LOBGESANG Op.52 Sinfonie-Kantate Nach Worten Der Heiligen Schrift Für Soli, Chor Und Orchester
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Oratorien-Verein Esslingen e.V. Sonntag, 26. Mai 2019, 19 Uhr Stadtkirche St. Dionys Esslingen am Neckar Felix Mendelssohn Bartholdy LOBGESANG op.52 Sinfonie-Kantate nach Worten der Heiligen Schrift für Soli, Chor und Orchester Sonnhild Beyer, Sopran Emily Sedlacek, Sopran Dennis Marr, Tenor Chor und Orchester des Oratorien-Vereins Esslingen Jörg Dobmeier, Leitung Programmheft € 2,- Felix Mendelssohn Bartholdy, Lobgesang. Titelblatt des Erstdruckes, Breitkopf & Härtel Leipzig 1841 2 Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847) Sinfonie Nr. 2 op. 52 »Lobgesang« für Soli, Chor und Orchester Eine Symphonie-Cantate nach Worten der Heiligen Schrift König Friedrich August von Sachsen gewidmet MWV A 18, 1840 Sonnhild Beyer – Sopran Emily Sedlacek – Sopran/Alt Dennis Marr – Tenor Chor und verstärktes Orchester des Oratorien-Vereins Esslingen Jörg Dobmeier – Leitung 3 ZUR ENTSTEHUNG DES LOBGESANGS Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) beschäftigt sich schon als 12 bis 14- Jähriger intensiv mit dem Thema Symphonie, als er zwölf Symphonien für Strei- cher schreibt. Mit 20 Jahren führt er J.S. Bachs Matthäus-Passion am 12. und 21. März 1829 in der Singakademie Berlin auf – sie erklingt nach Bachs Tod erstmals einhundert Jahre nach deren Uraufführung in Leipzig. Ohne Mendelssohn und Zelter ist die Bach-Renaissance des 19. Jahrhunderts kaum denkbar. Bis zu die- sem Zeitpunkt liegen von den Vokalwerken Bachs nur seine Motetten (1802/03), die beiden Messen in A und G, das Magnificat und Kantate 80 in gedruckter Form vor, kein einziges der Großchorwerke, musiziert wird nur aus Abschriften. Es kommt zur bedeutsamen Veröffentlichung der ›Alten Bachausgabe‹ (1850–1900) und vie- len Drucken Bachscher Musik für Tasteninstrumente. In den 1830er Jahren wendet sich Mendelssohn intensiv der Komposition verschiedener Symphonien zu, denken wir an die Reformations-, die Italienische und die Schottische Symphonie, die zwar aufgeführt, aber nicht gleich zum Druck vorbereitet werden. 1838 entdeckt Robert Schumann bei Franz Schuberts Bruder Ferdinand im Nachlaß dessen ›Große‹ Symphonie C-Dur D 944 aus dem Todes- jahr 1828. Ein Jahr später wird sie von Mendelssohn als erste öffentliche Auffüh- rung im Gewandhaus Leipzig dirigiert. Schon Schubert leidet unter dem Schatten des ›Giganten‹ Beethoven, wenn er als 18-Jähriger äußert: »Heimlich im Stillen hoffe ich wohl selbst noch etwas aus mir machen zu können, aber wer vermag nach Beethoven noch etwas zu machen?« Und Mendelssohn ergeht es ähnlich, Beethovens Symphonien kennt und bewundert er, insbesondere scheint seine Neunte als Gipfelpunkt kaum mehr zu überbieten, am 11.2.1836 dirigiert Men- delssohn im Gewandhaus Leipzig eben jene 9. Symphonie. Auf dem Gebiet des Oratoriums wird Mendelssohn bei der Uraufführung seines Paulus am 22. Mai 1836 in Düsseldorf von der Presse stürmisch gefeiert, insbesondere in der ausführlichen Rezension in Schumanns Neue Zeitschrift für Musik. Gegen Ende des Dezenniums beginnt Mendelssohn mit der Komposition einer Symphonie in B-Dur und wird von einem Auftrag überrascht, zum 400- jährigen