zella, Meiningen, Hildburghausen) und können.”

Am 13. Juni 1930 feiert der katholische Burschenverein Herbstadt sein 25jähriges Stiftungsfest. Die Aufnahme zeigt u.a. in der Mitte der ersten Reihe links neben Pfarrer Franz Wabler den Familienchronisten Valentin Reichert und rechts daneben seinen Sohn Heinrich. Seite ­­14 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

kamen die Amerikaner von Fulda über Meinin- gen auf der Straße Mellrichstadt/Königshofen. 200 Panzer und Autos in einer halben Stunden. Drei kleine Patrouillienautos, besetzt mit sechs Mann, fuhren von Ottelmannshausen hierher. Das Volk, das kriegsmüde war, winkte mit weißen Taschentüchern, daß sie nicht schießen sollten. Abends kam dann eine Inf.-kompanie zum Übernachten hierher. Wir mußten aus dem Haus, schliefen im Stall, da die Soldaten in unseren Betten schliefen. Heute Anfang Dezember 1946. In allen Ort- schaften einige Hundert Evakuierte und Flücht- linge z. B. hier aus Ostpreußen, aus Reval, Schlesien, Düsseldorf, Pirmasens, Krefeld, Schweinfurt. Alle Kartoffeln beschlagnahmt. Infolge der Transportschwierigkeiten fehlen in den Städ- ten die Kartoffeln und ist die Not sehr groß. Brotgetreide darf pro Person 12 kg für den Monat vermahlen werden. Schroten jeglichen Getreides verboten. Da sieht man, wo es hin- führt, kenntnislose Leute regieren zu lassen. Die Postkarte Herbstadts entstand in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie haben sich nach der Besetzung vergiftet, erhängt und selbst erschossen. In Nürnberg, wo das internationale Gerichtsverfahren stattfand, In seinen Aufzeichnungen vergisst Reichert gewachsen, so dass nach Johanni, 29. Juni, sind dazu 21 führende Leute des Nationalsozi- auch nicht die Erwähnung einer „neuartigen gemäht werden konnte. Auch Klee hatte schö- alisten hingerichtet worden. 6-700 Milliarden Erfindung” - das Radio. Es bürgere sich nen Bestand, das Getreide wurde zehn Tage Schulden, die Städte, Fabriken und Arbeits- immer mehr ein und koste 50 - 200 Mark, später reif, war aber im Körnerertrag sehr gut, stätten vernichtet. Und keine Regierung die hielt er fest. so dass die Ernte 1938 von vielen älteren Bau- solches regeln kann, da es eine Unmöglich- Im März 1932 schrieb der Chronist: „Gegen- ern als eine der besten geschätzt wurde, die sie keit ist. Es fehlt das Wichtigste - Kohle und wärtig ist die Innenpolitik vorherrschend, da erlebten. Es war ein wahres Naturwunder, weil Rohstoffe, um die vielen Millionen in Arbeit die linken Parteien Sozialdemokraten sowie Getreide und Futter in drei bis vier Wochen und Brot zu bringen.” Die Ernte war 1946, Kommunisten, von den Nationalsozialisten hinaufwuchsen, wie andere Jahre in ebenso wie auch 1945 gering, da schon jahrelang kein verdrängt wurden. Hier in Herbstadt wählten vielen Monaten. Die Ernte war dann von vie- Kunstdünger zu erhalten war, berichtete Rei- 138 Bayrische Volkspartei und 131 Nationalso- len Regenschauern vernässt und kam wenig chert. Die Bauern konnten nicht die Hälfte des zialisten. Es werden nun von den Ortsgruppen Getreide trocken in die Scheune.” früheren Quantums verkaufen, überlieferte er. der Parteien die Vorschlagslisten eingereicht Doch neues Ungemach drohte den Bauern - Nun tritt in dem „Aufschreib-Buch” wieder und nach der obigen Stimmenanzahl die Sitze das Auftreten der Maul- und Klauenseuche. eine Lücke auf, und zwar bis 1951, in wel- verteilt, so daß jede Partei 4 Gemeinderäte Der Schaden war für die Ortschaften verschie- chem der Chronist notierte: „Infolge Krankheit erhält. Der Bürgermeister wird vom Gemein- den. Herbstadt verlor durch die Seuche drei und Besatzung wegen des verlorenen Krieges derat gewählt. Die von der bayer. Volkspartei Kühe und acht Kälber. Eyershausen hingegen kam ich bis heute nicht mehr zum Schreiben. aufgestellten Gemeinderäte mußten zur natio- hatte einen Verlust von 20 Kühen und ca. 50 Da von 1945 an stete Trockenheit und Dürre nalsozialistischen Partei übertreten, wenn sie Kälbern. Auch Großbardorf hatte schweren herrschte, waren die Ernten sehr gering. Von das Gemeinderatsamt behalten wollten. Joseph Verlust. Oktober 1948 - 1949 erhielt das Vieh keinen Lurz trat nicht über und mußte infolge dessen Zentner Futter, nur Stroh und Spreu, allerdings als Gemeinderat ausscheiden. Nachdem ich Erneute Kriegsgefahr viel Schrot, da die Gerstenernte ziemlich gut Mitglied der Bayer. Volkspartei war, verlor ich war. Gerste ist überhaupt für unserer Gegend alle Ämter, wie Bezirksrat, Körmitglied etc.” Valentin Reichert schrieb 1939 nieder: „Nach- das sicherste Getreide, da es wenig Wasser und Nachdem die Not bei 6 - 7 Millionen Arbeits- dem infolge Angliederung von Österreich viele trockenes Wetter benötigt. Die Getreide- losen ins Uferlose gestiegen war, wurde für und dem Sudetenland an Deutschland wäh- preise waren, da staatlich festgesetzt, immer den Winter 1933/34 ein großzügiges Hilfswerk rend des ganzen Jahres Kriegsgefahr bestand, die gleichen 10 - 13 M. Aber der Schwarz- eingerichtet. Im ganzen Land wurde gesam- wurde seitens der Regierung viel Getreide in handel blüht. Die Leute, welche schwarz ver- melt und dies dann den Bedürftigen gegeben. den Balkanländern gekauft und war unsere kauften, erhalten 50 -100 M und noch darüber. In Herbstadt kamen z. B. 35 Ztr. Kartoffeln Hauptfrucht die Braugerste bis Januar 1939 Wir lieferten restlos ab und kamen dadurch im und 38 Ztr. Getreide (im Bezirk Königshofen unverkäuflich.” Vermögensstand sehr zurück. 1400 Ztr. Getreide) zusammen. Im Jahr 1940 gab es für das Grabfeld eine Zu allem Unglück kam 1948 die Währungsre- halbe Missernte. Das Pflügen im Herbst ging form und wurde, da der Staat sämtliche Kriegs- Gute und schlechte Ernten in Herbstädter Flur durch den vielen Regen so anleihen während des Krieges verbraucht hatte, schwer, wie es Valentin Reichert mit seinen 70 so war er mit 700 Milliarden verschuldet und Valentin Reichert schrieb: „Die Getreideernte Jahre noch nicht erlebte. „Der reinste Gummi!” tilgte diese Riesenschuld dadurch, daß er alles 1936 war eine Plagerei ohnegleichen, da fast notierte er. Der Pflug ging stellenweise gar Geld bis auf 6 % vernichtete. Also, wer 1000 alles wegen Lager mit der Sense geschnitten nicht in den Boden. M Kapital hatte, erhielt noch 60 Mark. Genau werden musste. Die Getreidebindmaschine war Der letzte Eintrag in Reicherts „Aufschreib- der Vorgang, wie nach dem Krieg 1914-18. überhaupt nicht zu gebrauchen. Das Jahr 1938 Buch” in der Kriegszeit wurde im Jahr 1940 Dazu noch tausende von Städten bombardiert, war für den Bauern ein gesegnetes. Nachdem gefertigt, dann fand er keine Zeit mehr, seine verbrannt und die städtische Bevölkerung auf das Feld im Frühjahr bestellt und der Samen Chronik weiter zu führen. Er schrieb 1940: das Land evakuiert. Hier in Herbstadt waren aufgegangen war, kam eine lange Trocken- „Zur Zeit sind in Herbstadt, wo 40 Mann bei 450 Personen noch 200 Flüchtlinge. Wir periode. Der Winterbau, Korn und Weizen, beim Kriegsdienst sind, 13 junge Polen und hatten deutsche Flüchtling aus Reval, Rußland, war nur licht gestanden. Im März, April und 10 belgische Gefangene als landwirtschaftliche einen Knecht aus der Wolgagegend, aus Düs- Mai war es trocken und kalt. Am 1. Januar Arbeiter beschäftigt.” seldorf und die meisten aus dem Sudetengau. waren die Wiesen noch rot und nicht grün, wie 1946 notierte der mittlerweile betagte Herr: Da eine riesengroße Wohnungsnot herrscht, andere Jahre am 1. April. Das Stroh stieg im „Nach langer schwerer Kriegszeit komme ich baut der Staat 250.000 Wohnungen. 1951 sol- Preis, die Leute veräußerten schon Vieh. Jeder- wieder dazu, die Chronik weiterzuführen.” len es 350.000 werden. Heute, Januar 1951, mann rechnete mit einem Missjahr. Endlich, Er schildert kurz den Ablauf des Krieges und noch kein Friede. Deutschland gespalten in Anfang Juni, kam enormer Regen und in 14 berichtet über das Kriegsende in Herbstadt: Ostzone (russisch) und Westzone (amerika- Tagen waren Wiesen und Felder unglaublich „1945, 8. April: Es war Weißer Sonntag und nisch, englisch und französisch). Jetzt sind die Nr. 8 · Oktober 2000 Das Grabfeld Seite ­­­­­­­15 ehemaligen Feinde selbst uneinig und bekrie- gab Körner in Hülle und Fülle. In Herbstadt unser Land Schlachtfeld. Davor möge uns Gott gen sich. wurden sechs neue Bulldog gekauft. Kostete bewahren.” Ein Wirrwarr ohnegleichen. Zu allem Unglück einer 10.000 M (24 PS stark). noch ein Krieg zwischen Amerika und China Die größte Sorge ist die Teilung Deutschlands. wegen Korea. Alles steigt im Preis, Leder, Nördlich der Grenze, also Thüringen, besetzten Reicherts letzte Eintragungen Eisen, Kapitalien, gerade wie im letzten Krieg. die Russen und südlich haben wir die Amerika- Die Getreidepreise sind Korn 12 M, Weizen ner. Die Russen haben längs der Grenze einen “Gott sei Dank wurde 1954 ein gutes Jahr. 16 M, Gerste 17 und Haber 14 M. Kartoffeln, 10 m breiten Streifen in Feld und Wald umge- Futter, Getreide war schön und wegen des vie- da eine Rekordernte, 3 M, Zuckerrüben 2,50 pflügt und darf niemand diese passieren. Bei len Regens hoch gewachsen. Das Jahr 1955 M. Auch das Land soll viele Maschinen und Lebensgefahr. Sind schon mehrere erschossen war das beste in meinem Leben. Nachdem es Bulldog erhalten, da die Arbeitskräfte fehlen. worden. Wolle der Herrgott einen neuen Krieg sehr viel regnete und die Flurbereinigung been- Im Kreis Königshofen sind 1000 junge Bau- verhindern. Früher sah man selten einen Vete- det war, wurde viel Kunstdünger gestreut und ernsöhne gefallen. Dazu noch die Schwerver- ranen mit einem Bein oder Arm und jetzt in stand alles vorzüglich. Durch die Zusammen- letzten, die Beine oder Arme verloren haben der Stadt täglich. legung der Felder infolge der Flurbereinigung im Krieg. Gegenwärtig ist der Führer in Westdeutsch- ist die Ernte sehr erleichtert. Wir hatten vor der Die Ernte war dieses Jahr zufriedenstellend. land der 77 Jahre alte Kölner Bürgermeister Bereinigung 25 Parzellen, jetzt noch 5.” Unsere Gerste ist sehr gesucht als Brauware. Adenauer von der CDU-Partei. Ein äußerst Valentin Reichert starb am 27. April 1956 nach Kamen mit Auto von Westfalen, haben 500 fähiger Mann, worüber das ganze Ausland einem erfüllten Leben im Alter von 86 Jahren, Zentner zur Brauerei nach dort. Beim Drusch staunt, in wie kurzer Zeit wieder Handel und und damit enden auch die Eintragungen im in Herbstadt war das Ergebnis das Beste zeit Wandel in Deutschland florierte. Wenn nur „Aufschreib-Buch” der Familie Reichert. meines Lebens. An der Straße nach Ottel- die zwei großen Mächte Rußland und Amerika mannshausen waren bei 60 Getreidemieten und nicht noch in Krieg geraten. Denn dann wird

