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20 FEB/MAR 10 FOR FREE

• DIORAMIC

CRIME IN STEREO SMOKE BLOW • DARK TRANQUILLITY • KENAI • ADEPT THROUGH THE EYES OF THE DEAD WE ARE THE OCEAN MONEEN • OUTBREAK

Fuze_Titel_No.20.indd 2 09.01.10 13:49 02Fuze20.indd 2 09.01.10 13:58 index

IMPRESSUM 05 DARK TRANQUILLITY 18 SMOKE BLOW Swedish dynamite. So etwas Ähnliches wie Hardcore. Fuze Magazine Thomas Renz, P.O.Box 11 04 20 07 ZWEITAUSENDNEUN 20 DIORAMIC 42664 Solingen, Meine liebste Verschmutzung. Raus aus dem Schwarzen Loch. (Pakete an: Fuze Magazine, 08 FACE THE SHOW Hochstraße 15, 42697 Solingen) Photos of the year. Fon 0212 383 18 29, Fax 0212 383 18 30 fuze-magazine.de, myspace.com/fuzemag 08 THE BLACKOUT Ask the merch guy. 21 CRIME IN STEREO Redaktion: Wir Verwandlungskünstler. Thomas Renz, [email protected] 09 LOWER HELL Anzeigen, Verlag: Walnussschnaps und Porno. Joachim Hiller, [email protected] 09 THE DILLINGER ESCAPE PLAN Marketing, Vertrieb, Anzeigen: My mixtape. Kai Rostock, [email protected] 22 THROUGH THE EYES OF THE DEAD 10 TUBELORD Routinierter Neustart. Verlag & Herausgeber: Tracklist-Interview. Joachim Hiller, Hochstraße 15 23 KENAI 42697 Solingen, Germany 10 A PLEA FOR PURGING Das Internet ist da! Pants down – Christian edition. V.i.S.d.P.: Thomas Renz (Für den Inhalt von 24 MONEEN 11 DEFEATER Quo vadis? namentlich gekennzeichneten Artikeln ist der/ Pants down. die VerfasserIn verantwortlich. Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.)

MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Jan Ahrens, Florian Auer, Dorian Becker, Alexan- 25 OUTBREAK der Blach, André Bohnensack, Georg Büchner, 12 SMOKE AND MIRRORS Menschenhass in Kinderschuhen. Joss Doebler, Frank Engelhardt, Benedikt Ernst, My scene – Erie, . 26 ADEPT Alex Gaskarth, Julia Gudzent, Patrick Hagmann, 13 SICK OF IT ALL Party like there’s no tomorrow. Carl Jakob Haupt, Josh James, Aiko Kempen, Tobi- My tracklist. as Kolb, Daniel Kubera, Arne Kupetz, Christian Lud- 27 WE ARE THE OCEAN wig, Hendrik Lukas, Jay Maas, Armand Majidi, Den- 14 HIS STATUE FALLS / PARACHUTES Sink or swim. nis Meyer, Burkhard Müller, Kyle O’Neil, Ingo Rieser, Labelmates. Eric Schauffele, Björn Schmidt, Martin Schmidt, 28 LAVATCH René Schuh, Craig Setari, Rob Sullivan, Amade- 15 ALL TIME LOW A man is always the victim of his truths. us Thüner, Ben Weinman, Alessandro Weiroster, My friends @ MySpace. Birte Wiemann 29 ROLAND STRALLER 15 FIREWORKS Free your mind. My artwork. Layout: André Bohnensack 30 REVIEWS Lektorat: Ute Borchardt Coverfoto: Benji Walker 41 RETROSPECT Coverdesign: Alex Gräbeldinger Vertrieb: Eigenvertrieb, Cargo, Green Hell, RUINER Core Tex, Imperial, Trashmark Abonnement: 6 Ausgaben 10 Euro inkl. P+V 45 LIVEDATES 16 REBELLION TOUR Druck: WAZ Druck, Duisburg Einmal Mainstream und zurück.

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03Fuze20.indd 3 10.01.10 20:29 OX_93x273_HASSLE 1 06.01.2010 16:22:17 Uhr

04Fuze20.indd 4 09.01.10 14:21 DARK TRANQUILLITY SWEDISH DYNAMITE. Dynamit ist eine schwedische verlieren, denn jeder wollte auf dem gleichen oder einem höheren Level Erfindung. Alfred Nobel meldete im Laufe seines Lebens 355 Patente an. sein als die anderen Gruppen in der Gegend“, so Stanne. „Es war eine posi- Sein bekanntestes beruht auf der technischen Lösung, Nitroglyzerin hand- tive Art von Wettbewerb, sehr inspirierend und motivierend.“ Der Sänger, habungsfähig zu verarbeiten, indem er den hochexplosiven Stoff im rich- der wie Anders Fridén, dem Frontmann von , bereits in beiden tigen Verhältnis mit einem Gesteinsmehl vermengte. Er erschuf damit die Bands wirkte, ist sich sicher, dass diese Form des nichts von Mutter aller Sprengstoffe, und brachte dem Fuze nebenbei die Zündschnur seinem Potenzial eingebüßt hat. auf den Titel. DARK TRANQUILLITY haben – zusammen mit und den befreundeten IN FLAMES – eine weitere schwedische Erfindung Auch für später entstandene Genres wie oder waren gemacht. Eine, die ebenso explosionsartig zum Selbstläufer mutierte wie die Melodien von DARK TRANQUILLITY ein nicht unbedeutender Ein- das Dynamit. Anfang der neunziger Jahre entwickelten sie den Melodic fluss. Stanne sieht in dieser Abspaltung durchaus Parallelen zur eigenen Death Metal, einen Stil, der bis heute ungebrochen erfolgreich ist. Geschichte. „Natürlich holt man sich hier und da Anregungen. Auch wir haben uns das Beste von den uns bekannten Genres geliehen und etwas Für Mikael Stanne, den Sänger von DARK TRANQUILLITY, geschah das eher daraus geformt, das wir unseren eigenen Sound nennen.“ Seine Haltung unerwartet. Er erlebte alles von Beginn an mit – angefangen bei Shows in zu verwandten Genres ist also durchaus als aufgeschlossen zu bezeichnen winzigen Clubs vor ein paar Freunden bis zum stadionfüllenden Hype, der, – auch wenn er zugibt, dass ihm zu manchem der Bezug fehlt: „Hardcore bekannt als „Göteborger Schule“, den Metal revolutionierte. „Ursprüng- war nie mein Ding. Da bin ich einfach nicht reingekommen. Sicher gibt es lich wollten wir nur unsere Zeit mit dem verbringen, was uns faszinierte. Ich einige großartige Hardcore-Bands, aber für mich ist das nichts.“ Was ja hätte nie vermutet, dass die Sache solche Ausmaße annimmt. Das steckte nicht weiter schlimm ist. Mikael Stannes Blick auf die sich immer wieder neu seinerzeit alles so verdammt tief im Untergrund, dass ich dachte, es würde erfindende Welt des Metal ist eng an Darwins Lehre der natürlichen Aus- das Ende der Band bedeuten, sollten unsere Songs jemals im Radio oder lese geknüpft. „Solange hart arbeitende Bands ihr Hauptaugenmerk auf Fernsehen laufen.“ Doch Stanne sollte Unrecht behalten, denn der klassi- die Qualität legen, werden sie überleben. Ich wurde vor Jahren gefragt, ob scherweise tonale und harmonische, in Moll-Tonleitern gehaltene neue Stil Death Metal nur ein Trend sei. Meine Antwort hat sich bewahrheitet: Die überlebte. „Wir hielten durch und wurden Teil von etwas, das mittlerweile Besten setzen sich durch und bleiben. Der Rest geht auf lange Sicht unter.“ der Mittelpunkt unseres Lebens ist. Jede Sekunde davon ist etwas Beson- deres.“ Vielleicht ist es diese schlichte Erkenntnis, die DARK TRANQUILLITY so weit gebracht hat. Glück oder Zufall waren nie Faktoren, auf die sich die Skan- Dass diese auf den ersten Blick überraschende Erfolgsgeschichte ganz dinavier verlassen haben. Stanne betrachtet sich nur insofern als „glückli- plausible Ursachen hat, zeigt sich am hohen Anspruch, den die beteilig- chen Menschen“, als dass er durch seine Band gute Freunde gefunden hat, ten Bands immer an sich selbst stellten. „Ein entscheidender Faktor war die die so weit mit ihm gegangen sind. Darüber hinaus verfolgte er immer nur Tatsache, dass Hörer wie Musiker in den Anfangstagen der Szene nicht nur die ursprüngliche Idee seiner Band: den eigenen Sound zu perfektionieren. aufgeschlossen gegenüber Metal, sondern gegenüber allen anderen Arten Um das alles auf den Punkt zu bringen, braucht der Sänger schließlich nur von Musik waren. Die Bands zeigten einen unglaublichen Ehrgeiz, arbeite- drei Worte: Skål för fan! – Prost, zum Teufel! ten hart und klangen bereits sehr früh erstaunlich reif. Es gab keine Zeit zu Florian Auer Foto: Michael Gebhardt

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05Fuze20.indd 5 10.01.10 20:46 light the fuze FUZE.20 DINGE FÜR GEWINNER „DIE GEWALTBEREITSCHAFT DER RECH- DIE BÖRSE SPIELT VERRÜCKT. Jetzt ist das eingetreten, was sich schon lange angedeutet hat: TEN SZENE“, schrieb TACKLEBERRY-Gitar- In den letzten Monaten haben wir so viel Zeug an unsere Leser verschickt, dass der Verlosungsmarkt rist Aiko Kempen in der letzten Ausgabe des Fuze komplett zusammengebrochen ist und wir damit anfangen mussten, unsere eigenen Produkte her- Magazine, „hat in Russland ein Niveau erreicht, zustellen, um die gigantische Nachfrage zu stillen. Als Währung werden allerdings nach wie vor aus- auf dem vor der gezielten Tötung linker Aktivis- schließlich E-Mails an offi [email protected] akzeptiert – wenn sie die jeweilige Betreffzeile und ten längst nicht mehr zurückgeschreckt wird.“ Nie- die Anschrift des Absenders beinhalten. mand konnte ahnen, dass sich diese Worte noch am Tag des Erscheinens des Heftes schrecklich bewahr- Eigentlich hätte es ja schon heiten sollten. Am Abend des 16. November 2009 längst ein FUZE-SHIRT geben wurde der 26-jährige Moskauer Ivan Khutorskoy vor sollen, aber die Fuzzis einer italie- seiner Haustür mit zwei Schüssen in den Hinterkopf nischen Klamottenmarke hatten ermordet. Für seine Freunde ist klar, dass Neonazis Angst, dass die gemeine Haus- für die Tat verantwortlich sind, da auf einschlägigen frau ab vierzig es mit einem Desi- Internetseiten immer wieder zu Angriffen auf den gnerkleid verwechseln könnte, bekannten Antifaschisten aufgerufen wurde. Zudem weshalb sich die ganze Sache wurde er vor seinem Tod bereits mehrfach von Nazis ewig hingezogen hat und jetzt attackiert und mit Baseballschlägern, Schrauben- ein paar Anwälte um ein paar ziehern und Messern zum Teil schwer verletzt. Ivan Euro reicher sind. Was es mit Khutorskoy war einer der besten Freunde von WHAT dem Motiv des Shirts genau auf WE FEEL, der von Aiko Kempen im letzten Fuze inter- sich hat, erklärt Grafi ker Roland viewten russischen Band, und begleitete sie bei ihren Straller weiter hinten im Heft, hier beiden Touren mit TACKLEBERRY. Doch er kämpfte noch der Hinweis, dass es das nicht nur gegen Faschismus, sondern beispielsweise Teil exklusiv bei Imperial Clothing auch gegen Sexismus und Homophobie in der Punk- (imperial-clothing.com) und in und Hardcore-Szene. „Wir dürfen nicht damit auf- unserem eigenen Shop (ox-fanzine.de/fuze-shop) zu kaufen gibt: für schlappe fünfzehn Euro und natürlich hören“, sagte er in einem Interview kurz vor seiner in fair gehandelter Bio-Qualität. Aus Freude über die Beilegung der markenrechtlichen Auseinandersetzung Ermordung. Erfüllen wir ihm diesen Wunsch. verlosen wir fünf Exemplare des T-Shirts, von dem es auch Girlies gibt. Betreff: „Mir persönlich ist ein schwar- Thomas Renz (offi [email protected]) zes Shirt sowieso lieber als irgendein buntes Kleid.“

DAS FUZE IST EIN KOSTENLOSES MUSIKMA- Neues vom sympathischen Verlag, in dem auch euer Lieblingsmusikmaga- GAZIN, das alle zwei Monate erscheint und sich auf Hard- zin erscheint: das OX-KOCHBUCH IV. 192 Seiten mit vegetarischen und core, Metal und spezialisiert hat. veganen Rezepten – von Punks, nicht nur für Punks. Ox-Chef Joachim Hiller • Unter myspace.com/fuzemag gibt es eine Liste mit allen Locations, in denen das Fuze ausliegt. Wenn du uns beim hat uns nach zähen Verhandlungen („Das zieh’ ich euch aber vom Lohn ab, Verteilen helfen willst, schreib einfach eine E-Mail an marke- Jungs!“) fünf Exemplare überlassen, die wir zusammen mit der ersten Aus- [email protected]. gabe des neuen Magazins „Kochen ohne Knochen“ verlosen, in dem unter • Mailorder wie Green Hell, Imperial, Core Tex, Trashmark, anderem Tipps zur veganen Band-Bekochung gegeben werden. Betreff: Merch Attack, Rage Wear oder Flight13 legen das Heft ihren „Und ich dachte immer, Punks machen sich nur Dosenbier warm.“ Bestellungen bei. • Bei vielen Touren, die von M.A.D., Avocado oder Kingstar organisiert werden, liegt das Magazin am Merch-Stand aus. „Das sind super coole Jungs, die Style mit ethischem Anspruch verbinden“, fi ndet DEADLOCK- • Man fi ndet das Heft in allen Carhartt Stores sowie in vielen Schlagzeuger Tobias Graf, weshalb er mit seiner Band das neu gegründete Eco-Fashion- Läden, in denen es die Klamotten von Atticus Clothing gibt. • Ein Abonnement über sechs Ausgaben kostet zehn Euro Label GREENALITY unterstützt, das gegen Kinderarbeit, Unterdrückung und Umweltzerstö- und kann unter ox-fanzine.de/fuze-abo bestellt werden. rung eintritt. Wir verlosen fünf Shirts der Stuttgarter Marke, die ihr euch auf greenality.de • Für 2,50 Euro kann man das Fuze auch im Bahnhofsbuch- selbst aussuchen könnt. Das links abgebildete Motiv ist also nur eines von vielen Designs. handel kaufen. Betreff: „Da suche ich mir dann aber auf jeden Fall ein Shirt in meiner Größe aus!“

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ZWEITAUSENDNEUN MEINE LIEBSTE VERSCHMUTZUNG. Das englische Wort „poll“ kann mit „Befragung“ oder „Umfrage“ übersetzt werden und ist nicht etwa die Abkürzung von „pollution“ – obwohl das auch gut sein könnte, so verpestet zu dieser Jahreszeit alle Musikmagazine mit Lieblingslisten sind. Das Fuze ist dafür das beste Beispiel.

Jan Ahrens. Band. MORE THAN LIFE. Konzert. For The Animals (peta2.de) | Let’s Fight White Pride tic Tension | MONO – Hymn To The Immortal Wind. EMPTY VISION – Wunstorf. Alben. BOYS NOIZE – (letsfightwhitepride.de). Fernsehserien. The IT Crowd | Frasier | Die wilden Power | DEATH IS NOT GLAMOROUS – Soft Clicks Siebziger. | MIKROBOY – Nennt es, wie ihr wollt | RITUAL – Kai Jorzyk. Band. GALLOWS. Konzert. HOT WATER Beneath Aging Flesh And Bone | THE RIOT BEFORE MUSIC – Saarbrücken. Alben. Chuck Ragan – Gold Ingo Rieser. Band. . Kon- – Fists Buried In Pockets. Wohnungen. Dortmund | Country | GALLOWS – Grey Britain | BARONESS – zert. EDITORS. Alben. CONVERGE – Axe To Fall | THE Bielefeld | Papa. Blue Record | ISIS – Wavering Radiant | – GASLIGHT ANTHEM – The ’59 Sound | REVOCATION Static Tensions. Videospiele. Batman: Arkham Asy- – Existence Is Futile | – Hatebreed | EDI- Florian Auer. Band. . lum | Dragon Age: Origins | Uncharted 2: Among TORS – In This Light And On This Evening. Katego- Konzert. THE NUMBER TWELVE LOOKS LIKE YOU, Thieves. rien, in denen THE GASLIGHT ANTHEM in die Top MISERY SIGNALS, YOUR DEMISE – München. Alben. Three gehören. Song des Jahres | Songtext des Jah- – Old Crows / Young Cardinals | Aiko Kempen. Band. . Konzert. res | Bestenlistennominierte des Jahres. | THE CAS- THE SAINT ALVIA CARTEL – Kiel (vor elf Gästen). TING OUT – Go Crazy! Throw Fireworks! | SIGHTS & Alben. THE SAINT ALVIA CARTEL – The Saint Alvia Björn Schmidt. Band. SHOOK ONES. Konzert. SOUNDS – Monolith | – New Junk Cartel | AFFENMESSERKAMPF – Man kann sich seine DEATH IS NOT GLAMOROUS – Köln (Karaoke- Aesthetic. Filme. Inglourious Basterds | Batman hält Freunde nicht aussuchen | RUINER – Hell Is Empty Show). Alben. SHOOK ONES – The Unquotable die Welt in Atem | Brüno. | PAINT IT BLACK – Amnesia | CHRIS WOLLARD & A.M.H. | BANNER PILOT – Collapser | COMADRE – A THE SHIP THIEVES – Chris Wollard & The Ship Thie- Wolf Ticket | CHEAP GIRLS – My Roaring 20’s | TACK- André Bohnensack. Band. WOLVES IN THE ves. Literaturklassiker, an die ich mich dieses LEBERRY – Reinventing Appetite For Destruction. THRONE ROOM. Konzert. NEUROSIS – Road- Jahr getraut habe. Fjodor Dostojewski – Die Brüder Filme. Inglourious Basterds | Revolutionary Road | burn Festival. Alben. DINOSAUR JR – Farm | KRE- Karamasow | James Joyce – Finnegans Wake | Tho- The Wrestler. ATOR – Hordes Of Chaos | LITURGY – Renihilation mas Mann – Der Zauberberg. | NOFX – Coaster | WOLVES IN THE THRONE ROOM Martin Schmidt. Band. 311. Konzert. HELMET – Black Cascade. Das ganze Jahr über im iPod. Tobias Kolb. Band. ANTONY AND THE JOHNSONS. – Berlin. Alben. 311 – Uplifter | COALESCE – OX | FARIN URLAUB RACING TEAM – Livealbum Of Death Konzert. THERAPY? – Dublin. Platten. MODERAT – BARONESS – Blue Record | BETWEEN THE BURIED | FAVEZ – Bigger Mountains, Higher Flags | FISCHER Moderat | ANTONY AND THE JOHNSONS – The Cry- AND ME – The Great Misdirect | GOES CUBE – Ano- Z – Red Skies Over Paradise. ing Light | PISSED JEANS – King Of Jeans | Jochen ther Day Has Passed. Webseiten. metalsucks.net | Distelmeyer – Heavy | – Geneva. failblog.org | http://betasearch.immobilienscout24. Joss Doebler. Band. MUFF POTTER. Konzert. Bücher. Helmut Krausser – Einsamkeit und Sex und de/betasearch/. MUFF POTTER – Münster. Alben. CAPTAIN PLA- Mitleid | David Foster Wallace – Unendlicher Spaß. NET – Inselwissen | MUFF POTTER – Gute Aussicht René Schuh. Band. IRON & WINE. Konzert. HAVE | Chuck Ragan – Gold Country | THE GHOST OF A Arne Kupetz. Band. COALESCE. Konzert. LIMP HEART – Köln. Alben. CONVERGE – Axe To Fall | RUI- THOUSAND – New Hopes, New Demonstrations WRIST – Bielefeld. Alben. COALESCE – OX | AGO- NER – Hell Is Empty | – Supporting | William Elliott Whitmore – Animals In The Dark. RAPHOBIC NOSEBLEED – Agorapocalypse | TOTAL Caste | DINOSAUR JR – Farm | BRAND NEW – Daisy. Drinks. Godfather | White Russian | Fidel Castro. FUCKING DESTRUCTION – Peace, Love And Total Bücher. Mark Oliver Everett – Glückstage in der Fucking Destruction | – Day Of Hölle | William T. Vollmann – Hobo Blues | John Wray Frank Engelhardt. Band. RUINER. Konzert. Mirror Mourning | BURNT BY THE SUN – Heart Of Darkness. – Retter der Welt. It In Blood Festival – Bayreuth. Alben. ARCHITECTS Fernsehserien. Tatort | Heroes | Legal. – Hollow Crown | DENY EVERYTHING – Fire This Time Amadeus Thüner. Band. AMERICAN NIGHTMARE. | THY ART IS MURDER – Infinite Death | THE EYES OF Christian Ludwig. Band. ARCHIVE. Konzert. Konzert. Morrissey – Köln. Alben. THE HOPE CON- A TRAITOR – A Clear Perception | RUINER – Hell Is FEVER RAY – Hamburg. Alben. FEVER RAY – Fever SPIRACY – True Nihilist | RITUAL – Beneath Aging Empty. Fernsehserien. Family Guy | How I Met Your Ray | ARCHIVE – Controlling Crowds | THE XX – XX | Flesh And Bone | DEFEATER – Lost Ground | SEED Mother | The IT Crowd. IAMX – Kingdom Of Welcome Addiction | PHANTO- OF PAIN – Blindfolded And Doomed | CARPATHIAN – GRAM – Eyelid Movies. Wörter. Na ja | Turbo | Rio. Isolation. Sprüche. Ficken, saufen, Oi! | FTW | Advita. Benedikt Ernst. Band. BARONESS. Konzert. DOWN – With Full Force Festival. Alben. KYLESA – Hendrik Lukas. Band. BOLT THROWER. Kon- Alessandro Weiroster. Band. NAKATOMI PLAZA. Static Tensions | BARONESS – Blue Record | ...AND zert. CYNIC – Hamburg. Alben. – Konzert. BATTLE OF WÖLF 359 – München. Alben. YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD – The Time Waits For No Slave | BRUTAL TRUTH – Evolu- THE RITUALS – Celebrate Life | TOUCHÉ AMORÉ – ... Century Of Self | GALLOWS – Grey Britain | SHRINE- tion Through Revolution | SKYCLAD – In The ... All To The Beat Of A Dead Horse | GALLOWS – Grey Bri- BUILDER – Shrinebuilder. Webseiten. stefan-nig- Together | REDEMPTION – Snowfall On Judgement tain | BATS – Red In Tooth & Claw | NAKATOMI PLAZA gemeier.de | wasteofmind.de | zwarwald.de. Day | DAVE MATTHEWS BAND – Big Whiskey And – Ghosts. Songs. RUINER – Solitary | THE RITU- The Groogrux King. Begriffe, deren Zusammen- ALS – Naked underneath blankets | ALIAS CAYLON Carl Jakob Haupt. Band. CONVERGE. Konzert. hang jeder kennen muss. Wirtschaftskrise | Bilder- – Seven / eight. THE LOW ANTHEM – Hamburg. Alben. JA, PANIK – berg-Gruppe | Neue Weltordnung. The Angst And The Money | CONVERGE – Axe To Fall Birte Wiemann. Band. . Kon- | JENIFEREVER – Spring Tides | CAPTAIN PLANET – Dennis Meyer. Band. THURSDAY. Konzert. zert. – Amsterdam. Alben. – Inselwissen | MONO – Hymn To The Immortal Wind. BRAND NEW, Kevin Devine, MONEEN – . Beggars | BRAND NEW – Daisy | ALEXISONFIRE – Sachen, die 2009 scheiße waren und es 2010 Alben. THE GHOST OF A THOUSAND – New Hopes, Old Crows / Young Cardinals | POLAR BEAR CLUB – wohl bleiben werden. Wirtschaftskrise | Kiez-Tou- New Demonstrations | THURSDAY – Common Exis- Chasing Hamburg | THE CASTING OUT – Go Crazy! risten | EMIL BULLS. tence | BRAND NEW – Daisy | THRICE – Beggars | Throw Fireworks! Am häufigsten getragene Band- SAY ANYTHING – Say Anything. „What the fuck!“- Shirts. ALEXISONFIRE | POLAR BEAR CLUB | THE André Jahn. Band. CONVERGE. Konzert. BRING Momente. Ergebnis des Klimagipfels | Das erste GHOST OF A THOUSAND. ME THE HORIZON, , A DAY TO Mal Lady Gaga gesehen | Minarett-Verbot in der REMEMBER– Chemnitz. Alben. CONVERGE – Axe Schweiz. David Winter. Band. . Konzert. To Fall | WAR FROM A HARLOTS MOUTH – In Shoals BIFFY CLYRO – Köln. Alben. BRAND NEW – Daisy | | ARSONISTS GET ALL THE GIRLS – Portals | AME- Thomas Renz. Band. BAND OF HORSES. Konzert. BIFFY CLYRO – Only Revolutions | Chuck Ragan – RICAN ME – Siberian Nightmare Machine | GRACE OMEGA MASSIF – Roadburn Festival. Alben. BARO- Gold Country | RUINER – Hell Is Empty | THRICE – WILL FALL – Second . Aktionen des Jahres. NESS – Blue Record | BUILT TO SPILL – There Is No Beggars. Filme. The Watchmen | The Fall | Sunshine Hardcore retten! (keinbockaufnazis.de) | Rock It Enemy | CONVERGE – Axe To Fall | KYLESA – Sta- Cleaning.

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FACE THE SHOW PHOTOS OF THE YEAR. Aufmerksamen Besuchern von facetheshow. com ist bestimmt aufgefallen, dass die Seite ein wenig eingeschlafen ist, was nicht zuletzt daran liegt, dass sich mein Wohnort und meine Jobsitu- ation geändert haben. Mit der Zeit ist das Team aber zum Glück gewach- sen, weshalb meine Bilder des Jahres nicht von mir selbst, sondern von Josi Hoffmann, Paco Weekenstroo und Bartosz Skowron sind. Diese drei sowie neun weitere Fotos gibt es auch dieses Jahr wieder in einem Kalender, den man auf facetheshow.com monatlich downloaden oder als gedruckte Ver- sion kaufen kann. Burkhard Müller, facetheshow.com

THE BLACKOUT ASK THE MERCH GUY. Manchmal ist es ein Job – in anderen Fällen eine Berufung. Bei Jay Smith, dem 22-jährigen Waliser, ist es ohne Zweifel viel CRO-MAGS mehr als nur die Präsenz am Fanartikelstand einer Band. Jay ist der Bru- 02.03.2009 CZ-Prag, Chmelnice. Was mich an Bart schon immer begeis- der des charismatischen Frontmanns Sean Smith, teilt sich mit diesem eine tert hat, sind seine Bildkompositionen. Egal, ob es wie hier die CRO-MAGS sind Wohnung und ist mit seiner Motivation und Euphorie ein fester Bestand- oder auch nur irgendeine kleine Dorf-Punk-Band, er schafft es wie kein Zweiter, teil von THE BLACKOUT. Es ist ihm anzumerken, dass er dankbar dafür ist, zeitlose Fotos zu machen, die weitaus mehr als nur den Moment transportieren. zusammen mit seinem Bruder und Freund, von der Bergwerksstadt Merthyr Tydfil aus die Welt erobern zu können. Angesichts dieses speziellen Hinter- grunds verwundert es deshalb nicht, dass er Fragen zur Band stets in der 3. Person Plural beantwortet.

Hast du noch eine andere Tätigkeit, mit der du Geld verdienst? Dies ist mein Vollzeitjob. Man könnte behaupten, ich werde bezahlt, um Party zu machen. Bist du in einer Beziehung? Ist es schwierig, diese mit deiner Arbeit zu ver- einbaren? Ja, ich habe eine Freundin, die zu Hause in Wales lebt. Natürlich ist das nicht mit jedem Partner auf Dauer machbar. Meine Freundin hasst es, wenn ich so weit von ihr weg bin. Räumliche Trennung ist Gift für eine Beziehung. Aber ich denke, sie beneidet mich auch ein wenig. Die Chance, aus dem Alltag auszubre- chen, und jeden Tag etwas anderes zu erleben, ist ein Privileg. Welches Konzert war aus deiner Sicht das bisher erfolgreichste? Köln ist immer ein Höhepunkt für uns. Da kommen – zusätzlich zu den Einheimischen – auch Besucher aus den benachbarten Staaten Belgien, Holland und Frankreich angereist. Das schafft eine ganz besondere Atmosphäre, und es werden auch JUSTICE jede Menge Fanartikel verkauft. Ich denke, jede überregional bekannte Band, die 11.07.2009 Essen, JZE Papestraße. Mal abgesehen davon, dass Paco auf COLD bereits in Köln oder anderen Städten in der Gegend gespielt hat, wird mir zustim- WORLD (deren Sänger hier mit JUSTICE zu sehen ist) steht und damit sowieso men, was diese Beobachtung betrifft. geadelt gehört, ist er als fts-Mitglied mein persönlicher Beitrag zur deutsch-hol- Ein Außerirdischer beobachtet eine Show von THE BLACKOUT. Was sieht ländischen Freundschaft. Viel wichtiger aber ist, dass er es meiner Meinung nach er? Er sieht einen Haufen verschwitzter, betrunkener und manchmal nackter geschafft hat, den Look moderner Musikfotografie nachhaltig zu prägen. Kerle, die verdammt viel Spaß haben. Wenn es diesen Außerirdischen tatsäch- lich gibt, ist er herzlich eingeladen, mit uns zu feiern. Ist es nicht eintönig, jeden Tag die gleiche Show zu sehen? Nein. Ich liebe es. Ich lebe für Konzerte. Mir wird langweilig, wenn wir einen freien Tag haben. Wie schlägst du während der langen Busfahrten die Zeit tot? Mit Pornogra- fie. Deutsche Hardcore-Pornos sind das Größte, haha. Welchen sonstigen Eindruck hast du bisher von Deutschland? Es ist wunder- bar! Großartige Menschen, großartiges Bier, großartige Autos, großartige Por- nos. Gibt es eine spezielle Beziehung zwischen walisischen Bands? Definitiv. Wir sind unheimlich gern mit anderen Bands aus Wales unterwegs. ATTACK! ATTACK! sind so ein Beispiel. Die Szene ist nicht groß, aber dafür kennt und unterstützt man sich gegenseitig – ganz ohne Konkurrenzdenken. Eine gewisse Form von Lokalpatriotismus spielt dabei sicher auch eine Rolle. Erzähl uns eine Kuriosität aus dem Touralltag von THE BLACKOUT. Ich bekomme viel krankes Zeug zu sehen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass im Tour- bus ein Betrunkener plötzlich seine Klamotten verliert – in der Regel bin das ich. HAVE HEART Abgesehen davon, verpassen wir keine Gelegenheit, die Sau rauszulassen. 17.10.2009 USA-Revere, Club Lido. HAVE HEART sind unumstritten die erfolg- Zu guter Letzt: Gibt es etwas, das die Öffentlichkeit noch erfahren sollte? reichste Hardcore-Band der letzten Jahre. Josi ist extra in die USA geflogen, um James Davies, einer der Gitarristen von THE BLACKOUT, ist ein fürsorglicher und beim letzten Konzert dabei zu sein, und hat dieses denkwürdige Foto in ihrer liebevoller Vater eines Kindes. Das sollte mal erwähnt werden. gewohnt charmanten Dreistigkeit vom Schlagzeugpodest aus gemacht. Florian Auer

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06-15Fuze20.indd 8 11.01.10 07:54 Foto: Michael Gebhardt Foto: Burkhard Müller (facetheshow.com) LOWER HELL THE DILLINGER WALNUSSSCHNAPS UND PORNO. „Hey Pat! Danke für die beschissenen Fragen. Wir ESCAPE PLAN sehen uns bei den Abschiedskonzerten von MY MIXTAPE. Es hat einen guten Grund, FEAR MY THOUGHTS.“ So nett revanchiert sich warum wir Bands, die für uns ein Mixtape zusam- LOWER HELL-Gitarrist Steffen bei Patrick Hag- menstellen, kein bestimmtes Thema vorgeben. mann, der so nett war, sich ein paar Fragen für Auf so einen Unsinn, wie das, was sich THE DIL- die Band aus Baden-Württemberg auszudenken. LINGER ESCAPE PLAN-Gitarrist Ben Weinman Dabei ist Hagmann nicht nur Gitarrist der sich in ausgedacht hat, würden wir eh nicht kommen. Kürze auflösenden FEAR MY THOUGHTS, son- „Die zehn besten Songs, zu deren Videos wir dern auch einer der Produzenten des aktuellen uns einen runtergeholt hätten, wenn wir schwul LOWER HELL-. wären“ ... Es ist wie mit ihrer Musik: Diese Band kann man nur lieben oder hassen. Zum Beispiel Kennt ihr noch andere Bands, die morgens um im März, wenn sie ihr neues Album veröffentlicht. neun im Studio mit einem Kasten Bier aufkreu- zen und ihn dann auch vernichten? Ganz spon- D’Angelo – Untitled. Wir lieben diesen Song, und tan fällt mir da zum Beispiel FEAR MY THOUGHTS wenn wir schwul wären, würden wir D’Angelo ficken ein. Aber Moment ... Sagtest du „ein Kasten“? Bei wollen. Du weiß ja, was man über R&B-Sänger sagt ... uns war es aber ein bisschen mehr. Für „Hellevator“ Sie haben echt große Herzen. wurde der Gesang in Karlsruhe aufgenommen, das TYPE O NEGATIVE – Black no. 1. Wir lieben die- Schlagzeug in Freiburg und die Gitarren ja bei dir in sen Song, und wenn wir schwul wären, würden wir Rheinfelden. Dementsprechend hatte jedes LOWER Peter Steele ficken wollen. Du weiß ja, was man über HELL-Mitglied immer seinen eigenen Kasten dabei. schwarze Songs sagt. Hat euch der selbst gebrannte Walnussschnaps LL Cool J – Doin’ it. Wir lieben diesen Song, und meiner Mutter wirklich geschmeckt oder habt ihr wenn wir schwul wären, würden wir LL ficken wollen. nur so getan? Tja, was will man machen, wenn dann Wenn er so Schwänze lutscht, wie er sich über die doch mal das Bier ausgeht? Im Vergleich zu dem Lippen leckt, dann gewinnt einfach jeder. Schnaps, den wir bei den Dreharbeiten zum Video zu WINGER – Seventeen. Wir lieben diesen Song, und „The requiem“ getrunken haben, um nicht zu erfrie- wenn wir schwul wären, würden wir Kip Winger ficken ren, war der echt spitze. Unser Gitarrist Bruno hat wollen, weil er in diesem Video sehr beweglich ist, was hinter seinem Haus ein Grab geschaufelt, und ein uns wahrscheinlich sehr gelegen kommen würde. ganzes Kamerateam aus München drehte dort bis – Enter sandman. Wir lieben diesen spät in die Nacht. Bei der Kälte wäre der Schnaps Song, und wenn wir schwul wären, würden wir in den deiner Mutter perfekt gewesen. alten Mann aus dem Video eindringen wollen, weil die Wieso hat Bruno die übelsten Sprüche vom Bau Haut um seine Nougatschleuse wahrscheinlich run- drauf, obwohl er „Pflegemanagement“ studiert? terhängt wie der Ärmel eines Zauberermantels. Ja, manchmal frage ich mich das auch. Das kann DANZIG – Twist of Cain. Wir lieben diesen Song, unmöglich nur von seiner kurzen Maurerkarriere und wenn wir schwul wären, würden wir Danzig ficken kommen. Es gibt jedenfalls nichts Cooleres, als mit wollen, weil sogar heterosexuelle Typen ihn ficken den LOWER HELL-Jungs unterwegs zu sein. Comedy wollen. pur! Ob Brunos Sprüche, bei 150 km/h WEEZER – Undone - The sweater song. Wir lie- oder irgendwelche Ekelaktionen – da ist alles dabei. ben diesen Song, und wenn wir schwul wären, würden Kürzlich standen wir mit Warnblinklicht am Auto- wir den Sweater ficken wollen. Wenn mit „Sweater“ bahnstandstreifen, während Joe, unser Bassist, sein Arschloch gemeint ist. Frühstück durch die Nase geschossen hat, haha. George Michael – I want your sex. Wir lieben die- Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass sich Teile sen Song, und wenn wir schwul wären, würden wir eurer Band auf der Bühne gerne komplett ent- George ficken wollen, weil wir darauf vertrauen, dass kleiden. Warum habt ihr das nicht auch bei den er das ultimative Bückstück ist. Wham! HOL DIR DEIN Aufnahmen gemacht? Ich war schwer ent- MARKY MARK AND THE FUNKY BUNCH – Good täuscht! Ich glaube, bei den Gitarrenaufnah- vibrations. Wir lieben diesen Song, und wenn wir WINTEROUTFIT men haben wir genügend nackte Leiber zu Gesicht schwul wären, würden wir Marky Marks Eier ein paar bekommen, wenn man die Sexfilmchen mitrechnet, funky Vibrationen verpassen. die rund um die Uhr auf dem riesigen Flachbildschirm INXS – Devil Inside. Wir lieben diesen Song, und im Studio liefen. Wenn du beim neuen Album genau wenn wir schwul wären, würden wir Michael ficken hinhörst, kannst du vielleicht sogar diverse Geräu- wollen, weil wir gehört haben, dass er ordentlich was sche identifizieren, haha. hängen hat. Zwinger, zwinker. Patrick Hagmann, FEAR MY THOUGHTS Ben Weinman, THE DILLINGER ESCAPE PLAN

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06-15Fuze20.indd 9 11.01.10 07:54 Foto: Sam Adams (fugitivesolutions.co.uk) Foto: Cory Morton (corymorton.com) TUBELORD A PLEA FOR PURGING TRACKLIST-INTERVIEW. Nur zur Info: Litt- PANTS DOWN – CHRISTIAN EDITION. A lefoot ist der Langhalssaurier aus „In einem Land PLEA FOR PURGING sind ein gutes Beispiel dafür, vor unserer Zeit“. Jo Prendergast ist der Nerd- wie unfassbar dumm Menschen sind, die die Bibel Brillen-Träger von TUBELORD. Und jede der fol- wörtlich nehmen. Doch wir wollen Gitarrist Blake genden Fragen ist von einem Song auf deren Martin nicht Unrecht tun. Schließlich nimmt er Album „Our First American Friends“ inspiriert. nicht das gesamte Buch wörtlich, sondern nur die Stellen, die in sein reaktionäres Weltbild passen. 1) Vor was fürchtest du dich am meisten? („Your Sonst würde er ja die Steinigung von Ehebre- bed is kind of frightening“) Das ist eine interes- chern fordern oder Polygamie in Ordnung finden. sante Frage, weil ich kürzlich dabei geholfen haben, Aber vielleicht tut er das ja, wer weiß? zwei Ausstellungen in London zu kuratieren. Das Thema war Angst. Unabhängig von den Ausstellun- Meiner Ansicht nach ist Religion die persönliche gen fürchte ich die Liebe am meisten. Sache jedes Einzelnen. Deswegen halte ich es für 2) Was ist das Schrecklichste, das du jemals falsch, andere Menschen zu missionieren. Wie gesehen hast? („Somewhere out there a dog is denkst du darüber? Als Christ, der daran glaubt, on fire“) Ich habe einer Freundin erlaubt, ein Buch was die Bibel über Jesus sagt und was er gelehrt hat, zu lesen, das ich mir unlängst gekauft habe, und sie ist diese Perspektive das genaue Gegenteil von dem, hat beim Lesen den vorderen Buchdeckel auf den was Jesus von seinen Anhängern verlangt. Das Pro- Klappentext auf der Rückseite gedreht, wodurch der blem sind die Methoden, mit denen missioniert wird. Rücken des Buches einen nicht mehr zu beseitigen- Unsere Band glaubt, dass der beste Weg, auf Chris- den Knick abbekam und es ruiniert wurde. tus hinzuweisen, darin liegt, andere so zu lieben, wie 3) Zu welcher Tageszeit bist du am kreativsten? Gott uns liebt. Nichtsdestotrotz respektieren wir die- („Night of pencils“) Gewöhnlich zwischen 00:00 jenigen, die unseren Glauben nicht teilen, und zwin- und 04:00 Uhr oder 07:30 und 14:00 Uhr, wenn gen niemandem etwas auf. bestimmte, legale Drogen durch meine Venen jagen. Ich bin für die Homo-Ehe, weil ich der Meinung 4) Welches Körperteil magst du bei einer Frau am bin, dass jeder die gleichen Rechte hat, unab- liebsten? („Stacey’s left arm“) Jedes, dem sie das hängig von seiner sexuellen Orientierung. Wie Vergnügen der Verehrung versagt. siehst du die Sache? Noch einmal: Wenn du an die 5) Was ist die längste Strecke, die du jemals in Fehlerfreiheit der Bibel glaubst und daran, was sie einem Flugzeug zurückgelegt hast? („Propel- lehrt, dann glaube ich, dass das Gottes Plan für uns ler“) Ich bin von der offenen Eingangstür des Flug- als seine Schöpfung direkt widerspricht. Adam und zeugs bis zu meinem Sitz gegangen, wo ich für den Eva wurden füreinander geschaffen, körperlich und Rest des Fluges gelesen habe. Nach der Landung bin emotional, für eine Partnerschaft. Zudem gibt es ich aufgestanden und zur Eingangstür gegangen, die andere Stellen in der Heiligen Schrift, wo es heißt, sich in einen Ausgang verwandelt hatte. dass Homosexualität ein Gräuel sei. Nichtsdesto- 6) Was war der unbequemste Ort, an dem du trotz hassen und diskriminieren wir niemanden. Wir jemals übernachtet hast? („He awoke on a bench wollen jeden so lieben, wie Christus uns liebt. Wir als in Abergavenny“) Wann immer und wo immer ich Gläubige sind nicht besser als irgendjemand anders. neben Stacey und ihrem rechten Arm gelegen habe. Obwohl ich eine Abtreibung nicht unbedingt für 7) Wer ist Azerrad? („I am Azerrad“) Ein Croûton. etwas Gutes halte, bin ich fest davon überzeugt, 8) Wo lebt es sich im Vereinigten Königreich am dass jede Frau das Recht hat, selbst zu entschei- besten? („Cows to the east, cities to the west“) den, ob sie ein Kind bekommt oder nicht. Und du? Südöstlich von überall. Ich finde es weder glaubwürdig noch integer, das 9) Was ist das Coolste, das du jemals erschaf- Recht einer Frau auf Abtreibung höher zu stellen als fen hast? („Synthesize“) In der Schule habe ich ein anderes menschliches Leben. Leben beginnt mit im Rahmen eines Technologieprojekts die Platine der Empfängnis, nicht danach. Das ist Mord. eines Gameboys mit ein paar Lichtern verbunden, Die biblische Schöpfungsgeschichte wörtlich zu die in einem dunklen Raum angebracht waren. Der nehmen, ist in meinen Augen nicht besonders A-Knopf war ein grünes Licht, der B-Knopf ein rotes, schlau. Es handelt sich dabei um ein Gleichnis, und das Steuerkreuz war ein Durcheinander aus das nicht in den Biologieunterricht gehört. Wie Gelb, Weiß und Blau. Im Wesentlichen wurde es dem stehst du dazu? Obwohl ich an eine wörtliche Aus- Gameboy dadurch möglich, mit der Wand zu tanzen. legung glaube, halte ich eine ausgewogene Darstel- 10) Wer waren deine ersten amerikanischen lung von beiden Positionen für vernünftig. Aber das Freunde? („Our first American friends“)Littlefoot, ist wohl eine Wunschvorstellung, wenn auf beiden Cera und seine Bande. Seiten eine solche Voreingenommenheit herrscht. Thomas Renz Thomas Renz

