Profil Der Tertiärsedimente Im NE-Teil Des Dietrichsberg-Maar
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Tertiär Profil der Tertiärsedimente im NE-Teil des Dietrichsberg-Maar Abb. 113: Bohrprofil aus dem Dietrichsberg-Maar nach Seifert 2002 und Gümbel & Mai 2007 (erbohrt bei den Nacherkundungen im Jahr 1989) 114 Tertiär Abb. 114: Schalenreste von zwei kleinen Süßwasserschnecken (Gyraulus sp. /flaches Posthörnchen) ser ein Maarsee (Abb. 112c). Durch Regen wurden leuchteralgen (Chara) belegt (Gümbel & Mai 2007). die feineren vulkanischen Auswurfprodukte (Tuff, Insgesamt lässt diese Fossilgemeinschaft auf einen Aschen) und die Verwitterungsprodukte der Maar- vorhandenen Uferbereich im Dietrichsberg-Maar hänge wieder in den See gespült, wo dann mächtige schließen und deutet auf ein stehendes Gewässer hin. geschichtete Tuffit-Ablagerungen entstanden und in Jedoch lassen Hinweise auf Kieselgurschichten (Sei- Ruhephasen des Dietrichsberg-Vulkans lagerten sich fert 2002) in der ersten dysodilen Abfolge (Abb. feinschichtige Dysodile (Faulschlammgesteine) ab. 113), unterhalb des zweiten Tuffit-Lagers, auf eine So kam es zur Bildung einer Wechselfolge (Abb. 113) Seephase mit noch klarem Süßwasser schließen. von zum Teil mächtigen Tuffit-Lagern und dysodilen Bei dem feinschichtigen, weiß bis dunkelgrauen Ablagerungen im Maarsee. (Für die Schichtglieder Kieselgur handelt es sich wahrscheinlich um Diato- der dysodilen Ablagerungen gibt es in Publikationen meenschlamm, der vorwiegend aus Überresten von ein Vielfaches an Bezeichnungen: Dysodil, Papier- Kieselalgen und Süßwasserschwämmen besteht. Pa- schiefer, Algenlaminit, Blätterkohle, Blätterschiefer, läontologische Untersuchungsergebnisse über diese Tonstein, Karbonatgyttja oder Ölschiefer.) kieseligen Mikrofossilien liegen bisher noch nicht vor. Über das Leben am ehemaligen Maarsee Über dem fossilführenden Tuffit folgen wieder -dy sodile Sedimente, an deren Basis sich ein rot- bis Belege für eine erste Besiedelung des Maarsees wur- schwarzbrauner, kompakter Papierschiefer (Abb. den durch fossile Makroreste aus dem Basisbereich 115) mit einer Mächtigkeit bis zu 30 cm befindet. des zweiten Tuffit-Lagers (Abb. 113) erbracht. Hier- Hierbei handelt es sich um eine sehr feinschichtige zu gehören die Gehäuse der kleine Süßwasserschne- und brennbare Variation des Ölschiefers. Da zur Bil- cke „Gyraulus“ (Gyraulus sp. – flaches Posthörnchen, dung dieser Ölschiefervarietät vor allem die Grünal- Abb. 114), Muschelkrebse (Ostracoden) und Über- gen Tetraedron und Pediastrum beigetragen haben, ist reste von Fischen (Schlundzähne von kleinen Karp- die wissenschaftliche Bezeichnung „Algenlaminit“ fenfischen, Cypriniden). am zutreffendsten. Jedoch ist für diesen auf Grund Die fossile Flora aus dem Tuffit wird durch Pflan- seines markanten Erscheinungsbildes (Abb. 115) zenreste (Samen, Früchte und Blattreste) von Zimt heute die Bezeichnung Papierschiefer am gebräuch- (Daphnogene), Laichkraut (Potamogeton), Sauergrä- lichsten. Die Algenlaminitfazies gilt als eutrophes sern (Scirpus), Hartriegel (Swida, Cornus) und Arm- Stadium (Algenblüte) des Maarsees und ist der fossil- 115 Tertiär reichste Horizont der Maarsedimente (Böhme 1996, ner alten Sandgrube am „Hohen Rain“ (Bohnäcker, weitere Hinweise auf Fossilien bei Geyer et al. 1999 ca. 650 m über NN) zwischen Roßberg und Ump- und Müller 1989). Entsprechend der Mächtigkeit fen bei Kaltennordheim. Der Fund einer Fluss- bzw. der nachgewiesenen mesozoischen Gesteinsschich- Weichschildkröte Trionyx (Böhme 1995) bestätigt ten und der flächigen Ausbreitung des Papierschie- aber, dass es in unmittelbarer Nähe des Maares einen fers hatte der See einen Durchmesser von ca. 800 m Flusslauf gegeben haben muss. Der paläobotanische und könnte eine maximale Wassertiefe von bis zu Befund (Gümbel & Mai 2007) gibt ebenso keine 150 m erreicht haben. Fossile Belege für eine Tier- Bestätigung auf einen Gewässerzufluss in den Maar- und Pflanzenwelt am Boden des Maarsees (Benthos) see. Der überwiegende Teil der fossilen Pflanzenreste fehlen gänzlich, was für eine Ablagerung des Algen- wird durch flugfähige Pflanzenreste belegt (Flügel- laminit in der fast sauerstofffreien Tiefenzone des früchte und Fiederblätter). Die typischen Vertreter Sees spricht. Alle bisherigen Fossilfunde ermöglichen aus den Braunkohlemooren der Niederungen wie die nur eine Beurteilung der höheren sauerstoffreicheren Sumpfzypresse Glyptostrobus und die Aloeblättrige Wasserschichten und des näheren Maarumfeldes. Krebsschere Stratiotes, welche über einen Gewässer- Zudem hat es den Anschein, dass das Maar durch zulauf in den Maarsee hätten gelangen können, fehlen seine steilen Hänge und den Ringwall eher eine eigene völlig. Auch wenn es bislang keine direkten Hinwei- „Öko-Nische“ in der prähistorischen Landschaft dar- se auf einen Zulauf gibt, so muss es aber Zuwande- stellte. Ein direkter Anschluss an das tertiäre Fluss- rungsmöglichkeiten für Fische, wahrscheinlich über system ist ebenso auszuschließen, da es bislang keinen einen stärkeren Abfluss in Regenzeiten, gegeben ha- Nachweis für einen sedimentären Eintrag in das Maar ben. Die Fischfauna der Algenlaminitfazies wird nur gibt. Reste von Sand- und Kiesablagerungen dieses durch zwei Cypriniden-Arten belegt, Palaeoleuciscus Flusssystems findet man heute nach 22 km Luftlinie dietrichsbergensis (Elritze, Abb. 116) und untergeord- in südöstlicher Richtung vom Dietrichsberg, in ei- net (sehr selten) Palaeotinca egeriana (Schleie). Abb. 115: Papierschiefer (Algenlaminit) vom Dietrichsberg 116 Tertiär Abb. 116: Palaeoleuciscus dietrichsbergensis (Karpfenfisch) Fundstellen der Gattung Palaeoleuciscus sind vor al- pitel 2.4) sehr häufig waren, fehlen im Dietrichsberg- lem aus vulkanisch geprägten Gebieten Mitteleuro- Maar fast gänzlich (fragmentärer Beleg, Karl 1996) pas bekannt geworden. Die Gattung ist in fast allen – was darauf deuten könnte, dass der Maarsee am Lokalitäten des Braunkohlen-Tertiärs der Rhön ver- Dietrichsberg nur durch eine Population der Braun- treten (Böhme 1996, Gümbel 2006, 2007). Ihre An- frösche zum Laichen aufgesucht wurde und andere passungsfähigkeit an schlechtere Lebensbedingun- Maarseen, wie der im Klings-Maar, nur von Alt- gen ermöglichte ihnen auch eine Ansiedlung in dem fröschen als Laichgewässer genutzt wurde. Demge- durch sporadische und saisonale Algenblüte gepräg- genüber hatten sich die fossilen Altfrösche aber auch ten See des Dietrichsberg-Maars. Bei