A Service of

Leibniz-Informationszentrum econstor Wirtschaft Leibniz Information Centre Make Your Publications Visible. zbw for Economics

Berg, Hartmut

Article — Digitized Version Unternehmensgrösse und Wettbewerbsfähigkeit

Wirtschaftsdienst

Suggested Citation: Berg, Hartmut (1973) : Unternehmensgrösse und Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftsdienst, ISSN 0043-6275, Verlag Weltarchiv, Hamburg, Vol. 53, Iss. 1, pp. 44-49

This Version is available at: http://hdl.handle.net/10419/134495

Standard-Nutzungsbedingungen: Terms of use:

Die Dokumente auf EconStor dürfen zu eigenen wissenschaftlichen Documents in EconStor may be saved and copied for your Zwecken und zum Privatgebrauch gespeichert und kopiert werden. personal and scholarly purposes.

Sie dürfen die Dokumente nicht für öffentliche oder kommerzielle You are not to copy documents for public or commercial Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, öffentlich zugänglich purposes, to exhibit the documents publicly, to make them machen, vertreiben oder anderweitig nutzen. publicly available on the internet, or to distribute or otherwise use the documents in public. Sofern die Verfasser die Dokumente unter Open-Content-Lizenzen (insbesondere CC-Lizenzen) zur Verfügung gestellt haben sollten, If the documents have been made available under an Open gelten abweichend von diesen Nutzungsbedingungen die in der dort Content Licence (especially Creative Commons Licences), you genannten Lizenz gewährten Nutzungsrechte. may exercise further usage rights as specified in the indicated licence. www.econstor.eu WISSENSCHAFT FÜR DIE PRAXIS

Unternehmensgröße und Wettbewerbsfähigkeit

Hartmut Berg, Hamburg

in Unternelimen ist wettbewerbsfähig, wenn □ economiesof large scalefinancing, E es für seine Produl

