uellen- Leitfaden

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Quellen-Leitfaden Impressum

Die Deutsche Bibliothek – CIP – Einheitsaufnahme Quellen-Leitfaden /[Hrsg.: Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz. Red.: Herbert Kiewitz. Bearb.: Holger Schindler, Wolfgang Frey]. – 1. Aufl. Bearb.-Stand: April 2008. – Mainz: Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz, 2008 ISBN 978-3-933123-19-0

Herausgeber: Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (MUFV) Kaiser-Friedrich-Str. 1, 55116 Mainz

Redaktion: Dipl.-Ing. (FH) Herbert Kiewitz, Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz (LUWG)

Bearbeitung: ProLimno Dr. rer. nat. Holger Schindler und Dr.-Ing. Wolfgang Frey

Grafische Gestaltung und Satz: Tatjana Schollmayer (LUWG) gesetzt in: Adobe Garamond Pro und Frutiger Next LT CE

Druck: Grafisches Zentrum Mainz, Dekan-Laist-Straße 38, 55129 Mainz gedruckt auf: hochweiß matt Recycling aus 100% Altpapier (Envirotop + Mundoplus)

© 2008, Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz Kaiser-Friedrich-Straße 1, 55116 Mainz

Bearbeitungsstand: April 2008, 1. Auflage 3.000

Diese Broschüre kann beim Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz, Postfach 3160, 55021 Mainz, gegen eine Schutzgebühr von 5,- EURO bezogen werden.

Wichtiger Hinweis: Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung Rheinland-Pfalz herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch Wahlbewerberinnen und -bewerbern oder Wahlhelferinnen und -helfern im Zeit- raum von sechs Monaten vor einer Wahl zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europawahlen. Missbräuchlich ist während dieser Zeit insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken und Aufkleben parteipo- litischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zweck der Wahlwer- bung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. Inhalt

Die Ökologie der Quellen 1

Was ist eine Quelle, was ein Brunnen ? 2 Welche Bedeutung haben Quellen für uns ? 6 Faszination Quelle – ein eigenständiger Lebensraum 7 Wie sehen unsere Quellen aus ? – Einführung in die Quelltypologie von Rheinland-Pfalz 12 Die Sturzquelle (Rheokrene) 15 Die Sickerquelle (Helokrene) 16 Die Tümpelquelle (Limnokrene) 17 Die Wanderquelle (Migrakrene) 18 Geochemische Sondertypen 19 Welche Pflanzen gibt es in und an Quellen ? – Die Quellflora 23 Welche Tiere gibt es in und an Quellen ? – Die Quellfauna 27 Was geschieht mit unseren Quellen ? – Gefährdungsursachen 33

Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen 35

Das Kartier- und Bewertungsverfahren für die Quellstruktur 36 Der Kartierbogen für die Quellstruktur, Arbeitsmaterialien 37 Erläuterung zur Kartierung und Abgrenzung von Quellen 40 Erläuterungen zu den Merkmalsgruppen im Kartierbogen 41 Berechnung der Bewertungsklasse 64 Kartierung von Gewässerchemie, Flora und Fauna 65 Das Programm QABS 66 

Praktische Maßnahmen – Schutz und Revitalisierung von Quellen 67

Voraussetzung für spätere Maßnahmen: die Kartierung 70 Grundlegendes vor den eigentlichen Maßnahmen 71 Rechtliche Hintergründe und Fördermöglichkeiten 75 Maßnahmen im Wald 79 Maßnahmen im Offenland 81 Maßnahmen im Siedlungsbereich 85 Maßnahmen im Einzugsgebiet und Grundwasserschutz 87 Maßnahmen bei Quellfassungen 89 Revitalisierung einer gefassten Quelle: 90 Weitere Maßnahmen 93 Wie geht es nach den Maßnahmen weiter ? 97

Literatur und Ansprechpartner zu Quellen 99

II Quellen-Leitfaden 

Grußwort

Quellen werden seit jeher als Ursprung des Was- sers und – mythisch verklärt – als Ursprung des Lebens insgesamt angesehen. Als reinigende und Leben spendende Kraft werden sie mit Begriffen wie „Quell des Lebens“, „Quell der Jugend“ oder „Quell der Freude“ belegt. Brunnenheiligtümer im keltischen, römischen wie im christlichen Kulturkreis zeugen von einer hohen Wertschät- zung und kultische Handlungen wie das „Au- genauswaschen“ oder das Werfen von Münzen in Brunnen sind bis in die heutige Zeit erhalten geblieben. Im Sommer kühl und im Winter warm bie- ten Quellen einen Lebensraum für viele spezi- alisierte Organismen, die nur hier vorkommen. Aufgrund der langen Verweildauer des Quell- wassers im Boden ist seine Temperatur gleich- mäßig und auch der Sauerstoff- und Mineralien- gehalt verändert sich kaum. Quellen sind somit ein Ort von hoher Konstanz und Beständigkeit. Aber gerade diese Konstanz macht die Quellen auch zu sehr empfindlichen Biotopen. Bereits kleine Störungen können gravierende Verände- Heute sind die meisten Quellen jedoch rungen bewirken. Zudem weisen Quellen eine mehr oder weniger verändert, gefasst oder ver- hohe Artenvielfalt auf. Fast 500 wasserleben- rohrt. Deshalb gehören die Quellen und Quell- de Tierarten sind elementar auf intakte Quell­ bereiche mittlerweile zu den am stärksten be- lebensräume angewiesen. drohten Lebensräumen Deutschlands. Mittlerweile wurden in Rheinland-Pfalz etwa 500 Quellen untersucht, mit dem Ziel, mehr zu erfahren über Lebensgemeinschaften, struktu- relle Verhältnisse und die Gefährdungssituation. Unser Ziel ist daher die Wiederherstellung naturnaher Quellen in Rheinland-Pfalz, die ihre Funktion im Natur- und Wasserhaushalt erfüllen. Hier haben wir eine besondere Verantwor- tung auch im Hinblick auf die Artenvielfalt un- ter den sich verändernden Rahmenbedingungen des Klimawandels, denn Rheinland-Pfalz ist eines der Zentren in Mitteleuropa für Bachtiere, die keine große Wärmeschwankung vertragen. Der vorliegende Leitfaden orientiert sich an aktuellen, ökologischen Forschungsergebnissen und soll helfen, Gefährdungen und Schäden durch Eingriffe zu erkennen, zu verhindern und Maßnahmen für eine naturnahe Entwicklung

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz III zu ergreifen. Das Buch gibt praktische Hinwei- se zum Schutz, zur Pflege und zur Renaturierung der Quellen und bietet somit eine Arbeitsanlei- tung für Fachbehörden, Planungsbüros und den ehrenamtlichen Naturschutz. Damit erfahren die früheren Aktionen „Ret- tet die Quellen“ (BUND; 1995) und „Quellen im Biosphärenreservat Pfälzerwald“ (Ministeri- um für Umwelt und Forsten/BUND/Biosphä- renreservat Pfälzerwald; 1996) eine praxisnahe und anwendungsbezogene Fortsetzung. Das Bewertungs und Erfassungsprogramm zur On- line-Eingabe von untersuchten Quellen ist über die Internetseite http://www.quellenatlas.rlp.de erreichbar. Ich würde mich freuen, wenn der Leitfa- den viele Menschen dazu bringt, sich für unsere Quellen einzusetzen und das angebotene Kar- tier- und Bewertungsprogramm zu nutzen. Nur gemeinsam kann ein umfangreicher Überblick über die Quellen in Rheinland-Pfalz gewonnen und der naturnahe Zustand unserer Quellen er- reicht werden.

