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Boletus, Band 31, Heft 1, Seite 45 – 63

TORSTEN RICHTER & HANS-OTTO BARAL

Coronellaria pulicaris, luctuosa und cornelii - seltene Saprobionten an Cyperaceen

RICHTER, T. & BARAL, H.-O. (2008): Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa and Marasmius cornelii - rare saprobionts on Cyperaceae. Boletus 31(1): 45-63 Abstract: Three species confined to Cyperaceae, Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa and Marasmius cornelii are presented, illustrated and discussed. Based on strongly deviating microscopical characters, C. pulicaris is found to be an aggregate of two closely related species which both are so far only known with certainty from Schoenoplectus lacustris. Concerning M. luctuosa (= M. humidicola) a possible synonymy with pilosa is considered. Aiming at a more natural classification involving vital characters, the following new combinations are proposed: Mollisia pilosa (CROSSLAND) BARAL & T. RICHTER comb. nov., M. pulla (W. PHILLIPS & KEITH) BARAL comb. nov., M. asteroma (FUCKEL) BARAL comb. nov., M. obscura (REHM) BARAL & GMINDER comb. nov., M. mediella (P. KARST.) BARAL comb. nov., M. filispora (COOKE) BARAL comb. nov., M. elegantior (GRADDON) BARAL comb. nov., M. russea (SCHMID-HECKEL) BARAL comb. nov. Key words: fungi, Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa, Marasmius cornelii, Cyperaceae, taxonomic value of ascus crozier, Germany.

Zusammenfassung: Die drei auf Sauergräser spezialisierten Arten Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa und Marasmius cornelii werden vorgestellt, abgebildet und diskutiert. Aufgrund stark abweichender Mikromerkmale wird C. pulicaris als Aggregat aus zwei nahe verwandten Arten betrachtet, welche beide mit Sicherheit nur für Schoenoplectus lacustris nachgewiesen sind. Bezüglich M. luctuosa (= M. humidicola) wird eine mögliche Synonymie mit Niptera pilosa erwogen. Mit dem Ziel eines natürlicheren, Vitalmerkmale einschließenden Gattungskonzepts werden folgende Neukombinationen vorgeschlagen: Mollisia pilosa (CROSSLAND) BARAL & T. RICHTER comb. nov., M. pulla (W. PHILLIPS & KEITH) BARAL comb. nov., M. asteroma (FUCKEL) BARAL comb. nov., M. obscura (REHM) BARAL & GMINDER comb. nov., M. mediella (P. KARST.) BARAL comb. nov., M. filispora (COOKE) BARAL comb. nov., M. elegantior (GRADDON) BARAL comb. nov., M. russea (SCHMID-HECKEL) BARAL comb. nov.

1. Einleitung

Im Rahmen der 6.Tagung des Bundes- Mit diesem Beitrag über drei wenig fachausschusses (BFA) Mykologie (NABU) bekannte, an Cyperaceen (Sauergräser) vom 21. bis 24.IX.2006 in Linowsee wurden lebende Pilze möchten wir das Interesse an fast 2000 Funde erfasst (SCHMIDT, KASPAR den vielen kleinen und unscheinbaren, & RICHTER 2008). Darunter befinden sich saprobiontisch lebenden Sippen wecken und auch eine Vielzahl von Aufsammlungen gleichzeitig dem Organisationsteam, insbe- seltener bzw. interessanter Arten, nicht nur sondere Herrn Dr. M. SCHMIDT, für eine für Brandenburg. rundum gelungene Tagung danken.

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2. Darlegungen über Merkmale, Taxonomie, Ökologie und Verbreitung ausgewählter Pilzarten

2.1. Coronellaria pulicaris (P. KARST.) SACC., Syll. fung. 8: 321 (1889) = Coronellaria delitschiana (AUERSW.) P. KARST. ssp. pulicaris P. KARST., Not. Sällsk. Fauna Flora Fenn. Förh. 11: 248 (1870) = Peziza pulicaris P. KARST., Not. Sällsk. Fauna Flora Fenn. Förh. 10: 165 (1869)

Referenzabbildungen: BARAL et al. (2005, Mikro- (Hemiamyloidität) des Ascusporus in IKI zeichnungen H.B. 3309a, 6730); RAITVIIR & (Lugolsche Lösung) vom Allophylaria-Typ LEENURM (2001, Mikrozeichnung). (selten IKI-negativ), sowie die reichlich Öl-