44 WIRTSCHAFTSDIENST 1973/1 WISSENSCHAFT FOR DIE PRAXIS satzmenge erfordern, die die zur Realisierung und Entwicklung zu betreiben wie größere Unter­ niedriger Stückkosten der Produktion benötigte nehmen. Mindestmenge übersteigt. Beispiel: Im Jahre 1968 schlossen sich die beiden Beispiel: Ein US-Automobiiiiändier, der jäiiriicli 100 großen britischen Computer-Hersteller zur inter­ Personenkraftwagen verkauft, fiat nacii einer national Computers Limited (ICI) zusammen. Das Sciiätzung vonPashigian^} pro Einheit um 40®/o Ministerium fürTechnologie förderte diesen Zusam­ höhere Vertriebskosten als ein Händler, der 600 menschluß, weil die Fusionspartner bei bewahrter Wagen p. a. absetzt. Wird diese letztgenannte Selbständigkeit als zu klein angesehen wurden, Menge überschritten, ergeben sich daraus keine um mit ihren R&D-Ausgaben jenes „threshold“- zusätzlichen Kostenvorteile im Bereich des Absat­ Niveau zu überschreiten, das den finanziellen Min­ zes. Zur vollen Nutzung der sich in der betrachte­ destaufwand hinreichend aussichtsreicher For­ ten Branche bietenden „economies of large scale schung angibt. Wie S/o/f®) zeigt, ist jedoch auch distribution“ reicht es also aus, die genannte Min­ das neu entstandene Unternehmen noch nicht destgröße von 600 Einheiten pro Jahr und je groß genug, um mögliche „economies of large Händler zu realisieren, um Kostennachteile gegen­ scale research and development“ in gleichem über größeren Händlern in diesem Bereich nicht Maße nutzen zu können wie etwa der Branchen­ mehr befürchten zu müssen. führer IBM. 0 Kostenvorteile wachsender Unternehmensgröße ® Skalenerträge durch „economies of large scale können weiter auftreten als „economies of large advertizing“ lassen sich realisieren, wenn die im scale buying“. Derartige Ersparnisse lassen sich Durchschnitt auf die einzelne Einheit entfallenden realisieren, wenn durch den Obergang zur „multi- Werbungskosten sich mit steigendem mengenmä­ plant firm“ Vorleistungen zu Preisen bezogen wer­ ßigem Absatz verringern. den können, die unter den von „single plant firms“ Beispiel: Im Jahre 1967 betrugen die Werbungs­ gezahlten liegen.^) ausgaben für die Chevrolet-Modelle der General Beispiel: Die Ford Motor Company bezog im Jahre Motors Corp. 74,45 Mill. $, für den Typ „Ford“ der 1947 von der Champion Spark Plug Company für Ford Motor Comp. 58,72 Mill. $, für die Modellreihe die Erstausstattung ihrer Fahrzeuge Zündkerzen „Plymouth“ der Chrysler Corp. 23,36 Mill. $ und zum Preis von 0,06 $ pro Stück. Kenner der Bran­ für den „Rambler“ der American Motors Corp. che schätzen, daß dieser Preis um 0,10-0,11 $ 12,85 Mill. $. Obwohl also der Werbeaufwand der unter den Stückkosten lag. Ford konnte derart at­ „Big Three“ in seiner absoluten Höhe den der traktive Konditionen durchsetzen, weil für Champ­ American Motors Corp. um ein Vielfaches über­ ion ein starkes Interesse bestand, Zugang zum steigt, bewirken die noch größeren Unterschiede Ersatzteil-Markt zu erhalten, auf dem für Zündker­ in den realisierten Zulassungen, daß die von dem zen 0,22—0,29 $ erlöst wurden. Die Bargaining- kleineren Hersteller angebotenen Modelle mit ei­ Power der kleineren Automobilhersteller Stude- nem höheren Dollarbetrag an Werbeausgaben be­ baker, Packard, Nash und Hudson reichte dagegen lastet waren als die der „Big Three“. nicht aus, um eine Belieferung zu den gleichen Bezieht man nämlich die Werbeausgaben des Jah­ günstigen Bedingungen zu erzwingen, wie sie den res 1967 auf die Zulassungszahlen, die die betref­ „Big Three“ der US-Automobilindustrie — der Ge­ fende Firma in der gleichen Periode realisieren neral Motors Corp., der Ford Motor Comp, und der konnte, dann ergibt sich folgendes Bild: Der Wer­ Chrysler Corp. — zugestanden wurden^). beaufwand pro abgesetzter Einheit betrug bei Ge­ 9 (Kosten-)Vortelle wachsender Unternehmens­ neral Motors 38 $, bei Ford und bei Chrysler je­ größe bei der Entwicklung und Anwendung von weils 39 $, bei American Motors dagegen 56 $. Für technischem Fortschritt (economies of large scale diesen Hersteller verbindet sich also der Nachteil research and development) werden dann relevant, eines relativ niedrigen Werbebudgets mit dem re­ wenn die gegebene Unternehmensgröße nicht aus­ lativ hoher Werbeausgaben pro verkaufter Einheit reicht, um im gleichen Umfang, mit gleicher Effi­ zu einem zweifachen Handikap. zienz oder zu gleich günstigen Kosten Forschung O Vorteile durch „economies of large scale financ- 2) B. P. P a s h I g i a n ; The Distribution of Automobiles. An ing“ lassen sich offensichtlich überall dort nutzen, Economic Analysis of the Franchise System, Englewood Cliffs, wo die großen Hersteller einer Branche ihre Inve­ N. J„ 1961, s. 223 ff. stitionen zu günstigeren Bedingungen finanzieren 3) Dabei stellt sich natürlich die ln unserem Zusammenhang aller­ dings irrelevante Frage, ob es sich bei solchen Ersparnissen tat­ können als ihre kleineren Konkurrenten. sächlich um gesamt- oder lediglich um einzeiwirtschaftllche Kostenvorteile handelt, die dadurch erlangt werden, daß ein Un­ ternehmen im Bargaining-Prozeß mit Itlelneren Lieferanten seine Beispiel: In den fünfziger Jahren mußten die sog. Marktmacht benutzt, um günstigere Konditionen durchzusetzen. „Independents“ der US-Automobilindustrie, die *) Vgl. dazu: L. J. W h 1 te : The Automobil industry Since 1945, a. a. O., S. 81: und Ch. E. Edwards: Dynamics of the United 5) J. S t o 11 ; Entwicklungsperspektiven der europäischen Com­ States Automobile Industry, Columbia, S. C., 1965, S. 253 f. puterindustrie, Hamburg 1972 (noch unveröffentl. Manuskript).

