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Bezirksförstereien der Landwirtschaftskammer, Teil 8: Stormarn, Ost und Hansestadt Lübeck Förster sind Architekten des Waldes

Schleswig-Holstein ist mit rund 11 % das waldärmste Bundesland. Steckbrief Bezirksförsterei Über 50 % davon sind Privatwäl- Stormarn, Segeberg Ost der und zirka 15 % Kommunalwald, zusammen rund 100.000 ha. Die- und Hansestadt Lübeck se Waldbesitzer werden von der Förster: Reinhard Schulte Landwirtschaftskammer beraten, Standort: betreut und gefördert. Ihre Be- Moordiek 17 zirksförster sind erste zuständige 23820 -Diekhof Ansprechpartner vor Ort in allen Mobil: 0172-3 16 94 07 Belangen rund um den Wald. Die betreut: FBG an der Förstereien und Aufgabenschwer- Trave und FBG Stormarn punkte sind so unterschiedlich wie (zusammen rund 400 die Waldbilder und Größen der Be- Mitglieder und knapp triebe. Denn an der Westküste ist 5.000 ha), zirka 1.000 nicht die Lage eine völlig andere als im organisierte Waldbesitzer, Herzogtum Lauenburg. Im achten 880 ha im Kommunalwald Teil der Serie stellen wir die Be- in HL zirksförsterei Stormarn, Segeberg Baumbestand: Ost und Hansestadt Lübeck vor. 75 % Laubholz Förster Reinhard Schulte mit der Forstbetriebskarte eines Kunden. Er wer- Boden: gute Böden Reinhard Schulte sitzt an seinem tet einmal jährlich den Wirtschaftsplan und den Wirtschaftsabschluss aus. Spezialgebiet: Betriebs­ Schreibtisch in einem gemütlichen Grundlage dafür ist die sogenannte Forsteinrichtung. planung und Benchmarking, Dachzimmer über der Garage ne- individuelle Betreuung und ben seinem Haus in Diekhof, Ge- sees. Dort befinden sich zahlrei- Blumendorf und das Kloster Nüt- Naturschutzaufgaben in den meinde Pronstorf. Das liegt im Os- che bekannte Güter wie Pronstorf, schau. Der historisch bewanderte großflächigen FFH- und Na- ten des Kreises Segeberg, ganz in Wensin, sowie im Ver- Förster kennt die Besitzverhältnis- tura-2000-Gebieten der Nähe des idyllischen Warder- lauf der Trave und Beste das Schloss se und die wechselvolle Geschichte

Das Land mit Blick auf den Wardersee ist der Lieblingsort des Bezirksförsters. Fotos: Isa-Maria Kuhn 38 Wald & Jagd BAUERNBLATT | 20. Februar 2021 ■

Beraten, betreuen jeden Hektar Wald, der einer Bau- und fördern maßnahme weichen musste, drei neue gepflanzt werden. Die drei Tä- Drei Tätigkeitsfelder hat ein Be- tigkeitsfelder der Mitarbeiter in den zirksförster der Landwirtschafts- Förstereien beinhalteten viel Detail- kammer: 1. Beratung, 2. Betreu- arbeit, erzählt Reinhard Schulte: ung und 3. Förderung. Gerade der dritte Part ist komplex, weil es EU-, ● Förderung: Antragsabwicklung Bundes- und Landesmittel gibt. Im Gegensatz zur Landwirtschaft be- ● Holzverwaltung, Holzlisten, Rech- ­ kommt der Wald keine jährliche nungen und PC-Programm, Klad- pauschale Förderung pro Hektar. de zur Holzaufnahme Es gibt finanzielle Zuschüsse für einzelne Maßnahmen wie Wald- ● Wirtschaftspläne, Forsteinrich- umbau und Waldpflege oder neu- tung, Ökokonto, Management- erdings auch für die Aufarbeitung pläne Natura 2000 und FFH-Ge- von Kalamitätsholz. biete, Ersatzaufforstungen, Der