Die Gattung Coronellaria definierte der tropfen enthaltenden, relativ großen Asco- sporen. Typisch sind auch die durch die finnische Lehrer und Mykologe PETTER Epidermis vorbrechenden, recht kleinen ADOLF KARSTEN 1869 (dort noch als Sektion von Peziza) unter anderem durch Apothecien. marginal eingerissene bis haarige Apo- Coronellaria wurde zwar von DÈFAGO thecien, großguttulate Sporen und einen in (1968) aufgrund der oberflächlich wachsen- den Apothecien aus dem Hysteropezizella- Jod "violettbraun" anfärbenden Ascusapex. Komplex abgetrennt, tatsächlich brechen Als Grundlage dienten ihm finnische Funde diese aber relativ früh durch das Substrat von Coronellaria delitschiana, C. pulicaris und scheinen dadurch oberflächlich aufzu- und C. caricinella (P. KARST.) P. KARST. sitzen, sind aber in Wirklichkeit mit ihrer Die von Schoenoplectus lacustris stammen- kleinen, zapfenartigen, oft dunkelbraunen de C. delitschiana wird als Gattungstypus Basis in diesem eingesenkt. Aufgrund der angesehen (NANNFELDT 1932: 105). mehr oder weniger vorstehenden, dicken, Coronellaria existiert also mittlerweile fast rauen Paraphysenspitzen besitzen die Arten 150 Jahre und bildet mit den Gattungen des Hysteropezizella-Komplexes, insbeson- Cejpia VELEN. und Hysteropezizella HÖHN. dere diejenigen von Coronellaria, ein nach HEIN (1981) und BARAL (1994: 113) auffällig pruinöses . Typisch ist den Hysteropezizella-Komplex innerhalb der weiterhin die saprobiontische Lebensweise Dermateaceae bzw. Mollisiaceae. in Sümpfen und Mooren an feucht liegenden Gewisse Abgrenzungsprobleme gibt es zwi- Stängeln von verschiedenen Monokotylen schen den (scheinbar) oberflächlich wach- mit einer Präferenz für Cyperacaeen. senden, meist deutlich behaarten Coronella- Die Originalbeschreibung von Coronellaria ria-Arten und den deutlicher hervorbrechen- pulicaris erfolgte durch KARSTEN (1869, als den, eher undeutlich unbehaarten Arten von Peziza pulicaris). Er fand den Pilz im Hysteropezizella (siehe auch SCHEUER September bei Kuivajärvi (Tammela), und 1988). Aber auch Cejpia weicht nur durch zwar am selben Substrat wie C. delitschiana, dickwandige, braune, anliegende Flanken- Stängel von Schoenoplectus lacustris. Wenig haare ab, so dass die Gattungen des Hystero- später (KARSTEN 1870, 1871: 184) erhob er pezizella-Komplexes eher künstliche Gebil- seine Sektion XVII. Coronellaria zur de zu sein scheinen. Gattung, reduzierte aber P. pulicaris zur Wesentliche gemeinsame Merkmale dieses Subspezies von C. delitschiana, dergegen- Komplexes sind nach HEIN (1981) und über sie in allen Teilen kleiner sei. Auch hob BARAL (1994) die mit warzigen bis stift- er die "seltsame Variabilität in Farbe und förmigen, wasserabstoßenden Auflagerun- Form" seiner ssp. pulicaris hervor. Als gen bedeckten, ± deutlich lanzettlichen, weiteres Substrat nennt er Scirpus sylvaticus durch Vakuolentropfen (VBs) guttulaten (siehe aber unten). Die Tatsache, dass Paraphysen und Randhaare, die Rotfärbung KARSTEN die Art zur Subspezies reduzierte, TORSTEN RICHTER & HANS-OTTO BARAL: Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa... 47 wird gerne übersehen, da KARSTEN Unter- KRIEGELSTEINER, G. (1993) führt nur eine arten nur durch ein Sternchen vor der Gat- MTB-Angabe auf, die jedoch auf einen tung zu kennzeichnen pflegte. So haben Schweizer Fund zurückgeht (Schaffhausen, gewiss auch SACCARDO (1889) und JAAP Thayngen, Moos, 19.XI.1987, leg. H.-O. (1915) diesen Umstand übersehen, als sie BARAL & P. BLANK, H.B. 3309a). Ein C. pulicaris auf Artrang in Coronellaria weiterer Fund von C. pulicaris ist aus den akzeptierten. Niederlanden (Noord-Brabant, Oploo, In den Jahrzehnten nach 1871 findet man 2.IX.2000, leg. S. HELLEMAN 112, H.B. keine Fundangaben zu Coronellaria pulica- 6855) bekannt geworden (beide an S. la- ris. Der Erstnachweis für Deutschland custris). gelang dann O. JAAP am 12.8.1913, der auch Der im Folgenden ausführlich vorgestellte kurz über seinen Fund in Brandenburg, ohne Neufund aus Rheinsberg wurde zunächst detaillierte Angaben zu machen, berichtet: von ANDREAS GMINDER (Jena), später von “An alten, vorjährigen Halmen von Schoe- H.-O. BARAL als Coronellaria pulicaris noplectus lacustris (L.) PALLA bei Triglitz in bestimmt. Dieser Fund unterscheidet sich der Prignitz. Dieser sehr interessante Disco- jedoch in einer Reihe von Merkmalen (Exci- mycet, der mir wie so viele andere Asco- pulumfarbe, Exsudat, Zellwanddicke, Ha- myceten gütigst von Herrn Geheimrat Dr. H. ken) von den uns zur Verfügung stehenden REHM bestimmt wurde, scheint bisher in drei letztgenannten Funden erheblich (siehe Deutschland noch nicht beobachtet worden Tab. 1). Obwohl ansonsten eine frappante zu sein. In REHMs klassischem Discomyce- Übereinstimmung in den Ascus- und tenwerk wird er nicht aufgeführt“ (JAAP Sporenmaßen wie auch der Jodreaktion und 1915: 9). Ein Beleg befindet sich im Her- den Sporenguttulen besteht, betrachten wir barium Hamburgense (HBG) der Universität den Rheinsberger Fund hier als eine separate Hamburg (JAAP: Fungi Selecti Exsiccati Nr. Art, für die wir jedoch keinen passenden 652). Namen in der Literatur finden konnten (im HÖHNEL (1923: 114) bedient sich der Folgenden als "Coronellaria spec." bezeich- JAAPschen Aufsammlung, um auf die net). "braunviolette" Jodreaktion des Apikalringes Allerdings ergab die Nachuntersuchung des in den Asci sowie den Aufbau des Excipu- im Herbar V. KUMMER verbliebenen Teil- lums (weit hinauf aus zartwandigen braunen belegs aus dem NSG Kiesgrube eine Parenchymzellen) aufmerksam zu machen. Überraschung: Während im Teilbeleg H.B. Eine Notiz für einen ungarischen Fund an 6730 seinerzeit nur eine Art (im Folgenden S. lacustris ohne weitere Daten ist in als die "typische C. pulicaris" bezeichnet) SVRČEK (1979: 153) zu finden. festgestellt wurde, fand sich im Teilbeleg Wieder vergehen Jahre bis Coronellaria aus dem Herbar KUMMER nun ein Mixtum pulicaris in Deutschland gefunden wird, und aus beiden Arten (vorrangig Coronellaria wieder sollte der Pilz im Land Brandenburg spec.)! Trotz des engen Zusammenwachsens entdeckt werden. Dr. VOLKER KUMMER auf demselben Halm in wenigen Millimetern (Potsdam) stellte uns seine folgenden Abstand sprechen die auch makroskopisch Fundortangaben (mit detaillierter Beschrei- abweichenden Merkmale für zwei getrennte, bung) zur Verfügung: aber offensichtlich nahe verwandte Arten. Brandenburg, Potsdam, im NSG Kiesgrube am Die Benennung der Arten des Hystero- Kieskutenberg (Michendorfer Straße), alte Kies- grube mit Tümpeln (MTB 3644/13, 50 m NN), an pezizella-Komplexes ist u.a. dadurch er- abgestorbenen, feucht liegenden Stängeln von schwert, dass Daten zu den Haken in der Schoenoplectus lacustris nahe der Wasseroberfläche Literatur gewöhnlich fehlen, und aufgrund zusammen mit Psathyrella typhae; 8.VII.2000, leg. der verbreiteten Verwendung von MELZERs V. KUMMER, det. H. O. BARAL (H.B. 6730). Reagens seit 1924 die Asci zuweilen fälsch- 48 Boletus, Band 31 (1), 2008 lich als jodnegativ angegeben werden braun, grünlich-gelb, trocken schwarz) der (MELZER ergibt erst nach KOH-Behandlung Art hinwies. Seine Angabe "trocken schwär- eine deutlich positive - blaue - Reaktion), zend" deutet daraufhin, dass zumindest die wobei es aber selten auch Taxa mit echt Art mit dunklem Excipulum in der Typus- inamyloiden Asci in diesem Komplex gibt. kollektion vorhanden war. JAAPs Branden- Um zu klären, welches nun tatsächlich die burgischer Fund sollte nach HÖHNELs echte C. pulicaris ist, wären Studien am (1923) Beschreibung des Excipulums Typus wünschenswert. HEIN (1981, Abb. ebenfalls typische C. pulicaris enthalten. 28) hat zwar einen Syntypus nachuntersucht, Allerdings haben zwei weitere, sehr rezente beschränkte sich aber in seinem Bericht auf Funde der Art ohne Haken obigen Befund die Paraphysenmerkmale, die bei diesen relativiert. Hier ist das Ektalexcipulum bei beiden Arten keine eindeutigen Unterschiede einem Fund nahe der Basis auffällig dunkel liefern (zudem ist bei seiner Abb. 1c nicht olivbraun gefärbt, beim anderen sogar bis klar, ob sie vom Typus stammt). Weiterhin zur Margo (Apothezien dadurch einer muss befürchtet werden, dass auch der auf ähnelnd); auch das ocker- verschiedene Herbarien verteilte Typus ein braune Exsudat war hier nicht zu sehen. Mixtum darstellen könnte, zumal KARSTEN Zudem sind die Sporen deutlich kürzer (15- (l.c.) auf die "seltsame Variabilität" in der 19 x 4-5 µm). Diese Daten wurden in Apothecienfärbung (weiß, blass gelblich- Tabelle 1 berücksichtigt.

Tab. 1. Gegenüberstellung der Differentialmerkmale zwischen typischer C. pulicaris und der hier vorgestellten Coronellaria spec. (Die Ascus- und Sporenmaße sowie die Sporenguttulen sind der Vollständigkeit halber angeführt, Unterschiede bestehen hier aber kaum).

