Sachverständigengutachten Zur Rolle Des Reichsministeriums Für Ernährung Und Landwirtschaft in Der NS-Zeit
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Rasse, Raum und Autarkie Sachverständigengutachten zur Rolle des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in der NS-Zeit Erarbeitet für das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Planungsstab Agrarpolitik Wilhelmstraße 54 10117 Berlin Verfasst von Prof. Dr. Andreas Dornheim Otto-Friedrich-Universität Bamberg Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte (Ver- tretung) Fischstraße 5/7, D-96045 Bamberg Tag der Abgabe: 31.3.2011 (Überarbeitete Fassung der Ursprungsfassung mit dem Titel Sachverständigengutachten „Rolle und Inhalt der Agrarpolitik und Agrarforschung von Vor- gängerinstitutionen des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt- schaft“ vom 28.2.2006) Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ............................................................................................................................... 3 2. Zur Geschichte der landwirtschaftlichen Organisationen und des RMEL bis 1933.............. 7 2.1. Die landwirtschaftlichen Organisationen......................................................................... 8 2.2. Die Landwirtschaftsministerien auf Länderebene und die Vorläufer des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (1848-1916) .................................. 14 2.3. Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft (1917-1933) ..................... 19 3. Forschungsentwicklung und Forschungsstand..................................................................... 26 3.1. Die ersten Arbeiten der 1950er und 1960er Jahre in der BRD ...................................... 26 3.2. Die Forschungen in der DDR ........................................................................................ 29 3.3. Die Kolonial-These........................................................................................................ 31 3.4. Die bundesdeutsche Forschung in den 1970er und 1980er Jahren ................................ 33 3.5. Die Studie zum Landkreis Stade.................................................................................... 35 3.6. Weitere Regional- und Lokalstudien ............................................................................. 39 3.7. Die gemeinsamen Arbeiten von Gustavo Corni und Horst Gies ................................... 44 3.8. Die Ausdifferenzierung der neueren Forschung und die Thesen von Ulrich Kluge...... 48 4. Das RMEL, der Minister und die Geschäftsverteilungspläne (1935-1943)......................... 50 4.1. Ideologie, Verhältnis zur NSDAP und Führungsstil Darrés.......................................... 51 4.2. Die Geschäftsverteilungspläne des RMEL von 1937 bis 1943 ..................................... 59 5. Der Reichsnährstand als Konkurrenz zum RMEL............................................................... 72 6. Das Reichserbhofgesetz ....................................................................................................... 84 Andere weibliche Verwandte und Nachkommen von solchen ............................................. 87 7. Enteignungen jüdischen Grundeigentums............................................................................ 88 8. Die staatlich gelenkte und kontrollierte Agrarwirtschaft im Rahmen der NS- Kriegswirtschaft ....................................................................................................................... 96 9. Die NS-Agrarforschung ..................................................................................................... 105 10. Von der „Neubildung deutschen Bauerntums“ zum „Generalplan Ost“ und dem „Großgermanischen Reich“.................................................................................................... 109 11. Wie grün waren die Nazis? .............................................................................................. 124 12. Grundzüge der Abwicklung des Reichsnährstandes ........................................................ 127 13. Fazit und Ausblick ........................................................................................................... 134 1. Einleitung Die vorliegende Darstellung basiert auf einem Gutachten, das Ende 2005 erstellt wurde: Am 14. September 2005 erhielt der Verfasser vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL), das inzwischen in Bundesministerium für Ernäh- rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) umbenannt wurde, den Auftrag, ein Sachverständigengutachten zu „Rolle und Inhalt der Agrarpolitik und Agrarforschung von Vorgängerinstitutionen des Bundesministeriums“ zu verfassen. Der Verfasser hatte sich vor allem im Rahmen seiner Habilitationsschrift mit der nationalsozialistischen Agrarpolitik be- fasst 1 und war durch einige einschlägige Publikationen in Erscheinung getreten. 