Hörspiel Und Medienkunst 2016/1 Bayerischer Rundfunk Hörspiel Und Medienkunst Rundfunkplatz 1 80335 München

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Hörspiel Und Medienkunst 2016/1 Bayerischer Rundfunk Hörspiel Und Medienkunst Rundfunkplatz 1 80335 München Hörspiel und Medienkunst 2016/1 Bayerischer Rundfunk Hörspiel und Medienkunst Rundfunkplatz 1 80335 München Tel. 089 / 5900-42252 Tel. 089 / 5900-42262 Fax 089 / 5900-42671 [email protected] www.bayern2.de www.hörspielpool.de Redaktionsleitung: Herbert Kapfer Chefdramaturgin: Katarina Agathos Besetzungsbüro: Andrea Fenzl Sekretariat: Elena Sofocleous, Kristina Gabriel Lektorat und Dramaturgie: Christine Grimm Lektorat: Stephanie Metzger Redaktionelle Mitarbeit: Mira Alexandra Schnoor Cover: Michaela Melián, Electric Ladyland (Tusche, 29,7cm x 21cm) Bildnachweis: 2015 Kunsthaus Zürich (S. 1, 21), Frank Witzel (S. 5, 62, 63), Hartmut Geerken (S. 9), bpk/Sprengel Museum Hannover/Genja Jonas (S. 15), Deutsches Literaturarchiv Marbach (S. 16, 18), Oliver Losehand (S. 22), Thomas Meinecke (S. 24), Stefanie Ramb (S. 29), Leonore Mau (S. 30), Sönke Held (S. 34), Martin Douglas (S. 39), Suhrkamp Verlag (S. 40), Herbert Kapfer (S. 44, 45), Peter-Andreas Hassiepen (S. 49), Mariusz Bednarek (S. 51), Jordan Czamanski (S. 52), bpk/adoc-photos (S. 57), Michaela Melián (S. 58), BR/Ute Blasius (S. 60, S. 66), Gianni Plescia (S. 65). Druck: Aumüller Druck GmbH & Co. KG Verantwortlich für den Inhalt: Herbert Kapfer Plakat zur Eröffnung der Künstlerkneipe „Voltaire“ am 5. Februar 1916 von Marcel Slodki Dadaland 1916, Ladyland 2016 Anfang 1916, kurz nachdem Karl Lieb- vorgetragen von Kandinsky, Else Lasker- schen Ausdruck solch „modernen un- knecht und Rosa Luxemburg in Berlin Schüler, Blaise Cendrars, Jakob van Hod- glücklichen Bewußtseins“ führte er die Gruppe Internationale gegründet dis u.a. Doch schon am 11. Februar ver- Walter Serners Dada-Manifest Letzte Lo- hatten und wenige Wochen bevor an der merkte Ball in seinem Tagebuch Die ckerung an und ortete eine unterirdische Westfront die Kämpfe um Verdun began- Flucht aus der Zeit: „Huelsenbeck ist an- „Inspirationsgemeinschaft“ zwischen nen, kündigte in Zürich eine Pressenotiz gekommen. Er plädiert dafür, daß man Dadaismus und Heideggerscher Exis- die Gründung eines Künstlertreffs an: den Rhythmus verstärkt (den Negerrhyth- tenztialontologie. Eine völlig andere In- „Cabaret Voltaire. Unter diesem Namen mus). Er möchte am liebsten die Literatur terpretation lieferte Hubert van den Berg hat sich eine Gesellschaft junger Künst- in Grund und Boden trommeln.“ – Zeilen, in seiner Bestandsaufnahme Avantgarde ler und Literaten etabliert, deren Ziel es aus denen erkennbar wird, dass die und Anarchismus. Dada in Zürich und ist, einen Mittelpunkt für die künstleri- Künstler, die sich wenig später als Dada- Berlin, 1999. Am Beispiel von Ball zeigte sche Unterhaltung zu schaffen.