Folge 43 Vom 24.10.1987
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Heute auf Seite 3: Die Hunde bellen... UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND Erscheint wöchentlich Jahrgang 38 — Folge 43 Landsmannschaft Ostpreußen e.V. Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt 24. Oktober 1987 Parkallee 84/86, 2000 Hamburg 13 C5524C EKD: Ostdenkschrift Nr. 2? Der Antikommunismus als Sünde und die Kollektivschuld 1965 wurden Weichen gestellt: Die Ost• denskonferenz") verpflichteten Ostblock- denkschrift der Evangelischen Kirche in Geistlichen in Beienrode macht deutlich, in Deutschland (EKD) unter dem Titel .Zur Lage welche Richtung die geplante, generalstabs- der Vertriebenen und das Verhältnis des deut• mäßig vorbereitete neue Ostdenkschrift schen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn" gehen soll: Weil wir immer noch nicht ent• bereitete den Boden für eine neue Ostpolitik schieden genug umgekehrt seien .von allen insbesondere von Sozialdemokraten und Li• falschen und bösen Wegen, aufweichen wir als beralen, die dann Ende der 60er und Anfang Deutsche in unserem politischen Wollen und der 70er Jahre zu einem faktischen Verzicht Handeln in die Irre gegangen sind", so heißt es auf Wiedervereinigung in Form der Ostver• in dem Beienroder Papier, müsse die Schuld träge führte. gegenüber den Völkern der Sowjetunion, die Jetzt wollen starke Kräfte in der EKD erneut bislang .eher verdrängt als bekannt" worden in den Fahrplan der Geschichte eingreifen. sei, eingestanden werden: .Der Antikommu• Eine zweite Ostdenkschrift soll her, diesmal nismus nach innen wie nach außen bestimmt speziell dem Verhältnis der Deutschen zur nach wie vor das Denken und das Handeln Sowjetunion gewidmet. Die westfälische weiter Kreise in Kirche und Gesellschaft." evangelische Kirche beispielsweise richtete Zur Einschwörung auf diese teutonische 1985, ermutigt durch .die mutige und be• Verfehlung schrecken die Propagandisten der freiende Klarheit" der Rede des Bundespräsi• neuen Denkschrift nicht einmal davor zurück, Zeichnung aus .Die Welt" denten zum 8. Mai, per einstimmigen Syn• die alte Kollektivschuld-These aus dem Ma• odalbeschluß die Aufforderung an die EKD, gazin zu zerren. So heißt es etwa in dem 1986 das Thema einer neuen Ostdenkschrift .vor• von der Solidarischen Kirche Westfalen und Wenn Moskau die deutsche Karte spielt rangig zu behandeln". Die rheinische Kirche Lippe herausgegebenen Sammelband „Brük- zog wenig später nach. Auch die West-Berli• H. W. — „Ein alerter Anwalt, Vertreter der sensationslüsterne und pietätlose Vermark• ken zur Verständigung", dem in diesem Zu• CDU im Untersuchungsausschuß, riß die ner Synode reihte sich ein. Zusätzlich waren tung des toten Uwe Barschel ist vollends ein sammenhang eine besondere Bedeutung bei• Schleuse zur endgültigen Voruntersuchung die Evangelische Akademikerschaft und die Skandal." kommt: „Wenn in Stuttgart (Schuldbekennt• auf. Minister, die in Barscheis Kabinett gute Kirchliche Bruderschaft in Württemberg be• Mit diesem Satz wollen wir es heute bewen• nis von 1945, d. Red.) für das Kollektiv der Kir• Tage hatten, rührten keine Hand, die Lawine den lassen, auch, wenn wir meinen, daß der teiligt, als vor allem linksorientierte kirchliche che Schuld bekannt worden ist und die Nation zu stoppen, obwohl Barschel noch nicht selbst Fall Barschel eine Langzeitwirkung haben Kreise im Frühjahr dieses Jahres eine Thesen• weiterhin ein vergleichbares Kollektiv dar• in Kiel antworten konnte", schrieb „Die Zeit" wird. Die Umstände um den Tod Barscheis reihe über .Versöhnung und Frieden mit den stellt ..., muß eine solche Aussage auch für das zum Tode Uwe Barscheis und über die Qualität haben jedoch, so jedenfalls glauben wir, das In• Völkern der Sowjetunion" vorlegten. Kollektiv des Volkes möglich sein... Ich weiß der deutschen Politik. teresse für den „Bericht zur Lage der Nation", Das Memorandum, seinerzeit in Bonn unter also nicht, was die Gemüter erregt, wenn die Niemand könnte heute, so sagte Bundes• den der Kanzler vor dem Bundestag erstattete anderem vom Berliner Altbischof Scharf und Kollektivschuld wiederholt wird..." (Volkmar kanzler Kohl am letzten Wochenende in und der zu einer ausführlichen Aussprache dem Heidelberger Theologie-Professor Wolf• Deile von der .Aktion Sühnezeichen"). Hamburg — ein abschließendes Urteil „wer führte, etwas in den Hintergrund treten lassen, gang Huber vorgestellt, enthält eine Ableh• schuldig geworden ist" und „wer sich geirrt hat" obwohl gerade dieses Thema unsere ganz be• nung der Abschreckungsstrategie, eine deut• Die kollektive Schuldanerkennung, so rechnen es sich die ideologisierenden Planer fällen. Deswegen wolle man sich um Wahrheit sondere Aufmerksamkeit verdient. liche Absage an den Antikommunismus und der zweiten Ostdenkschrift offensichtlich aus, und Aufklärung bemühen. Doch