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YEAR, habe ich eine ähnliche Geschichte gehört.) DEFEATER Dieses Risiko will ich nicht eingehen. Was, wenn ich PANTS DOWN. Jay Maas spielt nicht um der ganze zweieinhalb Zentimeter verliere, und mich Szene Willen bei DEFEATER, so viel weiß man mit den übrig gebliebenen, lumpigen 25 Zentime- seit seinem letzten Interview mit dem Fuze. Das tern abfinden muss? Das wäre für alle Frauen mit rie- heißt allerdings nicht, dass er zu den Themen, sigen Vaginas, mit denen ich regelmäßig Unzucht die in ihr immer wieder diskutiert werden, keine treibe, furchtbar enttäuschend. Wer trocknet diese unterhaltsame Meinung hätte. Tränen? Ich sicher nicht. Ich trockne meine eigenen. Außerdem denke ich, dass der Mensch sich ethisch Lifestyle. Also gut, ich bin 29. Ich war und moralisch viel schneller entwickelt hat als biolo- 28 Jahre lang straight edge. Ich habe keinen ein- gisch. Ich bin der Meinung, dass Massentierhaltung zigen Schluck Alkohol getrunken, ich habe nichts schrecklich ist, und ich wünschte, wir könnten alle geraucht, ich habe mir nichts eingeworfen. Egal was, raus in den Dschungel gehen und mit unseren blo- ich habe es nicht getan. Dann war ich bei Ruby Tues- ßen Händen Warzenschweine töten, aber das kön- day [eine amerikanische Restaurantkette, Anm. d. nen wir nicht. Vegan zu sein ist ein Geschenk, das Red.], und das hat alles verändert. Bei Ruby Tues- man nur bekommen kann, wenn man in einem rei- day gibt es ein Gas, über das sie einem nichts erzäh- chen Land lebt. Ich vertraue der Menschheit nicht, len und das sowohl unsichtbar als auch geruchlos ist. wenn es ums Essen geht. Ich vertraue ihr nicht, wenn Dieses Gas lässt dich Edge-Bruch begehen. Es lässt sie ein Hühnchen genetisch verändert, und ich ver- Derek, den homosexuell aussehenden Sänger unse- traue ihr nicht, wenn sie herausfindet, wie man Soja- rer verkünstelten Hardcore-Band, davon schwär- bohnen in jedes nur erdenkliche Produkt verwan- men, wie unglaublich toll ein Drink namens „Blue deln kann. Wieso können wir nicht einfach normale Moon“ schmeckt, und dann riechst du daran und Hühnchen töten und dazu einen Apfel essen? Das sagst: „Oh ja, wow. Das riecht tatsächlich gut, und es würde mir gefallen. ist hübsch, dass eine Orange drin ist. Ich mag Oran- Violent Dancing. So bescheuert. Wenn du von einer gen.“ Und dann ist das Nächste, an das du dich erin- Show begeistert bist, super. Wenn alle Spaß haben, nerst, dass du daran nippst. Du, kleiner, schwacher umso besser. Aber wenn ich dich dabei erwische, wie Nipper, du. Und alle deine Freunde rufen: „Halt! Hast du einem Mädchen, das am Rand steht und mit- Foto: Matthew Comer (matthew-comer.com) du etwa gerade ...? Aber das bedeutet, dass du nicht singt, den Ellbogen ins Gesicht schlägst, höre ich das ist Stricken auch nicht. Ich hasse nicht jeden, der ... Heilige Scheiße, Jay Maas ist nicht straight edge sofort auf zu spielen und fordere dich auf zu gehen. strickt, nur die Stricker, die mir Stricken als den einzi- ... Heilige Scheiße, heilige Scheiße, heilige Scheiße.“ -mäßig. Ich habe null Verständnis für Dep- gen Weg zum ewigen Leben verkaufen wollen. Jeder Ruby Tuesday ist ein gefährlicher Ort. Lass dich von pen, die allen anderen die Show kaputtmachen. Es weiß ohnehin, dass Häkeln besser ist. dem zweitklassigen Essen und der langweiligen Ein- ist schwer genug, die Leute dazu zu bringen, sich für Do It Yourself Attitude. Die einzige Einstellung, richtung nicht täuschen. diesen blöden Mikrokosmos zu interessieren, in dem die zählt. Niemanden interessiert, ob du in dei- Vegan Diet. Derek ist vegan, und er ist richtig gut wir existieren – auch ohne, dass du mir zeigen musst, nem Leben erfolgreich bist oder versagst, und das darin. Er hat mir allerdings erzählt, dass er glaubt, was für ein Idiot du bist. Das habe ich angesichts dei- ist auch in Ordnung. Wenn dir jemand hilft, toll, aber dass das ganze Östrogen im Soja seinen Penis hat ner Mütze wahrscheinlich sowieso schon gewusst. wenn du anfängst, davon abhängig zu sein, bist du schrumpfen lassen – wenn auch nur ganz wenig. Christian Hardcore. Geht in Ordnung. Mach jede scheiße. (Von Pat, dem vorlauten Sänger von END OF A Musik, die du willst. Religion ist nichts für mich, aber Jay Maas, DEFEATER

Das Ox-Küchenmesser 3,90 Euro | Das Ox-Pizzamesser 4,90 Euro Das Ox-Hand- und Geschirrtuch 3,00 Euro | Die Ox-Küchenschürze 18,90 Euro Die Ox-Stofftasche 3,00 Euro | Die Ox-Bio-Stofftasche 5,00 Euro Das Ox-Servietten-Set 10,00 Euro | Die Ox-Buttons 1,50 Euro Der Ox-Geschenkkarton 4,90 Euro Das Ox-Kochbuch-Paket S (Kochbuch 1, 2, 3 oder 4 + Küchenmesser + Geschirrtuch + Buttons + Tasche) 25,00 Euro Das Ox-Kochbuch-Paket M (Kochbuch 1, 2, 3 oder 4 + Küchenmesser + Geschirr- tuch + Buttons + Tasche + Schürze) 40,00 Euro Das Ox-Kochbuch-Paket L (Kochbuch 1, 2, 3 oder 4 + Küchenmesser + Pizzamesser + 4 Servietten + Geschirrtuch + Buttons + Tasche + Schürze) 55,00 Euro Das Ox-Kochbuch-Paket XL (Alle vier Kochbücher + Küchenmesser + Pizzamesser + 4 Servietten + Geschirrtuch + Buttons + Tasche + Schürze) 80,00 Euro

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Das größte Problem der Hardcore-Szene in Erie ist das Fehlen vernünftiger Auftrittsmöglichkeiten. Seit 1998 gibt es zwar einen coolen Laden namens For- ward Hall, in den sechshundert Leute passen, aber der hat schon sehr viele verschiedene Besitzer gesehen und wurde ziemlich heruntergewirtschaftet. Also haben mein Geschäftspartner Ryan und ich uns vor achtzehn Monaten gedacht: Warum überneh- men wir das Ding nicht einfach und geben ihn in die Hände der Szene? Es ist großartig, dass dort wieder etwas geht. Leider ist die Forward Hall ein bisschen zu groß für kleinere Konzerte, zu denen weniger als hundert Besucher kommen. 25 Kilometer südlich der Stadt gibt es einen weiteren Laden namens The Hangout, in dem eine Menge guter Shows stattfin- den, aber der hat einen religiösen Hintergrund, und ich habe gemischte Gefühle deswegen. Ich spiele dort mit meiner Band, aber ich bin der Meinung, es muss Alternativen dazu geben, weil nicht jeder etwas SMOKE AND MIRRORS mit Religion anfangen kann. Es gibt in der hiesigen Foto: Joshua Buck Szene zwar ziemlich viele konservative Christen, MY SCENE – ERIE, PENNSYLVANIA. Erie BROTHER’S KEEPER, DISEMBODIED, ANOTHER aber genauso viele Atheisten und Agnostiker. liegt zwischen Buffalo, Cleveland und Pittsburgh VICTIM und EXTINCTION waren einmal mehr als Ein anderes Problem sind Leute, die Alkohol auf an einem der Großen Seen, dem Lake Erie. Da es sechshundert Kids am Start, und wir haben jedem, Shows schmuggeln, was zu Problemen mit der Polizei sich um eine kleinere Stadt handelt, sind die Kon- der Eintritt bezahlt hat, eine Seven Inch geschenkt. führt, weil die Gesetzgebung in Pennsylvania diesbe- zerte hier immer gut besucht, weil die Kids wissen, Ich habe auch mal ein HATEBREED-Konzert ver- züglich sehr streng ist. Ich wünschte, die Kids würden dass es bei uns noch um die Musik und das Treffen anstaltet, das sich in ein riesiges Fiasko verwandelt den Scheiß einfach zu Hause lassen und die Show von Gleichgesinnten geht. Bei den Shows herrscht hat, weil die Security des Clubs versuchte, es abzu- genießen. Was sie danach machen, ist ihr Problem, immer eine tolle Atmosphäre. Zu den Bands, die im brechen. Am Schluss stand ich mit einem Rucksack aber einen ganzen Laden in Gefahr zu bringen, ist Moment die „Lake Effect Hardcore“-Flagge hoch- voller Waffen und einem Schlagstock auf der Bühne einfach egoistisch. Andererseits hat Erie auch eine halten, gehören WAR OF AGES, XREPRESENTX und und habe mich mit den Typen gezofft. Im Grunde lange Straight-Edge-Tradition. Unser Sänger und TASTE THE STEEL. Außerdem sind BITER und SIN- habe ich ihnen gesagt, dass sie sich verpissen sollen ich werden bald dreißig und sind immer noch dabei. KING SUN schwer im Kommen. Die beste Band, die und es gleich zu einer Ausschreitung kommt. HATE- Bei vielen meiner Freunde ist das inzwischen anders, jemals aus Erie kam, ist in meinen Augen SUMTHIN’ BREED haben schließlich fast eineinhalb Stunden aber es gibt in meinem Leben wichtigere Dinge, über TO PROVE. Die waren in den frühen neunziger Jah- lang gespielt. die ich mir Sorgen mache, als die Frage, ob meine ren aktiv und fuhren einen echt auffälligen Gangs- Gute Plattenläden gibt es in Erie eigentlich nicht Freunde straight edge sind oder nicht. Solange sie ter-Style. Mit Knarre im Hosenbund und dem ganzen mehr. Ich hatte mal eine Zeitlang einen namens Sur- ehrlich zu sich selbst sind und sich und andere nicht Programm. Mit deren Sänger, Mike Ski, habe ich spä- prise Attack Records, aber den musste ich dichtma- verletzten, werden wir immer Brüder sein. Womit ich ter bei BROTHER’S KEEPER gespielt. Seine Arbeits- chen, weil ich immer so viel auf Tour war und mich eher ein Problem habe, ist die Tatsache, dass viele moral war wirklich inspirierend. Er hat mich gelehrt, mehr auf mein anderes Geschäft konzentrieren meiner Freunde aus der Szene ihre künstlerischen dass man sein Schicksal selbst in die Hand nehmen wollte: Ink Assassins Tattoos & Piercings. Unter dem und musikalischen Talente nicht nutzen. Sie sind kann. Wenn man sich zurücklehnt und darauf wartet, Namen Surprise Attack Records habe ich die letzten einfach zu faul und haben es sich in der Sicherheit dass ein anderer die Arbeit für einen erledigt, kann vierzehn Jahre auch Singles, CDs und LPs herausge- ihres normalen Jobs bequem gemacht. Ich fände es man genauso gut aufgeben. bracht. Ende der Neunziger habe ich mit Veröffent- toll, wenn mehr Leute versuchen würden, in einem Im Laufe der Jahre haben in Erie viele gute Shows lichungen von lokalen Bands angefangen, danach Bereich Karriere zu machen, der ihnen wirklich etwas stattgefunden. Es ist fast unmöglich, eine bestimmte auch Platten von anderen Bands aus den USA und bedeutet. Wir brauchen mehr DIY-Unternehmen. herauszupicken. In den späten Neunzigern war bei der ganzen Welt gemacht. Ich habe mit DIE YOUNG, Man muss einfach nur den ersten Schritt machen Konzerten von XDISCIPLEX sowie BROTHER’S KEE- RISE AND FALL und AMBITIONS gearbeitet. Es macht und darf nicht locker lassen. PER immer eine Menge los. Bei einer Show von viel Spaß, aber ich habe kaum noch Zeit dafür. Eric Schauffele, SMOKE AND MIRRORS

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SICK OF IT ALL MY TRACKLIST. Zu behaupten, SICK OF IT ALL-Bassist Craig Setari wüsste nicht, worum es bei den Songs des im Frühjahr erscheinenden, neuen Albums seiner Band ginge, wäre falsch. Schlagzeuger Armand Majidi kennt die Texte lediglich ein bisschen besser. Aber das ist ja auch kein Kunststück, schließlich hat er viele davon eigenhändig geschrieben. Gut, ein, zwei Mal greift Setari tatsächlich etwas daneben, aber das kann vor lauter Vorfreude auf eine neue Platte der New-York-Hardcore-Legenden schon einmal passieren.

1) Death or jail. Setari:Dieser Song handelt von den vielen Freunden von uns, die auf die schiefe Bahn geraten und inzwischen entweder tot oder im Knast sind. Majidi: Es gibt tausende Dinge im Leben, die man nicht erklären kann. Zum Bei- spiel, warum sich Menschen für einen bestimmten Weg entscheiden. Sie wachsen mit Leuten auf, die aus guten Familien kommen, und haben eigentlich alle Mög- lichkeiten, aber sie werfen alles weg. Man kann nachvollziehen, wenn das jemand macht, der eine schreckliche Kindheit hatte, aber wenn es Liebe im Leben dieser Menschen gab, fragt man sich schon, was sie dazu gebracht hat, ihr den Rücken zu kehren. Vielleicht ist es fehlender Weitblick – auf jeden Fall lassen sie damit ihre Familien und Freunde sprachlos zurück. 2) The divide. Setari: Das ist Armands Machwerk. Seine Texte sind meist etwas kryptisch. Wir versuchen immer zu erraten, wovon sie handeln, aber normaler- weise haben wir keine Chance. Majidi: Dieser Song handelt von familiären Bezie- hungen, die ernsthaft Hilfe brauchen. Es leicht zu behaupten, mit manchen Leu- ten stimme die Chemie nicht, und ihnen aus dem Weg zu gehen, aber wenn man mit ihnen verwandt ist, wird das zu einer echten Herausforderung. Die Familie ist sehr wichtig, aber leider behandeln wir sie nicht immer so, wie wir sollten. Wenn ich im Flugzeug sitze und mich verletzlich fühle, erscheinen mir die Fehler und das schlechte Verhalten der anderen immer so unbedeutend. Dann wird mir klar, dass man ihnen mit Liebe anstatt mit Wut begegnen sollte. 3) Dominated. Setari: Hier geht es um die Kontrolle durch die Regierung, um die Neue Weltordnung und darum, dass man sich ihr nicht ergeben sollte. Nach dem Motto: Gib niemals auf, weiche niemals zurück. Majidi: In ihrem Bemühen, sich durchs Leben zu schmuggeln, sind manche Menschen dazu bereit, jeden Teil Foto: Lena Stahl ihrer Identität aufzugeben. Man könnte das als Erfolg und nicht etwa als Versa- 9) Lifeline. Setari: Dieser Song wurde von Lou geschrieben. Ich habe keine gen werten, doch jeder, der sich bereitwillig hinlegt, wenn er eigentlich aufste- Ahnung, wovon er handelt, obwohl er weniger kryptisch schreibt als Armand. hen sollte, verdient nicht viel Respekt. Man kann das Ganze auch in einem per- Majidi: Es ist manchmal echt verlockend, die Flinte ins zu werfen und eine sönlichen Zusammenhang betrachten: Jeder kennt jemanden, der in Unterwür- unbefriedigende Situation einfach zu akzeptieren. Aber man muss sich die Frage figkeit feststeckt. stellen, zu welcher Art Mensch einen das machen würde. Dieser Song handelt 4) A month of sundays. Setari: Hier geht es um die alten Tage im CBGB’s. Dieser davon, dass Wut und Leidenschaft Werkzeuge sind, um diesen Zwiespalt zu ver- legendäre Laden war Schauplatz unzähliger großartiger Shows. Mit diesem Song hindern und sich einen starken Sinn für Individualität zu bewahren. zollen wir ihm Tribut. Majidi: Die Hardcore-Matineen im CB’s haben uns während 10) Watch it burn. Setari: Manchmal muss man sich einfach sagen: „Scheiß unserer Teenager-Jahre bedeutend geprägt, und darüber haben wir in unseren drauf!“ Majidi: Es gibt Situationen, in denen man weiß, dass man einen Fehler Texten bisher nicht gesprochen. Wir haben während dieser Zeit so viel gelernt. begeht, ihn aber trotzdem macht. Wir sind zuweilen Sklaven unseres eigenen Die Gemeinschaft, von der wir ein Teil waren, war etwas wirklich Besonderes. Die- Selbstzerstörungstriebs. Wir leben mit diesen Dämonen und versuchen, sie im ser Song konzentriert sich auf all das Positive, das uns damals mit auf den Weg Zaum zu halten, aber wir haben nicht immer das letzte Wort. gegeben wurde. Wir wollen, dass der Geist dieser Zeit in der Hardcore-Szene auf 11) Waiting for the day. Setari: Die Anerkennung von Kritikern ist eine Hure. der ganzen Welt weiterlebt. Majidi: Falsch, Craig. Dieser Song handelt von Menschen, die nicht aufhö- 5) Braveheart. Setari: Den kennt ihr alle. „Now split this room in half!“ Majidi: ren wollen zu glauben, dass sich ihr Leben eines Tages tatsächlich verbessert. Wir spielen dieses Intro nun schon seit Jahren, wenn wir eine Wall Of Death vorbe- Man braucht viel Geduld, um mit den Problemen des Alltags fertig zu werden, reiten. Es ist wie Kriegstrommeln, die langsam und stetig schlagen, um Spannung also glaubt man, dass man irgendwann dafür belohnt wird, oder? Vielleicht wird aufzubauen. Und wenn es dann losgeht, herrscht pures Chaos. Unser Booker hat man das, vielleicht nicht – in der Zwischenzeit schadet es nicht, ein anständiges uns von seinen alten Tagen als Fußball-Hooligan erzählt – mit diesem Rhythmus Leben zu führen. haben sie immer ihre Gegner eingeschüchtert. 12) Long as she’s standing. Setari: Hier geht es um Englands Rolle im zwei- 6) Bent outta shape. Setari: Der hier handelt davon, an die Grenze des Erträgli- ten Weltkrieg sowie die Stärke und Widerstandsfähigkeit des menschlichen Geis- chen gebracht zu werden. Wahrscheinlich hätte jeder diesen Text schreiben kön- tes. Wir lassen uns nur selten von geschichtlichen Ereignissen inspirieren, dies nen, weil das ein Gefühl ist, das wir alle nur allzu gut kennen. Majidi: In einer gro- ist die Ausnahme. Majidi: In London war es Saint Paul’s Cathedral, in Stalingrad ßen Stadt wird man ständig durch die Worte und Taten anderer provoziert. Wenn das Getreidesilo – wie es scheint, schöpfen Menschen in schrecklichen Situatio- man einmal darüber nachdenkt, ist es unglaublich, dass nicht mehr Morde pas- nen Kraft aus bestimmten Gebäuden. Sie dienen ihnen als Symbol ihrer Mensch- sieren. Dieser Song hat für mich eine therapeutische Bedeutung: Er gibt meiner lichkeit. Dieser Song handelt davon, wie die unglückseligsten Menschen in den Vorstellungskraft die Freiheit zu töten. unglückseligsten Umständen sich selbst so weit wieder aufbauen, dass sie das 7) LCD. Setari: Hier geht es um Ignoranz und darum, wie weit sie verbreitet ist. Ruder komplett herumreißen können. Majidi: Wie es scheint, kriegen Großmäuler immer, was sie wollen. Leute mit ver- 13) Nobody rules. Setari: Du denkst, dass du besser bist als ich?! Majidi: Wir sind nünftigen Argumenten werden übergangen, weil sie nicht laut genug schreien. Tiere. Wir essen, schlafen, scheißen und machen Kinder. Das rufe ich mir immer Heutzutage ist es mit der Ignoranz so schlimm, dass Leute die blödesten Ideen wieder ins Gedächtnis, wenn ich Nachrichten schaue oder etwas über Geschichte mit Händen und Fußen verteidigen. Dieser Song handelt von dem Gefühl zu wis- lese. Was unterscheidet ein Tier vom anderen? Einbildung. sen, dass man das bessere Argument hat, aber am Ende trotzdem verliert. 14) Gone to ground. Setari: Dieser Song passt gut zu SICK OF IT ALL und unse- 8) Good cop. Setari: Das ist über unseren Freund Obama. Er mag nett lächeln, rer allgemeinen Einstellung. Wir kämpfen weiter, wir sind schwer zu stoppen, wir aber er spielt uns dieselbe alte Leier vor. Majidi: Wir mussten uns schon immer halten die Stellung. Majidi: Wenn man in richtig arme Gebiete reist, ist eines der vor falschen Propheten in Acht nehmen. Es gibt viel zu viele, die bereit sind, sich auffälligsten Merkmale das Fehlen der Mittelschicht und Arbeiterklasse. Es gibt diesem Mann hinzugeben. Zugegeben, er lässt sich gut vermarkten, aber solange nur ein paar Ultrareiche und eine ganze Menge Ultraarme. Wenn wir nicht auf- er eine der beiden großen politischen Parteien in unserem Land vertritt, wird die passen und die Unternehmen im Zaum halten, wird sich sehr bald die ganze Welt Politik von Unternehmen bestimmt und die Moral beiseite geschoben, damit die in dieser Zwickmühle befinden. Dahin scheint uns der Kapitalismus zu führen. Es Reichen noch reicher werden. ist an der Zeit, dass Mittelschicht und Arbeiterklasse ihr Überleben sichern.

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LABELMATES. „Ein Bart macht noch lange keinen Philosophen“, sagt ein lateinischen Sprichwort. „Aber ein Bart macht eine Band“, sagen HIS STA- TUE FALLS. „Ist doch gar nicht wahr“, sagen PARACHUTES. Doch keine Sorge: Auch nachdem sich beide Bands für das Fuze gegenseitig interviewt haben, kommen sie noch prächtig miteinander aus.

Fotos: Michael Gebhardt PARACHUTES interviewen HIS STATUE FALLS HIS STATUE FALLS interviewen PARACHUTES Frischfleisch auf Redfield Records und dann auch noch langjährige Weg- Zuerst einmal: Schade, dass Mick die Band verlässt! Wie läuft eigentlich gefährten von uns mit ihrer neuen Band. Da freuen wir uns doppelt. Wie eure Suche nach einem neuen Schlagzeuger und wie hoch ist das durch- kam es denn zur Zusammenarbeit mit Papa Rostock und seinem Label? schnittliche Monatsgehalt eures zukünftigen Trommlers, haha? Ja, es ist Zunächst einmal sei gesagt, dass wir uns sehr über die Zusammenarbeit mit Red- wirklich schade, aber wir respektieren Micks Entscheidung und unterstützen ihn field freuen. Wir sind der Meinung, dass wir auf diesem Label sehr gut aufgeho- natürlich bei allem. Die Frage nach dem Monatsgehalt haben uns schon ein Paar ben sind und alles sehr familiär ablaufen wird. Schon während der Produktion von Kandidaten gestellt, nur leider wollte sich keiner mit ein paar kalten Cheesebur- „Collisions“, unserem aktuellen, ersten Album, wurden uns Angebote von ande- gern und schalem Bier zufriedengeben. Die Resonanz auf die Drummer-Suche ren deutschen Labels unterbreitet, trotzdem wurde uns schnell klar, dass Redfield ist super, aber der richtige Mann war bisher leider noch nicht dabei. Wir sind wei- die perfekte Heimat für uns ist. Papa Kai macht eben den besten Job. ter am suchen und wollen den Neuen so schnell wie möglich präsentieren. Techcore? Da denken viele Leute an Kirmes meets Moshpit. Hau doch ein- Wie wir alle wissen, seid ihr ja wirklich „working whores“ ... äh ... „wor- fach mal ein paar Worte zur Erklärung raus. Der Name setzt sich folgender- king horses“. Wie schaut denn euer Fünfjahresplan aus? Wann kommt das maßen zusammen: „Tech“ von Techno, da das in unserer Musik einen sehr hohen nächste Album? Gute Frage! Wir konzentrieren uns momentan voll und ganz Anteil ausmacht, und „core“ von Screamo-/Moshcore, da wir auch viele Mosh- darauf, einen Schlagzeuger zu finden, und werden danach erst mal wieder aus- parts beziehungsweise Breakdowns verwurschteln. Im Prinzip sind wir eine Elec- giebig touren und spielen. Im Herbst suchen wir uns dann ein ruhiges Plätzchen tro-Mosh-Pop-Band mit sehr hohem Pop-Appeal, wobei das Hauptaugen- und fangen mit den Arbeiten zum Nachfolger von „The Working Horse“ an. merk auf den Melodien und dem Gesang liegt. Das mit dem Techno hat eigent- Apropos nächstes Album. Die beiden bisher auf Redfield veröffentlichten lich unser Gitarrist Christoph zu verantworten. Da er eingefleischter Tekker war haben ja Titel aus dem Tierbereich. Wie wird das nächste heißen? Hier Vor- und sich bestens in der Neunziger-Trance-Techno-Szene auskennt, kam er schläge unsererseits: „The Last Unicorn“, „The Crazy Frog“, „Babar, der eines Tages mit selbst gebauten Techno-Passagen an und fragte uns, ob wir die Elefant – Babar wird er genannt!“ Und so weiter. Das nächste Album wird aller irgendwie in unsere Musik einbauen könnten. Techcore war geboren. Voraussicht nach „Hubert The Hamster“ oder „Doctor Dolittle’s Rules For Break- Und mit wem geht ihr nun nächstes Jahr auf Tour? Mit SCOOTER oder downs“ heißen. Ein weiterer Arbeitstitel ist momentan aber auch noch „His Sta- ARCHITECTS? Da wir alle Tierliebhaber sind, kommen ARCHITECTS für uns nicht tue Falls“ ... der ist ja auch irgendwie animalisch, haha. in Frage, haha [siehe Fuze #15, Anm. d. Red.]. Wir haben Hans Peter von SCOO- Ihr wart dieses Jahr unter anderem mit THE DEVIL WEARS PRADA unter- TER schon angerufen. Es wird wohl auf die „Was kostet der Fisch denn jetzt wegs, habt auch sonst viele Shows gespielt und unter anderem schon mal wirklich“-Tour 2011 hinauslaufen. Ach so, und eure Mütter reisen mit und küm- das Leben als Musiker im Nightliner begutachten dürfen. Wie war es denn mern sich um unser leibliches Wohl, haha. so im Großen und Ganzen? Ich glaube, man kann hier gar nicht oft genug HIS STATUE FALLS, die bärtige Bande! Gerüchten zufolge steht ein Vertrag sagen, dass jede einzelne Erfahrung der letzten Jahre einfach der Wahnsinn über ein Gesichtshaarwuchsmittel-Endorsement kurz vor dem Abschluss. war. Besonders sind uns natürlich unsere allererste Tour mit CRASH MY DEVILLE Platte Paparazzi-Lügen oder knallharte Fakten? Was heißt hier „bärtige sowie die Touren mit ACROSS FIVE APRILS, CALLEJON und ALESANA in Erinne- Band“? Die bärtigste Band überhaupt! Jeder sollte sich einen Bart wachsen las- rung geblieben. Und natürlich die Shows, die wir mit euch gespielt haben. sen. Im Winter hält er warm und im Sommer spendet er genügend Schatten für Warum habt ihr eigentlich keine Bärte, ihr Kleinkinder? Werdet ihr etwa von das Gesicht. Bei dem Gerücht über das Gesichtshaarwuchsmittel-Endorsement Gillette gesponsert? Wo nichts wächst, kann man nichts rasieren. Wir schieben handelt es sich allerdings tatsächlich um eine Fehlinformation. Wir bringen statt- immer alles auf einen Gendefekt oder vorzeitigen Haarausfall in der Gesichtsre- dessen nächstes Jahr ein eigenes Gesichtshaarwuchsmittel auf den Markt. gion. Besser Nacktmull als Gorilla, haha.

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06-15Fuze20.indd 14 11.01.10 07:54 Foto: Jess Baumung ALL TIME LOW FIREWORKS MY FRIENDS @ MYSPACE. „Wer glaubt, dass MY ARTWORK. Ein cooles Artwork ist immer jeder Facebook-Kontakt ein Freund ist, der weiß ein schöner Bonus – man kauft die Musik und nicht, was Freundschaft bedeutet“, hat Face- bekommt dazu ein Stück Kunst. Durch das Art- book-Erfinder Mark Zuckerberg gesagt. Für work versteht der Hörer die Band und ihre Botschaft MySpace gilt dasselbe, wie der folgende Text von besser. Aber es muss ehrlich und darf nicht aufge- ALL TIME LOW-Sänger Alex Gaskarth andeutet. setzt sein. Wenn wir zum Beispiel das Artwork und die Musik veröffentlicht hätten, wie wir es jetzt getan EVERY AVENUE. Unsere Tour-Verbündeten. Sie haben, und dann würden die Leute sehen, dass wir haben gerade erst ein tolles Album namens „Pic- eine dieser neonfarben angezogenen Fashion/Hair- ture Perfect“ veröffentlicht und sehen auf Promo- Bands wären, würden sie sich verarscht vorkommen. fotos immer sehr fesch aus. Wir haben schon mehr Wenn man jedoch sich selbst gegenüber ehrlich ist als einen wilden Abend miteinander verbracht. Sie und nur das macht, was man auch machen will, dann waren sogar so nett, über unseren Kühler zu uri- passt automatisch alles zusammen. Letztendlich nieren, als der Motor unseres Vans eingefroren war, geht es aber vor allem um die Musik, und wenn man haha. Trotzdem werden wir sie bis zum Tod lieben. mag, was man hört, ist das alles, was zählt. WE THE KINGS. Mit denen sind wir schon länger Das Artwork unseres Debütalbums „All I Have To befreundet. Travis und seine sexy Frisur erstaunen Offer Is My Own Confusion“ war eine gemeinschaftli- uns immer wieder. Bei der letzten Tour hat er uns che Entscheidung der Band. Uns war von Anfang an jeden Abend so ein komisches Gebräu serviert. Es klar, dass wir ein richtiges Foto auf dem Cover haben bestand meist aus irgendwelchen Schnäpsen, Gum- wollten. Wir wussten nur nicht genau, was für eins. mibärchen und anderem Zeug, das er im Backstage- Also setzten wir uns zusammen und kamen auf die Bereich gefunden hatte. Idee mit dem Typen und der Wolfsmaske. Damit sind THE FRIDAY NIGHT BOYS. Wir sind in derselben wir dann zu CJ Benninger gegangen. CJ lebt wie wir Ecke aufgewachsen. Sie sind aus Virginia, wir aus in und arbeitet als professioneller Foto- Baltimore. Wir kennen uns also schon eine Weile. graf. Ich kenne ihn schon länger, als es FIREWORKS AMELY. Mit denen haben wir kürzlich in Pennsylvania gibt, und habe ihn zum ersten Mal an der Highschool gespielt. Ich wünschte, es gäbe darüber eine lustige getroffen. Seitdem ist er ein sehr guter Freund von Geschichte zu erzählen, aber wir haben an dem Tag mir. Er war schon immer unser Mann, wenn es um nicht viel Zeit miteinander verbracht. Fotos ging, schließlich ist er sehr gut in seinem Job. SET YOUR GOALS. Mit denen haben wir sowohl in Es ist sehr cool, mit ihm zu arbeiten, und noch coo- Übersee getourt als auch einige Male bei der War- ler, mit ihm rumzuhängen. Außerdem ist er sehr, ped Tour gespielt. In Houston, Texas ist einmal ein sehr attraktiv und seit kurzem verlobt, wozu ich ihm Auftritt wegen Regens ausgefallen, also haben SET herzlich gratulieren möchte. Seine Frau zu sein, ist YOUR GOALS eine Show in einem Club in der Stadt bestimmt ein großes Glück. Ich hoffe, die beiden gespielt. Viele der Bands der wollten adoptieren mich, sobald sie den Bund fürs Leben sich diese Party nicht entgehen lassen, also haben geschlossen haben. SET YOUR GOALS Gruppen von fünfzehn bis zwan- CJ schlug vor, das Foto auf einem vereisten, ein- zig Leuten in ihren Van gepackt und sie zum Venue samen Feld zu machen, um damit unsere Her- gefahren. Dabei passen in ihr blaues Vehikel, das ein kunft aus dem Mittleren Westen zu zeigen. Wir fan- bisschen aussieht wie ein Eiswagen, maximal acht den den Vorschlag super und haben es so gemacht. Personen. Überall waren Körperteile, und wer bis Das Innere des Booklets zeigt den Wolftypen dann dahin keine Platzangst hatte, war damit spätestens in verschiedenen Situation, die zu den Texten des seit diesem Moment gestraft. Albums passen. Alle Innenaufnahmen wurden übri- HOL DIR DEIN THRASH UNREAL. Das scheinen ganz witzige Jungs gens in meinem Haus gemacht. Die Idee, die hin- WINTEROUTFIT zu sein, und wir sind Fans ihrer Musik, aber wir haben ter dem Artwork steckt, ist folgende: Der Typ mit der mit ihnen noch nichts erlebt, das so interessant Maske steht für die im Titel der Platte erwähnte Kon- wäre, um es hier zu erzählen. fusion. Ein Kerl auf einem trostlosen Feld, der eine RUNNER RUNNER. Das ist ganz sicher die heißeste Wolfsmaske trägt und mit einem Stock in der Erde Band, die es gibt – bezogen auf das Aussehen. Wir herumstochert, versinnbildlicht Verwirrung ganz gut, kennen diese Jungs schon ewig. Früher haben sie denke ich. Mehr verrate ich aber nicht. Ich will, dass in einer Band namens OVER IT gespielt, mit der wir sich die Leute die Bilder anschauen und sich einen damals eine unserer ersten US-Touren gemacht eigenen Reim darauf machen. Wer wissen will, wer haben. Zu ihren Liedern kann man super tanzen – der Typ wirklich ist, muss sich folgende Frage stel- oder heulen. len: „Wer ist Baloni?“ Alex Gaskarth, ALL TIME LOW Kyle O’Neil, FIREWORKS

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06-15Fuze20.indd 15 11.01.10 07:54 ALKALINE TRIO EINMAL MAINSTREAM UND ZURÜCK. Ach, wäre die Welt doch endlich einmal gerecht. Dann hätten ALKALINE TRIO min- destens so viel Erfolg wie TOKIO HOTEL. Immerhin haben die drei Amerikaner die Schublade des todesaffinen Herz-Schmerz-Rock so weit auf- gezogen, dass da genügend Platz für vier Magdeburger Ossis und hunderttausende schwarz gekleidete Epigonen ist. Doch all das geschah, ohne dass die Band eine angemessene Würdigung erhielt – weder eine ordentliche Tracht Prügel von den großen Jungs noch unglaublich viel Geld von kreischenden Teenagern. Die Sache mit dem Mainstream ist eben nicht ihr Ding. Aber das muss man ja auch erst einmal lernen.

