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LWL - Jugendheim Tecklenburg

Ambulante Erziehungshilfen Osnabrück-Belm Bergstr. 20 49191 Belm Tel.: 0 54 06 / 88 25 30 Fax: 0 54 06 / 88 26 32 E-Mail: [email protected]

Außenstelle: Ambulante Erziehungshilfen Maschstr. 45 49 Bramsche Tel.: 0 54 61 / 88 07 41 Fax: 0 54 61 / 88 25 46

Die Ambulanten Erziehungshilfen Osnabrück-Belm und Bramsche bieten Familien und Einzelpersonen als Hilfe zur Selbsthilfe folgende Leistungen an: Systemische Familienberatung, sozialpäd. und psychologische Diagnostik, zielorientierte Unterstützung in Alltagsbelangen und im Sozialraum. Darüber hinaus werden die Termine in den Familien durch Gruppenangebote in den Büroräumen ergänzt: Elterncoaching zur „Elterlichen Präsenz“, Soziales Kompetenztraining, SoVa (Sohn-Vater-Gruppe), Hausaufgabenschulung für Eltern, Kochkurse zum Thema gesunde Ernährung.

1.0 Formale Beschreibung

1.1 Räumliche Gegebenheiten

Das Büro der Ambulanten Erziehungshilfen Osnabrück-Belm liegt zentral in Belm und verkehrsgünstig für das Erreichen des Einzugbereiches , , , , , und Osnabrück. Die Sozialraumorientierung und die Kooperation mit anderen sozialen Einrichtungen ist gewährleistet.

Durch den Umzug in die Bergstr. in Belm können die Ambulanten Erziehungshilfen Osnabrück- Belm ein großzügigeres Raumangebot für Gruppenangebote und Familienkonferenzen bieten

- Einen großen Gruppenraum, ein geräumiges Spielzimmer und mehrere Büros

- Das Spielzimmer, das für Kinder, beispielsweise bei Familienkonferenzen oder Gruppenangeboten, Rückzugsmöglichkeiten bietet

- Möglichkeit zu Einzel- und Gruppengesprächen in angenehmer Atmosphäre

- Eine Ausstattung mit arbeitsrelevanten Materialien (Flip-Chart, Overhead Projektor, Videokamera, PCs etc.)

Um Familien im nördlichen Kreis Steinfurt und Anfragen des Landkreises Osnabrück im Raum Bramsche besser betreuen zu können und dafür ein räumliches Angebot vorzuhalten, wurde ab dem 1.02.08 ein Büro in Bramsche als Außenstelle der Ambulanten Erziehungshilfen Osnabrück- Belm angemietet. In der Maschstraße in Bramsche steht ein kleineres, aber in der Grundausrichtung ähnliches Büro zur Verfügung mit Gruppenraum, Spielzimmer, Besprechungs- und Arbeitszimmer.

1.1.1 Wohnen

Die Ambulanten Erziehungshilfen Osnabrück-Belm haben zur Zeit keinen Wohnraum angemietet. Standort übergreifend besteht die Möglichkeit, auf die Wohnungen der Ambulanten Erziehungshilfen Osnabrück-Süd in bzw. der andere Standorte zurückzugreifen. Die Wohnungen sind teilweise mit allen notwendigen Möbeln und Haushaltsgegenständen ansprechend eingerichtet. Darüber hinaus besteht je nach Bedarf die Möglichkeit, Wohnraum anzumieten bzw. junge Erwachsene in einer eigenen, über den örtlichen Sozialhilfeträger finanzierten Wohnung zu betreuen.

1.2 Betreuungsintensität

Der Umfang der Hilfen ist flexibel zu gestalten und kann im Einzelfall festgelegt werden. In diesem Sinne kann die Spannbreite von niedrigschwelligen Betreuungen bis hin zu Kontrollaufträgen mit höherem Stundenaufwand reichen. Über den Verlauf der in der Regel einjährigen Betreuung lassen sich Schwankungen in der Intensität der Betreuung der Familie orientiert an der durchschnittlichen Betreuungszeit und orientiert am Gesamtbudget der zur Verfügung stehenden

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Fachleistungsstunden ausgleichen. Eine höhere Betreuungsdichte lässt sich je nach Fallgestaltung über Betreuungs- bzw. Hauswirtschaftskräfte gewährleisten. Bei höherem Bedarf z.B. Fällen von Kindeswohlgefährdung kann vorübergehend eine doppelte Pauschale beantragt werden.

Bei Bedarf kann auch kurzfristig der Einsatz weiterer Fachleute geplant und gesteuert werden.

1.3 Rechtsgrundlage

§§ 27, 31, 35, 35a, 36 SGB VIII

1.4 Ausschlusskriterien

Ausschlusskriterien sind in vorformulierter Form nicht vorhanden. Jede Fallgestaltung wird im Einzelfall geprüft.

1.5 Personal

1,0 Stelle Dipl.-Sozialpädagoge (Gruppenleitung), Ehe- und Paarberater, systemischer Familienberater, i.A. systemische Familientherapie 0,75 Stelle Dipl.-Sozialpädagogin, Erzieherin, systemische Familienberaterin 0,75 Stelle Dipl.-Psychologin, Familientherapeutin SG 0,75 Stelle Dipl. Sozialpädagogin, systemische Familienberaterin

0,75 Stelle Erziehungswissenschaftlerin MA, i.A. zur systemischen Beraterin 0,75 Stelle Dipl.-Sozialpädagogin, Erzieherin 0,75 Stelle Dipl.-Sozialpädagogin, Mediatorin 0,75 Stelle Dipl.-Sozialpädagogin, Erzieherin 0,50 Stelle Stud. Soz.päd. 0,50 Stelle pädagogische Hilfskraft 0,50 Stelle pädagogische Hilfskraft

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0,25 Stelle pädagogische Hilfskraft 0,25 Stelle pädagogische Hilfskraft 0,15 Stelle pädagogische Hilfskraft

Die MitarbeiterInnen sind bedingt durch ihre individuellen langjährigen Berufserfahrungen sowie Zusatzausbildungen qualifiziert, verschiedenste Leistungsspektren, resultierend aus den jeweiligen Bedarfen der Familien und ihren Angehörigen, auszufüllen.