Förster, der wie seine Kol- Erstaufforstungen legen seine Tätigkeiten jeweils schriftlich erfasst, verwendet 20 % ● Jahresabschlüsse, Forstbera- seiner Arbeitszeit für die Beratung, tungsring Betriebsvergleich, 50 % für die Betreuung und 30 % Strukturpapier zur Betriebsüber- für die Förderung. Zur Förderung gabe gehören Maßnahmen wie Umbau und Wiederaufforstung etwa nach ● Arbeitsplanung in den Revieren schweren Stürmen. So konnten bei zur Verkehrssicherung, zum Um- Blick in die Brennholzaufbereitung der Forstbetriebsgemeinschaft Stormarn. der FBG Stormarn 470 ha und bei bau, Voranbau, zu Ersatzmaß- Hier werden pro Jahr 5.000 srm (Schüttraummeter) der Waldbesitzer für den der FBG Trave immerhin 250 ha um- nahmen, Feldgehölzen, Bio- Verkauf „veredelt“. gebaut werden. topen, Knickanlage, Hackerholz, Im Rahmen der Betreuung findet Harvestereinsatz, Baggereinsatz und so gleicht eine Fahrt durch sei- ha und nahezu 400 Mitgliedern zu- die Waldpflege statt. Hier gilt es, mit Fällbündelgreifer, Graben- nen Bezirk, der auch Stormarn und ständig. Hinzu kommen noch ein- den Mischwald zu regulieren, in- pflege, Wegebau die Hansestadt Lübeck umfasst, ei- mal geschätzt 1.000 nichtorgani- dem unerwünschte Wuchsformen ner spannenden Geschichtsstunde. sierte Besitzer von kleinen Wäl- wie Peitscher, Protzen oder Zwie- ● Brennholzvermarktung, Holzhof Die Förster der Kammer haben Re- dern. Das Telefon klingelt – mit sel entnommen werden. und Selbstwerber, Weihnachts- sidenzpflicht. Sie haben ihr Büro dem Ruflaut eines Waldkauzes – In seinem Bezirk mit der Hanse- baumkulturanbau also dort, wo sie auch für den Wald naturverbunden auch im Büro. stadt Lübeck und den größeren zuständig sind. Die Bezirke enden Städten Ahrensburg, Glinde und ● GPS-Aufmaß von Flächen, Läu- nicht immer an den Kreisgrenzen, Försterfamilie Bad Oldesloe standen in den ver- terung, Durchforstung, Zaun- sind historisch nach Besitztümern gangenen Jahren knapp 400 ha bau und Zaunabbau, Pachtflä- gewachsen. Zurück in das Büro un- seit 1632 Ersatz­aufforstungen an. Für die Er- chen, Ankaufflächen, Fixkosten, ter dem Dach: Auf den ersten Blick Der berufliche Werdegang des weiterung des Flughafens Blanken- Forstschutz, Kulturpflege ist klar, dass der 54-jährige Fami- sympathischen Mannes war vorge- see, das Gewerbegebiet LevoPark lienvater die Jagd, Jagdhornmu- zeichnet. Er stammt aus einer Fami- oder den Standort eines großen In- ● die schon genannte Beratung, sik und Hunde liebt. Und so ist die lie von Förstern, zurückzuverfolgen ternetversandkonzerns mussten für Betreuung und Förderung der gescheckte Wachtelhündin Fichte bis 1632, da stand bereits ein Urahn beim späteren Rundgang durchs im Dienst des Grafen von Westfa- Revier selbstverständlich dabei. len. Und so ging es für Schulte nach Dieser muss aber noch etwas auf dem Fachabitur und dem Wehr- sich warten lassen, denn vorher ist dienst an die Universität Göttingen Büroarbeit zu erledigen, eine gan- und zur Vorbereitung auf den ge- ze Menge davon, sagt Schulte. Das hobenen Forstdienst nach Hessen. ist auch das Einzige, was dem ge- Aus vier Jobangeboten hat er sich bürtigen Nordrhein-Westfalen we- schließlich die Landwirtschafts- niger an seinem Beruf gefällt. „Wir kammer Schleswig-Holstein als Ar- haben viel Formalismus und Ver- beitgeber herausgesucht und ist waltung.