Jubiläum der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg ein großes Werk für Chor und Orchester zu komponieren. Leipzig als eine der Hochburgen des Buchdrucks und Buchhandels errichtet ein Gutenberg-Denkmal, zu dessen Enthüllung am 24.6.1740 Mendelssohn zusätzlich einen Festgesang für Männerchor und zwei Blechblasorchester (Gutenberg- Kantate, MWV D 4) komponiert und aufführt. An seinen Freund, den Legationsrat Carl Klingemann in London, schreibt Mendelssohn am 16.2.1840 von diesem Auftrag, er wisse aber noch nicht, ob er „eine Art kleineres Oratorium, oder größeren Psalm“ komponiere. Er stellt Bibel- texte zusammen, aus dem Alten Testament vornehmlich Psalmverse, Verse des Propheten Jesaja, aber auch aus dem Neuen Testament Verse aus den Paulusbrie- fen an die Epheser und Römer sowie den Choral Nun danket alle Gott (die Quel- len sind im Libretto einzeln nachgewiesen). Textlich hat er drei Gesichtspunkte 4 herausgearbeitet: »das Lob Gottes, Gottes Treue zu denen, die auf seine Hilfe und seinen Trost harren, und Aufstieg aus der Finsternis zum Licht« (D. Seaton, Vorwort). Diesem aus neun Sätzen bestehenden vokalen 2. Teil – formal aus Chören, Rezi- tativen, Arien und Choral zusammengesetzt – wie ein ›Oratorium‹, stellt Mendels- sohn einen 1. instrumentalen Teil Sinfonia gegenüber, bestehend aus drei Sätzen, die auf Skizzen der B-Dur-Symphonie zurückgehen. Die Uraufführung findet zum Festakt am 25. Juni 1840 in der Thomaskirche Leipzig statt, voraus geht die Jubel-Ouvertüre von C.M. von Weber sowie G.F. Händels Te Deum. Nach dieser Uraufführung kommt es zu Umarbeitungen des Werkes (vgl. BLICK IN DIE KOMPOSITIONSWERKSTATT, S. 7), der Druck erscheint unter dem Titel Symphonie-Cantate. Erst nach Mendelssohns Tod wird das Sakralwerk aus verlegerischen Gründen als Nr. 2 in die Reihe der Symphonien eingeordnet. STIMMEN ZUR URAUFFÜHRUNG In beiden damals bedeutendsten Musikzeitschriften gibt es ein Presseecho, in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung (Jg. 42 1840, Sp. 610) berichtet G.W. Fink über die Festlichkeiten zur »Sekularfeier«, beschreibt den Ablauf des Gehörten, ohne es zu bewerten, denn »umso mehr wäre es eine Übereilung, vor kunstgebildeten Lesern mit einer Beurtheilung nach einmaliger Aufführung ohne Einsicht in die Partitur sich breit zu machen«. Die andere ist die Neue Zeitschrift für Musik, 1834 von R. Schumann gegrün- det, dort berichtet Schumann (7. Jg. No 2, 4. Juli 1840 S. 7f.) unter dem Titel »Gu- tenbergfest in Leipzig« über drei Spalten sehr positiv über den Lobgesang. »Die Aufführung war höchst glänzend, alle Räume der Kirche gefüllt. Chor und Or- chester mochten über 500 stark sein«. Bei Kenntnis der Thomaskirche scheint die Zahl etwas hoch gegriffen zu sein. Allerdings kommen Schumann andere Zweifel: Seite 7 unten, Seite 8 oben 5 Angesichts der von seinem Freund Robert Schumann geäußerten Zweifel über die formale Anlage des Lobgesangs bei dessen Uraufführung, drängt sich uns die berechtigte Frage auf, ob der Inhalt dieser Rezension möglicherweise den Anstoß gab, die Erstfassung des Werkes grundlegend umzuarbeiten, zumal er ihn als Bachs »geliebtester und liebendster Zögling« und sogar »Meister« tituliert. ZUR INSTRUMENTALBESETZUNG UND INSTRUMENTIERUNG Besetzt sind: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte; 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Pauken; Violine I, Violine II, Viola, Violoncello, Kontrabaß; Orgel. Diese Besetzung – abgesehen von der Orgel, entspricht den allermeisten seiner grösseren Instrumentalwerke, allerdings sind diese mit nur 2 Hörnern besetzt. 