Darüber hinaus steht ein Pool an Honorarkräften, wie z.B. Hausmeister, Hauswirtschaftskräfte sowie Sozialpädagogen mit Zusatzqualifkationen in Anti-Gewalt Training, Erlebnispädagogik, sowie in Sozialem Kompetenztraining zur Verfügung, die bei Bedarf das personelle und fachliche Angebot verstärken.

2.0 Pädagogische Grundausrichtung

2.1 Theoretische Basis/ Menschenbild

2.1.1 Prävention

Angefragte Familien befinden sich häufig auf dem Höhepunkt einer Familienkrise. Durch das hier beschriebene Maßnahmenpaket und ergänzende therapeutische Konzepte gelingt es oftmals, die Fremdunterbringung von Kindern zu vermeiden. Wichtig für den Erfolg dieser Hilfen ist die schrittweise Übernahme von Eigenverantwortung durch die Familienmitglieder bzw. die Schaffung von Netzwerken, um Einbrüche, Grenzen und Chronifizierungen aufzufangen und ein erneutes Auftreten der Eingangsproblematik zu vermeiden bzw. zu reduzieren.

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2.1.2 Partizipation

Im Arbeitsalltag bedeutet Partizipation nicht das Handeln für die Familienmitglieder, sondern vielmehr sollen alle Beteiligten ihre Beziehungen selbstständig knüpfen und auch ihre Konflikte selber lösen. Dies ermöglicht ein aktives Lernen aus mit den MitarbeiterInnen abgesprochenen oder begleiteten Situationen. Dieses Wissen kann später auf andere Situationen übertragen und so entstehende Probleme eigenständig gelöst werden. I.d.S werden vor dem Hintergrund größtmöglicher Transparenz und Kooperation beispielsweise Berichte mit den Familien besprochen. Hilfeplangespräche werden gemeinsam vor- und nachbereitet, wobei die Familien im Bereich der Eigenverantwortung und Selbstdarstellung gefördert werden.

2.2 Besondere Zielsetzungen

2.2.1 Umgang mit besonderen Auffälligkeiten

Viele der von uns betreuten Familien weisen besondere psychische Auffälligkeiten auf, die durch andere Institutionen nicht aufgefangen werden können, wie beispielsweise Familien, in denen ein oder beide Elternteil(e) psychisch erkrankt ist. In vielen Fällen besteht noch keine Krankheitseinsicht, so dass eine Behandlung in einer Psychiatrie noch nicht greift. Selbst bei einer stationären Unterbringung des Elternteils wird die Situation der Kinder meist übersehen. Zusammengefasst ergeben sich komplexe Hilfebedarfe in folgenden Bereichen und beschreiben gleichzeitig die Zielgruppe der Hilfe

- Migrationsfamilien (Umgang mit Traumatisierungen)

- Familien, in denen Gewalt ausgeübt wird bzw. wurde

- Familien mit Suchtproblematik

- Chronisch erkrankte Familien

- Familien mit sozialen Ängsten

- Familien, in denen ein oder mehrere Familienmitglieder psychische Auffälligkeiten aufweisen

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- Widerständige Familien

2.2.2 Fachliche Ausrichtung und Diagnostik

In den meisten Fällen suchen die MitarbeiterInnen die Familien in ihrer vertrauten Umgebung auf. Dies hilft ihnen, das System im Zusammenhang zu verstehen und lebensadäquate Unterstützungsmaßnahmen zu finden.

Zur Förderung der Mitarbeitsbereitschaft der Familien werden daneben regelmäßige Termine (Familienkonferenzen, Gruppenangebote etc.) in den Büroräumen der Einrichtung durchgeführt. Methodisch beinhaltet die Suche nach passenden Lösungen für den Einzelfall folgende diagnostische Schwerpunkte

- Exploration: Durchführung standardisierter Fragebögen zu Familiensituation, Erziehungsverhalten, Grundversorgung, Entwicklungsstand und sozialer Vernetzung

- Anamnese, Genogrammarbeit, Soziogramm: Hierbei ist es möglich, Zusammenhänge der Familie bzw. Ursprungsfamilie zu erkennen und zu deuten

- Netzwerkanalyse: Basis ist die Analyse des aktuellen familiären/individuellen Netzwerkes. Bezugspersonen, die als unterstützend erlebt werden oder die im Prinzip eine unterstützende Funktion wahrnehmen könnten, werden identifiziert und können die Grundlage eines problemlösenden Netzwerkes bilden

- Interaktionsanalyse: In der Interaktion nehmen wir die Möglichkeiten von Basis- und Grundkommunikation der Familienangehörigen untereinander wahr. Es wird erkennbar, welche Möglichkeiten sie auf der Beziehungsebene zueinander haben. Gleichermaßen erhalten wir Auskunft über Handlungsprozesse und das familiäre Klima

- Ressourcenanalyse: Dies bedeutet, dass das die MitarbeiterInnen die Kraftquellen des Familiensystems beachten, die normal funktionieren und diese in ihre Aktivitäten und Empfehlungen systematisch einbeziehen. Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht die Entwicklung von Selbsthilfepotenzialen, die den Familien durch die gemeinsame Suche nach passenden Lösungen im Verlauf der Maßnahme die Unabhängigkeit von Hilfsangeboten zurückgibt

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- Lösungsorientierung: Dieses bezieht sich auf die Bewegung im Problem, d.h. auf jene Momente, in denen kleine Veränderungen in der Stabilität des Problemzustandes auftreten. Diese Bewegungsmomente stellen den Schlüssel zu Problemlösungen dar

- Videoanalyse: Durch die Analyse aufgezeichneter Interaktionen (beispielsweise Schularbeitensituation, Abendessen, Familienrat) werden Hinweise auf Kommunikationsstrukturen deutlich und Themen für den weiteren Hilfeprozess eröffnet

- Ampelbogen zur Einschätzung von Kindeswohlgefährdung Daneben bedarf es, vor allem in Fragen die das Kindeswohl betreffen, Klarheit und Transparenz von Seiten der MitarbeiterInnen, um eine verantwortungsvolle Fürsorge für die Kinder oder aber die Einhaltung vereinbarter Regeln zu gewährleisten

Am Ende des diagnostischen Prozesses steht eine klare Zieldefinition mit allen Beteiligten. Dies ist der Beginn eines dynamischen Prozesses, der dann den Veränderungen im Verlauf Rechnung trägt und die Hilfemaßnahme strukturiert und überschaubar macht.