Schriftenreihe des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld:

Heft 1: Sabine Hansen, „Die Römhilder Druck: Druckerei Schedel, Klein- rungen 1945 bis 1971”, ISBN Reimchronik”, (z.Zt. nicht liefer- eibstadt 1997; Preis 19,80 DM 3-86180-089-6, bar) Druck: Holl-Druck GmbH, Heft 10: Detlev H. Pleiss / Leo W. Hamm: Verlag Frankenschwelle KG, 96646 Hofheim i. Ufr, 1989. Preis: „Der Dreißigjährige Krieg im Hildburghausen, Preis 39,80 DM. 10,00 DM Königshöfer Land –­ Königshofen Heft 2: Reinhold Albert, „Geschichte der unter der schwedischen Besatzung Die Publikationen und Filme sind bei „Buch Juden im Grabfeld”, 1631 - 1634” und Musik” Hermann Vossenkaul in der Druck: Druckerei Schedel, Klein- Druck: Druckerei Schedel, Klein- Martin-Reinhard-Straße sowie im BR-Shop eibstadt, 1990. Preis: 19,80 DM eibstadt,1997; Preis 19,80 DM Friedrich in der Hindenburgstraße in Bad Heft 3: Leo W. Hamm, „Der Königshof im Heft 11: Fritz Köth, „Künstler aus dem Grab- Königshofen erhältlich. Grabfeld”, Preis: 28,00 DM feld - Erich Mutze, Willi Pflüger, Druck: Schunk Druck- und Verlags- Theo Dreher, Ludwig Stolarski, GmbH, Bad Königshofen, 1991. Willy Ruß” Heft 4: Reinhold Albert, „Geschichte der Druck: Druckerei Alfons Schedel, Wüstung Eschelhorn (Urselhorn) Kleineibstadt, 1997; Preis 2,00 DM und der St.-Ursula-Kapelle bei Als- Heft 12: Reinhold Albert: „Geschichte des Videoreihe leben”. Kapuzinerklosters und der Klo- Druck: Druckerei Schedel, Klein- sterkirche Bad Königshofen i. Gr.” Hanns Friedrich: eibstadt, 1992. Preis: 19,80 DM Druck: Druckerei Schedel, Klein- Video 1: 1250 Jahre Bad Königshofen; 1991. eibstadt, 1997; Preis 19,80 DM Heft 5: Barbara Rösch / Gerhard Schätz- 35 DM lein/ Hanns Friedrich / Reinhold Heft 13: Reinhold W.F. Heusinger und Ger- Albert, win K. Solf: „Die Grafen von Wild- Video 2: 550 Jahre Stadtpfarrkirche Bad “Grenzerfahrungen 1945-1990”, berg und ihre Wappengenossen, KÖN; 1993.35 DM Willmars/Mellrichstadt, 1993. sowie die Dynasten von Thundorf Preis: 15,00 DM und Tannroda.” Video 3: Der Todeszaun; 1994. 30 DM Heft 6: Leo W. Hamm, „Sagen, Geschichten Eigenverlag des Vereins für Hei- und Legenden aus dem Königshöfer matgeschichte; Preis 29,80 DM Video 4: 50 Jahre Männerwallfahrt Vierzehn- Land” Heft 14: Otto Schulz: „Wenn’s weihnach- heiligen; 1995. 35 DM. Druck: Druckerei Schedel, Klein- tet im Grabfeld” - Weihnachtliche eibstadt, 1994; Preis 19,80 DM Geschichten und Spiele. Video 5: Rhöner Advents- u. Weihnachts- Heft 7: Reinhold Albert, „Kriegsende Druck: Druckerei Schedel, Klein- bräuche; 1996, 30 DM 1945 und Nachkriegszeit eibstadt 1998, Preis 19,80 DM im Königshöfer Grabfeld”, Heft 15: Archäologische Arbeitsgruppe Video 6: Zu Gast in Bad Königshofen; 1997, Druck: Schunk Druck- u.Verlags- Rhön-Grabfeld, Walter Jahn (Hg.): 19,50 DM. GmbH, 1995; Preis 19,80 DM VORZEITSPUREN in Rhön und Grabfeld. Video 7: Bad Königshofen - Eine Stadt mit Heft 8: Klaus Reder / Reinhold Albert, Tradition, 1998; „Rhön und Grabfeld im Spiegel der Druck: Druckerei Schedel, Klein- eibstadt, 1998, Preis 29,80 DM Beschreibungen der Bezirksärzte Video 8: 4000 Jahre unter dem Acker - Mitte des 19. Jahrhunderts”, Heft 16: Otto Schulz: „... Wallt’ ich den Dokumentation der Ausgrabungen Druck: Druckerei Schedel, Klein- Birkenpfad ...”, Bad Königshofen bei Großwenkheim. 1998; eibstadt, 1995; Preis 24,80 DM 1999, Preis 11 DM Michael Böckler Heft 9: Michael Böckler, „Unbekanntes Heft 17: Gerhard Schätzlein, Barbara Rösch, Ganerbendorf Trappstadt” Reinhold Albert: „Grenzerfah- Seite ­­16 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

Buchbesprechungen

„Schönste Zeitschrift” Bayerns mit Beiträgen Grenzland im Herzen Deutschlands. stelle) in Hildburghausen unterzeichnet. Diese aus dem Grabfeld * Der Wappenbrief von 1575 im Gemeinde- wenigen Wochen haben die Autoren hautnah Die als schönste Illustrierte Bayerns geltende archiv Wülfershausen. miterlebt und in ihrem Heimatkreis mitgestal- Zeitschrift „Schönere Heimat - Erbe und Auf- * Der Kleinbardorfer Judenfriedhof - Das tet. trag”, die viermal jährlich vom Bayer. Landes- Grabfeld beherbergt einen der größten Der ehemalige Bundesaußenminister Hans- verein für Heimatpflege (München) heraus- jüdischen Friedhöfe Bayerns. Dietrich Genscher schrieb in einem Vorwort gegeben wird, befasst sich in ihrer Ausgabe * Besonderes Brauchtum im Grabfeld: „Lasst u.a.: „Der überwiegende Teil der Literatur, 2/2000 anlässlich der im Mai in Bad Königs- es Euch nicht verdrießen, einige Batzen aus- die sich mit der deutschen Einheit beschäftigt, hofen stattgefundenen diesjährigen Tagung der zuschießen ...!” tut dies aus dem Blickwinkel der Staats- und bayerischen Heimatpfleger, die unter Leitung Die in einer Auflage von 11.000 Exemplaren Regierungsebene. ... Nur wenige Publikati- des Vorsitzenden des Landesvereins, Land- bayernweit erschienene Zeitschrift mit zahl- onen aber gehen auf die Ereignisse im Herbst tagspräsident Johann Böhm, stattfand, fast reichen, fast durchweg farbigen Bildern illus- des Jahres 1989 ein, wie sie sich auf der im ausschließlich mit Themen aus dem Königshö- triert, ist zum Preis von 8 DM in der Buch- wahrsten Sinne des Wortes ursprünglichen fer Grabfeld. So berichtet Bezirksheimatpfle- handlung Hermann Vossenkaul sowie im Ebene der Freiheitsrevolution zugetragen ger Dr. Klaus Reder, illustriert mit zahlreichen BR-Shop Friedrich in Bad Königshofen sowie haben, nämlich der der Menschen, die in der Bildern von der 1200-Jahrfeier in Obereß- verschiedenen Gemeinden erhältlich. (RA) damaligen DDR und den Staaten Osteuropas feld, über die Heimatpflege in Unterfranken, in sozialistischen Regimen lebten. Die vor- Schulamtsdirektor i.R. Leo W. Hamm über die G G G liegende Chronik schließt diese Lücke und Finnen als Besatzungstruppe in Königshofen belegt einmal mehr, dass es eine wahrhaft europäische Freiheitsrevolution war, die durch im 30jährigen Krieg, Vermessungsdirektor i.R. Hans-Jürgen Salier/Bastian Salier die Menschen in Gang gesetzt und von ihnen Karl Tilch über die beiden letzten Geleitsteine Es ist Frühling und wir sind so frei! - Die 89er im Grabfeld, die Trachtenberaterin des Bezirks getragen wurde. ... Aufmerksam, detailliert Revolution im Kreis Hildburghausen - Eine und genau zeichnen die beiden Autoren das Unterfranken, Christine Landgraf, über die Dokumentation. Tracht im Grabfeld, Kreisheimatpflegerin Cilli Bild dieses Aufbruchs nach. ... Dem Werk von Verlag Frankenschwelle KG Hildburghausen Pigor über das Mundarttheater, die Lehrkräfte Hans-Jürgen und Bastian Salier wünsche ich 2000, 275 Seiten; ISBN 3-86180-080-2. Hubertus Schneider, Ursula Seufert und Josef daher eine breite Leserschaft.” (RA) DM 32. Weigand über Museumspädagogik im Vor- geschichtsmuseum Bad Königshofen, Walter Der Verleger Hans-Jürgen Salier und sein G G G Jahn über den ehrenamtlichen Einsatz in der Sohn Bastian aus Hildburghausen haben in Bernd Thanisch Bodendenkmalpflege und Oberkonservatorin diesen Tagen ein bemerkenswertes Buch über Vom Korn zum Brot Dr. Annette Faber über den Breitenseer Hoch- die 89er Revolution im Kreis Hildburghau- Heft 4 der Schriftenreihe des Heimatmuseums altar. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin beim sen heraus gebracht. Der Schwerpunkt dieses Mellrichstadt Bezirk Unterfranken, Karoline Knoth, stellt die Buches liegt in der historisch minimalen Zeit- Das neueste Heft der Schriftenreihe des Hei- zahlreichen Veröffentlichungen des Vereins spanne vom 9.9. - 12.12.1989, sie ist atem- matmuseums Mellrichstadt trägt den Titel für Heimatgeschichte im Grabfeld vor. Kreis- beraubend: Am 9. September wird das Neue „Vom Korn zum Brot” und befasst sich mit heimat- und Archivpfleger Reinhold Albert Forum gegründet und der Aufruf „Aufbruch dem Brotbacken zu Großmutters Zeiten. Die (Sternberg) schließlich ist mit vier Beiträgen 89 - Neues Forum” zur Reformierung der DDR vierte Veröffentlichung in dieser Reihe möchte, vertreten: im Untergrund veröffentlicht. Am 12. Dezem- ebenso wie die Vorläuferschriften, Informa- * Rhön-Grabfeld - Ein halbes Jahrhundert ber werden die Protokolle zur Beräumung des tionshilfe sein und dem interessierten Muse- Amtes für Nationale Sicherheit (Stasi-Dienst-

