Gesellschaft
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
GESELLSCHAFT Schön. Reich. Exklusiv. Mit einem Wort: Capri. Hier sommerfrischt, wer Geld hat. In luxuriösen Villen hinter hohen Gartenmauern, auf lauschigen Terrassen über dem Meer. Daniela Horvath und Franz Killmeyer (Fotos) waren geladen zum mondänen Stelldichein MANCHMAL BESCHLEICHEN verdient? Heute Abend ist es mal wieder so weit: Ver- nissage in ihrer Galerie ,,Capricorno". Scharfkantige Werke des Sarden Salvatore Garau sind zu bewundern, in Eisblau und Schwarz. Da hat man nun den ganzen Tag zwei Wände sensibel behängt, präsentiert diesen gut aussehenden Künstler im offenen Hemd, lässt Häppchen und Prosecco reichen - und wofür? Für diese reichlich inkompetenten Capri -Habituées: die geliftete Architektengattin aus Neapel in giftgrüner Rohseidentunika, den zerknitterten Bauunternehmer aus Rom mit Ehefrau in orangefarbener Organza- Opulenz, die Bologneser Finanzberaterin mit Fußkett- chen und einem Tüll-Fummel, der an Antoninas 24-jähriger Tochter besser aufgehoben wäre . Ihre Freunde aus dem internationalen Art Business hatten Antonia für verrückt erklärt, als sie im Sommer 1998 ausgerechnet auf Capri eine Galerie für moderne Kunst eröffnete: Nam June Paik, Sandro Chia, die stellt man in New York aus, in London, allenfalls in Mai- land. Aber auf einer überlaufenen Mittelmeerinsel, ein- gekeilt zwischen Luxusdependancen von Gucci, Prada und Ferragamo, wo gaffende Daytripper und ignorante Neureiche sich gegenseitig auf die Füße trampeln? Antonina seufzt, überprüft den Sitz ihres schwar- zen Haars, des dezenten, aber edlen Schmucks, zurrt das cremefarbene Seidentop glatt - und gibt sich einen Ruck. Sie ist schließlich Weltbürgerin, mit Wohnsitzen in Rom, in Washington und der Toscana, war lange Zeit Kunsteinkäuferin für den japanischen Medien- multi Sony wie für das New Yorker Rockefeller Center und mit dem gleichnamigen Milliardärsclan - in zwei- ter Ehe - gar familiär verbandelt, bevor sie auf Capri ihren dritten Mann fand. Deshalb glaubt Antonina an ) ihre Mission: Botschafterin der zeitgenössischen thos Capri: Hier hatte Lenin im süßen Sonnenexil mit Capri, Blicke: Von Kunst zu sein, ach was, der Kultur und des guten Ge- dem Dichtergenossen Gorki Schach gespielt, bevor er der in Serpentinen schmacks schlechthin auf der Welt exklusivstem Ei- die russische Revolution anzettelte - und der Klassen- schwingenden Via land. Wie gut die Geschäfte laufen, lässt sich nur ahnen. feind in Gestalt des Stahlbarons Friedrich Alfred Krupp zu den Fara- Denn das Thema behandelt Kunstagentin Zaru wie ein Krupp erlebte hier am Anfang des 20. Jahrhunderts glioni-Felsen. Vom Hotel Palatium zur - und erst Schweizer Bankier, diskret, verschwiegen verzückt sein homophiles Coming -out. Für die Maler ab fünfstelligen Summen ernstlich interessiert. ,,Cara des Futurismus wurde Capri zum beflügelnden Som- Punta Caterola mia!", ruft sie jetzt, welche Freude, und nimmt den merlager, und auch die Schriftsteller -Elite pilgerte auf baci-Reigen wieder auf: Die Geküsste ist Edwige die Insel vor Neapel. So Curzio Malaparte, der zwar Fenech und hat wahre Insel -Noblesse. Der einstige wenig schrieb, aber auf dem Dach seiner