Generell werden zur Absicherung der gefundenen Ergebnisse im Einzelfall standardisierte Verfahren, die sich im Rahmen der psychologischen Diagnostik und der Familientherapie bewährt haben, zusätzlich eingesetzt. In Abhängigkeit von der Notwendigkeit wird eine psychologische Leistungsüberprüfung durchgeführt.

Beispiele standardisierter Familiendiagnostik

- Die Familienbögen (FB): Die Einschätzungen in den Familienbögen machen Aussagen über die perzipierten Familienprobleme. Diese Aussagen werden in sieben Bereichen (Aufgabenerfüllung, Rollenverhalten, Kommunikation, Emotionalität, Affektive Beziehungsaufnahme, Kontrolle, Werte und Normen) gebündelt und als theoretische Dimensionen eines Familienmodells beschrieben

- Subjektives Familienbild (SFB): Das SFB erfasst Beziehungsstrukturen in der Familie oder in anderen persönlichen Beziehungen, wobei die Aspekte emotionaler Verbundenheit sowie individueller Autonomie Berücksichtigung finden

- Erziehungs-Stil-Inventar (ESI): Mit dem ESI können Hinweise auf problematisches Erziehungsverhalten der Mutter, des Vaters oder beider Eltern gewonnen werden. Es dient

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der Suche nach den Ursachen von (insbesondere angstbedingten) Verhaltensproblemen von Kindern und der Unterstützung bei der Exploration

- Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen (CBCL/4-18): Die Child behavior Checklist erfasst die Einschätzungen von Eltern hinsichtlich der Kompetenzen und Probleme ihrer Kinder

2.2.2.1 Verbindung pädagogischer und therapeutischer Leistungen

Um oben beschriebenen Auffälligkeiten der Zielgruppe angemessen zu begegnen, bedarf es verschiedener Professionen, die in kooperativer Weise zusammen arbeiten. Eine dieser Professionen ist die Familientherapie, innerhalb derer Familien als System gesehen werden und viele Interventionen dem entsprechend systemisch erfolgen. Ebenso wichtig ist jedoch die Betrachtung von Art und Dauer möglicher vorhandener psychischer Störungen, die über die Stabilität einzelner Familienmitglieder und somit der gesamten Familie entscheiden können. Diesbezüglich bedarf es einer differenzierten Betrachtung durch einen Psychologen bzw. der Kooperation mit ortsansässigen Psychiatern.

2.2.2.2 Familientherapie

Die Familientherapie zielt auf das Erkennen und Verändern des Beziehungsgefüges innerhalb einer Familie ab. Dabei steht weniger der Einzelne im Fokus der Betrachtung, sondern die Beziehung der Familienmitglieder, die Umgangsformen und Kommunikationsstörungen.

Eine begleitende Familientherapie ist beispielsweise indiziert, wenn

- Die Annahme besteht, dass die Symptome des Symptomträgers Manifestationen von Familienproblemen bzw. interpersonellen Differenzen sind

- In diesem Sinne das Problem bzw. die Störung eines Familienmitgliedes Auswirkungen auf die Interaktion und das Zusammenleben in der Familie hat

- Eine Unterstützung der Familie für Veränderungen im Verhalten und in den Beziehungen als notwendig erachtet wird

- Interaktionsstörungen in der Familie vorliegen

- Die Familie selbst ihr Problem als Familienproblem definiert und daran arbeiten möchte

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Als Entscheidungshilfe ist die Frage, ob das Problem in einem Menschen begründet ist, dessen Schwierigkeiten auch unabhängig von der Familiensituation bestehen würden, hilfreich. Die Variante der aufsuchenden Familientherapie, die, wie der Name schon sagt, in der Wohnung der Familie stattfindet, hilft vor allem Multiproblemfamilien, zunächst Vertrauen zu sich selbst zu gewinnen und eigene Stärken zu sehen bzw. zu entwickeln. Die aufsuchende Familientherapie geht davon aus, dass auch bei scheinbar hoffnungslosen Familiensituationen Lösungen zu finden sind. Die Familientherapie übernimmt ebenfalls Unterstützungsfunktion bei anderweitig durchgeführten therapeutischen Maßnahmen, wie beispielsweise einer stationären Unterbringung.

2.2.2.3 Kooperation Jugendhilfe – Psychiatrie

Oben genannte Symptomatiken setzen in ihrer Komplexität das Zusammenspiel verschiedener Hilfesysteme voraus. In diesem Sinne bestehen verbindliche Kooperationsstrukturen zwischen unserer Einrichtung und den zuständigen Kinder/Jugend- und Erwachsenenpsychiatrien, die sich für Kinder und/oder Eltern besonders in Belastungs-, Krisen- und Notsituationen als hilfreich erweisen. Das Ziel jeder Zusammenarbeit ist die gemeinsame, interdisziplinäre Entwicklung einer bedarfsgerechten Hilfe.

Beispielsweise Eltern, die psychisch krank sind, kann auf diese Weise geholfen werden, indem die Pädagogen ggf. Motivationsarbeit leisten und den Kontakt zur Psychiatrie begleiten und dort eine Diagnostik, Medikation, Therapie oder ähnliches eingeleitet wird.

Für die Kinder wird im Vorfeld nach einer geeigneten Unterstützung beispielsweise im sozialen Umfeld gesucht (Verwandte, Bekannte), damit sie in der Zeit der Abwesenheit des Elternteils Normalität erfahren.