Margit Conrad Ministerin für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz, Rheinland-Pfalz Die Ökologie der Quellen Die Ökologie der Quellen

Was ist eine Quelle, was ein Brunnen ?

Quellen sind natürliche, entweder ständig oder zeitweilig fließende Grundwasseraustritte an der Erdoberfläche. Sie sind die sichtbaren Ursprün- ge der Bäche und Flüsse. Das Grundwasser fließt bereits vorher langsam unter der Erde in Rich- tung des Quellaustritts, um anschließend ober- irdisch mit höherer Geschwindigkeit im Quell- bach weiterzufließen. Folglich bildet die Quelle einen Übergang vom Grund- zum Oberflächen- wasser und ist eng mit dem Einzugsgebiet ver- knüpft. Am Wasseraustritt tritt das Wasser mit der Luft erstmalig in Kontakt. Quellen erstre- cken sich etliche Meter in den oberen Abschnitt des Quellbaches hinein. Der Lebensraum Quelle umfasst aber nicht nur den unmittelbaren Quellaustritt in Richtung des Bachabflusses, sondern auch die mehr oder we- niger direkte Umgebung des Wasseraustrittes in alle Richtungen mit sämtlichen Tieren und Pflanzen. Die Flächenausdehnung kann dabei beträchtlich sein und bei großen Sickerquel- len bis weit über 1.000 m2 betragen. Deswegen spricht man besser von einem „Quellbereich“. Die enge Verzahnung von Wasser und Land in den Quellbereichen verursacht dabei das Vorkommen unterschiedlicher Lebensge- meinschaften auf engstem Raum. Die dort le- benden Tiere und Pflanzen sind speziell an die vielgestaltigen Bedingungen in und an Quellen angepasst. Worin unterscheidet sich nun eine Quel- Natürlich austretende le von einem Brunnen ? Grundsätzlich tritt eine Quellen sind oft Quelle natürlich aus dem Erdboden, Fels usw. schwer zu finden. aus, während mit einem Brunnen Grundwasser „Ein Quellbereich ist ein lokaler oder für den menschlichen Gebrauch erschlossen wird. flächiger Grundwasseraustritt, der Damit verbunden ist die Ableitung des Grund- zumindest teilweise zu einem Abfluss wassers in Bauwerke wie Brunnenstuben, Rohre, führt, einschließlich der in diesem Rinnen oder Becken. Ein Brunnen ist als künst- Bereich lebenden Pflanzen und Tiere. lich hergestellte, technische Anlage zur Erfassung Zum Quellbereich gehören auch das den Grundwasseraustritt umgebende, von Grundwasser und Förderung von Trink- vernässte Gebiet mit seiner Vegetati- und Nutzwasser definiert. Damit sind Brunnen on und der Beginn des abfließenden künstliche Aufschlüsse von Grundwasser, Quel- Baches (max. 100 m)“ len dagegen natürliche Grundwasseraustritte. Die Trennung von Brunnen und Quelle war nach Krüger, 1996 in früheren Zeiten nicht eindeutig, was noch in Ortsnamen und Dialekten erkennbar ist. Dem- nach meint das Wort „Brunn“ bzw. „Bronn“

 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

eine frei abfließende Quelle, wobei historische Quellen sehr häufig, oft mit Rohr und Becken, gefasst sind. Die Quellfassung stellt den häu- figsten Brunnentyp in der freien Landschaft dar. In Ortslagen ist ein Brunnen in der Regel stark vom Menschen beeinflusst („Laufbrunnen“), sein Wasser kommt mitunter auch aus der Lei- tung, z. B. bei Springbrunnen, und fließt in der Regel gleich in die Kanalisation ab. Diese Brunnentypen haben mit natürlich austretenden Quellen nichts mehr gemein, be- sitzen aber oft kulturhistorischen Wert. In gefassten Quellen ist zuweilen dennoch eine quelltypische Lebensgemeinschaft anzutref- fen. Aus quellbiologischer Sicht sind vor allem alte Quellfassungen interessant, da sich bei ih- nen nach Jahren bis Jahrzehnten wieder eine „echte“ Quellfauna und -flora ansiedeln kann. Brunnen als gefasste Dies geht einher mit dem langsamen Verfall Quellen sind oft der Fassung, deren Bau vorher das Quellbiotop turschutz nicht bewusst. Die Fassung von Quel- Mittelpunkte mehr oder weniger zerstört hatte. Sie wird letz- len ist heute aus ökologischen Gründen verboten. dörflichen Lebens. ten Endes von der Natur wieder zurückerobert. Mittlerweile findet auch ein Gesinnungswandel Das Quellwasser sucht sich dann seinen eigenen bezüglich Natur und Ästhetik statt, so dass auch Weg über den Beckenrand, durch Spalten und natürlich austretende Quellen als schön empfun- Ritzen an der Fassung vorbei oder durch das be- den werden. Auch die Wartung und Pflege von nachbarte Gelände. Darum ist es wichtig, dass Fassungen wirkt sich über Alter und Zustand solche älteren Fassungen in Schutzüberlegungen entscheidend auf die Besiedlung aus. Alte, we- mit einbezogen werden. Ein geduldeter, lang- nig unterhaltene und verfallene Fassungen wei- samer Zerfall kann auf diese Weise alte Wunden sen oft eine quelltypische Besiedlung auf, wäh- wieder heilen. Die Restaurierung der Fassung ist rend neue und stark gepflegte Fassungen kaum Quellen sind oft in einem solchen Fall nur in kulturhistorischem besiedelt sind. gefasst, auch in freien Sinne zu befürworten, da die Erneuerung der Landschaft. Fassung ökologisch einem Neuausbau und so- mit einer Zerstörung des wieder entstandenen Quellbiotops gleichkommt. Die Fassung von Quellen war früher aus einem gut gemeinten, aber eher nutzungsge- prägten Naturverständnis heraus üblich, in- dem man die Quelle vor „Verwilderung“ schüt- zen und „sichern“ wollte. Dies wird erkennbar, wenn als Naturdenkmal ausgewiesene Quellen gefasst sind. Diese Sichtweise entspricht eher dem Denkmalschutz als dem Naturschutz. Als Schutzgut wird im Wesentlichen nur der anorganischen Teil der Quelle angesehen – das Quellwasser. Zum umfassenden Bild einer Quel- le gehört aber auch ihr belebter Teil, den es heute um so dringlicher zu schützen gilt. Man war sich der Folgen des Eingriffs lange Zeit selbst im Na-

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz  Quellen gelten als heilige Orte und Kultstätten, von denen zahl- reiche Sagen und Legenden berichten. Als wichtige Trinkwasserlie- feranten bildeten sie die Kernpunkte menschlicher Siedlungstätig- keit. Ortsnamen wie Heilbronn, Eppenbrunn oder Alsenborn zeugen noch heute davon. Ihrem Wasser wird oftmals eine reinigende oder heilende Wirkung zugeschrieben. Die folgenden Beispiele zeugen von der kulturhistorischen Bedeu- tung rheinland-pfälzischer Quellen.