WIRTSCHAFTSDIENST 1973/1 45 WISSENSCHAFT FÜR DIE PRAXIS

Studebaker-Packard Corp. und die American Mo­ gend beantwortet werden, daß das betrachtete tors Corp., erhebliche Verluste hinnehmen, die Unternehmen groß genug ist, um in gleichem ihren Selbstfinanzierungsspielraum und damit in­ Maße „economies of scale“ in den genannten direkt auch die Möglichkeiten der Fremdfinanzie­ Bereichen von Beschaffung, Produktion und Ab­ rung stark verminderten. Ursache der Verluste satz, in Forschung und Entwicklung, Finanzierung waren letztlich jene „diseconomies“, die den „in- und Organisation realisieren zu können wie seine dependents“ aus ihrer — gemessen an jener der u. U. größeren Konkurrenten; nehmen wir zudem „Big Three“ — unzureichenden Größe erwuchsen*). an, daß dieses Ergebnis auch richtig ist, dann ist das Unternehmen, gemessen am Kriterium seiner ® Skalenerträge im Bereich der Unternehmensfüh­ objektiven Möglichkeiten, voll wettbewerbsfähig. rung („économies of large scale management“) Muß ein solches Unternehmen dennoch Verluste treten auf, wenn bei wachsender Unternehmens­ hinnehmen oder sieht es sich sogar in seiner größe Verfahren der Planung, des „decision-mak- Existenz bedroht, dann ist das in einem solchen ing“ und der Kontrolle angewendet werden kön­ Falle allein Ergebnis einer verfehlten Unterneh­ nen, die in Firmen, welche die hier relevante Min­ menspolitik. destgröße nicht erreichen, wirtschaftlich sinnvoll nicht einsetzbar sind. Beispiel: Im Herbst 1970 mußte die Mannheimer Beispiel: Eine Untersuchung des IFO-Instituts er­ Spielwarenfabrik Schlldkröt AG auf Anweisung gab, daß 41 % der befragten westdeutschen Unter­ des Großaktionärs die Produktion zum größten nehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten „Pla­ Teil stillegen, nachdem im Vorjahr ein Verlust von nungsrechnungen mit Hilfe spezieller mathema­ 7 Mill. DM erlitten worden war. 1965 hatte das tischer Verfahren durchführen, während nur 9 % Unternehmen bei einem Jahresumsatz von 30 Mill. DM noch einen Gewinn von 2 Mill. DM erwirtschaf­ der Unternehmen mit weniger als 1000 Beschäftig­ ten Planungsrechnungen verwenden. Für den Ein­ tet. Die Ursache der seitdem zu verzeichnenden Misere: Ein Management, das an einem immer satz der Planungsrechnung ist offenbar Voraus­ setzung, daß das Unternehmen über eine elektro­ mehr an Attraktivität einbüßenden Sortiment fest­ hielt und auf Innovationen konkurrierender Anbie­ nische Datenverarbeitungsanlage verfügt. 58 % der großen Unternehmen berichten, daß sie eine elek­ ter überhaupt nicht oder unzureichend reagierte. tronische Datenverarbeitungsanlage benutzen, Veränderung der erforderlichen lUiindestgröße während nur 8 % der kleinen Unternehmen mit im Zeitablauf einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage arbeiten. Man wird nicht fehlgehen in der Annah­ ® Ist ein Unternehmen für die betrachtete Periode me, daß die 41 % der großen Unternehmen, die als ausreichend groß anzusehen, um voll wettbe­ Planungsrechnungen einsetzen, unter den 58®/o werbsfähig zu sein, und ist die betrachtete Periode zu suchen sein werden, die über eine elektronische die Gegenwart, dann ist zu fragen, ob sich die Datenverarbeitungsanlage verfügen“ 0- „heute“ zur Wettbewerbsfähigkeit erforderliche ® Angenommen, die Frage nach der erforder­ Mindestgröße „morgen“, also in der Zukunft vor­ lichen Mindestgröße kann in dem Sinne befriedi- aussichtlich nach oben verschiebt, etwa ‘) Siehe dazu: Gh. E. Edwards; Dynamics of the United □ durch den Markteintritt neuer Anbieter überle­ States Automobile Industry, a. a. O. gener Größe, ') H. A I b a c h ; Die Koordination der Planung In Großunter­ nehmen. In: E. Schneider (Hrsg.): Rationale Wirtschaftspolitik und □ durch Fusionen auf für das betrachtete Unter­ Planung In der Wirtschaft von heute, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N. F. Bd. 45, Berlin 1967, S. 332 ff, hier: S. 336. nehmen relevanten Märkten,