Coronellaria pulicaris (s. str.) Coronellaria spec. Außenseite satt graubräunlich, basal gänzlich hell graulichcreme, schwärzlich, Margo mit langen auch olivbraun bis weißen Haaren schwärzlich, Randbehaarung oft undeutlich Ektalexcipulum satt grauolivbraun (zur Margo hyalin bis dunkel olivbraun, heller), tot dünnwandig tot z.T. dickwandig Exsudat auf Excipulum ohne ohne oder fleckig ocker- braun Randhaare 40-120 µm lang 25-60(-85) µm lang Warzen der Haare oft abstehend stiftförmig rundlich bis etwas stift- förmig Asci (tot) 70-102 x 9-12(-14) µm (tot) 65-94 x (10-)11-13(- 15) µm Ascusbasis mit Haken ohne Haken Sporen (vital) (vital) (16-)18-23(-27) x 4-5,5 µm 15-25 x (3,7)4-5(-5,5) µm Guttulen in den Sporen 2-8 große und viele kleine 2-4 große und viele kleine

Ökologie und Verbreitung tete Funde). Fundberichte sind ziemlich Reife Fruchtkörper von Coronellaria puli- selten, obwohl die Teichsimse in verschiede- caris s.l. sind aus den Monaten Juli, August, nen Gewässern verbreitet vorkommt. Die September und November bekannt gewor- Sammelart besiedelt abgestorbene, feucht den (KARSTEN 1869, JAAP 1915, hier berich- bzw. im Wasser liegende Stängel der Teich- TORSTEN RICHTER & HANS-OTTO BARAL: Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa... 49 simse (Schoenoplectus lacustris). Der winzi- Das Vorkommen ähnlicher Sippen an der ge Pilz benötigt also eine kontinuierlich Salz-Teichsimse (Scirpus tabernaemontani) hohe Feuchtigkeit und findet diese in Röh- in feuchten Salzwiesen an der Ostseeküste richtgesellschaften stehender und langsam Estlands und Schwedens verdient ebenfalls fließender, oft eutropher Gewässer. Als künftige Beachtung. Scirpus tabernaemonta- geeignete Standorte kommen See- und ni als ursprüngliche Brackwasserart zeigt Flussufer, Moorgewässer, offengelassene gegenüber Salztoleranz eine weite Ampli- Sand- und Kiesgruben sowie andere Klein- tude und dringt zunehmend ins Binnenland gewässer in Frage. Diese Standorte gehören vor, wo sie auch an kaum salzbeeinflussten, – wie manch andere - zu den interessanten, eher lehm- oder tonuntersetzten Standorten aber mykologisch nur wenig erforschten vorkommt. An derartigen Standorten darf al- Mykozönosen. so auch nach Coronellaria gesucht werden.

Abb. 1: Coronellaria pulicaris (A: Oploo, H.B. 6855; B: Potsdam, H.B. 6730a); A - Blick auf Ectalexcipulum (KOH), B - Habitus eines Apotheciums (rehydriert). Fotos: H.-O. BARAL.

Fundbeschreibung von Coronellaria spec. bis gesellig dem Substrat breit aufsitzend; (anhand von vitalem Material), vgl. Abb. 1, Hymenium weißlich-weißlichgrau, bei Tro- 2 und 3 ckenheit wie weiß bereift erscheinend; Margo mit weißem, fransigem Haarsaum; Fundort: Außenseite ockerlich bis ockerbräunlich mit Brandenburg, Umgebung Rheinsberg, Adamswalde; gelbem bis gelbolivem Schimmer, basal 22.IX.2006 offengelassene Torfstiche am S-Ende dunkelbraun. des Gr. Pälitzsees (MTB 2843/2, 50 m NN); an im flachen Wasser liegenden, vorjährigen Stängeln von Schoenoplectus lacustris, leg. T. RICHTER, teste H.- Mikroskopische Beschreibung (als Unter- O. BARAL, Beleg im Herbarium H.-O. BARAL (H.B. suchungsmedium diente Leitungswasser) 8405). Asci länglich keulig, 8-sporig, tot (65-) 75- 82 (-90) x (10-) 11-13 (-15) µm, apikaler Makroskopische Beschreibung Teil konisch verschmälert und abgestutzt; Apothecien 0,1-0,5 mm im Durchmesser, Apikalring reagiert auf LUGOLsche Lösung jung cupulat dann schüsselförmig, einzeln in H2O intensiv rot-violett unabhängig von 50 Boletus, Band 31 (1), 2008

Abb. 2: Coronellaria spec. (A-C: Gr. Pälitzsee, H.B. 8405, D: Potsdam, H.B. 6730b); A - Blick auf Ectalexcipulum (KOH), B - Medianschnitt (KOH), C-D - Habitus der Apothecien (rehydriert). Fotos: H.-O. BARAL . der Konzentration (= IKI RR, keine reihig (im lebenden regelmäßig schräg- deutliche Reaktion in Melzer, nach KOH- zweireihig), vital 20-25 x 4,5-5 µm; gerade Behandlung intensiv blau in Melzer wie bis schwach gebogen, breit zylindrisch, Lugol), vom Allophylaria-Typ; ohne Haken. teilweise auch etwas scutuloid mit einem Sporen im toten Ascus unregelmäßig zwei- breit abgerundeten oberen und einem etwas TORSTEN RICHTER & HANS-OTTO BARAL: Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa... 51

Abb. 3: Coronellaria spec. (Gr. Pälitzsee, H.B. 8405); A – Habitus, Apothecien vergrößert, B - Asci: B1 – Ascusapex mit Apikalring (tot), C – Paraphysen (vital), D – Ascosporen mit Lipidtropfen (vital), E – Haare. Maßstäbe: A= 1 mm; B-D= 10 µm – Zeichnung: T. RICHTER. verschmälerten unteren Ende; hyalin, 1-zel- bis schlank keulig; im oberen Teil mit granu- lig, meist mit 2-4 großen (Durchmesser bis lären, z.T. leicht stiftförmig-warzigen Wand- 3,5 µm) und mehreren kleinen Lipidtropfen. auflagerungen. Margohaare hyalin, dünnwandig, vital 35- Paraphysen hyalin, dünnwandig, im oberen 50 (-85) x 5-7 µm, mit vielen unterschiedlich Teil breit lanzettförmig angeschwollen auf großen Vakuolentropfen (VBs, in KOH bzw. 6-7 µm, vital mit vielen unterschiedlich Herbarmaterial verschwindend), basalwärts großen Vakuolentropfen, an der Spitze mit septiert, in der Form nicht einheitlich, vari- granulären, z.T. leicht stiftförmig-warzigen ierend zwischen abgerundet lanzettförmig 52 Boletus, Band 31 (1), 2008

Wandauflagerungen wie bei den Margo- Weitere Funde (Merkmale nicht in haaren; Beschreibung aufgenommen): Ektales Excipulum deutlich dickwandig Brandenburg, Potsdam, V. Kummer (H.B. 6730, (gelatinisiert), hyalin, an der Basis aus Mixtum mit C. pulicaris, siehe oben). Mecklenburg-Vorpommern, Wittenburg, Nieklitz, textura angularis, die zum Rand hin in eine Gelände des Zukunftszentrums, MTB 2531/12, an textura prismatica übergeht; außen an Basis Schoenoplectus lacustris, T. Richter (H.B. 8899). und Flanken locker bis dicht von satt ocker- Mecklenburg-Vorpommern, Usedom, Lütow, NSG bis ockerolivfarbenem granuliertem Exsudat Gnitz, MTB 2049/11, an Schoenoplectus lacustris, bedeckt. 1.VIII.2008, T. Richter (H.B. 8903).

Abb. 4: Coronellaria caricinella (Rehna, H.B. 8471a); A - Habitus der Apothecien (frisch), B - Asci und Paraphysen (vital), C - Blick auf Ectalexcipulum (vital), D, E - Medianschnitte (KOH). Fotos H.-O. BARAL.