ochsenblut- Sexstar in italienischen Filmkomödien ist heute ange- roten Designervilla Fahrrad fuhr. Oder Alberto Mora- sehene Kino-Produzentin und trennte sich vor einigen via und Graham Greene, die zurückgezogen in ihren Jahren unter heftiger Anteilnahme der italienischen Sommerhäusern über dem Meer Weltliteratur schrie- Öffentlichkeit vom blaublütigen Ferrari -Chef Luca ben. Seit Jahrhundertbeginn zog die Insel mit ihrem Cordero di Montezemolo. Auch das adelt. "Darf ich Dolce -Vita-Flair bizarre Künstler, reiche Exzentriker dir", fragt Antonina und hakt sich unter, "meinen und homosexuelle Dandys an. Deren Bohème -Paläste Lieblingskünstler vorstellen?" wurden Paradebeute der heutigen Adoptivkinder des Antonina Zaru ist die Zeremonienmeisterin der Eilands, der Capresi d'adozione. Eine Gesellschaft mit Capri -Aristokratie, jener erlesenen Gesellschaft vermö- streng getrennten Kasten. Nicht jeder verkehrt mit je- gender Inselbewohner, die man - wenn überhaupt - dem auf Capris Traumterrassen, den wahren Salons der nur vor II Uhr morgens und nach 19 Uhr abends auf Insel-Society. der berühmten Piazzetta Hof halten sieht; dann, wenn die Insel Ruhe hat vor den rund 14000 Tagestouristen. DA IST DIE CAPRI -ARISTOKRATIE wie Für »Verfluchte Es sind Menschen, die das Leben mit einem Apart- von Sirignano, der mit Pflanzensamen und Immobilien ment oder einer Villa in einer der anmutigsten und teu- handelt und nicht im Traum daran denkt, die Terrasse blaue Limona- ersten Wohnlagen der Welt belohnt hat. Die wenigsten im blütenverhangenen Hofgarten seiner "Villa Castel- de« nannte sind Capresi d'origine, gehören, wie Antoninas Mann lo" für diese ,,Parvenüs" aus der Kolonie von Linksin- Livio, zur seltenen Güteklasse der gebürtigen Insula- tellektuellen und Journalisten zu öffnen, die sich neuer- ner, die mit Stil und sattem Immobilienerbe gesegnet dings droben in Anacapri breit machen. Oder ein Neu- Brecht das Meer sind. Vielen erging es eher wie dem Römerkaiser Tibe- zugang wie der Modemagnat Tonino Perna, der lieber rius, der sich hier schon vor 2000 Jahren seine Mär- diskret junge Künstler in seine vor vier Jahren erworbe- um Capri. Für chen-Villa ,,Jovis" bauen ließ und sie danach kaum ne "Villa Bismarck" lädt, als etwa Italiens Slipper -Kö- noch verlassen wollte: Sie verfielen der schönen Insel nig Diego Della Valle auf dessen Terrasse mit dem andere Künstler mit ihrer sinnlichen Glücksverheißung, die hier jeder -Blick zu beehren: Der ,,Tod's'- spektakulären Vesuv Blick von den Klippen auf Meer, Fels und Himmel Boss, raunt es von den Insel -Rängen, soll ein berüch- aber war die auslösen kann . sein, einer, tigter ',Adabei"er" Andere wiederum suchten aus Imagegründen eine der allsommerlich auf seinem fest verankerten Antik- Insel Quelle der kultige Adresse für ihr Ferienhaus, wollten nicht nur Viermaster unten im Hafen "mit Partys und Models das Mondäne von Portofino, sondern den ewigen My- viel Werbe-Wirbel für sich macht". Tonino Perna > Inspiration Marmor und hingegen hat den Ruf des unauffälligen Kunstmäzens, Papst Sixtus V." ließ Giovanna nach Capri verfrachten. der die Insel mit einem Skulpturenpfad beglücken will; Sie glüht vor Stolz, wenn sie die Pashmina-Parade der Mosaik. Säulen