KON«l U NKTU R VO N MORGEN

Der vierzehntäglich erscheinende Kurzbericht des HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung-Hamburg über die Binnen- und Weltkonjunktur und die Rohstoffmärkte Jahresbezugspreis DM 9 0 ,- für das erste. DM 2 5 ,- für jedes weitere Exemplar

VERLAG WELTARCHIV GMBH HAMBURG

46 WIRTSCHAFTSDIENST 197ä/l WISSENSCHAFT FOR DIE PRAXIS

□ durch den technischen Fortschritt, Durch die Fusion beider Gesellschaften haben sich □ durch neue Formen des Wettbewerbs, die „barriers to entry“ auf dem betrachteten Markt vermutlich kräftig nach oben verschoben; damit hat □ durch veränderte Anforderungen der Nachfrage sich auch jene Mindestgröße verändert, die ein an die ihnen offerierten Produkte. Unternehmen erreicht haben muß, wenn es erfolg­ reich in diesen Markt einzudringen wünscht. ® Die zur Wettbewerbsfähigkeit erforderliche N/Iin- destgröße wird wesentlich auch durch die Größe % Prozeß-Innovationen, d. h. technischer Fort­ jener Anbieter bestimmt, mit denen das betrachtete schritt im Bereich der Produktion, können dazu Unternehmen konkurriert. Die Wettbewerbsfähig­ führen, daß das Eintreten in den Bereich „niedri­ keit etablierter Anbieter kann deshalb dadurch ger“ Stückkosten erst bei (wesentlich) höheren gefährdet werden, daß neue Konkurrenten überle­ Stückzahlen möglich wird als im status quo ante. gener Größe in ihre angestammten IVIärkte ein­ brechen. Beispiel: Aethylen gehört zu den wichtigsten Pri­ märchemikalien der organischen Chemie. „Auf Beispiel: Groß-Hotels für hohe Ansprüche sind in Aethylenbasis erfolgt die Produktion z. B. folgen­ den letzten Jahren in der Bundesrepublik nahezu der Wachstumsprodukte: PVC-Kunststoffe, Aethy- ausnahmslos von ausländischen, vor allem von cellulose für Filme und Lacke, TEL-Antiklopfmittel, US-amerikanischen Hotel-Konzernen errichtet wor­ Emulsionen für Farben und Überzüge sowie Kunst­ den, so von der Hilton international, der Sheraton stoffe aus Polystyrol, Filme und Kunststoffe aus Corp., der Holiday Inns Corp., der Esso Motor Polyaethylen, Polyesterfasern und -filme, Gefrier­ Motels und der Interconti-Corporation. Die hohen schutzmittel, DDT für Insektizide, Celluloseazetat Investitionskosten von etwa 140 000 DM je Zimmer für Kunstseide und Kunststoffe. Vor einigen Jahren bei Luxus-Hotels und rund 100 000 DM bei Häusern lag die Standardgröße einer Aethylenanlage in für gehobene Ansprüche lassen die „économies Europa noch bei 30-50 000 Jahrestonnen. Dieser of large scale financing“ der US-Konzerne zu ei­ Standard verschob sich rasch auf 150-200 000 nem wesentlichen Wettbewerbsvorteil werden. Tonnen. Und zur Zeit errichtet die Dow Chemical Weitere Vorteile erwachsen ihnen durch eine enge Corporation in Terneuzen (NL) bereits eine Anlage Zusammenarbeit mit den großen Fluggesellschaf­ mit einer Kapazität