„Vom Brubbel bis zum Jungfernsprung“ Berühmte Quellen in Rheinland-Pfalz

Die „Brubbel“ bei Wallenborn – Mineralquelle aus Menschenhand Die „Brubbel“ ist das Wahrzeichen der kleinen Eifelgemeinde Wallenborn. In regelmäßigen Abständen kommt es zu Gas-Wasser-Eruptionen, bei denen aus der Tiefe aufsteigendes Kohlendioxid die Quelle zum Überlaufen bringt. Das Gas entsteht durch vulkanische Aktivitäten im Untergrund. Im Fachjar- gon ist die „Brubbel“ ein Calcium-Natrium-Hydrogencarbonat-Säuerling.

Die Gutenbornquelle bei Kindsbach – Die Nohner Wasserfall-Quelle – Die Sage vom Jungfernsprung vorchristliches Quellheiligtum faszinierendes Naturphänomen bei Seit keltischer Zeit (etwa 1. Jh. vor Chr.) Nahe der Ortschaft Nohn in der Eifel ent- Über die wundersame Rettung einer Magd, ist der Gutenborn bei Kindsbach/Pfalz als springt der kalkreiche Quellbach der Noh- die beim Holzsammeln vom Burgvogt be- Quellheiligtum bekannt. Noch nach dem ner Wasserfälle. Durch Kalkausfällung (Ver- drängt wurde, erzählt diese Geschichte: Zweiten Weltkrieg verwendten Schwe- sinterung) enstanden dort eindrucksvolle, „Von alters wurde einmal ein Mädchen dort stern des Katholischen Waisenheimes in moosbewachsene Terrassen und Kaskaden oben im Walde von einem Manne verfolgt, Landstuhl das borhaltige Quellwasser ge- über die das Quellwasser zu Tal stürzt. Die- und da sie auf dem Kamme des Berges von gen Augenleiden. In den beiden sogenann- ses berauschende Naturphänomen ist eine Fels zu Fels geflohen und sich nicht mehr ten Heidenfelsen sind Reliefs eingemeißelt, beliebte Touristenattraktion. zu retten wusste, stürzte sie sich von der die vermutlich eine keltische Fruchtbar- vorspringenden Bergstirne hinab in den keitsgöttin und gallische Priester zeigen. Abgrund, wunderbar erhalten kam sie auf In direkter Umgebung fand man töner- den Wiesengrund unten an, wo alsbald ne Henkelkrüge aus dem 3. Jahrhundert, eine Quelle aufsprudelte, die heute noch mit denen das Quellwasser transportiert lebendig ist.“ (August Becker 1858) wurde. Alles Leben ging vom Wasser aus und ist notwendigerweise darauf angewiesen. Heute hat Wasser bei uns nicht mehr den gleichen Stellenwert wie früher, da es ständig verfügbar ist. Es wird leichter verschmutzt und sorglos verbraucht. Dies ist um so schlimmer, als es ungleich verteilt ist und viele Menschen zu wenig Wasser zum Leben haben, während andere verschwenderisch damit umgehen. Da die Menge des Wassers auf unserer Erde konstant bleibt und es nicht neu produziert werden kann, müssen wir den Umgang mit un- serem „wichtigsten Lebensmittel“ neu überdenken.

„Wasser ist Leben“ Wo kommt unser Trinkwasser her ?

In Rheinland-Pfalz stammen 71 % des Wie können wir Trinkwasser sparen Trinkwassers aus Tiefbrunnen und somit und damit (nicht nur) unsere Quellen aus dem (nicht unerschöpflichen) Grund- schonen ? wasserspeicher. 17 % werden aus ge- Indem wir: fassten und überbauten Quellen gewon- nen. Die restlichen 12 % stammen aus  duschen statt baden, dem Uferfiltrat größerer Flüsse sowie aus  tropfende Wasserhähne reparieren, behandeltem Oberflächenwasser von  Sparspülungen in die Toilette einbauen, Seen und Talsperren. Übersteigt die För-  Kies und Sand derung die Grundwasserneubildung, wird Sparprogramme bei der Waschmaschi- der Grundwasserspiegel gesenkt mit der ne nutzen und Folge, dass Quellen versiegen und Feucht-  Regenwasser zum Gießen und als gebiete austrocknen können. Brauchwasser verwenden. Kies Der Pro-Kopf-Verbrauch von Trinkwasser liegt in Rheinland-Pfalz bei ca. 130 l am Tag. Der größte Teil davon (36 %) wird zur Grobsand Körperpflege, zum Baden und Duschen verbraucht. An zweiter Stelle folgt die To- Grundwasser ilettenspülung durch die 32 % unseres kostbaren Trinkwassers in die Kanalisati- wasserundurchlässigerTon on rauschen! Lediglich 2 % werden zum Kochen und Trinken verwendet. Trinkwasserbrunnen

„Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser, Wasserverbrauch in Rheinland-Pfalz denn Wasser ist alles und ins Wasser kehrt alles zurück.“ Thales von Milet (624-547 v. Chr.)

1 Boden 2 Kies und Sand 3 Sand 4 Ton oder Fels Für die 1,4 Millionen Einwohner Münchens und einiger 5 Grundwasser angeschlossener Randgemeinden werden pro Sekunde(!) 6 Gesteinsschicht 4200 l Trinkwasser gefördert, die nur über ausgeklügelte 7 Dränagerohr Fördersysteme beschafft werden können 8 Quellstube 9 Filter 1 Grundwasserfördergebiet Pfälzerwald: im Schnitt 1300 l/s 10 Schacht 11 Versorgungsleitung 2 Bayern RLP 3 aus Brunnen 675 Mio. m3 (73,4 %) 71 % 10 6 2 5 aus Quellen 182 Mio. m3 (19,8 %) 17 % 8 7

3 aus Uferfiltrat 38 Mio. m (4,2 %) 12 % 4 11 9 aus Oberflächenwasser 24 Mio. m3 (2,6 %) Quellfassung zur Trinkwassergewinnung Die Ökologie der Quellen

Welche Bedeutung haben Quellen für uns ?