Die Landfrauen aus Wülfershausen unter ihrer Ortsbäuerin Christa Balling ergriffen die Initiative und ließen anlässlich der 1200-Jahrfeier im Jahre 2000 unter Anleitung der ehemaligen Trachtenberaterin des Bezirks Unterfranken, Helga Ständecke, die Wülfershäuser Tracht wieder aufleben. Nr. 8 · Oktober 2000 Das Grabfeld Seite ­­­­­­­17 umsbesucher im Heimatmuseum Mellrichstadt sionen von Neuerscheinungen ist für das Grab- feld-Geschichte. oder dem Lehrer die Arbeit der Vorbereitung feld von Interesse: Zeitschriftenschau auf den Museumsbesuch vereinfachen. Hierzu Ingo Freiherr von Berchem; Landwehren in ist in dem Heft umfangreiches Material vor- und um das ehemalige hennebergische Gebiet Coburger Geschichtsblätter handen. Es ist aber auch für interessierte Hei- (S. 101-139) Heft 1 / 2000 R. Axmann; Leben und Wirken matgeschichtsfreunde gedacht. Das Heft kann Eine wertvolle, grundlegende Arbeit (mit 3 der Königin Richeza von Polen (S. 7 - 17) zu einem geringen Selbstkostenpreis beim Skizzen), die unsere Grabfeld-Kenntnisse in Verfasser, Bernd Thanisch, Lönsstr. 20, 97638 einem größeren Rahmen eingebettet darlegen. “Echo der Lederhecke” ist das Mitteilungsblatt Mellrichstadt oder im Heimatmuseum Mell- der Gemeinde Sulzdorf a.d.L.; das neben den richstadt bestellt werden. Heimat-Jahrbuch des Landkreises Mitteilungen der Gemeindeverwaltung immer Rhön-Grabfeld 2000 auch geschichtliche Beiträge von Reinhold G G G Das bewährte, von Josef Kuhn herausgegebene Albert enthält: 3/1999 1. Historische Ansichten: Brennhau- Margareta Baum/Lothar Krahner Jahrbuch enthält eine Fülle von Einträgen, von sen; 2. Wurde Sternberg vor 800 oder vor 900 Kleine Bauwerke am Wegrand denen für die Grabfeld-Geschichte von Bedeu- tung sind: Jahren erstmals urkundlich erwähnt? Sonderveröffentlichung des Hennebergisch- Dr. Heinrich Wagner; Äbtissin Emhild (v.Milz) 4/1999 1200 Jahre Obereßfeld I Fränkischen Geschichtsvereins, Nr. 15 Verlag schenkte 799/800 an Fulda (S.59-76); 1/2000 1. 1200 Jahre Obereßfeld II; 2. Ver- Frankenschwelle KG, Hildburghausen, ISBN Franz Bungert; Die heilige Hildegard von Bin- heerende Weltkriege prägten die erste Hälfte 3-86180-101-9, DM 29,80. gen und Wechterswinkel (S.77-83); des 20. Jahrhunderts. In dem ansprechenden Buch mit zahlreichen Reinhold Albert; Die Geschichte der Wüstung 2/2000 Strukturwandel und Wiedervereini- Farbbildern werden die steinernen Landesho- Elmbach (S.101-105) gung prägten die zweite Hälfte des 20. Jahr- heitszeichen, Wegweisersäulen, Kilometer- Matthias Albert; Für Liborius Wagners Marty- hunderts. und Flursteine, am Straßenrand gemauerte rium war Sternberger Schlossherr mit verant- 3/2000 Orgelweihe zum hundertjährigen Bänke und eingefasste Brunnen des einstigen wortlich (S. 106-112); Bestehen der ev. Kirche von Zimmerau Höhe- Herzogtums Sachsen-Meiningen, die einst den Heinz Otremba; Hexenwahn an Wern, Sinn punkt der Jubiläumsfeierlichkeiten Reisenden das Wandern und Fahren erleichtern und Saale (S. 115-116) halfen, vorgestellt. Dass in Deutschland derar- K. Stein u. H. Appel; Die Zent Saal (S. 117- Frankenland tiges in seiner Häufigkeit und Regelmäßigkeit 125); 1999/6 1. Reinhold Albert; Das Ende des nur auf die Straßen des früheren Herzogtums Karl Tilch; Bedeutung und Schicksal der Stasi-Feindobjektes Thüringerblick (S.420- Sachsen-Meiningen begrenzt ist, war Anlass Geleitsteine bei Milz und Trappstadt (S. 191- 429); 2. Gerhard Schätzlein; DDR- Staats- zu diesem Buch. Zum einen soll damit auf 198); sicherheit und Grenze (S. 430 f); 3. Reinhard diese Besonderheiten, zum anderen auf deren Rudi Breunig; Der Findelberg bei Saal Worschech; Ein Friedensfest in Gochsheim Schutzwürdigkeit aufmerksam gemacht wer- a.d.Saale (S. 338-341); und Sennfeld (1649) den. Hoch anzuerkennen ist, dass viele der Reinhold Albert; Kurzführer des Staaatsarchivs kleinen Baudenkmale nach Grenzöffnung Würzburg (S.357); ansehnlich gepflegt worden sind. (Arthur Hofmann); Arthur Hofmann ...zum Ortschroniken Gedenken (S.391) Otto Schulz; Königshöfer Heimatlied ( S. 392 Reinhold Albert: f) Streufdorf und Seidingstadt - Die Chronik 800 - 2000 - 1200 Jahre Straufhain 1999; Jahrbücher Reinhold Albert, Kreisheimatpfleger im Lkrs. Fachbücher Rhön-Grabfeld, gilt als der große Kenner der Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Lande an der Lederhecke. Die vorliegende Kunst; 1999 Johann Adolph Schultes; Historisch-stati- Chronik ist wieder ein beispielhaftes Dorfbuch Das renommierte Mfr. Jb. enthält drei Bei- stische Beschreibung der gefürsteten Graf- geworden, reich bebildert, gefällig ausgestat- träge, die für die Geschichte des Grabfeldes schaft Henneberg. Mit Urkunden. Erster Theil: tet. Es ist wert, weit über den Gemeindebereich von Bedeutung sind. Erste und zweite Abtheilung; Hildburghausen hinaus bekannt zu werden. Detlev Pleiss; Zu den Kosten des Friedens in 1794. Franken 1648-1650 - Wer zahlte an wen? (S. Zweiter Band: Hildburghausen 1794.Unver- Kerstin Schneider (Redaktion); 52-83): änderter Neudruck: Neustadt/Aisch 1999. 1200 Jahre Römhild - 800-2000; In gewohnter zuverlässiger Weise hat D. Pleiss Die Werke von J.A.Schultes gehören zur Stan- Römhild 2000 die Jahre nach dem Westfälischen Frieden auf- dardausrüstung des Historikers gearbeitet, dauerte es doch einige Jahre bis die Zu ihrem 1200-jährigem Jubiläum hat unsere Patenstadt dieses Werk herausgegeben, das Truppen alle abgezogen waren. Peter Schreiner; Richeza - Königin von Polen gutausgestattet durch die reiche und stolze Karl-Josef Nick; Dr. Ignaz Reder (1746- und Gönnerein der Abtei Brauweiler; Pulheim Geschichte Römhilds führt. Die interessanten 1796), Arzt und Menschenfreund aus Mell- 1998; Textbeiträge und die reiche Bebilderung richstadt (S.109-148): Wenn auch als Ausstellungskatalog herausge- machen es zu einem wertvollen Heimatbuch Ausführlich wird hier das Leben dieses außer- geben, enthält das Werk auch wertvolle Hin- über die Stadt hinaus. hm gewöhnlichen Menschen vorgestellt, der am weise für die Grabfeld-Geschichte. 30. August 1796 den Tod fand; das Rederkreuz Inge Grohmann; bei Heustreu erinnert daran. Hier findet seine Wolfgang Bleiweiss / Stefan Gärditz; Lokal- Märchenschloss - Ein Lesebuch zur Veste Hel- Tätigkeit als Arzt die anerkennende Würdi- bahn Neustadt a.d.S. - Königshofen i. Gr. - dburg; gung. Die letzte Einsatzstrecke bayerischer Dampf- Erwin Riedenauer; Zentgerechtsame des ehe- lokomotiven; Schweinfurt 1993; Verlagshaus Thüringen 2000, Herausgegeben maligen Hochstifts Würzburg beim Übergang Eine exakte, mit zahlreichem Bildmaterial ver- vom Förderverein Veste Heldburg e.V. an Kurfürst Ferdinand. (S.149-159): sehene Arbeit. “Märchenschloss” ist der Titel eines reich Der Verfasser legt hier seine Nachforschungen bebilderten Lesebuches zur Veste Heldburg, im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien vor mit Wolfgang Kahl; Ersterwähnung Thüringer das Inge Grohmann, profunde Kennerin und (auch für das Grabfeld) wertvollen Beiträgen Städte und Dörfer bis 1300 - Ein Handbuch; engagierte Schlossverwalterin, schrieb. Es für die geschichtliche Aufarbeitung des begin- (Herausgeber: Landeszentrale für politische wurde in diesen Tagen vom Förderverein Veste nenden 19. Jahrhunderts. Bildung Thüringen) Erfurt 1996; Heldburg herausgegeben und enthält neben ernsten und heiteren Geschichten rund um das Immer wieder werden Quellenwerke u.ä. von Wahrzeichen des Heldburger Unterlandes auch Jahrbuch 1999 des Hennebergisch- Thüringer Autoren herausgebracht, die sich eine ausführliche Zeittafel zur Geschichte der Fränkischen Geschichtsvereins durch ihre Seriosität auszeichnen. Da in der Veste und natürlich zahlreiche Abbildungen. Neben der von Thomas Witter vorgelegten Bearbeitungszeit die heutigen Grenzen nicht Es ist im Buchhandel erhältlich. hennebergischen Bibliographie 1998 (S.269- bestanden, findet man hier immer wieder wert- RA 330) und den dankbar anzunehmenden Rezes- volle Hinweise für die Aufarbeitung der Grab- Leo W. Hamm Seite ­­18 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