Verwechslungsmöglichkeiten pulicaris ocker- bis olivbraun und Als Hauptunterschied zwischen Coronella- dünnwandig), ria spec. und C. pulicaris können gelten (3) Vorhandensein eines gelbbraunen (siehe auch Tab. 1): Belags (Exsudat) auf dem Excipulum an (1) das völlige Fehlen von Haken an den der Basis und den unteren Flanken der ascogenen Hyphen (bei den drei Apothecien (fehlt bei C. pulicaris, aber erwähnten Funden von C. pulicaris auch bei weiteren Funden von Coronel- konstant mit Haken) laria spec. fehlend). (2) hyaline, oft dickwandige Zellen über die Der bemerkenswerte Unterschied in den gesamte Dicke des Excipulums an der Haken ist auch bei der Sammelart Basis und den Flanken der Apothecien C. caricinella zu beobachten. Hiernach (bei weiteren Funden aber basal oder haben Funde aus Flachmooren im planar- sogar marginal dunkel olivbraun; bei C. collinen Bereich (auf Carex elata, Abb. 4) TORSTEN RICHTER & HANS-OTTO BARAL: Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa... 53

Asci mit Haken, während Aufsammlungen jedoch sind letztere im Gegensatz zu unserer aus montanen bis subalpinen Hochmooren Sippe von olivbraunen Rindenhyphen dicht und von Gebirgsseeufern (z. B. auf Carex bedeckt. Auffällig an C. benkertii s. BARAL rostrata oder Trichophorum caespitosum) sind außerdem die nur bei Frischmaterial Asci ohne Haken besitzen (BARAL, ined.). vorhandenen, leuchtend gelben Vakuolen- Die beiden Sippen unterscheiden sich offen- tropfen (VBs) in den Paraphysen und bar auch durch das deutlichere Vorbrechen Haaren. Zuweilen wurden jedoch auch frisch der Apothecien bei den Gebirgsfunden, farblose Apothecien beobachtet, die offenbar worauf SCHEUER (1988: 63) anhand von eine albinotische Variante darstellen. Mit C. collinen und subalpinen Funden bereits benkertii s. BARAL anscheinend konspezi- hinwies, während das ectale Excipulum immer ± braun gefärbt ist. Die Sporen von fisch ist ein alter belgischer Beleg im C. caricinella agg. sind etwas kleiner als die Herbarium Jardin Botanique National de von C. pulicaris s.l. (vital 12-20 x 3,8-4,5 Belgique (unter dem Namen Peziza µm). Jedoch ist aufgrund einer gewissen caricinella, Ardennen, Malmedy, Carex- Streuung der Sporen- und auch Ascusmaße Blätter, ohne Datum, ohne Angabe der der Unterschied keineswegs scharf. Apothezienfarbe, Reliqu. M.-A. LIBERT, BR, Die ebenfalls an Schoenoplectus lacustris rev. H.-O. BARAL). Der Typus von vorkommende Coronellaria delitschiana Coronellaria benkertii (auf Blättern von unterscheidet sich von C. pulicaris nach Carex rostrata, mit hyalinen Apothecien und KARSTEN (1869) durch 25-40 x 6-7 µm 17-20,5 x 4-4,5 µm großen Sporen) wurde große, mehr fusoide Sporen und kommt von SVRČEK (1978) durch inamyloide Asci deshalb für die hier vorgestellte Sippe kaum charakterisiert. Es ist jedoch unklar, ob die in Frage. NANNFELDT (1932: 106, fig. 10a- Asci wirklich inamyloid sind oder ob b) und HEIN (1981: fig. 1a, 21-23) haben SVRČEK Melzer ohne KOH-Vorbehandlung zwar Typusmaterial untersucht, bilden aber anwandte und deshalb keine Jodreaktion nur das Excipulum bzw. die Paraphysen- feststellte (dieselbe Frage erhebt sich bezüg- spitzen ab. Eine weitere, auf diesem Substrat lich der ähnlichen C. aberrans (VELEN.) wachsende, nahe verwandte Art, Hystero- SVRČEK, s.u.). Auch macht SVRČEK bei pezizella hydrophila (BOMMER, ROUSSEAU diesen beiden Taxa keine Angaben zu den & SACC.) NANNF., stimmt zwar in den Haken. Hymenialmerkmalen mit unserer Sippe gut RAITVIIR & LEENURM (2001) berichten überein (z.B. hemiamyloider Apikalring, ausführlich über einen Nachweis von Asci ohne Haken, Sporen tot 16-20,3 x 4-5 C. pulicaris in Estland, gefunden auf Scirpus µm), besitzt aber stark verlängerte, trocken tabernaemontani am 28.VII.1959 (TAA schlitzförmige, deutlich vorbrechende, 30230). Neben dem abweichenden Substrat schwarze Apothecien und ein bis zur Margo passt der Fund auch mikroskopisch nicht auf gänzlich dunkelbraunes Excipulum (unter- typische C. pulicaris: Die Sporen sind mit suchter Fund: Sydow, Mycotheca germanica 12-15 x 4-5 µm recht kurz, die Asci ohne 2951, Brandenburg, Strausberg, Ihlandsee, Haken, die Apothecien blass gelblich, und 7.VII.1935, H. Sydow, BR). das Excipulum insgesamt hyalin. Abgesehen Coronellaria benkertii SVRČEK im Sinne von den kürzeren Sporen stimmen diese von BARAL (in BARAL et al. 2005, auf Carex Daten recht gut mit der hier vorgestellten rostrata und Eriophorum in Hochmooren Coronellaria spec. überein. Damit vergleich- der Vogesen gesammelt, siehe auch BEYER bar gibt KARSTEN (1870: 248) für seinen 1994: 208) ist der hier vorgestellten Sippe Fund an Scirpus sylvaticus etwas kleinere (Coronellaria spec.) in der Sporengröße Sporen an (14-20 x 3.5-4.4 µm). Anderer- (vital 16-26 x 4-5,3 µm), den Asci seits hat ein Beleg auf Scirpus tabernaemon- (Apikalring satt rot in IKI, ohne Haken) und tani in der Botanischen Staatssammlung den hyalinen Excipulumzellen sehr ähnlich, München (Schweden, Dalarö, IX.1899, 54 Boletus, Band 31 (1), 2008

G. LAGERHEIM, Herbar Vestergren 361 = 18-22 x 4-5 µm, aus NANNFELDTs Tafel REHM 1318, als Niptera melatephra errechnet aber 13-18,5 x 3,8-5,3 µm) [LASCH] REHM) Sporen wie C. pulicaris (tot bedürfen der Revision, u.a. weil die 18-22 x 4-5.3 µm), auch hier sind die Asci Apothecien ganz ohne Haare beschrie- ohne Haken, die Haare sehr kurz und das ben sind. Excipulum nach innen hyalin. Jedoch ist 2) C. aberrans (VELEN.) SVRČEK ist mög- letzteres außen von satt rotbraunen, zur licherweise nur ein von C. Margo hin hellockerfarbenen, anliegenden caricinella (s.l.). Rindenhyphen bedeckt, weshalb dieser Fund 3) Coronellaria amoena BOUD. ist nach vielleicht mit C. benkertii s. BARAL der Abbildung in BOUDIER (1904-10: konspezifisch ist. Auch wenn unklar bleibt, 316, pl. 537) ein Synonym von Cejpia welche Bedeutung das Vorhandensein einer hystrix (DE NOT.) BARAL (BARAL braunen Deckschicht auf Artebene hat, 1994). können diese Funde auf Scirpus tabernae- montani aus Estland und Schweden aufgrund Ein Fund an S. lacustris aus Frankreich des hyalinen Excipulums und der fehlenden (Bretagne, Vannes, Chateau Suscinio, Haken sicherlich nicht als C. pulicaris s.str. 12.VI.2003, leg. J.P. PRIOU, H.B. 7393) bestimmt werden. erinnert in seinen mikroskopischen Merkma- len an C. pulicaris, stellte sich aber nach Weitere zu Coronellaria gestellte Arten eingehenderer Untersuchung als Lachnum kommen für einen Vergleich mit C. pulicaris luteodiscum (PECK) HAINES (= L. albido- s.l. nur bedingt infrage bzw. sind auszu- roseum (REHM) NANNF. in SYDOW) heraus. schließen: Makroskopisch ist diese Art durch ihre 1) C. acori HÖHN. (auf Kalmus, mit weißen, stark rötenden Apothecien mit schwach blau reagierendem Apikalring, Coronellaria zwar nicht zu verwechseln, die Sporen 22-24 x 5,5-7 µm) und C. typhae mikroskopischen Merkmale sind jedoch NANNF. (auf Rohrkolben, mit violett- ähnlich, abgesehen von den glattwandigen braun reagierendem Apikalring, Sporen Paraphysen.

2.2. Mollisia luctuosa BOUD., Hist. Class. Discom. Eur.: 138 (1907) = Mollisia humidicola GRADDON, Trans. Brit. mycol. Soc. 69: 266, fig. 19; 1977.

