Die Burg und ihre Besitzer

Autor(en): Hugentobler, Jakob

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Thurgauer Jahrbuch

Band (Jahr): 16 (1940)

PDF erstellt am: 11.10.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-699002

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http://www.e-periodica.ch Die Burg Salenstein und ihre Besitzer Von Jakob Hugentobler

Keinem Besucher der Bodenseegegend wird jenes und Bernang vor der im Untersee gelegenen Insel alte, mit Staffelgiebeln gekrönte Schloß entgehen, Reichenau vorüber, auf einer lustigen Höhe, von an- das sich über den Dörfern Mannenbach, Salenstein mutiger Aussicht wohlgelegen, waren vormalen die und Berlingen auf einem beinahe nach allen Seiten Wohnung der Edlen von Salenstein, dann nach- steil abfallenden Felsblock erhebt und weit in den gehends an die Muntpraten von und

Schloß Salenstein von Nordwesten, 1754. Stich von David Herrliberger

See und die benachbarten deutschen Lande hinaus- andere, letztlich an die Edlen von Breitenlanden- schaut: Die Burg Salenstein. So ragt diese weithin berg, wie denn auch dato des einten Schlosses Ge- sichtbare alte Ritterburg dominierend in den Hori- richtsherr zu Hatten- und Hefenhausen ist, Junker zont hinein und erhebt sich als ein Wahrzeichen der Hartmann Friedrich von Breitenlandenberg.» Gegend über den mit Obstbäumen und Reben reich Mit. diesen wenigen Zeilen umschreibt David bepflanzten Hang, dessen Hintergrund der bewal- Herrliberger in seinem 1 754 in Zürich erschienenen dete Seerücken bildet. Werk «Topographie der Eydsgnoßschaft» Lage Obschon die Burg Salenstein auf eine bedeutende und Geschichte der Burg Salenstein. Herrliberger geschichtliche Vergangenheit zurückblicken kann, bringt in seinem Werk auch ein Bild der Burg, das die bis ins graue Mittelalter zurückreicht, so hat sich sie von Nordwesten gesehen darstellt, auf welchem noch kein Historiker dahinter gemacht, ihre Ge- außer dem fünfeckigen Giebelschloß ein großer süd- schichte eingehend zu schreiben. Es kann natürlich licher Flügelbau auffällt. Das gleiche ist festzustellen auch nicht die Absicht sein, im Rahmen dieser Ver- auf einem mehr als hundert Jahre älteren Bilde, das öffentlichung dies nachzuholen. Es soll hier hingegen wohl die älteste Darstellung enthält, die man von versucht werden, aus den reichlich vorhandenen Salenstein kennt und aus dem Jahre 1 624 stammt. Quellen das Wesentliche herauszuschälen und zu Es ist dies ein Ölgemälde eines unbekannten Mei- einem zusammenhängenden Ganzen zu formen, um sters, das sich in der Münsterkirche zu Mittelzell auf so in kurzen Zügen ein übersichtliches Bild vom der Insel Reichenau befindet. Auf dem eigenartigen wechselnden Geschick des Schlosses und seiner Be- Bild, das vor allem die Insel mit dem Kloster und sitzer zu erhalten. den vielen Kirchen darstellt, wird das Schweizerufer von Norden her veranschaulicht, wobei Salenstein besonders hervorsticht. Das gleiche ist der Fall auf 1. Aussehen, Lage und Name der Burg einer farbigen Skizze in Murers «Mariae Sintlacis «Die Bürglein Neu und Alt Salenstein, in der Augia», ein Manuskript aus dem Jahre 1627, das Landgrafschaft , ob dem Dorf Mannenbach sich in der thurgauischen Kantonsbibliothek befindet.

13 Alle übrigen Ansichten, die man von Salenstein nen Benennungen Salostein, Salustein, Salunstein, kennt, sind jüngeren Datums und stammen aus dem Salven-, Salo- und schließlich Salenstein nichts an- Ende des 1 8. oder Anfang des 1 9. Jahrhunderts. Da deres bedeuten als «bei dem dunkeln Stein» ; damit ist zum Beispiel ein Stich von J. Kuli nach einer sei wohl der Sandsteinfelsen gemeint, auf dem sich Zeichnung von Arter zu erwähnen, welcher das das Schloß erhebt. Dr. Leisi glaubt auch, daß auf Schloß von Nordosten her zeigt und worauf im Hin- der fruchtbaren Hochfläche, die jetzt das Dorf Sa- tergrund Eugensberg und Sandegg ersichtlich sind, lenstein trägt, schon vor der Burgenzeit ein Weiler folglich also in die Zeit nach 1820 fällt. Ein wenig gestanden und der Ritter, der die Burg gegründet, bekanntes Bild, das sich in Ermatinger Privatbesitz eben den vorhandenen Namen auf diese übernorn- befindet, zeigt das Schloß von Süden gesehen mit men habe. zwei großen Ökonomiegebäuden im Vordergrund; Die Entstehung der Burg Salenstein ist uns nicht darauf fällt namentlich der südliche Teil auf. Das urkundlich übermittelt, doch muß sie allem Anschein Bild stammt aus dem Jahre 1 824 und ist von dem nach ins Mittelalter fallen, sagen wir ins 10. oder Konstanzer Maler Nikolaus Hug gezeichnet, dem I 1. Jahrhundert. In den alten Lehensbriefen ist sie wir eine ganze Anzahl Ansichten von Schlössern stets eine Feste genannt, die von vier starken Vor- am Untersee verdanken. Die schönsten und auch werken geschützt war: gegen Nordosten, teilweise die besten Bilder von Salenstein hat der die Niedere Burg oder Niedersalenstein gegen Nord- bekannte Winterthurer Maler Joh. Jak. Biedermann westen, südlich und südöstlich Riedern und Walen- gemalt, die das Schloß von Nordosten zeigen, mit stein. Bald löste sich aber der sogenannte Bau- dem See und der Hegaulandschaft im Hintergrund. hof Arenberg oder Narrenberg, wie damals der Zwei dieser Ölbilder befinden sich in Privatbesitz, Arenenberg noch benannt wurde, ab; er wurde Frei- während das dritte, das bedeutendste, dem Wessen- sitz von begüterten Konstanzer Familien. Ebenso bergmuseüm in Konstanz gehört. Auf allen diesen ging es mit Niedersalenstein. Walenstein war kein alten Bildern erkennt man einen nur teilweise mit festes Vorwerk gewesen, hingegen die Burg Riedern, dem fünfeckigen Turmschloß verbundenen südlichen die einem freien Adelsgeschlecht gehörte. Als Mini- Anbau, der heute nicht mehr existiert. Der Kunst- sterialen des Klosters Reichenau werden die Edlen historiker Rahn nennt denselben das «Neuschloß». von Riedern im I 2. und 1 3. Jahrhundert gelegent- Oberst Parquin hat diesen baufällig gewordenen Teil lieh bei Käufen oder Tauschhändeln in den alten zwischen 1828 und 1835 abtragen lassen. Eine Pergamenten erwähnt. Zeichnung von Viard (1828) und eine Lithographie von J. F. Wagner (1841) zeigen das Schloß in 2. Die Dienstmannen und Schenken von Salenstein jenem, verwahrlosten Zustand. Die Burgstelle ist eine von Süd nach Norden an- Über das Geschlecht der Herren von Salenstein, steigende Erhebung, die westlich mit einem bepflanz- die sich nach deren Stammburg nannten, war man ten Steilhang, nördlich und östlich aber in jähen bis heute nur mangelhaft und ohne weitern Zusam- Molassefelsen abfällt. Von einem Torbogen führt der menhang unterrichtet. Erst durch das Fortschreiten Zugang, ein aufsteigender Zwinger, der östlich be- des Thurgauischen Urkundenbuches ist das Vorhan- grenzt ist durch die alten Mauern des ehemaligen densein und die Verbreitung dieses Geschlechts Neuschlosses, zum alten fünfgiebligen Altschloß hin- näher ins Licht gerückt. Es ist das große Verdienst auf. Rahn beschreibt es folgendermaßen: «Das Alt- von Prof. Dr. Herdi, die in den Urkunden zahlreich schloß bildet ein von West nach Ost gestrecktes verzeichneten Andeutungen auf die Herren von Fünfeck, dessen stumpfwinklig gebrochene Nord- Salenstein allerneuest gesammelt und zusammen- front mit zwei Staffelgiebeln schließt. Diese Bekrö- gestellt zu haben, um es im «Genealogischen Hand- nung wiederholt sich über der westlichen Schmal- buch für Schweizergeschichte» zu veröffentlichen. seite, während die östliche einen mehr spitzen, glat- Dabei ist festgestellt worden, daß die Edlen von ten Giebel hat. Die Mauerkanten sind aus schmalen Salenstein zwischen 1 092 und 1380 sehr häufig in Sandsteinquadern mit rauh vorspringenden Bossen den Urkunden erwähnt werden, und so sind nicht gefügt. Eine Quermauer teilt den Bau in ein west- weniger als dreißig Vertreter derselben nachgewie- liches Rechteck und die unregelmäßige Osthälfte sen worden. Die genaue Betrachtung von Besitz- und ab.» Rahn glaubt, daß dieser östliche Abschnitt vor- Namenfolge haben es ihm ermöglicht, einen an dem ein Flur gewesen sei, denn westlich war der- große Wahrscheinlichkeit grenzenden Stammbaum selbe in ganzer Weite mit einem fast drei Meter des Geschlechtes zusammenzustellen, der von groß- hohen Rundbogen geöffnet; in welchem Verhältnis ter Wichtigkeit ist. dieser Bogen zum Neuschloß stand, kann Rahn keine Als erster des Geschlechtes tritt in den Jahren Auskunft geben, hingegen vermutet er, daß zwi- 1 092 und 1 094 Adalbertus de Salestein als Zeuge sehen beiden früher ein kleiner Hof gelegen habe. bei Stiftungen an das Kloster St. Georgen im Was nun den Namen des Schlosses betrifft, so hat Schwarzwald auf. In den Jahren 1 158 und I 187 sich neulich Professor Dr. Leisi, der Präsident des nennt die Abschrift einer bischöflichen Urkunde Thurgauischen Historischen Vereins damit befaßt; er unter den Konstanzer Domherren Henric Habardus ist zu dem Schluß gekommen, daß die verschiede- de Salwustein, und in einer Reichenauer Urkunde

