Aufbruch Neue Soziale Bewegungen in Der Ostschweiz
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156. Neujahrsblatt, 2016 Herausgegeben vom Historischen Verein des Kantons St. Gallen ANDREAS KNEUBÜHLER ARNE ENGELI BETTINA DYTTRICH CHRISTIAN HUBER ESTHER MEIER HARRY ROSENBAUM HEINRICH ZWICKY IRIS BLUM JOHANNES HUBER KASPAR SURBER MARCEL ELSENER MARINA WIDMER MAX LEMMENMEIER MICHAEL WALTHER PATRICK ZILTENER PIUS FREY RALPH HUG REA BRÄNDLE RENÉ HORNUNG RICHARD BUTZ RUEDI TOBLER WOLFI STEIGER 156. Neujahrsblatt Herausgegeben vom Historischen Verein des Kantons St. Gallen Aufbruch Neue Soziale Bewegungen in der Ostschweiz Rückblicke 2015 Archäologie – Denkmalpflege – Jahresberichte Vereine St. Gallen 2016 Folgende Institutionen haben die Herstellung des 156. Neujahrsblattes des Historischen Vereins des Kantons St. Gallen (2016) grosszügig unterstützt: Impressum © 2016, Historischer Verein des Kantons St. Gallen Konzept Hauptteil (Neue Soziale Bewegungen): Marina Widmer, Leiterin Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz, St. Gallen Lektorat/Redaktion Gesamtblatt: Prof. Dr. Johannes Huber, St. Gallen Lektorat/Redaktion Hauptteil (Neue Soziale Bewegungen): Marina Widmer, Jolanda Schärli Für den Inhalt der einzelnen Beiträge sind die Autorinnen und die Autoren verantwortlich. Auflage: 1 000 Exemplare Satz, Druck und Lithos: Toggenburger Verlag, CH-9103 Schwellbrunn Auslieferung, Bezugsstelle: Toggenburger Verlag, CH-9103 Schwellbrunn, www.toggenburgerverlag.ch ISBN: 978-3-908166-76-4 ISSN 0257-6198 Inhalt Neue Soziale Bewegungen 7 Marina Widmer: Einleitung 10 Johannes Huber: 68 bewegt die Welt, die Schweiz – und St. Gallen 14 Max Lemmenmeier: «Es ist unsere moralische Pflicht, für die Entrechteten und Unterdrückten einzustehen.» Zur Tätigkeit der Liga für Menschenrechte Sektion St. Gallen (Ostschweiz), 1963–2009 22 Ralph Hug: 68 in St. Gallen: Die «Aktion Rotes Herz» und ihre Folgen 27 Johannes Huber: «Aktion Rotes Herz» + 46 Jahre. Beteiligte, Quellen und Darstellungen im Diskurs 44 Richard Butz: Kaeser, Weil, «Kaktus», Comics, «Comedia», Druckerei Baumgardt (Schwalbenverlag). Progressiver Buchhandel und eine «linke» Druckerei in St. Gallen 47 Pius Frey: «Rote Steine» und autonome Kreise in den 1970er-Jahren in St. Gallen 51 Harry Rosenbaum: Operation «Roter Gallus». Von der unheiligen Allianz zwischen Militär und Justiz im Kalten Krieg 57 Arne Engeli: Das Evangelische Tagungszentrum Schloss Wartensee als Impulsgeber, Begegnungs- und Vernetzungsort 66 Ruedi Tobler: Arbeit am Rande – mit Blick über den Tellerrand hinaus Friedensbewegte in der Ostschweiz 74 Esther Meier: «Wer A-tomkraft sagt, muss auch B-drohung sagen!» Die Anti-AKW-Bewegung in der Ostschweiz 79 René Hornung: Homosexuelle Arbeitsgruppe St. Gallen, HASG Politik, Partys und Coming-out-Hilfe 84 Harry Rosenbaum: Reformbewegung für den Strafvollzug und das Heimwesen 85 Rea Brändle: Das Wunder und die Ochsentour Circus Pic-o-Pello/Südumfahrung 92 Wolfi Steiger: Das autonome Jugendzentrum an der Gartenstrasse 95 Iris Blum: Gezähmte Natur und wilde Kultur: Das Ökozentrum des WWF in Stein (AR) 99 Andreas Kneubühler: «Posthalle», «Bündnerhof», «Engel» und dazwischen ein bisschen «Volkshaus» 103 