Im Februar dieses Jahres veröffentlichen ALKA- das einzige noch aktive Gründungsmitglied der erfolgreicher Genre-Kollegen wie AFI und MY LINE TRIO ihr siebtes Album: „“, Band seit mehr als einer Dekade Eingängigkeit CHEMICAL ROMANCE trug die Band ihre düste- aufgenommen in Matt Allisons Chicagoer Atlas und Punkrock, Depression und Liebe, Kommerz ren Emo-Punk-Hymnen sogar ganz weit in den Studio. Das ist allein schon deshalb bemer- und Integrität in seinen Songs. Und das macht er Mainstream. Skiba wurde ein Rockstar, zumin- kenswert, weil es genau dort war, wo einst alles besser als die meisten seiner Kollegen. dest im Kleinen. Und die Luft, die er da schnup- begann. Zwölf Jahre ist das mittlerweile her. pern durfte, schien ihm so sehr zu gefallen, Zwölf Jahre, in denen sich ALKALINE TRIO kaum, Emo-Punk, eine schnulzig-schwulstige Spiel- dass er sich dazu hinreißen ließ, das mit dem die Musikwelt sich aber sehr wohl verändert art des Pop-Punk, war die ersten Jahre nach Bekanntwerden einmal so richtig auszuprobie- hat. Wenn heute Bands mit Gothic-Image und der Jahrtausendwende das beherrschende ren. Punkrock-Sound ihr Geld verdienen, sich Teen- Thema der Szene – und Skiba einer ihrer Könige. ager die schwarzen Haare theatralisch aus dem Gekonnt wechselte er mit seiner Band von MTV- 2007 engagierten ALKALINE TRIO den Hit- Gesicht streichen und nur durch Kompatibilität zu Split-Singles mit Bands wie Produzenten Josh Abrahams, um gemeinsam den massiven Einsatz eines Kajalstifts wieder und zurück. Alben wie „Good mit ihm ein neues Album aufzunehmen. Dass Erfolg haben, liegt das zumindest zu einem klei- Mourning“, „From Here To Infirmary“ und das Abrahams ein Händchen für chartkompatible nen Teil auch an . Immerhin verbin- unglaublich starke „Crimson“ unterstrichen die- Songs hat, weiß die gesamte Musikwelt spätes- det der Textschreiber, Sänger und Gitarrist sowie sen Ausnahmestatus. Im Windschatten ultra- tens seit dem Megahit „Butterfly“ von CRAZY

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16-17Fuze20.indd 16 11.01.10 07:56 Im Gegensatz zu Matt Skiba gibt sich Bassist weniger bedeckt, wenn es um die MISSGLÜCKTE ZUSAM- MENARBEIT MIT SONY geht – nachzulesen in der kommenden Ausgabe des Ox-Fanzine: „Die bei Sony waren ja alle nett zu uns und dachten, sie helfen uns mit ihrer Art zu arbeiten. Aber wir machen die Band nun schon ein paar Jahre und wissen, was gut für uns ist und wie das Geschäft funktioniert. Letztlich haben die entscheidenden Leute bei Sony nicht verstanden, wo wir herkommen und wie wir arbeiten. Und wenn so jemand dann versucht, dir zu erklären, wie man es richtig macht, wird es schwierig. Bei einer Band, die neu im Geschäft ist, mag das vielleicht funktionieren, aber nicht bei einer, die es seit elf Jahren gibt. Die bei Sony hatten keine Ahnung davon, was unsere Band überhaupt erst erfolg- reich – oder zumindest beinahe erfolgreich – gemacht hatte. Mit der Folge, dass wir irgendwann nichts mehr von dem, was sie uns sagten, ernst nehmen konnten. Wir hatten da wirklich jede Menge unnötigen Scheiß am Laufen und viele sinnlose Diskussionen und waren froh, als das hinter uns lag.“

Mainstream zumindest ein bisschen den Rücken LINE TRIO „This Addiction“ nun auf einem eige- zu kehren und sich auf alte Stärken zu besinnen. nen Label. Heart & Skull heißt die kleine Platten- Die Songs sollten endlich wieder organisch klin- fi rma. Der Name spielt auf das Logo der Band an, gen. Ganz so, wie sie es früher getan hatten. Die ein Totenkopf in einem Herz. Band ermächtigte sich, wenn man so will, wieder ihrer eigenen Kraft. Die Entfremdung im Zuge Da Skiba und seine Kumpels mittlerweile zwar der Mainstreamisierung wurde, wenn auch nicht ein wenig Ahnung davon haben, wie das Musik- gänzlich umgekehrt, so doch zumindest vorläu- business so funktioniert, aber eben keine wirkli- fi g gestoppt. chen Manager sind, gingen sie ein Joint-Venture mit einem absoluten Profi ein. , Noch während der Tour schnappten sich Skiba Inhaber des Mega-Indies , bot und Bassist Dan Andriano ihre Laptops und ALKALINE TRIO an, mit ihrem Label in die exklu- Gitarren, um Songs zu schreiben. Sobald das sive Runde seiner Sublabels einzusteigen. Direkt Gerüst stand, wurde jede freie Minute vor einem mit der ersten Veröffentlichung darf Heart & Konzert genutzt, um die neuen Lieder gemein- Skull jetzt also in einem Atemzug mit ANTI- oder sam zu spielen und im Gefüge der Band auszu- genannt werden. Nicht schlecht probieren. Große Arrangements sollten es die- für einen Branchenneuling. Für Skiba bedeutet ses Mal nicht sein, vielmehr ging es um eine das zwar, dass ein Teil der Gewinne abfl ießt, aber Rückbesinnung auf die eigene Band, die immer- auch, dass er sich auf die Expertise der Profi s hin das Wort Trio im Namen trägt. Solche Dreier- von Epitaph und Hassle (die das Album in Europa Konstellationen haben einen ganz speziellen herausbringen) verlassen kann und dennoch Charme, dessen sich die Band wieder bedienen komplette künstlerische Freiheit genießt. wollte. Zusätzliche Gitarren, übermäßiger Elek- tronikspielkram und opulente Streicherarran- Mit dieser Geschäftsgrundlage und einem Album gements standen nicht zur Debatte. Stattdes- im Rücken, das sich eindeutig auf das beruft, sen drehte sich alles um Band und Songs, um ein was die Band schon immer auszeichnete, kann klassisches Power-Trio mit klassischen Power- eigentlich gar nichts mehr schiefgehen, möchte Songs. Ein einfaches wie schlüssiges Konzept. man meinen. Den Status von MY CHEMICAL ROMANCE oder TOKIO HOTEL werden ALKALINE Schnell fanden sich elf Songs, die es auf das TRIO mit ihrem eigenen kleinen Label wohl nicht nächste Album schaffen sollten. Ein Auswahl- mehr erreichen, aber vielleicht hat Skiba diesen prozess kann bei drei Leuten eben fl ott über die Traum ja schon nach „Agony & Irony“ still und Bühne gehen. Um den neu geschriebenen Lie- leise begraben. Einen Versuch war es immerhin dern auch produktionstechnisch gerecht zu wer- wert. Nur so kann die Band jetzt wieder befreit den, griffen ALKALINE TRIO auf einen bekann- aufspielen und allen zeigen, wo ihre eigentlichen ten Musikertrick zurück: alt klingt besser. Und Stärken liegen: in kleinen Punkrock-Perlen, die seien es nur der alte Produzent und das alte Stu- mit einem Hauch Ironie und einer ordentlichen dio. Anstatt also wieder einen Hit-Produzenten Kelle Melancholie genau ins Herz zielen – wenn an die Regler zu lassen, buchten sie Studiozeit auch nicht in das der ganz großen Masse. bei ihrem alten Freund Matt Allison in . Der hatte schon die ersten drei Alben der Band Sollte all das scheitern, sollte sich die Rückbe- aufgenommen und so maßgeblich zu Klangfi n- sinnung als Stolperstein herausstellen – selbst dung und Band-Werdung beigetragen. Seinen dann wäre Matt Skiba jedoch nicht wirklich Foto: Rolf Fassbind (rabbitriot.net) Stempel trägt die Band bis heute – jetzt wollte unglücklich. Er hat schließlich einen Plan B. Seit TOWN. Doch leider ging die Zusammenar- sie endlich auch wieder so klingen. Im Studio galt Jahren schon schaut er eigentlich lieber Filme, als beit mit dem Hit-Schmied nicht so auf, wie sich dann die Devise: weniger ist mehr. Skiba verzich- Musik zu hören. Damit einhergehend beschäftigt die Band das erhofft hatte. Heraus kam 2008 tete darauf, die Songs mit Gitarrenlinien zu über- er sich intensiv mit Filmmusik und träumt davon, das wohl schwächste ALKALINE TRIO-Album, frachten und beschränkte sich auf das Wesentli- eines Tages den Score für einen Film schreiben „Agony & Irony“. Kritiker und Fans bemerkten che. Overdubs, Hintergrundmelodien und ande- zu dürfen. Entsprechende Anfragen gab es bis- schnell, dass sich die Band hier zu sehr an den ren Schnickschnack verbat er sich selbst. lang zwar noch nicht, aber das hängt wohl auch Mainstream anschmiegte und auffällig Richtung mit Skibas vollem Terminkalender zusammen. Charts schielte. In ebendiesen war die Band dann ALKALINE TRIO möchten sich mit jedem neuen Für die Zeit nach der Band werde sich schon zwar auch vertreten – in der ersten Woche nach Album weiterentwickeln. Das ist der Anspruch. irgendetwas ergeben, ist er sich sicher. Kontakte seiner Veröffentlichung landete das Album auf Dass die Weiterentwicklung bei „This Addic- habe er schließlich genug. Vielleicht wird die- Platz 13 der Billboard Top 100 –, doch so rich- tion“ einen Bogen zu den Anfangstagen der ser Traum tatsächlich irgendwann einmal Rea- tig zufrieden war niemand. Auch Skiba nicht, der Band schlägt, sieht Skiba dabei nicht als Prob- lität. Es muss ja nicht gleich die Musik für einen das heute im Interview zwar nicht direkt zugeben lem. Es sei einfach an der Zeit gewesen, schließ- Hollywood-Blockbuster sein. Eine kleine, char- mag, es aber zumindest andeutet. lich könne auch Rückblick Fortschritt sein. Doch mant-düstere Romanze würde sowieso viel bes- diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Sie ser passen, fi ndet Matt Skiba. Gelernt ist gelernt Nur mit dieser Unzufriedenheit ist zudem zu geht Hand in Hand mit weiteren kleineren und – und Mainstream eben nicht alles. erklären, wie es zu der aktuellen Kehrtwende größeren Veränderungen im Kosmos des Trios. Carl Jakob Haupt kommen konnte. Auf „This Addiction“ klingen Der musikalische Bruch mit dem Vorgängeral- ALKALINE TRIO ganz bewusst rauer als noch auf bum manifestiert sich beispielsweise auch wirt- ALKALINE TRIO den beiden Vorgängern. Während die Band im schaftlich. Während „Agony & Irony“ noch auf This Addiction vergangenen Jahr durch Europa tourte und sich dem Major-Label Epic Records, einem Subla- (Heart & Skull/Hassle/Soulfood) wie so oft im Bus langweilte, reifte der Plan, dem bel von Sony, erschien, veröffentlichen ALKA- alkalinetrio.com

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16-17Fuze20.indd 17 11.01.10 07:56 Fotos: Arkadiusz Goniwiecha SMOKE BLOW SO ETWAS ÄHNLICHES WIE HARDCORE. Ursprünglich ist Norman alias MC Straßenköter bei SMOKE BLOW eingestie- gen, weil Daniel alias Jack Letten „auf der Bühne nicht so außer Puste kommen wollte“. Doch auch in Interviews ergänzen sich die beiden Sän- ger der Kieler „Schimmel-Rock-Band“ ausgesprochen gut. Schließlich kommen sie ursprünglich aus derselben Szene – und zu der kehren sie mit ihrem neuen Album eindrucksvoll zurück.

Stellt euch doch mal gegenseitig vor. Was schätzt ihr sonst noch aneinander? Gesangsparts übernommen und seine ersten MC Straßenköter: Neben mir sitzt Jack Letten MC Straßenköter: Ich schätze Lettens Ehr- beiden Songs alleine geschrieben. Ich war völ- alias Daniel Anatol, Sänger und Kopf von SMOKE geiz, sein Gehör und sein Gespür für Melodien. lig überrascht, als ich im Studio saß und er sei- BLOW. Ich habe ihn schon Jahre, bevor die Band Und seine Ideen, bei denen ich mir oft denke: „Da nen ersten eigenen Song eingesungen hat. Ich gegründet wurde, als eigenbrötlerischen, nicht hätte ich auch drauf kommen können.“ Aber er dachte: „Das kann ja nicht angehen, was zau- immer gut gelaunten, aber doch ... ist halt immer schneller als ich. bert der da raus?“ Er ist mit einer Frische an das Jack Letten: ... liebenswerten ... Jack Letten: Es ist ja so, dass ich immer das Material rangegangen, die ich längst nicht mehr MC Straßenköter: ... aber doch liebenswerten Gesicht von SMOKE BLOW war und von außen als habe, weil ich das schon so lange mache und zu und charmanten Menschen kennen gelernt. der Obermacker angesehen wurde. Ich rechne es verkopft bin. Und er hat es einfach rausgefeuert. Jack Letten: Da hast du ja gerade noch die Norman ganz hoch an, dass er sich da über die Das hat der neuen Platte viel gebracht. Kurve gekriegt. Okay, jetzt ich. Ich habe MC Stra- Jahre durchgebissen hat, obwohl es nicht einfach Ihr habt ja schon immer betont, dass ihr aus ßendöner alias Norman aus Rendsburg zum ers- war, als zweite Geige in die Band einzusteigen. dem Hardcore der achtziger Jahre kommt, ten Mal gesehen, als er etwas teilnahmslos vor MC Straßenköter: Ja, das stimmt. allerdings war das noch nie so offensichtlich der T-Stube stand. Ein Jahr später haben wir uns Jack Letten: Er ist da echt ganz schön mit Kacke wie auf eurem neuen Album. Warum diese dann über das Skaten kennen gelernt. Er hat beworfen worden. Aber er hat das wirklich sto- nach der letzten Platte doch recht überra- ADS/ADHS, ist aber ansonsten sehr, sehr lie- isch ertragen und sich über die Jahre immer mehr schende Rückkehr zu euren musikalischen benswert und eloquent. Und manchmal etwas seinen eigenen Stil erarbeitet. Wurzeln? verpeilt ... Wie hättest du dich denn an Normans Stelle Jack Letten: Das mit Hardcore ging bei uns Mitte MC Straßenköter: Das liegt aber auch an die- verhalten? der Achtziger los. So ’86, ’87, denke ich. Damals ser Krankheit. Jack Letten: Ich hätte das nicht durchgestan- war gerade europäischer Hardcore angesagt. Jack Letten: ... aber das liegt an dieser Krank- den. Ganz sicher nicht. Der Druck, der da auf Bands wie NEGAZIONE aus Italien, SO MUCH heit. ihm lastete, war riesig. Am Anfang kamen dau- HATE aus Norwegen, CROWD OF ISOLATED aus MC Straßenköter: Ich nehme halt diese Tablet- ernd Sprüche wie: „Was soll das denn, Let- Deutschland oder HERESY aus England. Das ten nicht. ten? Du brauchst doch keinen zweiten Sän- ist die Szene, aus der wir kommen. Wir muss- Jack Letten: Man ist immer wieder überrascht, ger. Du bist doch ein so geiler Sänger.“ Aber er ten das irgendwann einfach machen: eine Hard- was er aus seinem Gehirn herauszaubert. hat das irgendwie durchgezogen und sich seine core-Platte, bei der wir genau diese Einfl üsse MC Straßenköter: Partywissen. Position erkämpft. Er hat über die Jahre immer von Mitte der Achtziger bis Mitte der Neunziger Jack Letten: Nein, nein, du bist schon ein sehr mehr gemacht und sich weiterentwickelt. Auf verwursten. Als es damals losging mit den ersten schlauer Mensch. der neuen Platte hat er erstmals die Hälfte der kleinen Metal-Einfl üssen im Hardcore, als man damit begann, geschmäcklerisch Metal hinzu- „Ich fi nde es manchmal echt heftig, dass Kiddies, die weder Hardcore noch Metalcore noch Emocore hören, mit einem nehmen, ohne Metalcore zu sein. Hardcore-Styling rumlaufen. Mit Sachen, die du Ende der Achtziger gesehen hast. Ich sehe das zum Beispiel bei mei- Wie war das, als ihr damals zum ersten Mal ner Tochter. Die ist zwölf, trägt enge schwarze Hosen und Vans, aber kann mit der Musik überhaupt nichts anfangen. mit Hardcore in Berührung gekommen seid? Aber das wird schon noch kommen. Ich werde ihr das schon noch einprügeln, haha. Als sie noch ganz klein war, habe Gab es so etwas wie ein Schlüsselerlebnis? ich sie schon einmal auf die Bühne geholt, als wir in der Ostseehalle in Kiel im Vorprogramm der ÄRZTE gespielt haben. Jack Letten: Bei mir war es ganz klar ein Kon- Davon erzählt sie immer noch. Das hat sie schon beeindruckt. Aber im Moment fi ndet sie alles noch ein bisschen affi g. zert von NEGAZIONE. Ich hatte damals einen Dieses ganze Getue, WENN DER ALTE VOGEL SICH DA ZUM HORST MACHT.“ Jack Letten alias Daniel alias Horst arbeitet im richtigen Leben als Erzieher in einem Kindergarten.

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18-19Fuze20.indd 18 10.01.10 20:50 Klassenkameraden, der schräg versetzt wurde wenigen Leuten so in seine Musik reinknien und Obwohl MC Straßenköter nach eigenem Bekunden nur und zu uns in die Klasse kam. Das war ein klas- eine solche Power entwickeln kann. In diesem noch phasenweise Hardcore hört und sich nicht mehr sischer Thrash-Metal-Typ. Der sah aus wie Mille Moment habe ich beschlossen: „Ja, geil, da habe eingehend mit der Szene beschäftigt – eine aktuelle von KREATOR, mit Kutte und allem. Der hat mich ich Bock drauf.“ Band hat es ihm besonders angetan: „Momentan fi nde in diese ganze Thrash-Metal-Geschichte ein- Trotz eurer musikalischen Wurzeln wart ihr ich GALLOWS ziemlich klasse. Diesen auch von Bands geführt, was ich auch total super fand. Eines nie fester Teil einer Szene. Ihr habt euch wie BLACK FLAG oder BL’AST beeinfl ussten Stil in dieser Abends saßen wir zusammen und er meinte: stattdessen immer irgendwie zwischen die Produktion zu hören, das hat schon was. GALLOWS sind „Heute spielt in der Alten Meierei in Kiel eine Stühle gesetzt. aggressiv, fi nster und dafür, dass sie auf einem Major sind und erst einmal ordentlich abkassiert haben, verdammt Hardcore-Band. Das ist so etwas Ähnliches wie Jack Letten: Ganz am Anfang hat man uns der mutig. Und außerdem eine super Live-Band.“ Metal. Da könnten wir doch mal hingehen.“ Als Stoner-Rock-Szene zugeordnet, obwohl wir wir ankamen, haben NEGAZIONE noch Sound- damit eigentlich gar nichts zu tun hatten. Dann check gemacht. Die ganzen Leute waren schon waren wir eine Rock’n’Roll/Arsch-Rock-Band, Jack Letten: Wir waren ja nie irgendwo zu drin, weil es Winter war und eiskalt. Das war die anschließend sind wir zur Punk-Band geworden, Hause. Für uns gibt es eigentlich ja keine Szene. Initialzündung. Die hatten diese gewisse Portion und jetzt sind wir eine Hardcore-Band. Wir sind MC Straßenköter: Ich war jahrelang auf Hard- Coolness – auch im Styling –, das hat mir einfach alles. core-Konzerten und habe mir alles reingepfi ffen, noch ein bisschen mehr zugesagt als die Thrash- MC Straßenköter: Wir sind schizophren. was bei uns in der Gegend spielte. Irgendwann Metal-Geschichte. Von da an wollte ich nur noch Waren das eine bewusste Entscheidung oder habe ich gemerkt, dass jede Sparte, jede Band auf Konzerte. eher Zufall? ihr eigenes Politikum hat. Ich fand es furchtbar Und wie war das bei dir? Jack Letten: Das ist einfach so passiert, weil anstrengend, in der Szene zu agieren und die- MC Straßenköter: Im Stadtpark in Rendsburg wir immer wieder Lust hatten, etwas Neues zu sen Unity-Gedanken aufrecht zu erhalten, wenn ist die T-Stube, ein relativ bekannter Laden für machen, um die Sache für uns spannend zu hal- sich alle immer nur gegenseitig ans Bein pissen Punk und Hardcore. In der Nähe davon hatten wir ten. Es kann sein, dass uns die neue Platte in und die Szenepolizei neben dir steht. Wenn du eine Rampe, und da waren wir abends skaten. So einem Jahr total langweilt, und dann muss ich damals mit einem Bier auf einem Straight-Edge- gegen acht Uhr hörte ich Musik aus dem Laden, irgendetwas anderes ausprobieren. Wir sind wie Konzert warst, hattest du auch schon mal ganz den ich davor nur vom Hörensagen kannte. Mutti eine Nussschale, die auf dem Meer treibt und schlechte Karten. Das war echt noch eine ganz hatte mich noch gewarnt: Da wird gekifft und so immer wieder an neue Ufer gespült wird, wo es andere Nummer. Mittlerweile ist es ja toleranter weiter. Ich bin also reingegangen – ich war drei- etwas Neues zu entdecken gibt. Das verarbei- – dank Metalcore, haha. zehn Jahre alt und hatte zuvor höchstens mal ten wir dann auf unsere eigene Art und Weise, Thomas Renz MISFITS gehört –, und obwohl der Laden recht und so entstehen irgendwie unsere Platten. Aber klein ist, war er relativ schlecht besucht. Doch die grundsätzlich sind wir eine Schimmel-Rock- SMOKE BLOW Band, die da spielte, RICH KIDS ON LSD aus Kali- Band, die vom Hardcore kommt. The Record fornien, hat mich einfach weggeblasen. Ich hatte Es hätte ja auch sein können, dass euch die- (PIAS/Rough Trade) so etwas noch nie gesehen: wie man sich vor so ses ganze Szene-Ding nervt. smokeblow.de

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18-19Fuze20.indd 19 10.01.10 20:50 trieb, die also selbst etwas auf die Beine gestellt haben. Aber es ist trotzdem kaum etwas pas- siert.“ Wenn der Erfolg sich schon nicht von alleine einstellt, hätten DIORAMIC ja auch ein- fach touren können. Aber auch das hat nicht geklappt, warum eigentlich? „Ich verstehe ja selbst nicht, woran es gelegen hat! Wir waren einfach zu jung und hatten die falschen Kon- takte. Es gab in Kaiserslautern einfach absolut niemanden, der uns hätte helfen können. Es ist ein schwarzes Loch!“

Die Sache mit den Kontakten sollte sich schlag- artig verbessern, als DIORAMIC den Roadie von BLACKMAIL kennen lernten, der die Dinge für die Band in Bewegung setzte: „Er hat halt irgend- wann angefangen, seiner Band von uns vorzu- schwärmen. Daraufhin haben wir dann auch mal in Koblenz, der Heimatstadt von BLACKMAIL, gespielt, und Kurt [Ebelhäuser, Gitarrist der Band und bekannter Produzent der deutschen Indie- Szene] kam zur Show, und wir haben uns mit ihm super verstanden. Daraufhin hat er uns einfach so die Möglichkeit gegeben, in seinem Studio ein paar Songs aufzunehmen. So ist im Grunde die Platte entstanden – nur durch Kurt, weil er unsere Musik mochte und uns helfen wollte.“

Die Songs auf „Technicolor“ sind dabei teilweise schon vier Jahre alt. Und da die Band in den Jah- ren vor den richtigen Kontakten nicht auf der faulen Haut gelegen, sondern die Zeit produk- tiv genutzt hat, um weiter an ihrem Ziel zu arbei- ten, eines Tages von der Musik leben zu können, ist das nächste Album bereits fertig geschrieben. Doch nicht nur das – die drei Musiker haben sich neben der Band ein zweites Standbein geschaf- fen. Zwei, um genau zu sein: „Wir haben ein eige- nes Tonstudio gebaut und eröffnet und arbeiten daneben alle als Musiklehrer.“ Mit diesem musik- DIORAMIC Christian Bardenhorst (stereokultur.com) Foto: theoretischen Background verwundert es nicht, dass der Bassist die musikalische Entwicklung RAUS AUS DEM SCHWARZEN LOCH. Vor sieben Jahren gründen die bei- seiner Band noch lange nicht als abgeschlos- den Brüder Arkadi und Anton Zaslavski zusammen mit ihrem Schulfreund Jochen Müller eine sen betrachtet – dafür sind die eigenen Ansprü- Band namens DIORAMIC. Sie sind damals gerade einmal dreizehn, vierzehn Jahre alt, schrei- che viel zu hoch: „Wir alle haben ein klassisches ben Songs, proben und spielen kleinere Konzerte. Drei Jahre später gewinnen sie einige wich- Instrument gelernt und unterrichten Musik. Des- tige Nachwuchswettbewerbe, bekommen einen Plattenvertrag, spielen auf wichtigen Festi- wegen kennen wir uns auch einigermaßen gut vals und veröffentlichen eine EP und ein Album. Alles sieht nach einer unaufhaltsamen Karri- in den klassischen Regeln der Musikkomposi- ere aus. Doch dann passiert vier Jahre lang erst einmal gar nichts. tion aus, etwa in der Harmonielehre. Aus diesem Bewusstsein heraus schreiben wir auch unsere Bis jetzt. Denn nun erscheint mit „Technicolor“ Der andere Grund, warum DIORAMIC quasi als Songs. Wir nennen es Art-Core, weil wir sehr das zweite Album von DIORAMIC, und auf die- Newcomer angesehen werden, obwohl sie schon stark von Bands der Art-Rock-Szene wie GENE- sem ruhen die Hoffnungen der drei ehrgeizigen sieben ereignisreiche Jahre als Band auf dem SIS und KING CRIMSON inspiriert sind und deren Musiker, die endlich mit ihrer Musik durchstar- Buckel haben, ist ihre Herkunft. Kaiserslautern, Ideen in einem modernen Kontext wieder auf- ten wollen. Ein Grund, warum es erst jetzt richtig eine kleine Stadt in Rheinland-Pfalz mit nicht greifen.“ losgeht, ist sicherlich das Alter der Bandmitglie- einmal 100.000 Einwohnern, ist nicht gerade als der, wie Bassist Jochen Müller erklärt: „Wir sind Deutschlands Rock City verschrien. Im Grunde Privat hören die Musiker übrigens überwiegend ja alle bis vor kurzem noch zur Schule gegangen gibt es dort musikalisch rein gar nichts zu holen. Klassik, Indie, Jazz und Elektro. Dennoch ist es und wollten das auch erst einmal zu Ende brin- „In der Tat“, stimmt Müller zu. „Absolut nichts: für sie keineswegs schizophren, auf der Bühne gen. Für die Band hatten wir deswegen gar nicht keine Szene und kaum Auftrittsmöglichkeiten. Metal und Hardcore zu spielen. „Ich glaube so viel Zeit. Auch weil unser Direktor nicht son- Man steht alleine da. Auch in der Umgebung ist zwar schon, dass die nächsten Platten, die wir derlich tolerant war. Wenn jemand gesagt hat, es wirklich schwer. Nur im Saarland hat sich in machen, anders werden. Aber wir haben zu Metal er hätte irgendwo eine Meisterschaft im Sport, den letzten Jahren eine kleinere Szene entwi- und Hardcore einfach eine andere Einstellung dann war das für ihn kein Problem. Wenn wir ckelt, und für Shows müssen wir bis nach Wies- bekommen. Beides sind für uns wichtige Trends uns allerdings für einen Studiotermin ausklinken baden in den Schlachthof fahren.“ in der Musikgeschichte und deswegen betrach- wollten, wurden uns Steine in den Weg gelegt.“ ten wir zum Beispiel Metalparts einfach als musi- Zu guter Letzt mangelte es der Band aber auch kalische Stilmittel, die wir nach Belieben mit Laut Info der Plattenfi rma sind DIORAMIC ein Trio. Wie einfach an den richtigen Kontakten. Man muss anderen kombinieren können, um gute Songs zu im Gespräch mit Bassist Jochen Müller jedoch heraus- eben immer jemanden kennen, der jemanden schreiben.“ kommt, hatte die Band von Anfang an EINEN VIERTEN kennt, der telefonieren kann. Oder so ähnlich. Martin Schmidt MANN dabei, Max Nicklas. „Er ist unser Live-Keyboar- „Die Leute, an die wir geraten sind, haben zwar der und daneben vor allem Mediendesigner. Musikalisch gute Arbeit geleistet, aber es hat sich nie diese DIORAMIC wollen wir aber alles selbst in der Hand halten. Alle Key- Beschleunigung eingestellt, die man als Band Technicolor board-Spuren haben Arkadi und Anton im Studio selbst einfach braucht. Das waren meistens Leute, die (Lifeforce/Soulfood) eingespielt, Max ist nur live dabei.“ ein kleines Label hatten oder einen kleinen Ver- myspace.com/dioramic

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20Fuze20.indd 20 10.01.10 20:47 Foto: Meghan McInnis CRIME IN STEREO WIR VERWANDLUNGSKÜNSTLER. „Das ganze Unglück ambitionierter Hardcore-Bands rührt aus einem einzigen Umstand her, nämlich, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können und sich auf Teufel komm raus ständig neu erfi nden müssen.“ Dieses leicht veränderte Zitat eines berühmten Philosophen dürfte all jenen aus der Seele sprechen, die zur Musik von CRIME IN STEREO weiterhin lieber Skateboard fahren und fi ngerpointen wollen. Die Band ist allerdings bereits viel weiter. Und das ist auch gut so. Vier Fragen an den Künstler.

Was sagt die Kunst? Nun macht schon. Ver- ein Abriss über den Charakter. Wobei der natür- IN STEREO noch zugänglicher und schwerelo- ändert euch. Seid eine neue Band. Hardcore ist lich von weitaus größerem Interesse ist. CRIME ser geworden. CRIME IN STEREO waren einmal eine Erfi ndung von Luschen. Gelebter Stillstand. IN STEREO provozieren die folgende Frage mit eine schnelle, melodische Hardcore-Band. Das Ein zu eng abgestecktes Feld. Niemand möchte dem Titel ihres neuen Albums geradezu: Wie sind sie jetzt nicht mehr. In Zeiten, in denen das sich ständig wiederholen, oder? Also macht könnte man den Charakter des Gehörten tref- aktuelle Album von BLACKLISTED ohne schlech- etwas. Etwas Neues ... Wir müssen uns Sänger fend beschreiben? „Nun ja, es ist defi nitiv tief- tes Gewissen als Grunge bezeichnet wird, sind Kristian Hallbert als einen glücklichen Menschen gründiger, runder und irgendwie auch emotio- CRIME IN STEREO – ja, was denn eigentlich? vorstellen. Als jemanden, der mit seiner Band naler.“ Hardcore(-Punk), das war die Band aus CRIME IN STEREO seit mindestens zwei Alben Long Island einmal. Bis sie sich entschied, tie- Was sagt der Verwandlungskünstler? So sehr konsequent an den Erwartungshaltungen seiner fer zu gehen und – hier liegt bisweilen auch das er zu kurzen, pointierten Antworten neigt, so Hörer vorbeimusiziert. Der Kritik an seiner Kunst kleine Manko – mehr Ideen in einen Song zu sehr fädelt Kristian Hallbert auch Allgemein- gefl issentlich ignoriert. Dem die Evolution seiner integrieren, als sie sich jemals selbst zugetraut plätze auf die Gesprächskette. Den vom Label, Musik über alles geht. Einen, der sich auch nicht hätte. Das Album hält in untypisch langen Songs das so hart arbeite wie die Band selbst, zum Bei- zu schade ist, Pathos zu bemühen, wenn er über einige besonders schöne, unter diffusen Sound- spiel. Oder den vom Album, das härter sei als die Liebe singt. Und über die (unglückliche) Liebe Schichten begrabene Momente bereit. Immer alles bisher Veröffentlichte – wenn auch auf eine singen CRIME IN STEREO inzwischen häufi ger mehr ehemalige Hardcore-Bands wissen heut- völlig andere Art und Weise. Und sogar den von denn je. Kurzum: Hallbert ist ein echter Künstler. zutage offenbar nicht mehr wirklich, wie sie klin- der aktuelle Veröffentlichung, die alles andere in Auch wenn diese Bezeichnung in Hardcore-Krei- gen wollen. Und das ist verdammt gut so. CRIME den Schatten stelle. Das ist ein bisschen schade. sen, aus denen CRIME IN STEREO ja zweifellos IN STEREO sind jetzt eine andere Band. Liegt es Wir müssen uns Kristian Hallbert als einen ein- stammen, oftmals nur ein abgeklärtes Schulter- an ihrem Umfeld? silbigen Menschen vorstellen. Er hat keine Zeit zucken hervorruft. „All your artists are just ser- für ellenlange Erklärungen. Im Kern geht es dann vants of the status quo“, hieß es dazu passend Was sagt das Umfeld? Auffällig jedenfalls fal- nämlich doch ums nackte Überleben als Band: im ersten Song ihres letzten Albums. Ein Bon- len die Entwicklungen zweier treuer Wegbe- „Heutzutage ist es für jede Band schwierig. Da mot, das seine Verkehrung ins Gegenteil auf „I gleiter von CRIME IN STEREO zusammen. Da hast du auf der einen Seite die steigenden Sprit- Was Trying To Describe You To Someone“ fi ndet. ist zum einen die stetig melodischere Ausrich- preise, Leute, die ihre Jobs verlieren, und auf der CRIME IN STEREO erfi nden sich auch weiterhin tung ihres Labels Bridge Nine, die auf rein öko- anderen schlichtweg das Leben, das einem in die neu: „Kunst bedeutet, seinen Horizont ständig nomische Gesichtspunkte zurückzuführen, doch Quere kommt. Es ist manchmal beinahe unmög- zu erweitern. Manchmal führt das Brechen mit ein wenig konsumkritisch-verkürzt wäre. Fakt lich, eine ständig tourende Band zu sein. Die Tat- Erwartungshaltungen zum bestmöglichen Pro- ist: Mit der Veröffentlichung des Albums „... Is sache, dass es tausende andere Bands da drau- dukt.“ Dass die Band ihrer Musik Produktcharak- Dead“ im Jahre 2007 wurde auch das Label suk- ßen gibt, die ebenso hart arbeiten, habe ich ter bescheinigt, ist ja schon wieder bezeichnend. zessive offener für melodischere und im Falle dabei noch nicht einmal mitgedacht. Es macht CRIME IN STEREO sind sich durchaus der Tatsa- CRIME IN STEREOs gemäßigt experimentellere mir schon ab und zu Angst, dass es viele Bands, che bewusst, dass sie dem hungrigen Publikum Töne. Zum anderen gibt es da diese eine Band, die mit uns angefangen haben, mittlerweile nicht etwas bieten müssen. mit der CRIME IN STEREO in Zukunft wohl häu- mehr gibt.“ Also macht weiter. Verändert euch. fi ger verglichen werden. Die Rede ist natür- Schert euch nicht um Konventionen. Ihr könnt es Was sagt der Charakter? Beschreibungen lich von BRAND NEW, mit denen man sich nicht schaffen. Ihr seid die Verwandlungskünstler. einer unbekannten Person fangen naturgemäß nur Heimat und Produzent (Mike Sapone), son- René Schuh beim Äußeren an. Erst danach folgt in der Regel dern eben auch einen Faible für diffuse Sehn- sucht, Schwermut und Verlorenheit teilt. Wäh- CRIME IN STEREO „Nicht wirklich anders – abgesehen von HOVER-CARS rend Jesse Lacey und Co. ihre Hörerschaft mit I Was Trying To Describe ... UND FREEGANISMUS.“ Sänger Kristian Hallbert auf die ihrem letzten Album bewusst verstört und kalku- (Bridge Nine/Soulfood) Frage, wie die Hardcore-Szene in zwanzig Jahren ausse- liert vor den Kopf gestoßen haben, sind CRIME crimeinstereo.com hen wird.

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21Fuze20.indd 21 10.01.10 20:46 THROUGH THE EYES OF THE DEAD Foto: Jerry Nicholl (jerryjohn.com) ROUTINIERTER NEUSTART. Mit „Skepsis“ wird ein neues Album von THROUGH THE EYES OF THE DEAD veröffentlicht, das keine qualitativen Einbußen aufweist. Und das ist beachtlich, denn wieder einmal wurde mehr als die Hälfte der Musiker ausgetauscht.

„Es war von jeher mein Traum, professioneller aus, bis mit Danny Rodriguez ein fester Sänger THROUGH THE EYES OF THE DEAD mögen viel- Musiker zu sein und von meiner Band zu leben. gefunden wurde. „Innerhalb kürzester Zeit sind leicht nicht so ungestüm und abgedreht sein Mit dieser Motivation habe ich THROUGH THE wir eine verschworene Gemeinschaft geworden, wie „jüngere“ Kollegen, sind jedoch mindestens EYES OF THE DEAD vor sechs Jahren gegrün- die bestens miteinander auskommt und auf ein genauso brutal und extrem: „Wir sind keines- det. Für mein Leben gibt es keinen Plan B“, gemeinsames Ziel hinarbeitet. Die neuen Mit- falls die technischste Band da draußen. Das wol- äußert sich Gitarrist Justin Longshore, auf die glieder kannten THROUGH THE EYES OF THE len wir auch gar nicht sein“, benennt der Gitarrist unstete Personalsituation angesprochen. „Des- DEAD und unseren Sound alle schon vorher und den eigenen Anspruch. „Aber wir wollen trotzdem halb werde ich niemals kapitulieren und immer haben ihn angenommen. Deshalb ist ‚Skepsis‘ unsere Spuren im Metal hinterlassen. Wir folgen alles geben. Dass ich um meinen Traum kämpfe relativ schnell geschrieben und aufgenommen den Bands, mit denen wir aufgewachsen sind – und immer wieder neue Leute suche, die die worden“, so Longshore. MORBID ANGEL, CANNIBAL CORPSE, DEATH und Band vervollständigen, gehört eben dazu. Ich so weiter. Kopieren wollen wir sie aber nicht. Wir bin das letzte Mitglied der Originalbesetzung, Dabei war es gar nicht so selbstverständlich, suchen uns einen eigenen Weg. Ich denke, dass doch inzwischen scheint sich ein festes Line-up dass es für die Band überhaupt weiterging, wie wir uns mit den Jahren einen Sound erarbeitet gefunden zu haben. Alle glauben an den Erfolg der Gitarrist verrät: „Jake [Ososkie, Bass] und ich haben, der THROUGH THE EYES OF THE DEAD dieser Band. Nach Jahren, in denen dies nicht der haben schon darüber diskutiert, ob wir uns nicht als Band defi niert und ein Stück weit einzigartig Fall war, stimmt die Motivation aller Beteiligten ganz aufl ösen sollten. Doch wir waren der Mei- macht. Schließlich wollen wir nicht nur die Hörer, endlich wieder.“ nung, noch nicht alles erreicht zu haben, also sondern auch uns selbst bei Laune halten.“ Und entschieden wir uns, weiterzumachen und neue so wird „Skepsis“ von derben Riffs, direkter 2007 hatte „Malice“, das zweite Album der Band Leute zu suchen. Im Laufe der Jahre habe ich Aggressivität und hasserfüllten Extrem-Sounds aus South Carolina, gute Kritiken eingefah- viele Musiker kommen und gehen sehen. Glück- geprägt, wobei weder Brutalo-Mosh noch tech- ren. Die Musiker wollten nun auch live durch- licherweise gibt es viele gute Leute, die dank- nischer Anspruch dominant herausgestellt wer- starten, doch es kam anders. Während der ers- bar die Chance ergreifen, Teil einer Band zu sein, den. Live sollte diese Mischung wunderbar funk- ten Tour nach der Veröffentlichung verließen die um die ganze Welt tourt. Das frische Blut tionieren, und Justin Longshore stellt in Aussicht, gleich drei Mitglieder die Band: Sänger, zweiter hat den positiven Nebeneffekt, dass man immer auch diesseits des Atlantiks mehr Präsenz zu Gitarrist und Schlagzeuger. „Das traf uns hart, wieder auf neue Ideen kommt.“ Dabei wirken zeigen: „In Europa waren wir bislang nur ein ein- denn so konnten wir nicht wie geplant touren. sich die personellen Änderungen letztendlich ziges Mal auf Tour, was aber schon einige Jahre Das Pech zieht sich wie ein roter Faden durch kaum auf den Sound des Quintetts aus. „Skep- zurückliegt. Da unser Label inzwischen über ein die Geschichte von THROUGH THE EYES OF THE sis“ ist für Justin Longshore vielmehr die musika- eigenes Büro in Europa und bessere Kontakte DEAD. Aber wir haben längst eine traurige Rou- lische Quintessenz der beiden vorangegangenen zu Booking-Agenturen verfügt, wird in dieser tine darin, mit Rückschlägen fertigzuwerden.“ Alben: „Das ist mir aber erst nach der Fertigstel- Beziehung zukünftig sicherlich mehr gehen. Es Ein neuer Gitarrist sowie ein neuer Schlagzeuger lung aufgefallen. Unsere Fans werden die neuen ist uns allerdings klar, dass wir bei Null anfangen waren deshalb schnell gefunden, am Mikrofon Stücke sofort verstehen. Gleichzeitig ist die und nichts erwarten dürfen. Bei jeder Show gilt halfen zunächst verschiedene Freunde der Band Platte für uns aber auch die Chance, neue Hörer es, die Leute von unseren Qualitäten zu über- zu gewinnen, denen unsere älteren Sachen zu zeugen und nichts als selbstverständlich hinzu- „Diese ganzen Genre-Bezeichnungen, die heutzutage zerfahren waren. Wir haben darauf geachtet, nehmen.“ kursieren, verwirren zunehmend und sagen kaum mehr dass dieses Mal alle Ideen zu Ende gedacht wer- Arne Kupetz etwas aus“, meint THROUGH THE EYES OF THE DEAD- den.“ Und noch etwas ist neu: Alle fünf Mitglieder Gitarrist Justin Longshore. „Wir wurden schon mit vie- haben denselben Anteil an der Entstehung der THROUGH THE EYES OF THE DEAD len Labels belegt, von denen die meisten am Kern unse- Platte – auch Sänger Danny Rodriguez, dessen Skepsis rer Musik vorbeigingen. Dabei ist es doch so einfach: Wir sind eine Metal-Band, die Elemente aus europäischem Texte dabei helfen, dem Album ein einheitliches (Prosthetic/Soulfood) Death Metal und amerikanischem Hardcore zusammen- Gefühl zu geben. myspace.com/tteotd bringt. AKTUELL SAGT MAN DEATHCORE DAZU, was auch okay ist.“

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22Fuze20.indd 22 10.01.10 20:50 DAS INTERNET IST DA! Die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, gehört für viele Bands zum guten Ton. Für manche ist DIY sogar fast eine Religion. Für andere wiederum ist es die einzige Möglichkeit, ihre Band zu promoten. Die Engländer KENAI ver- öffentlichen dieser Tage ihr Debütalbum beim durchaus fähigen Label Redfi eld Records. Warum dies aber nicht bedeutet, dass man nun alle Zügel aus der Hand gibt, erklärt Schlagzeuger Tom Strike.

In den letzten Jahren hat sich ein rasanter Wan- del im Musikgeschäft vollzogen. Von großen Megasellern einmal abgesehen, rücken Labels und Promotion-Agenturen immer mehr in den Hintergrund, und Bands stehen selbst in der Ver- antwortung, sich entsprechend anzupreisen. Das Ergebnis sieht man bei MySpace, Facebook, iLike, und Co. „Solche Communitys sind eine großartige Möglichkeit, mit Fans in Kontakt zu treten – auch wenn das Ganze einem rasan- tem Wandel unterliegt“, so Tom Strike. „MyS- pace ist ziemlich tot, seit Facebook das neue große Ding ist. In der modernen Welt ist es hart für eine Band, sich ohne diese Tools zu behaup- ten.“ Das geht sogar so weit, dass der Schlag- zeuger der Meinung ist, gute Lieder allein reich- ten nicht mehr aus: „Was bringt es dir, super Songs zu haben, wenn sie keiner hört? Ich liebe es, Musik zu machen, und verbringe die meiste Zeit meines Leben damit, aber wenn du heutzu- tage etwas erreichen willst, ist Musik allein leider nicht mehr genug.“

Der Musiker selbst muss deshalb zur Promotion- Maschine werden, ja, das wird inzwischen gera- dezu erwartet. Die Zeiten, in denen man sich um nichts mehr kümmern musste, nachdem man bei einem Label unterschrieben hat, sind längst vor- bei – wenn es sie denn je gab. Auch wenn PR- Agenturen gezielt Werbung machen, so obliegt KENAI die Pfl ege des Internetauftritts meist immer Foto: Sam Adams (fugitivesolutions.co.uk) noch den Bands selbst. „Ich denke, dass Labels bestimmtes Land richten“, so Strike. Ob sich jetzt mit. Außerdem erfordern die ständigen Updates in diesem Bereich die Unterstützung der Bands wirklich jeder für die Kurznachrichten einer Band eine Menge Zeit. „Ich bin ununterbrochen online, benötigen. Es wäre auch dumm, auf all die Mög- aus der Nähe von London interessiert, sei einmal die anderen fünf eher weniger, da sie alle Jobs lichkeiten zu verzichten. Natürlich gibt es Leute, dahingestellt. Prinzipiell hat der Schlagzeuger haben und jeden Tag in Büros und so sitzen. Da die das nicht so stark nutzen, aber mit iPhones aber natürlich Recht. Trotzdem bleibt die Frage, wird die freie Zeit dann eher für Band-Proben und Ähnlichem ist man ja eh ununterbrochen ob eine so weit gestreute Promotion nicht eher oder andere Dinge genutzt, anstatt online rum- online.“ Warum also die Zeit nicht für die Band den Effekt eines Wassertropfens im Ozean hat. zuhängen“, erklärt Strike, der aus diesem Grund nutzen, fragen sich Strike und unzählige andere für die Promotion von KENAI im Netz verant- Musiker auf der ganzen Welt. Womit wir bei Abgesehen davon, gibt es noch eine weitere wortlich ist. einem weiteren Vorteil der Promotion im Inter- Schattenseite all der schön gestylten Seiten und net wären: Außer einer Sprachbarriere existie- ihres oftmals inhaltslosen Contents. Immer wie- Dass Zeit zum Proben bleibt, ist ein Glück, sonst ren keine Grenzen, Tweets und Co. sind weltweit der begünstigt die massive Präsenz im Inter- hätte das Sextett aus Essex wohl kein Album zu empfangen. net eben auch Bands und Musikstile, bei denen aufnehmen können. Dabei fühlt sich die Platte das MySpace-Design und die Qualität der Musik für die Band schon wieder alt an, denn von den Das mag für viele Bands eine Rolle spielen, für nicht ganz Hand in Hand gehen. „Solche Sachen Aufnahmen bis zur Veröffentlichung von „Hail KENAI allerdings ist das besonders wichtig, denn passieren eben. Aber diese Bands bekommen The Escapist“ ist einige Zeit ins Land gezogen. sie haben einen gewissen Sonderstaus. Die eng- Aufmerksamkeit ja auch nicht einfach nur so. „Wir hätten das Album gerne früher herausge- lische Band ist auf dem Düsseldorfer Label Red- Und manchmal gehört eben einfach Glück dazu. bracht, aber wir konnten Aufnahmen, fi eld Records beheimatet, was nicht ganz unpro- Es gibt Leute, die arbeiten ihr ganzes Leben lang und Artwork nicht gleichzeitig bezahlen. Es war blematisch ist. Denn gerade zur Veröffentlichung für den Erfolg, und dann kommt so ein sechzehn ein langes Jahr des Wartens, aber wir freuen uns eines neuen Albums stellt sich zwangsläufi g die Jahre altes Kind daher und gewinnt den Jackpot. sehr darüber, dass das Ding jetzt endlich raus ist. Frage, wo denn nun der Fokus der Promotion- Es ist vielleicht nicht fair, aber es passiert nun Wie man sich vorstellen kann, haben wir bereits Arbeit liegt – auf England oder auf Deutsch- einmal.“ schon wieder mit dem Schreiben einer neuen land. „Wir werden das Album so gut wie mög- Platte begonnen.“ Und wie die Arbeiten daran lich promoten und durch das Internet rein the- Ein Grund mehr für Tom Strike, diese Aspekte vorangehen, wird man sicherlich bald bei Twit- oretisch jeden Menschen weltweit erreichen. Ich nicht unbeachtet zulassen. DIY hat sich verän- ter lesen können. würde nicht sagen, dass wir einen Fokus auf ein dert, heißt heute für viele nicht mehr, ein eige- Dennis Meyer nes Label zu gründen oder selbst eine Tour zu „Wir lassen uns von den unterschiedlichsten Musikrich- buchen, sondern sein eigener Online-Promoter KENAI tungen inspirieren. Die HAUPTEINFLÜSSE FÜR UNSER zu sein. Natürlich setzt dies einen gewissen Hang Hail The Escapist ALBUM waren aber , SAOSIN und zur Selbstdarstellung voraus. Und den bringen (Redfi eld/Cargo) “, so Bassist Joe Rossi. Dann wäre das ja auch im Zweifelsfall nicht alle Mitglieder einer Band myspace.com/kenaiuk geklärt.