14 von 1221 steht Konrad de Salustein an der Spitze Nachkommen zu hinterlassen. Ein anderer Konradus der weltlichen Zeugen. Eberhardt de Salunstein de Salunstein, junior genannt, erscheint zwischen tritt verschiedentlich 1 180 bis 1221 als Zeuge im 1 260 und 1 284 häufig als Zeuge, meist unter Leuten Dienste der Reichenau auf, und so sehen wir in der Folge zahlreiche Glieder dieser Familie als Dienstmannen der berühmten Abtei. Gemeinsam mit Eberhard werden dessen zwei Brüder Heinrich und Albrecht 1 190 und 1 197 erwähnt. Von da an teilt sich das Geschlecht in zwei Hauptäste, in denjenigen des Ritters Konrad und den andern von Albrecht, der wie dessen Nachkommen das Schenkenamt beim Abt von Reichenau versahen. Die Herren von Salenstein müssen als Dienst- mannen der Reichenau recht begütert gewesen sein, denn außer in Salenstein besaßen sie Güter in Erma- tingen, Fruthwilen, Berlingen und . Ihnen gehörten Vogtei und Meieramt in Basadingen, Güter zu Zurzach und Koblenz im Aargau, ferner war der sogenannte Brüelwald in Hirslanden bei Stockach ihr Eigentum. Die Salensteiner führten ein gemeinsames adeliges Wappen, in 'einem senkrecht von Gold und Silber gespaltenen Schild einen blaugrünen Zehnberg, öfters auch einen Sechsberg; ein Siegel weist zwölf kleine Höcker und ein anderes sogar deren achtund- zwanzig auf. Von ritterlichen Ehren und Kriegstaten hören wir nichts über die Herren von Salenstein, hingegen begegnet man ihnen öfters als fromme Wallfahrer zum heiligen Grab. So soll nach der Überlieferung ein Herr von Salenstein, es ist das ver- mutlich der bereits erwähnte Heinrich (1.), im Jahre 1 155 die Kapelle von Mannenbach gestiftet haben, Siegel des Eberhard (III,) von Salenstein aus dem Jahre 1300 zum Dank für dessen Errettung in einem Kreuzzug. Diejenigen des Geschlechtes, die von Konrad (I.) abstammen, weisen in der Folge einige Ritter auf; aus dem Bürgerstand. Er besaß Güter in Ermatin- so wird zunächst Ulricus de Salostein, 1204 bis gen, auf die er zugunsten des Klosters Magdenau 1261, erwähnt, der mit Euphemia, einer Tochter 1 283 verzichtet. Ein Nachkomme dieses Konradus aus st. gallischem Adelsgeschlecht, verheiratet war war Heinrich (IV.), der zwischen 1321 und 1324 und kurz vor 1268 gestorben ist. Dessen Bruder, urkundlich erwähnt ist. Ritter Burkard, wird 1225 in einer Urkunde unter Der Reichenauische Chronist Gallus Oheim erzählt, den Vertretern der Stadt Villingen im Schwarzwald daß zwei Brüder, Edle von Salenstein, auf der Heim- an erster Stelle erwähnt. Ein Sohn des erstem, Ritter reise aus dem gelobten Land beim Überschreiten des Konrad, der dritte dieses Namens, urkundlich 1283 Gotthardpasses in Schneenot geraten seien und nach bis 1 300 erwähnt, war mit Margareta von Sälen- ihrer glücklichen Heimkehr zum Dank dafür auf der stein, einer Verwandten aus dem Stamm Albrechts, Reichenau eine kleine Kapelle gestiftet hätten. Man verheiratet. Zwei Schwestern desselben traten als hat es hier offenbar mit dem vorerwähnten Heinrich Stiftsdamen ins Kloster Löwental bei Friedrichshafen und dessen Bruder Burkard von Salenstein zu tun, ein, eine andere als solche in Lindau. Nicolaus de welch letzterer unter den Zeugen auf Reichenauer Salwinstein wird 125 3 in aufgeführt, Urkunden von 1 267 an meist an erster Stelle steht. wo er ein Haus an der Rittergasse vom dortigen «Auf Bitt wegen Herrn Burkard's von Salenstein, Kloster Allerheiligen besaß. Ein Nachkomme von Lütpriesters zu St. Johann auf der Ow» ist denn ihm, Konrad der Fünfte seines Namens, muß auch auch 1316 die St. Gotthardkapelle auf der Reichen- in Schaffhausen ansässig gewesen sein und außer au von einem Weihbischof von Konstanz geweiht den dortigen Besitzungen solche in Dießenhofen, worden. Diese stand etwas westlich vom Schloß Konstanz, Zürich und Engen gehabt haben. 1 260 Königsegg und ward vor hundert Jahren abgetra- verkaufte er seine Rechte zu Basadingen und Rudol- gen. Burkard wird zeitweilig auch als Kirchherr fingen an die Klosterschwestern von St. Katharinen- von Schieitheim aufgeführt. Ferner ist ihm ein diplo- tal, 1265 Besitzungen in Zurzach und Koblenz. In matischer Auftrag zuteil geworden, indem er beim Anerkennung seiner treuen Dienste ernannte ihn Kampf um die Abtwahl, als Bischof Heinrich von Abt Albrecht von Reichenau im gleichen Jahr zum Klingenberg den Reichenauer Mönchen Diethelm Kämmerer des Stiftes. Er starb zirka 1267 ohne von Kastel als Abt aufzwingen wollte, von der