“ Ansonsten sei seine Tä- ihr seit 1992 treu geblieben. Ihn tigkeit großartig: „Man kann ge- hat sein abwechslungsreicher Be- stalten und ist ein Architekt des zirk gereizt, weil er nicht in einem Waldes.“ Neben Sachverstand be- reinen Nadelwald, sondern einem nötige es auch Empathie, Intellekt Laubmischwald arbeiten wollte. und Teamgeist. Schließlich handelt Zum Diensteintritt fand eine gro- es sich nicht um den eigenen Wald, ße Aufforstungswelle statt und so sondern den des Kunden: „Was ist erzählt er nicht ohne Stolz, dass er das Betriebs­ziel und was möchte mit der FBG Stormarn 450 ha und der Waldbesitzer, muss ich mich mit der FBG an der Trave noch ein- fragen.“ Schon wieder ruft jemand mal 293 ha Wald aufgeforstet hat. Der Geschäftsführer der FBG Stormarn, Steffen Burkhardt (li.), und der Förs- an, schließlich ist der Kammerförs- Das sind Zahlen, die sich im waldar- ter vor der Holztrocknung. Hier wird mit der Abwärme der Biogasanlage der ter für zwei große Forstbetriebsge- men Schleswig-Holstein sehen las- Bio-Energie GmbH & Co. KG auf den Flächen von Gut Blumendorf das Brenn- meinschaften (FBG) mit fast 5.000 sen können. holz perfekt aufbereitet. ■ BAUERNBLATT | 20. Februar 2021 Wald & Jagd 39

zwei Forstbetriebsgemeinschaf­ Ausblick ten. des Waldes Ein Tag im Wald Reinhard Schulte geht in sei­ nem Beruf auf. Einziger Wermuts­ für jedes Stormarner Kind tropfen ist die in der Vergangen­ Im Jahr 2008 hat die Sparkas­ heit deutlich vermehrte Büroarbeit. senkulturstiftung Stormarn ein Wie seine Berufskollegen treibt ihn neues Stiftungsziel definiert, das die Frage um, wie die Risikovorsor­ dem Gemeinwohl der Bildung für ge in den Zeiten des Klimawandels alle Kinder im Kreis Stormarn zu­ stattfinden kann. Wie muss wald­ gutekommt. So sollen Schulklas­ baulich mit der Baum­artenwahl auf sen kostenlos einen Tag im Wald den zunehmenden Trockenstress mit einem Förster verbringen kön­ der Pflanzen reagiert werden? Die­ nen. Hierbei hat Reinhard Schulte ser Prozess des Umbaus sei erkannt maßgeblich an der Idee eines Kon­ und müsse nun gestaltet werden, zepts und der Umsetzung der um­ sagt der Bezirksförster der Kammer fangreichen baulichen Maßnah­ für Stormarn, Segeberg Ost und die men mitgewirkt. Der Naturerleb­ Stadt Lübeck. nisraum Grabau wird, sobald die Isa-Maria Kuhn Pandemie eingedämmt ist und die Landwirtschaftskammer Kontrolle einer der zahlreichen Neuaufforstungen im Bezirk. Wachtelhündin Arbeit mit Kindern dort wieder an­ Tel.: 0 43 31-94 53-111 Fichte begleitet Reinhard Schulte durch Kirschen, Eschen, Ahorn und Linden. läuft, gesondert vorgestellt. [email protected]

Größte Wildtiererfassung startet Rebhuhn, Reh und Fischotter auf der Spur

