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COMMISSIONER DER NFL – DAS UNTERNEHMEN NFL

Als Geburtsstunde des American Football gilt wie bei vielen Sportarten ein Spiel zweier Universitätsmannschaften: Am 6. November 1869 spielten die Collegeteams von Rutgers und Princeton (6:4) das erste offizielle Footballspiel der USA. Bereits um die Jahrhundertwende gab es Berufsspieler. Am 13. November 1892 erhielt in einem Amateurspiel der ehemalige Student der University of Yale William Heffelinger ein Gehalt von 525 Dollar für ein Spiel seines Vereines (Allegheny Athletic Association vs. Pittsburgh Athletic Club). Dies gilt als die Geburtsstunde des Profifootballs. Im Jahr 1898 wurde der Morgan Athletic Club, die späteren Arizona Cardinals gegründet, die somit das älteste Team der NFL sind. Vierzehn Vereine gründeten am 17. September 1920 in Canton, Ohio, die „American Professional Football Association“ (APFA), die nach zwei Jahren ihren Namen in änderte. (Papa Bear), „Vater“ der NFL und Präsident der Chicago Bears, sorgte für Aufsehen, als er 1925 mit seiner Mannschaft auf USA-Tournee ging. Bei den insgesamt 16 Spielen war der Publikumszuspruch sehr stark, nicht zuletzt dank , dem legendären Spieler, der kurz zuvor von George Halas für viel Geld unter Vertrag genommen worden war. Die Geschichte der NFL entspricht keineswegs dem Klischee einer typischen amerikanischen Erfolgsstory. Bis zur Entstehung des wirtschaftlich erfolgreichsten Sportunternehmens unserer Zeit (die FIFA, der DFB oder einige europäische Fußballspitzenclubs versuchen erst seit etwa 1995 die Vermarktung und das Merchandising der NFL zu kopieren) vergingen Jahrzehnte. Durch die vordergründigen Eigeninteressen der Clubowner wurde mehrfach die Existenz der gesamten Liga in Gefahr gebracht. Es dauerte von 1920 bis 1933 bis sich die NFL aus einer losen Vereinigung von Mannschaften, vorwiegend aus kleineren Städten des Mittleren Westens der USA, zur stabilen Profi-Liga mit finanzkräftigen Clubs entwickelte, die vor allem in Großstädten beheimatet sind.

Papa Bear, George Halas.

Die jetzt fast neunzigjährige Geschichte der NFL zum weltweit profitabelsten Sportverband und zu einem der kommerziell erfolgreichsten Unternehmen der USA, ist eng verbunden mit den Namen der Commissioner. Einem modernen Commissioner der NFL kommt insbesondere die Aufgabe zu, einen marktwirtschaftlichen Rahmen mit entsprechenden für alle Beteiligten geltende Regeln und Regularien (Teambesitzer, Spieler und Coaches) zu schaffen, den wirtschaftlichen Erfolg der Liga zu festigen und zu mehren. Ihm obliegen die jährlich tagende Regelkommission, die Vertragsverhandlungen zwischen den Besitzern der NFL, den Spielern (vertreten durch die NFLPA; National Football League Players Association). Zudem verhandelt er im Marketing und Merchandising mit den Sponsoren, vor allem mit den TV-Gesellschaften und anderen Medien, als auch mit den Kommunen Verträge aus, die die NFL als Gemeinschaft betreffen. Er hat außerdem für eine positive Außendarstellung der NFL und des American Football im allgemeinen zu sorgen (Public Relations und Marketing) und strebt die Erschließung neuer Märkte außerhalb der USA an (u.a. NFL Europe, Football in Asien). Die beiden erfolgreichsten Commissioner in der Geschichte der NFL waren (1960-1989) und sein Nachfolger Paul Tagliabue (1989-2006).

1 (1920) Der amerikanische Ausnahmesportler Jim Thorpe war zur Gründung der NFL als reines Aushängeschild zum Commissioner ernannt worden und hatte den Posten nur wenige Monate inne.