Michael Böckler Trappstadt 1623: Protokoll einer Bluttat ie Geschichte einer Ortschaft zu erfor- von Königshofen und Heldburg darum strit- derschaft verehrt. Manche Gebetserhörungen schen ist ein Prozess, der einen Anfang ten, welche Cent für die Hinrichtung der Frau (z. B. Wunderheilungen) machten Trappstadt Daber kein Ende kennt. Die Vergangenheit gibt zuständig sei. Sachsen - Hildburghausen argu- für einige Zeit sogar zu einem regionalen Wall- ihre Geheimnisse nur sehr zögernd und bruch- mentierte, dass die Cent Heldburg zuständig fahrtsort. stückhaft preis und der Forscher erkennt erst sei, weil der Mönchshof des Kloster Veils- 1623 herrschten komplizierte kirchliche und mit der Zeit wichtige Zusammenhänge, die ein dorf centfrei gewesen sei. Der Centgraf von politische Verhältnisse in Trappstadt. Seit neues Bild auf eine Begebenheit werfen. Es ist Königshofen fühlte sich in seiner Zuständig- ca. 30 Jahren wurde das Dorf unter Fürstbi- ein stetiger Lernprozess, der neues Wissen von keit eingeschränkt, da die Cent Königshofen schof Julius Echter von Mespelbrunn gegen- Einzelheiten und die Erkenntnis von Zusam- prinzipiell für die schweren Verbrechen, die in reformiert. Der evangelische Glaube hatte ca. menhängen zu neuen Ergebnissen führt. Trappstadt begangen wurden, zuständig war. 2) 1550 - 1592 auch in dem kleinen Grenzdorf Es ist Samstag Nachmittag in Trappstadt. Man Er hatte aber in diesem Fall das Nachsehen, zu Thüringen Einzug gehalten und wurde nun schreibt den 26 Juli 1623. Die meisten Men- denn die Frau war bereits verhaftet und in Hel- zum Teil brutal unterdrückt. Dies führte zur schen in dem Ganerbendorf gehen ihrer Arbeit dburg eingekerkert worden. Auch das Kind Spaltung der Bevölkerung, die ja auch zum auf dem Feld nach. Kinder spielen vor den war ausgegraben und die Totschlägerin bereits Teil unter sächsischer, das heißt evangelischer einfachen Bauernhäusern und in den Höfen. überführt worden. Dieser Streit auf höchster Regierung der Erben der Grafen von Henne- Und irgendwo in einem Bauernhaus wird in Ebene endete mit einem Kompromiss. Die berg stand. einer Kammer ein Kind geboren. Die junge Frau wurde in Heldburg hingerichtet und der Ob der St. Anna Tag im Jahre 1623 schon wie- Mutter wird dem Kind nie einen Namen geben. Kindvater Hofbauer Bonifatius Dres musste der den traditionellen Stellenwert wie früher Sie kennt den Vater des Kindes und weiß, dass 25 Gulden zum Spitalbau in Königshofen als erreicht hatte, ist nicht nachzuweisen. In evan- dieses von ihrer Mutter abgelehnt wird. Sie Buße beitragen. Die Hebamme von Trappstadt gelischer Zeit war seine Bedeutung zurückge- bringt das Kind lebend zur Welt, nimmt es bei musste das Kind wieder ausgraben und nach gangen und die offizielle Wiedereinführung den Füßen und wirft es aus ihrem Bett gegen Trappstadt bringen, wo es an einem besonde- des St. Anna Kultes geschah erst 1677 nach die Kante ihrer Truhe, die vor ihrem Bett steht. ren Ort auf dem Kirchhof begraben wurde. 3) den Wirren des 30jährigen Krieges durch Pfar- Die Frau hebt das Kind auf und sieht, dass es Aus dem Jahr 1623 war bislang nur der Name rer Siegismund Mayer. Man kann aber anneh- ein Loch in der Stirn hat und blutet. Sie legt Barbara Schubart bekannt, die als Hexe Ende men, dass der Anna Tag in den katholischen das Kind wieder in ihr Bett auf das Kopfkissen Oktober oder Anfang November des gleichen bzw. wieder katholischen Teilen der Bevölke- und wäscht das Blut mit kaltem Wasser von Jahres in Königshofen verbrannt worden war. rung in seiner Bedeutung lebendig war. der Truhe ab. Das Kind stirbt innerhalb einer Der ehemalige Stadtarchivar von Bad Königs- Barbara Schubart wurde nach Bekanntwerden halben Stunde. Noch am gleichen Abend, zwi- hofen, Josef Sperl, vermutete zwar, dass einige ihrer Tat mehrfach verhört und war im Wesent- schen 8 und 9 Uhr, vergräbt die junge Frau ihr der Frauen, die 1623 und 1627 in Königshofen lichen geständig. Die vorhandenen Verhörpro- Kind im Kuhstall unter der Futterkrippe. als Hexen hingerichtet worden waren, Verbre- tokolle beziehen sich vor allem auf die sechste Dieser Tathergang lässt sich aus den Aussagen cherinnen gewesen sein könnten; für Barbara „güthliche Befragung”, in der vor allem die der Barbara Schubart rekonstruieren. Sie wurde Schubart fehlten aber bislang entsprechende Rolle des Kindsvaters geklärt werden sollte. am 20 September 1623 zwischen zehn und elf Erkenntnisse. Als Hexen gingen diese Frauen - Centgraf Johann Halbich, Heinrich Körner Uhr vormittag „im Gewölbhof zu Kunigshoven so Sperl - in die Geschichte ein, weil man das (Würzburgischer Keller) sowie die Centschöf- güthlich verhöret.” 1) Unbegreifliche ihres Tuns dunklen und bösen fen Johann Wurst aus Merkershausen und Bereits 40 Jahre zuvor, anno 1582, hatte eine Mächten anlastete. 4) Hansen Krampf aus Gabolshausen waren per- junge Frau das gleiche Verbrechen begangen. Barbara Schubart hatte zudem ein beson- sönlich anwesend. Centschreiber Johann Fuchs Sie war als Magd von dem Verwalter des ders verabscheuungswürdiges Verbrechen führte das Protokoll. „Munichhofes” (Mönchshof) im Veilsdörfer begangen. Der 26. Juli, der Tag der Mordtat, Barbara Schubart hatte Paulus Weller, einen Viertel von Trappstadt geschwängert worden, war in Trappstadt der höchste Feiertag: Anna fürstlich sächsischen Lakai in den Diensten hatte das Kind nach der Geburt umgebracht Tag. Die heilige Anna wurde in Trappstadt des Oberhaushofmeisters Valentin Gottfard, und im Hof vergraben. Dieser Fall ging in seit dem 15. Jahrhundert als Fürsprecherin für in einer früheren Befragung beschuldigt, das die Geschichte ein, weil sich die Centgrafen lebende und tote Mitglieder der St. Anna Bru- Kind aus der Kammer genommen zu haben und vergraben zu haben. Außer- dem habe ihr Paul Weller eine „Arzeneiy” gebracht, die sie habe Die Stadt Bad Königshofen und der Verein einnehmen sollen, um das Kind für Heimatgeschichte im Grabfeld werden abzutreiben. im 63 Meter hohen Turm der Stadtpfarr- Der Mittäterschaft verdächtigt, kirche ein Turmmuseum einrichten. In der ging es für Weller um Leben und ehemaligen Türmerwohnung sind dann Tod. Das Kapitalverbrechen des Schrift- und Bilddokumente früherer Türmer Kindsmordes wurde unweigerlich ausgestellt, außerdem die aus dem 16. Jahr- mit dem Tod bestraft. Die darge- hundert stammende Türmerordnung, sowie reichte Arznei hätte ihn mit Hexe- Signalhörner und Trompeten. Auf Vorder- rei in Zusammenhang bringen mann gebracht werden soll in den kommen- können. In der damaligen Zeit den Monaten auch das 110 Jahre alte Turm- ebenfalls eine Anklage, die auf uhrenwerk, das noch intakt ist, jedoch seit dem Scheiterhaufen hätte enden einigen Jahren die Kirchturmuhr nicht mehr können. antreibt. Das unterstützt der Verein ebenso,. Eine Abtreibung war in der dama- wie er mit der Stadt Bad Königshofen den ligen Zeit sehr schwer nachzuwei- derzeitigen Türmer Thomas Blum finanziell sen. Der Verlust der Leibesfrucht „unter die Arme greift“, damit dieser wie seit war an der Tagesordnung, da die Jahrhunderten täglich von der Balustrade des einfachen Frauen bis zur Geburt Bad Königshofener Wahrzeichens ein der täglich körperliche Schwerstar- Jahreszeit angepaßtes Lied spielt. Nach der beit zu leisten hatten. Winterpause des Türmers wird am 1. März Daraufhin wandte sich der Amt- 2001 das Turmmuseum offiziell übergeben. mann zu Königshofen an den Bad Königshofen könne eine fast fünfhun- Herzog von Sachsen, Johann derjährige Türmertradition nachweisen, Casimir, bzw. dessen Beamten in sagte Kreisheimatpfleger Reinhold Albert. der Cent Heldburg mit dem Ersu- Foto: Friedrich chen um Amtshilfe. Er schrieb: „... können wir underthenigsten Nr. 8 · Oktober 2000 Das Grabfeld Seite ­­­­­­­19 berichten nicht umbgehen, das Paulus Weller ner getriebenen Unzucht von Trappstadt itzo fürstlich Oberhaushof- und Verbrechen Willen, meisters Valtin von Gottfards Diener Barbara rechtlicher Ordnung und Schubartin seine zur Ehe versprochene Ver- gestalts sachen nach, traute daselbsten, durch unzeitigen Beischlaff, ihm maßgebung wohl mit Reverenz zu melden, geschwengert, welche abzustrafen und seinem darauff dass Kindt heimblich geboren, umbge- verdienen nach anderen bracht und begraben. Derweil aber gedachte zur Abschrekkung mit Schubartin under anderem auch underschied- dem selben zu verfahren lich bekennt, dass besagter Weller ihr durch wissen.” eingegebene Arzeneiy das Kindt abzutreiben Barbara Schubart wurde sich understanden, auch solches von ihr aus zwischen dem 16. Okto- der Kammer genommenes Kindt begraben ber und 13. November und derentwegen an desselbem Todt nicht für 1623 in Königshofen ganz unschuldig zu halten. ... mit angeheffter verbrannt. Fürstbischof undertheniger bitt, eure Durchlaucht wollen Philipp Adolf von Ehren- den besagten Weller darauff examinieren, nach berg forderte am 13. Befindung der Sachen abstrafen ...” November 1623 von der Als Untertane eines sächsischen Adeligen Amtskellerei die Unko- war Weller vor dem Zugriff der Würzbur- stenerstattung der Hin- ger Gerichtsbarkeit mittelbar geschützt. Das richtungskosten für die Gericht in Königshofen war zwar für alle Kapi- verbrannte Barbara Schu- talverbrechen in Trappstadt zuständig, aber bart aus Trappstadt. 4) politische und religiöse Grenzen hatten das Königshofen hatte übri- Dorf gespaltet. Die Würzburger hatten im Zuge gens erst ab 1658 einen der Gegenreformation, der Wiedereinführung eigenen Scharfrichter. des katholischen Glaubens, die evangelische, Der Henker war aus sächsische Bevölkerung verprellt und deren Würzburg geholt wor- Unmut ausgelöst. Ständige Streitigkeiten zwi- den und musste entspre- schen dem Würzburger Fürstbischof und den chend bezahlt werden. Kurfürsten von Sachsen waren die Folge. 5) Wir wissen nicht ob An dieser Stelle sei auch die Vermutung weitere Verhöre folgten. erlaubt, dass Weller noch dem evangelischen Nach Sperl - 4) - kön- Glauben, damals der Augsburger Konfession, nen wir annehmen, dass anhing und die Familie Schubart bereits wieder die Schubart mit dem dem katholischen Glauben angehörte. Mögli- Schwert gerichtet und Lange Zeit suchten Frauen im Bad Königshofener Stadtteil cherweise ein Grund dafür, dass die Mutter der lediglich ihr Körper auf Eyershausen nach einer passenden Männerhose zur erneuerten Barbara Schubart sich so vehement gegen die dem Scheiterhaufen ver- Tracht im Ort. Bei einem Besuch im Fränkischen Freilandmu- Verbindung mit Weller gestemmt hat. brannt wurde. Wir wissen seum von Fladungen wurde das gute Stück schließlich gefunden Paulus Weller wurde in Heldburg entspre- nichts über das Alter der und nachgeschneidert. Mittlerweile haben sich zehn Trachten- chend verhört und das Protokoll seiner Aus- Barbara Schubart, noch paare wie zu Großmutters Zeiten austaffiert. Rund 30.000 Mark sage wurde dem würzburgischen Amtmann in haben wir genaue Kennt- wurden investiert, wobei der Bezirk Unterfranken die Hälfte der Königshofen zugeschickt. Barbara Schubart nis über ihre Familie, Kosten übernommen hat. Aus einer alten Damasttischdecke wurde am 7.Oktober 1623 mit den Aussagen deren Name mittlerweile und einem Kopfkissen sind einige Blusen geschneidert und sind des Paulus Weller konfrontiert und nahm dazu in der Marktgemeinde damit der Originaltracht am nächsten. Beim Dorffest aus Anlaß Stellung. Trappstadt ausgestorben der 1200 Jahrfeier vom 3. bis 6. Juni 1999 waren nicht nur die Es heißt u.a.: „Ob er, Weller, der verhaften ist. Die Familie Schubart neuen Trachten zu sehen, sondern auch Volkstänze, die einstu- Barbara Schubartin die Ehe versprochen und ist ab 1478 bis 1668 in diert wurden. Foto: Friedrich sie in unehren fleischlich erkand auch zu umb- verschiedenen Linien in brachten Kindt Vater sei? Paul Weller ist ges- Trappstadt nachzuwei- tendig, das er verhafft Barbara Schubartin die sen. 1754 ist der Name Ehe verhiessen und siey ungefehr 6 Wochen nicht mehr vorhanden. Schubart zu Protokoll. Sie sei die eigentlich vor jüngst verschiedener Weihnachten bei ihr Paul Weller blieb zunächst im Arrest. Von sei- Schuldige an der geschehenen Bluttat, weil uff einer Hochzeit zu Gleichamberg gewest, nem Gefängnis aus schickte er zwei Bittbriefe sie einer Heirat zwischen ihm und der Barbara damals mit ihr 2 Mahl fleischlich zugehalten. an seinen Junker, er möge sich für ihn ver- nicht hat zustimmen wollen. Seine Braut habe Doch will er sonst weiter mit ihr in Unehren wenden und seine Verteidigung übernehmen. ihm aus Angst vor der Mutter die Schwanger- nichts zu schaffen gehabt haben. Ob sie nun Am 29. Januar 1624 wurde er wahrscheinlich schaft verheimlicht. Die so schuldig gewor- von ihm schwanger geworden wisse er nit, wie entlassen und die beschlagnahmten Güter zu dene Mutter müsse sich früher oder später vor ihm auch sonst von ihr nichts böses bewußt Trappstadt wurden dem Arrestanten zurück- Gott verantworten und „... am jüngsten Gericht sey!” gegeben. gar schwere Rechenschaft darüber zugeben.” Die weitere Aussage des Weller ist bereits im Im Trappstädter Gotteshausbuch von 1640 fin- Anmerkungen: Heimatjahrbuch des Landkreises Rhön-Grab- det sich ein Paulus Weller mit zinspflichtigen 1) Staatsarchiv Meiningen, Amt Römhild, Sig. feld 1993, S. 151 ff., abgedruckt. Gütern. Er ist Mitinhaber einer Hofstatt am 244 Alle Protokollauszüge sind dieser unge- Weller hatte für den Tag des Verbrechens ein Erlenbach und eines Ackers am Eyershäuser ordneten Quelle im Staatsarchiv Meiningen Alibi. Baraba Schubart war von Barthel Merz Weg, der Engerts genannt. Außerdem zinste zuzuordnen. angezeigt worden und Weller hatte sich des- er dem Gotteshaus von einem Acker in der 2) Knapp, Herrmann: Die Zenten des Hochstifts wegen in einer ersten Vernehmung vor den Öttelmeßleiten, von einem Baumgärtlein in der Würzburg. Band 1 Abt II:Die Weistümer und Gemeinderäten und Bürgermeistern (Zwölfen Eysenhell, von einem Beth in der Aue, von Ordnungen der Würzburger Zenten. Berlin und Dorfsmeistern) in Trappstadt im Wirtshaus einem Weinberg im Bonnloch und von einem 1907 S.735/736. verantworten müssen. Acker im Lindenlohn. Ein Beweis, dass es sich 3) Sperl, Josef: Vom Ganerbendorf zur Markt- Am 16. Oktober 1623 schickte der würz- um den vorgenannten Paulus Weller handelt, gemeinde Trappstadt.Bad Königshofen o. J. burgische Amtmann zu Königshofen eine ist aber nicht möglich. Der Name Weller war S.43. Abschrift des Protokolls nach Heldburg. Er in allen Zeitepochen in der Marktgemeinde zu 4) Sperl, Josef: Hexenbrennen 1627. In: Am verwies in einem Begleitschreiben darauf, finden und ist erst in jüngster Zeit in Trapp- Kornstein. Heimatkundliche Beilage zum dass die Delinquentin darauf beharre, dass stadt als Familienname ausgestorben. “Bote vom Grabfeld”. Folge 16. November Weller ihr die Arznei gegeben habe, um das Am 17. März 1624 gab Paulus Weller in einem 1972. Kind abzutreiben. Er bat darum, dass das Brief an seinen Junker schwerste Vorwürfe 5) Sperl, Josef: Stadt und Festung Königshofen Amt Heldburg „... besagten Weller umb sei- gegen die Mutter der justifizierten Barbara im Grabfeld. Bad Königshofen 1974. S 159. Seite ­­20 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