der Kanzler die Forderung nach einer ost-westlichen .Si• Die Beurteilung der Kanzlerrede ist unter• wird dazu führen, daß Antikommunismus von hat in diesem Zusammenhang ein Wort von cherheitspartnerschaft". schiedlich, man schrieb, fast mit Neid habe die der EKD zukünftig als Sünde betrachtet wird. besonderer Bedeutung gesprochen: „Die Hetz- Im vergangenen Monat hat nun auch der Opposition die Früchte einer von ihr eingelei• Wohin eine solche neue Weichenstellung po• jagd auf den lebenden Uwe Barschel, bei der es „Beienroder Konvent", 1949 von Mitgliedern teten Ostpolitik registriert und letztlich be• litisch führen kann, ist unschwer auszumalen. nicht um Wahrheit ging, sondern um .fertig• der ehemaligen Bekennenden Kirche Ost• grüßen müssen. Die Lage im geteilten A. G. machen' — diese Hetzjagd war schlimm. Die Deutschland habe sich, hier waren Regierung preußens gegründet, nachgezogen und auf und Opposition einig, gebessert und zweifels• seiner Tagung in Beienrode bei Königslutter ohne mag das innerdeutsche Verhältnis von bei zwei Enthaltungen und ohne Gegenstim• der weltpolitischen Großwetterlage profitiert me eine Erklärung angenommen, in den eben• Ostverträge: haben. falls eine neue EKD-Ostdenkschrift gefordert Wie aber ist es bestellt, wenn bei tatsächli• wird. cher Aufhellung der Großwetterlage „in Interessant ist ein Blick auf die Liste der rund Deutschlandpolitik der Liberalen außerdeutschen Denkfabriken schon weiter 120 Teilnehmer dieser Tagung: Der Ost-Berli• gedacht ist, als in Bonn für möglich gehalten ner Theologie-Professor Bassarak beispiels• Sollen Vertreibung und Annexion doch noch anerkannt werden? wird", schreibt die „Frankfurter Allgemeine" weise findet sich darauf, ebenso Botschaftsse• und knüpft daran die Frage, wie es dann um die kretär Pawlow von der sowjetischen Botschaft Zu Ausführungen des F.D.P.-Fraktionsvor- der Ostverträge und dessen Auslegung durch Kanzlerpartei bestellt sein wird. in Bonn. Vier Teilnehmer waren aus Polen an• sitzenden Wolfgang Mischnick vor der Fried• den seinerzeitigen Bundesaußenminister und gereist, drei aus der CSSR, zwei aus Ungarn. rich-Naumann-Stiftung zum Thema „Deutsch• F.D.P.-Parteivorsitzenden Walter Scheel, der Die gelegentlich gehörte lapidare Feststel• Hingegen waren lediglich 15 ehemalige ost• landpolitik der Liberalen" erklärte der Vize• ausdrücklich die Interpretation der Ostverträ• lung, die Regierungserklärung sei über die üb• preußische Pfarrer und einige wenige Ge• präsident des Bundes der Vertriebenen und ge als Anerkennungsverträge entschieden zu• lichen Standardsätze nicht hinausgekommen, meindemitglieder unter den Anwesenden. Bundesvorsitzender der Landsmannschaft rückgewiesen hat. Mischnick sollte nur zu gut möchten wir so nicht stehen lassen. Kohl hat Verständlich daher, daß die .Gemeinschaft Schlesien Dr. Herbert Hupka, dem Vorsitzen• wissen, daß der Deutschlandvertrag der drei die Forderung des Grundgesetzes nach Voll• evangelischer Ostpreußen" dazu erklärt hat: den der F.D.P.-Bundestagsfraktion, Wolfgang Westmächte und der Bundesrepublik Deutsch• endung der Einheit und Freiheit Deutsch• .Wir bestreiten, daß der .Beienroder Konvent' Mischnick, sei zuzustimmen, wenn er gegen land von Deutschland als Ganzem ausgehe lands betont. Frau Wilms hat über den eigent• namens der Ostpreußischen Bekennenden neutralistische Tendenzen, eine Position der und die Entscheidung über Deutschlands lichen Rahmen eines innerdeutschen Mi• Kirche spricht." Äquidistanz oder gar ein Abdriften ins soziali• Grenzen ausdrücklich einem Friedensvertrag nisteriums (so, wie manche ihn aufgefaßt wis• Die Teilnahme von Sowjet-Diplomaten, stische Lager Front mache. Es sei jedoch hef• vorbehalte. sen wollen) hinaus an die Deutschen jenseits SED-Wissenschaftlern und einer einseitigen tigster Protest vorzubringen, wenn in dersel• der Oder und Neiße und an deren schweres kirchenpolitischen Richtung (.Prager Frie- ben Rede Deutschland nur auf die Bundesre• Hupka führte aus: „Wer in einer durch Schicksal erinnert und nicht zuletzt hat der publik Deutschland und die DDR verkürzt nichts zu rechtfertigen Vorleistung auf einen Abgeordnete Dr. Czaja, Präsident des Bundes werde. „Mischnick meint davor warnen zu künftigen Friedensvertrag die Einigungsfor• der Vertriebenen, auf die rechtlichen, politi• müssen, auch aus Gründen der Rücksicht• mel der Siegermächte auf Deutschland in den schen und geschichtlichen Pflichten für ganz Aus dem Inhalt Seite nahme auf den Westen, eine Politik, die von Grenzen von 1937 aufkündigt, rechtfertigt Deutschland hingewiesen und es als Verfas• ganz Deutschland in allen seinen Teilen aus• Vertreibung und Annexion, also Verbrechen sungsauftrag für freiheitlich-demokratische Goebbels Tagebücher geht, zu betreiben. In Übereinstimmung mit gegen die Menschlichkeit und das Völker• Parteien bezeichnet, Deutschland wieder