2.2.3 Berücksichtigung von Arbeits- und Beschäftigungsmaßnahmen

Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen ist eines der wesentlichen Probleme. Der allgemeine Lehrstellenmangel wird noch eher durch die fehlende Eignung von Lehrstellenbewerbern zugespitzt

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und der ursprüngliche unmittelbare Zusammenhang zu Leistungen der beruflichen Integration schwindet. Neben der beruflichen Integration bestehen nämlich andere Problemlagen, die die soziale Integration in die Gesellschaft behindern oder gefährden. Hierbei handelt es sich oftmals nicht um soziale Benachteiligungen oder individuelle Beeinträchtigungen, sondern vielmehr um eine desorientierte Entwicklung im Sozialverhalten oder eine misslungene soziale Integration (In Abgrenzung zum § 13 Abs. 2). Hilfen nach § 27 müssen einzelfallbezogen und spezialisiert sein, denn neben der Eingliederung in den Arbeitsmarkt geht es um komplexe Problembündel. Parallel zur Beschaffung eines Praktikumplatzes o.ä. geht es um die Selbstbehauptung und Selbstständigkeit der entsprechenden Personen, möglicherweise um psychische Auffälligkeiten, Kriminalität und allgemeine Verwahrlosung, welche nur auf verschiedensten Ebenen unter Einbeziehung eines multiprofessionellen Teams behandelt werden können.

Im Sinne des Case Management (s.u.) bestehen an den verschiedenen Standorten der Ambulanten Erziehungshilfen Kontakte zu den Trägern von Arbeits- und Beschäftigungsmaßnahmen. Darüber hinaus bestehen verschiedene Kooperationen zu Betrieben und Arbeitgebern.

2.2.4 Das Aufnahmeverfahren bzw. der Aufnahmeprozess

Für die Aufnahme von Familien in die Betreuung wurde eine Checkliste erarbeitet, die die Bereiche Vorbereitung, Informationen für die Familie und Informationen für die MitarbeiterInnen beinhaltet.

Dort werden beispielsweise folgende Arbeitsschritte festgehalten

- Klärung relevanter Rückfragen mit dem Jugendamt

- Für die Familie: Vorstellung der MitarbeiterInnen, Vorstellung unserer Arbeitsweise, Einsatz in der Wohnung erklären, Auftrag, Schweigepflicht, Notwendigkeit der Termineinhaltung klären, Hinweis auf Telefonnummern etc.

- Für die MitarbeiterInnen: Überprüfung vorliegender Informationen, Bedarfsermittlung, Ziele des Jugendamtes und der Familie vorstellen, Bereitschaft zur Zusammenarbeit ermitteln, Gegebenheit der Sicherheit der Familienmitglieder bzw. der/s Mitarbeiterin/Mitarbeiters ermitteln

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2.2.5 Hilfeplanverfahren

Es ist uns ein wichtiges Anliegen, eng mit den MitarbeiterInnen des zuständigen Jugendamtes zusammen zu arbeiten, um die Eignung einer Maßnahme abschätzen und die Interessen aller Beteiligten wahren zu können.

In diesem Zusammenhang sind uns folgende Dinge wichtig

- Zieltransparenz bzw. prozesshafte, transparente Zielkonkretisierung durch die Dokumentation von Zielerreichung und eingesetzten Maßnahmen zu jedem Hilfeplangespräch

- Gesichertes Vertrauen durch weitgehende Offenheit, intensive Information, große Flexibilität, Verlässlichkeit, verbindliche Vereinbarungen, Präsenz, Erreichbarkeit sowie schnelles Reagieren in Hilfesituationen (vor allem in Sorgerechtsfällen)

2.2.6 Garantenpflicht

Ziel jedes Arbeitsbündnisses, welches in der Aufnahmephase mit Familien geschlossen wird, ist deutlich zu machen, dass im Rahmen der Garantenpflicht gegenüber dem Jugendamt bei einer massiven Gefährdung des Kindeswohls ein Austausch zwischen den Sozialarbeitern des Trägers sowie des Jugendamtes geschieht. In Anlehnung an die Verfahrensstandards bei akut schwerwiegender Gefährdung des Kindeswohls des Deutschen Städtetages und analog zu den Bestimmungen des „Kick“ übernehmen wir einen Teil der Garantenpflicht durch Handlungs- und Mitteilungspflichten. Wir verpflichten uns, alle Abweichungen und insbesondere alle akuten Gefährdungen einer Kindesvernachlässigung oder Kindesmisshandlung dem federführenden Mitarbeiter des Jugendamtes unmittelbar mitzuteilen.

Auf der Grundlage einer steigenden Anzahl an Hilfen, in denen es um latente oder aber akute Kindeswohlgefährdung geht, entwickelten die MitarbeiterInnen der Ambulanten Erziehungshilfen ein hohes Maß an Sensibilität und Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme in enger Absprache mit dem jeweiligen Jugendamt sowie anderen Kooperationspartnern.

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Vorrang innerhalb der Arbeit hat immer das Kindeswohl, das heißt die Gewährleistung der Sicherheit der Kinder und Jugendlichen.

2.2.7 Krisenintervention

Die Arbeitszeitstruktur der einzelnen Teams geht über die normale Bürozeit hinaus und erstreckt sich im Regelfall bis in die Abendstunden. Sie zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität aus, wodurch es möglich ist, auch die Begleitung komplexer Fallgestaltungen zu realisieren. Dies hat besondere Bedeutung für die Sicherstellung der Versorgung und Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern. Auf Krisensituationen kann durch erfahrene MitarbeiterInnen, fallspezifisch vorkonstruierte Notfallpläne und Ansprechpartner durch interne und externe Vernetzung flexibel reagiert werden. Ebenso können die Ressourcen der Gesamteinrichtung genutzt werden.