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23Fuze20.indd 23 10.01.10 20:47 So ganz kann Bridges den Gedanken an seine Zukunft aber nicht loswerden. Denn im Gegen- satz zu den von ihm genannten Beispielen hat seine Band den wirklich großen Durchbruch nie geschafft – und dazu wird es vermutlich auch nicht mehr kommen, so seine Einschätzung. Denn der Sound von MONEEN ist nicht unbe- dingt das, was heutzutage als „hip“ gilt, son- dern eher von den Emo/Rock-Bands der Neunzi- ger inspiriert. „Was mir manchmal Angst macht, ist die große Frage ‚Was, wenn ...?‘ Wir arbei- ten schon so lange so hart, und natürlich hatten wir auch immer ein wenig Glück und Erfolg. Aber was, wenn ich vierzig bin? Werde ich immer noch in einer Band spielen? Manchmal stehen Leute im Publikum, die gar nicht interessiert, was wir machen. Ich erwarte ja nicht, dass jemand bei einer ihm unbekannten Band total durchdreht. Aber das sind die Momente, in denen einem das Alter bewusst wird, in denen einem klar wird, wie lange man das alles jetzt schon macht. Wir spielen immer wieder in Städten, in denen wir bestimmt schon zwanzig Mal waren, und es ein- fach nicht funktionieren will. In dieser Hinsicht macht mir die Zukunft wirklich Angst. Aber ich bleibe mit dem Kopf im Hier und Jetzt. Heute Abend spielen wir ein Konzert, ich freue mich wahnsinnig darauf und will nicht darüber nach- denken, was die Zukunft bringt.“

Für Bridges wäre es ein großer Verlust, nicht mehr Musik machen zu können – auch weil damit eine weitere seiner Lieblingsbeschäftigungen wegfallen würde: das Reisen. Für ihn sind diese zwei Dinge untrennbar miteinander verbun- Foto: Jess Baumung den: Die Musik ermöglicht das Touren, diese wie- derum bringen Ideen für neue Musik. „Für mich sind vor allem Reisen durch Europa inspirierend, weil ich dort immer das Gefühl habe, aus dem MONEEN gewohnten Element ausbrechen zu können. Alles ist so neu und aufregend. Als wir das erste Mal in QUO VADIS? Jeder kennt diese Tage, an denen man am liebsten alles hinwerfen will. Berlin waren, haben wir uns ein Stück der Ber- Tage, an denen alles schief läuft. Davon hatten MONEEN während ihrer US-Tour mit SAY liner Mauer angeschaut. Da ist jemand über die ANYTHING gerade ein paar: Erst blieb der Van der Kanadier in Saint Louis liegen, wodurch sie Straße gegangen, ohne das auch nur zu beach- zwei Konzerte verpassten. Nachdem er repariert wurde, gab er ein weiteres Mal den Geist auf ten. Für ihn war das vollkommen normal, wäh- – für ganze zehn Tage und in einer der langweiligsten Städte der USA: in Salt Lake City. rend es für mich unglaublich beeindruckend war, vor einem so wichtigen Stück Geschichte zu ste- „Unser Gitarrist Hippy und ich sind dann der Tour abgewinnt: „Die Konzerte selbst waren alle hen.“ Die Berliner Mauer fi ndet sich in einem Text hinterhergefl ogen und haben ein paar Akustik- super. Außerdem bin ich der Überzeugung, dass auf dem Album „The Red Tree“ von 2006 wieder, shows gespielt, während die anderen in einem man durch viel Schlechtes gehen muss, damit in einer fi ktiven Geschichte über ein Pärchen, Motel im Nirgendwo auf ein Ersatzteil für den Van einem etwas Gutes widerfährt. Dementspre- das durch den Mauerbau getrennt wird. Und die warten mussten. Das war todlangweilig für die. chend erwarte ich, dass unsere nächste Tour Texte des neuen Albums sind ebenfalls in Europa Und kaum ist der Van wieder repariert, wird er absolut großartig wird.“ entstanden – in London, um genau zu sein: „Ich aufgebrochen! Ist das zu glauben? Die Schweine glaube, ich habe eine echte Verbindung mit die- haben meine Xbox und unsere komplette Merch- Ob die Ereignisse der US-Tour für Steve Nun- ser Stadt. Wir sind von so viel Geschichte umge- Kasse geklaut!“, beschwert sich Kenny Bridges, naro, den neuen Schlagzeuger der Band, ebenso ben und realisieren das meistens kaum. Darum um gleich hinzuzufügen, dass wenigstens seine leicht wegzustecken sind, ist dagegen unklar. geht es auch in dem Song ‚Monument‘. Man „Lost“-DVDs von den Dieben zurückgelassen Sein Vorgänger hat jedenfalls bereits vor einem sieht irgendwelche Statuen und weiß gar nicht, wurden. Aber so richtig sauer scheint der Sän- Jahr die Reißleine gezogen. Peter Krpan ver- wer der dargestellte Typ eigentlich ist. Solche ger und Gitarrist nicht zu sein, zumindest lässt ließ die Band vor den Aufnahmen zum neuen Momente hinterlassen oft großen Eindruck bei er sich nichts anmerken. Wer den Mann schon Album und verkauft inzwischen Immobilien in mir und inspirieren mich beim Schreiben.“ einmal getroffen oder auf der Bühne erlebt hat, . Für ihn war die Zeit mit MONEEN vor- der weiß, dass er einer der sympathischsten bei, das „richtige“ Leben hatte ihn eingeholt. Ein Auch wenn Bridges sich seiner musikalischen und positivsten Menschen überhaupt ist. So ist Gedanke, den Bridges in Bezug auf sich selbst Zukunft nicht ganz sicher ist: Jemand wie er wird es kaum verwunderlich, dass Bridges auch die- allzu gerne verdrängt: „Wenn ich ehrlich bin, ver- so schnell wohl nicht das Handtuch werfen. Nur ser äußerst ärgerlichen Situation etwas Gutes suche ich, nicht viel darüber nachzudenken. Ich wohin die Reise geht, weiß er nicht so genau. bin jetzt über dreißig und wälze mich auf Büh- Schließlich schaut er lieber in die Vergangenheit Wohin er gehen wird, weiß er vielleicht nicht, aber dafür, nenböden, schreie in Mikrofone und mache selt- als in die Zukunft. Und so hat er auf die letzte wo er im Februar 2010 sein wird: VOR DEM FERNSE- same Geräusche mit meiner Gitarre. Eigentlich Frage keine Antwort: Quo vadis? HER. Kenny Bridges ist bekennender „Lost“-Fan. Auf sollte so etwas bei einem erwachsenen Mann in Dennis Meyer dem Album „The Red Tree“ widmete die Band mit „Don’t meinem Alter nicht mehr vorkommen. Aber wenn ever tell John Locke what he can’t do“ der Fernsehserie man Bands wie oder Künstler MONEEN sogar einen Song. Dementsprechend aufgeregt fi ebert wie Ian MacKaye fragen würde, was sie im Alter The World I Want To Leave Behind Bridges der letzten Staffel der Serie entgegen: „Können machen werden, würden die wahrscheinlich auch wir das Interview nicht über ‚Lost‘ führen? Ich habe extra (Dine Alone/Soulfood) die DVDs mit auf Tour genommen und schaue mir alles sagen: Musik!“ moneen.com noch einmal an. Ich bin ja so gespannt!“

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24Fuze20.indd 24 10.01.10 20:49 OUTBREAK Foto: Josi Hoffmann (facetheshow.com) MENSCHENHASS IN KINDERSCHUHEN. Die Persönlichkeitsbildung eines Menschen wird von vielen Faktoren bestimmt. Und obwohl sie niemals ganz abgeschlossen ist, wird die entscheidende Grundlage bereits in Kindheit und Jugend gelegt. Gerade bei einer Band wie OUTBREAK, die für ihren bedingungslosen Hass beliebt und auf ihre asoziale Einstellung stolz ist, ist deshalb die Betrachtung dieser Phase interessant.

Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen lich nicht sein Fehler, aber wenn du acht Jahre alt was dort um einiges günstiger ist. In das Land ist, wie ich im Wohnzimmer stehe, die Röcke bist, dann siehst du in diesem ‚Coyote‘-Typen reinzukommen, war kein Problem, aber auf dem meiner Schwester trage und versuche, meine eben einen bösartigen, hundetötenden Mother- Rückweg wurde es schon ein wenig problemati- Eltern davon zu überzeugen, ein Mädchen zu fucker.“ scher.“ O’Connor wurde behandelt wie ein Schul- sein. In diesem Moment wird ein Freund von mir schwänzer beim Nachsitzen, und der psycholo- zum Spielen vorbeigebracht. Er kommt herein Als ich älter wurde, begann plötzlich Alkohol gisch geschulte Zollbeamte erkannte in jedem und schreit: „Ih! Du siehst ja aus wie ein Mäd- interessant zu werden. Mit vierzehn hatte ich Wort eine Lüge. „Irgendwann habe ich aufge- chen.“ Woraufhin ich ganz stolz antworte: „Ja, schließlich meinen ersten heftigen Absturz. Ich hört, mich zurückzuhalten, und wir stritten uns ne?“ Ryan O’Connor von OUTBREAK erinnert dachte immer, das sei früh, doch Ryan O’Connor über zwanzig Minuten lang, ohne dass er auf sich an seine Kindheit ein wenig anders: „Pas- übertrumpft mich da völlig: „Ich war fünf. Ich irgendetwas einging, was ich sagte. Er war so ein send zu meinem Bad-Boy-Image, ist eine mei- habe meine Pepsi mit dem Rum-Cola-Mix meines Idiot. Ganz klar einer, der in der Schule gemobbt ner frühesten Erinnerungen, wie ich im Kranken- Vaters verwechselt. Wow. Erst kam die Euphorie, wurde und das nun mittels seiner neuen ‚Auto- haus einem Doktor sage, dass ich ihn hasse. Kein dann der Heulkrampf. Das Zeug ist echt heftig! rität‘ kompensiert.“ Als O’Connor schließlich zu Scherz. Meine Mutter redet da heute noch ab Vor allem, wenn du gerade mal im Kindergarten Hause war, schrieb er einen Brief und hofft nun und zu drüber.“ Grund für den Besuch beim Arzt bist. Damit sollte man wirklich mindestens bis auf eine Entschuldigung. „Ich war schon immer war übrigens, dass der kleine Ryan beim Holzfäl- zur zweiten Klasse warten.“ Seit diesem Erleb- so drauf, dass ich Leute mit einem so unfairen lerspielen im Wald von seinem Bruder einen Ast nis hat Ryan nie wieder Alkohol angerührt. Im Verhalten nicht davonkommen lassen wollte. Ich über die Rübe gezogen bekam und genäht wer- Gegensatz zu mir. Doch obwohl viele Menschen nehme so etwas persönlich. Dieser Typ hat mich den musste. So etwas passiert einem eben, wenn von Alkohol aggressiv werden, habe ich mich nie wie ein Stück Scheiße behandelt. Die meisten man aus dem US-Bundesstaat Maine kommt. geprügelt. Im Gegensatz zum gebürtigen Iren würden das einfach vergessen, aber ich werde O’Connor. „Ich war schon in eine Menge Prüge- Stunden damit verbringen, Briefe zu schreiben Ryans Bruder hätte allerdings auch ich sein kön- leien verstrickt, aber ich habe es nie provoziert. und Anrufe zu machen, nur um eine Entschul- nen. Ich erinnere mich jedenfalls daran, meine Es ist dämlich, sich zu prügeln und meistens auch digung zu bekommen. Manch einer mag das als Freunde einmal mit einer Metallstange quer total unnötig. Nur hatte ich eben manchmal das Zeitverschwendung ansehen, doch ich werde mit durch die Nachbarschaft gejagt zu haben, was Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.“ dem Wissen, dass ich diesem Bastard gegeben den Sänger ziemlich amüsiert: „Ein witziger Auf der neuen Platte von OUTBREAK gibt es mit habe, was er verdient, besser schlafen können.“ Zufall, der es mir erlaubt, mich nicht mehr ganz so „Human target“ sogar einen Song über die- dumm zu fühlen, weil ich sehe, dass andere Kin- ses Thema. Er handelt davon, durchs Leben zu Kein Wunder also, dass Ryan O’Connor irgend- der genauso eigenartig waren wie ich.“ Nicht alle gehen, eigentlich niemandem etwas anhaben wann in einer Szene landete, in der man sagen haben jedoch etwas so Traumatisches erlebt wie zu wollen und trotzdem immer wieder Ärger zu kann, was man denkt, und niemand einem den das, was O’Connor dann erzählt: „Als ich sieben bekommen. Die Frage, die sich der Sänger immer Mund verbietet. Bevor er Punk wurde, gehörte oder acht war, hatten wir unseren ersten Hund. wieder stellt, lautet: „Warum können nicht ein- er jedoch zu den „Skater-Schwuchteln“, wie er Ich habe gesehen, wie er von einem neunachsi- fach alle miteinander klarkommen?“ und seine Freunde damals genannt wurden. Und gen Sattelschlepper überfahren wurde. Ich lag mein Kumpel aus Kindheitstagen, der so von neben ihm auf der Straße und habe geweint. Es Während ich mit fünfzehn begann, mit Mari- Röcken angeekelt war? Der kam einen Tag spä- war schrecklich. Ich erinnere mich daran, das auf huana zu experimentieren, hat Ryan O’Connor ter mit den Klamotten seiner Mutter vorbei, und dem Truck ‚Coyote‘ stand und immer, wenn mein nie gekifft – obwohl die U.S. Customs and Bor- wir spielten „Mädchen“. Vor zwei Jahren hatte er Bruder und ich einen ‚Coyote‘-Truck sahen, zeig- der Protection genau das von ihm denkt. Und übrigens sein Coming-out. ten wir ihm den Mittelfi nger. Es war wahrschein- das nur, weil während einer OUTBREAK-Tour Joss Doebler einmal ein Crew-Mitglied mit einer Hasch- Nachdem ich unlängst die Schule hinter mich gebracht pfeife erwischt wurde, was jetzt in den „gehei- OUTBREAK habe, weiß ich immer noch nicht so recht, was ich mit men Notizen“ über den unschuldigen Abstinenz- Outbreak meinem Leben anfangen soll. Ryan O’Connor war da ler steht. „Gestern bin ich über die Grenze nach (Think Fast!/Cargo) um einiges kompromissloser: „I went on tour and never Kanada gefahren, um zum Zahnarzt zu gehen, myspace.com/outbreak looked back.“ BENEIDENSWERT.

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25Fuze20.indd 25 10.01.10 20:49 ADEPT Foto: Sofi e Karmann PARTY LIKE THERE’S NO TOMORROW. Klischees besagen, dass der Skandinavier an sich ein eher verschlossener Typ ist, der erst so richtig in Fahrt und aus dem Reden gar nicht mehr heraus kommt, wenn er die entsprechende Menge Alkohol im Blut hat. Nun kann man nur spekulieren, in welchem Geisteszustand sich der Schwede und ADEPT-Sänger Robert Ljung befand, als er die Interviewantwor- ten in seine Tastatur hämmerte. Die Kürze seiner Aussagen und der Umstand, dass er an manchen Fragen doch relativ weit vorbeigeantwortet hat, lassen jedoch einen ziemlich starken Zeitdruck, wenn nicht sogar Unlust beim Schreiben vermuten. Vielleicht wäre das eine oder andere Bier die richtige Anregung für ihn gewesen, um etwas mehr ins Plaudern zu geraten, zumal er ja betont, dass seine Jungs und er eigentlich voll auf Party stehen.

Ich habe vor Jahren ein AMON AMARTH- Es ist schwieriger, in kleinen Städten zu spielen, Hast du keine Angst, dass die Art und Weise, Interview gelesen, in dem Sänger Johan Hegg wo vielleicht gar keine Musikszene existiert. Aber wie Frauen in den Lyrics dargestellt werden, meinte, dass junge schwedische Bands sehr insgesamt gesehen, kriegen wir es meistens hin, negative Auswirkungen auf eure Fans hat gut vom Staat unterstützt werden. Er erzählte dass in Schweden viele Kids zu unseren Shows und zudem zu einer Verrohung des Sprach- zum Beispiel, dass es viele Proberäume gebe. kommen. gebrauchs führt? Ist das wahr? Ich mag besonders die melodischen Parts auf Die Songs handeln nicht von Frauen im Allge- Für unsere Band, die aus einer Kleinstadt kommt, eurem Debütalbum „Another Year Of Disas- meinen. Die beiden letztgenannten Stücke wur- stimmt das nicht. Wir proben immer noch bei ter“. Plant ihr beim nächsten Album, ver- den bereits vor einigen Jahren geschrieben und der Mutter unseres Schlagzeugers. Wir hat- stärkt in diese Richtung zu gehen? ursprünglich auf der EP „The Rose Will Decay“ ten nie das Glück, einen Proberaum zu fi nden. Wir werden im Herbst eine neue Platte aufneh- veröffentlicht. Sie erzählen die Geschichte eines Es ist außerdem ziemlich schwierig, gesponsert men. Wir wollen nicht das gleiche Album noch bestimmten Ereignisses, das in eben dieser Zeit zu werden, aber das mag in größeren Städten einmal machen, also wird es ein paar Verände- stattgefunden hat. Es geht darum, von wah- anders sein. rungen geben. Wir haben vor, mehr zu experi- ren Freunden verraten zu werden. „Sound the In einem anderen Interview berichtete mentieren und an unseren Gitarrenriffs zu fei- alarm“ hingegen handelt generell von untreuen Anders Fridén von IN FLAMES, dass es nicht len. Das nächste Album soll auf jeden Fall grö- Menschen, die bei auftretenden Schwierigkeiten einfach sei, in Schweden zu touren. Was ist ßer werden und uns nicht nur auf ein bestimm- in einer Beziehung stets den einfachsten Ausweg deine Meinung dazu? tes Genre limitieren. wählen. Ich glaube, viele Bands schreiben über Dem würde ich zustimmen, obwohl sich das in Wie steht es um die Metalcore-, Deathcore- solche Sachen, da sich viele Leute damit iden- den letzten Jahren etwas verbessert hat. Mit der und Emo-Szene in Schweden? tifi zieren können. Musik ist eben ein guter Weg, steigenden Popularität von Internetplattformen Als die amerikanische Szene größer wurde, um all die Emotionen und Gedanken, die einem wie MySpace, Facebook oder Last.fm können haben auch schwedische Bands angefangen, im Kopf herumschwirren, rauszulassen. sich kleinere Gruppen ganz anders präsentieren, ähnliche Musik zu machen. Vornehmlich gibt es Eure Texte handeln außerdem häufi g vom was zu mehr Hörern und Konzerten führt. hier aber Metal-, Hardcore- und Skatepunk- Partymachen. Ist dir das auf Dauer inhalt- Ihr kommt aus Trosa, einem Ort mit nicht ein- Bands. Wir haben eine gesunde Mischung aus lich nicht ein bisschen zu wenig? Willst du den mal 5000 Einwohnern. War es hart für euch, Gruppen, die schon länger dabei sind wie RAISED Kids auf euren Konzerten nicht etwas mit- in anderen, insbesondere größeren Städten FIST, MILLENCOLIN, 59 TIMES THE PAIN [die sich geben, über das sie sich auf dem Heimweg wieder von vorne anzufangen, oder habt ihr bereits 2001 aufgelöst haben, Anm. d. Red.] oder Gedanken machen können? euch relativ schnell eine starke Fangemeinde IN FLAMES, und neueren Combos wie JESAIAH, Wir schreiben so häufi g übers Feiern, weil es das erspielt? INTOHIMO und HER BRIGHT SKIES, die ähnliche ist, was wir hauptsächlich machen. Wir haben Eigentlich haben wir ein ziemlich gutes Feedback Musik machen wie wir [und außerdem denselben immer viel Spaß auf Tour und lassen keine Party von den Leuten in größeren Städten bekom- Frisör haben, Anm. d. Red.]. aus. Wir hoffen, dass unsere Hörer auch so den- men, und die Shows waren immer gut besucht. In euren Texten zu „Sound the alarm“, „At ken. Ich bin mir sicher, dass unsere Tour mit HER least give me my dreams back, you negli- BRIGHT SKIES im Januar und Februar eine ein- Wer sich weitergehend mit der Darstellung von Frauen in gent whore!“ und „Let’s celebrate, gorge- zige große Party wird. den Texten von Emo- und Hardcore-Bands beschäftigen ous!“ werden Frauen als „Schlampen“ und Jan Ahrens möchte, dem sei das Buch „Emo – Porträt einer Szene“, „Huren“ bezeichnet. Sie spielen zudem keine das in der letzten Ausgabe vorgestellt wurde, ans Herz aktive Rolle, sondern befi nden sich immer ADEPT gelegt. Das Werk beinhaltet die Abhandlung „WHERE außerhalb der Erzählungen. Texte solcher Art Another Year Of Disaster THE GIRLS AREN’T“ von der Musik- und Kulturkritikerin sind leider keine Seltenheit – siehe BRING (Panic In Action/Indigo) Jessica Hopper zum Thema. Aber Vorsicht: Wer keine Lust ME THE HORIZON oder SUICIDE SILENCE. myspace.com/theadept auf wissenschaftliche Texte hat, sollte vorher erst einmal probelesen.

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26Fuze20.indd 26 10.01.10 20:45 SINK OR SWIM. Der Ozean. Unend- liche Weiten, die schon immer die Sehnsucht des Menschen und sein Fernweh weckten. Ferdinand Magellan starb, als er zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit seiner Flotte als Ers- ter versuchte, die Welt zu umsegeln. Chris- toph Kolumbus erforschte den Atlantik, ent- deckte versehentlich die Neue Welt und ver- lor auf seinen Reisen neun Schiffe an den Ozean. Kapitän Ahab ist auf der manischen Suche nach Moby Dick, lässt sich jedoch nicht an Deck sehen, bevor die Mannschaft und sein Schiff nicht auf hoher See unter- wegs sind. Odysseus wird wieder und wie- der von seinem Widersacher Poseidon auf die Probe gestellt und schluckt dabei mehr als einmal Meerwasser. Der Ozean ist groß und furchteinfl ößend und zeigt dem Men- schen gerne seine Macht, indem er Masten zerbricht, Schiffsbäuche an Riffen aufschlitzt oder haushohe Wellen übereinandertürmt.

So gesehen, müsste eine Band, die sich WE ARE THE OCEAN nennt, nicht nur alles in Schutt und Asche legen, was sich ihr in den Weg stellt, son- dern auch mindestens einen Kapitän in ihren Rei- hen haben, zumal das Volk der Briten mit Horatio Nelson einen Admiral vorweisen kann, der in der Schlacht von Trafalgar sogar der Flotte Napole- ons das Fürchten lehrte. Bei WE ARE THE OCEAN aus dem englischen Harlow fi nden sich jedoch keine Augenklappen, Hakenarme oder Holz- beine. Hier sind weder Kapitän noch Leichtmat- rose vertreten, wie Sänger Dan Brown erklärt: „Als ich noch zur Schule ging, habe ich bei der britischen Supermarktkette Sainsbury’s gear- beitet. Da wurde ich jedoch gefeuert, weil ich mir ständig für die Band freinehmen musste. Jack [Spence, Bass] hat in einer Bar gearbeitet, wurde WE ARE aber ebenfalls rausgeschmissen. Die anderen drei Jungs hatten noch nie einen Job. Verdamm- tes System!“ THE OCEAN Man möge den Mitgliedern von WE ARE THE Foto: Sam Adams (fugitivesolutions.co.uk) OCEAN aufgrund ihres zarten Alters verzei- und ich glaube nicht, dass wir dem jemals ent- Mit einem Song wie „Nothing good has happened hen, dass Narben und Epauletten noch fehlen. kommen werden. Kids wollen irgendwo hinein- yet“, der auf MySpace 1,5 Millionen Mal ange- Vor allem, wenn man bedenkt, dass selbst der passen und sich als Teil einer Gruppe fühlen – ob hört wurde, nicht auf dem Debütalbum auftaucht oben genannte Admiral zeit seines Lebens an das nun Mainstream oder Indie ist.“ und live jedes Mal wie kein zweiter abgefei- der Seekrankheit litt. Und wahrscheinlich war es ert wird, ist das mit der ungestörten Weiterent- auch schon zu Nelsons Zeiten so, dass die Bri- Mit der Idee des Hypes dürften sich WE ARE THE wicklung natürlich gar nicht so leicht. „Mir berei- ten ein bisschen anders tickten als die Men- OCEAN ebenfalls auskennen: Die Band hat in tet das überhaupt keine Bauchschmerzen. Jede schen vom Festland. Vielleicht war das ja sogar Großbritannien bereits drei Touren als Headli- Band sollte einen Song haben, bei dessen bloßer der Grund, weshalb Nelson Napoleon derart ver- ner gespielt, dabei war zu diesem Zeitpunkt ihr Erwähnung jeder sofort an sie denkt. So ein Song nichtend schlagen konnte. Heute tendiert man Debütalbum „Cutting Our Teeth“ noch nicht ein- bedeutet Identität. Wenn wir live spielen, ist es dazu, britischen Bands, die einen bestimmten mal veröffentlicht. „Wir staunen jeden Tag darü- spannend zu wissen, dass die beste Publikums- Look ihr Eigen nennen, mit Vorsicht zu genießen, ber, dass die Dinge plötzlich in die richtige Rich- reaktion am Schluss kommt. Uns bleibt jedes Mal schließlich wurde das Wort „Hype“ wohl jenseits tung gehen. Alles, was wir jemals wollten, war, der Mund offen stehen, wenn wir sehen, wie viele des Ärmelkanals erfunden. „Ich bin mir ziemlich Musik zu machen, dies unsere Arbeit zu nen- Menschen diesen Song kennen und lieben. Viel- sicher, dass hier einige Kids ihre Meinung über nen und dabei die Welt zu sehen. Langsam, aber leicht fangen wir sogar damit an, ihn an zweiter eine Band am Aussehen, am Style oder sogar sicher passiert uns das, und wir könnten deswe- oder dritter Stelle im Set zu spielen, um die Leute daran, mit welchen anderen Bands man sie in gen gar nicht aufgeregter sein. Ich kann es kaum zu ärgern, wer weiß?“ Man darf also gespannt einen Topf wirft, festmachen. Es gibt defi nitiv erwarten zu sehen, was passiert, wenn unser bleiben. Und der Ozean darf durchaus noch Szenen, in denen die Kids einen ähnlichen Kla- Album rauskommt. Hoffentlich öffnet es uns wei- wachsen – ohne dass das jetzt etwas mit der Kli- motten- und Musikgeschmack haben wie wir, tere Türen“, so Brown. Passend zu einer so jun- makonferenz in Kopenhagen zu tun hätte. WE gen Band und abgesehen von ranzigem Schiffs- ARE THE OCEAN dürfen sich durchaus noch wei- „Ich hoffe wirklich, dass physische Tonträger nicht ster- zwieback bedeutet der Titel des Albums „Cut- ter aus dem Fenster – Verzeihung, aus dem Bull- ben. ICH BIN OLD SCHOOL, ich liebe es. Ich kaufe noch ting Our Teeth“ so viel wie „sich die ersten Spo- auge! – lehnen. Vielleicht lässt sich dann sogar immer CDs und Vinyl. Als ich jünger war, gab es nichts ren verdienen“. „Bands lernen ständig dazu und über Nelsons kluge Worte streiten: „Über Sieg Spannenderes, als auf die Veröffentlichung einer Platte entwickeln sich als Musiker und Menschen wei- und Niederlage entscheiden fünf Minuten.“ zu warten und früh am Montagmorgen rauszugehen, ter. Wir werden niemals perfekt sein. Wir werden Birte Wiemann sie zu kaufen und die Texte auf dem Weg nach Hause niemals ehrlich sagen können, dass wir unsere zu lesen, bevor man die Musik überhaupt gehört hatte. beste Musik geschrieben haben, weil wir jeder- WE ARE THE OCEAN Heutzutage können die Kids alles sofort hören, ohne überhaupt das Haus zu verlassen. Der Zugang zu Musik zeit neue Dinge erfahren, ständig erwachsener Cutting Our Teeth ist einfacher und mehr Bands bekommen Gehör – aus werden, uns anpassen und dies durch unsere (Hassle/Soulfood) diesem Blickwinkel betrachtet, ist das also eine gute Musik auch zeigen.“ myspace.com/wearetheoceanuk Sache.“ Zwei Seelen schlagen, ach, in Dan Browns Brust.

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27Fuze20.indd 27 10.01.10 20:51 den Zuschauer einprasseln.“ Ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Texte der fünf Kölner zieht. So schreit Kathage bei „I backed the wrong horse“: „Who needs enemies? / I got my friends“, und meint damit ihm nahestehende Mitmenschen, die es nicht für nötig halten, andere zu unter- stützen. „Solche falschen Freunde trifft man ja leider viele in seinem Leben. Da muss man dann durch. Das Schlimme bei mir ist: Die könnten mich wie- der mitten in der Nacht anrufen, und ich wäre da.“ Bei seinen Bandkolle- gen muss der ehemalige SWORD OF GRAYSKULL-Shouter solche Sorgen allerdings nicht haben. „Die wichtigsten Kriterien sind, dass jeder zu ein- hundert Prozent hinter der Band steht und wir uns auf menschlicher Ebene perfekt ergänzen.“ LAVATCH sind in der jetzigen Besetzung noch nicht lange zusammen, doch Marco Kathage ist sich sicher, seine musikalische Heimat gefunden zu haben. Diese ist wohl am ehesten als vertrackter Hardcore zu beschreiben, „der auch mal über den musikalischen Tellerrand schaut“. Dabei unter- scheidet die Band nicht zwischen bestimmten Genres, sondern ist davon überzeugt, dass engstirnige Kategorisierungen völlig deplatziert sind – gerade bei kleineren Bands. „Streitet euch nicht darüber, ob eine Band Emo, Punk oder Hardcore macht. Wir sitzen alle in einem Boot und sollten uns um die wirklich wichtigen Dinge kümmern.“ Zum Beispiel ausgiebig tou- ren und gleichzeitig einem Vollzeitjob nachgehen – was allerdings ein aus- geklügeltes Zeitmanagement verlangt, wie der Sänger zugibt: „Für uns ist das nicht wirklich Stress, auch wenn es natürlich manchmal anstrengend sein kann, wenn man nach der Arbeit sofort ins Auto springt, um noch fünf LAVATCH Stunden zu einem Konzert zu fahren. Wir haben es uns aber genau so aus- Foto: Shorty gesucht und wollen es auch nicht anders.“ A MAN IS ALWAYS THE VICTIM OF HIS TRUTHS. Diese Weis- Bleibt nur zu hoffen, dass LAVATCH nun auch die entsprechende Beachtung heit des Literaturnobelpreisträgers Albert Camus haben LAVATCH im erfahren. Für die Band selbst steht außer Frage, dass sie ihr „Baby“ groß- Booklet ihres ersten Albums verewigt. Und das kommt nicht von unge- ziehen werden. Dass dafür auch ein Teil des Privatvermögens aufgebracht fähr, wie Sänger Marco Kathage verrät. Das Zitat ist für den Aachener sinn- werden muss, ist ja selbst für bekanntere Gruppen eine bittere Wahrheit. bildlich für die Botschaft, die hinter „Polygraph“ steckt: „Es geht bei fast Der Frontmann sieht das Geld dennoch gut angelegt: „Schließlich ist es jedem Lied um unsere alltäglichen Lügen – egal, in welchem Kontext. Du allemal besser, als die ganze Kohle am Wochenende auf irgendwelchen belügst dich jeden Tag selbst, damit du ein besseres Selbstwertgefühl hast. schlechten Elektropartys zu versaufen.“ Wo er Recht hat, hat er Recht! Mach’ den Fernseher an: unglaublich, wie viel Mist und Unwahrheiten da auf Florian Auer

ADEPT - ANOTHER YEAR OF DISASTER ”Another Year Of Disaster” carries the tradition of gifted melodicism and high-impact hardcore onwards, with enough urban connection to feel fresh and hungry. Vital modern music and lyrics that relate to the strife most people struggle with. This band wants to make your sons and daughters do bad things!

** Available from iTunes with two extra songs.

www.myspace.com/theadept

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Coming in April: HER BRIGHT SKIES - Causing A Scene Later this spring: SOCIAL SIBERIA - Waterworks

THE TOUGHEST KIDS TOUR ADEPT + special guests: HER BRIGHT SKIES 22.1 - Hamburg, Germany • 23.1 - Berlin, Germany • 26.1 - Vienna, 29.1 - Munich, Germany • 30.1 - Stuttgart, Germany • 01.2 - Cologne, Germany 05.2 - Osnabrück, Germany

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28Fuze20.indd 28 10.01.10 20:48 ging Animals weiß ich aber, dass auch offen- sive und provokante Motive sehr gefragt sind. Jeder Veggie sollte seinen eigenen Weg fi nden, die tiefe Betroffenheit über das millionenfache Leid der versklavten Tiere in positives und tat- kräftiges Engagement zu verwandeln, um andere Menschen für den besseren Weg zu begeistern. Meinen Beitrag zur veganen Revolution sehe ich deshalb in erster Linie darin, kreative „Waf- fen“ zu schaffen, mit denen sich Veggies identi- fi zieren können, die sie stark und selbstbewusst machen im täglichen Kampf gegen die Unge- rechtigkeit. Veganismus ist kein Modetrend, es ist eine Befreiungsbewegung, bei der sich jeder mit seiner Stärke einbringen sollte: Schreibt Texte, macht Musik, schließt euch Tierrechts- gruppen an, organisiert Infotische, kocht ... habt Spaß dabei. Im Laufe unserer E-Mail-Korrespondenz hast du mich auf ein Thema aufmerksam gemacht, über das ich mir noch nie wirklich Gedanken gemacht habe: Viele Bands geben heutzu- tage kaum noch Merch-Designs in Auftrag, sondern lassen sich einfach ihren Namen auf austauschbare und vorgefertigte Design kopieren. Was hältst du davon? Das beweist für mich eigentlich nur, wie aus- tauschbar und profi llos viele Bands auch in ihrer Selbstdarstellung sind. Einige haben schon ROLAND STRALLER kapiert, dass man nicht zu jeder neuen CD ein FREE YOUR MIND. Nach einer sich schier endlos hinziehenden markenrechtlichen neues Logo braucht oder sogar eine kom- Auseinandersetzung mit einem Label für italienische Designermode ist es endlich soweit: Es plett andere Musikrichtung einschlagen sollte. gibt ein Fuze-Shirt (siehe Seite sechs). Da es uns allerdings zu langweilig war, nur unser Logo Wenn ich noch einmal für eine – vegane – Band auf einen schwarzen Hintergrund zu klatschen, haben wir beschlossen, verschiedene Künstler etwas machen sollte, würde ich empfehlen, das darum zu bitten, sich mit der wörtlichen Übersetzung von „fuze“ auseinanderzusetzen. Roland gesamte äußere Erscheinungsbild auf eine zen- Straller, verantwortlich für das Design des ersten Shirts, erklärt uns seinen Entwurf. trale Message abzustimmen. Vom CD-Artwork über die Shirts bis zum Button müsste alles Die einzige Vorgabe für das Design des Schmetterlinge als bekannte Symbole der Meta- eine klare und einheitliche Bildsprache haben – T-Shirts war ja, dass es etwas mit dem The- morphose, der Befreiung und des Neuanfangs wenigstens bis zum nächsten Album. Vielleicht mengebiet „Zünder“, „Zündschnur“ oder sollen dies verdeutlichen. Denn genau diese Art denke ich da aber auch zu konzeptionell und „Lunte“ zu tun haben sollte. Erläutere doch von Sprengung alter Muster und Gewohnheiten großspurig, weil meine Wahrnehmung als Grafi - mal, was du dir bei deinem Entwurf gedacht im Kopf erlebte ich am 22. Mai 1999, als ich im ker doch sehr selektiv ist. Schließlich fällt es den hast. Gespräch mit meinem bereits vegan lebenden meisten ja auch gar nicht mehr auf, dass viele Die zentrale Frage für mich war: Wie schaffe Freund Tobias Graf mein Essverhalten nicht mehr Merch-Designs von der Stange kommen und so ich ein fettes Shirt-Design, das die genannte länger vor mir rechtfertigen konnte und über allgemein gehalten sind wie Shirts von C&A oder Rahmenbedingung abdeckt, viele Fuze-Leser Nacht zum Vegetarier wurde. Seitdem bestimmt Otto – mit irgendwelchen belanglosen Zahlen anspricht und mir die Möglichkeit gibt, meine dieses Thema mein freies künstlerisches Schaf- und Ornamenten drauf ... oder auch schon mal Themen, also Tierrechte und Veganismus, zu fen, und ich bin ständig auf der Suche nach einem Totenkopf, haha. refl ektieren. Ich ließ mich in erster Linie von dem neuen Ideen, das paradoxe Verhältnis zwischen Thomas Renz gelben Warnschild für Explosionsgefahr inspi- „nichtmenschlichen und menschlichen Tieren“ rieren, wobei mir spontan der Titel „Free your in Konzepten und Bildern zu refl ektieren. „Free mind“ des gleichnamigen Neunziger-Jahre-Hits your mind ... and your stomach will follow!“ von EN VOGUE durch den Schädel geisterte. Ein Grund, warum ich wollte, dass du ein Dank YouTube lief der Song beim Umsetzen des Fuze-Shirt entwirfst, war die Tatsache, dass Design auch mehrmals als Soundtrack und erin- du ein Künstler bist, der etwas zu sagen hat. nerte mich positiv an meine erste Zeit mit MTV, Trotzdem hat mir der erste Entwurf, den du als ich mich langsam vom herumlungernden gezeichnet hast – ein fetter König auf einem Alko-Grunger zu einem Straight-Edge-Hard- Thron aus Knochen, der hilfl ose Tiere in sich core-Kid entwickelte. Ursprünglich wollte ich hineinstopft –, nicht so recht zugesagt, weil „leckere Tiere“ aus dem Schädel fl iegen lassen, ich fand, dass man das Ganze vielleicht etwas aber es geht bei jeder Revolution und Entwick- subtiler angehen sollte. Wie denkst du darü- lung viel mehr darum, das Bewusstsein zu spren- ber? Kann die Aussage bei einem Thema, das gen und eine neue Sichtweise zu entzünden. Die einem so wichtig ist, gar nicht offensiv genug sein? Oder ist es ebenso wichtig, die Leute, ROLAND STRALLER, geboren am 14. Juli 1978 im baye- die man erreichen will, nicht gleich abzu- rischen Schwandorf und aufgewachsen in der oberpfäl- schrecken? zischen Provinz, studierte von 1998 bis 2003 Kommuni- Ich denke, dass alle Wege ihre Berechtigung kationsdesign an der FH Nürnberg mit Schwerpunkt Illus- haben. Ein Shirt allein macht ja noch niemanden tration und arbeitet seitdem als freiberufl icher Grafi ker zum Vegetarier. Es kommt auf den Repräsen- und Illustrator – vor allem für den veganen Großhandel tanten und das Vorbild an, das darin steckt. Ein AVE sowie den Online-Shop alles-vegetarisch.de. 2006 gründete er zusammen mit DEADLOCK-Schlagzeuger Shirt kann bestenfalls nachdenklich machen und Tobias Graf das vegane Lifestyle-Label Avenging Ani- als Einstieg in ein Gespräch über Tierrechte und mals. Er lebt mit Frau Yvonne, Sohn Demian und Toch- Veganismus dienen. Ich persönlich fühle mich ter Juna Valena in einem Ort namens Dürnsricht-Fenster- deshalb auch wohler mit einem Shirt, das Neu- bach und hört zur Zeit am liebsten , LONG gierde weckt. Aus meiner Erfahrung mit Aven- DISTANCE CALLING und EVERGREEN TERRACE.