Referenzabbildungen: BOUDIER (1904-10 pl. 543, brechenden Vakuolen (entweder eine einzige Farbzeichnung); GRADDON (1977: 271, Zeichnung) zusammenhängende, oder nur wenige Male

Die Gattung Mollisia wurde bereits von P.A. unterbrochen). Durch Lichtbrechung könn- KARSTEN (1871) aufgestellt. BARAL (1985), ten diese Vakuolen eine Ursache für das GMINDER (1996) und weitere Autoren halten bläuliche Schimmern des Hymeniums sein Tapesia FUCKEL 1870 für kongenerisch und (BARAL 1985). verwenden konsequenterweise nur noch den Die recht große Zahl saprobiontisch an Gattungsnamen Mollisia, welcher gegenüber Monokotylen lebenden Mollisia- und Tapesia konserviert wurde. Wichtige Mollisia-ähnlichen Arten ist noch immer Merkmale der Gattung sind ein (zumindest recht verwirrend. Für die von uns aufgefun- an der Basis) meist dunkelbraunes Excipu- dene und als Mollisia luctuosa bestimmte lum aus parenchymatischen Zellen, welche Art sind die bereits im turgeszenten Ascus zum Rand hin oft gestreckter werden und in 1-fach septierten, relativ großen Sporen mit längliche Randhaare übergehen können, mehreren kleinen Lipidtropfen (mittlerer sowie insbesondere die in vitalen Paraphy- Lipidgehalt), sowie die auffälligen olivbrau- sen vorhandenen langgezogenen licht- nen Haare an der Außenseite markant. Eine TORSTEN RICHTER & HANS-OTTO BARAL: Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa... 55 ausgezeichnete Hilfestellung bei der Bestim- Sporen mit ihren Lipidtropfen (frei und im mung der Arten der Gattung Mollisia bietet Ascus) in sehr guter Übereinstimmung mit der Schlüssel von GMINDER (Internet-Ver- jenen Sporen, die GRADDON in den vitalen sion V/2006), welcher die hier vorgestellte Asci zeichnet. BOUDIER sah die Sporen also Art seiner deutschen und französischen stets ohne Septen, wobei auch hier aufgrund Version enthält (als " cf. M. luctuosa"). der Tropfenanordnung in der Sporenmitte davon ausgegangen werden kann, dass die Anmerkungen zur Ausprägung der Sporen stets septiert waren, entgegen Mikromerkmale von M. luctuosa und zur BOUDIERs Angabe "rarement divisées". Die Nomenklatur Sporengröße (18-20 x 3-3,5 µm) stimmt gut Die Maße vitaler Sporen betrugen bei den mit unseren Werten überein. Die Konspezi- drei norddeutschen Funden gemittelt 15-22 x fität beider Taxa wird noch unterstrichen 2,8-3,5 µm und stimmen hiermit recht gut durch die Beobachtung, dass die Randhaare mit Funden aus Süddeutschland, den bei den süddeutschen Funden oft rau waren, Vogesen und Luxemburg überein [vital (12-) wie es auch bei BOUDIER beschrieben ist. 14-21(-27) x (2,2-)2,5-3(-3,2) µm, BARAL Problematisch ist allerdings die Identität von ined.]. Sie sind damit deutlich größer als z.B. "Niptera" pilosa (CROSSL.) BOUD. Die bei GRADDON (1977: 12-17 x 2 µm) oder Beschreibungen in DENNIS (1978) oder MATHEIS (1979: 12-15,5 x 1,5-2,5 µm) ELLIS & ELLIS (1985) passen durchaus auf angegeben. Diese kleineren Maße in der unsere M. luctuosa, sodass wir unsere Funde Literatur gehen sicherlich auf Schrump- auch mit diesem Namen hätten versehen fungseffekte im Totzustand zurück. Tatsäch- können. BARAL et al. (2005) verfolgten lich sind die von GRADDON gezeichneten jedoch ein Artkonzept, wonach eine sichere freien Sporen vorrangig tot, was man an den Trennung von zwei Arten problemlos ovalen Lipidtropfen erkennen kann, während möglich ist: Im Vergleich zu M. luctuosa/ seine drei abgebildeten Asci mit ihren humidicola besitzt N. pilosa s. BARAL Sporen eindeutig vital sind. anhand von Eigenfunden aus Mecklenburg- Nicht ganz geklärt bleibt die anhand der Vorpommern, Süddeutschland und der Beschreibungen angenommene Konspezifi- Schweiz (besonders auf Carex riparia und tät von M. humidicola (gefunden auf Blatt- C. acutiformis) größere Sporen [vital (17-) basen von Carex flacca) mit Mollisia luctuo- 20-32(-36) x (2,7-)3-4(-4,5) µm, mit 1-3 sa (auf Blattbasen von Carex maxima [= C. Septen und einem höheren Lipidgehalt pendula]), da anscheinend bislang niemand (4-5)], viel längere Asci (vital 110-160 x die Typen nachuntersucht hat. WÖLDECKE 7,3-10,5 µm) und als besonders hervor- (1998) verwendet jedenfalls den Namen ragendes Merkmal eine auffällige Rotfär- M. luctuosa, und L. KRIEGLSTEINER (2004) bung des Apikalrings in Lugol (hemi- folgt ihm hierin. GRADDONs Zeichnung von amyloid, Typ RR; bei Hinzugabe von KOH M. humidicola zeigt zwar septierte freie erhält man nach neuerlicher Jodzugabe eine Sporen, aber keine Sporenseptierung in den Blaureaktion). Da die Hemiamyloidität der Asci. Jedoch deutet die Tropfenanordnung Apikalringe wegen der allgemein verbrei- bei den Sporen in den Asci eindeutig darauf teten, aber sehr nachteiligen Verwendung hin, dass auch hier eine Septe in allen von MELZERs Reagens leicht übersehen Sporen vorhanden war, weil zwei Tropfen wird, fehlen verlässliche Angaben hierzu nahe der Mitte liegen. GRADDON zeichnete häufig in der Literatur. die Septen an den freien Sporen offen- Auch CROSSLANDs (1900) recht detaillierte sichtlich nur deshalb, weil Septen an toten Originalbeschreibung von Belonium pilosum Sporen gewöhnlich viel stärker auffallen. lässt nun aber vermuten, dass dieses Taxon BOUDIERs (1904-10: 320, pl. 543) Zeich- mit Mollisia luctuosa bzw. M. humidicola nung von M. luctuosa zeigt die vitalen konspezifisch ist und nicht mit N. pilosa s. 56 Boletus, Band 31 (1), 2008