ebenso zugänglich für alle Sterblichen wie die haarnadel- weiblichen Capri-Society vor dem Dinner durchs kurvige Via Krupp, die der deutsche Rüstungstycoon in Haus führt: "Denken Sie nur, selbst den alten Gärtner und Skulpturen- seiner Capri-Leidenschaft einst in den Fels hauen ließ . von Mona Bismarck habe ich wiedergefunden. Er Galeristin Antonina hat die Pernas als "neue Medi- geht uns jetzt regelmäßig zur Hand." Zimmerfluchten, ci-der Insel zügig zur Capri-Crème gekürt und unter Galeristin Antonina lässt sich auf den Soireen in ihre Fittiche genommen. Der Mann aus der Region der Perna-Villa gern neben dem Hausherrn platzieren, Logenblicke: Molise hat es in 20 Jahren vom kleinen Jeanshersteller vorzugsweise mit einem gerade auf Capri weilenden immerhin zum Chef eines Vier-Milliarden-Mark-Im- Künstler. Und während die Haushälterfamilie die Eine Villa auf periums geschafft, Mode -Labels wie Romeo Gigli und selbst gemachten Ravioli mit Fischragout serviert, Gianfranco Ferré gehören ihm sowie der Diners Club während in der Ferne zart die Lichterkette des Golfs Capri ist Schau- Italia, den er in Rekordzeit zu einem schlagkräftigen von Neapel flimmert, brilliert Antonina mit Anekdoten Online-Finanzkonzern ausbaute. Capri, das ist für über Bob Rauschenbergs whiskyselige Geburtstags- fenster des Perna Passion. Schwitzend hatte er noch Anfang der partys und Alberto Burris Ängste vor Kreditkarten. Am achtziger Jahre den Kinderwagen mit der Erstgebore- Ende des Abends ist oft ein Deal auf den Weg ge- Erfolgs nen zur Tiberius-Villa hinaufgeschoben. Ein aufstre- bracht. Die Firmenzentrale des Diners Club in Rom bender Provinzfabrikant mit Anhang bei seinem ersten hat Antonina mit moderner Kunst veredelt; von Perna Capri-Urlaub, kaum Reserven fürs Luxushotel, aber gesponserte Ausstellungen und, ja, das Projekt Skulp- jede Menge Träume: "Wenn wir uns hier mal nieder- turenpfad nehmen langsam Gestalt an. "Atmosphä- lassen, mit solch einem Ausblick", sagte er damals zu risch", sinniert der Padrone nachsichtig, "lässt sich in seiner Frau Giovanna, "dann sind wir oben." Heute diesem Ambiente viel erreichen." Er hat auf seinem unterhält Perna wie die Ferragamos und die Fendis Capri-Felsen selbst schon manches Geschäft eingefä- konzerneigene Edelboutiquen auf der Insel, geschäft- delt. Nur die Verträge, die werden stets an Land ge- liche Visitenkarten sozusagen. "Es gibt kein besseres macht: "Man will den Mythos ja nicht entweihen." Schaufenster für deinen Erfolg", resümiert der 54-Jährige die eigene Prophezeiung, "als eine eigene DOCH DER MYTHOS BRÖCKELT. "Schleichende Villa auf der schönsten Insel der Welt." Dekadenz", beklagen Antonina und ihr Mann. "Zu Es sollte nicht irgendeine sein. Die "Villa Bis- viel banales Geld aus Neapel und Rom", mäkelt Fürst marck" gehört zu den prächtigsten Anwesen Capris: Lallo von Sirignano beim Aperitif auf seiner verwun- Zimmerfluchten in Marmor, mit echtem Schildpatt schenen Gartenterrasse. Wie "Rollkommandos" rück- ausgelegte Badezimmer, Terrasse mit Logenblick über ten sie an den Sommerwochenenden an, diese schnell den Golf, weitläufiger Felsenpark mit eigenem Mee- zu Geld gekommenen Jungunternehmer, Medienleute reszugang. Die amerikanische