Eine wichtige Funktion der Quellen ist die Teichen relativ konstante Umweltbedingungen Trinkwassernutzung, die sich allerdings weg vorfinden. von Entnahmen aus Quellen hin zu Grundwas- Quellen haben neben ihrer ökologischen serentnahmen aus größeren Tiefen mittels Tief- und ihrer Funktion für den Arten- und Biotop- brunnen verlagert hat. Ursache hierfür waren schutz noch eine ganz andere Bedeutung: sie be- einerseits der gestiegene Wasserbedarf und ande- sitzen Erholungsfunktion. Gerade die Quelle rerseits die Qualitätsprobleme oberflächennah- kann auf engem Raum durch viele Strukturen er Grundwässer. Die Wasserwirtschaft ist aber einiges an Ästhetik wie Wasserfälle, Kaskaden nicht der einzige Nutzer von Quellwasser. Es und eine ansprechende Pflanzenwelt mit Farnen wird für die verschiedensten Zwecke verwendet: und Moosen bieten. angefangen vom Wanderer, der seinen Durst an Da Wanderwege oft Quellen zum Ziel ha- einer Quelle stillt, über die Viehtränke und das ben oder an ihnen vorbeiführen, gelangen viele Wassertretbecken bis hin zum Fischteichbesitzer, Besucher an Quellen. Daraus erwachsen natür- der Quellwasser in seinen Fischteich einleitet. lich auch Probleme für diese empfindlichen Bi- Quellen sind Indikatoren für einen natür- otope, auf die noch ausführlich eingegangen lichen, intakten Wasserhaushalt. Wegen ihrer wird. Indikatorfunktion kommt Quellen für das Um- Ein weiterer Aspekt der Quellen ist ihre weltmonitoring und für die Wissenschaft eine kulturhistorische Bedeutung. Bekannte Quellen große Bedeutung zu, wie sich erst in jüngster wie der Blautopf, Siegfriedquellen und berühmte Zeit abzuzeichnen beginnt. Umweltmonitoring Heilquellen haben ihren Stellenwert in Märchen heißt, dass Quellen als Spiegel ihrer Einzugsge- und Sagen sowie in der Mythologie. Als eines der biete Rückschlüsse über dessen Beeinträchtigung Naturgeheimnisse versuchte man sich ihre Ent- zulassen. So können Maßnahmen im Grund- stehung zu erklären, indem man sie ins göttliche wasser-, Boden- und Fließgewässerschutz gezielt Umfeld verlagerte. Dabei spielten vergossene ergriffen und die Umweltverschmutzung besser Tränen, das Blut Unschuldiger, Blitzschlag, der überwacht werden (Globale Erwärmung). Hufschlag eines Pferdes oder der Schlag eines In der Wissenschaft sind Quellen lange Jah- Mannes (Moses in der Bibel) eine Rolle. So ent- re vernachlässigt worden. In den letzten Jahren standen in unterschiedlichen Kulturkreisen ähn- genießen Quellen jedoch immer stärkere Be- liche Erklärungsversuche. achtung. Vor allem wurde erkannt, dass Quel- Quellen symbolisieren Fruchtbarkeit, oft len keine „Anhängsel“ der Bäche sind, sondern dargestellt durch das Weibliche. In früherer Zeit einzigartige Bedingungen mit einer völlig eigen- fanden viele Kulthandlungen an Quellen statt. ständigen Fauna und Flora aufweisen. Noch heute finden Pilgerfahrten zu Quellen Quellen haben wichtige Aufgaben indem sie zahlreiche Anhänger (Lourdes). Oft sind an sol- z. B. nach einem ökologischen Störereignis, das chen Stätten später Klöster, Kirchen oder Kapel- weiter unterhalb im Bach stattfindet, das Wie- len und nachfolgende Siedlungen errichtet wor- derbesiedlungspotential bereitstellen, von dem den. Viele Ortsnamen weisen noch heute darauf aus sich der Bach neu beleben und regenerieren hin (s. Seite 4). kann. Solche Störereignisse können natürlich In Musik, Literatur und bildender Kunst (Hochwasser) oder vom Menschen ausgelöst sein kam der Quelle eine stark symbolisierte Rol- (belastende Einleitung, Ausbau des Gewässers). le zu. Die Bedeutung der Quelle liegt hier vor Vor allem aber stellen quellnahe Bereiche Orte allem an den zugeschriebenen Eigenschaften als dar, in denen das Oberflächenwasser noch klar, Symbol des Lebens, der Reinigung und Heilung, sauber und unverbraucht ist. So bilden sie Refu- des Kreislaufs, der Vergänglichkeit, des Unbe- gien, in die sich viele Tiere und Pflanzen zurück- wussten, der Sexualität und Fruchtbarkeit, der ziehen, die auf sauberes, kaltes Wasser angewie- Wahrheit und Weisheit sowie der schöpferischen sen sind und dort im Vergleich zu Bächen und Tätigkeit.