von rund 400 000 Jahrestonnen. ten der USA, die Verfügbarkeit über ein weltweites Auch die britische ICI hat eine etwa gleich große Reservierungs- und Buchungssystem und die Prä­ Anlage im Bau. Von Japan ist bekannt, daß dort senz in mehr als nur einem Land. aus Wirtschaftlichkeitsgründen die Errichtung klei­ nerer Anlagen als 300 000 Tonnen vom japanischen Der Markteintritt neuer Anbieter überlegener Grö­ Wirtschaftsministerium nicht mehr genehmigt wird®). ße, so wie er sich in der betrachteten Branche durch die Investitionen amerikanischer Hotel-Ket­ ® Die zurWettbewerbsfähigkeit erforderliche Min­ ten vollzog, zwingt die deutsche Hotellerie, den destgröße kann sich im Zeitablauf auch dadurch Begriff „zur Wettbewerbsfähigkeit ausreichende nach oben verschieben, daß von den großen Her­ Mindestgröße“ neu zu definieren. Denn auch die stellern einer Branche neue Formen des Wettbe­ großen deutschen Hotelgesellschaften wie etwa werbs durchgesetzt werden, die zu übernehmen die Steigenberger-Gruppe mit einem Umsatz von die kleineren Hersteller außerstande sind. 1970 rund 121 Mill. DM erscheinen nun als zu klein, um auf die „amerikanische Herausforde­ Beispiel: Vor einigen Jahren vertrat der damalige rung“ wirksam reagieren zu können. Präsident der Ford Motor Company, Detroit, Se- mon E. Kundsen, die These, „daß Europa nunmehr ® Schaffen zwei Firmen durch Fusion oder Kon­ für häufigere Modellwechsel reif“ sei: „Amerika zentration eine Größenordnung, wie sie auf dem lebt seit langem unter dem System der organisier­ betreffenden Markt bis dahin nicht vertreten war, ten Alterung (,planned obsolescence') mit jähr­ dann laufen dadurch vordem ausreichend große lichen Modellwechseln, Europa wird folgen. Bei Anbieter Gefahr, zu klein zu werden. einigen Herstellern werden die Modelle schon alle zwei oder drei Jahre gewechselt. Dieser Rhythmus Beispiel: Im November 1969 zeigen die Firmen Uni­ wird in den kommenden Jahren noch schneller lever N. V., Rotterdam, (Umsatz 1968: mehr als werden.“ Und: „Ich glaube, daß dieser Faktor ent­ 20 Mrd. DM) und die Nestlé Alimentana AG, Vevey scheidend für die Realisierung künftiger Fusionen bei Genf, (Umsatz im gleichen Jahr: 7,1 Mrd. DM) sein wird. Jene, die dieser Entwicklung nicht folgen die Fusion zweier Tochtergesellschaften an: der können, werden sich mit denen verbinden müssen, Findus-Joppa GmbH, Frankfurt a. M., als Nestié- deren finanzielle Lage solider ist.“ Tochter, und der Langnese Iglo GmbH, Hamburg, als Unilever-Tochter. Der Marktanteil der neuen 8) A. Sohwietert und J.-J. M I d d e k e ; Unternehmens­ größe und Internationale Wettbewerbsfähigkeit. Eine Untersuchung Gruppe beträgt bei Kühlfrost-Artikeln etwa 50 %, über die Wettbewerbsposition der westdeutschen verarbeitenden bei Speise-Eis etwa 40 %. Industrie, Basel (Prognos AG), 1968, S. 100.