3.0 Pädagogische Regelleistungen

3.1 Kinder und Jugendliche

3.1.1 Leistungen zur Förderung des jungen Menschen

Neben den im Hilfeplan vereinbarten Maßnahmen erfolgt seitens der MitarbeiterInnen eine fallspezifische Feststellung des Förderbedarfes im emotionalen, kognitiven und körperlichen Bereich durch

- Feststellung des Ist-Standes durch die standardisierte Befragung der Eltern und der Schule sowie der Fall führenden Fachkraft, sozialpädagogische Diagnostik und ggf. Leistungsüberprüfung (s.u.)

- Überprüfung des Fortschritts durch regelmäßige Wiederholung der Einschätzung

- Informationsaustausch mit Ärzten, Therapeuten, Schulen, Vereinen

- Unterstützung einer innerfamiliären Atmosphäre weg vom Defizitgedanken hin zum Entfaltungsgedanken

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3.1.1.1 Emotionale Förderung

In Familien- und Einzelgesprächen werden je nach Arbeitsauftrag Erfahrungen persönlicher Entwicklungsgeschichten mit ihren Rollenprägungen sowie das Sozialverhalten analysiert. Es wird gemeinsam nach Schlüsselstellen für die emotionale Prägung und Entwicklung gesucht, welche die Grundlage für das weitere Vorgehen, das heißt die Suche nach Lösungsstrategien, bieten. Als Resümee dieses Vorgehens, Veränderungswünschen der Familienmitglieder und der Arbeit mit dem Umfeld ergeben sich Sozial-emotionale Lernziele und die Gestaltung von konkreten Lernprozessen innerhalb der Familie. Diese werden, beispielsweise im Bereich Frustrationstoleranz eines Kindes, auf den Alltag bezogen und stufenweise nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe umgesetzt. Konkret werden die Eltern dabei unterstützt, ihre Kinder im Umgang mit einzelnen Verhaltensweisen zu regulieren bzw. zu fördern. Hierbei werden z.B. Wochen- oder Verstärkerpläne eingesetzt.

3.1.1.2 Kognitive Förderung

Das Thema Bildungsförderung gehört zum alltäglichen Arbeitsfeld der Ambulanten Erziehungshilfen. Unser Ziel ist eine Bildungspartnerschaft mit allen Beteiligten. Eingesetzte Methoden sind beispielsweise

- Ggf. durch uns begleitete Schulkontakte

- Bei Bedarf Testung der Kinder und Jugendlichen durch die Einrichtung als Unterstützung, um Schullaufbahnentscheidungen bestmöglich treffen zu können

- Präzisierung von individuellen Bildungsaufträgen im Hilfeplan

- Unterstützung durch konkrete Angebote: Gruppenangebote, Lück-Kästen, Nutzung von Computer und Internet

- Schaffung einer bildungsfördernden Atmosphäre in der Familie durch zeitliche und räumliche Strukturierung

Neben der Vermittlung anderer Angebote unterstützen unsere MitarbeiterInnen die Strukturierung des Familienalltags, um den inneren Halt des Kindes/Jugendlichen zu fördern. Elemente hierbei sind

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- Strukturierung der Zeit: Tagesplan, Kernaktivitäten

- Strukturierung des Raumes: Bestimmte Raumbereiche für bestimmte Aktivitäten

- Strukturierung mittels Rollen: Aufgabenverteilung Mutter, Vater, Kinder (angepasst an Entwicklungsstufe), Pädagoge

- Strukturierung der Inhalte

- Vermittlung von Fördermöglichkeiten in den Bereichen Sprache, Kommunikation, Wahrnehmung durch Informationsmaterial, Gespräche, Vorleben, Übungen

- Alle Schritte sollten verständlich in der Abfolge sein, das Selbstvertrauen des Kindes stützen und zur aktiven Mitarbeit motivieren

Neben diesen Formen sozialpäd. Handelns besteht einrichtungsintern die Möglichkeit der Leistungsüberprüfung durch einen Dipl.-Psychologen. Durchgeführt werden in regelmäßigen Abständen: K – ABC (Intelligenztest für Kinder. Dieses Verfahren wird im Regelfall bei Kindern bis zu sechs Jahren und retardierten Kindern eingesetzt), HAWIK – III (Ein Test zur Untersuchung des allgemeinen geistigen Entwicklungsstandes, sowie zur Abklärung von Leistungsstörungen. Dieses Verfahren wird für Kinder im Alter von sechs bis neun Jahren eingesetzt), PSB (Intelligenzverfahren für Kinder und Jugendliche ab 9 Jahren). Dabei ist das Ziel eine Überprüfung, inwiefern die bisherigen schulischen Leistungen dem Begabungsprofil entsprechen. Es werden Aussagen zu evtl. vorhandenen Teilleistungsstörungen oder Berufsqualifikationen gemacht.

3.1.1.3 Körperliche Förderung

Kinder gewinnen ein Bild von ihrer Person über ihren Körper. Sie erleben Können und Nichtkönnen, messen Erfolg und Misserfolg an ihren Fähigkeiten und Grenzen. In körperlich- motorischen Handlungen äußert sich das Bemühen um Selbstständigkeit, welches sich aus der

Tatsache Selber-Stehen-Zu-Können ableiten lässt. Dementsprechend motivieren wir die Familienmitglieder, Zeit mit Tätigkeiten zu verbringen, die im Vergleich zum Fernsehen begreifbar, bewegt und bewegend sind (zum Beispiel)

- Motivation bzgl. eines Sportvereins

- Bewegung im häuslichen Rahmen: Spaziergang statt Fernsehen

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- Beratung in Ernährungsfragen

- Förderung der Motorik: Basteln, Heimwerken etc.

3.1.1.4 Soziale Förderung

- Gruppenaktivitäten mit anderen Kindern und Jugendlichen (Fußball, Spielen im Wald etc.)

- Unterstützung bei der Gestaltung sozialrelevanter Rahmenbedingungen und Strukturen (Mittagessen, Freizeitplanung etc.)