Leo W. Hamm Die dynastische Kleinherrschaft derer von Rothausen

ie Arbeit über den Burgstall von Rothau- Anm.: Da die beiden gen. Bischöfe von Würz- Bischof mit dem Anathem (=Exkommunika- sen (s. Das Grabfeld 7/1999) hat den burg und Speyer aus dem Hause Henneberg tion). DVerfasser veranlasst, sich mit den Dynasten stammten und Brüder des Burggrafen waren, Lit. Wagner; Reg.Bildhausen, S.76 no 3 von Rodehusen näher zu befassen. Und es sind tritt hier das hennebergische Haus geschlos- Anm.Offensichtlich sah das Kloster diesen sei- interessante Ergebnisse zutage getreten. sen handelnd auf. Es geht dabei offensichtlich nen Besitz angefochten, so dass es sich noch um eine Güterbereinigung; Rothausen gelangt einmal rückversicherte. Die Urkunden dabei in hennebergische Hände. nach 1194 1151 VII 8 1152 Bischof Heinrich III. von Würzburg vertauscht Bischof Eberhard II. von Bamberg bekennt, Ein Wiger von Rothausen ist Vasall des Klo- auf Bitten des Abtes und des Konvents von von dem Burggrafen Poppo von Würzburg, sters Bildhausen. Bildhausen mit Zustimmung des Domdekans seiner Gemahlin Irmingard und dessen Bru- Lit. Rost; S, XV Ziffer 31 n. S.172 (mit b,c,d) Gothefridus, der zu dieser Zeit die zuständige der Berthold, Graf von Henneberg, Markt und -Beckerle ; Dorf Rothausen im Grabfeld, Pfarrei Mellrichstadt innehatte, und auf Rat der Allodium (Stadt-) Steinach mit allem Zubehör Bl.f.H. 1936/7 Prälaten und vieler Vasallen und Dienstmannen diesseits der Rodach erhalten zu haben. die Kapelle von Rodhausen sowie den dritten Die Übergabe erfolgte in Gegenwart des 1157 - 1165 Teil des Zehnten von dieser Kapelle und vier Königs Konrad III. zu Würzburg, in Gegen- In einem Lehensverzeichnis des Klosters Fulda Huben, die zu deren Ausstattung gehören und wart und mit Zustimmung der Brüder Pop- werden genannt: Poppo und Gotebold de spricht die Kapelle und die Leute in diesem pos, nämlich der Bischöfe Gerhard von Würz- Irmenolteshusen, Wiger de Rodehusen et frater Dorfe von allen Verpflichtungen los, die sie burg und Günther von Speyer und zahlreicher eius, Burchardus de Leimbach, Perhtolf comi- bisher gegenüber der Pfarrei Mellrichstadt hat- Reichsfürsten. tis de Hennenberc etc ten, deren Filiale sie bisher war. Graf Poppo bekommt dafür 300 Pfund S(ilber) Lit. Dob II no 313 - UB Meißen II, S. 218 f no Dafür gab der Abt Wernher von Bildhausen und 8 Pfund G(old) und die Bestätigung etli- 341 TAF c 63 ein Gut zu Berchoch (Berkach), das 4 Pfund cher Güter (die vielleicht ehedem bambergisch erträgt, für die Ausstattung der Kapelle zu gewesen waren), nämlich Rotherswindhu- 1163 Mendhausen, die ebenfalls eine Filiale der sen (Rothausen?), Egenhusen (Egenhausen b. Herman de Rodehusen erscheint 1163 als Pfarrei Mellrichstadt ist. Schweimfurt), Gulenhusen (Wüstung Gauls- Eideshelfer unter den sieben viris ingenuis im Der Abt erhält die Erlaubnis, für die Kapelle hausen b. Untermaßfeld), Lullebach (unbekannt Grafengericht zu Königsfeld. einen Geistlichen zu ernennen, der den Kon- b. Kissingen), cum suis pertinentie, partem Lit. v. Guttenberg; Territorienbildung S. 257 versen (=Brüdern), den Lohnarbeitern und etiam villa in Melhornes et Gepewinden, Stei- auch den Dorfbewohnern die Sakramente spen- naha (Steinach?), Mulleveld (Mühlfeld) und 1165 den soll. Zuwiderhandelnden wird mit dem Iringeshusen (Arnshausen b.Kissingen). Herr Heinrich de Rodehusen, Bamberger Anathem gedroht. Unter den Zeugen: Graf Hermann (v. Kanoniker, ein Mann von hohem Adel, über- Lit. Wagner; Reg. Bildhausen; S.77 no 4 Stahleck?), Poppo von Irmelshausen, Mane- gibt um des Himmels willen und wegen des Anm. + 855 II 24 wird Rothausen bei einer gold von Tuncdorf, Conrad von Wilperc. Nachlasses der Sünden einige durch Erbrecht privaten Güterschenkung erstmalig erwähnt. Lit.:Dob I, S. 350 f, no 1668 - Looshorrn, Der ihm eigene Leute: den Vllcmar, die Richza Siehe: Hamm, Der Königshof im Grabfeld, hl.Bischof Otto; S. 401 ff. und deren Söhne Friderich, Gottfrid, Ekke- S.114 no 48. Für die Zwischenzeit ist nichts hard mit ihrer ganzen Nachkommenschaft mit bekannt. dem Rechte der Dienstleute der Kirche des hl. + Es ist nun anzunehmen, dass Rothausen auch Georgs, um diesem die schuldigen Dienste zu eine gewisse seelsorgliche Bedeutung hatte; an Arthur Hofmann leisten. seine Stelle tritt nun Mendhausen. Zeugen: Propst Gilbert, Dekan Herman, Probst + Das Kloster Bildhausen war lediglich für Sprachaustausch Eberhard von St. Jakob, Burcard, Ulrich, Rothausen zuständig geworden. In unnern Stadtla Kanoniker; (ferner) die edlen Laien Steviuc kennst die nämmer aus. und Ludwig von Luchinze, Gundeloch von 1196 Wo früher mei Modder Bodendorf u.a. Bischof Heinrich III. von Würzburg bekundet, ihr Dauerwalln griecht hat, Lit. Looshorn; Der hl. Bischof Otto - dass sein Verwandter, der Burggraf Berthold häßts etz art of hair. v.Guttenberg; Territorienbildung, S. 254 II. von Henneberg, zwei Teile des Zehnten Wo da es Komfermationsührla käfft hast Anm. Die Berufung in das Bamberger Dom- von Feldfrüchten und Vieh des Dorfes Rod- und en Baremeder nei die Wohnschtumm, kapitel dürfte mit der Unterstellung des hen- husen, die er von Würzburg zu Lehen hatte, schdätt Swiss watch drü. nebergischen Hauskloster Veßra unter das Bis- aufgegeben und der Bischof diese auf Bitten Der Schosder tum Bamberg zusammenhängen. des Abtes Wernherus des Klosters Bildhausen hat shoes & boots diesem Kloster übertragen hat. üwer sei Lodadür gschriem, 1181 Lit. Wagner; Reg. Bildhausen; S. 78 f, no 5 der Schneider Der vir nobilis Wickerus de Rodehusen gibt men’s fashion. sein Reichslehen zurück, das nun Kaiser Otto 1212 IX 5 Young people IV. dem Kloster Bildhausen überträgt. Kaiser Otto IV. bekundet, dass, als er in Würz- häßt nit Jungvolk, Lit. Wagner; Reg. Bildhausen, S. 84 no 12 burg war, die Mönche des Zisterzienserklo- da geits bloß Kinnerkläädli. Anm. sters Bildhausen von ihm und seinem Hof die Und wo da süst dein Frühschobbm gemacht + Genauer ersichtlich wird die getätigte Schen- Schenkung des Dorfes Rodehusen zu erneuern hast, kungg in der U v.J. 1212 IX 5 und zu bekräftigen baten, welches sie seit 31 mußda etz brunch fraß, + Der Mitschenker Hermanus, Onkel des Wie- Jahren friedlich besaßen nach dem Zeugnis odder wie des Zeuch häßt. ger, war 1212 wohl schon verstorben. der Salmannen, von denen einige gegenwärtig, andere freilich schon gestorben seien. Froah dörf mer sei, 1189 Die Erneuerung der Schenkung fand vor dem däß die Ami a wos Bischof Gottfried I. von Würzburg beurkun- Kaiser statt, und zwar durch den Schenker, von uns üwernumma höm: det (bestätigt), dass Hermannus de Rodehusen den edlen Wicherus de Rodehusen selbst (und Endlösung und dessen Neffe Wickerus dem Konvent des zahlreichen hohen Adeligen). und Atomtod Klosters Bildhausen das Dorf Rodehusen mit Lit. Wagner; Reg. Bildhausen; S. 84 no 13 und Waldschterm. Eigenleuten und Zugehörungen als Geschenk übergeben haben. Der Konvent habe dieses 1219 IV 2 Aus: Zammgekärda Gedankn - Fränkische Mundart bisher friedlich und ohne Einrede(= Anfech- Bischof Otto I. von Würzburg bekundet, dass tung) besessen Zuwiderhandelnde bedroht der der Edle Wickerus de Rodehusen vor langer Nr. 8 · Oktober 2000 Das Grabfeld Seite ­­­­­­­21