“ isten bezeichneten und in der Folgezeit in er, dass der Anarchismus weniger der Le- Genf, Berlin, Paris, New York, ja global in gitimation dadaistischer Destruktivität Hugo Ball Erscheinung treten sollten, mehr im Sinn diente als der Begründung avantgardis- Der Hauptinitiator des neuen Treffs, hatten als Unterhaltung. tischer „neuer Kunst“ und der Utopie ei- Hugo Ball, notierte in seinem Tagebuch nes „neuen Lebens“. über den Eröffnungsabend am 5. Februar Explosionen der Woche 1916: „Das Lokal war überfüllt; viele Richard Huelsenbeck skizzierte 1918 für Medientechnik im Kriegsdienst konnten keinen Platz mehr finden. Gegen das Dadaistische Manifest, worum es Ob Performance, Fluxus, Happening, Ak- sechs Uhr abends, als man noch fleißig ging: „Die Kunst ist in ihrer Ausführung tions- oder Destruktionskunst, Pop Art hämmerte und futuristische Plakate an- und Richtung von der Zeit abhängig, in usw., die wesentlichen Formen, Ideen brachte, erschien eine orientalisch aus- der sie lebt, und die Künstler sind Krea- und Bewegungen, die sich im vergange- sehende Deputation von vier Männlein, turen ihrer Epoche. Die höchste Kunst nen Jahrhundert in allen Disziplinen – Mappen und Bilder unterm Arm; viel- wird diejenige sein, die in ihren Bewußt- ob Literatur, Musik, Film oder bildende mals diskret sich verbeugend. Es stellten seinsinhalten die tausendfachen Proble- Kunst – entwickelt haben, führen zu den sich vor: Marcel Janco der Maler, Tristan me der Zeit präsentiert, der man anmerkt, Züricher Dadaisten und den italieni- Tzara, George Janco und ein vierter Herr, daß sie sich von den Explosionen der schen Futuristen. So vielfältig aber die dessen Namen mir entging. Arp war zu- letzten Woche werfen ließ, die ihre Glie- Dadaisten einzeln und in Gruppen agie- fällig auch da und man verständigte sich der immer wieder unter dem Stoß des rend neue künstlerische Techniken und ohne viel Worte.“ Dass aus der Initiative letzten Tages zusammensucht.“ Es sind Formen erprobten, so rudimentär, nur in einiger europäischer Künstler, die sich statements, die noch heute jenen Assozi- Print-Form, ist ihr Wirken dokumentiert. aus ihren Heimatländern in die Schweiz ationsraum anreichern, in dem viele Ver- Akustische und filmische Dada-Aufzeich- abgesetzt hatten, eine Kunst- oder Anti- bindungslinien vom Cabaret Voltaire zur nungen existieren nicht, die Medientech- Kunst-Richtung hervorgehen sollte, die Popavantgarde der Gegenwart gezogen nik stand im Kriegsdienst. Die Auftritte 100 Jahre später verschwommen als eine werden und alles mit allem zusammen- eines Stöckchen schwingenden, Gedichte Art Urknall der modernen und der popu- hängt. Die populärste Publikation derar- brüllenden Huelsenbeck sind ebenso nur lären Kultur in der Erinnerung haften tiger Jahrhundertverbindungen stammt als Beschreibungen überliefert wie Balls würde, dies entsprach sicher nicht den von Greil Marcus. Sein 1989 veröffent- legendärer Auftritt als magischer Bi- Absichten der Zürcher Dadaisten in der lichtes Buch Lipstick Traces. A secret his- schof im kubistischen Pappkostüm. „Das Spiegelgasse. tory of the twentieth century schlug den laute Rezitieren ist mir zum Prüfstein Bogen von Huelsenbeck zu Sid Vicious, der Güte eines Gedichts geworden“, no- Cabaret Voltaire von Dada, über die Lettristen und Situa- tiert Ball im März 1916, „und ich habe „Während in der Ferne der Donner der tionisten bis zum Punk. mich (vom Podium) belehren lassen, in Geschütze grollte, sangen, malten, kleb- welchem Ausmaße die heutige Literatur ten, dichteten wir aus Leibeskräften“, Letzte Lockerung problematisch, das heißt am Schreibti- heißt es in Hans Arps Text Dadaland: Doch registrierte Peter Sloterdijk schon sche erklügelt und für die Brille des „Wir suchten eine elementare Kunst, die sechs Jahre zuvor in seiner Kritik der Sammlers, statt für die Ohren lebendiger den Menschen vom Wahnsinn der Zeit zynischen Vernunft „eine unterirdische Menschen gefertigt ist.