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29Fuze20.indd 29 10.01.10 22:33 reviews ALKALINE TRIO This Addiction „Alles wiederholt sich nur im Leben“, wusste schon Friedrich Schiller. Und tatsächlich: eine neue ALKA- LINE TRIO-Platte, eine neue Fuze-Titelgeschichte. Und – auch das ist eine Wiederholung – wieder bringt Sänger und Gitarrist Matt Skiba das Geheimnis seiner Band im ersten Satz des ersten Songs auf den Punkt. Hieß es bei „Agony & Irony“ noch „Here it is again / Yet it stings like the first time“, lautet die Erklärung dieses Mal: „You hit me just like heroin / I feel you coursing through my venes.“ Genau so ist es: ALKALINE TRIO sind eine Droge. Einmal angefixt, kommt man nur noch schwer davon los. „This Addiction“ kann ähnlich wie Heroin euphorisierend und schmerzlindernd wirken. Nur schlaffördernd ist das siebte Album der Band nicht. Heroin sei eine Metapher für die Liebe, sagte Skiba in einem Inter- view. Stimmt. Eine Metapher für die Liebe zu seiner Band. Doch Friedrich Schillers Zitat bewahrheitet sich bei „This Addiction“ noch auf eine weitere Art. Die Platte ist für ALKALINE TRIO gewissermaßen eine Rückkehr zu den eigenen Wurzeln. Die neuen Songs wurden nicht wie zuletzt in Hollywood, son- dern wieder in Chicago, der Heimatstadt der Band, aufgenommen – im selben Studio und mit demsel- ben Produzenten, der auch schon für die ersten drei Alben verantwortlich war. Insofern ist es nachvoll- ziehbar, wenn Sänger und Bassist Dan Andriano der Meinung ist, „This Addiction“ klinge wieder eher nach den ersten als den letzten drei Platten. Trotzdem sind ALKALINE TRIO natürlich nach wie vor mehr eine Rock- als eine Punk-Band. Wenn auch eine, die gelernt hat, dass es einem Song oft nicht gut tut, wenn man im Studio zu lange an ihm herumbastelt. Diese neue/alte Reduziertheit auf oftmals nur eine Gitarrenspur ist es, die dafür sorgt, dass man nach all den Jahren immer noch so süchtig ist. Bleibt die Frage, ob sich bei derart vielen Wiederholungen tatsächlich so etwas wie wahre Liebe entwickeln kann. Natürlich. Das eine geht ja gar nicht ohne das andere, wie der französische Schriftsteller Stendhal, ein Zeitgenosse Schillers, wusste: „Die Macht der Gewohnheit behauptet sich selbst in den leidenschaftlichsten Augenblicken.“ (Heart & Skull/Hassle/Soulfood) Thomas Renz

CRIME IN STEREO MONEEN I Was Trying To Describe The World I Want You To Someone To Leave Behind (Post-)Hardcore, Punk, Emo, ein Die allgemeine Euphorie über die Vocal-Coach und ein Effektpedal ste- Reunion der GET UP KIDS – vor allem hen an der Ecke und unterhalten sich bei den älteren Semestern – lässt über den großen sechsten Unbekann- eine Kleinigkeit schon mal verges- ten. Was sich wie die Einleitung eines sen: Nach dem furiosen „Something Witzes liest, sind im Grunde die Eck- To Write Home About“ wurde die Band daten der neuen Platte von CRIME immer ruhiger, waren die Alben nicht IN STEREO. Ist das jetzt Meta-Hard- mehr so hitlastig. Alles im allem wur- core? Space-Emo? Oder einfach nur den aus den Kids alte Männer, die sich sehr ambitionierter Punk mit Hang zur dann 2005 in den Ruhestand verab- Schwerelosigkeit? Die Band aus Long schiedeten. Schon zwei Jahre vor dem Island hat die Krise als Thema für sich entdeckt. Die persönliche wohlgemerkt. Split veröffentlichten die Kanadier MONEEN „Are We Really Happy With Who We Das Politische, das auf „The Troubled Stateside“ noch allgegenwärtig war, bevor Are Right Now?“ und zeigten: So hätten die GET UP KIDS klingen können, hät- es sich auf „...Is Dead“ allmählich verabschiedete, hat Platz gemacht für das ten sie sich das Ungestüme ihrer Anfangstage bewahrt. 2006 setze das Quar- Persönliche. „I Was Trying To Describe You To Someone“ sei ein Album über die tett mit „The Red Tree“ noch einen drauf, und verwies wenigstens das Spätwerk Liebe, sagt Sänger Kristian Hallbert ganz unverblümt. Und ein sehr unkitschiges der Emo-Urväter in seine Schranken. Jetzt sind die GET UP KIDS wieder da – dazu. In langen Songs leuchten CRIME IN STEREO in Teilen aus, was BRAND NEW und auch wenn ich mich damit weit aus dem Fenster lehne: MONEEN sind besser auf ihrem letzten Album plötzlich nicht mehr spielen wollten. Dass sie in einigen als die aktuellen GET UP KIDS. Natürlich erschafft „The World I Want To Leave Momenten über das Ziel hinausschießen, sei ihnen verziehen. Abgesehen von Behind“ kein neues Genre und ist auch kein Meilenstein wie „Something To Write BLACKLISTED hat nämlich in letzter Zeit keine im Hardcore sozialisierte Band auf Home About“, auch ist das Album wesentlich geradliniger als „Are We Really eine betont andere Art so viel von sich preisgegeben. Am Ende möchte man mit Happy ...“, aber es hat alles, was eine Emo-Platte aus den Neunzigern gebraucht Beckett sagen: „So lange das Schlimmste betrachten, bis es einen zum Lachen hätte, und klingt trotzdem zu keiner Sekunde altbacken. MONEEN sind die logi- bringt.“ Oder halt in schwerelose Songs mündet. Der große sechste Unbekannte sche Fortsetzung von dem, was THE GET UP KIDS losgetreten haben. Nie klang ist die Verlorenheit. (Bridge Nine/Soulfood) René Schuh ein totgesagtes Genre lebendiger. (Dine Alone/Soulfood) Dennis Meyer

PRIZE COUNTRY SMOKE BLOW ... With Love The Record Du denkst, moderner Hardcore sei zu Ey Letten, du Atze. Wir müssen mal vorhersehbar? Zu ausgelutscht? Zu ... reden, Sportsfreund. Euer (königli- modern? PRIZE COUNTRY haben Mit- ches Sie) letztes Langeisen fand ich leid mit dir! Denn das Quartett aus scheiße. So richtig. Nur so Homo- ist ganz tief in den Neunzigern Punkrock und viel zu glatt. Sicher, verankert. PRIZE COUNTRY verbin- der Roboterpimmel auf dem Cover ist den Elemente von SNAPCASE, QUICK- Bombe, aber der Inhalt? Hits für die SAND, oder FUGAZI, Turbojugend, Melodien für die Gene- addieren eine dicke Portion Midwes- ration Musikjournalismuspraktikum. tern-Rock und thronen über jegli- Aber hey, die Kurve habt ihr gekriegt, chen Referenzen mit hohem musika- sag ich mal. Habt offenbar immer lischen Talent. Wo sich andere Plat- noch die richtigen Platten im Schrank. ten an jeden vorhandenen Strohhalm klammern, bietet „... With Love“ gleich Die Neue ist viel geiler. „The Record“ ist eine wahre Erregung. Aus der Gosse, für mehrere treibende Kräfte. Zum einen ist da die pulsierende Gitarrenarbeit. Die die Gosse. Hat ja teilweise so einen richtig fiesen Metal-Touch – mit Sunlight- Gitarren hauen Riffs raus, die im Stande sind, dir die Schädeldecke wegzurasie- Studio-Gitarren, DOWN-Riffs, Schießbudenfick, Hartkern-Muckies und allem ren. Sie zwingen dich mit unbändigem Groove, den eben zerdepperten Schä- Pipapo. Die schnellen Klopfer sind sogar maskuliner als die Kinnpartien der Bog- del wild herumzuschleudern. Sie haben aber auch die melodischen, fast schon danoff-Brüder. Und ehrlicher als alle Turnhosen-Kiddies, die sich nicht auf euren versöhnlichen Töne drauf – aber nur, wenn es passt und unbedingt sein muss! Shows tummeln. Härter als Abwrackprämie und Schweinegrippe zusammen. Viel Charakter schöpft die Platte auch aus dem höchst charismatischen Gesang Haha, ich roll’ mich ein ... Da kann ich jetzt auf meine Kutte zwischen und von Jacob Depolitte. Seine Stimmlage erinnert beizeiten frappierend an die von POISON IDEA endlich einen SMOKE BLOW-Patch pappen. Eine Frage noch: Wie Daryl Taberski von SNAPCASE, allerdings gibt sich der gute Jacob deutlich wand- fühlt es sich eigentlich an, sich mit sämtlichen deutschen Pseudorockern den lungsfähiger. Sämtliche Elemente spielen bei PRIZE COUNTRY zusammen und Arsch abzuwischen? Mann, wie erbärmlich die alle stinken. Ich glaube manchmal, erschaffen so ein spannungsgeladenes, immer originelles Album. (Hex) ihr seid härter als und der Teufel hat ein SMOKE BLOW-Arschgeweih. Alessandro Weiroster Ein Fan. (PIAS/Rough Trade) René Schuh

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8CONTROL Melodien. Obendrauf sorgt Lyxzén mit seinem haben unter anderem Candace von WALLS OF che Musik hören durfte, You Should Have Cared markanten Geschrei für das Sahnehäubchen. JERICHO, Bryan von DEATH BEFORE DISHO- mit PEDRO THE LION „8CONTROL ist an deiner Freundschaft inter- Lobenswert auch die Art, wie AC4 die Sache mit NOR, FINAL PRAYER-Sänger Stephan und Bud einst selbst eine christ- essiert“, stand vor einiger Zeit in meinem MyS- den Texten angehen: Obwohl die vier Typen mitt- von SETTLE THE SCORE. Fazit: Nach dem Hören liche Band hatte (wenn pace-Posteingang. Kurz auf den Link geklickt lerweile auf die vierzig zugehen, schaffen sie es, dieser Platte möchte man applaudieren bezie- auch eine, die poli- und direkt vorgenommen, die Hardcore-Band den Spirit von damals einzufangen und dabei hungsweise Leute ohrfeigen, die einem irgendwie tisch nicht gerade kon- aus Frankreich weiter zu beobachten. Nun haben jedem Fettnäpfchen aus dem Weg zu gehen. nicht in den Kram passen. (Psychot/Intergroove) servativ eingestellt war sie eine EP namens „You Should Have Cared“ Sicherlich lebt „AC4“ von einem gewissen Nos- Georg Büchner und sich beispielsweise veröffentlicht, die man sich auch kostenlos her- talgiefaktor. Gleichzeitig ist es beachtlich, wie für das Recht der Frau auf Abtreibung ausge- unterladen kann. 8CONTROL möchten, dass man sehr eine derart altmodische Platte mitreißen AIRLINES OF TERROR sprochen hat) und „Curse Your Branches“ nun ihre Musik hören kann, ohne dafür zu bezah- kann. In den Achtzigern wären AC4 mit diesem Blood Line Express so etwas wie Bazans Bruch mit dem Christen- len. Ihrer Meinung nach geht es heutzutage Album eine ganz große Nummer gewesen. Doch AIRLINES OF TERROR sind maßgeblich durch tum darstellt. „Wait just a minute / You expect me nicht mehr darum, CDs zu kaufen, um die Szene egal, von welcher Dekade wir sprechen: Diese Demian Cristiani geprägt, der schon bei NOVEM- to believe / (...) We should all be satisfied / With zu unterstützen, sondern darum, auf Shows Platte macht einfach unheimlichen Spaß. (Ny BRE für Gitarre und Gesang verantwortlich war. this magical explanation / For why the living die“, zu gehen. Und genau das kann man in Februar Våg) Alessandro Weiroster Die Italiener wildern zwischen Death und Thrash fragt er gleich im ersten Song ungläubig all die- machen, wenn die Band hierzulande unterwegs Metal, bleiben jedoch in viele Richtungen offen. jenigen, die den biblischen Schöpfungsbericht ist. (Nothing But A Beatdown) Georg Büchner ADEPT Für Abwechslung ist gesorgt, auch wenn sich die wörtlich nehmen und zu denen er bis vor gar nicht Another Year Of Disaster begrenzten Möglichkeiten einer Besetzung mit allzu langer Zeit noch selbst gehörte. Inzwischen A BIT OF BRAINDEAD Keine Ahnung, warum nur drei Musikern alsbald bemerkbar machen. kann man Bazan wohl als Agnostiker bezeich- Totally Wrecked in den Beipackzetteln Mit zunehmender Spielzeit verliert „Blood Line nen, der, obwohl er als solcher viele Fragen mit Als ich jünger war, hatte ich eine Hardcore-Band, von Promo-CDs stän- Express“ zudem seinen anfänglichen Überra- „Ich weiß es nicht“ beantwortet, sehr viel Kluges die ziemlich schlecht war. Musikalisch war es dig die Rede davon sein schungseffekt und die Band wird immer bere- zu sagen hat (siehe zum Beispiel „Selling adver- immer so, dass auf einen kurzen, schnellen Part muss, dass die jewei- chenbarer. Letztendlich fehlt es AIRLINES OF tising“, seine bissige Abrechnung mit professi- mehrere geklaute Breakdowns und Moshparts lige Band eigenständi- TERROR aber einfach an Wiedererkennungs- onellem Musikjournalismus auf der EP „Fewer folgten. Textlich war das Ganze noch schlechter. ger und anders klingt wert. (Rising/Plastic Head) Arne Kupetz Moving Parts“) und darüber hinaus einfach wun- A BIT OF BRAINDEAD machen diese Fehler nicht. als alles bisher Dagewe- derschöne Musik macht. (One Four Seven/Bar- Auf großes Gemoshe wird in dieser schnellen sene. Denn wenn Musik, wie ADEPT sie machen, THE ARGENT DAWN suk/Soulfood) Thomas Renz Thrash-Punk-Mischung kein Wert gelegt, aber eines nicht ist, dann originell. Man schneidet sich A Blank Eternity es fehlt einem auch nicht. Die Texte sind nichts mit solchen Aussagen nur ins eigene Fleisch und „World of Warcraft“ BEFORE THERE WAS ROSALYN Besonderes, aber angepisst und nicht einfach macht – offenbar unbewusst – auf die Schwä- trifft Deathcore. Wer The Führer nur nachgelabert. Insgesamt ziemlich simpel und chen eines ganzen Genres aufmerksam. Wäh- schon immer wissen (An Allegory Of A History Of Deception) gerade deswegen gut. (Yellow Dog/Rising Riot/ rend die Älteren jedoch immer noch die Nase wollte, wie eine musi- „Five boys from Hous- Thrashbastard) Joss Doebler rümpfen und Trendmeierei unterstellen, haben kalische Variante des ton, Texas who attest die Kids schon längst erkannt, dass sich Metal- Online-Rollenspiels that they are a minis- core als selbstständige Spielart zwischen Metal klingt, wird bei THE try first and a band und Hardcore etabliert hat. Ob man das nun ARGENT DAWN fün- second“, so beschrei- „A scene all divided with no unity“, beklagten sich gut findet oder nicht, bleibt jedem selbst über- dig. Aber Spaß beiseite. Außer dem Drang zu ben sich BEFORE AGNOSTIC FRONT bereits vor mehr als einem lassen. Die fünf Schweden ADEPT strecken zerstören, haben beide nichts gemeinsam. Sind THERE WAS ROSA- Vierteljahrhundert, und anlässlich der Wieder- ihre Fühler außerdem noch in Richtung Dea- es beim Rollenspiel soziale Kontakte zu echten LYN auf ihrer MySpace- veröffentlichung ihres ersten Albums, auf dem thcore (die Breakdowns) und Emo (der Klar- Menschen, vernichtet „A Blank Eternity“ eben Seite. Heißt im Klartext: Der Band geht es in ers- sich auch dieses Zitat findet, wird einem wieder gesang) aus, kriegen aber immer gerade noch die Gehörgänge. Ähnlich wie bei ANNOTATIONS ter Linie darum, Gottes Wort zu verkünden, ihre einmal bewusst, dass Hardcore im Grunde schon rechtzeitig die Kurve, bevor es zu prollig bezie- OF AN AUTOPSY geht es auf dem Debüt der Band Musik ist lediglich Mittel zum Zweck. Was zumin- immer die gleichen Probleme hatte. Metalcore hungsweise zu kitschig wird. Da hat das Internet aus Swindon in Richtung klassischer Death Metal. dest erklärt, warum diese so furchtbar langweilig gehörte damals allerdings noch nicht dazu – den schon viel belanglosere Bands zutage gefördert. Die alten Helden dieses Metiers haben immer ist. Metalcore von der Stange „for fans of UNDE- haben AGNOSTIC FRONT erst zwei Jahre nach (Panic&Action/Indigo) Jan Ahrens mehr ausgedient, die Frischlinge agieren heut- ROATH and THE DEVIL WEARS PRADA“. Inhalt- dem Release von „Victim In Pain“ (mit-)angezet- zutage meist variantenreicher – sei es beim Auf- lich geht es bei „The Führer“ angeblich um „die telt. Umso ärgerlicher, dass diese Wiederveröf- ANTICOPS bau der Songs oder beim Gesang. THE ARGENT Philosophie, dass absolute Macht absolut kor- fentlichung so lieblos geraten ist und als Bonus Out In The Streets DAWN klingen wie eine Art WHITECHAPEL ohne rumpiert“, umgesetzt wird dies allerdings nur lediglich die Songs der 1983 erschienenen EP Als ich ganz jung war Melodien, was keinesfalls negativ gemeint ist. Sie in der billigen Nazi-Ästhetik des Artworks – in „“ enthält. (Bridge Nine/Soulfood) und noch nie etwas von fahren eine sich langsam aufbauende und alles den Texten geht es vor allem darum, wie super Thomas Renz ANTICOPS gehört hatte, zermalmende Sound-Wand auf, die ständig zwi- Gott ist. „All creation sings / How great is our hat die Berliner Band schen Midtempo-Parts und Doom hin und her God“, heißt es beispielsweise wenig subtil zum AC4 bei uns in der Stadt pendelt. Angereichert mit genügend Blastbeats Abschluss der Platte. Und die Frage, wie korrupt AC4 gespielt. Aber irgend- und einem starken Mann am Mikro, stehen THE ihr Herr im Himmel aufgrund seiner Macht ist, „We dance to all the wie hatte der Veran- ARGENT DAWN genau wie WHITECHAPEL über lassen BEFORE THERE WAS ROSALYN ebenfalls wrong songs and we stalter es verschlafen, dem Trend namens Deathcore. Kein ständiger unbeantwortet. Wenigstens eines ist nach die- enjoy all the wrong Werbung zu machen, und die ungefähr dreißig Wechsel zwischen Breakdowns und Pig Sque- sem weder musikalisch noch inhaltlich zu Ende moves“, hieß es damals Leute, die dann doch gekommen waren, wirkten als, sondern richtige Songs stehen im Vorder- gedachten Album klar: mutie- bei „New noise“ von in dem überdimensionierten Saal ziemlich verlo- grund. Um die Zukunft des angeschlagenen Gen- ren immer mehr zum Christen-Label. „The label . In den elf Jah- ren. Als Krönung baute der Veranstalter links vor res braucht man sich also keine Sorgen machen. has been completely supportive of our ministry, ren seit dem Erscheinen der richtigen Bühne eine kleine Mini-Bühne auf, (Rising/Plastic Head) Frank Engelhardt our message, and our music“, so die Band kürz- von „The Shape Of Punk auf der ANTICOPS dann spielen mussten. Wäh- lich in einem Interview. Gut zu wissen. (Victory/ To Come“ ist einiges passiert – allerdings hat sich rend des gesamten Konzerts dachte ich nur: DAVID BAZAN Soulfood) Thomas Renz wenig zum Guten geändert. Vielleicht ist das ein „Scheiße, die sehen ganz schön wütend aus.“ Curse Your Branches Grund, warum Dennis Lyxzén und David Sand- Und so haben sie sich auch angehört. Seitdem „Wenn ich mein fünfzehnjähriges Ich wäre, ich COCOON ström mit ihrer neuen Band zurück zu den Wur- mag ich die Berliner. Auf „Out In The Streets“ zol- wüsste nicht, was ich mit dieser Platte anfan- This Is Freedom zeln gehen. Geboten wird simpler Frühachtziger- len sie ihren Hardcore/Punkrock-Wurzeln Tri- gen würde“, hat David Bazan in einem Interview Die fünfköpfige Band aus Köln und Bonn beginnt Hardcore. Wer Bands wie MDC, but. Mit Mateo von PAYBACK nehmen sie sich den zu seinem ersten Soloalbum gesagt. Um die- das vierte Jahr ihrer Karriere mit ihrem ersten oder kennt, weiß, wohin der Hase MISFITS-Klassiker „Attitude“ vor, danach folgt sen Satz zu verstehen, muss man wissen, dass Longplayer. COCOON beschreiben ihre Musik läuft. Die fünfzehn Songs sind straight, schnell, „Gewalt“ von den TROOPERS. Doch die Liste der Singer/ aus Seattle bis zu seinem selbst als eine Art Screamo-Hardcore-Metal, die kurz, aber auch vollgestopft mit Sing-Alongs und der Gastmusiker ist noch länger, mitgemacht fünfzehnten Lebensjahr ausschließlich christli- unter anderen von ATREYU beeinflusst sei. Die

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Genremischung kann man keinesfalls bestreiten, Staaten zu Bands wie I AM THE OCEAN oder BET- til zugeht und die jungen Herren wohl direkt mit chen Charme, den seine eigene Band auf ihrem aber mit ATREYU hat die ganze Sache nichts zu WEEN THE BURIED AND ME blicken. Beide haben dem Flammenwerfer agieren, um den Advents- Debüt „Nothing Gold Can Stay“ noch hatte. Mit tun – „This Is Freedom“ sticht nicht gerade aus ähnlich progressive Song-Strukturen, inner- kranz abzufackeln. Da geht sie dahin, die hei- anderen Worten: Das Album ist alles andere als dem Einheitsbrei hervor. Durchschnittliche Riffs, halb derer sie erfolgreich versuchen, die Extreme melige Weihnachtsatmosphäre. Lichtlein eins perfekt, aber genau darin liegt seine Stärke. mittelmäßiger Gesang, dafür gute Melodien. auszuloten. Noch fehlt der Band der allerletzte bei EVERYTHING BURNS ist die Tatsache, dass Wäre „All I Have To Offer Is My Own Confusion“ Und dem Sound fehlt es eindeutig an Kraft und Schliff und einige Songs könnten einen noch trotz Chugga-Chugga-Riffs auf das Geschrei zehn Jahre früher erschienen, es wäre wohl die Tiefe. Trotzdem überzeugt die Band insgesamt deutlicheren roten Faden vertragen. Es wäre verzichtet wird. Das kommt nämlich erst im drit- Rückseite von so manchem - mit einer charmanten Ehrlichkeit. (Rising/Plastic aber auch irgendwie langweilig, wenn DIORAMIC ten Song. Als Lichtlein zwei tut sich der Gesang Tape geworden. Ob man heute noch ein solches Head) Alexander Blach schon jetzt ihr gesamtes Potenzial ausschöpfen von Tim Kellow hervor, der die hymnischen Ref- Album braucht, muss aber jeder für sich selbst würden. Sonst könnte man sich ja nicht auf die rains ins rechte Licht rückt. Nur schade, dass es entscheiden. Eine Chance haben FIREWORKS CORROOSION Entwicklung dieser wirklich interessanten Band der hymnischen Refrains so viele gibt, dass man durchaus verdient. Oder – wie in meinem Fall – Punish The Mind freuen. (Lifeforce/Soulfood) Martin Schmidt die Songs manchmal nicht recht auseinander- auch zwei. (Hassle/Soulfood) Dennis Meyer CORROOSION lie- zuhalten vermag. Und dass man EVERYTHING fern ein Album ab, das DESTINE BURNS in einem DJ-Set problemlos zwischen FOR THE GLORY man sich in dieser Form In Your Arms und ATREYU auf der einen Survival Of The Fittest eigentlich von Manchmal muss man sich schon fragen, wie und und TAKING BACK SUN- Je länger man über das gewünscht hätte. Eines, viele stereotype Emo-Bands die Welt eigent- DAY auf der anderen Seite spielen kann, sorgt für Artwork des ersten auf dem über die kom- lich noch aushält. „In Your Arms“ ist eine die- Lichtlein drei und vier. Alles in allem ist „Home“ Albums der Portugiesen plette Länge ein trei- ser ärgerlichen Debüt-EPs, die man schon nach ein angenehm leuchtender Adventskranz. Die FOR THE GLORY nach- bender Beat im Vorder- dem ersten Track wieder aus dem Player entfer- Feuerwehr müssen wir jedoch (noch) nicht rufen. denkt, desto unklarer grund steht, der druckvoll aus den Boxen kommt nen möchte, weil es unüberhörbar ist, dass hier (Rising/Plastic Head) Birte Wiemann wird seine mutmaßliche und mit zahllosen Moshparts versetzt ist. Zur ganz gezielt die Großen des Genres kopiert wer- Aussage. Abgebildet ist Bekämpfung der Langeweile sind immer wie- den sollen. Langsam ist wirklich eine Schmerz- FALL OF EFRAFA ein offenbar mehr als der Spielereien eingebaut, die einen aus dem tief grenze erreicht. DESTINE wirken wie ein hoch- Inlé angepisster Wal im Vollkontakt-Fight gegen eine gestimmten Riff-Sumpf herausreißen. Anders gezüchtetes Produkt, das den alleinigen Zweck Wer hätte gedacht, dass unfaire Anzahl Segelschiffe. Das illustriert einer- als ihre amerikanischen Kollegen orientieren sich hat, die unersättlichen Mäuler der Emo-Kinder eine Band, die mit ihrer seits hervorragend die Message der Band (das die Italiener CORROOSION auf „Punish The Mind“ zu stopfen. Erstaunlich, dass irgendwer meint, Musik „die mythologi- Leben ist ein fortwährender Kampf, diese vier nicht an HipHop und , sondern glückli- mit so einem zusammengeklauten Einheitsbrei schen und politischen Typen werden sich jedoch keinesfalls unterkrie- cherweise vorwiegend an Death Metal. Natür- noch Geld verdienen zu können. Doch das wirk- Bezüge“ eines Romans gen lassen ...), andererseits scheint der Ausgang lich darf man von diesem Album letztendlich lich Traurige ist: Es funktioniert. (Sony) interpretiert, so ober- der Auseinandersetzung ungewiss. Auf lange keine Wunder erwarten. Eine musikalische Revo- Dorian Becker flächlich ist. Eigentlich Sicht wird sich zudem als Nachteil erweisen, lution findet nicht statt. Die Jungs verstehen es sollte in dieser Ausgabe dass Wale einfach viel zu groß sind, um sich hin- jedoch, jeden, der sich offen zu Moshparts und DRIVING THE SALT ein Interview mit FALL OF EFRAFA sein, doch das ter den winzigen Motorbooten von Umweltakti- Breakdowns bekennt, zu bedienen und für fünf- Tell-Tale Hearts (2002-2009) lehnten diese mit der Begründung ab, man wolle visten erfolgreich zu verstecken. „Survival Of The zig Minuten blendend zu unterhalten. Nur auf die „I’ve come a long way“, singt Patrick Winterl mit einem „Hochglanzmagazin“ wie dem Fuze Fittest“, das Überleben des besser Angepass- Sonnenbrillen, die sie auf den Promobildern tra- gleich beim ersten Song, und dass das, zumin- nichts zu tun haben. Einmal ganz davon abge- ten, sieht in diesem Fall letztendlich klar den Wal- gen, sollten CORROOSION dabei vielleicht ver- dest bezogen auf seine Band, auch tatsäch- sehen, dass das Heft auf ganz normalem Neun- fänger im Vorteil. „Alles eine Frage der Technik“, zichten – die gehen im Pit doch so schnell kaputt. lich stimmt, davon kann man sich im Folgenden zig-Gramm-Papier gedruckt wird und letztend- wie Alice Cooper sagen würde. FOR THE GLORY (Rising/Plastic Head) Frank Engelhardt selbst überzeugen: „Tell-Tale Hearts“ beinhal- lich in jeder Hinsicht ein Fanzine ist, das bei einem befinden sich textlich wie musikalisch aber noch tet neben sechs neuen Songs alles, was die bay- unabhängigen Winzverlag erscheint: Hätten die in hochmotivierter Angriffsstimmung à la TER- DEFEATER erische Band bisher aufgenommen hat – ange- Briten das Fuze auch nur ein einziges Mal gele- ROR oder DEATH BEFORE DISHONOR und schla- Lost Ground fangen beim Demo aus dem Jahr 2002. Und auch sen, hätten sie bemerkt, dass viele der Themen, gen sich so weit gut. „Survival Of The Fittest“ ist Geschichte hört nicht einfach so auf. Geschichte wenn DRIVING THE SALT immer noch „klassi- auf die sie mit ihrer Musik aufmerksam machen ein aufgebohrtes Re-Release des ursprünglich schreibt sich ständig fort. Was DEFEATER, eine schen Hardcore mit den Mitteln der heutigen wollen (zum Beispiel Veganismus oder eine kri- bereits 2007 erschienenen Albums, was ange- der aufregendsten, eigenständigsten und cle- Zeit spielen“, wie der Sänger es einmal nannte, tische Haltung gegenüber Religion), auch im sichts der Qualität des Materials durchaus sinn- versten modernen Hardcore-Bands unserer so ist die Entwicklung der Band noch längst nicht Fuze regelmäßig behandelt werden. Wir könn- voll erscheint – obwohl man nach zwei Jahren Tage, angefangen haben, müssen sie demnach abgeschlossen: Noch dieses Jahr soll ein kom- ten es der Band jetzt natürlich mit gleicher Münze eigentlich auch gleich mit einem neuen Album auch fortführen. Das tun sie mit „Lost Ground“, plett neues Album folgen. (Down The Drain) heimzahlen und auf eine Besprechung ihres her- hätte kommen können. (Dead Serious/Cargo) einer Variation und zweifellos einer Steigerung Thomas Renz vorragenden neuen Albums verzichten, nur weil Ingo Rieser alter Themen. Zwischen konstanter Eruption, es so schön aufgemacht ist, aber darunter wür- unbändiger Spielfreude und technischem Kön- EMBRYO den letzten Endes nur Denovali Records leiden, GREYMACHINE nen changierend, schaufeln DEFEATER weiter- No God Slave die viel in die Veröffentlichung investiert haben. Disconnected hin Scheuklappengräber und sind spannender Sie stammen aus Deswegen zum Schluss ein Dialog aus der Simp- Wer sich bei den ers- als die meisten anderen Bands. Diese Geschich- Cremona, der Stadt sons-Folge „Homer geht zur Marine“, wobei FALL ten Takten von „Dis- ten nimmt man immer wieder gerne mit auf den der Geigenbauer, doch OF EFRARA die Rolle des Ausbilders sprechen connected“ an „Ice ner- Weg. (Bridge Nine/Soulfood) René Schuh musikalisch haben sich und das Fuze die von Homer. Ausbilder: „Okay, veshatter“ von GOD- EMBRYO seit mehr als Simpson. Ich mag Sie nicht und Sie mögen mich FLESH erinnert fühlt, DEATHBOUND einer Dekade schrof- nicht!“ Homer: „Ich mag Sie!“ (Denovali/Cargo) der zeigt ordentliche Non Compos Mentis fen Metal-Klängen ver- Thomas Renz Kenntnisse in jünge- In Skandinavien scheint es eine Art ungeschrie- schrieben. Das Quin- rer Musikgeschichte benes Gesetz für -Bands zu geben. tett präsentiert auf seinem Zweitwerk „No God und dürfte zudem zur Zielgruppe von GREY- Und darin steht offenbar sinngemäß, dass man Slave“ eine Mixtur aus Death und , Believers Never Die – Greatest Hits MACHINE gehören. Einer der Köpfe dahinter ist von Platte zu Platte mehr Death Metal in sei- die es mit einer Black-Metal-Attitüde im Sinne Das Fest steht vor der Tür, und man hat kein nämlich der ehemalige -Boss Jus- nen Sound integrieren muss. NASUM haben von DIMMU BORGIR und CRADLE OF FILTH ver- neues Album am Start? Kein Problem, der tin K Broadrick, in jüngster Zeit hauptsäch- das gemacht, ROTTEN SOUND und COLDWOR- sieht. Dieser Eindruck resultiert aus dem selbst- Lückenfüller im Weihnachtsgeschäft trägt seit lich mit JESU aktiv und auch hier musikalischer KER auch und nun eben DEATHBOUND. Ob das bewussten Einsatz von Keyboards, die glückli- jeher den Namen „Greatest Hits“. Da man die Führer, ein anderer , dessen Bei- der richtige Weg ist, muss jeder Hörer selbst cherweise aber jederzeit dem Song dienen. Die- alten Sachen aber nicht einfach so an den Mann trag zwar hörbar ist, seine Hauptband ISIS aber entscheiden. Unterm Strich steht ein hervor- ser epische Kontext schafft einen guten Gegen- oder die Frau bringen kann, wurden zusätzlich bloß erahnen lässt. Den beiden zur Seite stan- ragend dreckig produziertes und gut gespiel- satz zu den barschen Extrem-Passagen, die noch schnell eine schnulzige Weihnachtsballade den mit Diarmuid Dalton (JESU, GODFLESH) und tes Geschoss, das den genannten Referenzen in gerne auch länger anhaltendes Stakkato bemü- und drei weitere, eher mittelmäßige, neue Songs (, ICE, GOD) alte nichts nachsteht – aber leider auch nicht mehr hen. An anderer Stelle setzen EMBRYO wiede- zusammengezimmert. Diese klingen leider etwas Weggefährten Broadricks, denen es ein Leich- ganz so erbarmungslos ballert wie der göttliche rum auf melodische Akzente und atmosphäri- gewollt und verkrampft, weshalb die ganze Num- tes gewesen sein muss, sich in dessen Visionen Vorgänger „We Deserve Much Worse“. (Dynamic sches Schwelgen. Für Abwechslung ist auf „No mer so lecker ist wie Weihnachtsplätzchen nach zurecht zu finden. „Disconnected“ ist ein bra- Arts/Soulfood) Hendrik Lukas God Slave“ also gesorgt, das Songwriting ist cle- Silvester: Man kann das Zeug einfach nicht mehr chiales, doomiges, voller Elektronik stecken- ver und einfallsreich. EMBRYO decken mit ihren sehen. (Island/Universal) Dennis Meyer des Noise-Ambient-Monster, das, um die einlei- DIORAMIC zehn Stücken eine beachtliches Spektrum ab, tende Assoziation halbwegs rund zu bekommen, Technicolor das Hörer mit Vorlieben zwischen DÅÅTH, CHILD- FIREWORKS ordentlich an den Nerven rütteln kann, wenn man DIORAMIC aus dem REN OF BODOM, DARK TRANQUILLITY, FEAR All I Have To Offer Is My Own Confusion denn bedauerlicherweise bloß schwache besitzt beschaulichen Kai- FACTORY und THE ARCANE ORDER ansprechen Wer Anfang Dezem- oder die Aufmerksamkeitsspanne höchstens bis serslautern beschrei- dürfte. Der einzige wesentliche Kritikpunkt, den ber auf einer Show zum nächsten Chorus, Breakdown oder Laut/ ben ihre Musik selbst sich EMBRYO gefallen lassen müssen, ist das von SET YOUR GOALS leise-Wechsel reicht. Aber bei solchen Klein- als „Art-Core“. Es ist Fehlen großer Hooklines, wodurch der Wieder- war, hat wahrschein- geistern ist die Versetzung in Musik für Fortge- also Vorsicht geboten. erkennungswert auf der Strecke bleibt. (Rising/ lich auch FIREWORKS schrittene eh hoffnungslos. (Hydra Head/Indigo) Zu oft wird mit extrava- Plastic Head) Arne Kupetz als Support gesehen. André Bohnensack ganten Labels nur ver- Vorausgesetzt, er oder sucht, einen eklatanten Mangel an musikalischer EVERYTHING BURNS sie war früh genug vor THE GROTESQUERY Substanz zu kaschieren. Also habe ich „Techni- Home Ort. Leider konnte das Quintett beim Konzert in Tales Of The Coffin Born color“, das zweite Album der Band, beim ersten Es ist nicht lange her, Köln nicht wirklich überzeugen und wurde von THE GROTESQUERY, das Okkult-Horror-Death- Mal leicht voreingenommen angehört – musste dass im Advent, Advent den nachfolgenden sowie Metal-Spielzeug von Kam Lee (ex-DEATH/MAS- aber nach fünfzig Minuten feststellen, dass eins, zwei, drei und vier dem Headliner an die Wand gespielt. Auf Platte SACRE) und Rogga Johansson (ex-alles Mögli- „Art-Core“ dem Sound der drei Pfälzer tatsäch- Lichtlein brannten. gestaltet sich das Ganze ein wenig anders. Zwar che), richtet sich an all diejenigen, die auf eher lich gerecht wird. Sozialisiert mit unprätentiö- Und allein der Band- werden FIREWORKS auch hier ihrem Namen nur simpel gestrickten, groovigen Death Metal im sem Emo, modernem Metal und Indie-Bands wie name von EVERYTHING bedingt gerecht, aber einen großen Pluspunkt Fahrwasser von BOLT THROWER, GRAVE oder DREDG oder MUSE, erschaffen DIORAMIC einen BURNS aus dem briti- hat das Album dann doch auf seiner Seite: Die GOREFEST stehen. Freilich wird der Band die Sound, den man so aus Deutschland noch nicht schen Südwesten lässt von von NEW FOUND GLORY produ- unüberhörbare Nähe zu den Genannten zum kannte. Für Vergleiche muss man schon in die erahnen, dass es auf deren Debüt wenig sub- zierten Songs versprühen genau jenen jugendli- Verhängnis, denn obwohl das Album von vorne