Zeit dem Abt und den Brüdern von Bildhausen angefochten wurde, zeigen sich die verwandt- ist sogar Bamberger Kanoniker (was wohl in sein Eigentum Rodehusen in der Weise über- schaftlichen Verhältnisse der beiden Familien. irgendeiner Weise mit der Übertragung des tragen habe, dass er dafür auf Lebenszeit jähr- hennebergischen Hausklosters Veßra an das lich 4 Mark Silber und 4 Fuder Wein erhalten Schon 1196 ist davon die Rede, dass Burggraf Bistum Bamberg zusammenhängen mag). und das Gut nach seinem Tod in den Besitz Berthold II. von Henneberg zwei Teile des + Neben dem (direkten) Amtslehen waren sie des Klosters übergehen sollte. Zur größeren Zehnten von Feldfrüchten und Vieh des Dorfes auch Lehensträger vom Reichskloster Fulda Sicherheit hatte man diesen Tatbestand vor Rothausen besessen habe. (was sich z. Zt der Territorienbildung löste) Kaiser Otto, der damals regierte, durch eine Die auch popponische Linie genannten Hen- und des von Reich, vom Bistum Würzburg und Urkunde bekräftigen lassen und so das Gut seit neberger waren ebenfalls Dynasten. Ihre Güter von den Grafen von Henneberg stark geför- etwa 40 Jahren besessen. lagen an den wichtigen Straßen, vorwiegend an derten Klosters Bildhausen. Nach dem Tode Wickers jedoch machte Hen- der von Bamberg kommenden und nach Mell- Die Letzten v. Rodehusen übergaben ihren ricus de Sternberg wegen angeblicher Bluts- richstadt-Meiningen führenden im Bereich des ganzen Besitz an das Kloster Bildhausen, verwandtschaft ein Erbrecht an diesem Gute Königshöfer Landes. Und ebenda saßen auch das dort nun auch die Seelsorge übernahm, geltend und behelligte die Brüder. Um diesen die v. Rothausen, wenn auch offensichtlich in wozu die sich hier befindliche Kapelle aus der Streit beizulegen, leistete er auf der Burg Stern- untergeordneter Funkton. Großpfarrei Mellrichstadt herausgelöst wurde berg in Gegenwart seiner Burgmänner zusam- + Aus diesem Tatbestand ergibt sich die Frage, (und sich dafür in Mendhausen stark enga- men mit Frau und Söhnen zu gesamter Hand aus welchen Gründen eine solch dichte Absi- gierte). Allerdings behielt sich der Letzte des (= für alle seine Erben) Verzicht, nachdem er cherung bedingt war. Geschlechtes den lebenlangen Nießnutz vor. von den Brüdern 22 Pfund erhalten hatte, und - Zunächst hängt dies mit der Territorienbil- Mit der Verlegung der Straßenführung anfangs kam danach mit den Brüdern nach Würzburg, dung zusammen. Das Reich hatte zahlreiche des 13. Jahrhunderts über Römhild und Unter- um vor dem Bischof diesen Verzicht öffentlich Hoheitsrechte an den Hochadel übertragen, maßfeld nach Meiningen dürfte sich auch die und feierlichst zu bekennen. der wiederum bestrebt war, seinen Streu- Aufgabe hier in Rothausen erledigt haben. Lit. Wagner; Reg. Bildhausen; S. 86 f no 15 besitz zu geschlossenen Ländereien zusam- So zeigt die Geschichte dieses kleinen Ortes, Anm. menzufassen, zu konsolidieren und gegen dass es doch nicht so unwichtig in der Reichs- + Aus der Höhe der Abstandssumme zu schlie- Konkurrenten zu sichern. geschichte des Mittelalters gewesen war. ßen, dürfte der angemeldete Erbschaftsan- - Aber auch die Reichsregierung drängte in spruch nicht unberechtigt gewesen sein. den damals sehr unruhigen Zeiten, den Aus- Literaturangabe + Über die angegebene Blutsverwandtschaft bau bestehender Burgen bzw. die Anlage Allgemeinliteratur ist nichts ausgesagt. Sie ist sicherlich in der von Motten (d. s. Kleinburgen) vorzuneh- s. die Literaturangaben bei Leo W. Hamm, Familie derer von Henneberg-Irmelshausen zu men, um die Straßenverbindungen bes. in Die Burg im Wald bei Rothausen; in: Das suchen. Thüringen und dem Grabfeld zu sichern, war Grabfeld 7/1999, S. 6; Erläuterungen doch dieses Gebiet in der Mitte Deutschlands dazu: W. Mahr; Rothausen / Grabfeld - eine * Unter den mittelalterlichen Dynasten ver- das Kerngebiet des Reiches. dynastische Kleinherrschaft im 12. Jahrhun- steht man Adelige, die reichsunmittelbar + Nun liegt der Burgstall im Osten eines dert; in: Die Mainlande 1962/ 15 mit besonderen Aufgaben beauftragt, aber großen Forstes, des Weiglers, von rund 1.000 Quellen: nicht Landesherren waren. Für ihren Auftrag ha Größe, der Restbestand eines viel größeren Dobenecker Otto; Regesta Diplomatica necnon waren sie mit Reichsgütern belehnt, besitzen Komplexes war. Vermutlich war er ehedem Epistola Historiae Thuringiae; Zeiter Band dazu aber auch erworbenes Eigengut. Reichsforst. (1152-1227; Jena 1900; * Ein Kanoniker ist Mitglied eines Domka- Betrachtet man die Landkarte, sieht man, wie v. Guttenberg Erich; Die Territorienbildung am pitels, dem die Verwaltung des Hochstifts- von allen Seiten in ihn hineingerodet wurde Obermain; in: BHVB 79/1926; Nachdruck vermögens übertragen war: Der Kanoniker und dass die Altstraße mitten durch ihn hin- 1966; wurde aus diesem Vermögen auch besoldet. durchführt. Looshorn Johann; Die Geschichte des Bist- * Ein Salmann ist ein Treuhänder bzw. Testa- Es lag demnach im Interesse der Landessiche- hums Bamberg / Der heilige Bischof Otto; mentsvollstrecker. rung, ihn auch verkehrsmäßig zu erschließen. Neudruck 1967. Dafür waren gewisse Beauftragte des Reiches Die Auswertung eingesetzt Wenn dies auch für einen Zeitraum von über Es liegt nahe, an die hennebergischen Poppo- 70 Jahren relativ wenige schriftliche Über- nen und die ihnen zugeordneten v. Rodehusen lieferungen sind, so lassen sich doch einige zu denken. Es sagte ... Erkenntnisse daraus ziehen: Allerdings wissen wir nicht, wann diese Ein- + Der Name Rothausen / Rodehusen weist ein- setzung erfolgte; hypothetisch nehmen wir die Bezirksheimatpfleger i.R. Dr. Reinhard deutig darauf hin, dass hier größere Rodungs- Mitte des 12. Jahrhunderts an. Die Lage der Worschech bei einem Seminar zum Thema maßnahmen notwendig gewesen waren. Es Kleinburg lässt vermuten, dass die ursprüng- „Was ist eigentlich typisch fränkisch?” in ist dies im Zusammenhang mit der Altstraße liche Trassenführung in deren Nähe verlief. Rügheim: von Königshofen nach Mellrichstadt zu verste- Dies wird unterstrichen durch eine weitere “In den Franken steckt noch eine gehörige hen, die ihrerseits ein Teilstück der wichtigen Anlage in der Nähe von Mendhausen. Die Portion Freiheit, die ein königstreues Ober- Verbindung von Süd- nach Norddeutschland gerade Straßenführung ist einer späteren Zeit bayern nicht verstehen mag. Umso unver- bildete. Die Trasssenführung durch den dort zuzuordnen. ständlicher und unerklärlicher ist es, wenn befindlichen großen Waldkomplex galt es zu + Für die wichtige Aufgabe wurden die Klein- diese Franken nun immer wieder Oberbaye- gewährleisten. So nimmt es nicht wunder, dynasten v. Rodehusen, wie damals üblich, risches und Andersartiges nachahmen und dass der Ort erstmals schon 855 genannt wird. wohl mit Amtslehen entlohnt. gar nicht mehr merken, dass sie das ihnen (Dann allerdings nicht mehr.) Eigene verlassen. Da sieht man allenthalben + In der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts erschei- Die Urkunden berichten Jägerzäunli, breite, weit ausladende Bal- nen nun die Klein-Dynasten derer von Rodehu- 1151 VII 8 kone, die fast nie benutzt werden, fläche sen. Wann sie allerdings (doch wohl von den 1165 Eigenleute Dächer, Raiffeisensmokings, im jeweiligen übergeordneten Hennebergern) eingesetzt wor- 1181 nicht näher beschriebene Reichs- Modetrend, schmucke Dirndl, Zithermusik den waren, ist unbekannt. Aus den UU lässt lehen und almerische Gesangsgruppen, kahle und sich die Genealogie des nun zu Ende gehenden 1189 vor V. das Dorf Rothausen mit Eigenleu- wappengeschmückte Maibäume, die das Geschlechts wie folgt rekonstruieren: ten und Zugehörungen ganze Jahr über stehen bleiben. + Die Namen Wiger über zwei Generationen nach 1194 eine Kapelle, den 3. Teil des Leider fehlt es den in Franken Lebenden lässt die Vermutung aufkommen, dass der Zehnts und 4 Hufen Ausstattung allzu häufig an Selbstvertrauen und Selbst- Name Weigler für den Waldkomplex mit der 1196 2/10 des Zehnten von Feldfrüch- behauptung und einem klaren, festen Stand- Familie in Zusammenhang gebracht werden ten und Vieh punkt. Es trauert kaum einer um Verluste kann. So ist gewisslich anzunehmen, dass das ganze, an mundartlichen Ausdrücken, Bräuchen, + Da die Schenkung des inzwischen 1219 für damalige Verhältnisse stattliche Dorf, Liedern und anderen kulturellen Schätzen.- verstorbenen Wickerus de Rodehausen von denen v. Rodehusen überlassen war. Das Besondere wetzt sich zusehends ab. Der Heinrich v. Sternberg, einem Angehörigen der Die v. Rodehusen werden als hochangesehen Schleifstein dreht sich rascher und rascher.” hennebergischen Linie derer v. Irmelshausen bezeichnet (1165; 1181). Einer von ihnen Seite ­­22 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