 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

Faszination Quelle – ein eigenständiger Lebensraum

Quellen bilden als Übergangsbiotope zwischen Oberflächenwasser und Grundwasser eine Brü- Quellen sind eigenständige cke zwischen dem Bach und dem Wassereinzugs- Biotope mit einer speziellen gebiet. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes Flora und Fauna. fließende Übergänge – nicht nur vom Grund- wasser zum Quellbach, sondern auch von Was- ser zu Land, weil Quellen eng mit ihrem Umfeld verzahnt sind. Als „Schnittmenge“ von Ökosy- stemen des Grundwassers, der Fließgewässer, Wichtige Größe für die Quellbesiedlung der terrestrischen Umgebung sowie z. T. auch ist die Wasserströmung, welche für die Quell- Stillgewässern tragen Quellen in unterschied- bewohner die ständige Gefahr bedeutet, in den lichem Maße die Merkmale dieser Biotope. Sol- Quellbach abgedriftet zu werden. Kieselalgen, che Lebensräume mit ausgeprägtem Übergang- die an Steinen wachsen, sind in strömungs- scharakter bezeichnet man als Ökotone oder starken Bereichen die einzigen Pflanzen, die sich Schnittstellenbiotope. Zwischen den einzelnen halten können. Kompartimenten gibt es vielfältige Beziehungen, Tiere haben besondere Anpassungen zum so dass man einen Quellbereich als individuellen Festhalten wie Krallen, Saugnäpfe, Haken, Biotopkomplex ansehen muss. Kriechsohlen und Haftfäden entwickelt. Au- An Quellbiotopen herrschen spezielle Be- ßerdem richten sich die meisten Tiere gegen die dingungen, an die sich die Quellorganismen an- Strömung aus, so dass Wanderungen bachauf- gepasst haben. Einerseits sind viele Umweltgrö- wärts erfolgen und so das Abschwemmen teil- ßen im Quellwasser sehr konstant, vor allem in weise ausgeglichen wird. Zur Quelle hin werden stärker fließenden Quellen. Dort bleiben Tem- lediglich Grundwassertiere abgedriftet. peratur und Zusammensetzung des Wassers im Wichtige Faktoren, welche auch die Wasser- Jahresverlauf nahezu unverändert. Andererseits strömung beeinflussen, sind Strukturelemente können diese Faktoren in den Rand- und wasser­ und Substrate. Sie bestimmen die äußere Form Quellen sind von überperlten Bereichen stärker schwanken. und Gestalt der Quelle. ganz verschiedenen Generell sind Quellen relativ nährstoffarm. Faunenelementen Knapp 500 Tierarten in Mitteleuropa sind we- besiedelt. gen dieser einzigartigen Umweltfaktoren-Kom- bination speziell auf diesen Lebensraum ange- Beispiel für Grundwasserfauna wiesen. Für die Bindung verantwortlich ist auch Mikrohabitate aquatische Quellfauna der konstante Feuchtegradient und mikroklima- stärkste Bindung stärkste tische sowie Konkurrenzaspekte. Ökologisch bedeutsam ist, dass das Öko- Fauna hygropetrica system Quelle nicht am Ufer aufhört, sondern wasserüberperlter darüber hinausgeht. Die Lebensgemeinschaft Substrate ist im hohen Maße abhängig vom Umfeld, das Fauna hygropetrica die Nahrungsbasis garantiert, so dass Quellen als offene Systeme in engem Austausch mit ih- rer Umgebung stehen. Das Einzugsgebiet und Grenzfauna Wasser-Land das unmittelbare Umfeld entscheiden über die individuellen Bedingungen an einer Quelle. aquatische Quellfauna Dies betrifft die Wassereigenschaften und die wasserliebende Landfauna Vegetation und damit Lichteinfall sowie den Falllaubeintrag. Bachfauna

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz  Die Ökologie der Quellen

Viele Quellen trocknen im Sommer mehr oder weniger aus (Quelle im Frühjahr-Herbst- Vergleich).

Insgesamt gilt: je mehr unterschiedliche mung der Lebensgemeinschaft und stellt eine so Strukturen existieren, desto artenreicher ist die genannte Wanderbarriere dar. Lebensgemeinschaft, da viele Tiere auf eine Ein künstlicher Absturz z. B. verhindert die bestimmte Substratkombination angewiesen natürliche Wanderung der Tiere aufwärts (Auf­ sind. Meist fällt die strukturelle Vielfalt natür- stiegshindernis). Dies ist besonders problematisch licher Quellbiotope erst bei näherem Hinsehen bei Tieren, die keine flugfähigen Stadien besitzen, ins Auge: organische Substrate sind überriesel- wie beispielsweise Krebse, Muscheln, Schnecken, te Moospolster, Totholz aus Ästen und Zweigen, Strudelwürmer und wandernde Gurndwasser- Wurzeln, Falllaub und sich zersetzende Pflanzen- tiere. Lediglich alte Fassungen, die von der Na- reste (Detritus). Daneben gibt es verschiedene tur zurückerobert wurden und zum Teil defekt Wasser- und Uferpflanzen, meist Wassermoose sind, also zusätzliche Strukturen aufweisen, ha- und Kräuter sowie Hochstauden wie Seggen und ben weniger schädliche Auswirkungen. Farne. Als anorganische Substrate findet sich Bedeutender Faktor ist die Dynamik des Fels, Steine, Kies und Sand sowie Feinmateri- austretenden Wassers (Schüttung). Durch starke al. Naturnahe Quellen besitzen unterschiedliche Schüttungen werden Tiere verdriftet und die Anteile und Kombinationen aus einer Vielzahl Substratzusammensetzung verändert, dagegen dieser Substrate. besteht bei geringer Quellschüttung Austrock- So bildet letztendlich jedes Quellbiotop ein einzigartiges Mosaik von Klein- und Kleinst- strukturen, so genannten Mikrohabitaten aus, auf die spezielle Tiere und Pflanzen angewiesen Die Fassung einer Quelle sind. Eine Einfassung (Rohr, Becken) ist dage- schränkt deren Besiedlung ein. gen äußerst strukturarm, verursacht eine Verar-

 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

nungsgefahr. Besonders die Größe des Einzugs- Zwar sind Quellen in der Regel sehr klein, gebietes entscheidet darüber, ob eine Quelle die durchfeuchtete Fläche, wo noch Quellorga- ständig (perennierend) oder zeitweilig (perio- nismen zu finden sind, ist aber häufig viel grö- disch, temporär) schüttet. ßer. Dies merkt man dann, wenn man sich einer Periodische Quellen schütten übers Jahr Quelle nähert und unerwarteterweise bereits im gesehen länger als sie trocken fallen, während matschigen Quellbereich steht. Die Unschein- temporäre Quellen öfter trocken sind als Was- barkeit unterstreicht die Sensibilität der Quellen, ser führen. Sind ständig schüttende Quellen sehr die zu ihrer Kleinräumigkeit und Isolation noch konstant in ihren Lebens- und Umweltbedin- hinzukommt. So dauert die Wiederbesiedlung gungen, so gilt dies nicht für periodische Quel- gestörter Quellen durch die typische Quellfau- len. Das zeitweise Trockenfallen der Quelle wird na sehr lange, da die Tiere aus weit entfernten als einschneidendes Ereignis nur von speziell an- Quellen einwandern müssen. gepassten Organismen überdauert. Feuchte Bo- Die Wassertemperatur größerer Quellen denbereiche bilden ein Refugium für viele Lebe- bleibt am Austritt nahezu immer gleich, egal zu wesen, die dort überdauern. Ein solcher Bereich welcher Tages- oder Jahreszeit, und entspricht in ist besonders empfindlich, weil er als Quellbe- etwa der mittleren Lufttemperatur (7 – 10°C). reich kaum noch erkennbar ist. Im Winter bilden Quellen nicht zufrierende Die Schüttung einer Quelle kann stark von Wärmeinseln, im Sommer bleibt das Quellwas- der Geologie abhängig sein. Karstquellen haben ser kalt. Organismen, die solche Bedingungen z. B. einen stark schwankenden Wasserabfluss, benötigen, bezeichnet man als kaltstenotherm. da kalkhaltiges Gestein, das oft viele Hohlräume So kommt es, dass hier sowohl Arten leben, die hat, das Wasser schlecht speichert. So kommen seit den Eiszeiten überdauert haben, weil sie auf nach Starkregenereignissen sehr starke Schüt- ständig kühle Temperaturen angewiesen sind tungen zustande. So kann im Blautopf bei Blau- (Glazialrelikte), als auch frostempfindliche Ar- beuren die Schüttung kurzzeitig bis zu 23 m3/s ten, die den Winter nur im wärmeren Quellwas- betragen. ser überdauern können. Im Quellbach werden