15 Gegenpartei, welche für Johann von Lauben ein- Salenstein bereits im Jahre 1375, also noch unter trat, nach Bordeaux zu Papst Clemens V. abgeord- Schenk Diethelm, an den Ritter Heinrich von Helms- net wurde, wo er erreichte, daß der Papst 1 303 dorf übergegangen ist. Wie die meisten Adelsge- seine Kommissare einberief, welche die Rechtmäßig- schlechter, so vermengten sich schließlich auch die keit des Provisoriums Diethelms von Kastel bezwei- Salensteiner mit bürgerlichen Familien und wurden feiten. Burkard muß recht alt geworden sein, in- einfache Bürgersleute. So hört man noch im Jahre dem er erst 1 343 als Chorherr auf seiner Pfründe 1461 von einer Elsbetha Salastein, Bürgerin von Zü- in Zurzach als gestorben bezeichnet wird ; er ist auch rieh, Wirtin zum «Rößlin», die in Schaffhausen an- der letzte urkundlich erwähnte Salensteiner der so- sässig war, und als letzte bekannte Nachkommin genannten «Schaffhauser» -Linie. dieses Dienstmannengeschlechtes zu betrachten ist. An der Spitze der reichenauischen Dienstmann- Bis ins 1 4. Jahrhundert muß auch die Burg Nie- Schaft standen der Graf von Kyburg als Truchseß, der-Salenstein im Besitz des Salensteiner Geschlech- der Graf von Rapperswil als Kämmerer und der tes gewesen sein; dann ist sie zuerst an Rudolf von Edle von Salenstein als Schenk. Im Jahre 1197 wird Wellenberg übergegangen, von welchem sie ein Bür- erstmals Albrecht von Salenstein als Schenk des ger von Konstanz, Johannes Huter, erwarb. (Viel- Reichenauer Abtes genannt. Von da an vererbte leicht könnte das in Salenstein stark verbreitete Ge- sich diese Würde immer gradlinig auf alle Nach- schlecht der Hutterli hievon abgeleitet werden?) fahren der Albrechtschen Linie. Als ihre Inhaber Huter schenkte sein ganzes Besitztum den Benedik- werden denn nacheinander genannt: 1246 Eberhard, tinern auf der Reichenau, empfing es aber im Jahre 1 260 Ulrich, letzterer als pincerna und clericus, dann 13 78 von dem bekannten Abt Eberhard von Bran- 1259 bis 1273 Konrad (II.) als Schenk und Ritter. dis als Lehen zurück. Bald darauf ist Nieder-Salen- 1273 überläßt der Abt von Reichenau dem Kloster stein im Besitz der Konstanzer Familie Harzer, St. Katharinental einige Fronhöfe des Klosters in welche infolge bürgerlicher Zwistigkeiten von der Basadingen und Rudolfingen, die ihm von Schenk Stadt ausgewandert war. Von 1 367 an sind die Brü- Konrad aufgegeben wurden. In einer Urkunde von der Ulrich und Rudolf Harzer auch Besitzer der 1 1 300 ist die Rede von Konrads Frau Euphemia und Herrschaft Grießenberg. Um 380 war ein Ulrich der beiden Tochter Margareta, die nach einem spä- Harzer von Salenstein Reisegefährte des Grafen Ru- tern Pergament mit einem Vetter, dem oben er- dolf von Montfort-Feldkirch auf dessen Wallfahrt wähnten Ritter Konrad (III.) verheiratet war. So- zum heiligen Grab. Die Harzer müssen sich mehr dann tritt 1255 bis 1277 der Schenk Albrecht (III.) als ein Jahrhundert auf Nieder-Salenstein behauptet in den Reichenauer Urkunden unter den geistlichen haben. Im Jahre 1599 wird die kleine Burg als zer- Zeugen wiederholt auf, auch als Leutpriester und fallen oder zerstört aufgeführt; über ihr weiteres Kirchherr von . Als weiterer Schenk Schicksal ist man im ungewissen. Eigentümlicher- figuriert 1283 bis 1304 Eberhard (III.) von Sälen- weise taucht ihr Name später, teils ala Burgstall, teils stein, von dem berichtet wird, daß er einen Wald als Bürglein in den Urkunden wieder auf, meistens zu Hirslanden bei Stockach an das Kloster Salem in Verbindung mit den Besitzern von Ober-Salen- verkaufte. 1283 wird Schenk Heinrich, ein Bruder stein. Es darf mit ziemlicher Sicherheit angenommen des vorigen mit jenem zweimal erwähnt, und zwar werden, daß die kleine Burg an der Stelle gestanden als Kanonikus zu St. Johann auf der Reichenau. haben muß, wo heute das Haus zur «Hinterburg» Deren Schwester Klara wird als Nonne in Lindau steht. Das beweist vor allem seine exponierte Lage aufgeführt und noch zwei andere, Margareta und und der überaus schmale Zugang, was auf einen Euphemia, als Schenkinnen bezeichnet. Mit dem Burggraben von Osten her schließen läßt. Über Zerfall der Abtei Reichenau muß Fland in Hand einem tiefen Keller mit sehr dickem Gemäuer liegen auch der Niedergang der Herren von Salenstein ein- dicke verkohlte Eichenbalken, die ebenfalls auf getreten sein, denn Schenk Diethelm gibt von 1 344 etwas Burgartiges schließen lassen. an eine seiner Besitzungen um die andere in Fruth- wilen, Berlingen und Steckborn preis. Neben Diet- 3. Salenstein im Besitz der Herren von Helmsdorf, rich wird auch dessen Ehefrau, Anna Om, erwähnt, Hegi, Muntprat und Hallwil die 13 70 gemeinsam nach Konstanz zogen, wo sie das Bürgerrecht besaßen. Im Jahre 1 380 muß Es ist bereits weiter oben erwähnt worden, daß Schenk Diethelm gestorben sein; dessen Tochter die Burg Ober-Salenstein im Jahre 1375 in den Be- Amalie hat sich 1 379 mit Hug Pfefferhard von Kon- sitz von Heinrich von Helmsdorf übergegangen sei. stanz, also dem Sprossen eines angesehenen Ge- Die Stammburg dieses Geschlechts befand sich bei schlechtes, verehelicht. Dietrich, vermutlich ein Sohn Immenstaad am Bodensee. Die Helmsdorf waren Diethelms, erhielt gleich nach dessen Tode, 1 380, schon früh in den thurgauischen Landen ansässig, so vom Abt das Schenkenamt verliehen, sonst aber läßt in Eppishausen und Grießenberg, so daß sie zum er sich urkundlich nicht weiter verfolgen und dürfte thurgauischen Adel gezählt werden können. Sie somit der letzte männliche Sproß dieses Geschlech- scheinen aber nicht lange im Besitz von Salenstein tes gewesen sein. Ferner ist festgestellt, daß die gewesen zu sein, denn schon 1381 gehörte die Burg Stammburg der Dienstmannen und Schenken von einem Wetzel von Hegi, Gerichtsherr zu Wiesen-

16 dangen, Bürger von Schaffhausen und später von heim, die einem Adelsgeschlecht bei Überlingen ent- Winterthur. Diese Familie muß bedeutend länger im stammte. Dieser muß bauliche Veränderungen an Besitz von Ober-Salenstein gewesen sein, denn ur- dem jedenfalls baufällig gewordenen Schloß vor- kundlich hört man erst wieder 1476 von einem genommen haben, denn er ließ über dem ehemali- neuen Besitzer, und zwar von Jakob Muntprat von gen Torbogen beim Eingang zum Schloß (jetzt ver- Konstanz. baut bei der Heizung) sein Wappen, ein in Schwarz