“ heilen und eine neue Ordnung, die das Linie durch die Haßkultur unseres Jahr- Gleichgewicht zwischen Himmel und hunderts – von Dada bis zur Punk- Dada 100 Hölle herstellen sollte.“ In den ersten Ta- Bewegung und zur nekrophilen Automa- Für ebensolche Ohren ist die Sendereihe gen des Cabaret Voltaire wurden Verse tengestik des New Wave.“ Als exemplari- Dada 100 mit insgesamt neun Sendeter- 2 minen konzipiert. Sie ist keine kulturge- Auf dem Festival intermedium 2 im ZKM operation mit BR Hörspiel und Medien- schichtliche Dokumentation, in ihrem in Karlsruhe präsentierten der Schrift- kunst produziert wurde. Memory Loops Mittelpunkt stehen vielmehr Hörspiel- steller und F.S.K.-Musiker Thomas Mei- ist ein Denkmal für die Opfer des Natio- produktionen des BR, die auf der Grund- necke, der Musiker David Moufang und nalsozialismus in München und basiert lage unterschiedlicher Texte – Prosa, Ma- Melián gemeinsam die multimediale, „so- auf akribischen Recherchen der Künstle- nifest, Partitur – dadaistischer Künstler nisch generierte, visuell projizierte, ver- rin und historischen Originaltönen von entstanden sind: Hugo Balls Roman Fla- bal modulierte Erzählung“ Konvent zu NS-Opfern und Zeitzeugen. Kernstück des metti oder vom Dandysmus der Armen, einem Schriftstellertreffen im Literari- Kunstwerks ist die Website memoryloops. den der Autor selbst als eine „Glosse zum schen Colloquium Westberlin 1964. net, auf der das gesammelte Erinnerungs- Dadaismus“ bezeichnet, und sein Roman- material in Form von 300 deutschen und Konvolut Tenderenda der Phantast, Ri- Föhrenwald 175 englischen Tonspuren zum Download chard Huelsenbecks expressionistische 2005 produzierte Melián ihr erstes eige- bereit liegt. BR Hörspiel und Medien- Novelle Verwandlungen und sein dadais- nes und mit einer Ausstellung im Kunst- kunst, die Münchner Kammerspiele und tischer Roman Doctor Billig am Ende, der raum München verbundenes Hörspiel der Badische Kunstverein und waren nur in Teilen veröffentlichte Schlüsselro- Föhrenwald zu der Mustersiedlung, die 2014 die Produzenten von Meliáns Projekt man Hyle von Raoul Hausmann aus der in der Nazizeit gebaut wurde. Sie diente IN A MIST, das von einer Archiventde- Zeit der Emigration, das Manifest Letzte als Lager für Arbeiter der Munitionsfab- ckung in Moskau ausging, dem Theater- Lockerung und der Roman Die Tigerin riken in Geretsried und wurde nach dem stück Fritz Bauer. Das 1928/29 von einer von Walter Serner sowie Die Ursonate Kriegsende ein Auffanglager für dis- Gruppe sowjetischer Künstler verfasste von Kurt Schwitters, BR/WDR 1989. placed persons, in dem Überlebende des Stück, zeichnete ein propagandistisches Holocausts Jahre zubrachten, auf Aus- Bild damaliger Verhältnisse in Bayern. Michaela Melián reise nach Israel oder Amerika hoffend. Eine andere Sendereihe im Halbjahr Meliáns Kunstprojekt Föhrenwald, bei Electric Ladyland 2016-1 ist Michaela Melián gewidmet. dem das Hörspiel den Soundtrack einer Die Ursendung des neuen Hörspiels Elec-
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