Der Blautopf in Blaubeuren (Schwäbische Alb) – der Austritt eines zutage tretenden Höhlenbachsystems. Diese Karstquelle schüttet sehr stark mit wechselnder Wassermenge

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz  „Leben in der Isolation“ Quellen als Inseln im Wald

Quellen sind oft kleinräumige und un- Quelle am scheinbare Lebensräume. Nicht zuletzt des- Wölferlinger Kopf halb sind sie auch besonders störungsemp- (Westerwald) findlich. Hinzu kommt ihre meist isolierte Lage, da benachbarte Quellen oft mehrere Kilometer entfernt liegen. Die Quelldichte in Rheinland-Pfalz beträgt im Schnitt ledig- lich eine Quelle je Quadratkilometer. Nur noch wenige Quellbereiche befinden sich in einem naturnahen Zustand, weshalb die Abstände zwischen natürlich besiedelten Quellen immer größer werden. Quellspe- zialisten finden sich deshalb in großer Zahl auf den Roten Listen der gefährdeten und vom Aussterben bedrohten Arten.

Schon kleinste Eingriffe können für die Wie die Wiederbesiedlung einer Quel- Tier- und Pflanzenwelt einer Quelle fatale le stattfindet ist noch weitgehend unbe- Folgen haben, da eine Wiederbesiedlung kannt. Der in Bächen wichtigste Verbrei- meist nur sehr begrenzt möglich ist. Die tungsweg durch Drift in Richtung des Quellbewohner müssen einen oft (kilome- Unterlaufs kommt naturgemäß nicht in ter-) weiten Weg aus benachbarten Quel- Frage. Insekten, deren Larven sich in Quel- len zurücklegen. Forschungen ergaben, len entwickeln, sind aufgrund ihrer Flug- dass nach knapp vier Jahren erst die Hälfte fähigkeit sehr mobil. Andere Organismen der ursprünglichen Arten an eine renatu- lassen sich vermutlich als austrocknungs- rierte Quelle zurückgekehrt sind resistentes Ei oder Dauerstadium mit Hilfe – allerdings nur, wenn anderer Tiere (Vektoren) von einer Quelle vorher die Störungs- zur nächsten transportieren. So befördern ursache vollständig be- etwa Säugetiere und Vögel zwischen ihren seitigt wurde. Zehen Schlamm und mit ihm vielleicht ei- nige blinde Passagiere über weite Strecken bis zur nächsten Quelle.

Quellgäste: Wildschwein und seine Suhle Die Ökologie der Quellen

die Temperaturschwankungen mit zunehmender führt zu einem Rückgang der Artenzahlen, da Entfernung von der Quelle immer größer. im sauren Wasser nur noch säureunempfindliche Anhand der geologischen Gegebenheiten Organismen überleben. werden grundsätzlich kalkreiche Karbonatquel- Einige chemische Parameter geben Rück- len von kalkarmen Silikatquellen unterschieden. schlüsse auf die Nährstoffsituation für Pflanzen Silikatquellen haben weiches, ionenarmes Wasser und Bakterien und auf die anorganische bzw. or- und sind aufgrund ihres geringen Puffervermö- ganische Verschmutzung. Solche Parameter z. B. gens säureempfindlich, z. B. gegenüber saurem sind die Leitfähigkeit und der Gehalt an Stick- Regen. Solche Quellen finden sich großräumig stoffverbindungen, vor allem an Nitrat. in Buntsandstein- und Quarzitgebieten wie dem Der Nährstoffgehalt ist in Quellen natürli- Pfälzerwald und dem Hunsrück sowie in Ge- cherweise gering, weil das Grundwasser oft erst bieten mit saurem Ursprungsgestein wie Granit nach Jahren oder Jahrzehnten der Filterung wie- und sauren Magmatiten. der an die Oberfläche gelangt. In Quellen stam- Dagegen ist bei Karbonatquellen das Wasser men Stickstoffverbindungen oft aus Düngemit- kalkreich und gut gegen Versauerung abgepuf- teln und, in geringerer Konzentration, auch aus fert. Eine wichtige Kenngröße ist der pH-Wert, Niederschlägen. In verschmutzten Quellen wer- der bei gut gepuffertem Gestein um den Wert den Quellorganismen, welche an das nährstoff- 7 liegt. Er ist, vereinfacht gesagt, ein Maß für arme Wasser angepasst sind, von „Allerwelts- den Säuregehalt des Wassers. In kalkreichen Re- arten“ (Ubiquisten) verdrängt. gionen und in Quellen mit hohem Pflanzenbe- Naturgemäß sind die meisten Quellen durch satz liegt er etwas über 7, in Gebieten mit silika- Laubbäume und Büsche beschattet. Wichtigster tischem Ausgangsgestein liegt er niedriger um natürlicher Nährstofflieferant ist deswegen Fall- pH 5,5 – 6. Werte unter pH 5 sind meist durch laub, das entweder direkt in die Quelle gelangt den Menschen verursacht, z. B. durch sauren oder mit dem Regenwasser eingeschwemmt Regen oder Fichtenanpflanzungen. Versauerung wird.

Quellen liegen wie Inseln im Wald, die nächste Quelle ist oft kilometerweit entfernt.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 11 Die Ökologie der Quellen

Wie sehen unsere Quellen aus ? – Einführung in die Quelltypologie von Rheinland-Pfalz