BARAL. CROSSLAND beschreibt, wie die kommt die Art auch in Schleswig-Holstein Sporen zuerst 6-10 Tropfen enthalten, später (Hohe Geest) vor. Neben Brandenburg homogen und zuletzt vierzellig werden. Bei konnte der Erstautor Mollisia luctuosa mitt- Jodzugabe würden sie etwas kontrahieren lerweile auch in Mecklenburg-Vorpommern und die 3 Septen deutlicher werden (dies ist erstmalig nachweisen. ein verbreitet zu beobachtender Effekt beim Entsprechend der ausgewerteten Literatur Absterben). Gleichzeitig würde der (BEYER 1992, BOUDIER 1904-10, CROSS- Apikalring („Apikalpfropf“) schwach blau LAND 1900, ELLIS & ELLIS 1985, GRADDON reagieren. Zweifellos hat CROSSLAND vital 1977) sind Funde aus den Monaten Januar, in Wasser beobachtet, da er auch den März, Mai, Juni, Juli und September bekannt Sporenausstoß beschreibt. Selbst wenn er geworden. MELZERs Reagens verwendet hätte, welches M. luctuosa hat eine saprobiontische Le- zu jener Zeit noch unbekannt war, hätte er bensweise mit einer Präferenz zu Cypera- im Fall der N. pilosa s. BARAL keine ceen. Es werden meist vorjährige, nur wenig Blaureaktion erhalten. Es kann also davon zersetzte Blatt- und Stängelreste an noch ausgegangen werden, dass Belonium pilosum stehenden Pflanzen besiedelt. Beobachtet zumindest nicht rein hemiamyloid (IKI RR) wurde M. luctuosa bislang an Carex acuti- reagiert hat. Die mit 18-24 x 2-5 µm formis (GMINDER in litt., BARAL ined.), angegebene Sporengröße ist bezüglich der C. flacca (GRADDON l.c., BARAL ined.), Breite sicherlich ein Druckfehler für 2,5 µm, C. elata (MATHEIS 1979), C. paniculata was aus dem Längen-Breitenverhältnis der (ELLIS & ELLIS 1985), C. pendula Sporenzeichnung geschlossen werden kann. (CROSSLAND 1900; BOUDIER 1907, als C. maxima), Carex spec. (BEYER 1992), Somit passt auch die Sporengröße besser auf C. rostrata (WÖLDECKE 1998), Cladium M. luctuosa als auf N. pilosa s. BARAL. mariscus (siehe Fundbeschreibung), Scirpus Belonium pilosum käme deshalb als gültiger sylvaticus (GMINDER in litt., BARAL ined.) Name für unseren Pilz in Betracht. Da und Sparganium spec. (BARAL 2005). jedoch CROSSLAND die Sporen als „3-sep- Mollisia luctuosa bevorzugt meist offene tiert“ beschreibt, belassen wir vorerst den Seggenrieder bzw. seggenreiche Feuchtbio- Namen M. luctuosa und warten die Revision tope mit einer kontinuierlich vorhandenen des Typusmaterials ab. Wasserversorgung. Eine gewisse Affinität zu Die in Hochmooren häufige Mollisia subme- Standorten in kalkhaltiger Umgebung be- laena (REHM) DECLERCQ besitzt recht steht. ähnliche Sporen wie M. luctuosa, unter- scheidet sich aber durch eine Reihe von Fundbeschreibung von Mollisia luctuosa Merkmalen (BARAL ined.): Sporen etwas (anhand von vitalem Material der zwei kürzer: vital 12-15(-18) x 2,5-3,3 µm, zuerst genannten Kollektionen), vgl. Abb. 5 Paraphysen subapikal nicht selten mit oliv- und 6 brauner Exsudatscheide, fast keine Subiku- lumhyphen, kleinere Apothezien (0,2-0,5 Makroskopische Beschreibung mm) mit dunkelbraunem Hymenium und Apothecien 0,5-1(-1,5) mm im Durch- schwarzem, unbehaartem Rand, Vorkommen messer, jung becherförmig dann ausgebreitet auf Carex, Eriophorum und Trichophorum. und flach schüsselförmig, oft etwas unregel-

Ökologie und Verbreitung mäßig und eingebogen, sitzend; Hymenium Bei Mollisia luctuosa scheint es sich um eine jung hell grau, dann dunkler; Außenseite seltene bzw. kaum beachtete Art zu handeln. dunkel grau- bis graubräunlich mit olivem Die Verbreitungskarte (KRIEGLSTEINER Schimmer, Rand heller und jung oft deutlich 1993) ist nur wenig aussagekräftig, da Funde eingerollt, durch kurze haarähnliche Prolon- von M. luctuosa und "Niptera pilosa" nicht gationen samtig-flaumig; trocken schwärz- voneinander getrennt in einer Karte darge- lichbraun; basal mit schwachem Filz dem stellt wurden. Nach LÜDERITZ (2001) Substrat anhaftend.

Abb. 5: Mollisia luctuosa (Gr. Pälitzsee); A – Habitus, Apothecien vergrößert, B – Asci: B1 – Ascusapex mit Apikalring (tot), B2 – Ascusbasis mit Haken, C – Paraphysen (vital), D – Ascosporen mit Lipidtropfen (vital), E – Längsschnitt durch Ektalexcipulum: E1 – Ektalexcipulum nahe Margo, E2 – Subikularhyphen. Maßstäbe: A= 1 mm; B-D= 10 µm; E= 50 µm – Zeichnung: T. RICHTER.

58 Boletus, Band 31 (1), 2008

Mikroskopische Beschreibung (als Unter- vorjährigen, noch stehenden Blattbasen von Carex suchungsmedium diente Leitungswasser) acutiformis, 1.V.2008, leg. T. RICHTER, det. H.-O. BARAL, Beleg H.B. 8834c. Asci gleichmäßig zylindrisch, 8-sporig, vital

60-75 x 7-8,5 µm, apikal konisch, in LUGOLscher Lösung reagiert der Apikalring deutlich blau (BB, euamyloid), basalwärts deutlich verjüngt und schlanker, aus Haken entstehend. Sporen vital 15-19 (-22) x 3-3,5 µm, glatt, spindelig, oft ganz leicht gekrümmt, 1(-2)-fach septiert und z.T. an der Septe etwas eingeschnürt, bereits im lebenden

Ascus septiert, 2-4-reihig; mit mehreren Abb. 6: Mollisia luctuosa (Ratzeburg, H.B. 8834c), kleinen und meist auch 1-2 größeren Habitus (frisch). Fotos: H.-O. BARAL Lipidtropfen (Lipidgehalt 3-4), in toten Sporen verschmelzen die Lipidtropfen. Anmerkungen zur Gattungsumgrenzung Paraphysen gleichmäßig gerade, schlank von Mollisia s.l. zylindrisch, vital 2,5-3,5 µm breit, ausgefüllt Die teilweise bis heute gebräuchliche mit nur basalwärts unterbrochener, licht- Abtrennung der Gattungen Niptera (mit 1- brechender Vakuole, diese keine Reaktion septierten Sporen), Trichobelonium (mit mit KOH zeigend (d.h. keine Gelbfärbung). mehrfach septierten Sporen), Ektales Excipulum 20-35 µm dick, aus (mit Kristallen), Haglundia (mit Randhaa- textura angularis-globosa, dunkel graubraun ren) und Scutomollisia (mit Scutum, einer mit olivem Schimmer; gegen den Rand zu braunen Deckschicht über dem Apothecium- mit gleichmäßig länger werdenden, 1-3fach initial) beruht hauptsächlich auf jeweils septierten haarähnlichen Prolongationen, einem einzigen Merkmal. Dass eine natür- deren Endzelle keulig-birnenförmig ange- liche Umschreibung und Untergliederung schwollen ist, Endzelle 7-10 µm lang; am der Gattung Mollisia wahrscheinlich ganz Rande selbst hell olivbräunlich bis hyalin, anders ausfallen dürfte, kann anhand bis 55 x 4-7 µm. verschiedener Fälle nahegelegt werden. So besitzen z.B. Scutomollisia russea und der Subikulumhyphen Durchmesser 2,5-4 µm, septiert, bräunlich, dickwandig, mäßig Typus von Mollisia purpurea REHM leuch- abundant. tend orange Vakuolen in den Paraphysen, die mit KOH intensiv violett werden (siehe Fundorte: BARAL et al. 2005). Bei M. purpurea konnte Brandenburg, Umgebung Rheinsberg, Adamswalde, zwar ein Scutum nachgewiesen werden, offengelassene Torfstiche am S-Ende des Gr. jedoch ist die Medulla mit Kristallen Pälitzsees (MTB 2843/2); Großseggenried, an vorjährigen Blättern und Stängeln von Carex geradezu angefüllt, welche bei S. russea paniculata, 22.IX.2006, leg. et det. T. RICHTER, fehlen. Zweifellos sind diese beiden Arten Beleg im Fungarium T. & K. RICHTER. sehr nahe verwandt, und das Auftreten von Mecklenburg-Vorpommern, Landkreis Ludwigslust, Kristallen ein gutes Artmerkmal, aber kein Zarrentiner Kalkflachmoor an der Südseite des Charakteristikum zur Gattungsumgrenzung, Schaalsees (MTB 2431/4); ganzjährig nasses zumindest solange nicht, als keine auffällige Cladietum marisci, an vorjährigen, noch stehenden Merkmalskombination festzustellen ist. Auf- Blattscheiden von Cladium mariscus, 30.IX.2007, leg. T. RICHTER, det. H.-O. BARAL, Beleg im Funga- grund ähnlich fehlender Merkmalskombina- rium T. & K. RICHTER. tionen wurde die Gattung Niptera (inkl. Schleswig-Holstein, Ratzeburg, SE-Ufer des Ratze- Nimbomollisia) stark eingeschränkt, und burger Sees (MTB 2230/4); Großseggenried, an zwar auf Monokotylen bewohnende Arten TORSTEN RICHTER & HANS-OTTO BARAL: Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa... 59 mit relativ breiten, septierten Sporen, die Paraphysen und Randzellen wurden die meist von einer Schleimhülle umgeben sind folgenden Arten schon in BARAL et al. (BARAL 1994). Ob aber selbst dieses Kon- (2005) als Vertreter der Gattung Mollisia zept von Niptera haltbar ist, kann vermutlich betrachtet. Mikrozeichnungen sind unter der erst unter Zuhilfenahme molekularer Daten angegebenen H.B.-Nummer auf der DVD zu beurteilt werden. finden. Hier sollen nun die formalen Um- Besonders aufgrund des Vorhandenseins kombinationen getätigt werden: stark lichtbrechender Vakuolen (VBs) in den