2 In der Leis- tungsbeschreibung des Ministeriums hieß es: „Das BMVEL benötigt im Rahmen seiner akti- ven Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des Hauses eine umfassende und wissen- schaftlich abgesicherte Politikgeschichte zur Agrarpolitik und Agrarforschung der seinerzeit zuständigen staatlichen Einrichtungen aus der Zeit der Weimarer Republik bis 1976 (Ab- schluss der Abwicklung des Reichsnährstandes).“ Es war somit klar, dass das Gutachten weit über die NS-Zeit hinausgehen sollte. Ziel des Verfassers war es gewesen, ein Gutachten zu erstellen, das nicht nur den Forschungs- stand referieren, sondern darüber hinaus einen möglichst präzisen Überblick über die Thema- tik liefern und die Grundlage für weitere Forschungen legen sollte. Da dem Verfasser bekannt war, dass die Vorgängerinstitution, das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft (RMEL), im engeren Sinn bisher kaum Gegenstand von Forschungen war, wurde zudem zwi- schen Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbart, nach alten Geschäftsverteilungsplänen des RMEL zu suchen, diese in das Gutachten einzuarbeiten und bei der Bewertung zu berücksich- tigen. Weitere zusätzliche Recherchen und Forschungen waren notwendig, da die Abwicklung des Reichsnährstandes nach 1945 bisher nicht wissenschaftlich untersucht worden war. 1 Der lange Weg in die Moderne. Agrarische Politik und ländliche Gesellschaft in Deutschland 1918 bis 1960. Habilitationsschrift Universität Erfurt 2001 [unveröffentlicht]. 2 Landwirtschaft und nationalsozialistische Agrarpolitik in Thüringen, in: Andreas Dornheim, Bernhard Post, Burckhard Stenzel: Thüringen 1933-45. Aspekte nationalsozialistischer Herrschaft (= Thüringen Gestern & Heute. Eine Reihe der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Bd. 4), Erfurt 1997, S. 113-146. Boden- reform 1945-1952. Thüringen Blätter zur Landeskunde [hg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thü- ringen], Erfurt 2001. Projektskizze: Bauern und Öffentlichkeit. Die Publizistik der Kleinbauernverbände der Weimarer Republik, in: AKA-Newsletter, 9/2001, S. 39-45. Agrarpolitische Positionen und Probleme der SPD zwischen 1890 und 1948, in: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung 2003/II, S. 43-60. Bodenreform und Siedlung. Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Kontinuitäten und Brüche, in: ZAA 51/2 (2003), S. 79-84. Associations agricoles et contestation paysanne en Allemagne (1862-1933), in: Histoire & Sociétés, No 13 (Januar 2005), S. 42-53. Die deutsche Agrargeschichte in der NS-Zeit und die Lehrstuhl- Berufungen nach 1945 in Westdeutschland, in: ZAA 53/2 (2005), S. 39-55. 3 Wie der Forschungsüberblick zeigen wird, haben sich zwar viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der NS-Agrarpolitik, aber nur wenige detailliert mit dem RMEL beschäf- tigt. Eine Durchsicht der Findhilfsmittel des Bestandes R 3601 (Reichsministerium für Ernäh- rung und Landwirtschaft) im Bundesarchiv in Berlin (BArch Berlin) ergab, dass für die Zeit zwischen 1920 und 1945 genau 13 Geschäftsverteilungspläne vorhanden sein sollten. 3 Diese waren Ende 2005 jedoch nicht zugänglich und sollten erst wieder Anfang März 2006, also nach Abgabe des Gutachtens, eingesehen werden können. 4 Der Verfasser wich deshalb auf andere Bestände des Bundesarchivs aus, die ebenfalls Geschäftsverteilungspläne enthalten. Dabei handelt es sich um die Bestände R 43 (Reichskanzlei) und R 2301 (Rechnungshof des Deutschen Reiches). 5 Der erste, weitgehend vollständige Geschäftsverteilungsplan des RMEL unter Richard Walther Darré, der dort gefunden wurde, stammt vom 1. Januar 1937. Eine Ko- pie lag dem Gutachten als Anhang bei. Die Durchsicht weiterer, zum Teil nur in Auszügen vorliegender Geschäftsverteilungspläne aus den Jahren floss in die Darstellung ein. Zu Abwicklung des Reichsnährstandes (RNSt) besorgte Dr. Herbert Pruns,6 Ministerialdiri- gent a. D. des BMELV, Akten, die das BMELV an das Bundesarchiv in Koblenz abgegeben hatte und die im Jahr 2005 in einem Zwischenarchiv eingelagert waren. Bei einem Besuch in Bonn Mitte Dezember 2005 sah der Verfasser diese Akten durch. Die Ergebnisse dieser Ar- beit bildeten die Grundlage für das Kapitel zur Abwicklung des RNSt. Herbert Pruns stand dem Verfasser zudem für ein Gespräch über dieses Thema zur Verfügung, das auf einen digi- talen Tonträger aufgezeichnet wurde.7 Pruns war am 1. Oktober 1967 als Jurist ins Ministeri- um eingetreten und gehörte diesem bis zu seiner Pensionierung am 31. März 2000 an. Im Rahmen seiner Dienstgeschäfte war er in der 1970er Jahren mit der Abwicklung des Reichs- nährstandes befasst. Aus Sicht des Ministeriums hatte diese Abwicklung vor allem zwei Sei- ten: eine vermögensrechtliche und eine personelle. Vermögensrechtlich betrachtet ging