Joe Carr (1921-1939) Als Präsident der American Baseball Association hatte Carr Erfahrung mit dem Management einer Profi- Liga. Carr war zudem Gründungsmitglied der American Professional Football Association (APFA; 1920) und wurde 1921 ihr erster Präsident. Er schuf die Grundlage zu den Spielerverträgen und der Free Agency. Von ihm wurde eine ständige Regelkommission ins Leben gerufen. 1922 wurde aus der APFA die National Football League (NFL). Unter Carr wurde die Zahl der NFL-Teams von 22 auf 12 reduziert und ab 1927 der Umzug der Teams in Großstädte eingeleitet, damit sich der Football eine größeren Fangemeinde erschließen konnte. 1933 teilte sich die NFL, dem Vorbild der Baseball-Liga folgend, in zwei Divisionen (Eastern Division: Boston Redskins, Brooklyn Dodgers, New York Giants, Philadelphia Eagles, Pittsburgh Pirates. Western Division: Chicago Bears, Chicago Cardinals, Detroit Lions, Green Bay Packers). Der Meister wurde fortan im Championship Game der beiden Divisionsieger ermittelt. 1936 übernahm Carr das von De Benneville „Bert“ Bell entwickelte Draft-System, damit alle Clubs relativ ausgeglichene Chancen hatten, talentierte Collegespieler unter Vertrag zu nehmen.

Carl „Scummy“ Storck (1939-1941) Ein Übergangscommissioner der Carr’s Arbeit nahtlos fortsetzte.

Emer Layden (1941-1945) Während des 2. Weltkrieges stagnierte die Entwicklung des Football, da die Spieler zumeist Soldaten waren. Einige Teams schlossen sich in dieser Zeit zusammen.

De Benneville „Bert“ Bell (1946-1959) Bis zum Ende des 2. Weltkrieges stand der Pro-Football noch im Schatten des College Football (bis ca. 1950) und des Baseball. Konkurrenzligen innerhalb und außerhalb der NFL wurden immer wieder gegründet deren Clubs entweder wieder in die NFL integriert wurden oder Konkurs anmeldeten oder deren Ligen sich mit der NFL zu einer Liga zusammenschlossen. Im Jahre 1944 bildete sich auf Betreiben des einflußreichen Sportjournalisten Arch Ward von der Chicago Tribune, mit Hilfe von Hollywood-Stars und Unternehmern, denen zuvor eine NFL-Franchise verweigert wurde, eine erste ernsthafte Konkurrenz, die All-America Football Conference (AAFC, 1945-1950). Hieraus überlebten jedoch nur die Teams der Baltimore Colts, der Browns und die San Francisco 49ers. Bell gilt zusammen mit Carr, Rozelle und Tagliabue als einer der großen NFL-Commissioner. Er sorgte dafür, daß die einzig wirklich bedrohliche Konkurrenz der NFL, die AAFC, von der NFL geschluckt werden konnte. Bell reinigte die NFL vom illegalen Glücksspiel und führte ab 1950 als erster Commissioner Verhandlungen mit dem Fernsehen. So wurde vertraglich geregelt, daß nur Auswärtsspiele einer Mannschaft in der heimischen TV-Region gezeigt werden dürfen. Diese Regelung – obgleich über Jahrzehnte sogar juristisch angefochten – wurde erst 1973 vom Congress dahingehend modifiziert, daß nun auch komplett ausverkaufte Heimspiele eines Teams übertragen werden durften. Ferner verhandelte Bell als erster Commissioner gegen den Widerstand der Teamowner mit der Gewerkschaft der Spieler, der NFLPA.

2 NFL 1953 Eastern Conference Western Conference

Chicago Cardinals1 Baltimore Colts2 3 Chicago Bears Philadelphia Eagles Detroit Lions Pittsburgh Steelers Green Bay Packers New York Giants Los Angeles Rams4 Washington Redskins San Francisco 49ers

1 von 1920-1959 Chicago Cardinals, von 1960-1970 St. Louis Cardinals von 1988-1993 Phoenix Cardinals, seit 1994 Arizona Cardinals 2 ab 1984 Indianapolis Colts 3 ab 1996 4 ab 1996 St. Louis Rams

Unter dem Einfluß des texanischen Ölmagnaten kam es 1959 zur Gründung einer zweiten Football-Profiliga, der American Football League (AFL), die ebenfalls aus zwei Divisions bestand.