Herbert König Leben und Wirken Herzog Heinrichs von Römhild von 1676 - 1710

ömhild begeht im Jahre 2000 das Jubiläum der vierte Sohn Herzog Ernst des Frommen ernannt. Das waren Beförderungen und Ehren- Rseines 1200jährigen Bestehens. In einer von Sachsen - Gotha. Seine Mutter war Eli- bezeigungen. 1689 beschließt Heinrich seine Urkunde der Äbtissin Emhild vom Nonnen- sabeth Sophie, Prinzessin von Altenburg. Bis persönliche Beteiligung an Kriegsereignissen kloster Milz vom 3. Februar 800 wird Röm- zu seinem 18. Lebensjahr wurde er u. a. vom und seine militärische Laufbahn. hild zum ersten Mal genannt. Das Jubiläum gothaischen Kammerrat und Landrentmeister Am 1. März 1676 vermählt er sich mit der ist Anlass, die Geschichte der Stadt näher zu Reinhard erzogen. Im Mai 1668 begann seine Prinzessin Marie Elisabeth, Tochter des Land- beleuchten und der Bevölkerung zugänglich Reisezeit. Es war üblich, dass Fürstensöhne in grafen Ludwig VI. von Hessen - Darmstadt. zu machen. So entstand eine Festschrift zum der Regel drei Jahre auf Reisen gingen. Diese Die Ehe blieb kinderlos. Am 18. November 1200jährigen Stadtjubiläum, erarbeitet von Zeit diente dazu, die Söhne auf den Regenten- 1676 bezog Heinrich mit seiner Gemahlin einem Autorenkollektiv und herausgegeben beruf vorzubereiten. das Römhilder Schloss und residierte dort bis vom Rat der Stadt. Interessant ist, dass Heinrich 57 Instruktions- zu seinem Tode am 13. März 1710. Am 24. Im folgenden Aufsatz wird über das Leben und punkte als Leitfaden für seine Studien erhielt. Februar 1680 erhielt er das Herzogtum Röm- Wirken von Heinrich, Herzog von Römhild Sie enthielten: Beobachtung fürstlicher Hof- hild. Es bestand aus den Ämtern Römhild, von 1676 bis 1710, einer der bedeutendsten haltung, der Festungen, der geographischen Themar, Königsberg in Franken, der Kellerei historischen Persönlichkeiten der Stadt, berich- Verhältnisse fremder Länder, der Landesein- in Behrungen, dem Rohr- und Klosterhof Milz tet. künfte, der Militärverfassungen, der Gesetzge- und den Echterschen Lehen. Das Herzogtum Die Quelle der historischen Fakten und Bege- bung sowie die Beobachtung des Boden- und hatte damals kaum 20.000 Einwohner. Zu ihm benheiten sind der Schrift von Dr. G. Jakob, Forstertrages, der Bergwerke, des Handel und gehörten außer den drei Städten noch 53 Dör- Sachsen - Meiningischer Hofrat in Bamberg, Gewerbes, der Besoldung der Staatsdiener usw. fer. herausgegeben am 1. April 1896 in Hildburg- Die Reisen führten ihn in die Schweiz zum Als Heinrich am 5. August 1776 das erste Mal hausen, Kesselringsche Hofbuchhandlung (in Genfer See, nach Grenoble/Frankreich und in seine zukünftige Residenz besichtigte, fand er Schriften des Vereins für Sachsen-Meinin- die Niederlande. Heinrich vervollkommnete die innere Einrichtung des Schlosses weit unter gische Geschichte und Landeskunde, 21. Heft) seine französischen Sprachkenntnisse, lernte den Ansprüchen an eine herzogliche Residenz. entnommen. Fechten, Reiten und Tanzen. 1671 kehrte er Schon zwei Tage später gab er Befehl zu Gottfried Jakob schreibt in der Einleitung nach Gotha zurück. umfassenden Um- und Neubauten. Die ein- seiner Schrift: „Es ist schwer, das Leben des Seine militärische Ausbildung erhielt Heinrich setzende rege Bautätigkeit endete zunächst im Herzogs Heinrich zu schreiben, denn die bio- schon ab seinem 12. Lebensjahr. Zuerst war er Januar 1678. In dieser Zeit wurde nicht nur graphischen Notizen über diesen Fürsten sind Kapitän im Regiment seines Bruders Albrecht. das Schloss um- und ausgebaut, sondern auch dürftig und seine Lebensbeschreibung ist nur 1673 wurde er Oberst unter dem Kommando Bauten, wie z. B. das Amts- und Zollhaus, in kurzen Entwürfen enthalten.” des sächsischen Kronprinzen Kurfürst Georg der Münzhof und der Verbindungsgang zur III. und nahm an verschiedenen Feldzügen Stiftskirche wurden wieder hergestellt oder neu Aus seinem Leben gegen die Franzosen teil. 1693 und 1697 wurde gebaut. Heinrich wurde am 29. November 1650 auf er von Kaiser Leopold I. zum Generalfeld- Die Innenausstattung des Schlosses wurde völ- Schloss Friedenstein zu Gotha geboren. Er war marschallleutnant und Generalfeldzeugmeister lig umgestaltet. An der südöstlichen und süd- lichen Seite des Schlosses erwarb er vom Rat der Stadt den Bürgersee und ließ dort einen Lustgar- ten und einen Hofgarten anlegen. In den Anlagen gab es u. a. Grottenhäuser, eine Rennbahn, ein The- ater (Komödienhaus) und eine Orangerie. Die Anlagen wurden durch Untertanen aus den umliegenden Dörfern, die zu Frondiensten ver- pflichtet waren, instand gehalten. Seine Regierung übte der Herzog nur mit beschränkten Regierungs- rechten aus. Sein Bruder, Herzog Friedrich von Gotha, hatte die Hoheits- rechte im Herzogtum Römhild und bevormun- dete in gewissem Maße seinen Bruder. Trotzdem erfüllte Heinrich seine beschränkten Regierungs- rechte gewissenhaft. Er beförderte nach Kräften den Wohlstand seiner Untertanen, belebte ihren religiösen Sinn, hob den Schulunterricht, beseiti- gte durch Verordnungen Übelstände und Missbräu- Unter Herzog Heinrich von Römhild wurde eine Schlosskirche in Römhild eingerichtet. Die vorliegende Zeichnung che und übte Gerechtig- wurde zu deren Einweihung 1681 heraus gegeben. keit. Es ist nicht bekannt, Nr. 8 · Oktober 2000 Das Grabfeld Seite ­­­­­­­23 dass Heinrich Hexen verfolgen, hinrichten oder verbrennen ließ. Der Schwerpunkt der herzog- lichen Regierung lag in der Finanzverwaltung des Landes, der Erhaltung der Landsteuern und der Erschließung von neuen Finanzquellen. Der herzogliche Hofstaat war umfangreich und wurde nach strengen Regeln geführt. Die Erhe- bung Römhilds in eine Residenz hatte großen Einfluss auf die Entwicklung des Erwerbs- und Beamtenlebens, weil die Goldquelle des Hofes durch viele kleine Kanäle das Land befruch- tete. Neue Beamtenstellen wurden geschaffen. Es verbesserten sich die wirtschaftlichen Ver- hältnisse. Die übergroße Zahl kleiner Beamter lebte trotz karger Besoldung in guten Verhält- nissen. Der Hof hatte unstreitig Einfluss auf das bürgerliche Leben Römhilds, sowohl im Ansicht der Stadt Römhild um 1700 - von Osten. Bezug auf Wohlstand und Verkehr, als auch auf die Entwicklung der geistigen Kräfte. Es gab eine Bürgerschule und eine Lateinschule. Ich, Der gesellige Verkehr bewegte sich in feineren Formen. Ein sichtbarer Fortschritt vollzog sich Museumspädagogisches Zentrum (MPZ) im Vorgeschichtsmuseum Bad Königshofen i. Gr.