Mollisia pilosa (CROSSLAND) BARAL & T. RICHTER comb. nov. (DVD H.B. 3505) Basionym: Belonium pilosum CROSSL., Naturalist p. 6, figs. 7-14 (1900) ≡ Trichobelonium pilosum (CROSSL.) SACC. & P. SYD., Syll. fung. 16: 748 (1902) ≡ Niptera pilosa (CROSSL.) BOUD., Hist. classific. Discom. Europe p. 141 (1907)

Mollisia pulla (W. PHILLIPS & KEITH) BARAL comb. nov. (DVD H.B. 3217, 6236) Basionym: Belonidium pullum W. PHILLIPS & KEITH, Grevillea 6: 75, pl. 97 f. 8-11 (1877) ≡ Belonium pullum (W. PHILLIPS & KEITH), SACC., Syll. fung. 8: 494 (1889) ≡ Niptera pulla (W. PHILLIPS & KEITH) BOUD., Hist. classific. Discom. Europe p. 141 (1907) ≡ Belonopsis pulla (W. PHILLIPS & KEITH) DENNIS, Persoonia 2(2): 187 (1962)

Mollisia asteroma (FUCKEL) BARAL comb. nov. (DVD H.B. 3188) Basionym: Arachnopeziza asteroma FUCKEL, Jb. nassau. Ver. Naturk. 23-24: 304 (1869) ≡ Belonidium asteroma (FUCKEL) SACC., Atti Soc. Ven.-Trent. Sci. Nat. Padova, 2(2): 164 (1873) ≡ Trichobelonium asteroma (FUCKEL) REHM, Rabenh. Krypt.-Fl. 1(3): 592 (1891) ≡ Belonopsis asteroma (FUCKEL) AEBI, Nova Hedwigia 23(1): 102 (1972)

Mollisia obscura (REHM) BARAL & GMINDER comb. nov. (DVD H.B. 3211, 5961a) Basionym: Gorgoniceps obscura REHM, Hedwigia 23: 54 (1884) ≡ Trichobelonium obscurum (REHM) REHM, Rabenh. Krypt.-Fl. 1(3): 590 (1891) ≡ Belonopsis obscura (REHM) AEBI, Nova Hedwigia 23(1): 104 (1972)

Mollisia mediella (P. KARST.) BARAL comb. nov. (DVD H.B. 3453) Basionym: Mollisia ventosa ssp. mediella P. KARST., Medd. af Soc. pro Fauna et Fl. Fennica, 9: 111 (1883) ≡ Belonidium mediellum (P. KARST.) REHM, Rabenh. Krypt.-Fl., 1(3): 565 (1891) ≡ Belonopsis mediella (P. KARST.) AEBI, Nova Hedwigia 23(1): 100 (1972)

Mollisia filispora (COOKE) BARAL comb. nov. (DVD H.B. 4450) Basionym: Peziza filispora COOKE, Grevillea 3: 96 (1874) ≡ Belonidium filisporum (COOKE) W. PHILLIPS, Man. Brit. Discomyc. (London): 152 (1887) ≡ Belonium filisporum (COOKE) SACC., Syll. fung. 8: 494 (1889) ≡ Belonopsis filispora (COOKE) NANNF., Trans. Br. mycol. Soc. 20: 192 (1936) ≡ Niptera filispora (COOKE) SVRČEK, Česká Mykol. 43(4): 226 (1989)

Mollisia elegantior (GRADDON) BARAL comb. nov. (DVD H.B. 5754, 5783, 5991, 6000, 7438) Basionym: Haglundia elegantior GRADDON, Trans. Brit. mycol. Soc. 50: 9 (1967) = Haglundia magnipilosa SVRČEK, Česká Mykol. 32(1) : 13 (1978) (DVD H.B. 6140)

Mollisia russea (SCHMID-HECKEL) BARAL comb. nov. (DVD H.B. 3827) Basionym: Scutomollisia russea SCHMID-HECKEL, Pilze in den Berchtesgadener Alpen, Nationalpark Berchtesgaden Forschungsberichte (Regensburg) 15: 30 (1988)

60 Boletus, Band 31 (1), 2008

2.3. Marasmius cornelii LÆSSØE & NOORDEL., Persoonia 13(3): 237 (1987) = Gloiocephala spec., BAS 1961 = Marasmius menieri BOUD. s. CORNER 1934, non s. BOUDIER