WIRTSCHAFTSDIENST 1973/1 47 WISSENSCHAFT FÜR DIE PRAXIS

Wenn auch die Richtigkeit der von Kundsen vor­ Zeitablauf voraussichtlich nach oben verschiebt, genommenen Prognose zu bezweifeln ist - weist dann ist zu prüfen, ob die „heute“ erreichte Unter­ doch die gegenwärtig von den europäischen Auto­ nehmensgröße unter Berücksichtigung des bis mobilherstellern betriebene Modellpolitik ganz „morgen“ zu erwartenden Internen Unternehmens­ eindeutig nicht in die von ihm prophezeite Rich­ wachstums ausreicht, um die in Zukunft zur Wett­ tung so ist doch seine Schlußfolgerung - ver­ bewerbsfähigkeit notwendige Unternehmensgröße stärkter Zwang zur Konzentration bei Beschleuni­ zu realisieren. Erbringt diese Analyse ein positives gung des Modellwechsels - zweifellos zutreffend. Ergebnis, dann ist das Unternehmen unter dem Ein Modell, das nur ein oder zwei Jahre gebaut Aspekt seiner objektiven Möglichkeiten auf abseh­ werden kann, um dann durch ein neues ersetzt bare Zukunft wettbewerbsfähig. werden zu müssen, könnte von den kleineren Her­ stellern nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Preisen O Wird die Frage nach der gegenwärtigen und/ angeboten werden. Denn die dann zu realisieren­ oder die nach der künftigen Wettbewerbsfähigkeit den Stückzahlen wären so gering, daß jede Ein­ des betrachteten Unternehmens nur eingeschränkt heit im Durchschnitt mit zu hohen „styling“ und bejaht oder gar verneint, dann ist zu prüfen, ob „tooling costs“ belastet sein würde. dieses Unternehmen einen hinreichenden und dauerhaften Marktschutz gegenüber jenen Produ­ 9 Marktstarke Abnehmer können ihre Lieferanten zenten besitzt, die die zur Wettbewerbsfähigkeit zwingen, zur Verbesserung der von ihnen herge­ ausreichende Mindestgröße erreichen oder über­ stellten Produkte verstärkt Forschung und Ent­ schreiten. wicklung zu betreiben. Erweisen sich Unternehmen als zu klein, um einer solchen veränderten An­ Fällt dieser Test positiv aus, dann erwachsen dem forderung der Nachfrage an die ihnen offerierten Unternehmen aus seiner mangelnden Größe keine Produkte genügen zu können, ist ihre Wettbe­ fühlbaren Wettbewerbsnachteile. Es bestehen für werbsfähigkeit bedroht. sein Angebot Präferenzen, die es gestatten, relativ hohe Stückkosten (aufgrund relativ geringer Stück­ Beispiel: Mitte 1970 erwarb die BASF die Farben­ zahlen und damit relativ arbeitsintensiver Verfah­ fabrik G. Siegle & Co., Stuttgart (Umsatz: 265 Mill. ren) in Form höherer Preise an die Abnehmer wei­ DM), nachdem der gleiche Konzern zuvor schon terzugeben. die Glasurit-Werke M. Winkelmann AG, Hamburg (Umsatz: 223 Mill. DM), die Dr. Beck & Co., Ham­ Beispiel: Die Doorne’s Automobilfabrlek N. V., burg (Umsatz: 25 Mill. DM), und die Herboi-Werke Eindhoven, produziert nur etwa 60 000 Einheiten Herbig-Haarhaus AG, Köln (Umsatz: 95 Mill. DM), p. a. Obwohl dieser Hersteller ausschließlich den in seinen Besitz gebracht hatte. Von den Farbwer­ Markt der unteren Preisklassen bedient, vermochte ken Hoechst wurde die Lackfabrik Flamuca mit er bislang noch Immer befriedigende Gewinne zu Werken in München und Stuttgart, vom Schweizer erzielen. Offensichtlich besteht zwischen dem An­ Geigy-Konzern die Bonner Bonaval-Werke GmbH gebot der Van Doorne’s Automobilfabrlek und dem und vom holländischen Misch-Konzern AKZO die der großen Anbieter auf dem Markt der unteren Stuttgarter Lechler-Gruppe aufgekauft. Preisklasse eine genügend breite Substitutions­ lücke, die bewirkt, daß die Intensität des Wettbe­ Eine wesentliche Ursache der bei sinkenden Ge­ werbs, dem sich der niederländische Produzent winnen zunehmenden Verkaufsbereitschaft auch ausgesetzt sieht, gering ist. Die Van Doorne’s großer mittelständischer Lackhersteller ergab sich Automobilfabrlek ist die erste - und lange Zeit aus steigenden Ansprüchen der industriellen Groß­ auch die einzige - Firma gewesen, die in der abnehmer, so der Automobilindustrie, an die von unteren Preisklasse einen Wagen mit vollautoma­ der betrachteten Branche angebotenen Produkte. tischem Getriebe anbot. Dadurch gelang es ihr, Die Notwendigkeit, für neue Materialien (Kunst­ eine überraschend ergiebige Marktlücke aufzu­ stoffe) und neue Produktionsverfahren (Hitzebe­ spüren und zu okkupieren. Das gestattete ihr, Preise zu fordern, die hoch genug waren, um die ständigkeit) neue Lacke zu entwickeln, zwang dazu, aus niedrigen Stückzahlen resultierenden „dis- zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit in einem economies“ auf der Erlösseite auszugleichen. Maße finanzielle Mittel für Forschung und Entwick­ lung bereitzustellen, das das Finanzierungsvermö­ gen auch der umsatzstarken mittelständischen Un­ Konsequenzen unzureichender ternehmen zu überfordern drohte und die bis da­ Unternehmensgröße hin branchenüblichen Gewinnmargen stark zusam- mendrüokte. • Wird allerdings die unzureichende Größe eines Unternehmens nicht durch eine ausreichende Prä- O Wird die These bejaht, daß sich die zur Wett­ ferenzierung seiner Erzeugnisse geheilt, dann ist bewerbsfähigkeit erforderliche Mindestgröße Im zu prüfen, ob die bereits hinzunehmenden oder in