Schloß Salenstein mit Eugensberg und Sandegg, Stich von J, Kuli nach J, Arter

Die Muntprat gehörten zu den angesehensten Ge- und Silber geteilter Schild mit drei Lilien (2 -f- 1 schlechtem der alten Bischofsstadt; sie waren ein- in wechselnden Farben, und dasjenige seiner Frau, flußreiche Finanzleute, ja sie waren in der damali- ein halber stehender Löwe, anbringen. Diese beiden gen Zeit in Süddeutschland und den angrenzenden Wappen sind auch im obern Stock über einem Ländern beinahe das, was später die Fugger in Augs- Kreuzstock neben denen der Landenberg und Gem- bürg und die Rotschild in Paris waren. Jakob Munt- mingen in Stein gehauen. Eine Tochter Sebastians, prat wird 1 495 als Bürgermeister von Konstanz er- Margaretha, heiratete Ludwig von Ulm, ebenfalls wähnt. Dieses Konstanzer Geschlecht hatte im Thür- aus einem angesehenen Konstanzer Geschlecht stam- gau bedeutende Besitztümer, so neben Salenstein die mend, das im Besitz der Herrschaften Wellenberg Schlösser Spiegelberg, Lommis, Altenklingen und und Grießenberg war. Ludwig von Ulm, ein Bruder Weinfelden. Im Jahre 1550 wurden die Muntprat des Gorius von Ulm auf Wellenberg, war Besitzer unter dem Namen «Muntprat von Spiegelberg» von des Hubberges bei Fruthwilen. Die Umbauten auf Kaiser Karl V. in den Reichsadelsstand erhoben. Salenstein müssen nach dem Schlußstein im Schloß Nach Urkunden zu schließen muß schon im Jahre zu schließen, etwa um 1547 beendet gewesen sein. 1454 ein Glied dieser Familie im Besitz Nieder- In die Zeit der Muntprat auf Salenstein fällt die Salensteins gewesen sein, und mit der Obern Burg Reformation. In Ermatingen und den umliegenden kam der große und kleine Zehnten von Lanters- Ortschaften hatte diese schon frühzeitig (1524) von wilen, der Weinzehnten von Ermatingen, das Haus Konstanz her Eingang gefunden. Der dort amtende Hard und die Dörfer Hatten- und Hefenhausen in Pfarrer Alexius Bertschi, ein eingebürgerter ehe- ihren Besitz. maliger Konstanzer, war zum neuen Glauben über- Von 1547 ab war Sebastian Muntprat Flerr von getreten und mit ihm eine große Zahl seiner Kirch- Salenstein; er war verheiratet mit Christine von Alt- genossen. Unter dem Druck des reichenauischen

17 Vogtes Amberg hatte er in seine alte Heimat, nach frühen Tod dieses ersten Gemahls verheiratete sich Konstanz fliehen müssen, was aber keineswegs hin- Margaretha mit dem Junker Michael von Breiten- derte, daß die Reformation nicht weiter um sich landenberg, mit dem sie nach dem Schloß Hard zog, griff in der Gemeinde. Auch in der Kapelle zu Man- wo sie einem Sohne, Michael, das Leben schenkte. nenbach, die seit ihrer Stiftung einen reichen Reli- Aber sowohl ihr zweiter Gemahl als auch dieser quienschatz besaß, wurde mit dem Kirchenschmuck Sohn starben früh nacheinander, und so blieb nur aufgeräumt. Der dortige Kaplan, Johannes Lang, noch das Kind aus erster Ehe, Ester von Ulm, die verehelichte sich, mußte aber auf Betreiben des sich bald mit dem reichen und angesehenen Junker Abtes von Reichenau seine Pfründe verlassen. In Walter von Hallwil zu Blidegg bei Bischofszell ver- Salenstein und Mannenbach trat damals fast alles heiratete. Es muß das zirka 1556 gewesen sein. zum neuen Glauben über. Auch die Muntprat auf Esters Mutter starb 15 78 auf Salenstein. Sie wurde Salenstein waren zur neuen Lehre übergegangen und neben ihrem ersten Gatten, Ludwig von Ulm, in der in enge Fühlung mit den umliegenden Adelsge- ehemaligen Katharinenkapelle unter dem Turm der schlechtem getreten, die sich dem neuen Glauben Kirche zu Ermatingen begraben, wo man heute noch angeschlossen hatten, so mit den Ulm auf Grießen- die schön in Sandstein gehauenen Grabplatten mit berg und Wellenberg und den Lanz auf Liebenfels. ihren Wappen sieht. Auch sie hatte namhafte Ver- Während aber die meisten der thurgauischen Adels- mächtnisse für die Armen gemacht. geschlechter, so zum Beispiel auch die Ulm, zur Zeit Salenstein finden wir ab dem Jahre 1530, also der Gegenreformation wieder zum alten Glauben zu- noch zu Lebzeiten der Muntpratschen Familie, im rückkehrten, so blieben die Muntprat auf Salenstein Besitz des Junkers Hans Kaspar von Flallwil zu Blid- und die Landenberg auf Hard der reformierten egg. Die Stammburg der ostschweizerischen Seiten- Lehre treu. Salenstein wurde sogar eine Art Hoch- linie dieses berühmten aargauischen Rittergeschlech- bürg der Reformation in der Seegegend. tes ist das Schloß Hallwil, eine der wenigen Wasser- Im Jahre 1550 starb Sebastian von Muntprat und bürgen, die wir in der Schweiz besitzen; es ist heute im gleichen Jahre auch sein Stammhalter Jakob; Eigentum einer Hallwilstiftung, während die Fami- ihnen folgte drei Jahre später auch seine Frau, Chri- lienaltertümer seit 1924 als Schenkung der Gräfin stine von Altheim im Tode nach. Von der Familie Wilhelmine von Hallwil im Schweizerischen Landes- sind bei diesen Anlässen reiche Vermächtnisse für museum in Zürich untergebracht sind. Hans Kaspars die Armen von Ermatingen, Salenstein und Um- Sohn, Walter von Flallwil, bezog mit seiner jungen gebung gestiftet worden; sie sind als erste Testate Frau, Ester von Ulm, zwischen 1554 und 1560 den im Evangelischen Stiftungsbuch in Ermatingen ein- Salenstein. Er wird als ein tatkräftiger Herr geschil- getragen. dert, der ein großes Haus geführt habe und ziel- Mit dem jungen Jakob Muntprat war der Man- bewußt auf die Mehrung seiner Güter und Rechte nesstamm der Salensteiner Linie des Geschlechtes bedacht gewesen sei. Außer Blidegg und Salenstein erloschen, und so ging das Erbe auf seine zwei Töch- war er auch Besitzer von Nieder-Salenstein, Hard ter Margarete und Magdalena über. Erstere war in und Hubberg. Nach einem Spruchbrief im Bürger- erster Ehe, wie bereits weiter oben erwähnt, mit archiv zu Fruthwilen müssen auf der Hub zu Zeiten Ludwig von Ulm verheiratet. Aus dieser Verbindung zwei Besitztümer gewesen sein, das eine Ludwig von ging eine Tochter, Ester von Ulm, hervor. Nach dem Ulm gehörend, das andere einem Reichlin von Meld-