Referenzabbildungen: KNUDSEN & VESTERHOLT Leistungen des holländischen Mykologen (1990: 39, Farbabbildung); und Kurators des Rijksherbarium Leiden LUDWIG (2000: 47.5, Farbzeichnung); (Niederlande) CORNELIS BAS, der bereits www.mycokey.com Farbabbildung 1961 diese neue Art in CORNERs Material Die Gattung Marasmius geht auf den erkannt hatte. schwedischen Botaniker und Mykologen (1835) zurück. Als Ökologie und Verbreitung Gattungstypus gilt heute Marasmius rotula Bisherige Funde gelangen in den Monaten (SCOP. : FR.) FR. Die Geschichte von Juli-November (BAS 1961), mit einem Marasmius cornelii beginnt im „Wicken gewissen Schwerpunkt auf das Oktoberende Fen“ in England. Von dort stammt der Fund und die 1. Novemberhälfte (schriftl. Mitt. ÜDERITZ eines lamellenlosen Schwindlings, den COR- M. L 2006). Marasmius cornelii NER (1934) fälschlicherweise zu Marasmius besiedelt bevorzugt von der Sumpfschneide menieri stellte. Auffällig an dem Fund war, (Cladium mariscus) dominierte Röhrichte dass die Pilze an Cladium mariscus und (Cladietum marisci) und diverse Übergänge Typha wuchsen. BAS (1961) verglich später von Cladium-reichen Röhrichten bis hin zu CORNERs Beschreibung von Marasmius Klein- und Großseggenriedern auf kalkrei- menieri mit der Originaldiagnose in BOU- chen Böden. Auf derartige Pflanzengesell- DIER (1894). Aufgrund der vorhandenen de- schaften trifft man u.a. in den Verlandungs- taillierten Zeichnungen und Beschreibungen zonen oligotropher bis mesotropher, kalkrei- von CORNER stellte BAS wichtige Unter- cher Seen, im Randbereich von Flachmoor- schiede zur Originalbeschreibung von tümpeln, in der Umgebung kalkhaltiger Marasmius menieri fest und erkannte in Quellwasseraustritte und auf kalkreichen CORNERs Fund eine bislang unbeschriebene Grünlandbrache-Standorten (LÜDERITZ Art, die er damals der Gattung Gloiocephala 2005). Entscheidend ist stets eine gewisse MASSEE zuordnete. Da kein Herbarmaterial Dominanz von Cladium mariscus. Wenn auffindbar war, verzichtete BAS auf eine Marasmius cornelii auch auf Phragmites ÜDERITZ ELLER gültige Neubeschreibung. NOORDELOOS wächst (M. L in litt.; H & (1981) löste zwischenzeitlich die Gattung KEIZER 2004), deutet dies aber immer darauf Gloiocephala auf und gab ihr den Status hin, dass es sich um einen mehr oder einer Sektion innerhalb der Gattung Maras- weniger kalkreichen Standort handelt und mius. Am 15. Oktober 1984 sammelten dann Cladium mariscus zumindest im Umfeld THOMAS LÆSSØE und STEEN ELBORNE auf vorhanden ist oder war (LÜDERITZ). der dänischen Insel Langeland (Keldsnor, Marasmius cornelii ist bisher nur mit weni- Lunden) mehrere Fruchtkörper der bereits gen Funden aus Dänemark (NOORDELOOS von CORNER fälschlicherweise als Maras- 1987), Großbritannien (CORNER 1934) und mius menieri bezeichneten Pilze. Die Frucht- Schweden (LUDWIG 2001) bekannt. Bei körper wuchsen in einem Feuchtgebiet an KRIEGLSTEINER (1991) fehlen Angaben zur Cladium mariscus. Zur Bestätigung wurde Art. M. LÜDERITZ gelang dann am das Material nach Leiden geschickt. NOOR- 3.11.1998 der Erstnachweis für Deutschland DELOOS erinnerte sich an BAS’ Befund, und (vgl. unten). In den folgenden Jahren konnte gemeinsam mit THOMAS LÆSSØE beschrieb LÜDERITZ im Rahmen von FFH-Projekten er diese kleine lamellenlose Schwindlingsart mehrfach diese kleine Schwindlingsart in als Marasmius cornelii (NOORDELOOS Cladium-Röhrichtgesellschaften nachwei- 1987). Mit dem Namen würdigten sie die sen. Diese Funde sind bislang nicht TORSTEN RICHTER & HANS-OTTO BARAL: Coronellaria pulicaris, Mollisia luctuosa... 61 veröffentlicht, fanden aber Berücksichtigung ler, Oberfläche dicht abstehend behaart und bei der Erarbeitung der Roten Liste der dadurch samtig erscheinend; Lamellen Großpilze Schleswig-Holsteins (LÜDERITZ fehlend; Hymenophor cremeweiß ohne 2001). Der jüngste veröffentlichte Fund Lamellen und Adern, nur etwas wellig- stammt von HELLER & KEIZER (2004). Sie runzelig; Stiel 1-5 x 0,2-0,4 mm, lateral oder fanden Marasmius cornelii am 19.X.2002 exzentrisch, mindestens obere Hälfte creme- auf der Nordseeinsel Baltrum auf Phragmi- weiß und zur Basis hin sich allmählich tes (Beleg vom Erstautor überprüft). M. LÜ- dunkel bräunlich-rotbräunlich verfärbend, DERITZ, der aufgrund intensiver Untersu- auf der gesamten Länge abstehend fein chungen bereits mehrfach diese kleine behaart, basal mit Haarfilz auf dem Substrat Schwindlingsart fand, äußert Zweifel an der verankert; Fleisch elastisch, knorpelig, Verbreitungsangabe „extrem selten“ und geruchlos. begründet dies mit der meist nur schweren Mikroskopische Beschreibung (als Unter- Zugänglichkeit der für Marasmius cornelii suchungsmedium diente Leitungswasser) typischen Standorte, die nicht gerade von Basidien keulenförmig, 4-sporig, 35-45 x 7- Mykologen mit großer Vorliebe besammelt 9 µm; Sporen 15-20(-22) x 5-6 µm (nach werden. BAS 1961: 13-23 x 4-5,5 µm), schlank

Fundortangaben von Marasmius cornelii tropfenförmig bis elliptisch; Kaulozystiden aus Schleswig-Holstein von 2 Typen: a: 33-55 x 10-22 µm, keulig und unregelmäßig blasig, dickwandig; b: 60- alle leg. et det. M. LÜDERITZ (Herbarium LÜDERITZ) MTB 1632 nordöstl. Großenbrode, basenreiches 110 (-125) x 3-8 µm, fädig, pfriemenförmig, Niedermoor mit Phragmites-Cladium-Röhricht auf dünnwandig; Pileozystiden 60-80 x 6-15 Brackwasser-Mudde (salzbeeinflusst), an Cladium µm, schlank; Cheilozystiden nicht mariscus; 3.XI.1998 & 19.X.2003. beobachtet (nach Literatur schmal keulig MTB 1631 südl. Neurathjensdorf, basenreiches oder lageniform, nicht kopfig, 30-40 µm Niedermoor mit Phragmites-Cladium-Röhricht lang). (salzbeeinflusst), an Cladium mariscus; 13.XI.1999. MTB 2329 Verlandungsniedermoor am Lankauer Verwechslungsmöglichkeiten See, Cladium-Röhricht, an Cladium mariscus; Mit anderen Arten der Sektion Gloiocephala 5.XI.2000. wie Marasmius menieri BOUD., Marasmius MTB 1829 am O-Ufer des Kellersees, westl. pseudocaricis NOORDELOOS und Marasmius Fährhaus Uklei, Cladium-Röhricht, an Cladium mariscus; 27.X.2001. caricis P. KARST. möglich. Auch die bislang nur aus Spanien bekannt gewordene Maras- Fundbeschreibung von Marasmius mius celtibericus G. MORENO & RAITV. cornelii (anhand von vitalem Material) bietet Anlass zu Verwechslungen. Unter- Fundort: scheidungsmöglichkeiten ergeben sich durch Brandenburg, Umgebung Rheinsberg, Adamswalde; das Vorhandensein von Lamellen, die jewei- offengelassene Torfstiche am S-Ende des Gr. ligen Zystiden und die Farbe der Frucht- Pälitzsees (MTB 2843/2); basal an abgestorbenen, körper. Einen wertvollen Hinweis kann auch vorjährigen, noch im flachen Wasser stehenden die Kenntnis des Substrates liefern. Eine Blattscheiden von Cladium mariscus, kurz über der sichere Trennung der Arten der Sektion Wasserlinie, 22.IX.2006, leg. T. RICHTER, det. V. Gloiocephala kann mit dem von NOORDE- KUMMER & T. RICHTER; Beleg im Fungarium T. & LOOS K. RICHTER. (1987) publizierten Schlüssel erfolgen. Ohne Prüfung der mikroskopischen Merk- Makroskopische Beschreibung male besteht auch eine gewisse Ähnlichkeit Hut 1-3,5 mm, flach ausgebreitet und z.T. mit einigen Arten der Gattung Calyptella auch schwach spatelförmig, cremeweißlich, und Campanella, die ähnliche Substrate Rand an älteren Fruchtkörpern etwas dunk- besiedeln. Dank

Für die Beschaffung von Literatur, der freundliche Hilfe bei der Erstellung der Bereitstellung des Coronellaria-Funds sowie Kurzbeschreibung von Mollisia luctuosa. M. der Durchsicht des Manuskripts geht unser LÜDERITZ (Bosau-Thürk) danken wir für die herzlicher Dank an Herrn Dr. V. KUMMER Überlassung seiner Fundortangaben von (Potsdam), betreffs Literatur auch an Dr. Marasmius cornelii und Hinweisen zu E. VELLINGA (Berkeley, USA; über dessen Ökologie. Dank gebührt ebenfalls G. GARCIA, Bédarieux), Dr. M. SCHMIDT Herrn A. HELLER (Midlum) für die Möglich- (Falkensee), Dr. G. SCHMIDT-STOHN (Bie- keit zur Überprüfung des Baltrum Fundes nenbüttel) und P. SPECHT (Biederitz). Herrn von Marasmius cornelii. A. GMINDER (Jena) gilt unser Dank für die

Literatur

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Anschriften der Verfasser: TORSTEN RICHTER, Forstweg 26, D-19217 Rehna E-mail: [email protected] HANS-OTTO BARAL, Blaihofstr. 42, D-72074 Tübingen E-mail: [email protected]