- Unterstützung bei der Schaffung geeigneter Räume: Erleben von Geborgenheit und Stabilität, Akzeptanz von Individualität, Anregen zu gezielter Aktivität sowie das Erleben von Gemeinschaft ermöglichen

- Einüben von Sozialverhalten in alltäglichen Situationen sowie Reflexion mit allen Beteiligten

3.1.2 Die „Handlungsorientierte Gruppenarbeit“ für Kinder

Einmal pro Woche findet die „Handlungsorientierte Gruppenarbeit“ mit bis zu sechs Kindern im Grundschulalter statt. Dieses Gruppenangebot wird seit Mai 08 auch in der Außenstelle in Bramsche durchgeführt. Neben Hausaufgabenbetreuung und schulischer Förderung stehen soziales Lernen und das Erlernen sozialer Kompetenzen im Mittelpunkt. Gemeinsames Spiel und Bewegung (ermöglicht durch die Anmietung einer Turnhalle), Projektarbeit, Wahrnehmungs- und Gruppendynamische Übungen werden durchgeführt.

3.1.3. Soziales Kompetenztraining für Kinder und Jugendlichen

Das Soziale Kompetenztraining ist ein Angebot für Jungen und Mädchen im Alter ab ca. 10 Jahren zur Förderung von sozialen Verhaltensweisen. Es werden Kurse für Grundschulkinder und für Jugendliche ab 14 Jahren durchgeführt. Dieses Training hat einen präventiven und persönlichkeitsfördernden Charakter; es umfasst 10 Trainingseinheiten von je zwei Stunden im wöchentlichen Rhythmus. Inhalte sind unter anderem: Kennenlern-, Vertrauens-, Kommunikations- übungen, Problemlösestrategien, Rollenspiele, Eskalations- und Deeskalationsübungen.

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In regelmäßigen Abständen, orientiert an den Jahreszeiten und besonderen Festen werden Familien übergreifende Treffen und Gruppenangebote umgesetzt. Für alle betreuten Familien wird ein Osterfrühstück, Adventsfeier, Familienfrühstück, Frauenfrühstück, Spiele- und Bastelnachmittage, Grillen in einem Steinbruch in Wallenhorst, Unternehmungen im Rahmen von Umwelt- und Freizeitpädagogik in den Ferien, etc. angeboten.

3.2 Gesamtfamilie

3.2.1 Leistungen zur Verbesserung der Erziehungsbedingungen

Zu Beginn einer Maßnahme werden, ergänzend zu den bereits vom Jugendamt erstellten Unterlagen, eine Exploration/Anamnese und ein Soziogramm mit der Familie erstellt sowie Genogrammarbeit geleistet, um Aussagen über die Familiensituation, das Erziehungsverhalten, den Entwicklungsstand und Rollenzuschreibungen zu gewinnen.

Des Weiteren besteht in allen Teams die Möglichkeit durch die Analyse per Video aufgezeichneter Interaktionen (beispielsweise Schularbeitensituation, Abendessen, Familienrat) Hinweise auf Kommunikationsstrukturen und Themen für den weiteren Hilfeprozess zu erhalten. Das familienberaterisch und familientherapeutisch geschulte Personal bietet die Möglichkeit, am Ursprungsort eines Familiensystems anzusetzen und die Gesamtkonstellationen pathogener Strukturen und Prozesse zu berücksichtigen. Durch klar definierte Gespräche mit der Gesamtfamilie oder einzelnen Familienmitgliedern klären die MitarbeiterInnen in diesem Zusammenhang zu bearbeitende Themen und Ziele, Tragen zur Veränderung des familiären Kommunikationsverhaltens, zur Klärung von Rollen und Beziehungsdefinitionen und zur Lösung von Konflikten und Problemen bei.

3.2.2 Entwicklung von Lebenstüchtigkeit

Familien verfügen über unterschiedliche Handlungsoptionen und wählen aus diesen aus. Es ist somit Ziel, mit der Familie neue Handlungs- und Denkmöglichkeiten zu erschließen, die Wahlmöglichkeiten zu erhöhen, dabei jedoch die Wahlfreiheit der Betreuten zu respektieren und zu

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gewährleisten. Wir begleiten sie auf dem Weg, Voraussetzungen für ein eigenständiges Problemlösen herzustellen bzw. positiv zu beeinflussen.

So ist z.B. die Stärkung der Elternkompetenz bei der Beaufsichtigung und Hilfestellung während der Hausaufgaben ihrer Kinder und die Wahrnehmung von Schulterminen ein Schritt, der den Kindern hilft, ihre Eltern als verantwortlich wahrzunehmen. Als sich rückkoppelnder Prozess zwischen Eltern und ihren Kindern fördert eine solche Stärkung neue Beziehungsstrukturen und kann Modellcharakter annehmen.

Insgesamt werden Familien in ihrer Fähigkeit unterstützt, sich selbst zu helfen. Emanzipation von der Hilfe und daraus erwachsend eigenständige und adäquate Lebensführung bilden das Meta-Ziel der Hilfe. Eine dem entsprechende Unterstützung erfolgt handlungsorientiert in folgenden Bereichen

- Haushaltsführung und Versorgung der Kinder

- Umgang mit Ämtern

- Soziale Integration (Nachbarn, Vereine)

Das Case Management ist besonders geeignet im Umgang mit Familien, die komplexe medizinische und psychosoziale Probleme aufweisen, deren Wurzeln in familiären, sozialen und Umweltbedingungen liegen, die oft mit Armut einhergehen.