der Untersu- an ein Leben im Wasser angepasst, so dass ihre ext- chung der fossilen Fischfauna konnte nachgewiesen reme Seltenheit mehr für die schlechteren Lebensbe- werden, dass sich die Fischpopulation der Palaeo- dingungen im Maarsee des Dietrichsberges spricht. leucisceiden durch Veränderung ihrer Lebensweise Zur Nahrungsaufnahme sind die fossilen Braunfrö- ein Überleben im Maarsee sicherte. Sie reagierten sche wahrscheinlich, ähnlich wie ihre rezenten Ver- mit vorzeitiger Geschlechtsreife und Verringerung treter, nachts auf Insektenjagd gegangen. der Körpergröße (Pädomorphie, Böhme 1996). Da- durch wurde der Lebenszyklus zwar verkürzt aber Insekten sind bislang die artenreichste Faunengrup- die Überlebenschance der Population erhöht. Die pe des Dietrichsberg-Maars (Böhme 93a), welche u. Nahrungsaufnahme der Fische erfolgte hauptsäch- a. mit Prachtkäfern (Buprestidae), Blatthornkäfern lich von der Wasseroberfläche, wobei sich das Nah- (Scarabaeidae), Rüsselkäfern (Curculionidae), Blatt- rungsspektrum vor allem auf Pflanzenreste (Samen) käfern (Chrysomelidae, Abb. 117), Ameisen (Formi- und Insekten beschränkte. cidae, Abb. 118), Zweiflüglern (Diptera), Schmet- terlingen (Lepidoptera) und Libellen (Odonata) Für Amphibien hatte das Maar wohl ebenfalls genü- vertreten ist. Bei der Insektenfauna ist auffällig, dass gend Lebensraum zu bieten, was Funde von Frosch- bislang keine Funde von Wasserinsekten gemacht resten belegen. Bei den Froschresten handelt es sich wurden, was ebenfalls für eine schlechte Wasserqua- hauptsächlich um einen Vertreter aus der Gruppe lität im Maarsee spricht. Wahrscheinlich ist auch, der Braunfrösche, welcher als fossile Art (Rana cf. dass der Uferbereich des Maarsees als Lebensraum temporaria, Böhme 2001) den ältesten Vertreter des nicht ausreichte. Die hohe Anzahl von Käfern deutet heute lebenden Grasfrosches (Rana temporaria) re- darauf hin, dass die bewaldeten Maarhänge in ers- präsentiert. Die Palaeobatrachiden (ausgestorbene ter Linie als Lebensraum für die Insekten dienten. Altfrösche), welche im Kaltennordheimer Braun- Das reichhaltige Insektenangebot führte wohl auch kohlenbecken und im Maarsee bei Klings (siehe Ka- dazu, dass sich in den Hangwäldern des Maarkessels 117 Tertiär Fledermäuse aufhielten. Die Fledermausfunde vom Dietrichsberg werden zur Gattung Mausohr (Myotis) gestellt (Böhme, 1993a) und gelten bislang als ein- ziger Nachweis von Säugetieren am Dietrichsberg- maar. Bissspuren an einem fossilen Fledermausrest deuten aber darauf hin, dass die bewaldeten Maar- hänge auch von anderen Säugetieren als Jagdrevier genutzt wurden. Ebenso, nur durch indirekte Belege, konnten Vögel nachgewiesen werden. Der Fossilbe- stand aus dem Dietrichsberg-Maar enthält eine nicht unbeträchtliche Anzahl an kleineren Kothäufchen (Koprolithen), teilweise mit Fischresten, welche ne- ben der Weichschildkröte wohl Vögel beim Fisch- fang im Maarsee hinterließen. An Pflanzen konnten für das Habitat Dietrichs- berg-Maar bei neusten Untersuchungen 29 Arten Abb. 117: Überreste eines Blattkäfers an Hand von Makroresten (Samen, Früchte, Blät- (Chrysomelidae) ter) nachgewiesen werden (Gümbel & Mai 2007). So gab es am Maarsee eine Flachwasserzone mit einer Sumpfgesellschaft