Schloß Salenstein von Süden, 1824, Stich von Nikolaus Hug

18 egg. Während Walter von Hallwil ersteren von sei- ner Frau übernahm, so kaufte er den letztern und ließ nach der Arrondierung dieses Grundbesitzes im Jahre 1 596 an Stelle des baufällig gewordenen Ge- bäudes ein neues Herrschaftshaus erstellen, das jetzt noch bestehende, große schloßähnliche Bauernhaus. Walter von Hallwil galt als einer der reichsten weit- liehen Gerichtsherren im Thurgau. Mit großer Be- redsamkeit soll er an einer Tagsatzung in Baden auf- getreten sein, und am Weinfelder Gerichtsherrentag von 1581 wurde er in den Vorstand der Gerichts- barkeit gewählt. Daß auf seine Veranlassung hin den Bauern einzelner Gemeinden am See, so auch Fruthwilen, das Schießen von Hasen verboten wurde, da sie dadurch ihre Güter vernachlässigten, wird ihm keine große Sympathie eingetragen haben. Auch scheint er die auf Salenstein haftenden Grundzinsen nicht gerne bezahlt zu haben, denn 1583 hat er sie beim Kloster Reichenau nicht weniger als dreizehn Jahre auflaufen lassen. Walter von Hallwil ließ auch an seinem Wohnsitz Salenstein bauliche Veränderungen vornehmen; so wird ihm der turmartige Vorbau mit Kapelle und der sich daranschließende Torbogen zugeschrieben. Über der Außenseite des letztern sind die in Stein gehauenen Wappen von Hallwil und Ulm mit der Jahreszahl 1592 angebracht. Ersteres ist ein schwar- zer Doppelflügel auf goldenem Grund, letzteres ein rot und blauer Schild, quer geteilt durch einen wei- ßen Dreizack. Trotz des großen Reichtums und An- Schloß Salenstein nach dem Abbruch des Südteils (1628) sehens, das Walter von Hallwil besaß, ging ihm ein Gezeichnet von A. Viard Wunsch nicht in Erfüllung. Seine Ehe mit Ester von Ulm blieb kinderlos. Seine Gattin starb 1610, nach- niedergelegt, die nachgerade eine Geschichte der dem sie schon zu Lebzeiten und bei ihrem Tode Breitenlandenberg auf Salenstein bildet, die volle namhafte Beträge für die Armen und Kranken zu- zwei Jahrhunderte im Besitz der stolzen Burg über gewendet hatted Schon drei Jahre später (1613) dem Untersee gewesen ist. folgte auch er hochbetagt im Alter von 83 Jahren «Das Geschlecht von Landenberg gehörte einst zu seiner Gattin im 7 ode nach. Beide liegen nebenein- den ältesten, bekanntesten, angesehensten, mächtig- ander unter dem Turm der Kirche in Ermatingen, in sten und weitverzweigtesten adeligen Familien der der ehemaligen Katharinenkapelle begraben, wo die Schweiz und Süddeutschlands, war vielleicht das be- mit ihren Familienwappen geschmückten Grabplat- deutendste in der ganzen Ostschweiz im Mittelalter ten noch erhalten sind. und ist älter als mehrere in Deutschland blühende königliche und fürstliche Häuser», so schreibt Julius Studer in seinem ausgezeichneten, ausführlichen Werk 4. Die Herren von Breitenlandenberg auf Salenstein über die «Edlen von Landenberg». Ihre Stammbur- Eigentümlicherweise berichten die wenigen Histo- gen lagen im Tößtal, am rechten Ufer des Flusses, riker, die sich früher einigermaßen mit der Geschichte zwischen Bauma und Turbental. Zur Zeit der hoch- des Freisitzes Salenstein befaßt haben, übereinstim- sten Blüte besaß das Geschlecht über dreißig Schlös- mend, daß sich außer wenigen Daten, von Anfang ser und Herrschaften in Zürich und Thurgau, später des 1 7. bis zum Ende des 1 8. Jahrhunderts, die Spu- auch im Aargau und Breisgau. Es hatte dem kaiser- ren über das Geschick der Burg verlieren. Diesen liehen und erzherzoglichen Hause Österreich eine verloren geglaubten Spuren ist dann der bekannte Reihe namhafter Persönlichkeiten, Marschälle und Ermatinger Lokalhistoriker und Arzt Dr. Otto Nägeli Feldherren, Vögte und Räte geliefert; die meisten nachgegangen und hat sie in einer im Manuskript von diesen waren mit der Ritterwürde bekleidet. So vorliegenden Geschichte über die Burg Salenstein wie sie dem Haus Österreich ergeben waren, so zeig- ten sie sich ebenso männlich für Zürich. Das * Aus dem nämlichen Jahr 1610 wird berichtet, daß Wal- später Geschlecht sich in drei die ter von Hallwil zu Salenstein dem Rat der Stadt Konstanz spaltete Zweige, Alten-, eine Summe Geldes angeboten hätte, als Markgraf Georg die Hohen- und die Breitenlandenberg; es führte in 1 von Ansbach-Brandenburg gegen diese zog, um sie zu be- ihrem Wappen drei weiße Ringe (2 -f- auf rotem lagern, was indessen nicht geschah. Grund. Zu der Zeit, als Hans Dietrich von Breiten-

19 landenberg im Jahre 1611 Besitzer von Salenstein in Freiburg im Breisgau der letzte Sproß der Linie wurde, waren die Altenlandenberg bereits ausge- Hohenlandenberg, und so wurde 1649 das Erbe storben. unter die Breitenlandenberg verteilt. Durch diese H ans Dietrich (I.) von Breitenlandenberg (ge- Erbschaft wuchs der Reichtum und das Ansehen der boren 1571 war der Sohn Hans Rudolfs. Während letztern ganz bedeutend, was denn auch in ihrem nun sein Bruder Hans Jakob auf der Stammburg im Auftreten zum Ausdruck kam, indem sie sich ganz Tößtal blieb, zog Hans Dietrich an den Untersee, auf den Ton und Brauch der vornehmen Welt jener auf die Burg seines Urgroßvaters, aus der Verwandt- Zeit einstellten. Die Felsenburg über dem Untersee schaft der Ulm - Landenberg - Muntprat - Hallwil. erlebte eine ihrer letzten Glanzzeiten. Aus den Kir- Salenstein und Hubberg fielen ihm als Erbe zu, wäh- chenbüchern in Ermatingen kann man entnehmen, rend Hallwil und Blidegg auf die männliche Hall- aus welch adeligen Familien alle die Taufpaten der wiler Linie übergegangen war. Hans Dietrich figu- zahlreichen Nachkommenschaft des Herrn von Sa- riert auch als Herr von Hard und Gerichtsherr von lenstein entnommen war; da finden wir die Meiß, Hatten- und Hefenhausen, im Jahre 1602 verhei- die Ulm, die Landenberg, die Hallwil und zahlreiche ratete er sich 31 jährig mit Maria Anna Tumb von andere Vertreter hoher Adeliger in der deutschen Neuenburg bei , die ihm vier Söhne und Schweiz vertreten, die alle mehr oder weniger ver- zwei Töchter schenkte; von den Söhnen starben wandt waren mit dem Junker von Salenstein. Aber zwei im jugendlichen Alter, während sich die beiden auch manches Leid brach über die angesehene Fa- andern und die Töchter jung verheirateten. milie herein, indem der Tod reiche Ernte hielt unter Es war eine schlimme Zeit gewesen, als Hans ihrer Verwandtschaft. 1659 starb auch Hartmann Dietrich von Breitenlandenberg im Jahre 1611 sei- Friedrichs Mutter, tief betrauert nicht nur von ihren nen Sitz am Untersee aufschlug. Die Pest, der Angehörigen, sondern auch von den Bewohnern der «schwarze Tod», war im Lande, von der Tausende Umgebung. Sie war stets eine herzensgute Frau ge- dahingerafft wurden; zudem beunruhigte die Gegen- wesen und hatte vor ihrem Ableben der Schule reformation die Gemüter der Leute der damaligen Ermatingen 1 00 Gulden vermacht zur Äufnung des Zeit. In Ermatingen zum Beispiel waren die ange- dortigen Schulfonds, der vierzig Jahre vorher von sehenen Familien Ammann, Kym und Straßburger ihren Eltern, den Gelderich von Siegmarshofen auf wieder zum alten Glauben zurückgekehrt. In all die- Schloß Wolfsberg gegründet worden war. Wenn es sen Nöten und Wirren starb Hans Dietrichs Frau im auch Hartmann Friedrich in seiner militärischen Be- Jahre 1612 nach nur zehnjähriger Ehe, die Mutter tätigung nicht so hoch wie sein Vater brachte, son- von sieben unerzogenen Kindern. Der Verhältnis- dern nur «Landslütenant» blieb, so steckte um so mäßig junge Witwer sah sich deshalb genötigt, bald mehr in einigen seiner Nachkommen der militärische wieder zu heiraten. Er fand eine zweite Gemahlin in Geist seiner Ahnen und Verwandten, die bei Sem- Anna Elisabetha Gelderich von Siegmarshofen, der pach, bei Näfels und im Alten Zürichkrieg an der Tochter des auf dem benachbarten Schloß Wolfs- Seite des Hauses Österreich gefochten hatten. Es berg ansässigen Junkers, mit der er sich 1613 ver- war die Zeit, wo es zum guten Ton gehörte, daß die mählte. Diese schenkte ihm noch drei weitere Kin- Söhne der Adeligen Dienst taten bei den fremden der, von denen aber zwei jung ins Grab sanken. Fürsten, namentlich den französischen Bourbonen. Hans Dietrich von Breitenlandenberg figuriert als Die jungen Breitenlandenberger Junker müssen erster Quartierhauptmann des Quartiers Ermatingen einen ersten Impuls hiezu von einem ihrer nahen bei der militärischen Neueinteilung der Landgraf- Verwandten, den Herren von Meiß aus Zürich, er- schaft Thurgau. Er starb im Jahre 1 630, seine zweite halten haben, die im Dienste der freien Reichsstadt Frau als Witwe auf Salenstein zurücklassend. Nun Straßburg standen. So zog denn im Jahre 1673 der stand sie eine Zeitlang allein dem Haushalt und der etwa 19jährige dritte Sohn Hartmann Friedrichs, Verwaltung des Grundbesitzes vor; dem älteren der den Namen seines Vaters trug, mit einer Zür- Sohne aus erster Ehe wurde das Schloß Hard über- eher Kompagnie in die Welt hinaus in fremden Söld- geben, während sie mit ihrem eigenen, einzigen nerdienst. Unter den 1 50 Mann befand sich auch Sohn, Hartmann Friedrich, auf Salenstein blieb. einer seiner Vettern. Der junge Landenberger wurde Gnädig waren 1 633 die Stürme des Dreißigjährigen bald zum Fahnenjunker ernannt und zum Leutnant Krieges an den Bewohnern des Sees vorübergegan- befördert. Vor Straßburg verliebte sich der lebens- gen, als der schwedische General Horn bei der Be- frohe Junker in ein gräfliches Schloßfräulein, Eu- lagerung von Konstanz sein Hauptquartier im phrosine Zillenhard von Landsberg, was aber seinen Schloß aufgeschlagen hatte. Kurz darauf Eltern daheim durchaus nicht genehm war. Inzwi- (1640) hatte der noch unmündige Hartmann Fried- sehen war der alte Hartmann Friedrich auf Sälen- rich (I.) von Breitenlandenberg den Sitz seines stein ernsthaft erkrankt, und der junge Offizier Vaters übernommen. Fünf Jahre später verheiratete mußte heim an sein Krankenbett eilen. Er traf ihn er sich mit einer Tochter aus angesehenem Zürcher noch lebend, und bevor er im Oktober 1677 Geschlecht, mit Anna Dorothea v. Meiß von Teu- starb, hatte er seinem Sohne noch die Erlaubnis er- fen am Irchel, die ihm in der Folge nicht weniger teilt, sich mit der fremden Adelstochter zu verhei- als dreizehn Kinder schenkte. Zu dieser Zeit starb raten. Nach seiner Rückkehr nach Straßburg fand