Das Case Management dient im wesentlichen der Strukturierung des komplexen Prozesses der Koordinierung verschiedener Helfersysteme, die der Familie nach Beendigung der Hilfe durch uns auch weiterhin langfristig zur Verfügung stehen. Die wichtigsten Arbeitsphasen sind folgende

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Arbeitsphase Inhalt Aufgabe Einbezug bei Bedarf Aufbau der Arbeitsbeziehung (Engagement) Erstkontakt Ein oder mehrere Vorstellung der Einrichtung und Familientherapeut, Erstgespräche der Rahmenbedingungen Fachkräfte, als Experten (Betreuung, Beschwerde etc.) für bestimmte Problemlagen Beginn des Hilfeprozesses Herstellen einer angemessenen Arbeitsbeziehung

Allgemeine Erhebung von Grunddaten Dokumentation der ersten Familientherapeut, Situationsanalyse zur Familiensituation Eindrücke über die Fachkräfte, als Experten Lebenssituation der Familie für bestimmte Problemlagen Datenerhebung, Analyse und Indikation (Assessment) Soweit noch nicht vorhanden Datenerhebung und - Informationen aus Auswertung unter Familientherapeut, analyse - Aktenanalysen multiprofessioneller Perspektive Fachkräfte, als Experten - Gesprächen für bestimmte Beobachtungen Problemlagen - Sonstigen Quellen Planung (Planning) Planung der nächsten Gemeinsame - Auswahl der Schritte Zielformulierung aller Verfahren und Beteiligten Interventionen - Festlegung von Dringlichkeiten - Vereinbarung von Zeiten und Kriterien für die Zielerreichung! Erschließen von Hilfsquellen Analyse und Installation von Analyse des vorhandenen Kontaktaufnahme zu Unterstützungssystemen Netzwerkes vorhandenen Unterstützungssystemen (Verwandte, Nachbarn etc.) Einschätzung der Bedarfe Kontaktaufnahme zur besonderen Förderung der Familie: Schulen, Therapeuten, Beschäftigungsmaßnahmen, etc., Installation von Hilfskräften Treffen von Absprachen mit allen Beteiligten und Einbeziehung in die Zielformulierung Koordination In dieser Phase koordiniert Etablierung einer fachlichen der Case Manager die Zusammenarbeit aller Stellen vorgesehenen Hilfen und Dienstleistungen Neueinschätzung (Reassessment) Auswertung der bisherigen Feststellung, ob Teilziele Bei Bedarf Abschluss eines Hilfe erreicht wurden. neuen, zeitlich festgelegten Kontraktes mit allen Beteiligten Evaluation der Hilfe

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3.2.2.1 Elternschulungen

Zweimal im Jahr findet ein Training für die Eltern der betreuten Familien statt; Anfang Juni startete der erste Kurs in der Außenstelle in Bramsche; über acht Abende wird in der Gruppe an für Familien relevanten Themen strukturiert gearbeitet, wie z.B. Bedürfnisse von Kindern/ von Eltern, Kommunikation, Grenzen setzen, Pubertät etc; nach einer theoretischen Einführung wird das jeweilige Thema in Kleingruppenarbeit, Rollenspielen und Austausch in der Gesamtgruppe von den Teilnehmern erarbeitet; ein wichtiges Element dabei ist, Erfahrungen auszutauschen, Selbstreflexion, Einüben von neuen Verhaltensweisen, Kontakte zu knüpfen und Selbsthilfepotentiale zu wecken.

Als weitere Elternschulung findet zweimal im Jahr die „Hausaufgabenschulung für Eltern“ statt. Dies ist eine Schulung für Eltern, die sich einen stressfreieren Umgang mit den Hausaufgaben, dem Lernen und der Schule ihrer Kinder wünschen.

Das Coaching zur „Elterlichen Präsenz“ (nach dem Modell von Haim Omer und Arist von Schlippe) dient der Stärkung und Anleitung von Eltern im Umgang mit ihren Kindern bzw. Jugendlichen mit destruktivem und gewalttätigem Verhalten. Das Coaching bietet den Eltern ein Modell des gewaltfreien Widerstandes an, um ihre Elterliche Präsenz und Handlungsfähigkeit in der Familie wieder herzustellen. Bei Bedarf wird diese Schulung auch als Gruppenangebot für Eltern durchgeführt .

Die Mutter-Kind-Gruppe ist ein Angebot für Junge Mütter unter 24 Jahren und deren Kleinkinder. Sie findet einmal im Monat statt und dient der Förderung der Mutter-Kind Interaktion und der Förderung der Kinder durch Impulsreferate zur Entwicklung im Kleinkindalter, altersangemessene Spiele und Aktivitäten. Darüber hinaus finden die jungen Mütter ein Forum zu Gedankenaustausch und Vernetzung.

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3.2.2.2 Betreuung von Kindern psychisch kranker Eltern

Etwa jedes dreißigste Kind hat ein psychisch krankes Elternteil, beinahe eines pro Schulklasse. Bundesweit wird die Zahl der betroffenen Kinder auf eine halbe Million geschätzt – mit steigender Tendenz. Mindestens jedes vierte Kind, das heute stationär psychiatrisch behandelt wird, hat ein psychisch krankes Elternteil. Nur ein Viertel der Sechs- bis Zehnjährigen und die Hälfte der Zehn- bis Vierzehnjährigen wissen überhaupt, dass die Probleme ihrer Eltern durch eine Krankheit zu erklären sind. Kinder psychisch kranker Eltern haben ein erhöhtes Risiko, selbst psychische Probleme zu bekommen. Psychische Erkrankungen eines Elternteils haben ein so belastendes Potential, dass sie das ganze Familienleben durcheinander bringen und zu Rollenumverteilungen führen können. Ängste, Schuldgefühle, Überforderung und Unsicherheit kennzeichnen oftmals die Lebenssituation der Familienmitglieder. 80% der Kinder mit einem psychisch kranken Elternteil reagieren mit Verhaltensauffälligkeiten wie Nägelkauen, aggressivem Verhalten, Schulschwierigkeiten, Schlafstörungen, Einnässen, Unruhe oder Konzentrationsproblemen. Durch eine anhaltende Atmosphäre von Unberechenbarkeit werden die Kinder in ihren Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten in vielen Fällen erheblich eingeschränkt. In einem für die Bearbeitung o.g. Thematiken notwendigen, sicheren Rahmen werden mit dem Kind Gespräche geführt, die dafür sorgen, dass das Kind (oder der Jugendliche) ein neues Bild von sich selbst bzw. der familiären Situation bekommt (Selbstwert, Bindungsrepräsentation, Begreifen vormals unbegreiflicher Verhaltensweisen).