auf allen Lebensgebieten. Es entwickelte sich Verein für Heimatgeschichte im Grabfeld e.V. aber auch ein ungemessenes Standesbewusst- sein und ein üppiger Kastengeist. geb. am: Der Wohlstand hob sich, weil fast alle Hand- werker der Stadt ständige und lohnende Beschäftigung fanden. Der Herzog hatte Hof- gärtner, Hofmetzger, Hofsattler, Hofbäcker. Hofmaurer, Hoffischer, Hofschlosser, Hoftün- erkläre hiermit, daß ich dem Verein für Heimatgeschichte im cher, Hofgerber, Hofschneider, Hofschmiede Grabfeld e.V. / Museumspädagogischen Zentrum (MPZ) bis auf usw. Dazu kamen viele Hofbedienstete, Hofan- gestellte und Hofpersonal. Es waren so viele, schriftlichen Widerruf als Mitglied beitrete. dass das Schloss und seine Räume nicht mehr ausreichten. Mit der Satzung und dem Mitgliedsbeitrag von 36,- DM jährlich Es wurde wieder gebaut. 1690 z. B. entstan- bin ich einverstanden. den vier Kavaliershäuser für den Hochadel. Einige Namen von Bürgern die mit dem Hof in Verbindung standen, existieren heute noch: Görtzner, Ritz, Krüger, Dömming, Spüler, Schmöger, Krempel, Wagner, Schmidt, Kalb, Anschrift: Hoffmann, Will, Koch, Schippel u. a. Die Bautätigkeit Herzog Heinrichs kannte keine Grenzen. Sie überschritt oft die finanziellen Kräfte des Landes. Dr. Jakob schreibt u. a.: Straße, Hausnummer „Herzog Heinrich hatte eine beschauliche, mehr passive Natur und folgte weniger selbständigen Entschlüssen als äußeren Anregungen, aber Postleitzahl/Wohnort er hatte keine künstlerischen Anlagen, doch Formsinn und Vorliebe für Architektur, Plastik und Malerei, gerühmte mathematische Kennt- Telefon-Nummer nisse und Kenntnisse über die Drechslerei. Einfache, nüchterne Fakten waren nicht nach seinem Geschmack. Außerdem würden sie auch Bankverbindung: nicht dem damaligen Hofleben entsprochen haben. Er liebte einen durch Prunk und Auf- wand glänzenden Fürstenhof.” 1681 ließ Hein- Konto-Nummer: rich die Schlosskirche bauen und sie großartig ausstatten. Sie wurde nach dem Tod des Her- zogs kaum noch genutzt. Die Inneneinrichtung Bankleitzahl wurde verkauft. Später wurde die Schlosskirche zu einem Heu- und Getreidelager. 1708 wurde der Grundstein für die Friedhof- Kreditinstitut skirche gelegt. Vorher wurden im Lustgar- ten das Reithaus, die Renn- und Stechbahn, das Grottenhaus, die Gärtnerwohnung, die Orangerie und andere Bauten errichtet. Die Beweggründe seiner Schaffenstätigkeit waren sein Bestreben, seiner Gemahlin immer eine Ort/Datum neue und überraschende Geburtstagsfreude zu machen. 1692 ließ er im vorderen Schlossflü- gel eine „Lusthütte”, Kunstgemach, errichten. Über dem Tor befand sich folgende Inschrift. “Aus treuer Liebespflicht der Fürstin bloß zu Ehren Unterschrift und Dero Ruhm mehren Hat’s künstlich aufgericht Ihr Herzog und Gemahl.” Seite ­­24 Das Grabfeld Nr. 8 · Oktober 2000

sogar einen „Goldmacher” und hatte ein Labo- ratorium. Jakob: „... Über sein Privatleben ist man wenig unterrichtet. Man darf voraussetzen, dass es bei seiner leidenschaftslosen Natur in ungetrübter Ruhe und friedfertiger Tätigkeit verlief.” Jakob weist in seiner Biographie aber beson- ders auf eine menschliche Schwäche des Regenten hin. Das war die Sorglosigkeit, mit der er mit seinen Finanzen umging. Ursachen sieht er u. a. darin, dass der herzogliche Haus- halt viel zu groß für das kleine Land war. Im Lauf der Zeit vermehrten sich die Schulden lawinenhaft. Mit keiner Maßnahme konnten sie aus der Welt geschafft werden. Alle Grundre- geln der Finanzpolitik wurden missachtet. Der Verfall war programmiert. Am 13. Mai 1710 starb der Herzog im 60. Lebensjahr. Er wurde in der Stadtkirche Röm- hild beigesetzt, man weiß nicht, an welcher Stelle. Jakob schreibt: „Mit dem Tod des Herzogs brach die ganze kleinstaatliche Herr- lichkeit, das glänzende Hofleben, eine Menge Im Fürstlichen Residenz-Schloss in Römhild residierte Herzog Heinrich von Römhild von 1676 Hofämter und Beamtenstellen, ein ängstlich bis zu seinem Tod 1710. Die Zeichnung schuf Philipp Mayer. gehütetes Parasiten- und Schmarotzertum zusammen. Noch lange pflanzte sich als Nach- klang des erloschenen Residenzlebens ein Das größte und ansehnlichste Gebäude im Jagd war eine der kostspieligsten Angelegen- ge-spreiztes Wesen, Familienstolz und Beam- Hofgarten war das Grottenhaus. Im Hinter- heiten des Herzogtums. tendünkel fort. Die Erinnerung an das Hof- bau befand sich eine vollständige Theaterein- Der Herzog verwendete seine Zeit und seine und Fürstenleben ist nach über 200 Jahren so richtung. Der Hauptraum „Elisabethenlust” finanziellen Mittel besonders auf seine bau- geschwunden, dass man darüber nicht einmal genannt, wurde 1695 abgebrochen und als lichen Unternehmen und auf die Jagd, auf seine mehr in Römhild unterrichtet ist. Man erinnert Lustschloss im Merzelbach wieder errichtet. Reisen und auf seine Feste und Vergnügungen. sich nur mit einem gewissen Bedauern, dass Zum Theater im Grottenhaus ist zu sagen, dass Alles in allem überstieg das die wirtschaft- Herzog Heinrich bei seinem irrtümlich ange- dort Singspiele, „Operetten”, aufgeführt wur- lichen und finanziellen Möglichkeiten eines nommen geringen Einkommen in bedrängter den. Es waren vorwiegend „Schäferspiele”. solch kleinen Herzogtums. Lage und Entbehrungen und Entsagungen Die Kapelle bestand aus vier Sängern und Heinrich wurde von seinen Untertanen auf regierte, während das gerade Gegenteil der sieben Spielleuten. Die Hofkapelle war viel Grund seiner menschenfreundlichen Gesin- Wirklichkeit entspricht und er nicht nur einen beschäftigt.. nung und seiner auf sittlich-ethischen Grund- übertriebenen kostspieligen und glänzenden Zum Lustschloss im Merzelbach berich- sätzen beruhenden Denkart hoch verehrt. Seine Hof hielt, sondern sogar bestrebt war, seine tet Jakob noch: „Anfangs hatte der Herzog erste Sorge war, das Glück und Wohlstand Residenz nach dem Musterbild von Versailles geglaubt, die Merzelbacher Anlage 1696 abge- seiner Untertanen zu heben. Er beschwerte das zu gestalten.” schlossen zu haben, aber er hörte nicht auf, Land nicht mit Steuern und Auflagen. Er sorgte Veränderungen vorzunehmen, da man, wie er dafür, dass die Hofeinnahmen wieder in die Nachwort sagte, das zu verbessern strebe, wonach man Taschen der Untertanen zurück flossen. Das Es ist nicht das Anliegen dieses Aufsatzes, Lust und Belieben trage, wobei er als Grund hatte zur Folge, dass sich der allgemeine Wohl- alle Bereich des Lebens und Wirkens Herzog seiner kostspieligen Baulust die ganz unerwar- stand der Bürger hob. Heinrichs von Römhild zu beschreiben. Er soll tete Erklärung gibt, er habe sich dadurch sei- Seine Gerechtigkeit war hoch anerkannt, seine lediglich ein fragmentarisches Lebensbild des nen Brüdern und Vettern einen Beweis seiner Menschenfreundlichkeit war stadt- und land- Regenten vermitteln. Römhild erfuhr während Zuneigung zu geben.” bekannt. So blieb kein Unterstützungsgesuch seiner Regierungszeit eine wirtschaftliche und Was ist nun aus den Prachtbauten, Anlagen unberücksichtigt. So unterstützte er z. B. viele kulturelle Blüte, die es in der Folgezeit kaum und Einrichtungen geworden? Bis auf das Reit- Bürger mit Bauholz, gewährte bei Neubauten wieder erlebte. haus waren die Stätten z. T. schon zu Lebzei- Steuerfreiheit, gab unentgeltlich Baumaterial, ten des Herzogs bzw. unmittelbar nach seinem zahlte für viele Lehrlinge das Lehrgeld und Tod wüst geworden, abgerissen oder verkauft ließ sie zu Gesellen aufdingen. Es könnten worden. Es ist Gras darüber gewachsen. Nur noch viele Beispiele genannt werden. das Schloss ist geblieben. Es diente bis heute Jakob schreibt: „Es ist fast unglaublich, in Impressum verschiedenen Zwecken: Es war Witwensitz, welchem Grad der Herzog von allen Seiten Amtsgericht, Verwaltung, Wohnung, später in Anspruch genommen wurde. Ebenso groß Herausgeber: Kriegswaisenheim, Jugendwerkhof, Kaserne war sein menschliches Entgegenkommen und Verein für Heimatgeschichte im Grabfeld e.V. und u.a. Heute ist im Schloss das Museum, die seine Freigebigkeit. Es scheint fast, dass es Museumspädagogisches Zentrum Bad Königshofen. städtische Verwaltung und die städtische ihm schwer fiel, eine Bitte zu versagen als Redaktion: Reinhold Albert (Sternberg); Bücherei untergebracht. zu gewähren. Alle Bittgänger wurden bedacht, Leo W. Hamm (Merkershausen); Herzog Heinrich hat in seiner Regierungszeit Vornehme wie Geringe. ... Mit seiner Milde Satz und Gestaltung: außer den umfangreichen Bauten u.a. Denk- und Wohltätigkeit verband Heinrich eine fried- dta-fotosatz (Alsleben); und Schaumünzen prägen lassen (z. B. den fertige Gesinnung. Er war ein Feind von Streit Druck: Römhilder Heller). Er gründete die Römhilder und Händelsucht, war im Besitz eines glück- Alfons Schedel (Kleineibstadt); Schützengesellschaft, die bis 1945 bestand. Er lichen Temperaments und einer leidenschafts- Auflage: 8.000 Exemplare kümmerte sich um das Volksleben, förderte losen Natur. Mit seiner „Marielies” war er 34 Handwerk, Gewerbe und Bildung. Jahre verheiratet und führte eine Musterehe. „Das Grabfeld“ erscheint einmal jährlich mit finanzi- Er liebte Fest, Feiern und Prunk. Alles wurde Beide wetteiferten in gegenseitige Liebe und eller Unterstützung des Landkreises Rhön-Grabfeld, der Stadt Bad Königshofen, der Mitgliedsgemeinden mit großem Aufwand gestaltet. Zu seinem Hochachtung ...” der Verwaltungsgemeinschaften Bad Königshofen herausragenden Privatvergnügen gehörte die Zum Privatleben des Herzogs ist noch anzu- und Saal a.d. Saale, der Stadt Römhild, des LIONS- Jagd. Dafür beschäftigte er eine große Zahl merken: Er war kein Gelehrter, er war auch Clubs Bad Königshofen, der Brauerei Werner Lang von Aufsehern, Pächtern, Hegern, Knechten kein Kunstenthusiast, obschon er eine hervor- (Waltershausen), der Sparkasse Bad Königshofen, der usw. Die Forste des Herzogtums waren reich ragende Bibliothek, viele Gemälde, Portraits Geno-Bank Bad Königshofen und der Raiffeisenbank an Wild. Jährlich wurden 6 - 7 große Jagden und Skulpturen besaß. Er beschäftigte sich mit Obereßfeld-Römhild. abgehalten. Eine Jagd dauerte 7 - 10 Tage. Die optisch-physikalischen Dingen, beschäftigte