20 Schloß Salenstein. Nach einem Gemälde von J, J, Biedermann Im Wessenberg - Museum In Konstanz denn auch bald die Hochzeit statt, allein das junge gefunden hatte, nach Zürich, und überließ den Hub- Eheglück war von kurzer Dauer; denn der junge berg seinem Vetter Wolf Dietrich (II.), einem Bru- Landenberger fand im folgenden Jahre vor Straß- der des jungen Hartmann Friedrich, der später auf bürg im Kampfe gegen die Franzosen den Tod. Salenstein saß. Vater Wolf Dietrich von Breitenlan- Kurz vorher hatte ihm seine Frau einen Stammhalter denberg auf Salenstein war ein Mann, der seiner geboren, den dritten Hartmann Friedrich. Das tra- Vorfahren durchaus würdig war; er soll der Gründer gische frühe Ende Hartmann Friedrichs (II.) hatte der Salensteiner Schule unterhalb des Schlosses sein, aber weitere zwei seiner Brüder und eine Anzahl zu deren Unterhalt er namhafte Beträge beisteuerte. Bürger aus der Umgebung von Salenstein nicht ab- Wenn er auch wohlbedacht auf seine Rechte war, gehalten, ebenfalls in fremden Kriegssold zu treten. so lernen wir ihn geradezu als ein Vorbild von Ge- Aber alle erreichte teils in Frankreich, teils in Spa- meinnützigkeit kennen; denn er beschenkte nicht nur nien der frühe Tod, sei es, daß sie am Fieber star- die Schule seines Wohnortes, sondern er stiftete auch ben oder auf dem Felde der Ehre gefallen sind. namhafte Beträge für den Unterricht in seiner Ge- Von den sieben Söhnen des Schloßherrn von richtsbarkeit zu Hatten- und Hefenhausen, ebenso Salenstein blieb nur noch Wolf Dietrich (I.) übrig, für wirklich bedürftige arme Feute und auch solche der sich erst mit 40 Jahren um 1695 herum mit fremder Herkunft. Im ganzen sind Fegate von über Anna Margaretha Escher vom Fuchs aus Zürich ver- 800 Gulden bekannt. Fr wachte streng darüber, daß heiratete. Diese Frau überbot ihre Vorgängerinnen diese Dotationen pünktlich ausgeteilt wurden und noch mit ihrem Kindersegen, indem sie ihrem Ge- führte peinlich Buch über seine Anordnungen. Er mahl sogar vierzehn Kinder schenkte, als erstes im trat auch politisch ziemlich stark in den Vorder- Jahre 1696 einen Knaben, Hartmann Friedrich grund; er war Vize-Präsident des thurgauischen Ge- (IV.), mit Namen. Inzwischen war auch der Sohn richtsherrenstandes und als Militär hatte er den Rang des vor Straßburg gefallenen Bruders herangewach- eines Fandsleutnants inne. Im Alter von 78 Jahren sen, dem der Hubberg überlassen wurde, nachdem ist er 1 733 auf seinem Sitz gestorben und in Erma- er sich mit Barbara Dorothea Planta von Wilden- tingen als strenggläubiger Protestant begraben wor- berg, einer Bündnerin, verheiratet hatte. Die Wappen den. dieser beiden sind an einer Decke in guterhaltenem Auf Wolf Dietrich folgte dessen ältester Sohn Stuck auf Hubberg noch zu sehen. Dieser Breiten- Hartmann Friedrich (IV.) von Breitenlandenberg landenberger zog aber, nachdem er Witwer gewor- als Herr von Salenstein. Dieser hatte sich noch zu den und in Barbara von Ulm eine zweite Gemahlin Febzeiten seines Vaters im Jahre 1 725 in Zürich mit