4 Hör- ner sind außer im Lobgesang auch in seiner Symphonie Nr. 3 op. 56 (Schottische), in der Ouvertüre Die Hochzeit des Camacho op. 10 und im Oratorium Paulus op. 36 vorgeschrieben. Dies ist nichts Ungewöhnliches, schon Mozart besetzt in seiner ›klei- nen‹ g-Moll-Sinfonie KV 183 (1773) 4 Hörner, Beethoven besetzt drei Hörner in sei- ner 3. Sinfonie (Eroica, solistisch im Scherzo), 4 Hörner in fast allen seinen Ouvertü- ren und in der 9. Sinfonie, ähnlich verfahren C.M.v. Weber und R. Schumann. Es ist hier daran zu erinnern, dass von Hector Berlioz’ (1803-1863) Werken und seiner ›In- strumentationslehre‹ großer Einfluß auf das romantische Orchester erfolgt. Daß Mendelssohn in den Außensätzen, im eröffnenden Chorsatz Alles was Odem hat, lobe den Herrn, im Chor Satz 7 die Waffen des Lichts volle Besetzungen vorschreibt, bedarf keines Kommentars. Die Steigerung des Satzes 7 mündet in einen Höhepunkt, der sich attacca anschließende Choral Nun danket alle Gott, erfährt da- durch eine besondere Hervorhebung, dass er, entgegen aller Erwartung, a cappella gesungen wird, sich von der Fünf- bis zur Sechsstimmigkeit weitet. Die Strophe 3 Lob, Ehr’ und Preis sei Gott erklingt in vokalem Unisono mit figurierter Orchesterbe- gleitung. Das Tenor-Rezitativ (Satz 3) ist als ausinstrumentiertes Secco gesetzt und begnügt sich mit reiner Streicherbegleitung. Die vokalsolistischen Sätze erfahren, einer alten Tradition folgend, jeweils verschiedene, sehr reduzierte Besetzungen, was die Farbigkeit der Klänge und die Wortverständlichkeit erhöht. Mendelssohn führt als Gewandhauskapellmeister am 15.2.1838 eine Serie von ›Historischen Konzerten‹ ein, in denen er seine Hörer insbesondere mit Werken J.S. Bachs und G.F. Händels vertraut macht. Natürlich kennt er auch die Wortausdeutun- gen barocker Musik und wendet sie gezielt an. Wenn es z.B. in der Tenor-Arie (Satz 6, ohne Flöten, Hörner und Trompeten) in c-Moll heißt Stricke des Todes hatten uns umfangen, dann schreibt Mendelssohn einen Satz in tiefer und enger Lage, bei wir wandelten in der Finsternis wird es klanglich noch dunkler, weil die Violinen schweigen, vierfach geteilte Violen, Violoncelli und Kontrabaß spielen in tiefer, enger Lage – man vergleiche J.S. Bachs Messe h-Moll im Crucifixus der Schluß passus et sepultus est. Im Lobgesang schließt sich der Text an Ich will Dich erleuchten! und wird in der Begleitung durch das genaue Gegenteil ausgedrückt, ein hochgelegter Satz ohne die Streicher, jetzt in C-Dur. 6 BLICK IN DIE KOMPOSITIONS-WERKSTATT Die Quellen des Lobgesangs überliefern zwei Fassungen, eine von der Uraufführung am 25.6.1840 in der Thomaskirche zu Leipzig sowie einer weiteren Aufführung am 23.9.1840 beim zweiten Konzert des ›20. Birminghamer Musikfestivals‹. Eine zweite, stärker umgearbeitete und erweiterte Fassung – vollendet am 27.11.1840, wird aufge- führt in Leipzig am 3.12.1840 als Benefizkonzert für ältere und erkrankte Musiker und