Darüber hinaus kommen folgende methodische Vorgehensweisen in der Arbeit mit Kindern/ Eltern bzw. Elternteilen zum Tragen

- Gespräche, welche die psychische Erkrankung des Elternteils beinhalten

- Schaffung von Berechenbarkeit durch Ehrlichkeit und Wahrheit

- Schaffung von Wahlmöglichkeiten und dem Gefühl von Kontrolle für das Kind

- Schaffung einer krankheitsfreieren Atmosphäre bei den Eltern

- Gleichbleibende vorhersagbare strukturierte Tageabläufe

- Einbindung in therapeutische Hilfen

- Patenschaften für Kinder psychisch kranker Eltern

- Vernetzung

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4.0 Anschlussperspektiven

Ziel jeder Familienbetreuung ist die im Anschluss folgende eigenständige Lebensführung und damit Unabhängigkeit von anderen Jugendhilfemaßnahmen. Sollte jedoch aufgrund mangelnder Motivation, Sorgerechtsentzug, Krisensituationen u.ä. die Installation einer anderen Hilfeform erforderlich sein, besteht einrichtungsintern die Möglichkeit zu flexibler, zeitlich befristeter oder unbefristeter stationärer oder teilstationärer Unterbringung sowie zur Umsetzung individueller Konzepte.

5.0 Maßnahmen der Qualitätssicherung

5.1 Ebene der Strukturqualität

An den einzelnen Standorten umfasst die Größe der Arbeitsteams im Durchschnitt 5 MitarbeiterInnen. Die Dienst- und Fachaufsicht wird in wöchentlich stattfindenden Teamsitzungen durch den/die GruppenleiterIn sowie den/die Bereichsleiter/in gewährleistet. Durch die Zusammensetzung der Teams aus weiblichen und männlichen MitarbeiterInnen können auch geschlechtsspezifische Arbeitsansätze umgesetzt werden. Die relativ geringe Größe der jeweiligen Teams garantiert eine Überschaubarkeit der Anzahl zu reflektierender Fälle und erhöht somit die Frequenz an Reflektionsmöglichkeiten. Dabei wird insbesondere der Ansatz der Kollegialen Beratung angewandt, der durch die häufig sinnvolle Einbindung in ein doppeltes Betreuersystem zusätzliche Bedeutung gewinnt. Neben den Teamsitzungen finden regelmäßig themenzentrierte Teamtage der einzelnen Teams statt. Um eine Vernetzung der Standorte und einen übergreifenden fachlichen Austausch zu gewährleisten, treffen sich die Leiter der Teams ebenfalls in regelmäßigen Abständen.

Weitere Maßnahmen der Qualitätsentwicklung/-sicherung sind

- Die pädagogische und organisatorische Arbeit der Ambulanten Erziehungshilfen wird in einer Dokumentation inhaltlich und zeitnah transparent dargestellt

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- Das Controlling durch die Heimleitung wird in jährlich stattfindenden Zielvereinbarungen institutionalisiert

- Die Einrichtung unterstützt das Personal weit über das übliche Maß hinaus in der Möglichkeit zur Fort- und Weiterbildung

- Gemeinde- und Gremienarbeit: MitarbeiterInnen pflegen Kontakte innerhalb der Gemeinde, die die Integration ins Umfeld fördern und erhalten. MitarbeiterInnen arbeiten in Gremien auf verschiedenen Ebenen mit, um die Anliegen der Ambulanten Erziehungshilfen zu vertreten. Es besteht ein regelmäßiger Kontakt zur Frauenbeauftragten und dem Präventionsrat der Gemeinde Belm

5.2. Ebene der Prozessqualität

- Das Interventionsarrangement der hier beschriebenen Hilfeform befindet sich in einem Prozess, welcher der ständigen Erprobung, Überprüfung und Erweiterung unterliegt, um unsere Arbeit individuell transparenter, tragfähiger und befriedigender zu gestalten

- Regelmäßige Zielvereinbarungen als Grundlage der Qualitätssicherung: Geleistete Arbeit und Perspektiven werden für einen überschaubaren Zeitraum gemeinsam überprüft

- Kontinuierliche Dokumentation und damit verbundene Transparenz unserer Arbeit

- Ein hausinterner Evaluationsprozess, dessen Ergebnisse (Aussagen von Familien, Schulen, Jugendämtern und MitarbeiterInnen) kontinuierlich in die Einrichtung rückgekoppelt werden, bietet die Möglichkeit, Hilfen im Prozess zu bewerten und kontinuierlich wesentliche Themen und Schwerpunkte heraus zu arbeiten

5.3. Ebene der Ergebnisqualität

Die MitarbeiterInnen der Ambulanten Erziehungshilfen sind bestrebt, die gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Dies gilt sowohl für die betreuten Kinder, Jugendlichen und ihre Familien als auch für die Jugendämter und die Einrichtung. Hilfsmittel zur Generierung konkreter Aussagen sind

- Klientenzufriedenheit: In Form eines standardisierten Fragebogens erfolgt eine regelmäßige Befragung zur Zufriedenheit der Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien mit der Betreuung durch die Ambulanten Erziehungshilfen

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- Hinzu kommt eine abschließende Bewertung der Hilfen

Die Ergebnisse der einzelnen Fragebögen werden in den Teams und mit den Familien diskutiert und bearbeitet. Negativausschläge bei einzelnen Fragestellungen bzw. Themenbereichen können so konkretisiert werden.

Das Team der Ambulanten Erziehungshilfen Belm nimmt darüber hinaus an dem 2006 eingeführten und durch den Landkreis gesteuerten Evaluationsprojekt EJO teil. Im Zentrum stehen hierbei die Frage der Wirksamkeit ambulanter Maßnahmen (Zielerreichung/Erfolg) und die Ermittlung von Hinweisen zur Verbesserung der Qualität. Die Erhebung der Daten erfolgt zu 4 Zeitpunkten in verschiedenen Phasen der Maßnahme und erfasst die subjektive Einschätzung der Familien und die Beurteilung der Sachbearbeiter.

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