Ralph Hug: Die Anti-Spekulations-Bewegung der frühen 1980er-Jahre 106 Patrick Ziltener: «Teil einer breiten internationalen Überlebensbewegung». Entstehung und Entwicklung der Grünen in St. Gallen, 1983–1989 120 Pius Frey: Die St. Galler Anti-Apartheid-Bewegung 124 Christian Huber: Solidarität statt Abwehr. Das Asylkomitee und der CaBi Antirassismus-Treff in St. Gallen im Zeichen der Flüchtlingshilfe 131 Wolfi Steiger: Alternativ und unabhängig: die «GraZ» 134 Kaspar Surber: «Wir fischen uns ein Geschenk» Die Hechtbesetzung 1988/1989 138 Michael Walther: Neuchlen-Anschwilen und «40 Waffenplätze sind genug» – eine Bewegung kämpft mit vielfältigen Mitteln gegen einen Waffenplatz 145 Arne Engeli: Der konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung – eine ökumenische Aufbruchbewegung 150 Bettina Dyttrich: Vernetzt bis nach Belgien Die Wiler Jugendkultur und die Remise 152 Heinrich Zwicky: Soziale Bewegungen und Mobilisierungsereignisse im Linthgebiet, 1970–2000 155 Marcel Elsener: Revolutionäre Zellen im Seehofquartier. Soziale Bewegungen in Rorschach in den 1970er- und 1980er-Jahren 159 Soziale Bewegungen: Gruppen und Projekte von den 1970er-Jahren bis heute 161 Autorinnen- und Autorenspiegel Kantonsarchäologie St. Gallen Martin Peter Schindler: Jahresbericht 2015 163 Kantonale Denkmalpflege St. Gallen Michael Niedermann: Jahresbericht 2015 177 Fokus Aussenraumgestaltung: Ein Gespräch mit den St. Galler Landschaftsarchitekten Tobias Pauli und Susanna Stricker 182 Jahresberichte 2015 der regionalen Geschichtsvereine Peter Müller: Kulturhistorischer Verein der Region Rorschach 189 Werner Kuster: Verein für die Geschichte des Rheintals 190 Paul-Josef Hangartner: Museumsgesellschaft Altstätten 192 Susanne Keller-Giger: Historisch-heimatkundliche Vereinigung der Region Werdenberg (HHVW) 194 Mathias Bugg: Historischer Verein Sarganserland 197 Heinrich Speich: Geschichtsfreunde vom Linthgebiet 200 Ernst Grob: Toggenburger Vereinigung für Heimatkunde (TVH) 203 Hans Vollmar: Kunst- und Museumsfreunde Wil und Umgebung 206 Alois Ebneter/Urs Schärli: MUSA Museen SG 210 Markus Frick: Genealogisch-Heraldische Gesellschaft Ostschweiz 212 Marina Widmer: Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz 214 Daniel Studer: Historischer Verein des Kantons St. Gallen 216 Verzeichnis bisheriger Neujahrsblätter 219 Aufbruch Neue Soziale Bewegungen in der Ostschweiz Andreas Kneubühler Arne Engeli Bettina Dyttrich Christian Huber Esther Meier Harry Rosenbaum Heinrich Zwicky Iris Blum Johannes Huber Kaspar Surber Marcel Elsener Marina Widmer Max Lemmenmeier Michael Walther Patrick Ziltener Pius Frey Ralph Hug Rea Brändle René Hornung Richard Butz Ruedi Tobler Wolfi Steiger 156. Neujahrsblatt, 2016 Herausgegeben vom Historischen Verein des Kantons St. Gallen Einleitung Marina Widmer Weit ab von den grossen Zentren, aber am Weltgeschehen on, die in Europa die politischen und gesellschaftlichen teilhabend, sind auch in der Ostschweiz meist junge Men- Verhältnisse nachhaltig verändert hat. Oder denken wir schen Teil des internationalen Aufbruches, der bereits in an die Arbeiter-, die frühe Frauenbewegung, an die anar- den 1960er-Jahren seinen Anfang nimmt. Der wirtschaft- chistischen