21 einer ganz jungen Dame aus vornehmem Zürcher- von Streng. Es ist begreiflich, namentlich für die geschlecht, der erst I 7jährigen Anna Sabine Werd- damalige Zeit, daß weder der eine noch der andere müller von Elgg, verheiratet. Zum drittenmal erlebte der Väter seine Einwilligung zur Heirat gab. Die nun die Familie, daß ihr ein Kindersegen von einem Liebe kannte aber auch damals schon keine Schran- Dutzend Nachkommen beschert wurde; diesmal be- ken. David von Breitenlandenberg ließ sich heimlich fand sich auch ein Zwillingspaar darunter. Dieser mit seiner Braut vom reformierten Pfarrer in Erma- Flartmann Friedrich trat weder politisch noch mili- tingen trauen und reiste mit ihr unverzüglich nach tärisch irgendwie hervor, hingegen hat er wesentlich Paris, wo er, einem schon früher gehegten Wunsche dazu beigetragen, daß der Streit, der wegen der folgend, in ein französisches Schweizerregiment ein- Schule zwischen Salenstein und Ermatingen vor dem trat. Der Vater aber, dem der leichtfertige Schritt Landvogt ausgetragen wurde, zugunsten der erstem seines ältesten Sohnes tief zu Herzen ging, traf allen ausfiel. Auf einer diesbezüglichen Urkunde im Sa- Ernstes Anstalten, den Salenstein zu verkaufen. Er lensteiner Bürgerarchiv sehen wir seine Unterschrift war schon bereits im Besitz einer Bewilligung dazu, und das sehr gut erhaltene Siegel der Breitenlanden- von Seiten seines Lehensherrn, des Bischofs von berger. Wenn auch gesagt wird, daß sich das Privat- Konstanz. Inzwischen aber war das Liebesglück der leben der damaligen Schloßbewohner nur wenig beiden Jungvermählten nur von kurzer Dauer ge- von demjenigen der gewöhnlichen Bürgersleute wesen; Davids junge Frau starb bald in Frankreich, unterschieden hätte, daß zum Beispiel auch die ohne Nachkommen zu hinterlassen, und so beschloß Schloßfräulein wie gewöhnliche Bauerntöchter beim denn der junge Witwer, zurückzukehren in sein Heuen, in der Ernte und bei der Weinlese behülflich Vaterhaus, wo ihm der unüberlegte Schritt verziehen gewesen seien, so figuriert auch um diese Zeit, also wurde. Wohl traf er den Vater gealtert und gebro- in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, der chen, aber er kam noch früh genug, um ihm im Schloßherr und seine Familie in Briefen, Schriften Tode die Augen zuzudrücken. Im August 1 758 und Stiftungsurkunden immer noch als «Hochwohl- wurde der vierte Salensteiner Hartmann Friedrich zu geborener, hochadeliger Junker, als gnädige Herren, Grabe getragen. Frauen und Fräulein». Der vierte Hartmann Fried- Auf das Drängen seiner Verwandten verheiratete rieh blieb auch stets mit seinen nächsten Verwandten sich David von Breitenlandenberg bald zum zweiten in engem Kontakt. So mit seinem jüngern Bruder Male mit der bereits 36jährigen Witwe des Junkers Wolf Dietrich, der nach dem Wegzug seines Onkels Hans Meiß von Teufen, geborene Susanna Dorothea nach Zürich den Hubberg übernommen hatte. Die- von Edlisbach ab dem Wolfbach von Zürich. Die ser war mit einer Adeligen, Elisabetha Schmid von Hochzeit fand diesmal zwar öffentlich, aber weder Goldenberg verheiratet, die ihm zwei Söhne in Ermatingen noch in Zürich, sondern in Lippers- schenkte, wovon der eine in fremdem Heeresdienst wil am 2. Juni 1 759 statt. Zwei Jahre später wurde ums Leben kam. Der andere, Hans Kaspar von Brei- ein Sohn geboren, der mit dem Namen seines Groß- tenlandenberg, lebte als behäbiger Bauersmann bis vaters und Onkels als Hartmann Friedrich (VI.) zu seinem Tode (1798) auf der Hub; mit dessen aus der Taufe gehoben wurde. David von Breiten- einzigem Sohn, Felix von Breitenlandenberg, der als landenberg war das Glück nicht hold, denn nicht Pfarrer in Greifensee, Dynhard und Weißlingen nur verlor er nach elf Jahren seine zweite Gemahlin, amtete, starb 1838 der männliche Stamm des Hub- sondern auch sein einziger Sohn, in dem etwas von bergerzweiges der Landenberger aus. Sodann weiß dem abenteuerlichen, militärischen Blut seines Vaters man, daß der Herr von Salenstein in dem großen steckte, zog fort und trat trotz den bösen Erfahrun- Holzgerechtigkeitsprozeß, den der Besitzer von gen seiner V orfahren in ein französisches Schweizer- Schloß Hard, Junker Daniel Zollikofer von Alten- regiment ein, wo er es zum Leutnant brachte. In klingen, in den Jahren 1743 bis 1745 mit den Ge- Bezières in Südfrankreich ist er 1 785 im Alter von meinden Ermatingen und Triboltingen führte, leb- erst 24 Jahren von einem seiner Kameraden, dem haften Anteil und Partei für seinen nahen Verwand- Landsmann Johannes Escher von Zürich, während ten nahm. eines Duells erstochen worden. Dem alternden Schloßherr von Salenstein berei- Junker David von Breitenlandenberg scheint tete vor allem sein ältester Sohn David tiefen Kum- übrigens zu all seinem Mißgeschick kein guter Wirt- mer. Der alte Herr war bekannt als streng religiöser schafter gewesen zu sein; seine Finanzen waren in Mann, der treu zum reformierten Bekenntnis hielt. Unordnung und mit dem Besitztum ging es merklich Auf dem nahen Arenenberg saß zu gleicher Zeit ein abwärts. Er fühlte sein Ende herannahen, und man- ebenso tiefreligiöser Mann, der sich zur katholischen gels direkter Nachkommen wollte er seinen Nachlaß Konfession bekannte, der Baron Anton Prosper von ordnen. Durch einen Scheinverkauf hatte er im Streng, weiland Bürgermeister von Konstanz, der Sinne, den Salenstein an einen Neffen von ihm, den sich später, mit 70 Jahren, noch zum Priester weihen Sohn seines jüngern Bruders Hartmann Friedrich ließ. Eigenartig! Der streng protestantisch erzogene (V. der sich mit einer entfernten Verwandten, Sohn David des Breitenlandenbergers verliebte sich Barbara Dorothea Zollikofer von Altenklingen in sterblich in die ebenso streng katholisch erzogene, Schloß Hard verheiratet und den Wolfsberg erwor- junge, hübsche Tochter Maria Sidonia des Baron ben hatte, wo er sich so recht als Gutsherr und

22 Großgrundbesitzer fühlte, abzutreten und die Nutz- seinen Teil verzichtete, da er in dem Vermächtnis nießung bis zu seinem Tode auszubedingen. Die seines Onkels schon einen Vorteil für sich sah. Hart- Sache wurde aber durch die Verzögerung der Be- mann Friedrich verheiratete sich dann bald, im willigung von seiten des Lehensherrn auf die lange Jahre 1800, mit der fünfzehn Jahre altern Anna Bank geschoben, und so ging Salenstein nach dem Barbara Ott aus Zürich, also auch mit einer Bürger- 1 795 erfolgten Tode David von Breitenlandenbergs liehen. Sie schenkte ihm drei Kinder, darunter einen nicht käuflich, sondern testamentarisch auf seinen Sohn, den achten Hartmann Friedrich des Ge- noch unmündigen Neffen über. Dieser, der siebente schlechtes. Es scheint aber dem «Bürger Hartmann des Namens Hartmann Friedrich, war übrigens der Friedrich Landenberg» (wie er sich jetzt nannte) Sohn aus zweiter Ehe des auf Wolfsberg ansässigen und namentlich seiner Frau nicht behagt zu haben Breitenlandenberg, verheiratet mit Anna Magdalena auf dem von seinem Onkel arg vernachlässigten Forrer von Winterthur, der ersten bürgerlichen Frau, Schlosse. Er gelangte deshalb schon im Septem- die in das alte Adelsgeschlecht Einzug gehalten ber 1 800 an die Lehenskanzlei, den Obervogt Hund- hatte. Da sein Vater früh gestorben war, so hatte biß zu Reichenau, um die Bewilligung zum Verkauf seine Witwe, respektive die Mutter dieses Sohnes, zu erlangen. Als diese nicht unverzüglich eintrat, den Wolfsberg verkauft, und zwar unter günstigen scheint er sich aber nicht mehr lange darum geküm- Bedingungen an den reichen St. Galler Bankier mert zu haben, indem er energische Schritte zum Högger von Höggersberg, russischer Staatsrat und Verkauf vornahm. Auch er hatte von den freiheit- Bankinhaber in Amsterdam. liehen Ideen, welche um jene Zeit die große Staats- Während nun dem noch nicht ganz mündigen Umwälzung gebracht hatte, gelernt. Er zog mit seiner Hartmann Friedrich (VII.) im Jahre 1799 die Burg Frau zuerst nach Zürich und später nach Gottlieben, seines Onkels überlassen wurde, so waren seine vier wo er sich nach ihrem frühen Tode im Jahre 1805 Schwestern bereits alle fortgezogen und zum Teil mit der etwa gleichalterigen Tochter des dortigen verheiratet. Während die älteste, Anna Magdalena, Kronenwirtes, Anna Katharina Hippenmeier, ver- und die beiden jüngsten, Sabina und Dorothea in heiratete, die ihm keine Nachkommen mehr schenkte. Winterthur sich gut bürgerlich verheirateten, so ver- In Gottlieben, wo er sich an einem Speditionsgeschäft mählte sich die Zweitälteste, Anna von Breitenlan- beteiligte, ist er 1846, im gleichen Jahre wie seine denberg, mit dem damals erst achtzehnjährigen zweite Frau, als einfacher Bürger im Alter von 66 Hartmann Friedrich Ammann von Ermatingen, dem Jahren gestorben. Sein Sohn, dem Zug seiner Ahnen bekannten Weinhändler, Kantonsrat und Amtsrich- folgend, trat in französischen Kriegsdienst unter Na- ter, der im Jahre 1 835 gemeinsam mit dem Prinzen poleon, wo er als Leutnant diente; er kehrte heil Louis auf Arenenberg den Thurgauischen in seine Heimat zurück und lebte still und zurück- Kantonalschützenverein gegründet hat. Bevor der gezogen, unvermählt, in Gottlieben, wo er im No- junge Landenberger aber auf Salenstein einzog, vember 1885 gestorben ist. Mit ihm ist der letzte wurde unter Anwesenheit sämtlicher Erbberechtigten männliche Nachkomme des Salensteinischen Brei- eine Teilung vorgenommen, wobei der Sohn auf tenlandenberg-Geschlechtes ins Grab gesunken.