Lange Zeit blieb die Entstehung der Quellen versickern können. Dabei werden in Boden und rätselhaft. Bis ins 19. Jahrhundert gab es z. T. Gestein verschiedene Mineralien gelöst und das abenteuerliche Spekulationen. So sollen Quellen Grundwasser erhält so seine charakteristische durch versickertes Meerwasser entstanden sein Zusammensetzung. Boden und wasserdurch- oder Vulkanismus wurde zu Erklärungsversu- lässige Gesteinsschichten wirken aber auch als chen herangezogen. Filter, der gelöste Stoffe zurückhält. Deswegen Bereits Aristoteles vertrat aber schon um 350 v. ist Grundwasser meist von guter Qualität. Die Chr. eine Auffassung, die der heutigen sehr ähn- Landnutzung im Einzugsgebiet ist für das Quell- lich war. Danach versickert Regen- und Tauwas- wasser sehr wichtig. So können Belastungen des ser im Boden – vor allem in bergigen Regionen Grundwassers z. B. mit Pestiziden aus der Inten- – und wird durch Stein-, Erz und Tonschichten sivlandwirtschaft nachgewiesen werden. sowie durch wasserdurchlässige Gesteinsspalten Lange Zeit wusste man nicht, dass das und poröse Gesteine geleitet. Durch diese Was- Grundwasser selbst ein faszinierender Lebens- serführung tritt das nunmehr gefilterte Grund- raum ist, in dem viele ungewöhnliche Tiere wasser als Quelle wieder an die Erdoberfläche. vorkommen, die sich an dessen Unwirtlichkeit Gebirge sind wie riesige Schwämme, die, (Dunkelheit, Nährstoffarmut, Kälte) angepasst mehr oder weniger saugfähig, Wasser aufneh- haben. Dieser hochinteressante Lebensraum men und als Grundwasser langsam unterirdisch ist noch weniger bekannt als der Lebensraum zu Tal leiten. Er sucht sich über Jahre und Jahr- Quelle. zehnte hinweg, eingezwängt zwischen wasserun- Wenn man sich verschiedene Quellen an- durchlässigen Schichten, seinen Weg talwärts, bis sieht, gibt es sehr große Unterschiede: die eine es irgendwann in Form einer Quelle die Ober- Quelle ist scheinbar überhaupt nicht von Pflan- fläche erreicht oder in ein Oberflächengewässer zen besiedelt, während die andere völlig zu- infiltriert. Das Grundwasser fließt dabei im so gewachsen ist. Die Morphologie der Quellen genannten Grundwasserleiter, oft in verschie- ist ähnlich stark differenziert: sie reicht vom denen Stockwerken. Grundwasserneubildung dauernden Wasserfall bis zur stehenden Pfüt- ist nur möglich, wenn Niederschläge im Boden ze mit langsam beginnendem Bach. Viele fal-

Quellhorizonte Mächtigkeit

80 m Oberer Buntsandstein

80 - 140 m Karlstalstufe des Mittleren Buntsandsteins

60 - 200 m Rehbergstufe des Mittleren Buntsandsteins

70 - 80 m Trifelsstufe des Mittleren Buntsandsteins Quellen treten meist an geologischen 70 - 80 m Unterer Buntsandstein Schichtgrenzen aus. Oberrotliegendes (hier: Pfälzerwald) Grundgebirge

12 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

Quellen sind stark von der örtlichen Geologie geprägt. (Wassereigen­ schaften, Schüttung)

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len zeitweise sogar ganz trocken. Kann man bei dieser Vielfalt überhaupt von Gemeinsamkeiten sprechen ? Welche Kriterien soll man anwen- den ? Und welche Quelltypen werden letztlich unterschieden ? Trotz der enormen Vielseitigkeit der Kleinst- lebensräume und der Einzigartigkeit jedes Stand- ortes werden Quellen in Kategorien, sogenannte Quelltypen, eingeteilt. Entscheidende Faktoren und Kriterien für die Einteilung sind die Mor- phologie, die Schüttungsdynamik, die Wasserei- genschaften oder die Lichtverhältnisse. Grundsätzlich lassen sich Waldquellen und Offenlandquellen unterscheiden, wobei letztere auch als Grünland- oder Wiesenquellen bezeich- net werden. Offenlandquellen sind alle mehr oder weniger menschlichen Ursprungs. Natur- Naturnahe Quellen nahe Quellen sind meist Waldquellen. Essen- liegen fast immer im tiell sind in dieser Quelle natürliche Lichtver- Wald, trotzdem gibt hältnisse: im Sommer ist die Waldquelle intensiv es bei extensiver beschattet, so dass das gering einfallende Licht Bewirtschaftung die Bodenvegetation begrenzt. Es wachsen nur auch naturnähere niedrige Moose, Kräuter und wenige Hochstau- Offenlandquellen. den, meist Farne. So bleibt die Wassertempera- tur auch im anschließenden Quellbach konstant niedrig. Im Winter dagegen wird der Quellbe- reich in einem Laub-Mischwald, wie er im Mit- Quellen werden als offene Systeme telgebirge und Flachland natürlicherweise vor- stark von ihrem Umfeld beeinflußt. kommt, stärker besonnt. Dies verursacht neben einem ausgeglichenen Temperaturhaushalt gute Lichtbedingungen für die Quellpflanzen, die als Anpassung daran bereits sehr früh im Jahr blühen. Die Offenland- oder Wiesenquelle wird höchstens durch Hochstauden beschattet, die im Laufe des Sommers an Höhe gewinnen und im Winter absterben. Die Sonneneinstrahlung ist ganzjährig wesentlich stärker, was sich auf die Wassertemperatur, das Pflanzenwachstum und nachfolgend auf das Nährstoffangebot im Wasser auswirkt. Der Mensch hält den Quellbereich in der Regel durch Mahd oder Beweidung mit Vieh offen, so dass sich keine Waldsukzession einstel- len kann. Die krautigen Pflanzen sind Ersatz für Falllaub und stellen Nahrung und Strukturen für die Fauna. Da bereits vor dem Menschen natür- liche, offene Quellen vorhanden waren (Moore, Beweidungsdruck an Wasserstellen) lebt hier eine Reihe speziell angepasster Pflanzen.

14 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

Die Einteilung der Quellen nach ihrer Mor- phologie ist am bekanntesten und wird häufig benutzt, da sie die Biologie am besten widerspie- gelt. Hier lassen sich trotz eigenem Charakter der Quelle drei morphologische Hauptquelltypen unterscheiden: Sturz-, Sicker- und Tümpelquelle, ergänzend kommt in Rheinland-Pfalz die Wan- derquelle als vierte Type hinzu. Die Hauptquelltypen sind nicht mit glei- cher Häufigkeit über die Fläche verteilt. Sturz- quellen finden sich vermehrt in bergigem und steilem Gelände wie z. B. dem Pfälzerwald, wäh- rend Sickerquellen im Hügelland und flacheren Regionen vorherrschen. Tümpelquellen sind all- gemein recht selten, können aber in allen Regi- onen vorkommen, dann jedoch meist in Bachtä- lern und an Talrändern. Wanderquellen findet man in Naturräumen mit gröberen und leicht durchlässigen Substraten.

Die Sturzquelle (Rheokrene) Typische Sturzquellen Der bekannteste Quelltyp, welcher der „klas- sischen“ Vorstellung einer Quelle am ehesten entspricht, ist die sogenannte Sturzquelle. Dieser Typ ist dadurch gekennzeichnet, dass das Wasser punktuell austritt und meist aus Felsspalten, un- ter Wurzeln oder aus einer Höhlung sprudelt. Naturnahe Sturzquellen besitzen eine relativ geringe Biotopgröße von oft nur wenigen Qua- dratmetern. Das Wasser tritt häufig mit hoher Fließgeschwindigkeit aus, manchmal in Form eines kleinen Wasserfalls. An Felswänden oder auf moosbewachsenen Steinen bilden sich spritz- wasserbedingt oft spezielle Rieselfluren aus. We- gen der starken Wasserströmung herrscht grobes Substrat wie Steine oder gar Fels vor. Die Struk- turvielfalt kann dabei sehr hoch sein (Gefäl- lestufen, Stillwasserbereiche, Spritzwasserzo- nen, Abstürze). Die moosreichen Quellgewässer entspringen vor allem in bergigen Regionen. Das Quellwasser ist durch sein rasches Fließen gleichmäßig temperiert. Geologisch ist meist ein stauender Horizont oder eine Kluft im Gestein vorhanden, die das Wasser an die Erdoberfläche zwingen. In Sturzquellen leben besonders viele strömungsangepasste Organismen.