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bis hinten sehr professionell gemacht ist und phant Return To Obscurity“ sind weder zu schnell Lee über eine wirklich mächtige Stimme verfügt, noch zu langsam, weshalb man den verworre- beef review besteht kein Grund, nicht zu den Platten der Vor- nen Routen, mit denen Gitarren und Schlagzeug bilder zu greifen. Da sind nämlich die deutlich über den Math-Metal-Ozean kreuzen, auch ohne besseren Songs drauf. (Cyclone Empire/Soul- Sextant oder seekrank zu werden, folgen kann. LOWER HELL LOWER HELL food) Hendrik Lukas Dieses Gespür für das richtige Timing ist umso Hellevator Hellevator bemerkenswerter, wenn man weiß, dass KEEL- Wo steht eigentlich die- Den Einstieg eines neuen Sängers nahmen die HIRAX HAUL für ungefähr fünf Jahre komplett von der ses Studio, in dem der Freiburger FEAR MY THOUGHTS zum Anlass, El Rostro De La Muerte Bildfl äche verschwunden waren. Dass sie jetzt immer gleiche Sound ihren Sound neu zu erfi nden und sich auf ihrer Wer HIRAX nicht kennt, könnte meinen, sie seien wieder aufgetaucht sind, ist zwar schön, dürfte entsteht, sobald ein letzten Platte mutig über Genregrenzen hinweg- vor drei Jahren entstanden. Sie passen nämlich aber wieder einmal kaum jemanden interessie- Langhaariger zusam- zusetzen. Fans und Presse dankten es mit Unver- exakt in die Phalanx der Thrash-Revival-Bands ren, da hat der selbstironische Albumtitel voll- men mit einem Glatz- ständnis und fehlender Bereitschaft, sich inten- vom Schlage MUNICIPAL WASTE. Gründungsjahr kommen Recht. Deshalb: Kielholt die Ignoranz, kopf über die Tür- siv mit dem Material auseinanderzusetzen. Zwi- war allerdings 1984, so dass man dem einzig ver- egal, ob zu schnell oder zu langsam! (Hydra schwelle tritt? Gibt es schenzeitlich hat die Band ihre Aufl ösung ver- bliebenen Gründungsmitglied, Sänger Katon W. Head/Indigo) Thomas Renz vielleicht ein Cubase-Plug-In, auf das jedes Stu- kündet. Was das mit LOWER HELL zu tun hat? De Pena, zugutehalten darf, Pionierarbeit geleis- dio der Welt zugreifen kann, sobald die Schlag- Nun, das zweite Album der Süddeutschen wurde tet zu haben. Er klingt wie der kleine Bruder von KENAI wörter „Melodie“ und „Death Metal“ fallen? Bas- (bis auf das Schlagzeug) von Mitgliedern von OVERKILLs Blitz und NUCLEAR ASSAULTs John Hail The Escapist tardized Records entwickeln sich immer mehr FEAR MY THOUGHTS produziert (von Gitarrist Connelly, und mit einer solchen Stimme kann Nach der Veröffentli- zum Spezialisten für ausgelutschten Death Patrick Hagmann und Sänger Martin Fischer), längst nicht jeder seinen Frieden machen. Wer chung von zwei EPs und Metal. Als ob eine Sintfl ut drohe, die alle Bands und auch musikalisch offenbaren sich viele Par- es schafft, bekommt eine solide, fett produzierte einer Single steht mit wegschwemmt, hortet das Label Bands. Nur lei- allelen. Vorschnell lässt sich „Hellevator“ zwar Old-School-Thrash-Kelle in der Schnittmenge „Hail The Escapist“ nun der belassen sie es nicht bei nur einem Paar wie wahlweise als durchschnittliche Metalcore- oder der genannten Bands und kennt außerdem das das Debütalbum von ihr Vorbild Noah, sondern holen sich ein gutes Death’n’Thrash-Platte abtun – LOWER HELL Original und nicht bloß die Kopien. (Selfmade- KENAI an. Die sechs Dutzend vom Vertreter einer Art. Auf dem zwei- bemühen ja auch viele typische Zitate –, im Kon- god) Hendrik Lukas Jungs aus dem engli- ten Album von LOWER HELL wird alles geboten, text des gesamten Albums fungieren die bekann- schen Essex, die im März was man von einem modernen Release erwartet ten Elemente jedoch nur als Türöffner und führen ICHABOD bereits mit in Deutschland – nicht mehr und nicht weniger. Für Metal-Ham- den Hörer schnell in übergeordnete, vielschichti- 2012 unterwegs waren, liefern damit ein solides Erst- mer-Leser sicherlich wieder eine Offenbarung, gere Strukturen. Das Quintett aus Baden-Würt- ICHABOD aus Boston präsentieren auf „2012“ lingswerk ab. Die Mischung aus geschrienen und für alle anderen, also jeden, der das letzte halbe temberg kümmert sich erst gar nicht darum, wo einen merkwürdigen Mischmasch: Der Typ auf cleanen Vocals passt gut zu den melodischen Jahr nicht komplett verschlafen hat, handelt es sein Schaffen zu verorten ist. Den Musikern ist dem Cover ähnelt einem Klon aus Glenn Dan- Gitarrenriffs, die Synthesizerlinien sorgen für sich bei „Hellevator“ um ein Album unter vie- es wichtiger, intensive Soundscapes und Härte zig und dem Hulk; die Band hat sich nach einer Abwechslung. Ab und zu erinnern KENAI etwas len, das nach dem ersten Hören sofort wieder in stimmig zu verbinden und ein größeres Gan- Figur aus dem Alten Testament benannt, singt an eine poppigere Ausgabe von ENTER SHIKARI, Vergessenheit gerät. Positiv bleibt festzuhalten, zes zu schaffen. Das Ergebnis gibt LOWER HELL aber über das Ende der Welt, wie es angeb- was aber nicht weiter stört. Die zehn Songs sind dass sich LOWER HELL, den Promofotos nach zu Recht, und selbst in den technischen Passagen lich in irgendwelchen Maya-Kalendern ver- eingängig und lassen sich gut nebenbei hören. urteilen, wenigstens nicht zu ernst nehmen. Ohne verliert die Band nie ihre Lockerheit. Hoffentlich merkt ist; und im Booklet sehen die vier Musiker Für ein musikalisches Meisterwerk, das man ohne Humor wäre ein solches Album aber auch nicht bleibt ihr das Schicksal von FEAR MY THOUGHTS aus wie Rednecks, die bei einem Camping-Aus- aufkommende Langeweile einlegen und genie- auszuhalten. (Bastardized) Frank Engelhardt erspart. (Bastardized) Arne Kupetz fl ug die falschen Pilze gegessen haben und nun ßen kann, ist es dann aber doch ein bisschen zu ihr esoterisches Ich kennen lernen. Zum Glück wenig. Die Musikwelt beziehungsweise ihr Genre wird die miese Verpackung der Musik überhaupt haben KENAI mit „Hail The Escapist“ zwar nicht lich nützt das alles nichts, wenn man keinen TEMENT nennen ihre nicht gerecht. „2012“ bietet erstklassigen Doom revolutioniert, dafür aber vierzig Minuten durch- Sänger hat, der diese Gefühle passend rüber- Musik zwar Hard Rock, (NEUROSIS, SABBATH) mit leicht psychedeli- weg gute Musik geschaffen. Die Platte geht gut bringt. Doch auch den haben KISMET in Form von aber das macht nichts. schem Einschlag (OM, MINSK), der es wirklich ins Ohr – nur etwas zu schnell zum anderen wie- Temy Phem. Und die Musik? Tja, der Beipack- Pate für die Songs auf draufhat. (Rootsucker) Martin Schmidt der raus. Wer an oder A DAY zettel trifft den Nagel auf den Kopf! Neunziger- „Things Of Flesh And TO REMEMBER Gefallen fi ndet, kann zugreifen. Emo trifft auf verspielten, modernen Indie-Rock. Blood“ standen vor JAAKKO & JAY (Redfi eld/Cargo) Daniel Kubera Was sich anfangs stark nach alten CURSIVE oder allem AVENGED SEVEN- War Is Noise WAXWING anhört, bekommt in den treibenden FOLD, wobei deren Eine Aussage wie „weni- KIDCRASH Parts einen anderen Anstrich und erinnert dann technisches Niveau nicht annähernd erreicht ger ist mehr“ ist natür- Snacks gar an deutsche Kollegen wie SLUT. Die größte wird. Dass die Belgier es mit ihrer Musik jedoch lich totaler Quatsch. Als Liebhaber von KID- Kunst von KISMET ist es aber, dass sie es schaf- sehr ernst meinen, merkt derjenige, dem beim Richtig wäre lediglich CRASHs erstem Album fen, nicht in einem Tränenmeer unterzugehen. Hören des Albums etwas langweilig wird. Der eine Tautologie im Sinne „Jokes“ geht es mir bei Die Songs sind fast durchweg melodisch und Blick auf das CD-Cover zeigt eine professio- von „mehr ist mehr“. „Snacks“ ungefähr so melancholisch, besitzen aber so viele Ecken und nelle Aufmachung, auch das Mastering wurde in Dass weniger nichts- wie mit der falschen Kanten, dass es immer spannend bleibt. Außer- äußerst erfahrene Hände gegeben. Alan Dou- destotrotz äußerst gut Pizza. Man freut sich auf dem haben die Holländer ein Händchen für rich- ches, der Typ, der immerhin schon für und mit sein kann, beweisen die Finnen JAAKKO & JAY mit eine schön scharfe Dia- tig große Momente. Vielleicht hätte dem Album CONVERGE oder MASTODON gearbeitet hat, einem Sound, der auf das Minimalste reduziert volo, die einem die Trä- in der zweiten Hälfte etwas mehr Abwechslung verpasste „Things Of Flesh And Blood“ den letz- wurde und trotzdem begeistern kann – zumin- nen in die Augen treibt, und am Ende bekommt gutgetan. Aber es muss ja auch noch etwas Luft ten Schliff. Genützt hat das nur leider herzlich dest wenn man sich auch nur ansatzweise für man einen Fladen mit Brokkoli, Ananas, Speck, nach oben bleiben. (Midsummer/Cargo) wenig. Denn spätestens beim geschmacklo- Folk-Punk interessiert. Der Vergleich mit den frü- Shrimps, Schafskäse und Rucola. Pizza ist gleich Alessandro Weiroster sen Saxofon-Solo in „Part one – Bound to you“ hen AGAINST ME! liegt da natürlich sofort auf Pizza? Tja, der Teig ist so saftig und knusp- möchte man die gesamte Band mit einem Holz- der Hand, jedoch besitzt „War Is Noise“ nicht rig wie immer. Auch die Tomatensauce passt. LAVATCH lineal verprügeln. Die Ambitionen von LOST den rauen Charme einer Platte wie „Reinventing Und der Käse erst! Aber DIESE Zusammenset- Polygraph DEPARTEMENT sind schlicht zu groß, das Resul- Axl Rose“, da dieser durch die Produktion etwas zung ist einfach nicht das, was ich mir erwar- LAVATCH machen ver- tat allenfalls mittelmäßig und bisweilen sogar zurücktritt und den Melodien und dem Hym- tet habe. Mir fehlen einfach die mir bekannten, trackten Hardcore. ärgerlich. (Funtime) Carl Jakob Haupt nencharakter vieler Songs den Vortritt gewährt. perfekt zusammenpassenden Zutaten. Ich muss Ihren Frontmann haben Auch textlich sieht man leichte Parallelen zu zwar zugeben, dass mir der eine oder andere Bis- die Kölner über eine MEGASUS den großen Vorreitern aus Florida: Diese „13 or sen ganz gut geschmeckt hat. Doch wenn dann Kleinanzeige gefunden, Megasus 14 songs against the sound of modern society“ wieder die Shrimps zur Ananas und dem Schafs- in der sie EVERY TIME I Mit dem Promozettel zu ihrem Debüt hat man sind ein Manifest für den Status als DIY-Band, käse fanden, war ich drauf und dran, die Pizze- DIE und NORMA JEAN MEGASUS wahrlich keinen Gefallen getan. Muss für eine klischeefreie Auseinandersetzung mit ria zu verlassen, um mir zu Hause eine Diavolo in als Referenzen angege- man wirklich wissen, dass drei der vier Band-Mit- den gesellschaftlichen Zwängen und alltäglichen den Backofen zu schieben. Ob das Ganze nun ein ben haben. Parallelen zu diesen Bands sind vor- glieder in jener Softwareschmiede arbeiten, die Unstimmigkeiten, denen sich JAAKKO & JAY durch „Joke“ sein soll? Nein. Aber ein „Snack“ für zwi- handen, auch wenn die Genannten in einer höhe- mit den Spielen „Rock Band“ und „Guitar Hero“ ihr musikalisches Schaffen zu entziehen versu- schendurch ist „Snacks“ ganz gewiss auch nicht. ren Liga spielen. Aber das macht nichts. „We eine Phantastillion Dollar eingenommen hat? chen. (Fullsteam/PIAS/Rough Trade) Das neue KIDCRASH-Album läuft einfach zu sehr don’t care if you don’t like it / This is from the bot- Und dass sie zudem auch noch einen ihrer Songs Aiko Kempen an einem vorbei und vergisst dabei die grandio- tom of our hearts“, schreit der Sänger in „Elegy“ in einem Akt der schamlosen Eigenwerbung in sen Hooks und Melodien sowie die perfekte Ver- seine Überzeugung mit heiserer, gepresster eben jenen Spielen untergebracht haben? Nein, KEELHAUL schmelzung der einzelnen Parts. Trotzdem würde Stimme in den Raum. „Music is our heroin“, heißt denn das riecht alles zu sehr nach kalkuliertem Keelhaul’s Triumphant ich mit den vier Obersympathen liebend gerne es weiter in einem durchdachten Debütalbum, Hipster-Bullshit. Ist ja nicht so, als gäbe es nicht Return To Obscurity Pizza essen gehen. Egal, welche! (Denovali/ das beim ersten Hören ein wenig Eingängigkeit schon genug Bands, die es für eine gute Idee hal- Beim Kielholen wird ein Cargo) Alessandro Weiroster vermissen lässt, aber nach mehrmaligem Genuss ten, schamlos bei und BLACK SAB- Mensch an einem Tau durchaus eine berauschende Wirkung erzielen BATH zu klauen und das auch noch als Album unter einem Schiff hin- KISMET kann. Diese Band zieht ihr Ding durch und schert aufzunehmen. Braucht kein Mensch. (20 Buck durchgezogen. Macht Hiatus sich einen Dreck um irgendwelche Trends. Dabei Spin) Martin Schmidt man das zu schnell, ver- KISMET aus dem hollän- haben LAVATCH ihre ganz eigene Art gefun- letzt sich das Opfer oft- dischen Utrecht punk- den, energievoll und statt mit hohlen Phrasen MARVINS REVOLT mals tödlich an den ten gleich beim ersten mit hintergründigen Texten auf sich aufmerk- Patrolling The Heights rauen Ablagerungen am Durchgang durch ihre sam zu machen. Was die Qualität der Aufnahmen Die irische Platten- Rumpf des Bootes. Wird es dagegen zu langsam sympathische Zurück- betrifft, hätte man aber noch mehr herausholen fi rma The Richter Coll- bewegt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es haltung. Sie überneh- können. Es gibt also noch Raum für Verbesserun- ective brachte in letz- ertrinkt. Halten wir deshalb fest: Es kommt auf die men sich nicht, klin- gen. (R.P.H.C.) Florian Auer ter Zeit mit BATS und Geschwindigkeit an. Und die ist auf dem inzwi- gen nicht aufgesetzt ADEBISI SHANK zwei schen vierten Album der Band aus Ohio, die sich oder überladen, sondern in jeder Sekunde ehr- LOST DEPARTEMENT äußerst empfeh- nach der bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlichen lich. Und das gilt sowohl für die Musik als auch Things Of Flesh And Blood lenswerte Bands her- Disziplinarstrafe benannt hat, natürlich genau für die Texte. Diese sind simpel, aber erzielen Auch in Brüssel wird – wie eigentlich überall auf vor. MARVINS REVOLT richtig. Die zwölf Songs auf „Keelhaul’s Trium- gerade dadurch eine starke Wirkung. Natür- der Welt – Heavy Metal gespielt. LOST DEPAR- besitzen ebenfalls den verspielten Charakter

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ihrer Label-Kollegen, auch wenn sie dabei deut- schem Damengesang oder pompösem Sinfo- Gegenteil verkehrte kalifornische Traum steht vier Lieder sind von der ausverkauften „100%“- lich entspannter klingen. Die Songs sind durch- nieorchester werkeln sich die Italiener MOND- bei NINE ELEVEN beispielhaft für moderne west- MCD von 1998. „Face The Wrath“ lässt nichts von weg melodisch, besitzen aber einen deutlichen RIAN OAK durch ihr Verständnis von experimen- liche Gesellschaften. Wenn die Jungs so weiter- dem vermissen, was eine gute Old-School-Hard- Math-Rock-Einschlag. Ansonsten würde man teller Gitarrenmusik. Dass sich die sechs Kom- machen, werden sie anlässlich einer eventuellen core-Platte ausmacht und bietet einen schö- die Dänen jedoch eher bei Indie-Pop-Vertre- positionen zwischenzeitig eher in den Weiten US-Tour bei der Einreise sicher schlechte Kar- nen kleinen Überblick über vierzehn Jahre Band- tern wie THIS TOWN NEEDS GUNS ansiedeln. der Belanglosigkeit wiederfi nden, ist der Beweis: ten haben. Ein Haufen junger Franzosen, viel- Geschichte – auch wenn die Hardcore-Attitüde Obwohl sich die Band ziemlich verspielt gibt, wird Auch doomige E-Gitarren sind zum Bügeln da. leicht noch mit ein paar Kartons voller T-Shirts manchmal etwas dick aufgetragen wirkt. (Swell man nie erdrückt. Im Gegenteil! Die Grundstim- (Consouling Sounds) Christian Ludwig mit der Aufschrift „NINE ELEVEN“ im Gepäck? Creek/Superhero/Soulfood) Georg Büchner mung ist luftig und verträumt, der Sound stets Das wird auch unter Obama nichts. Gleicherma- klar – was wohl auch an der Tatsache liegt, dass MOURNING FOR TOMORROW ßen von REFUSED, COMEBACK KID und irgendet- OUTBREAK MARVINS REVOLT „nur“ zu dritt musizieren. Auf Deine Hülle, deine Haut was auf Eulogy Records beeinfl usst, packen NINE Outbreak die ganz großen Momente muss man im Verlauf „Gespenstischer Rhythmus“, „hypnotisieren- ELEVEN schon instrumental weit mehr in ihre Wer ein Album erwar- von „Patrolling The Heights“ vielleicht verzich- der Wellenklang“, „dreckige Poesie“ – was sich Songs, als notwendig gewesen wäre – dasselbe tet, das im typischen ten, doch zwischendrin kreiert das Trio immer nach Schlagworten aus einem Band-Info anhört, gilt glücklicherweise für Aggression und komple- OUTBREAK-Stil gehal- wieder nette Augenblicke. Erwähnt sei nur ein- sind in Wahrheit Textfetzen des Debütalbums xes Songwriting. Damit kann man sich eine ganze ten ist, wird von dieser mal die hitverdächtige Melodie in „Likewise“. Im von MOURNING FOR TOMORROW aus dem Ruhr- Weile lohnend beschäftigen. (Chorus Of One) Platte zunächst ent- Großen und Ganzen läuft das Album aber zu sehr gebiet, die auf „Deine Hülle, deine Haut“ mit der Ingo Rieser täuscht und anschlie- an einem vorbei. Kann man, muss man sich aber Post-Metal-Walze über klassischen Screamo ßend begeistert sein. nicht anhören. (The Richter Collective/PlayRec/ fahren. Das Ergebnis ist allerdings alles andere NO SHAME Enttäuscht, weil sie Cargo) Alessandro Weiroster als platt. Von „lärmendem Stillstand“ kann keine Ironing Day auf jeden Fall anders klingt, als man es gewohnt Rede sein, auch wenn nicht „jede neue Zeile eine Bügeltag auf fi nnisch: Auf dem Cover des fünf- ist. Begeistert, weil sie gut so ist. Mal ehrlich: Es MELEEH Befreiung ist“ und sich die Texte manchmal ein ten Albums von NO SHAME steht neben einem wäre doch langweilig gewesen, wieder das Glei- To Live And Die Alone bisschen zu verkrampft um ungewöhnliche For- Bügelbrett ganz selbstverständlich ein Maschi- che zu hören. Stattdessen haben OUTBREAK Ob der Bandname mulierungen bemühen. (5gegen5000/Cargo) nengewehr – ein Sinnbild für den „Krieg“, den sich weiterentwickelt. Musik und Texte wirken MELEEH wirklich etwas Thomas Renz jeder von uns tagtäglich zu kämpfen hat. Das durchdachter und komplexer, so dass genau das mit „mêlée“, dem fran- bisschen Haushalt macht sich eben nicht von Merkmal weiter in den Vordergrund rückt, das zösischen Wort für allein. Natürlich passt auch die Musik der Skan- aus dieser Band schon immer etwas Besonde- „Handgemenge“, zu double review dinavier zu diesem Konzept: Ihr Punkrock ist im res gemacht hat: Obwohl die Musik ganz klar im tun hat, ist mir nicht Grunde ziemlich alltäglich, gewinnt am Ende Hardcore eingeordnet werden kann und nicht bekannt, Tatsache ist aber trotzdem, vor allem dank seiner immer wie- wirklich irgendwelche experimentellen Elemente aber, dass sich auf dem Es ist schwierig, dem Schaffen Aidan Bakers der ruhigen Momente. Jeder Tag sei eine große beinhaltet, hat man nicht das Gefühl, das OUT- dritten Album der Band aus dem schwedischen lückenlos zu folgen, sei es dem mit NADJA oder Schlacht mit vielen Lichtblicken, schrieb die BREAK irgendetwas kopieren oder nachma- Gävle mitunter tumultartige Szenen abspielen dem unter seinem eigenen Namen: Zu viel ver- Schriftstellerin Franziska zu Reventlow, und so ist chen. Es gibt kein langweiliges Hardcore-Szene- – vor allem dann, wenn typisch skandinavische öffentlicht der Kanadier in zu geringen Aufl a- es auch hier. (Rookie/Cargo) Thomas Renz Gelaber, das zeigen will, dass man irgendwie zu Hardcore-Riffs auf hintergründige Screamo- gen. Was soll’s, mag da mancher denken, hört irgendetwas dazugehört, wie bei viel zu vielen Melodien treffen. Dann gibt es fast alles zu erle- sich doch eh alles gleich an, was Baker „decon- NOFX anderen Bands, sondern man hat das Gefühl, es ben, was auch der Faustkampf Mann gegen structive sonic possibilities of the electric guitar“ Cokie The Clown mit etwas Authentischem zu tun zu haben. Und Mann an Gefühlen zu bieten hat: wilde Rase- nennt und damit effektgetränkte Gitarren-Dro- Quasi als Dessert zum kürzlich erschienenen genau das unterscheidet eine gute, ernst zu neh- rei, blinde Wut, nackte Angst, bittere Tränen nes zwischen wunderschön-fragil und beängs- Album „Coaster“ veröffentlichen NOFX ihre mende Band wie OUTBREAK von einer schlech- oder triumphale Freude. Wie viele Wirkungstref- tigend-brutal meint. Dass das eben nicht so ist, „Cokie The Clown“-EP. Darauf zu fi nden sind ten Anhäufung profi lierungssüchtiger Idioten. fer MELEEH beim Hörer erzielen können, hängt zeigt die Gegenüberstellung von zwei seiner vier starke neue Punk-Songs, sowie eine gelun- (ThinkFast!/Cargo) Joss Doebler aber auch davon ab, ob dieser dazu bereit ist, jüngsten Kollaborationen. gene akustische Version von „My orphan year“. seine Deckung ein bisschen herunterzuneh- quäkt seine zynischen Texte zu den PART CHIMP men und sich treffen zu lassen, denn irgendwie PYRAMIDS WITH NADJA gewohnt hinreißenden Melodien – genau so, wie Thriller anders oder neu ist der Stil der Schweden natür- Pyramids With Nadja die Melodycore-Gemeinde es sich wünscht. Tat- PART CHIMP sind neben den großartigen CHI- lich nicht. Aber selbst ohne einen spektakulä- Mit den sich irgendwo sächlich sind die Songs so gut, dass sie als Ersatz CKENHAWK die Vorreiter einer neuen britischen ren Knockout steht „To Live And Die Alone“ nach zwischen Post-Black- für die zahlreichen Füller auf dem durchwachse- Noise-Rock-Szene. Doch außer einem merk- zehn Runden als einstimmiger Punktsieger da. Metal, Ambient und nen „Coaster“ mehr Sinn gemacht hätten, aber würdigen Faible für animalische Namen haben Die zwei Jahre Training, die MELEEH angeblich in klassischem Shoega- was soll’s ...? Den Vorwurf der Abzocke würde die beide Bands nur wenige Gemeinsamkeiten. dieses Album investiert haben, haben sich defi - zer-Post-Rock bewe- Band ohnehin nur mit einem dreckigen Lachen Während CHICKENHAWK zwar auch dissonant zu nitiv gelohnt. (Black Star Foundation/Cargo) genden PYRAMIDS quittieren. (Fat Wreck) Benedikt Ernst Werke gehen, kommen sie dabei doch immer auf Thomas Renz hat Baker ganz direkt den Punkt und scheuen auch nicht vor dem einen MIA HOPE zusammengearbei- NORIEGA oder anderen Hook zurück. PART CHIMP insze- We Are Just Satellites tet, hat seine unwiderstehlichen Melodien und Desolo nieren ihre von einer angespannten Stimmung Die im Internet kur- Noise-Attacken in deren Songs gebettet und so NORIEGA, bei denen Mitglieder von BLACK geprägten Songs auf dissonanten Texturen und sierende Aussage, es mit den Texanern eine Wahnsinnsplatte aufge- SHEEP WALL spielen, haben sich nach Manuel abseits typischer Strukturen. In seinen besten handle sich bei MIA nommen, die für beide schwer zu übertreffen sein Noriega benannt, dem früheren Machthaber von Momenten klingt „Thriller“ wie eine psychotische HOPE um die britischen wird. (Hydra Head/Indigo) Panama und einstigen Drogenboss, der derzeit in Version von U.S. CHRISTMAS, in seinen schlech- CONVERGE, ist sicher- Miami im Gefängnis sitzt. Richtig glücklich ist die testen wie klanggewordener Nerventod. Unterm lich ein wenig zu hoch KODIAK / NADJA Band damit zwar nicht, aber die Dinge beim rich- Strich überwiegen aber die guten Seiten. (Rock gegriffen. Die Band ist Kodiak / Nadja tigen Namen zu nennen, ist eben nicht unbedingt Action/PIAS/Rough Trade) Martin Schmidt weit von der Raserei, der Mit den aus dem Ruhr- die Stärke der Kalifornier. So bezeichnen sie ihre durchdringenden Stimmung und der inhaltlichen gebiet stammenden Musik beispielsweise als , obwohl weni- PERSON L Tragweite dieser Legende entfernt. Was jedoch KODIAK wurde dage- ger komplexe Arrangements als vielmehr der The Positives nicht heißen soll, dass die Briten nicht in der Lage gen das klassische tonnenschwere Groove einer Band wie DISEM- Nachdem die Pop- sind, eine eigene Marke zu etablieren, denn bei- Split-Format gewählt. BODIED im Vordergrund steht. Mit anderen Wor- Punk-Band THE STAR- den Bands gemein ist der Hang zum Brechen von KODIAK nutzen ihre ten: „Desolo“ klingt oft so fi es, dass der Band- TING LINE eine Pause Konventionen. „We Are Just Satellites“ ist eine zwanzig Minuten für ein name doch irgendwie ganz passend ist. (Viable) von unbekannter Länge harmonische Kombination aus perfektem Chaos, dynamisches, brachia- Thomas Renz einlegt, tobt sich Sän- ruhigen melancholischen Parts und wüsten les Drone-Doom-Stück, Baker füllt seine Spiel- ger Kenneth Vasoli in Metal-Riffs. Was MIA HOPE wirklich ausmacht, zeit mit einem sparsamen Gitarren-Drone, der OMEGA MASSIF / MOUNT LOGAN seiner neuen Band PER- ist aber ihre Spielfreude. Die Songs sind niemals so gemächlich ausklingt, wie er sich aufbaut. Split SON L aus. Allerdings zu fordernd oder überladen und trotzdem nie Shoegazer Metal nannte Baker einmal seine OMEGA MASSIF aus Würzburg waren für mich die hat „The Positives“, das zweite Album des eher langweilig – eine Gratwanderung, die den fei- Musik. Wie unterschiedlich das ausfallen kann, beste Band beim letztjährigen Roadburn Fes- ungewöhnlich besetzten Quintetts, musikalisch nen Unterschied zur Konkurrenz ausmacht. Zwar sieht man an diesen beiden Platten. (Denovali/ tival. Ja, ich weiß, dass da auch NEUROSIS und wenig mit Vasolis bisherigem Schaffen zu tun. Die entsteht manchmal der Eindruck, die Band wisse Cargo) André Bohnensack MONO gespielt haben. Und nein, ich war nicht Gruppe, die mit zwei Schlagzeugern wahrschein- noch nicht so genau, ob sie mehr den atmosphä- total knülle. So genannter Post-Metal ist live lich der Albtraum eines jeden Live-Tontechnikers rischen oder den chaotischen Weg gehen solle. eben am besten, wenn hin und wieder ein ein ist, zeigt sich nämlich von einer eher indielasti- Sie klingt jedoch niemals zu verfahren, son- NINE ELEVEN bisschen Hardcore-Aggressivität durchschim- gen und bluesigen Seite. Bei der Doppelbeset- dern schafft es immer wieder aufs Neue, die Teile City Of Quartz mert. Davon ist bei den beiden Songs auf dieser zung an den Trommeln vermutet man jetzt viel- sinnvoll miteinander zu verweben. „We Are Just NINE ELEVEN, die es Split-CD aber leider nicht viel zu hören: Die gut leicht endlose, nervige Soli oder gnadenlose Satellites“ ist defi nitiv kein „Jane Doe“, aber ein wohl vergessen kön- zwanzig Minuten plätschern ein bisschen zu brav Überfrachtung, doch PERSON L spielen diese mehr als eindrucksvoller Einstand einer jungen nen, sich selbst zu goo- an einem vorbei. Und der potenziell interessante Karte erstaunlich gekonnt aus. Das Album hat Band, mit der in Zukunft noch zu rechnen sein geln, machen auf „City Noise-Rock von MOUNT LOGAN hat leider einen viel Groove, der gut zu den unaufgeregten Songs wird. (Rising/Plastic Head) Frank Engelhardt Of Quartz“ eine Reihe Sänger, der nichts will, außer nerven. Schade. passt, und klingt zu keiner Sekunde, als wäre es hörenswerter Vor- (Vendetta) Thomas Renz 2009 eingespielt worden – wenn man es nicht MONDRIAN OAK schläge, auf was nicht besser wüsste, würde man die Songs teilweise Through Early Seed alles mit einer ent- ONLY ATTITUDE COUNTS mehrere Jahrzehnte zurückdatieren. Leider geht Seit wann wird eigentlich behauptet, Musik führten 747 hinabgestürzt werden sollte. Doch, Face The Wrath die Rechnung nicht immer auf. Was bei einigen müsse grundsätzlich im Mittelpunkt des Gesche- doch, das wäre angesichts der auf diesem Album ONLY ATTITUDE COUNTS aus Wien verste- Liedern gut funktioniert und manchmal gar an hens stehen? Muss alles, was potenziell neben- porträtierten Zustände durchaus „angemes- hen „Face The Wrath“ als Dankeschön an ihre die sträfl ich unbeachteten MOCK ORANGE erin- her konsumiert werden kann, gleich zwischen sen“ (Freiherr zu Guttenberg). Der Titel „City Of „Freunde und Brüder in der europäischen Hard- nert, weckt bei anderen den Eindruck, man würde Easy Listening und Kaufhausmusik laufen? Man Quartz“ ist einem Buch des Soziologen und Sozi- core-Szene“. Auf der Platte fi nden sich drei bis- „“ von 1978 sehen – vor allem dann, kann doch auch als Hintergrund-Band Karri- alisten Mike Davis („Ausgrabungen der Zukunft her unveröffentlichte Tracks von den Aufnah- wenn PERSON L in Standard-Rock/Blues ver- ere machen – gerade im Bereich des Post-Rock. in “) entlehnt, einer kritischen Sozial- men des letzten Albums sowie vier Songs von fallen. Da helfen auch zwei Schlagzeuger nicht. Fernab von elektronischem Unterbau, elegi- geschichte der Stadt Los Angeles. Dieser in sein der Split-CD mit GOOD OLD DAYS. Die restlichen (Arctic Rodeo/Alive) Dennis Meyer

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RAISE THE RED LANTERN MONKEY, CEREBRAL FIX, ... Vocals wurden über Bord geworfen. SWORN THROUGH THE EYES Raise The Red Lantern Sofort schließt sich die bange Frage an: Sind AMONGST agieren trotz eines Altersdurch- OF THE DEAD „Sounds like the hea- das jetzt wieder Leute, die nur mit ihren Stamm- schnitts von neunzehn Jahren längst so routiniert Skepsis viest thing you ever Bands Großartiges erschaffen können? Nein! wie ihre Vorbilder, zu denen PANTERA, MACHINE Auf ihrem insgesamt fucking heard.“ So „Albion Thunder“ ist eine geile Platte, die den HEAD und frühe METALLICA zählen. „Severance“ fünften Album (und dem beschreibt der Chica- Spirit des englischen, vom Punk geprägten Ur- ist Neunziger-Jahre-Old-School-Thrash, der alle dritten für Prosthe- goer Boxenherstel- Thrash-Metal gekonnt einfängt. Wer sich vor- gängigen Klischees sympathisch und nicht zu tic Records) wüten sich ler Emperor Custom stellen kann, einem röhrenden, grölenden Bas- offensichtlich bemüht. (Rising/Plastic Head) THROUGH THE EYES OF Cabinets seine Pro- tard aus SABBAT, VENOM, DISCHARGE und CEL- Arne Kupetz THE DEAD ähnlich bra- dukte, die unter ande- TIC FROST sein Herz zu schenken, sollte dringend chial durch die Songs rem von CONVERGE, ALEXISONFIRE, DARKEST über eine Adoption nachdenken. (Doomentia/ SMOKE AND MIRRORS wie auf „Malice“, ihrer HOUR oder EVERY TIME I DIE verwendet wer- Cyclone Empire) Hendrik Lukas The Ghost Army Veröffentlichung aus dem Jahr 2007. Sie sind den. Was das mit RAISE THE RED LANTERN zu tun Der schönen englischen vielleicht nicht so ungestüm und abgedreht wie hat? Nun, drei der vier Mitglieder arbeiten bei der REMEMBER Redewendung „smoke „jüngere“ Kollegen, doch mindestens genauso Firma, was die Band zu so etwas wie der Werks- Death To All Of Us and mirrors“ kommt im rabiat und extrem. Fans von , kapelle des Unternehmens macht. Und die ist REMEMBER aus Dortmund gehen auf Distanz Deutschen die Überset- ALL SHALL PERISH, WHITECHAPEL oder JOB zwar besser als die Combo des Motorradherstel- zu den Ruhrpott-Beatdown- und Tough-Guy- zung „Blendwerk“ recht FOR A COWBOY werden den Death-Metal-Wir- lers Orange County Choppers, aber eben nicht Crews und steigen stattdessen mit den sexy Boys nahe. Blendwerk, das bel also sicherlich zu schätzen wissen. Wer mag, so gut wie die eigene Kundschaft. Zu der gehö- aus dem Bridge-Nine-Roster wie DEFEATER oder ist im Kern ja so etwas kann den Stil des Fünfers auch in der Tradition ren nämlich dummerweise auch BARONESS, mit DEAD SWANS in die Kiste. Wer sich jetzt über wie der Schlüsselbe- von Bands wie MISERY INDEX, KATAKLYSM oder denen man RAISE THE RED LANTERN musika- mangelnde Originalität beschwert, sollte wohl griff zur Beschreibung vielerlei Phänomene in DYING FETUS sehen. „Skepsis“ wird von der- lisch sicherlich vergleichen kann. Zwar ist die noch einmal überdenken, ob Hardcore die rich- der Welt der harten Klänge. Wenn Bands stumpf ben Riffs, direkter Aggressivität und hasserfüll- selbstbetitelte Platte der handwerkenden Metal- tige Musik für ihn ist. Auch wenn es mir immer Moshparts aneinanderreihen, um den Eindruck ten Extrem-Sounds geprägt, wobei weder Bru- ler nicht so schlecht, dass man gleich das auf der ein bisschen suspekt ist, in welchem Maße sich zu erwecken, sie seien hart. Wenn Nicht-Bands talo-Mosh noch technischer Anspruch dominant Hand liegende Wortspiel mit der roten Laterne Bands wie REMEMBER einen darauf abwichsen, wie so viele konträre herausgestellt werden. An der Ernsthaftigkeit bemühen müsste, aber dass eine Band mit einem dass der Internetauftritt optisch tiptop ist und Stile verbraten wie nur irgend möglich, um vor- von THROUGH THE EYES OF THE DEAD besteht solchen Namen ausgerechnet den roten Faden in stets die richtigen Band-Shirts getragen werden, zugeben, sie seien innovativ. Wenn Musikjour- nicht der geringste Zweifel. Höchstens etwas ihren Songs vermissen lässt, entbehrt nicht einer kann man ihnen keineswegs mangelnden Integri- nalisten mittels des Anführens von Zitaten gro- mehr Spielwitz wäre schön gewesen. Trotzdem gewissen Komik. Viel schlimmer ist allerdings, tät vorwerfen, da die Jungs nonstop on the road ßer Denker darüber hinwegtäuschen wollen, platzieren sich die Jungs aus South Carolina über dass der Sound von „Raise The Red Lantern“ sind, und das ist es schließlich, was letzten Endes dass sie im Leben bisher doch nur drei kümmer- dem gängigen Deathcore-Standard. (Prosthe- längst nicht so fett ist, wie man das von Boxen- zählt. (Eleven Days/Rising Riot) Jan Ahrens liche Bücher gelesen haben. SMOKE AND MIR- tic/Soulfood) Arne Kupetz bauern erwarten würde. (At A Loss) Thomas Renz RORS gehen solcherlei Kinkerlitzchen geflissent- SHADOWS FALL lich am Allerwertesten vorbei. Sie haben nichts TODD THE ROCKET Retribution zu schaffen mit Blendwerk. Sie sind ehrlich und Big Ripper The Rocket Sie zählen zu den Vor- spielen hymnenhaften, melodischen Hardcore Wie viel Verzerrung kann ein Song aushalten, Das belgische Quin- reitern der New Wave Of mit einigen schönen Momenten und einer ext- ohne auseinander zu brechen? Wie viel Noise tett THE ROCKET spielt American Heavy Metal rem kehligen Stimme, die einen nach spätestens kann eine Band verursachen, ohne im Chaos Pop-Punk mit Synthies. und haben bereits so zwei Songs dazu bringt, sich alle paar Sekunden zu versinken? Und wie viel Brutalität kann der Theoretisch könnte mancher Band den Weg für den Sänger zu räuspern. Grundsolides Hand- Zuhörer vertragen, ohne völlig genervt zu die Besprechung hier geebnet. Jetzt melden werk also. (Swell Creek/Superhero/Soulfood) werden?„Big Ripper“, das dritte Album der Lon- enden, doch leider ste- sich SHADOWS FALL mit René Schuh doner TODD, ist die Antwort auf diese Fragen. chen die Kritikpunkte ihrem siebten Studioal- Allerdings hatte man ja schon beim Vorgänger an diesem Album auf bum zurück. Doch entgegen den Trend, sich neu SNACK TRUCK von 2006 das Gefühl, dass da viel mehr nicht den ersten Blick ins Auge und machen es voll- zu erfinden, bleibt auf „Retribution“ alles beim Spacial Findings 1-7 gehen kann. Doch die Band um den ehemali- kommen unerträglich. Es beginnt bei den Tex- Alten. Die Band setzt auf die bewährten, druck- Seit ihrem Debüt „Har- gen HAMMERHEAD-Gitarristen Craig Clouse hat ten. Das übliche Junge/Mädchen-Ding wird um vollen Riffs und eingängigen Melodien. Nicht zu poon“ aus dem Jahr den Distortion-Regler noch ein ganzes Stück eine „lustige“ Komponente erweitert, und mit vergessen die unverwechselbare Stimme von 2005 haben sich SNACK weiter aufgedreht. Dennoch schaffen es TODD „lustig“ meine ich: lustig wie Mario Barth. „Why Brian Fair sowie die wunderbaren Gitarrensoli. TRUCK aus Richmond, erneut, ihren Metal-Noise-Rock nachvollzieh- won’t my girlfriend take it in the butt“, heißt es Die ersten sieben Songs zeichnen sich durch Virginia gleich in mehr- bar zu halten. Erstaunlich. (Riot Season/Cargo) da unter anderem. So etwas hätte auch der Ber- hohes Tempo und gewaltige Härte aus, was aber facher Hinsicht präch- André Bohnensack liner Sexist sagen können. Der nächste Fauxpas: keinesfalls langweilig oder eintönig wirkt. Eine tig entwickelt: Aus dem TUBELORD das „lustige“ Bandfoto in Klamotten, die irgend- andere Tonart schlägt dann der Song „Picture Duo ist ein Trio gewor- Our First American Friends wie an die HIVES erinnern. Na klasse. Auch schon perfect“ an, über den Brian Fair selbst sagt, er den, ein zweiter Schlagzeuger hinzugestoßen. TUBELORD können was. millionenfach gesehen. Und weiter geht es. Zwar habe mehr JOURNEY oder DEF LEPPARD im Ref- Doch anders als man vermuten könnte, hat die Und sie sind anders. Das nicht die Schuld der Band, aber wer auch immer rain als Death Metal. SHADOWS FALL haben mit Band diese Verstärkung nicht dazu genutzt, britische Trio macht ein- dafür verantwortlich ist: VIER Seiten Band-Info? „Retribution“ ein solides Album abgeliefert, das aus dem ohnehin schon vorhandenen Hang zur fach Spaß: Eigenwil- Und das in Zeiten von Rohstoffmangel und teu- sich ohne weitere Diskussion zu den vorange- Kakophonie ein noch größeres Chaos erwachsen lige wie überraschende ren Druckerpatronen? Was kann da schon Wich- gangenen gesellen kann. Die Band hat nun ein- zu lassen. Vielmehr ist aus dem zwar verstören- Song-Strukturen, ver- tiges drinstehen? Ah, noch mehr „lustige“ Fotos mal fast fünfzehn Jahre Erfahrung auf ihrer Seite, den, dennoch recht durchschaubaren Screamo trackte Rhythmusar- und der Promotext von der MySpace-Seite der und das hört man. Fans werden deshalb begeis- der Anfangstage ein wunderbar vielschichti- beit sowie eine dichte Band. Super. Und als sei das alles nicht schon tert und Einsteiger überzeugt sein. (Everblack/ ger Post-Rock geworden. Und das in einem völ- Grundstimmung machen dieses Debütalbum zu schlimm genug: ein VENGABOYS-Cover? Ernst- Spinefarm/Universal) Alexander Blach lig fließenden und reibungsfreien Prozess. Gitar- einem Treffer ins Schwarze. Die drei Briten las- haft? Ist es jetzt schon so weit? Es bleibt dabei: rist Matt Krofcheck verzichtet fast völlig auf sen sich nur schwer in eine Schublade stecken Wer THE ROCKET lustig findet, lacht auch über SWORN AMONGST Gesang und greift stattdessen öfter in die Key- und umschiffen elegant die üblichen Klischees. Mario Barth. (Funtime) Dennis Meyer Severance boardtasten, um den Sound abwechslungsrei- Die Zielgruppe scheint nicht festgelegt, sondern SWORN AMONGST haben in achtzehn Monaten cher zu gestalten. Die irren Ideen sind der Band wird sich erst zusammenfinden müssen. TUBE- RAVENS CREED ungefähr 150 Shows gespielt – unter anderem indes nicht ausgegangen, was auch dazu führt, LORD würden sich bestenfalls noch wohlgesinnte Albion Thunder an der Seite von GAMA BOMB und BONDED BY dass sich SNACK TRUCK nicht in einen Epigonen Vergleiche mit BIFFY CLYRO oder den späten AT Die Erbanlagen dieser Scheibe lösen bei Men- BLOOD. Das hat Spuren hinterlassen. Ihr drittes von FROM MONUMENT TO MASSES verwandelt THE DRIVE-IN gefallen lassen, im Grunde kom- schen mit Affinität zu verkannten Genies sofort Album ist ungemein kompakt und prägnant, die haben. Wenn das so geplant war, haben sie alles men sie jedoch weitgehend losgelöst von allen Fuzedas & PawlowscheOx Anzeige Sabbern 03/09:Print aus: SKYCLAD, Palace IRON 13.03.09 für den 18:05 Thrash-Sound Seite ohnehin 1 unnötigen Clean- richtig gemacht. (Rorschach) Christian Meiners Vergleichen daher. Und das freut, denn so prä-

zumzum Beispiel:Beispiel HeavyHeavy CottonCotton T-ShirtT-Shirt vonvon FruitFruit ofof thethe LoomLoom inkl.inkl. 55 farbigemfarbigem Druck,Druck, verteilbarverteilbar aufauf Vorder-Vorder- undund Rückseite.Rückseite.