AFL (1960-1969) Eastern Division Western Division

Boston Patriots1 Cincinnati Bengals [1968] Buffalo Bills Dallas Texans2 Houston Oilers3 Denver Broncos Miami Dolphins [1966] Los Angeles Chargers4 New York Titans5 Oakland Raiders6 1 ab 1971 New England Patriots 2 ab 1963 Kansas City Chiefs 3 ab 1997 Tennessee Oilers; ab 1998 4 ab 1961 San Diego Chargers 5 ab 1963 New York Jets 6 von 1981 bis 1994 Los Angeles Raiders

Austin Gunsel (1959-1960) Übergangscommissioner.

Pete Rozelle (1960-1989) Pete Rozelle führte American Football an die Spitze der Beliebtheit zur unumstrittenen Nr. 1 im US- Sport. Zunächst erkannte Rozelle die gigantischen wirtschaftlichen Möglichkeiten von Football- Übertragungen im nationalen TV-Markt der USA. Durch die Erfindung des Monday Night Football sorgte Rozelle dafür, daß Football nicht wie alle anderen TV-Sportarten nur am Wochenende in ganz Amerika gesendet wurde, sondern auch in der Arbeitswoche. Zugleich wurde dadurch ABC nach CBS und NBC zur drittgrößten TV-Anstalt der USA. Als nächstes erreichte Rozelle, daß die Owner der Teams den größten Teil der Einnahmen der NFL zu gleichen Teilen unter den Teams aufteilten. Dies ermöglicht im Prinzip jedem Team die finanzielle Grundlage den Titel zu erreichen. Die dritte Großtat des Pete Rozelle war die Erfindung des Super Bowls. Außerdem erfand er die Vermarktung der Team Logos, das Merchandising und gründete NFL Films. Politisch erreichte Rozelle 1961 im US-Congress, daß auf die NFL die Anti-Trust Gesetze keine Anwendung fanden und die NFL als League mit den TV-Sendern nur geschlossen Verträge aushandeln konnte. Die American Football League (AFL, 1960-1970; aus der AFL ging später die AFC hervor), die World Football League (WLF, 1975-1975) und die United States Football League (USFL, 1983-1986) machten der NFL das Leben mehr oder weniger schwer. Unter der Federführung von Commissioner Pete Rozelle beschloß man nach dreijährigen Geheimverhandlungen 1966 eine Fusion der AFL mit der NFL. Man einigte sich auf den Spielbetrieb in zwei Conferences, deren Meister am Ende der Saison ein Endspiel gegeneinander austragen sollten. Seit 1971 heißt dieser jährliche Höhepunkt . 3 Richtig populär wurde Football letztendlich erst Ende der 50er Jahre, was nicht zuletzt auf die Tatsache zurückzuführen war, daß sich immer mehr Leute einen Fernsehapparat leisten konnten. Unter dem NFL- Commissioner Pete Rozelle (1960-1989), der geschickt die Chance der TV-Vermarktung für diesen Sport entdeckte und den Zusammenschluß mit der AFL ermöglichte, entwickelte die NFL ihre heutige gewaltige Wirtschaftskraft. Trotz der jetzt reichlich fließenden Gelder aus Fernseheinnahmen (TV- Vertrag der AFL mit NBC, der NFL mit CBS) kam es unter dem zunehmenden Kostendruck (exponentiell ansteigende Spielergehälter, vor allem für Rookies) doch noch zu einer Einigung der Eigner der Clubs (nach dreijährigen geheimen Verhandlungen) zur Gründung der NFL in seiner heutigen Form. Zur Bildung zahlengleicher Conferences wechselten die Cleveland Browns, die Indianapolis Colts und die Pittsburgh Steelers von der NFL in die AFC. Ansonsten bilden die ehemaligen NFL-Teams die NFC (National Football Conference) und die AFL-Teams die AFC (American Football Conference). Beide unterteilen sich wiederum in drei Gruppen (Divisions). Mehrere Clubs haben seitdem den Ort und damit den Clubnamen gewechselt, blieben aber in der gleichen Conference: Aus den Baltimore Colts wurden die Indianapolis Colts, aus den Oakland Raiders die Los Angeles Raiders und wieder die Oakland Raiders, aus den Chicago Cardinals wurden zunächst die St. Louis Cardinals, dann die Phoenix Cardinals und z.Zt. die Arizona Cardinals, aus den wurden die St. Louis Rams und aus den Houston Oilers wurden die Tennessee Titans.