Gruppen oder auch an Friedensbewegungen, liche Aufschwung gelingt in dieser Zeit mit Hilfe der vie- die bereits im 19. Jahrhundert entstanden sind und die für len Gastarbeiter und -arbeiterinnen, und die an sich arme eine andere, gerechtere Welt gekämpft haben. Als Neue Schweiz beginnt sich in ein reiches Land zu verwandeln. Soziale Bewegungen gelten die Bewegungen ab 1968, die Die gesellschaftlichen Formen und die politischen Ver- in unterschiedlichen organisatorischen Formen, ausser- hältnisse indes bleiben starr. Der Kalte Krieg ist bis zum halb von etablierten politischen Parteien, themenspezi- Ende der 1980er-Jahre allgegenwärtig und prägt die poli- fisch und unkonventionell mit symbolischen und konkre- tischen Auseinandersetzungen international, national bis ten Aktionen in die politischen und gesellschaftlichen in die lokalen Begebenheiten. Erst mit dem Zusammen- Diskurse eingegriffen haben. Die Neuen Sozialen Bewe- bruch der realsozialistischen Länder verschwindet er von gungen stellen die gesellschaftlichen Verhältnisse grund- einem Tag auf den anderen. sätzlich in Frage. Weltweit ist ab Mitte der 1960er-Jahre ein Aufbruch ge- Der Aufbruch wird in den 1960er-Jahren zuerst kulturell gen festgefahrene Verhältnisse zu spüren. Die Erfahrung wahrgenommen. Er führt vorerst zu Diskussionen, später des Zweiten Weltkriegs führt dazu, dass die Idee des Völ- zu Protesten, Demonstrationen, Aktionen, zur Politisie- kerbundes wieder aufgegriffen wird. Für den Frieden und rung des Alltags und dem Bruch mit den bürgerlich- um individuell Menschen zu schützen, wird 1945 die kulturellen Werten. Eine bessere und gerechtere Welt UNO gegründet und drei Jahre später die Menschen- wird eingefordert. Hanspeter Hädener erinnert sich, dass rechtserklärung verabschiedet. Weltweit entstehen in den die gesellschaftlichen Veränderungen ab Mitte der 1960er- Kolonien Befreiungsbewegungen. In vielen Ländern füh- Jahre auch in St. Gallen zu spüren waren. 1965/1966 treten ren sie indes zum Krieg, weil die westlichen Länder nicht die Rock-Band Jimmy and the Rackets, die Beat-Band bereit sind, die Kolonien aufzugeben. Es gibt Diktaturen, Casey Jones and the Governors und die Sauterelles mit ungerechte und festgefügte politische Verhältnisse. Statt Toni Vescoli in St. Gallen im Schützengarten und ein Jahr Frieden gibt es Kriege, und die Einhaltung der Men- später die Rock-Band Pink Floyd in der Coca-Cola-Halle schenechte kommt nur langsam voran. Es ist eine Welt, in Abtwil auf. Das Publikum erscheint damals noch in in der sich junge und junggebliebene Menschen nicht Krawatten, aber die Musik reisst alle mit. Die informelle wiedererkennen. Die Widersprüche veranlassen sie, sich Gruppe um Hanspeter Hädener schaut sich Filme von eine andere Welt zu wünschen, sich einzumischen und Fellini, Pasolini, Antonioni, aber auch von Schweizer sich für Veränderungen einzusetzen. Gesellschaftskriti- Filmschaffenden wie Godard und Tanner an. Sie diskutie- sche Theorien wie der Marxismus und die kritische Theo- ren in der Gruppe über Theater, zum Beispiel über das rie erleben darum ab den 1960er-Jahren eine Hochkon- Werk «Publikumsbeschimpfung» von Peter Handke. Sie junktur. treffen sich jeweils am Freitag-