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sentiert sich „Our First American Friends“ von ist. Dafür gebührt ihnen eindeutig die Kieferkna- tativer Ruhe zu kontrolliert ekstatischen Höhe- müssten einfach noch mehr an der Geradlinigkeit vorne bis hinten als eine durchweg spannende cker-Maske von „Saw“-Bösewicht Jigsaw – oder punkten, meist mehrfach innerhalb eines Liedes. ihres Songwritings feilen, um den Hörer nicht zu und teils herausfordernde Angelegenheit, der die „Trance 1997“-Compilation. (Trustkill/Cargo) Auf vier Songs darf dann auch ein Sänger mitma- überfordern. Gute Momente – wie vereinzelt ein- man sich als Hörer nur allzu gern aussetzt. Auf Carl Jakob Haupt chen, der mit ruhiger, sanfter Stimme wehmütige gestreute Elektro-Parts oder das Klassikinter- der Insel werden TUBELORD bereits als „Next Big Klagelieder intoniert. Leider tut er damit nieman- mezzo bei „Intentions“ – lassen kurz aufhorchen, Thing“ gehandelt, und es ist in diesem Fall nicht V/A dem einen Gefallen. Die Band ist nämlich immer insgesamt gesehen, ist „To Plant A Seed“ aber schwer, ausnahmsweise einmal Verständnis für Wrecktrospective dann am besten, wenn sie sich ganz der Musik deutlich zu wenig und lässt den Hörer schulter- einen gesunden Hype aufzubringen. (Hassle/ Zwanzig Jahre und ein eher hingibt und auf die Kraft der Melodie verlässt. zuckend zurück. (Equal Vision/Cargo) Jan Ahrens Soulfood) Dorian Becker nachdenkliches Fazit, das aber gut zu den dum- War es bei den Genre-Kollegen BLUENECK noch men Wortspielen des Labels passt: Die fetten so, dass der gelegentliche Gesang zum emotio- WITH CHAOS IN HER WAKE UNION OF SLEEP Jahre sind vorbei. 2005 ist die Krise der Musi- nalen Höhepunkt des Songs avancierte, täten Treason Union Of Sleep kindustrie auch bei Fat Mike und seiner Frau VITO gut daran, sich auf ihre Kernkompetenz zu Nach Veröffentlichun- Die Debüt-LP von Erin angekommen. Internationale Büros muss- besinnen. Post-Rock können die Waliser. Das mit gen von beispielsweise UNION OF SLEEP ist ten geschlossen, enge Freunde entlassen wer- dem Gesang sollten sie Lady Gaga überlassen. THIS IS COLOUR oder für mich als Rezensent den. Und selbst Bands wie kön- (Flowershop/Alive) Carl Jakob Haupt THE BOY WILL DROWN eine äußerst zwiespäl- nen heute von ihrer Musik kaum noch leben. Die stehen in Großbritan- tige Angelegenheit. Auf drei CDs von „Wrecktrospective“ (33 bekannte WE ARE THE OCEAN nien mit WITH CHAOS IN der positiven Seite ist Hits, 28 unveröffentlichte Songs sowie alle Lie- Cutting Our Teeth HER WAKE neue Anwär- zu vermerken, dass mir der der „“-Seven-Inch-Serie) schnal- Auf dem Cover des ter um die Gunst der die Platte zum Bespre- len den Gürtel aber definitiv noch nicht enger. Debütalbums der bri- Hörer in den Startlöchern. Laut Magazinen wie chen tatsächlich als Platte (sprich: auf Vinyl) Wie auch, bei dem fetten Booklet? (Fat Wreck) tischen WE ARE THE NME oder Kerrang! ist bekanntlich alles, was von zugeschickt wurde. Das sagt zwar über die Quali- Thomas Renz OCEAN ist zwar auch der Insel kommt, automatisch etwas hipper und tät der Musik herzlich wenig aus, ist in Zeiten von der Ozean zu sehen, der besser als die Konkurrenz. Würden alle Neuver- Streams und Downloads aber schon einmal ein VILLAGE OF DEAD ROADS Fokus liegt aber wohl auf öffentlichungen klingen wie das Debüt von WITH Pluspunkt. Außerdem kommen UNION OF SLEEP Desolation Will Destroy You dem eher an die Sym- CHAOS IN HER WAKE, hätten die Kollegen damit aus Deutschland, besser gesagt, aus Hagen – Es ist Anfang Dezem- bolik der amerikani- sogar Recht. Die fünf Jungs aus Yorkshire klingen und je mehr Metal-Bands der heimische Unter- ber, und ich fahre mit der schen Ureinwohner erinnernden Wolf, der sehn- in Ansätzen wie eine Art THE EYES OF A TRAITOR grund hervorbringt, desto besser. Auf der nega- Bahn von Berlin in den suchtsvoll heulend auf einer Klippe steht. Sän- mit weniger Harmonie und Prog, dafür mit einer tiven Seite schlägt allerdings der Kern der LP zu hintersten Winkel Thü- ger Dan Brown erklärt das Artwork so: „Die Idee ordentlichen Portion Death und Chaos. „Trea- Buche: Die Musik ist echt nicht so gut, wie ich sie ringens, um unangekün- war es, einen jungen Wolf zu nehmen, der gerade son“ hat eine durchweg pessimistische, düstere gerne hätte. Die Band spielt aggressiven Doom digt einen alten Freund die ersten Schritte ohne seine Mutter und den Grundstimmung, die durch die negativ gestimm- mit gelegentlichen Ausflügen zum Uptempo und zu besuchen. Auf mei- Rest des Rudels macht, zum ersten Mal auf sich ten Texte noch untermauert wird. Da das Album will bestimmt klingen wie eine Mischung aus den nem iPod läuft „Deso- allein gestellt ist und die Welt entdeckt. Der Wolf sympathischerweise nicht überproduziert wurde, , SLEEP und . Lei- lation Will Destroy You“ von VILLAGE OF DEAD sind wir, und unser Debütalbum ist das erste Mal, klingt es noch rauer und bedrückender und der klappt das kaum. Denn die Songs sind vor ROADS. Der Regen peitscht gegen das Zugfens- dass wir in die Welt hinausgehen und anfangen, gewinnt ungemein an Atmosphäre. England zeigt allem eines: unglaublich langweilig. Alles, was ter, dahinter zieht grau, trist und trostlos ein von unser eigenes Leben zu leben.“ Nun, die jungen jedem Trend gepflegt den Mittelfinger, indem es UNION OF SLEEP spielen, haben andere Bands der Welt vergessener Ort nach dem anderen vor- Wölfe von WE ARE THE OCEAN haben ihre ers- weiterhin Bands wie am Fließband herausbringt, schon vorher gemacht. Und das auch noch bes- bei. Vereinzelt stehen Menschen mit stumpfem ten Schritte im Musikbusiness erfolgreich absol- die einfach durch ehrliche und gute Musik über- ser. Schade drum. (Per Koro) Martin Schmidt Blick am Bahnhof und steigen mit der Gewiss- viert, spielen in Großbritannien eine Tour nach zeugen. (Rising/Plastic Head) Frank Engelhardt heit zu, dass sie ja doch wieder in ihr langweili- der anderen und sollten eigentlich keinen Grund V/A ges Niemandsland zurückkehren werden. Der haben, an den Klippen ins Nichts zu heulen. Und WORN IN RED 8 Zug kommt an, ich steige aus und gehe in der doch gibt es für die Wolfsjungen noch einige In The Offing „It feels like summer in October“, singen DIL- Dämmerung durch die verwinkelten Straßen Klippen zu umschiffen, nämlich die, wie die frü- „One day you will find LINGER FOUR in ihrer persönlichen Hymne auf des Dorfes. Der Song „Halo becomes a noose“ hen FUNERAL FOR A FRIEND zu klingen und bis- a way making all your das legendäre, von veranstal- ist mein Soundtrack dazu, und ich bin kurz davor, her keine neuen Ufer zu erschließen. Jetzt noch days like you thought tete „Fest“ in Gainesville, bei dem jedes Jahr über die Musik zu wechseln. Zu genau spiegeln VIL- an Wolfsmamis Seite – demnächst vielleicht ein- they were all weekends“, 250 Bands an drei Tagen überall in der Stadt ver- LAGE OF DEAD ROADS die Aura der Trostlosig- samer Wolf an neuen Ufern. (Hassle/Soulfood) versichern uns WORN streut Konzerte spielen. Sowohl Label als auch keit und ziellosen Aggression dieses Ortes wider. Birte Wiemann IN RED auf ihrer neuen Stadt sind längst zu Synonymen für ein ganzes Mein Freund ist nicht zu Hause. Ich bin irgend- Platte. Aber daran Genre geworden. Dementsprechend bietet auch wie erleichtert und nehme den ersten Zug zurück glaubt die Band aus dem dieser Festival-Sampler überwiegend rauen, nach Berlin. Dort werde ich „Desolation Will Des- To Plant A Seed US-Bundesstaat Virginia höchstwahrscheinlich melodischen Punk – oft mit Post-Hardcore- oder troy You“ wohl so schnell nicht wieder hören. Eine neue Band auf nicht einmal selbst. „In The Offing“ klingt jeden- Folk-Einschlag. Und bei 33 Songs von Bands wie Zu mächtig ist der Sog nach unten, den die- Equal Vision, die musi- falls eher nach einem verkaterten Montagmor- , DEAR LANDLORD oder BRIDGE ses Album auf mich ausübt. (Meteor City/Plastic kalisch jedoch in alt- gen im Büro als einem fröhlichen Wochenende AND TUNNEL kommen in der Tat auch diesseits Head) Martin Schmidt bekannten Gewässern auf der Piste. Viele Songs wirken noch etwas ver- des Atlantiks im tiefsten Winter sommerliche schippert. Aufgrund der schlafen, kommen nur schleppend in die Gänge Gefühle auf. (No Idea) Björn Schmidt VITO kehligen Shouts lassen und wissen dann meist nicht so recht, wohin sie Monument sich Parallelen zu FOR wollen. Hangover-Hardcore könnte man das V/A Was zum Geier soll das THE FALLEN DREAMS auch nennen, so kaputt wie Sänger Brendan Saw VI Besondere an einem erkennen, zugleich verfügt die Musik von WE Murphy bisweilen klingt. WORN IN RED sind zwar Kaum habe ich diesen Soundtrack in mein iTunes „Instrumentalalbum CAME AS ROMANS aber über eine deutlich melo- wütend, aber nicht zuletzt auf sich selbst, was geladen, wird deutlich, in welch madigem Umfeld mit Gesang“ sein? Das dischere Grundkomponente, was den Sound die Aggression naturgemäß ein wenig hemmt. sich die CD von nun an befindet: in einer Reihe macht Lady Gaga doch abwechslungsreicher und interessanter macht. Und wo steht eigentlich geschrieben, dass eine mit „Trance 1997“, „The Foreigner Anthology“ auch. Dass die Sache Der das Geschehen dominierende Klargesang melancholische Grundstimmung nicht rocken und diversen Gratis-Samplern. Dabei sind auf bei VITO etwas anders erinnert in den besten Momenten an OUR LAST darf? Letztendlich sind WORN IN RED aber viel dem Soundtrack tatsächlich einige Knaller drauf: läuft, ahnt man jedoch, NIGHT, kann aufgrund seiner Ausdrucks- und zu eigenwillig, um auf den Modern-Hardcore- HATEBREED, CONVERGE, EVERY TIME I DIE oder sobald man auf die Länge der acht Songs schaut: Emotionslosigkeit aber auch ganz schnell auf Zug aufzuspringen. Und viel zu gut, um mit dem SUICIDE SILENCE zerfetzen einem ordentlich die unter fünf Minuten geht hier gar nichts. Single- die Nerven gehen. Außerdem vermisst man oft- Verweis auf irgendwelche Bands aus den Neunzi- angeketteten Gedärme. TYPE O NEGATIVE und Kompatibilität? Nein, danke! Das erste Stück des mals den roten Faden, und es überkommt einem gern abgekanzelt zu werden. Aber das muss wie- MUSHROOMHEAD nerven eher, und LACUNA Albums kommt dann auch komplett ohne Vocals das Gefühl, die Musiker würden einfach drauf- der einmal jeder für sich selbst herausfinden: „All COIL brüsten sich tatsächlich damit, dass ihr läh- aus, mehr als sechs Minuten lang. VITO steigern los spielen und all ihre guten Ideen ungefiltert in we can do is listen and learn and maybe then we mend langweiliger Song bislang unveröffentlicht sich in klassischer Post-Rock-Manier von medi- die Songs fließen lassen. WE CAME AS ROMANS can find it.“ (No Idea) Thomas Renz

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DIE BESTEN FUZE-SCHREIBER DES JAHRZEHNTS. Am Ende einer Dekade ist die Versuchung für ein Musikmagazin natürlich groß, die besten Platten der letzten zehn Jahre zu küren und das Ganze als der Weisheit letzter Schluss zu verkaufen. Doch warum sich hoff- nungslos zerstreiten, um eine Liste aufzustellen, die letzten Endes eh nur ein fauler Kompromiss ist, weil bekanntlich nichts subjektiver ist als der eigene Musikgeschmack? Eben. Deshalb durfte jeder Fuze-Schreiber (und jede Fuze-Schreiberin, ist ja schon gut, Stan ... äh ... Loretta) etwas über sein ganz persönliches Lieblingsalbum des letzten Jahrzehnts schreiben – alles natürlich schön subjektiv, damit jedem Gemecker an der Auswahl von vornherein die Grundlage entzogen wird.

AMERICAN es überhaupt so schnell klappt. Kurz vor Nürnberg öffnet dann der Himmel seine NIGHTMARE Schleusen für ein apokalyptisches Unwetter. Es regnet, stürmt, der Wind pfeift Background Music (2001) um das Auto. Ist es eine höhere Macht, die um jeden Preis zu verhindern ver- Ich muss leider gestehen, dass ich sucht, dass wir rechtzeitig ankommen? In klatschnassen Klamotten stürmen wir AMERICAN NIGHTMARE beziehungs- schließlich in den Saal und haben tatsächlich noch keine Sekunde verpasst. Eine weise GIVE UP THE GHOST niemals grandiose Show wird für all die Mühen entschädigen. Dieses Erlebnis hat meine live erleben konnte. Denn als sie das Beziehung zu einer einzigartigen Band nur noch vertieft, und „After The Eulogy“ letzte Mal auf Tour waren, begann ich war der Beginn. Ein Album, das damals wie heute alle Gefühlsregungen vermit- erst so richtig, mich mit der Materie telt, die man mit Musik durchleben kann. BOYSETSFIRE werden immer und ewig namens Hardcore auseinanderzuset- Bestand haben – ihr politisches Engagement, ihre Songs, ihr Charisma. „The zen. Aber oftmals lernt man die Dinge movement, they say is dead – buried – and finally, the eulogy read.“ (Victory) ja erst richtig zu schätzen, wenn man Florian Auer sie vermisst. Und irgendwann zündete „Background Music“, aber auch jede andere Veröffentlichung dieser Band bei mir. Ich glaube, es war ein schleichen- BRAND NEW der Prozess. Man hörte Leute über das Album reden, lauschte den elf Songs zu The Devil And God verschiedenen Anlässen, las sich dann und wann einen Text durch. Doch viel- Are Raging Inside Me (2006) leicht begriff ich erst diesen Sommer so richtig, was jeder einzelne Song für mich Es war die klassische Boy-meets-Girl- bedeutet und wie sehr er mir mit jedem einzelnen Wort aus der Seele spricht Story. Oder auch: Mädchen trifft ver- – was zugleich eindrucksvoll die Langlebigkeit dieser Platte unterstreicht. Eine meintlich braven BWL-Studenten und Platte, die ich niemals tothören könnte. Zu wichtig ist mir das Gesamtprodukt findet irgendwie Gefallen an dem Sau- aus Wes Eisolds Texten und der brachialen, aber dennoch melancholisch-düste- bermann. Zur gleichen Zeit kam „The ren Sound-Landschaft, die zwischen „(We are)“ und „Farewell“ auf das schwarze Devil And God Are Raging Inside Me“ Gold gepresst wurde. Müsste ich ein Album als das meines Lebens bezeichnen, raus. Ich verstand die Platte nicht dann wäre es wohl dieses hier. Danke dafür. „You have my heart.“ (Equal Vision) wirklich. Das war irgendwie nicht mehr Amadeus Thüner BRAND NEW, überhaupt hatte ich so etwas noch nie gehört. Der erste Song war langsam und leise und hatte kei- BOYS NIGHT OUT nen richtigen Refrain. Catchy geht anders. Dann kam noch etwas heraus, das Trainwreck (2005) ich nicht verstand: Der BWL-Student hatte schon eine Freundin. Irrationale Wenn man selbst Musik macht, misst Szenen am Telefon: Er könne sich nicht entscheiden, bla, bla, bla ... Zur selben man sich unweigerlich an anderen Zeit erklärte mir Jesse Lacey im Interview am Telefon den Tod. Dass er, als sein Bands. Als ich 2005 zum ersten Mal Großvater starb, am liebsten dessen Haus angezündet hätte – mit der gan- „Trainwreck“ über Kopfhörer und mit zen Familie darin. Um ihr und sich selbst den Schmerz des Verlustes zu erspa- dem Booklet in der Hand gehört habe, ren. Ein irrationaler Gedanke, aber legitim. Dann hatte der Student plötzlich eine kam mir mein eigenes musikalisches dritte Frau. Und ich wusste nicht mehr, wen ich da vor mir hatte. Dafür wurde mir Schaffen vollkommen unbedeutend etwas anderes klar: „The Devil And God Are Raging Inside Me“ ist das ultimative und nichtig vor, so groß ist das zweite Dokument für den tragischen Verlust einer Person. Das Ruhige an der Platte ist Album der Kanadier. Aber ist es über- nur die Ruhe vor dem Sturm. Die Subtilität des Schmerzes macht sie nur realer, haupt ein reines Musikalbum? Eigent- denn die Realität des Todes ist nicht laut. Und manchmal muss man auch frei- lich nicht. Es ist ein Hörbuch, ein Film, willig gehen. „Take apart your demons“, sang mir Jesse Lacey vor. Und auch für eine Oper. Kurzum: ein Gesamtkunst- mich war jemand gestorben. Dafür hatte ich die beste Platte der Welt gewonnen. werk. Wie schwer muss es gewesen sein, auf die bereits fertig geschriebenen (Interscope) Julia Gudzent Texte, die eigentlich mehr Roman oder Drehbuch sind, eine so vielschichtige Musik zu schreiben, die die zerrissene Gefühlswelt der Protagonisten wiedergibt, gleichzeitig aber nie verkopft wirkt? Kurze Inhaltsangabe gefällig? Der „Pati- CONVERGE ent“ tötet schlafwandelt seine Frau und später deren Familie, da er von einem Jane Doe (2001) Song besessen ist. Von seinem Geisteszustand geplagt, sägt er sich seine Hände 27. März 2004. Ich bin bei meiner ab, später bringt er sich um. Alles musikalisch perfekt inszeniert. Man hört sogar Schwester in Stockholm. Sie wohnt die Säge im Hintergrund (das habe ich erst nach circa vierhundert Durchgän- in einer winzigen „Cabin“ und hat gen gemerkt, produziert aber jedes Mal Gänsehaut). Der Wahnsinn wird musi- gekocht, weil sich mich ihrem Freund kalisch so gut umgesetzt, das alles würde sogar ohne die Texte funktionieren. vorstellen möchte, der wie sie als Aus- Wie unfassbar gut aber alles zusammenpasst, lässt mich auch heute noch stau- tauschstudent für ein Jahr in Schwe- nend zurück. Wie weit ich doch von solcher Perfektion entfernt bin. (Ferret) den ist. Sie hat ihm erzählt, ich wäre Dennis Meyer „unheimlich witzig“, weshalb ich den ganzen Abend kaum ein Wort spre- che. Ich mag es nicht, wenn die Leute BOYSETSFIRE in bestimmtes Bild von mir im Kopf After The Eulogy (2000) haben, das ich dann erfüllen soll. Und Mit drei Freunden mache ich mich am auf Kommando lustig sein, will ich schon zwei Mal nicht. Nach vielen Minuten 14. Mai 2007 auf den Weg von Mün- peinlicher Stille, gibt mir der arme Kerl endlich die Chance, ihm zu zeigen, wer ich chen nach Nürnberg, wo BOYSETS- wirklich bin. Er fragt, was ich die nächsten Tage so alles vorhabe. „Morgen gehe FIRE eine ihrer letzten Shows vor der ich auf ein Konzert“, antworte ich. „Im Debaser spielt eine Band namens CON- bereits bekannt gegebenen Trennung VERGE. Wie, die kennst du nicht? Aber natürlich kann ich dir etwas von denen spielen sollten. Dunkle Wolken ziehen vorspielen.“ Zum ersten Mal an diesem Abend lächle ich. Nachdem die ersten auf, aber wir liegen gut in der Zeit. Auf beiden Songs von „Jane Doe“ auf ihn eingeprügelt haben, ist er plötzlich derje- der Autobahn dann der Schock – ein nige, der nichts mehr spricht. Ich dagegen erzähle ihm alles, was er niemals über plötzlicher Schlag – Auspuff ab! Die CONVERGE wissen wollte. Meine Schwester hatte wie immer Recht. Ich bin tat- nächste Stunde verbringen wir mit sächlich „unheimlich witzig“. Einen Tag später kriege ich dann schon wieder kein Warten auf den ADAC, abgeschleppt Wort heraus. CONVERGE waren live so unfassbar gut, dass es mir für Stunden die werden, Reparatur. Ein Wunder, dass Sprache verschlägt. (Equal Vision) Thomas Renz

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GLASSJAW Everything You Ever Wanted Bleed American (2001) To Know About Silence (2000) Sommer 2009. Ich sitze zusammen Auch wenn ich niemandem Angst mit zwei Freunden in einem Auto mit- machen will, der gerade im „Alles ist ten auf einer unendlich langen Land- gut“-Modus seiner Beziehung steckt: straße in den weiten Feldern Däne- Der Tag, an dem jemand seine Sachen marks, wo alle paar hundert Meter ein packt, die Wohnungstür von außen Bauernhof zu sehen ist und ansons- schließt und das Letzte, was man ten nur flaches Grün. Wir sind auf dem hört, die Schritte auf den knarzenden Weg nach Schweden und – schon Holzstufen der Treppe sind, auf der sie seit wir morgens um sechs losgefah- oder er für immer aus unserem Leben ren sind – ziemlich aufgekratzt. Nach- geht, kommt öfter, als man denkt. Weil dem wir unsere Screamo- und Hard- er oder sie jemand anderen getroffen core-Platten mittlerweile alle leidge- hat. Dann braucht man Freunde. Der Freund, den ich in solchen Situation immer hört haben, fische ich in den Bergen von lieblos gebrannten CD-Rohlingen nach als Erstes aus dem Regal hole, heißt GLASSJAW. Weil „Everything You Ever Wan- etwas Neuem. Ich finde „Bleed American“. „Sweetness“, „A praise chorus“, „If ted To Know About Silence“ so herzzerreißend ist. Und wütend. Weil man dazu you don’t, don’t“ – das sind die Lieder, die uns durch Jugend und Pubertät beglei- wie ein Schlosshund heulen, in die Wände boxen und sich in den Teppich krallen tet haben, und wir singen jedes Lied von Anfang bis Ende mit. Wenn es mehr- kann. Sänger Daryl Palumbo sagte einmal, dass es eigentlich nicht seine Absicht stimmig wird, teilen wir die Stimmen automatisch auf, wenn gerade kein Gesang war, auf der Platte so persönlich zu werden. Doch es kann gar nicht persönlich kommt, singen wir eben die Instrumente. Ein unglaublich schönes Gefühl von genug werden. Wenn er mit seiner sich einzigartig überschlagenden Stimme „I Freiheit. Wir sind wie Cheerleader auf einer Spring-Break-Party. Seitdem kann hear you’re breaking up / I’m breaking up / I guess we’re breaking up“ („When ich diese Platte nicht mehr hören, ohne mir vorzustellen, was wohl die dänischen one eight becomes two zeros“) oder „Who the fuck will ever take the place of Bauern dachten, als ein paar bekloppte Deutsche mit Rippenhemd, Sonnenbrille me?“ („Motel of the white locust“, das grandios mit einem gesprochenen „Pack und Dosenbier an ihnen vorbeifuhren und aus voller Kehle „I wanna fall in love your shit and leave“ endet) singt/schreit, dann ist das genau das richtige Gefühl tonight“ grölten. Großartig. (Dreamworks) Joss Doebler aus Trauer und Wut, das man braucht. Das man immer brauchen kann, wenn es emotional wird. (Roadrunner) Birte Wiemann MASTODON Leviathan (2004) H2O Im Lauf der 29 Jahre meines Lebens Nothing To Prove (2008) wurde ich schon einige Male gefragt, Älter als dreißig? Noch immer Hard- was für mich denn der Sinn des Lebens core-Fan? Noch immer straight edge? sei. Anfänglich wusste ich darauf beim Noch immer nicht erwachsen, obwohl besten Willen keine gute Antwort. es im Alltag deutlich mehr Verpflich- Was sollte denn schon der Sinn des tungen gibt als vor zehn bis fünf- Lebens sein? Es zu leben natürlich! zehn Jahren und die Knochen bis- Zu kurz gedacht. Denn die Erkennt- weilen wehtun? Nicht verzagen und nis, worum es im Leben geht, kam mir weitermachen wie bisher! Dir, mir, erst vor einigen Jahren: Es geht um und seinen Jungs geht es das Suchen. Das Finden ist im Grunde nicht anders! H2O, die selbsternann- egal. Es geht nur um den entdecken- ten Bewahrer der PMA (Positive Men- den Akt der Suche. Ich persönlich suche die Perfektion. Und zwar auf jedem tal Attitude), meldeten sich 2008 Gebiet. Natürlich weiß ich, dass es Perfektion nicht gibt und dass das Leben – mit einem Album zurück, dessen Titel Programm ist: „Nothing To Prove“. Was sollte man sie wider Erwarten doch finden – danach langweilig sein würde. Es zählt, sind allein Persönlichkeit, Motivation und Leidenschaft. Aufgesetzte Atti- ist der Weg der Suche, der zählt. Im Bereich der Musik definiert sich Perfek- tüde und fehlende Natürlichkeit führen nur dazu, dass man weder authentisch tion für mich vor allem durch eine optimale Balance: von Brutalität und Melo- noch glücklich ist. „Nothing To Prove“ wird bestimmt von ungestümem Übermut, die, von Komplexität und Eingängigkeit, von Lärm und Stille. Daneben muss für grenzenlosem Optimismus und dem Zwang, eingängige Hymnen zu schreiben. mich musikalisches Neuland betreten werden und das Album thematisch und Für Hörer jenseits der Dreißig bekommen Textzeilen wie „They said my views vom künstlerischen Anspruch her mehr sein als nur eine Aneinanderreihung von would change / But they never did / Still here, still here after all these fucking Songs. Bis zum heutigen Tag kam kein einziges Album an mein Ideal von musika- years / Where did you go?“ schnell eine besondere Bedeutung. Civ steuerte lischer Perfektion so dicht heran wie „Leviathan“ von MASTODON. (Relapse) Gast-Vocals für „Still here“ bei, und dieses Lied ist ebenso richtungsweisend wie Martin Schmidt es „Start today“ von seiner Band gewesen ist. (Bridge Nine) Arne Kupetz MISERY INDEX Retaliate (2003) HATEBREED Diese Platte ist keine gewöhnliche Perseverance (2002) Platte. Sie ist die „Jacobs Krönung“ HATEBREED ist vermutlich die einzige der Brutalität. Sie ist das absolute Band, bei der ich mein Aha-Erlebnis Maximum musikalischer Aggression. auf den Augenblick genau festmachen Blitzkrieg. Mehr geht nicht. Sie ver- kann. Es geschah auf der Fahrt zum bindet ultimativ den musikalischen With Full Force Festival 2004. Ich saß Anspruch des technischen Death auf dem Rücksitz und steigerte meine Metal mit der Geschwindigkeit des Vorfreude mit Dosenbier, als der Bei- Grindcore, der Message des Hardcore fahrer „Perseverance“ einlegte. und dem kompositorischen Fluss des Sowohl Bandname als auch einige Pop. Sie ist das definitive Statement Songs waren mir zu diesem Zeitpunkt des Deathcore, noch bevor dieser sei- schon länger geläufig, für die endgül- nen Namen trug. Sie tobt, sie brüllt, sie wütet und metzelt, doch sie verballert tige Erlangung meiner Wertschätzung ihre Energie niemals chaotisch. Sie hat eine Richtung, ein Ziel. Sie hat Bedeu- brauchte die Band dann allerdings nur drei Sekunden: „You wanna see me fail tung. Sie hat die geilsten Riffs. Den perfekten Sound. Einen Sänger an der Grenze / You won’t get your chance“ – Jamey Jastas Stimme beim nicht vorhandenen zum Vieh. Einen Schlagzeuger, der zwar alles kurz und klein hackt, den Song Intro von „Proven“ ließ mir alle Gesichtszüge entgleisen. Diese ersten Töne von aber vollendet unterstützt und überfallartig nach vorn prügelt. Sie ist eine der „Perseverance“ sind das beste Beispiel für die einzigartige Kunst HATEBREEDs, zehn Scheiben für die einsame Insel. Sie überrollt mich jedes Mal. Sie kanalisiert durch gnadenlose Reduktion ein Maximum an Härte zu erzeugen. Und wie es der meine eigene Aggression. Sie weist mir den Weg vom grimmigen Menschenhas- Zufall wollte, konnte ich die Band noch am selben Wochenende auf der großen ser zurück in die Welt der Empathie. Sie ist der Balsam auf meiner überreizten Festivalbühne sehen – als Einheizer für SLIPKNOT. Songs wie „A call for blood“ Seele. Der Silberstreif der Bedeutsamkeit in einer Welt aus Geistlosigkeit und oder „Smash your enemies“ sorgten zum Leidwesen Corey Taylors dafür, dass Hedonismus. Das Manifest des intellektuellen Widerstands. Mein Staunen über sein anschließender Metal-Maskenball in etwa so furchterregend war wie Kin- das Wunder der Empfindung. Sie ist meine ganz persönliche Katharsis. (Nuclear derfasching in der Klosterschule. Tja. (Universal) Benedikt Ernst Blast) Hendrik Lukas

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MODERN LIFE IS WAR SUICIDE SILENCE Witness (2005) The Cleansing (2007) Kaum zu glauben, dass das, was dort Es gab eine Zeit, in welcher der im Schaum seine Runden dreht, fast Begriff Deathcore gänzlich unschul- alles sein soll, was ich besitze. Kaum dig war. Wir schreiben das Jahr 2007. zu glauben, wie viel Trostlosigkeit Die Zahl der Leute, für die Pig Sque- Waschsalons doch ausstrahlen kön- als und Breakdowns nicht unverein- nen. Gibt es Menschen, die ärmer bar sind, steigt von Tag zu Tag. Das sind? Die ein bisschen verstanden Label Century Media erkennt einen haben, was die Depression des Twen- neuen Trend und schickt mit SUICIDE tysomethings im Inneren zusammen- SILENCE einen Newcomer ins Ren- hält? Die gibt es. Und sie haben das nen. Ein harter Schlag auf die Snare Leben wider die Stromlinienförmigkeit eröffnet ein Album, das mich bis heute zum Prinzip erklärt. Sie tragen bevor- nicht loslässt. Der Sound ist warm, zugt Schwarz. „It’s our life! We do what we choose! Black jeans. Black shirt. Black zugleich aber unglaublich angepisst und aggressiv. Die Songs sind im Midtempo- shoes!“ Das ist das „Life.Love.Regret“ einer neuen Generation. An MODERN LIFE Bereich angesiedelt, aber oft von zuweilen sehr doomigen Parts durchsetzt. Und IS WAR wird man sich jedenfalls länger erinnern als an die ganzen „Mall Punks“, natürlich dürfen auch fette Moshparts nicht fehlen. Und über allem thront Sän- wie Dan Yemin sie einmal treffend beschrieben hat. Weil sie dank Jeffrey Eaton ger . Dieser bietet das volle Spektrum, angefangen vom guttura- über eine scharfe Beobachtungsgabe verfügten. Weil sie ein Generationenge- len Auswurf bis hin zu manischem Black-Metal-Gekeife. Niemals empfand ich fühl auf den Punkt brachten, das sich eben nicht in Selbstdarstellung und falsch eine Stimme als infernalischer und wütender. Was Oli Sykes für die Ladys ist, verstandener Autoaggression erschöpfte. Auf dem Rückweg setzt ein Schauer war Mitch ab diesem Zeitpunkt für mich: Gott. Für viele handelt es sich bei „The ein. Das Booklet meiner Kopie von „Witness“ ist immer noch gewellt vom dama- Cleansing“ um den Anfang vom Ende, um den Beginn einer wahren Flut an Dea- ligen Regen. „Still tasting youth’s bitter exile here in your empty generation’s thcore-Releases. Das Album wurde für seine Eindimensionalität verurteilt, die wasteland.“ Es sind Zeilen wie diese, die eben nicht auf Oberarme oder Häuser- Band als Eintagsfliege abgestempelt. Doch „The Cleansing“ hat meine Hörge- wände gehören, sondern für den Einzelnen definieren können, was die Ästhetik wohnheiten für immer verändert. Es ist und bleibt mein mit Abstand am meisten von Punk auch heute noch auszumachen vermag. (Deathwish) René Schuh gehörtes Album. (Century Media) Frank Engelhardt

SHAI HULUD THURSDAY That Within Blood Ill-Tempered Full Collapse (2001) (2003) Als THURSDAY das erste Mal nach Keine Ahnung, wie oft ich diese Platte Deutschland kamen und ich sie als angehört habe, aber ich kann sie definitiven Höhepunkt meiner Jung- immer noch nicht fassen. Ich kann es journalisten-Laufbahn interviewen nicht fassen, wie man solche Texte durfte, waren sie längst so etwas wie schreiben, wie man solche Gitarren- Rockstars. Aber das war mir egal. Für wände auftürmen, wie man die per- mich waren sie sowieso Könige – spä- fekte Symbiose aus Musik und Text testens nach dem 36-sekündigen erschaffen kann. Wie viele Menschen Intro, den beiden Snare-Schlägen und haben sich wohl die Parolen dieser den erst einmal wilden Gitarren von Platte tätowieren lassen, da sie einem „Full Collapse“. Genau danach dann in Fleisch, Blut und Geist übergehen? die Wende: klinisch-saubere Gitarren, Ich kann es nicht fassen, was mit mir passiert, sobald zu Beginn der Platte ein eine perfekte rhythmische Harmonie von Bass und Schlagzeug und eben Geoff verzweifelter Geert van der Velde schreit: „Rest assured / This is sincere / This Rickly. Dieser Typ hat trotz seiner eher dünnen, hohen Stimme und immer wie- is true.“ Tiefe Seligkeit, Energie und Euphorie durchströmen mich. Jedes Mal! der schrägen Töne genau das Gefühl getroffen, das es zu treffen gilt, wenn man Ich kann es nicht fassen, wie viel Menschlichkeit und Wärme diese musikalische tief berühren möchte – textlich stets auf dem schmalen Grat zwischen Kitsch, Ausgeburt des Menschenhasses verströmt. Ich kann es nicht fassen, dass SHAI Teenage Angst und Gesellschaftskritik wandelnd. Noch heute orientieren sich HULUD die letzte Band war, die mich daran erinnert hat, wie spannend es damals zahllose Bands an dem, was THURSDAY 2001 schufen: vertrackte Strukturen, die war, als ich Musik für mich entdeckte. Ich kann es nicht fassen, dass ich mit die- in ihrer Gesamtheit den Pop allerdings nie gänzlich preisgeben, klarer, ziemlich ser Platte keine besonderen Erlebnisse verbinde – außer, dass ich mit dem Chef- hoher Gesang und ein musikalisches Wechselspiel zwischen kalkulierter Post- redakteur dieses Heftes auf zwei großartigen Konzerten von SHAI HULUD war. Hardcore-Aggression und aufgeräumten Clean-Parts. Nur hat das bis heute Trotzdem weckt sie keine Erinnerungen an gute oder schlechte Zeiten in mir, niemand mehr annähernd so genial und flüssig hinbekommen wie THURSDAY wie dies bei anderen Platten oft der Fall ist. Sie trifft einfach meine innersten auf ihrem Debütalbum – die Band selbst eingeschlossen. Das damals geführte Gefühle. Allein das habe ich erfasst. (Revelation) Tobias Kolb Interview habe ich nie veröffentlicht. Vor Aufregung hatte ich vergessen, das Diktiergerät anzuschalten. War aber auch völlig egal. (Victory) Carl Jakob Haupt SINCE BY MAN We Sing The Body Electric (2002) THE WEAKERTHANS Wenn 2012 die Welt untergehen Left And Leaving (2000) sollte, habe ich schon seit Jahren mei- These: Es gibt eine stetig wachsende nen persönlichen Soundtrack zu der Gemeinde (mich eingeschlossen), die ganzen Show: „We Sing The Body in den späten Neunzigern mit Punk Electric“. Jeder gequälte Schrei hört sozialisiert wurde, deren künstleri- sich an wie der letzte. Jede apoka- sches Verständnis sich jedoch längst lyptische Melodie suggeriert, dass es von einem „Hey, der eine Typ von nicht mehr lange dauern wird. Jeder PROPAGANDHI macht etwas Neues, verdammte Breakdown fühlt sich an so ruhigen Quatsch“ zu einer tie- wie ein zusammenbrechender Wol- fer gehenden Auseinandersetzung kenkratzer. SINCE BY MAN machen mit textlichen Kleinoden in einem nichts anderes, als dieses Szenario zu fast schon zerbrechlich anmuten- vertonen, sich in seiner Intensität zu suhlen und es – trotz aller Hoffnungslosig- den musikalischen Kontext gewandelt keit – irgendwie zu genießen. So sind zwischendrin auch Handclaps oder schwer hat. Von zu Poesie. Es sind die kleinen Geschichten, die lebhaften Bilder, tanzbare Rhythmen erlaubt. Außerdem verbinde ich mit der Band eines meiner die spielerisch aus scheinbar mühelos zusammengesetzten Worten entstehen, besten Konzerterlebnisse überhaupt. 2004. Wien. Arena. SINCE BY MAN sollten die dieses Album ausmachen. Entweder hat John K. Samson sie extra für mich für die Schmink-Kapelle WEDNESDAY 13 eröffnen. Da diese kurzfristig absagte, geschrieben oder er schafft es, die Blaupause jeglicher emotionaler Regung befanden sich am Ende nicht mehr als zehn Leute in der Halle – von denen ich zu entwerfen und dabei stets dezent zu bleiben. Eine illustre Persönlichkeit der wohl der Einzige war, der extra wegen SINCE BY MAN gekommen war. Dem Quin- deutschen Musikprominenz stimmte mir einmal zu, dass das einzig legitime Kri- tett aus Milwaukee war das aber so was von egal. Es schien sie sogar anzuspor- terium dafür, ob ein Mensch tiefere Beachtung finden darf, die Frage ist, ob er nen, und so lieferten sie eine völlig abgefuckte Performance ab, die mir ewig im „Left And Leaving“ auswendig kennt oder zumindest besitzt. (G7 Welcoming Gedächtnis bleiben wird. (Revelation) Alessandro Weiroster Committee) Aiko Kempen

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01.12.2009 A-Wien, Gasometer. Unser Sänger Andrew gibt ein Videointerview. Wir laufen immer wieder an ihm vorbei und werfen Müll nach ihm. Er ist richtig verwirrt, weil er nicht sieht, aus welcher Rich- tung das Zeug kommt. Dann werfen wir den gan- zen Mülleimer. Er prallt von seinem Kopf ab, reißt die Kamera um und zerschlägt ein paar Flaschen. Der Typ, der ihn interviewt, wird sauer und fängt an, rum- zubrüllen. Wir werfen noch mehr Müll, und die beiden rennen hinter uns her. Ich glaube nicht, dass Andrew kapiert hat, dass wir das waren. Nach der Show fällt die gesamte Tour an einer Tankstelle ein. Der Typ an der Kasse hat keinen Plan, was er tun soll. Man kann richtig sehen, wie sauer er ist. Crazy Dave, der Gitar- rentechniker, dichtet sich so ab, dass er ein paar Erwachsenenwindeln kaufen muss, um sich im Schlaf nicht vollzupissen. 02.12.2009 Würzburg, Posthalle. Wir haben ein paar technische Probleme und müssen unseren Auftritt vorzeitig abbrechen. In der Zwischenzeit erzählt mir Crazy Dave von einer guten Möglichkeit, richtig besoffen zu werden: Man taucht ein Tampon in Wodka ein und schiebt es sich in den Arsch. Der Typ ist einfach nur bekloppt. Er sagt: „Es funktio- niert super, weil dein Atem nicht nach Alkohol stinkt und deine Freundin niemals dahinterkommt, dass du EVERGREEN TERRACE betrunken bist.“ Ich persönlich glaube ja, es könnte . Heute ist Thanksgiving. Und der Tag, an dem wir unsere Sachen packen und ein bisschen schwieriger sein zu erklären, warum du unser Zuhause, unsere Familien und Freunde verlassen, um nach Europa zu fliegen. In einer Band zu ein wodkagetränktes Tampon in deinem Hintern sein, hat eine Menge Vorteile, aber in Momenten wie diesen ist es nicht leicht, sich von seinen Ange- hast, als zuzugeben, dass du betrunken bist. hörigen zu verabschieden – besonders an einem Feiertag. Doch so beschissen das alles ist, so weiß 03.12.2009 F-Paris, Elysée Montmartre. Chris ich doch, dass die kommenden Tage viele unvergessliche Erinnerungen für mich bereithalten. und ich gehen zum Eiffelturm. Wir haben unser Spiel „Sugar Shoulder“ nach Frankreich mitgebracht. 26.11.2009 USA-Jacksonville, International Air- feln. Später wird uns klar, dass mit „Evan“ Evan Sein- Es ist ziemlich einfach: Schnapp dir ein Päckchen port. Wir warten unruhig am Gate und sind zu Tode feld von BIOHAZARD gemeint ist. Wir beschließen, Zucker und leere es auf die Schulter von jemandem, gelangweilt. Schnell entbrennt ein Wettbewerb, wer ihn für den Rest der Tour „Kevin“ oder „K-Dog“ zu der nicht hinsieht. Wir werden nur einmal erwischt, am lautesten furzen kann. Das Ganze ist jedoch nennen, sollten wir ihn zu Gesicht bekommen. was aber ziemlich peinlich ist. Der Ausblick vom Eif- schnell wieder zu Ende, weil jemand zu weit geht und 28.11.2009 Oberhausen, Turbinenhalle. Nach felturm ist unglaublich. Wir genießen den Sonnen- in die Hose scheißt. Ich werde keinen Namen nen- unserem Auftritt gehe ich zum Bus, nur um dort untergang. Nein, wir halten nicht Händchen oder nen, aber er spielt Bass. Der Name unseres Bassisten einen riesigen, weißen, haarigen, pickligen Arsch zu küssen uns. Ich weiß, dass Chris das will, aber ich ist Chris. Danach beschließen Chris und ich, ein paar sehen, der aus einer Koje hängt. Jawohl, Frankie hört habe eine Freundin. Rollstühle der Fluggesellschaft zu klauen und damit sich so an, als würde er schlafen. Natürlich schnappe 04.12.2009 Saarbrücken, Garage. Ich hänge auf dem Flughafen herumzufahren. Irgendwann ich mir die Videokamera und versuche, „Eat me“ auf gerade mit DEATH BEFORE DISHONOR ab, als einer bekommt die Security Wind davon, und nachdem seine Arschbacken zu schreiben. der Sänger der Tour, dessen Namen ich nicht nen- sie uns nicht glauben, dass wir nie Laufen gelernt 29.11.2009 NL-Eindhoven, Klokgebouw. Wahr- nen werde, in das Zimmer kommt und fragt, ob ich haben, werden wir zu unserem Terminal eskortiert scheinlich der langweiligste Tag der Tour. Der Höhe- ihn mit einem Gürtel verprügeln könne, bevor er – ohne Rollstühle. Rückblickend betrachtet, war es punkt ist, dass Frankie Evan von BIOHAZARD zum auf die Bühne geht. Alle Anwesenden schauen sich wahrscheinlich keine so gute Idee, in den Zeitschrif- ersten Mal „Kevin“ nennt. geschockt an. Endlich ein bisschen Aufregung. Wir tenstand zu krachen. 30.11.2009 München, Backstage Werk. Mike von gehen in den allgemeinen Aufenthaltsraum und die 27.11.2009 BE-Torhout, De Mast. Wir landen in AGNOSTIC FFRONT fängt an, auf dem Backstage- Prügelei beginnt. Ein paar der Jungs von AGNOSTIC Brüssel. Die Fluggesellschaft hat unsere Gitarren Flur zu moshen. Einer der Catering-Typen läuft mit FRONT sind auch da. Sie haben keine Ahnung, was „verloren“. Der Typ am Schalter will mir weismachen, einem Korb voller Süßigkeiten an ihm vorbei. Mike abgeht. Als der Typ den Raum verlässt, geht die Fra- sie seien noch in Jacksonville. Ich packe es nicht. schnappt sich das Teil, wirft es auf den Boden und gerei los: „Warum zum Teufel hast du ihn mit einem Ich befehle ihm, die verdammten Gitarren zu finden, schreit: „Snickers stomp!“ Dann behauptet er, dass Gürtel geschlagen?“ Die Antwort lautet: Ich werde es und mache ihm klar, dass wir so lange nicht weg- COLDPLAY seine Lieblingsband sei. Währenddessen nie erfahren. gehen würden, bis er sie gefunden hätte. Er ist sehr sehe ich Stigma herumlaufen – oben ohne. Er ver- 05.12.2009 Dresden, Alter Schlachthof. Die geschickt darin, so zu tun, als würde er mich nicht kündet, dass er an den Pfunden, die er in den letz- größte Show der Tour. Fast viertausend Leute. Es verstehen, aber der Wichser weiß genau, wovon ich ten Jahren zugelegt hat, großen Gefallen gefun- ist einer dieser Abende, an denen man sich wie eine rede. Fünf Minuten später haben wir unsere Gitar- den habe, und macht Witze darüber, etwas von sei- richtige Band fühlt. Während des Auftritts von BIO- ren. Wir teilen uns einen Bus mit WALLS OF JERICHO, nem „Hüttenkäse“ für ein Sandwich abzuschneiden. HAZARD macht Evan am Bühnenrand mit seiner und NO TURNING BACK. Wäh- Heute sind eine Menge Leute hinter der Bühne, die Freundin rum. Ziemlich unangenehm das Ganze, vor rend des gesamten Fluges habe ich gehofft, eine wir nicht kennen. Das macht mich nervös. Ich gehe allem, weil ich genau neben ihm stehe. bestimmte Koje zu kriegen, und kann es kaum fas- in unsere Umkleidekabine, um meine Sachen dort 06.12.2009 Hamburg, Docks. Der letzte Tag. sen, als ich sehe, dass sie tatsächlich noch frei ist. rauszuschaffen, für den Fall, dass jemand lange Obwohl es nur zehn Dates waren, hat es sich wie Sie ist unten, in der Nähe der Treppe. Ich finde bald Finger hat. Ich nehme die Tasche meiner Videoka- zwanzig angefühlt. Nach der Show verwandelt sich heraus, dass Frankie von DEATH BEFORE DISHONOR mera und merke sofort, dass die Kamera fehlt. Ich der Backstage-Bereich in eine riesige Party. Man und Candace von WALLS OF JERICHO geheiratet flippe aus und finde sie im Dreck hinter einer Zim- hat uns vor Dieben gewarnt, weswegen alle gut auf haben und sich die Koje hinter meiner teilen. Des- merpflanze. Sie funktioniert noch. Ich gehe raus auf ihr Zeug aufpassen – außer Chris. Er denkt, es sei wegen war meine also noch frei. Niemand will dabei den Flur und schreie alle mir unbekannten Gesich- eine gute Idee, seinen Laptop mitten in einem Raum zuhören, wie die beiden jede Nacht „ihre Flitterwo- ter an und frage, ob sie dafür verantwortlich seien. voller Fremder unbeaufsichtigt stehen zu lassen. chen genießen“. Beim Essen fällt mir eine Schüssel Niemand legt ein Geständnis ab. Im Bus geht die Kyle und ich verstecken das Teil und filmen Chris auf, auf der „Evan’s Potatoes“ steht. Wer ist Evan? Party weiter. Frankie und ich spielen uns gegenseitig dabei, wie er ausflippt. Wir sagen ihm, man hätte ihn Mike von WALLS OF JERICHO und ich machen dar- Streiche. Es fängt damit an, dass er mit dem nack- gewarnt. Er dreht völlig durch. Erst recht, als er her- aus „Kevan’s Potatoes“ – in der Hoffnung, Kevin von ten Arsch in meine Koje furzt, und endet, als ich seine ausfindet, dass wir ihn verarscht haben. IGNITE würde denke, er hätte seine eigenen Kartof- Klamotten während der Fahrt aus dem Bus werfe. Josh James, EVERGREEN TERRACE

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RUINER MY EUROPEAN TOUR. Ich war mir unsicher, wie ich dieses Tourtagebuch angehen sollte, weil ich manchmal etwas zum Schwafeln neige und mich oft wiederhole. Wahrscheinlich ist auch genau das passiert. Ihr seid also gewarnt.