Phot. Max Burkhardt, Arbon Schloß Salenstein, Jetziger Zustand

23 5. Die neueren Besitzer von Salenstein Dame bewohnte das Schloß aber nur wenige Jahre mit ihren zwei Töchtern und verkaufte es 185 7 an Während so das stolze Adelsgeschlecht nach und den Engländer Franz Brown. Der alte Herr ließ eine nach samt der ebenso stolzen Burg immer mehr dem ganze Anzahl schöner alter Kachelöfen im Schlosse Zerfall entgegenging, waren unter dem Einfluß der erstellen, die zum Teil jetzt noch vorhanden sind. Revolution die ehemaligen Lehensbauern und Päch- Das alte wunderliche Paar verschwand bald, und ter zu Einfluß und Wohlstand gelangt. Die Burg 1862 finden wir das Schloß im Besitz von Georg war von dem siebenten Hartmann Friedrich von Heinrich Päsi aus Zürich, eines Unterhändlers, der Breitenlandenberg an den Steckborner Tierarzt Dü- es wohl auf Spekulation gekauft hatte. Nach seinem ringer und den Landwirt Georg Hutterli in Sälen- baldigen Tode waren seine Erben, Frau und Tochter, stein übergegangen, von denen aber keiner ins froh, als sie im Jahre 1869 einen ernsthaften Käufer Schloß einzog. Sie verkauften es im Jahre 1 828 an fanden, der ihnen das Besitztum abnahm. den französischen Obersten Charles Parquin, der sich Der neue Besitzer war der Sachsen-Weimarische 1 822 mit einer Gesellschaftsdame der Königin Hör- Kammerherr Alexander von Herder, ein Enkel des tense auf Arenenberg, Louise Cochelet, verheiratet berühmten Dichterphilosophen Johann Gottfried hatte. Parquin war Offizier bei der kaiserlichen Herder. Er führte auf Salenstein mit seinen drei noch Garde gewesen; er konnte sich rühmen, jungen Töchtern ein sehr zurückgezogenes Leben, daß er ebenso viel Wunden erhalten, als geschlagen, denn kurz vor seinem Einzug ins Schloß war ihm und mit eigener Lebensgefahr das Leben des Mar- in Italien seine Gattin gestorben. In spätem Jahren schalls Oudinot gerettet habe. Seit 1 824 war er machte er oft Reisen nach Italien und Ägypten, wo- Besitzer des Schlosses Wolfsberg, wo er eine Frem- her er jedesmal interessante Altertümer mit heim- denpension einrichtete und führte, welche nament- brachte. Die baulichen Veränderungen, die er am lieh die französischen Gäste, die nach dem Arenen- Schloß auf der Südseite vornehmen ließ, wußte er berg kamen, anzog. Parquin, der das Schloß Sälen- leider nicht stilvoll dem schönen, fünfeckigen, mit- stein wohl mehr aus Spekulation gekauft hatte, ließ telalterlichen Schloß anzupassen. Er ist es auch ge- den jedenfalls zu jener Zeit arg verlotterten Südteil, wesen, der an der nordöstlichen Felswand unterhalb das sogenannte «Neuschloß», abbrechen und ver- dem Schloß den italienischen Spruch einhauen ließ: kaufen, wobei versichert wird, daß er von den kupfernen Dachrinnen am meisten profitiert hätte. «Contro gli amici mi guardero Dio Im Jahre 1836 beteiligte er sich an dem Straßburger Contro gli nemici mi guardero io.^> Putsch des Prinzen Louis Napoleon, und bald dar- auf brach über ihn der Konkurs hereind Zu deutsch: Offenbar muß die Herzogin von Friaul, bekannt «Vor Freunden schütze mich Gott, als andalusische Schönheit, in erster Ehe mit dem Vor Feinden schütz ich mich selbst.» 1813 bei Bautzen gefallenen Hofmarschall Napo- leons, Duroc, der, nebenbei bemerkt, die erste Liebe Herder muß in seinem Leben oft Enttäuschungen der Königin Hortense war, als eine der Gläubigerin- erfahren haben an seinen Freunden und Nahestehen- nen das alte Schloß an sich gezogen haben. Denn den, darum wohl dieser Spruch. Als der alte Herr nur so ist es erklärlich, daß ohne irgend welchen anfangs 1906 im Alter von 80 Jahren starb, ging Zwischenkauf der Gutsverwalter Bure als Bevoll- die schöne Burg von seinen Nachkommen käuflich mächtigter der Herzogin, damals mit Baron Fabier an Horst von Tippeiskirch aus Görlitz über. Dieser in Paris verheiratet, das Schloß im Jahre 1841 an kaufte noch einen Teil des Schloßhofes und etwas Kantonsrat Friedrich Ferdinand Ammann in Erma- Land hinzu, schmückte das Haus und die Hallen mit tingen verkaufte. In welchem Zustand sich das Kauf- afrikanischen und chinesischen Waffen und Prunk- objekt damals befunden haben mag, geht am deut- stücken, die er von seinen Reisen mitgebracht hatte, lichsten aus dem Kaufpreis hervor, der ganze 950 und mit einer reichhaltigen Schmetterlingssammlung. Gulden betrug. Der neue Besitzer, ein Sohn von Er verheiratete sich hier mit der Tochter des ehe- Anna von Breitenlandenberg und Neffe des letzten maligen Verwalters von Arenenberg, verwitweten Breitenlandenbergers von Salenstein, gleichzeitig Mathilde Schürch geb. Kodym, zog aber noch wäh- auch Altersgenosse und Freund des spätem Kaisers rend des Weltkrieges in sein deutsches Vaterland Napoleon III., mag sich wohl eher aus Pietät als aus zurück, nachdem er das Schloß im Jahre 1917 an finanziellen Chancen der Burg seiner mütterlichen Herr Wolfgang Tûrcke-Bebié, einen Schweizer, ver- Vorfahren angenommen haben. Er ließ das Schloß kauft hatte. Dieser jetzige Besitzer ist bestrebt, dem und seine Umgebung gründlich renovieren und ver- schönen, malerischen Bau den mittelalterlichen Cha- kaufte es im Jahre 1 849 an eine Engländerin, Lady rakter zu belassen. Mary Temple aus London, für 1 1 500 Gulden. Die So steht denn die alte Burg noch wohlgepflegt auf ihrem Felsenhorst. Ein Geschlecht um das an- * Näheres über Parquin siehe die Arbeit des Verfassers dere ist darauf verschwunden, sie aber hat allen «Das Schloß Wolfsberg unter Oberst Parquin und Louise Stürmen der Zeit zu trotzen vermocht und ist heute Cochelet» im «Thurgauer Jahrbuch 1933». noch eine Zierde der Gegend.

24 Beniitzte Quellen und Literatur Dr. E. Herdi: Die Schenken und die Dienstmannen von Sälen- stein, Manuskript für «Genealogisches Handbuch der Thurgauisches Urkundenbuch, Bd. 1 5, Frauenfeld 1882 Schweiz». bis 1938. Das Geschlecht von Salenstein (in «Thurgauer Zei- Nr. 54, II. Blatt, 1939). Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, 7 Bde., tung», Neuenburg 1921 1934. Dr. E. Leisi : Der Name «Salenstein» (in «Thurg. Beiträge für vaterländische Geschichte», Heft 74, Frauenfeld 193 7). J. R. Rahn: Die mittelalterlichen Architektur- und Kunst- denkmäler des Kantons Thurgau. Frauenfeld 1899. K. Kuhn: Thurgovia sacra, Geschichte der katholischen kirchlichen Stiftungen des Kantons Thurgau, 2 Bde., J. A. Pupikofer: Geschichte des Thurgau. 2 Bde. Frauenfeld Frauenfeld 1 869. 1886—1889. Dr. Otto Naegeli: Geschichte der Burg Salenstein (Manu- Der Kanton Thurgau («Gemälde der Schweiz», Heft skript). 17). St. Gallen und Bern 1837. Die Grabdenkmäler in der Kirche zu Ermatingen (in Bürgerarchive Salenstein und Fruthwilen. Heft 50 der «Thurg. Beiträge zur vaterländischen Ge- Dr. Johannes Meyer: Die Burgen und altern Schlösser am schichte», Frauenfeld 1910). Untersee von Reichlingen bis Salenstein (in Heft 3 1 Julius Studer: Die Edlen von Landenberg. Zürich 1904. der «Thurg. Beiträge für vaterländische Geschichte», Alfred L. Knittel: Die Reformation im Thurgau. Frauenfeld Frauenfeld 1891). 1929.

Heimetbode Von Bertha Neuhauser

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