Paul Tagliabue (1989-2006)

Tagliabue überredete die Teambesitzer den Gewinnanteil der unter den Teams zu verteilenden Einnahmen auf 62 Prozent anzuheben und die Liga von 28 auf 32 Teams aufzustocken. Zudem handelte Tagliabue mit der NFLPA das Collective Bargaining Agreement (CBA) aus, was den Spielern trotz Salary Cap die Free Agency garantiert und geregelte Gehälter (70% der Einnahmen der Liga) und Pensionen für das Alter ermöglicht.

Durch großartige Verhandlungsführung erzielte Tagliabue äußerst lukrative langfristige TV-Honorare für die NFL und vermied zweimal einen drohenden Spielerstreik. In der Amtszeit des Commissioners Tagliabue wurden die Kommunen überzeugt, sich am Umbau bzw. Neubau etlicher NFL-Stadien zu beteiligen. Paul Tagliabue optimierte den Gewinn für die Teams und machte die NFL zu einer gigantischen wirtschaftlichen Erfolgs- und Geldmaschine. Unter Tagliabue wurde außerdem die NFL Europe ins Leben gerufen. Nachdem er im Frühjahr 2006 das zweite CBA ausgehandelt hatte, trat er aus Altersgründen Anfang 2006 zurück. EINNAHMEN: FERNSEHRECHTE, MARKETING UND FRANCHISING, ZUSCHAUER Die Gesamteinnahmen der NFL beliefen sich 2005 auf etwa 5,8 Milliarden Dollar. Davon stammten zwei Drittel der Einnahmen aus dem Verkauf der Übertragungsrechte für TV, Radio und Internet und die übrigen Einnahmen wurden durch den Verkauf von Marketing- und Franchise-Artikeln und durch die Zuschauereinnahmen erzielt. Von diesen 5,8 Milliarden Dollar werden 79 Prozent (4,582 Milliarden US $) zu gleichen Teilen unter den 32 Teams verteilt. Jedes Team erhält somit 14,3 Mio. US $ pro Jahr von der NFL. Die restlichen 21 Prozent der Einnahmen (immerhin noch 1,2 Milliarden US $) gehören den Teams selbst, die diese Einnahmen erwirtschaften durch lokale Sponsoren, dem Verkauf der Luxussuiten des eigenen Stadions, den Einnahmen aus Konzessionen für den Nahrungsmittelverkauf im Stadion, für die lokalen Radio- und TV-Gebühren und die Einnahmen aus den Parkplatzgebühren. Von den Zuschauereinnahmen allein könnten die Clubs nicht existieren, bei lediglich acht Heimspielen in der Regular Season. Siebzig Prozent der Einnahmen erwirtschaften sich die Clubs durch den Verkauf der Übertragungsrechte an das Fernsehen. Zudem gründete die NFL eine eigene Vermarktungsgesellschaft für das eigene digitale Kabel-TV. Im April 2005 wurden TV-Verträge mit den Sendern CBS, NBC, ESPN und Fox mit einem Volumen von insgesamt 21,6 Milliarden US $ abgeschlossen, mit Laufzeiten der Verträge bis zum Jahr 2011 bzw. 2013. Fox zahlt 4,3 Milliarden Dollar für die Übertragungsrechte der NFC (bis 20011). CBS zahlt für die Rechte an der AFC 3,7 Milliarden Dollar (bis 2011). NBC zahlt für das Sunday Night Game 600 Mio. Dollar pro Jahr (4,8 Milliarden Dollar bis 2013). ESPN zahlt für das Monday Nicht Game 1,1 Milliarden Dollar pro Jahr (8,8 Milliarden Dollar bis 2013). In letzter Zeit erschloß sich die NFL eine weitere Einnahmequelle, das Internet. Die Homepage der NFL (NFL.com) ist mit 6,4 Millionen Zugriffen pro Monat die zweitbeliebteste Sportseite der Welt. Von 1996 bis 2001 wurde „NFL.com“ von Sportsender ESPN betrieben, der der NFL dafür 3 Millionen Dollar pro Jahr zahlte. Ab Juli 2001 bekam SportsLine, eine Internet-Tochter von CBS für fünf Jahre und nach Zahlung von 110 Millionen Dollar den Zuschlag für die Rechte. Seit 2006 hält AOL die Internet-Lizenz. © MONTANA

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