28.11.2009 Stuttgart, JuHa West. 2007 haben wir hier mit SINKING SHIPS 03.12.2009 BE-Gent, The Frontline. Dieser Tag ist schnell zusammengefasst: gespielt. Es war eine unserer besten Shows in Europa, an die ich mich erinnern Wir fahren ewig lang. Es regnet. Man gibt mir eine Flasche Wodka. Wir spielen in kann. Auch dieses Mal werden wir nicht enttäuscht – trotz einiger technischer Belgien. Ich mache mich über einen Typen im Publikum lustig, der ständig irgend- Schwierigkeiten. Die Leute vom JuHa haben uns ein paar Betten aufgestellt. Ich welche Sachen auf die Bühne brüllt. Wir schlafen in einem sehr kalten Haus. schlafe am liebsten allein, also verbarrikadiere ich mich in einem Zimmer gegen- 04.12.2009 UK-Peterborough, Club Revolution. Vor der Show trinke ich eine über von den anderen. Trotzdem höre ich ihr Schnarchen. viertel Flasche Wodka und treffe mich mit einer Freundin. Wenn man so viel 29.11.2009 Dessau, Beatclub. Nach dem Aufstehen mache ich meine mor- unterwegs ist wie wir, schließt man nur wenige Freundschaften, die etwas bedeu- gendlichen Übungen: Stretching, Liegestützen, Sit-ups. Nicht so sehr wegen der ten. Manche Leute vergisst man fast sofort wieder, mit anderen bleibt man ewig anderen, ich hasse es einfach, mich auf der Bühne scheiße zu fühlen. Wenn ich in Kontakt. Ich habe festgestellt, dass die Menschen, an die ich am häufigsten zu Hause bin, laufe ich viel und verbringe den Großteil meiner Freizeit im Fitness- denke, meist tausende Meilen weit weg wohnen. Dies ist der wohl deprimierendste studio. Kurz nach Sonnenuntergang kommen wir am Beatclub an. Wir verbringen Aspekt meines Lebens. Heute übernachten wir bei irgendeinem Bekannten des die meiste Zeit des Abends im Backstage-Bereich und reden über Geister oder Veranstalters. Bei mir zu Hause übernachten auch immer eine Menge Leute. darüber, einen geblasen zu bekommen, während man beim Scheißen sitzt – wir Wenn sie mir nicht ausdrücklich zu verstehen geben, dass sie die ganze Nacht sind eben eine Band mit Klasse. Unser Auftritt dauert ungefähr vierzig Minuten. lang feiern wollen, gehe ich in der Regel davon aus, dass sie schlafen möchten. Zu Hause spielen wir nie länger als eine halbe Stunde, aber wir haben die Erfah- Und genau das habe ich auch diesem Typen deutlich gemacht. Wir kommen vor rung gemacht, dass man im Ausland ein bisschen mehr von uns erwartet. Wäh- eins in seiner Wohnung an. Um halb vier beschließt er, sein Radio auszumachen, rend unseres Auftritts bringt mir unser Roadie Dave ständig Absinth. Zum Glück mit dem Reden aufzuhören und ins Bett zu gehen. Ich weiß, dass man zu seinem schwitze ich das Zeug so schnell aus, wie ich es trinke, sonst würde ich wohl schon Gastgeber freundlich sein soll. Aber biete niemandem einen Schlafplatz an und flachliegen. Man kann sich nicht cool dabei vorkommen, wenn einem Schnaps verhalte dich anschließend, als sei er dir etwas schuldig. Wenn du nicht weißt, wie an die Bühne gebracht wird, und mir ist das Ganze eher peinlich. Aber Dave hat man jemanden mit demselben Respekt behandelt, den man dir entgegenbringt, die Drinks bezahlt, wer wäre ich also, Nein zu sagen? Nach der Show gehen wir lass’ keine Bands bei dir übernachten. Ich schlafe im Flur, direkt hinter der Haus- zu unserem Van und versuchen, es uns für die Nacht gemütlich zu machen. Ich tür. Es ist eine der nervigsten Nächte der gesamten Tour. Wenn ich mich gerade liege eingeklemmt auf dem Boden hinter dem Fahrersitz. Irgendwann wirken die undankbar anhöre, tut mir das überhaupt nicht leid. Wenn wir gewusst hätten, Schlaftabletten. dass die Dinge so laufen würden, hätten wir einfach im Van gepennt. 30.11.2009 S-Göteborg, Fängelset. Ich wache auf, als wir auf der Fähre sind. 05.12.2009 UK-Newquay, On The Rocks. So betrunken hat Dustin noch nie Sie ist voller Lastwagenfahrer, die mich anstarren, als hätte ich ihr Erstgeborenes Gitarre gespielt. Ich zähle insgesamt dreizehn Stürze. umgebracht. Mir ist klar, dass ein schwarzer Mantel und eine Schlafanzughose 06.12.2009 UK-Leeds, Rios. Unser Schlagzeuger TJ erzählt mir, was Dave ges- nicht das beste Outfit der Welt sind, aber immer noch besser, als wie ein Lkw-Fah- tern Nacht gemacht hat: Um etwa vier Uhr in der Früh hämmerte er an TJs Fens- rer zu stinken. In Göteborg stellen wir fest, dass der Plattenladen, in den wir unbe- ter. Nachdem er ein paar Minuten auf seinem Bett gelegen hatte, entschied er, dingt wollten, montags geschlossen hat. In den USA ist das ähnlich. Ich schätze, dass er auf die Toilette gehen musste. Er öffnete die Zimmertür, und TJ konnte ihn Montag ist so etwas wie der Anti-Sonntag, ein großes „Fuck you!“ an alle Chris- gerade noch davon abhalten, auf den Hotelflur zu kacken. ten. Oder vielleicht auch nicht. Die Show abends läuft super – abgesehen davon, 07.12.2009 UK-Manchester, Satans Hollow. Während einer Tour bekommen dass meine Stimme anfängt, mich im Stich zu lassen. wir meist nicht viel zu sehen. Zumindest nicht so viel, wie man annehmen würde, 01.12.2009 S-Jönköping, Kulturhuset. Glück im Unglück für meine Stimme: Bei wenn man bedenkt, dass wir auf der ganzen Welt unterwegs sind. Heute gehen wir der heutigen Show fällt immer wieder der Strom aus. Schon komisch, am drit- ausnahmsweise einmal in ein Museum, wo es eine ziemliche unterhaltsame Aus- ten oder vierten Tag einer Tour versagt sie immer, und zwei Tage später ist wie- stellung über Charles Darwin gibt: „I have steadily endeavored to keep my mind der alles in Ordnung. Als wir nachts im Haus des örtlichen Veranstalters einen Film free so as to give up any hypothesis, (...) as soon as facts are shown to be oppo- anschauen, fängt der Fernseher Feuer. Zeit, ins Bett zu gehen. sed to it.“ Abgesehen davon, dass er den Grundstein für die Evolutionstheorie, 02.12.2009 Kiel, Schaubude. Nach unserem Auftritt ist Dave total besoffen. dem großen Stinkefinger in Richtung Kreationismus, gelegt hat, war Darwin ein Ich glaube, er hatte fünfzehn Bier und vier Absinth. Der Veranstalter der Show, Mann, der einfach nur überzeugt werden wollte. Das bewundere ich. bei dem wir heute übernachten, ist auch ziemlich fertig. Dave ist kaum zur Tür 08.12.2009 UK-London, Purple Turtle. Die Show ist ziemlich voll, und wir kom- rein, als er mitsamt seinem Kopfkissen voller Root Beer über unsere Matratzen men gut an, aber ich glaube, ich habe zwei sehr betrunkene Frauen verärgert. stolpert und die Glasflaschen zerbricht. Nachdem wir die Sauerei weggewischt Weil sie während der ersten paar Songs nicht aufhören rumzubrüllen, sage ich haben, essen wir etwas, und ich tue mein Bestes, dem immer noch betrunke- ihnen, sie sollen lieber Paris Hilton anbeten, was ihnen wohl nicht gefällt, da sie nen Veranstalter aus dem Weg zu gehen. Er ist ein netter Kerl, und ich weiß es sich verziehen. echt zu schätzen, dass er die Show organisiert hat, aber wenn ich nüchtern bin, 09.12.2009 UK-Newport, Le Pub. Auf dem Weg nach Newport halten wir in komme ich mit Besoffenen nicht so gut klar. Vor allem, wenn sie Fragen stellen Stonehenge. Die meisten von uns waren schon einmal da, also sparen wir uns den wie: „Warum sind alle Amerikaner so klein?“ Später redet Dave im Schlaf. Ich höre, Eintritt und kaufen nur ein paar Souvenirs. wie er jemandem Merch verkauft. Wem, weiß ich zwar nicht, aber seine T-Shirt- 10.12.2009 F-Dijon, Les Tanneries. Die Show macht viel Spaß. Das Einzige, was Größe ist M. nervt, ist, dass man in Dijon in öffentlichen Gebäuden noch immer rauchen kann

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41-43Fuze20.indd 42 11.01.10 08:04 und mir die ganze Zeit die Augen tränen. In den USA darf man in den meisten Städten nur noch draußen rauchen. Ich wünschte, der Rest der Welt würde sich dem anschließen. 11.12.2009 Bayreuth, Rosenau. Tommy Lee von MÖTLEY CRÜE hat einmal gesagt: „I’ve been everywhere and I’ve seen nothing.“ Besser kann man das Leben auf Tour nicht beschreiben. Man hat nie wirklich Zeit, sich etwas anzu- »GORILLA MANOR« schauen. Heute spielen wir die größte Show der gesamten Tour: ein jährlich stattfindendes Festival mit 360 zahlenden Gästen. Unser Auftritt läuft glatt, aber „Sie kombinieren den White Funk von es gibt eine Situation, die mich echt aufregt. Ich rede mit dieser Frau, von der ich Vampire Weekend mit den choralen Melodien noch nicht einmal den Namen kenne. Mir war aufgefallen, dass sie einen ame- der Fleet Foxes. Die Songs blasen sich auf, rikanischen Akzent hat. Wie sich herausstellt, kommt ihr Vater oder ihre Mutter peitschen umher, explodieren strahlend – aus den USA. Es ist ein echt harmloses Gespräch. Darüber, wo sie in den Staaten ein eigenes Mysterium.“ (NME, 8 / 10) gelebt hat und so weiter. Sie wartet auf ihren Freund, der wohl in einer der ande- (CD LTD · CD · LP; out 29.01.2010) ren Bands spielt. Er redet mit irgendwelchen Leuten, und sie wartet auf ihn auf AUF TOUR: 27.01.2010 Köln der Couch, auf der auch ich sitze. Er verlässt den Raum, wir unterhalten uns wei- 28.01.2010 Hamburg / 02.02.2010 Berlin ter. Das alles findet in einem Zeitraum von etwa fünf Minuten statt. Schließlich 04.02.2010 München / 06.02.2010 Stuttgart kommt er zurück, schnippt mit dem Finger und sagt ihr, es sei Zeit zu gehen. Sie schaut mich an und sagt: „Ich schätze, ich muss los. Tschüss.“ Also gut, hier ist mein Problem: Wer zur Hölle schnippt mit dem Finger, wenn er etwas von seinem Partner will? So etwas macht man mit Tieren oder Kindern. Ich finde das sehr res- pektlos. Ich verstehe, dass sich deine Freundin mit einem Amerikaner unterhal- ten hat und du nicht mitreden konntest. Ich verstehe, dass ich in einer Band bin und damit ein bestimmter Ruf einhergeht. Aber musst du wirklich mit dem Fin- ger schnippen, als wäre deine Freundin ein Hund, der verbotenerweise auf das Sofa gehüpft ist? 12.12.2009 Lichtenstein, JZ Riot. Ein paar der Jungs wollen ein Konzentrations- lager besuchen, das auf dem Weg nach Lichtenstein liegt. Ich habe kein Interesse mehr daran, solche Orte zu sehen. Sie sind deprimierend, und ich habe meine Geschichtslektion gut genug gelernt, um nicht noch mehr darüber wissen zu wol- len. Ich bleibe also im Van und warte. Ich ist verdammt kalt. Heute Abend spie- len ein paar Bands, die eher die Sing/Schrei-Schiene fahren. Mich interessiert keine davon. 13.12.2009 PL-Posen, Pod Minoga. Heute ist der wahrscheinlich kälteste Tag, den ich auf Tour jemals erlebt habe. Aber wie ich feststelle, ist Posen zu dieser Jahreszeit sehr schön. Auf dem Marktplatz stehen Eisskulpturen. Während der Show bin sehr müde, weil ich zu viel gegessen habe. 14.12.2009 A-Wien, Shelter. Die Show ist gut, aber der Höhepunkt des Abends ist der Barkeeper der Jugendherberge, in der wir übernachten. Der Typ will wirklich, dass wir besoffen werden, und serviert uns irgendeinen Kräuterschnaps. 15.12.2009 I-Turin, United Club. Die Bremsen unseres Vans sind nicht mehr die besten. Wenn wir in die Eisen steigen, klingt es, als würde Metall auf Metall SMOKE BLOW schleifen. In Italien haben wir uns schon immer schwer getan, heute ist das nicht anders. Viele ausdruckslose Gesichter und Leute, die den Eindruck machen, als wären sie nur hier, weil sie nichts anderes zu tun haben. »THE RECORD« 16.12.2009 I-Rom, Traffic. Wir erreichen den Vatikan und machen, was Tou- Nach den Genre-Klassikern „777 Bloodrock“ risten eben so machen. Danach gehen wir in die Stadt und suchen den Trevi- und „German Angst“ schließt sich mit Brunnen. Nach sechs Stunden haben wir immer noch nicht alles gesehen, was wir „The Record“ endlich der Kreis. SMOKE wollten. Die Show ist nicht halb so furchtbar, wie wir es in Italien erwartet hätten. BLOWs bislang härtestes Album. 17.12.2009 I-Bologna, Blogos. Wir stehen um sieben auf, um uns die Vatika- (CD LTD · CD · LP; out 05.02.2010) nischen Museen anzusehen. Es ist überwältigend. Wir bleiben zwei Stunden und versuchen, so schnell wie möglich durchzukommen und trotzdem so viel wie möglich aufzusaugen. Danach hetzen wir noch zum Kolosseum. Ich kann mein Tommy-Lee-Zitat also leicht abändern: „I’ve been everywhere and I’ve seen a few things.“ Anschließend fahren wir nach Bologna, um in einem Raum zu spielen, der für sechzig zahlende Gäste viel zu groß ist. Mir tut der Veranstalter leid, ein echt netter, sehr professioneller Typ, der wahrscheinlich eine Menge Geld verlo- ren hat. Aber er sagt, ich solle mir keine Sorgen machen. Es sei alles bezahlt. Er hat uns sogar ein Vier-Sterne-Hotel gebucht. Sie hätten uns da wirklich nicht reinlassen sollen. 18.12.2009 CH-Brugg, Piccadilly. Wir haben erst einmal in der Schweiz 05.02.2010 Dortmund gespielt. Ich erinnere mich an die Show, weil ich während des Singens einen Apfel 06.02.2010 Bielefeld gegessen habe. Ich muss nicht dazusagen, dass mich der Auftritt damals nicht 25.03.2010 Berlin besonders interessiert hat. Dieses Mal trinke ich eine Menge Wodka, bevor wir 26.03.2010 Leipzig 27.03.2010 Chemnitz auf die Bühne gehen, weil ich den Geburtstag unseres Gitarristen Dustin feiern 09.04.2010 Mieste will. Während der Show bringt Dave allen Trinkern in der Band etwas von dem 10.04.2010 Bochum selbst gebrannten Schnaps, den wir in Italien gekauft haben. Ich kotze fast auf 16.04.2010 Hamburg die Bühne. 17.04.2010 Osnabrück 19.12.2009 Trier, Ex-Haus. Ich bin soweit, dass ich nach Hause will. Am letzten 23.04.2010 Karlsruhe Tag einer Tour ist das meistens so. Nach zwei Tagen zu Hause will ich wieder in den 24.04.2010 München Van, aber im Moment fehlt mir meine Couch. Ich vermisse meine riesige, blaue, 14.08.2010 Torgau sehr plüschige Couch. Nichts macht mich glücklicher, als auf dieser Couch zu sit- zen. Fünf Minuten bevor ich auf die Bühne gehe, erfahre ich, dass unser Rückflug gecancelt wurde. Ich bin während des Auftritts also ein bisschen genervt. Trotz- dem geht letztendlich alles glatt. Auch das mit dem Rückflug. Rob Sullivan, RUINER infos & tourdates: www.piasgermany.de · www.myspace.com/piasgermany

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41-43Fuze20.indd 43 11.01.10 08:04 www.pglost.com www.myspace.com/meleeh www.myspace.com/jesaiahband www.blackstarfoundation.com www.cargo-records.de PG.LOST MELEEH JESAIAH In Never Out CD To Live And Die Alone CD/LP Et Tu, Hope CD (Black Star Foundation) (Black Star Foundation) (Black Star Foundation)

»The only thing that can be said about »Zwischen wütenden Screams und mani- »(...) jeder, der Bands wie NORMA JEAN „In Never Out“ is that it’s groundbrea- schen Riffs zelebrieren die schwedischen heilig gesprochen hat, der DILLINGER king (...) By all means, this is a must MELEEH den Weltuntergang.« ESCAPE PLAN verehrt und mit REFUSED listen for 2009.«– thesilentballet.com – Allschools.de zu Bett geht, sollte dies beherzigen und sich sein Exemplar der ersten JESAIAH- OUT NOW! VÖ: 26.02.2010 Full-Length besorgen.« – Powermetal.de

MELEEH on Tour: OUT NOW! 15.02. Martha, Kiel 16.02. Rote Flora, Hamburg 17.02. AJZ, Dessau 24.02. Emokeller, Essen 26.02. Wohnwelt, Wunstorf

more dates coming soon!

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TOURMATES. „Ich wähle meine Freunde nach ihrem guten Aussehen“, heißt es im einzigen Roman von Oscar Wilde. von sucht sich die Bands, mit denen er auf Tour geht, ebenfalls nach diesem Kri- terium aus. Warum auch nicht? Die musikalische Qualität stimmt bei unse- ren Konzert-Highlights der kommenden Wochen sowieso immer.

SHAI HULUD Foto: Rolf Fassbind (rabbitriot.net) SHAI HULUD. Gibt’s die immer noch? (Matt SHAI HULUD) Wenn man diesen Namen hört, denkt man entweder an riesige Sandwürmer oder an die wahrscheinlich einflussreichste Hardcore-Band aller Zeiten. SHAI HULUD ist der Inbegriff von Leidenschaft und musikalischer Integrität. Sie klingen wie eine Mischung aus CRO-MAGS und RUSH. Ich habe mir immer als eine REBELLION TOUR Art Musikwissenschaftler vorgestellt, der verrückte Riff-Zaubertränke zusam- Foto: Burkhard Müller (facetheshow.com) menbraut. Nachdem ich ihn getroffen habe, muss ich sagen: Ich hatte Recht! MADBALL. Die hübscheste Hardcore-Band, die es gibt. (Freddy MADBALL) (Sean ENDWELL) Eine der ersten Hardcore-Bands, die ich live gesehen habe. Das hat mein Leben Eine der Bands, die mir das Gefühl gibt, am Leben zu sein. Matt Fox ist ein Genie. für immer verändert. So viel Aggressivität und Groove hatte ich noch nie zuvor Ich muss herausfinden, ob er auch im Schlaf Gitarre spielt. (Josh TO KILL) gehört. Sie live zu sehen, hat mir die Augen geöffnet. MADBALL gehören zu den Immer, wenn ich meine Freundin ansehe, muss ich an diese Band denken, weil Bands, die man sich immer und immer wieder anschauen kann. Außerdem veröf- sie ein SHAI HULUD-Tattoo hat. Ich weiß immer noch nicht, ob das cool ist oder fentlichen sie nach wie vor gute Platten, was nach all den Jahren nicht ganz ein- nicht, haha. (Jai TO KILL) fach ist. (Raf THE SETUP) TO KILL. Einmal sind wir mit ihnen in einem Tennisstadion in Rom vor ANTH- Eine meiner absoluten Lieblingsbands und momentan die beste Hardcore-Band RAX aufgetreten. Darin war Platz für ungefähr 15.000 Leute – gekommen sind – mit dem besten Frontmann aller Zeiten. MADBALL hatten einen riesigen Ein- weniger als zweihundert. Wir und TO KILL waren solche Zahlen ja gewöhnt, also fluss auf uns und sind auch abseits der Bühne tolle Kerle. Ihr Sänger ist mein sind wir abgegangen wir immer – trotz der Tatsache, dass wir auf einer fünfzehn Idol, ihr Bassist ein Kiffer, ihr Gitarrist eishockeysüchtig. Und ihr Schlagzeuger hat Meter hohen Bühne standen und sich zwischen uns und dem Publikum unnö- einen tollen Körper. (Scott TERROR) tigerweise Security-Leute aufgebaut hatten. Doch so skurril das für uns auch TERROR. Attraktiv, wenn auch nicht so hübsch wie MADBALL. Eine meiner Lieb- war: Wir haben den Luxus, den uns das Stadion bot, richtig genossen. Ich erin- lingsbands der neueren Hardcore-Generation. (Freddy MADBALL) nere mich daran, dass einer von TO KILL zu uns in den Backstage-Raum kam TERROR – jetzt mit dem unglaublichen Jordan Posner von den mächtigen NO und sagte, dass sie sich am Catering von ANTHRAX bedienten und wir es ihnen WARNING an der Gitarre. Sie lieben es, in Europa zu touren. Und sie lieben das gleichtun sollten. Und wieso auch nicht? Wie oft hat man schon die Gelegenheit, Line-up dieser Tour. (Scott TERROR) das Zeug von ANTHRAX zu futtern? Wir haben nie herausgefunden, ob wir wirk- Wahrscheinlich die momentan beste Live-Band, wenn es um Hardcore geht. lich die Erlaubnis dazu hatten, aber das hat alles nur noch witziger gemacht. Ich Scott Vogel ist bekannt für seine coolen Ansagen – siehe www.vogelisms.com. freue mich echt darauf, ein paar Wochen mit TO KILL zu verbringen. Vielleicht Ich kriege immer noch eine Gänsehaut, wenn ich sie live sehe. Außerdem bringen klauen wir um der alten Zeiten Willen sogar ein, zwei Mahlzeiten und hören dabei sie mich dazu, bei unseren Auftritten alles aus mir rauszuholen. (Raf THE SETUP) ANTHRAX. (Matt SHAI HULUD) DEATH BEFORE DISHONOR. Sie sehen gar nicht mal so schlecht aus. Und das, Schreckliche Leute. Sie stinken, sie sind laut, und manche behaupten, sie wür- obwohl sie aus Boston kommen, haha. (Freddy MADBALL) den viel zu sehr zu ihren Überzeugungen stehen. Daumen runter. (Josh TO KILL) Coole Typen und eine der fleißigsten Bands, die ich kenne. Sie verdienen die ENDWELL. Sie sind das perfekte Beispiel dafür, dass man auf Klatsch und Tratsch Weltherrschaft in jeder Beziehung, haha. Wir haben vor ein paar Jahren mit ihnen nichts geben sollte. Mindestens ein Jahr lang wurden diese Jungs ununterbrochen und RAMALLAH getourt, das war eine sehr schöne Zeit. Ich freue mich echt, wie- aus allen Richtungen unter Beschuss genommen. Ich hatte nur Schlechtes über der mit ihnen unterwegs zu sein. Das wird der Wahnsinn. (Raf THE SETUP) sie gehört – und dann wurden wir Anfang des letztes Jahres gefragt, ob wir mit Die bringe ich immer mit alkoholischen Getränken in Verbindung. Deshalb sage ihnen touren wollten. Heilige Scheiße. Zwei Stunden, nachdem wir ENDWELL zum ich voraus, dass diese Band am meisten trinken wird. Ich wünschte, Rob, ihr Bas- ersten Mal getroffen hatten, hatte jeder in unserer Band das Gefühl, neue beste sist, würde mich mögen, aber er will einfach nicht mit mir rumhängen. Ihr Sän- Freunde gefunden zu haben. Wir haben mit ihnen ein paar winzige Shows vor ger Bryan wird dich zum Kampf herausfordern. Ihr Gitarrist Frankie ist verheira- sehr wenigen Leuten für sehr wenig Geld gespielt, und unser Van pfiff buchstäb- tet. Ihr Schlagzeuger Memphis ist sehr cool, aber nicht so cool wie sein Bruder. lich aus dem letzten Loch. Doch ungeachtet dieser Umstände waren wir glück- (Scott TERROR) lich, auf Tour zu sein, weil ENDWELL und SHAI HULUD ein Team geworden waren. CRUEL HAND. Die sind hässlich ... aber eine tolle Band. Zieht euch was an, Jungs, Wir haben jeder noch so abgelegenen Stadt und jedem noch so gottverlasse- es ist Winter! (Freddy MADBALL) nen Venue tapfer die Stirn geboten und die beste Limonade gemacht, die man Ich freue mich echt, endlich mit ihnen zu touren. Das sind verdammte Hardcore- aus sauren Zitronen herstellen kann. Was ihre Musik betrifft, war ich sehr positiv Kids, die diesen Sound leben – und es richtig machen. Sie sind die Meister des überrascht zu erfahren, dass sie ihre Wurzeln tatsächlich in der Hardcore-Szene Stagediving. (Scott TERROR) haben. Klar, sie hatten anfangs eine Phase, in der ihr Sänger richtig gesungen hat Eine der neueren Hardcore-Bands, die ich wirklich mag. (Raf THE SETUP) und eine wirklich blöde Frisur hatte. Aber das können wir ihnen verzeihen. Sie sind THE SETUP. Eine gute Band. Und nach der Tour kann ich euch auch sagen, wo klüger geworden. Sie covern jetzt CRO-MAGS. Wenn unsere Bands es schaffen, diese Jungs auf der Schönheitsskala stehen. (Freddy MADBALL) nicht aus der Tour zu fliegen – was uns häufiger passiert –, werden wir viel Spaß Die gehören zu Europas Besten. (Scott TERROR) haben. (Matt SHAI HULUD) Ein Haufen Trottel aus Belgien, die irgendwie in die wahrscheinlich beste Hard- Gerade habe ich herausgefunden, dass das die gleichen ENDWELL sind, die frü- core-Tour des Jahres geraten sind. (Raf THE SETUP) her so nett und melodisch geklungen haben. Und jetzt sind sie so hart. Normaler- Fuze präsentiert weise gehen Bands den umgekehrten Weg. Ich weiß das sehr zu schätzen, haha. REBELLION TOUR mit MADBALL, TERROR, DEATH BEFORE DISHONOR, CRUEL (Jai TO KILL) HAND, THE SETUP. Fuze präsentiert 27.02. Lindau, Club Vaudeville | 28.02. A-Kufstein, Kulturfabrik | 01.03. A-Wien, Szene SHAI HULUD, TO KILL, ENDWELL. | 02.03. München, Backstage Werk | 03.03. Saarbrücken, Garage | 08.03. Köln, Essig- 28.02. Stuttgart, JuHa West | 01.03. München, Feierwerk | 04.03. Berlin, Cassiopeia | fabrik | 09.03. Hamburg, Markthalle | 10.03. Berlin, SO36 | 12.03. Magdeburg, Froximun 05.03. Dortmund, Spirit | 12.03. Trier, Ex-Haus | 13.03. CH-Wil, Gare de Lion | 15.03. Arena | 13.03. Leipzig, Conne Island Frankfurt, O25 | 17.03. Hamburg, Hafenklang | 18.03. Erfurt, Unikum

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44-46Fuze20.indd 45 10.01.10 22:46 Fuze präsentiert

8CONTROL, PAY NO RESPECT. 21.02. 28.03. CH-Erstfeld, Transilvania | 03.04. Hamburg, Bambi galore | 23.02. Sie- Essen, Turock gen, Vortex | 24.02. Köln, Kulturbunker | 26.02. Metzigen, Club Thing NAPALM DEATH. 12.02. Pfarrkirchen, Bogaloo | 13.02. Gießen, Winterfire Fes- 65DAYSOFSTATIC, KONG. 07.04. Ham- tival burg, Hafenklang | 08.04. Berlin, Post- bahnhof | 09.04. Dortmund, FZW | 13.04. NASTY. 12.03. Oberhausen, Club Saint | Köln, Luxor | 14.04. München, Ampere 13.03. Solingen, Celebrating The Moshpit | 20.03. Überherrn, Rocker Billy’s | AGNOSTIC FRONT, THIS IS HELL. 15.05. Freiburg, Train Control 28.03. Kassel, Spot | 19.04. Karlsruhe, Die Stadtmitte | 22.04. Bochum, Matrix | NARZISS. 23.04. Dresden, Chemiefabrik 24.04. Berlin, SO36 | 24.04. Annaberg, Alte Brauerei | 25.04. Eichstätt, Dasda | 20.05. Berlin, Magnet | ALESANA, , EMA- 21.05. Egelsee, Schwarzer Adler | 22.05. ROSA, BURY TOMORROW. 24.04. Leip- Erfurt, Unikum | 27.05. Siegen, Vortex zig, Conne Island | 25.04. Bochum, Mat- | 28.05. Hameln, Regenbogen | 29.05. rix | 07.05. München, Backstage | 12.05. Köln, Underground Berlin, Magnet | 13.05. Hamburg, Knust | 14.05. Köln, Essigfabrik | 15.05. Stuttgart, NO TURNING BACK. 03.04. Dresden, Universum | 16.05. Wiesbaden, Schlacht- Chemiefabrik | 04.04. Hammerstadt, hof Moshpit Festival | 17.04. Bad Hersfeld, Club ALIAS CAYLON. 09.04. Oberhausen, Druckluft | 10.04. Frankfurt, Elfer | 15.04. PARKWAY DRIVE, DESPISED ICON, CH-Aarau, Kiff | 16.04. Schrobenhausen, , THE WARRIORS, Nähfabrik | 17.04. Konstanz, Kulturladen 50 LIONS. 23.04. Stuttgart, Zapata | 29.04. Saarbrücken, Garage | 30.04. ALL TIME LOW. 10.02. Köln, Live Music Hamburg, Markthalle | 01.05. Köln, Essig- Hall | 11.02. Stuttgart, Röhre fabrik | 14.05. A-Mining am Inn, Metalfest | 15.05. Dresden, Reithalle ANIMA. 30.01. Erzgebirge, AZ Wald- kirchen | 19.02. Würzburg, Posthalle RISE AND FALL, TRAPPED UNDER ICE. | 27.02. Ilsenburg, Cafe am Heizhaus 29.01. Bochum, Matrix | 30.01. Ross- | 20.03. Weimar, Hell Is Here Festi- wein, JuHa | 01.02. A-Wien, Viper Room | val | 27.03. Erfurt, Unikum | 08.04. Kob- 02.02. Aschaffenburg, Katakombe lenz, Circus Maximus | 09.04. Darmstadt, Krone | 30.04. Halberstad, Salut RITUAL, ILLS. 02.04. CH-Schaffhausen, Fasskeller | 05.04. München, Kafe Kult | BONECRUSHER FEST mit THE BLACK 07.04. Siegen, Vortex | 08.04. Göttingen, DAHLIA MURDER, 3 INCHES OF BLOOD, JuzI | 09.04. Berlin, Subversiv | 10.04. NECROPHOBIC, OBSCURA ,THE FACE- Bremen, G18 LESS, CARNIFEX, INGESTED. 20.01. München, Backstage Werk | 23.01. CH- . 21.01. CH-Martigny, Les Erstfeld, Transilvania | 24.01. L-Esch- Caves du Manoir | 25.01. A-Wien, WuK | sur-Alzette, Kulturfabrik 28.01. Berlin, Festsaal Kreuzberg | 29.01. Leipzig, UT Connewitz | 30.01. Iserlohn, BORN FROM PAIN. 22.01. Karlsruhe, Dechenhöhle Alte Hackerei | 04.02. Berlin, Cassiopeia | 05.02. Zwickau, Alter Gasometer | 19.02. SICK OF IT ALL. 26.01. CH-Solothurn, Siegen, Vortex | 20.02. Losheim, Dead Kofmehl | 27.01. München, Zenith | 30.01. Train Festival Offenbach, Stadthalle | 02.02 Berlin, Arena | 03.02. Hamburg, Sporthalle COLLABORATION – Foto/Skateboard/ BMX-Ausstellung von Christian Ben- . 13.03. Dillingen/Saar, del, Cindy Frey, Carlos Fernandez Antattack Festival | 14.03. Lindau, Club Laser, Benjamin Gleichmar und Malte Vaudeville | 15.03. CH-Solothurn, Kof- Schimpke. 19.02. Hamburg, I-Punkt mehl | 01.04. Bochum, Zwischenfall

DARKEST HOUR, KATAKLYSM. 20.01. THE TOUGHEST KIDS TOUR mit Bochum, Matrix | 21.01. CH-Pratteln, Z7 ADEPT, HER BRIGHT SKIES. 22.01. | 22.01. Stuttgart, LKA | 23.01. Leipzig, Hamburg, Grüner Jäger | 23.01. Berlin, Hellraiser | 24.01. Berlin, Postbahnhof | Magnet | 26.01. A-Wien, Arena | 29.01. 25.01. Hamburg, Markthalle München, 59to1 | 30.01. Stuttgart, Zwölf- zehn | 01.02. Köln, Underground | 05.02. DISTANCE IN EMBRACE. 29.01. Braun- Osnabrück, Bastard schweig, B58 | 05.02. Essen, Julius- Leber-Haus | 12.02. Coesfeld, Fabrik | THRASH AND BURN TOUR mit DYING 06.03. Burghausen, FZH | 27.03. Biele- FETUS, BENEATH THE MASSACRE, feld, JZ Stricker ORIGIN, REVOCATION, MAN MUST DIE. 09.04. Karlsruhe, Substage | 10.04. FOR THE FALLEN DREAMS, CONFES- Essen, Turock | 11.04. Hamburg, Markt- SION, AZRIEL. 12.03. Trier, Ex-Haus | halle | 14.04. Berlin SO36 | 16.04. Leip- 13.03. Köln, MTC | 27.03. Rosswein, JuHa zig, Theaterfabrik | 17.04. Würzburg, | 29.03. A-Haag, Böllerbauer | 01.04. Posthalle | 18.04. A-Wien Arena | 19.04. Karlsruhe, Die Stadtmitte München, Feierwerk | 20.04. A-Graz, Orpheum / Seifenfabrik | 23.04. CH-Erst- KENAI. 06.03. Jülich, Kulturbahnhof | feld, Transilvania Live Club 12.03. Karlsruhe, Die Stadtmitte | 13.03. Wirges, Bürgerhaus WAR FROM A HARLOTS MOUTH, ARSONISTS GET ALL THE GIRLS, SALT KNUCKLEDUST. 12.03. Schleiz, Woody’s THE WOUND, A PLEA FOR PURGING. | 13.03. Essen, JZE Papestraße 05.02. Rosswein, JuHa | 07.02. Bayreuth, Rosenau | 10.02. A-Salzburg, Rock House LEGACY OF BLOOD TOUR mit SUFFO- Bar | 11.02. Münster, Sputnikhalle | 14.02. CATION, ANNOTATIONS OF AN AUTO- Dortmund, Spirit | 21.02. Trier, Ex-Haus PSY, NERVECELL, FLESHGOD APOCA- | 22.02. Weinheim, Cafe Central | 23.02. LYPSE, BURNING THE MASSES. 13.03. München, Feierwerk | 24.02. Stuttgart, Karlsruhe, Substage | 14.03. Hamburg, JuHa West | 28.02. A-Graz, Postgarage | Markthalle | 16.03. Berlin, Columbia Club 01.03. A-Wien, Arena | 02.03. CH-Zizers, | 20.03. Leipzig, Conne Island | 21.03. Event Stage | 03.03. Hof, Grüne Haidt | A-Graz, Seifenfabrik | 22.03. A-Wien, 04.03. Köln, Underground | 05.03. Bre- Arena | 24.03. München, Feierwerk | men, Tower | 06.03. Leipzig, Conne Island

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44-46Fuze20.indd 46 10.01.10 22:46 47Fuze20.indd 47 09.01.10 13:57 CAESARS ROME The Company We Keep Out: 19. Februar 2010 Die Waliser kreieren den berüchtigten “Wall Of Sound”, allerdings ergänzt durch eingängige Strophen und hymnische Refrains. produziert von Romesh Dodangoda (Manic Street Preachers, Kids In Glass Houses, Funeral For A Friend, The Blackout..) Für Fans von: Thrice, Funeral For A Friend, Brand New www.myspace.com/caesarsrome

We Are The Void Out: 26.02.2010 Die Meister des Sound: melodischer Death Metal der Spitzenklasse. Neue Songs und Studioreports auf www.myspace.com/dtoffi cial www.darktranquillity.com Auch als Special Limited Edition + bonus DVD und Download erhältlich.

Neues Album im März High On Fire aus Oakland, Kalifornien, gehen stechender, schneller und düsterer zu Werke als je zuvor! Eine erbarmungslose Tour de Force!

www.darktranquillity.com

LACUNA COIL ARCHITECTS mit präsentiert von (D) auf Tour im März/April 07.02.2010 NL Eindhoven 09.02.2010 BE Borgerhout Trix Hall DESPISED ICON mit PARKWAY DRIVE, 20.02.2010 DE Berlin Columbia Club WINDS OF PLAGUE, THE WARRIOR, 50 LIONS 21.02.2010 DE Hamburg Knust Präsentiert von Metal Hammer, DE Colossaal 22.02.2010 Aschaffenburg My Space, Fuze, Allschools 24.02.2010 DE Cologne Essigfabrik 25.02.2010 DE Karlsruhe Substage auf Tour im April/Mai 26.02.2010 DE Munich Backstage Halle 28.02.2010 AT Vienna Arena TERROR REBELLION TOUR 2010, 01.03.2010 CH Zuerich Dynamo mit MADBALL, DEATH BEFORE DISHONOR, CRUEL HAND, THE SETUP Präsentiert von Fuze, Slam, OX, Allschools.de, Partyausfall.de, livegigs.de NEW ALBUM IN APRIL www.myspace.com/sickofi tallny · www.sickofi tall.com www.centurymedia.com auf Tour im März

Fuze_U2_0110.indd48Fuze20.indd 48 1 07.01.201009.01.10 16:55:42 13:53 Uhr