48 WIRTSCHAFTSDIENST 1973/1 WISSENSCHAFT FOR DIE PRAXIS

Zukunft drohenden Wettbewerbsnachteile durch Ein neues Management beschließt eine völlige Ab­ Kooperation beseitigt oder vermieden werden kehr von der bis dahin betriebenen Modellpolitik. können. Die „tödliche Gemeinsamkeit mit den Großen“ soll vermieden werden durch den Bau anspruchsvoller, Ist das grundsätzlich der Fall, dann ist zu klären, leistungsstarker und „sportlicher“ Fahrzeuge der ob es auch Unternehmen gibt, die zur Kooperation oberen Mittelklasse. bereit und geeignet sind. Finden sich derartige Unternehmen und kommt es zum Abschluß einer Mit dem „BMW 1500“ wird der erste Schritt zum funktionsfähigen Kooperationsvereinbarung, dann Eintritt in den nun anvisierten Markt der „neuen ist die Wettbewerbsfähigkeit zurückgewonnen oder Klasse“ getan, aufgrund technischer Mängel, einer ihre Bedrohung abgewendet worden. zu Kritik Anlaß gebenden Qualität der Verarbeitung und der als „spartanisch karg“ empfundenen Aus­ Beispiel: Die Van Doorne’s Automobilfabriek N. V. stattung dieses Modells jedoch zunächst nur mit ist vermutlich nicht groß genug, um es wirtschaft­ mäßigem Erfolg. lich sinnvoll sein zu lassen, aufwendige Neu-Kon- struktionen selbst durchzuführen. Für ihren 1967 Umsatz und Produktion steigen indes mit weit neu auf den Markt gebrachten Typ daf 55 über­ überdurchschnittlichen Zuwachsraten, als dem nahm sie deshalb einen 1100-ccm-Motor der Régie Publikum 1963 der „BMW 1800“ und der „BMW Nationale des Usines Renault, der von diesem Her­ 1800 TI“ vorgestellt werden. Bis 1962 kann der steller entwickelt wurde und von ihm auch für die Umsatz auf 294,8 Mill. DM gesteigert werden; 1963 Van Doorne’s Automobilfabriek produziert wird. nimmt er gegenüber dem Vorjahr um 47 % zu und erreicht 433 Mill. DM. Entgegen allen früheren 9 Werden die Fragen, ob sich Wettbewerbsnach- Prognosen kann schon das Jahr 1962 ohne Verlust teiie, die aus unzureichender Unternehmensgröße abgeschlossen werden; 1963 wird zum ersten Mal resultieren, durch Kooperation heilen lassen, bzw. seit zwei Jahrzehnten wieder eine Dividende in ob es zur Kooperation geeignete und bereite Un­ Höhe von 6 % ausgeschüttet. ternehmen gibt, verneint, dann ist zu prüfen, ob für das betrachtete Unternehmen die Möglichkeit be­ 9 Bietet sich dem betrachteten Unternehmen ent­ steht, auf andere (Teil-)Märl

WIRTSCHAFTSDIENST 1973/1 49