Im Frühjahr 2021 geht das bun- 18 Arten punkt bildet das Schalenwild. Ja­ ben Amphibien und Reptilien bei desweit größte Monitoringpro- im Fokus gende sollen für die flächende­ den Säugetieren Nutria, Bisam, Bi­ gramm für Wildtiere in die nun- ckende Erfassung Angaben zum ber und Fischotter. Diese wurden mehr achte Runde. Daten zu 18 Für WILD erfassen Jäger in die­ Vorkommen von Rot-, Dam-, Reh-, zuletzt 2015 erfasst. Arten wie Rebhuhn, Reh oder sem Jahr das Vorkommen der klas­ Muffel- und Schwarzwild machen. Fisch­otter werden erhoben. Der sischen Offenlandarten Rebhuhn, In der Gruppe der Raubsäuger liegt Datenqualität Deutsche Jagdverband (DJV) ruft Fasan, Feldhase und Wildkanin­ der Fokus wie 2017 auf Waschbär, alle Revierinhaber auf mitzuma- chen. Der Wandel in der Kultur­ Marderhund, Mink, Baummarder ist entscheidend chen. landschaft wirke sich negativ auf und Iltis. Auch ergänzende An­ Seit 20 Jahren gibt es WILD. Die diese aus, heißt es vom Verband. gaben zum Auftreten von Räu­ erste bundesweite Feldhasenzäh­ Für das Wildtier-Informations­ Durch langjährige Datenreihen de und Staupe sollen Teilnehmen­ lung in Referenzgebieten haben system der Länder Deutschlands können Wissenschaftler Trends de machen. Letzter Schwerpunkt Jägerinnen und Jäger 2001 durch­ (WILD) erfassen Revierinhaberin­ genauer untersuchen. Abgefragt der Erfassung sind die semiaquati­ geführt. Die erste flächendeckende nen und Revierinhaber im kom­ wird diesmal zusätzlich die Durch­ schen Säuger (so werden Tiere ge­ Erfassung verschiedener Arten gab menden Frühjahr das Vorkom­ führung biotopverbessernder Maß­ nannt, die sowohl an Land als auch es im Jahr 2006. Entscheidend für men von 18 ausgewählten Wild­ nahmen. Einen weiteren Schwer­ im Wasser leben). Dazu zählen ne­ die Ergebnisse ist die Datenqualität. tierarten. Wissenschaftler wer­ Kommt eine Art im Revier nicht vor, ten Daten dieser sogenannten muss dies unbedingt auf dem Fra­ flächendeckenden Erfassung aus, gebogen vermerkt werden. Ansons­ das teilte der DJV jetzt mit. So ten können die Angaben zur Tierart können wichtige Fragen zur Ent­ nicht ausgewertet werden. Für die wicklung gefährdeter oder inva­ Ermittlung von Besatz- oder Paar­ siver Tierarten beantwortet wer­ dichte einzelner Arten sind konkre­ den. Bei der letzten Erfassung te Flächenangaben unverzichtbar. im Jahr 2019 haben über 26.000 Und wie funktioniert die flächen­ Reviere teilgenommen. Das ent­ deckende Erfassung im Detail? spricht über 40 % der land- und Die über das WILD-Monito­ forstwirtschaftlichen Fläche ring erfassten Daten für Wildtie­ Deutschlands. Damit sei WILD das re werden in die Monitoringpro­ größte Monitoring-Programm für gramme einzelner Länder, etwa Wildtiere. „Wir danken allen, die Niedersachsen, Baden-Württem­ zum Erfolg beigetragen haben, berg oder Schleswig-Holstein mit und rufen jede Revierinhabe­ seinem Wildtierkataster, größten­ rin und jeden Revierinhaber auf teils integriert. Weitere Informati­ teilzunehmen“, sagte DJV-Präsi­ onen zur Zählung gibt es für hiesi­ diumsmitglied Dietmar Specht. ge Jäger beim jeweils zuständigen Der Standarderfassungsbogen Semiaquatische Säuger, wie der Fischotter, bilden einen der Schwerpunkte Landesjagdverband Schleswig-Hol­ ist digital ausfüllbar. der achten flächendeckenden Erfassung. Foto: DJV stein. Pm/DJV