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Die Sickerquelle (Helokrene)

Im Gelände schwieriger zu erkennen ist die bota- nisch meist interessante Sicker- oder Sumpfquel- le, deren Wasser meist flächig und an mehreren Stellen gleichzeitig aus dem Erdreich quillt. Da- bei bildet sich häufig ein Quellsumpf mit nässe­ toleranten Baumarten wie Erlen oder Eschen aus. Sickerquellen sind wegen ihrer Größe oft Sonderstandorte für spezielle Biotoptypen wie Kalksinterfloren oder Hangbrüche. Die Sicker- quelle ist oft im Flach- oder Hügelland zu finden. Da sich wegen der geringen Wasserströmung viele pflanzliche Überreste ansammeln, ist sie etwas nährstoffreicher. Auch Feinsediment ver- bleibt in der Quelle und wird kaum abgespült. An schwach geneigten Hängen wurden Si- ckerquellen vielfach gemäht und es bildeten sich sogenannte Kleinseggenriede, die eine reichhal- tige Pflanzenwelt beherbergen. Typische Tiere einer Sickerquelle sind hygro- phil, d. h. sie leben nicht direkt im Wasser, benö- tigen aber einen ständig nassen Lebensraum.

Typische Sickerquellen

16 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

Die Tümpelquelle (Limnokrene)

Die sogenannte Tümpelquelle bildet einen Quell- der Regel Stellen mit rheokrenem, helokrenem topf, der sich vom Grund mit Wasser füllt. Der und manchmal auch limnokrenem Charak- Quellbereich ist gegliedert in Tümpel (Quell- ter. Neben dem Hauptquelltyp (z. B. Sturzquel- topf) und Überlauf. Die Größe des Quelltopfs le) kommen häufig kleinere Nebenquellen eines kann dabei stark variieren, von einem pfützen- anderen Typs vor (z. B. Sickerquelle). Fast im- artigen kleinen Tümpel bis zu den Ausmaßen mer kann die Hauptquelle aber einem eindeu- eines kleinen Sees. tigen Typ zugeordnet werden. Kleine Neben- Tümpelquellen sind sowohl im Gebirge als quellen verlagern oft ihren Austritt oder können auch im Flachland zu finden. Erkennbar ist die- im Sommer ganz versiegen. ser Typ am fehlenden Zulauf und dem, im Ge- gensatz zu „echten“ Tümpeln, klaren und gleich- bleibend kalten Wasser. Die Flora und Fauna solcher Lebensräume ähnelt derjenigen klei- ner, nährstoffarmer Stillgewässer. Als Unter- grund dominieren Feinsubstrate wie Sand und Schlamm. Oft sind die Austrittsstellen als Sand- wirbel am Grund erkennbar. Die eindeutige Trennung dieser drei Quell- typen ist zunächst nicht immer ganz leicht. Vor allem innerhalb großflächiger, komplexer Quell- bereiche findet man beim näheren Hinsehen in

Typische Tümpelquellen

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Die Wanderquelle (Migrakrene)

Die klassische Einteilung in einer der drei Quell- typen ist bei den folgenden Quellen nur sehr schwer bzw. gar nicht anwendbar: Hier ist kein fester Quellaustritt zu sehen. Der Quellbach ver- breitert sich ohne erkennbaren Zufluss und die Quelle „wandert“ linear in verschiedenen Jah- reszeiten und Zeiten wechselnd starker Nieder- schlagperioden z. T. beträchtliche Strecken tal- auf- und abwärts. Der geologische Untergrund ist in der Regel sehr durchlässig (z. B. Kies- oder Geröllbett), so dass der Grundwasserspiegel stärkeren Schwan- kungen unterworfen ist. Da kein fester Austritt- spunkt festgelegt ist, siedeln sich keine quellty- pischen Pflanzen an und ein Austrittsort ist im Gelände nicht anzusprechen. Das „Wandern“ wird beim einmaligen Besuch der Quelle kaum erkannt; man geht eher von einer periodischen oder temporären Schüttung aus. Deswegen ist dieser Quelltyp gut „getarnt“ und, was das Sub- strat betrifft, relativ einheitlich. Diese Situati- on ist natürlich und die Substratarmut für den Quelltyp charakteristisch. Die große „Oberfläche“ der Quelle befindet sich im Lückensystem des Untergrunds, dem Interstitial. Da wir keine Quelle im Sinne der drei klassischen Typen vor uns haben, wurde in Rheinland-Pfalz dieser zusätzliche Quelltyp der Wanderquelle hinzugefügt. Der Quelltyp hat durch seine speziellen Eigenschaften einen eigenständigen Charakter und auch eine eigene (dünnere) Besiedlung aus stärker trockenheits- resistenten Organismen. Wanderquellen sind in Rheinland-Pfalz im Rotliegenden (Donnersberg) oder im Tonschiefer mit stärkeren Schotterfrakti- onen zu finden (Seitentäler des Mittelrheintals).

Wanderquellen

18 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

Geochemische Sondertypen

Bei kalkhaltigem Ausgangsgestein im Einzugs- gebiet ist auch das Quellwasser reich an gelöstem Kalk. In Quellbereichen kann unter diesen Vo- raussetzungen sogenannter Kalksinter entstehen, dessen Bildung durch bestimmte Moosarten be- günstigt wird. Dabei wird dem Wasser durch die Pflanzen freies Kohlendioxid entzogen und Kalk ausgefällt, der sich an Ort und Stelle nie- derschlägt und imposante Säulen und Terrassen ausbilden kann. Alle Substrate werden mit Kalk überkrustet, sogar Pflanzen und Tiere. An diesen Standorten siedeln sich kalkliebende Spezialisten an, die an diese Verhältnisse bestens angepasst sind. Kalk- sinterquellen sind in Rheinland-Pfalz aufgrund geologischer Gegebenheiten relativ selten, da si- likatische Gesteine dominieren. Man findet sie vereinzelt im Bitburger Gutland, im Westrich oder in der Kalkeifel. Kalksinterquellen können touristische Attraktionen darstellen wie etwa der Nohner Wasserfall in der Eifel. Als weiterer Sondertyp kommen Schwefel- quellen vor, die von Schwefelbakterien bewohnt werden, die gelöstes Sulfat in Schwefelwasserstoff umwandeln und so Energie für ihren Stoffwech- sel gewinnen.

Die verschiedenen Quelltypen sind unterschiedlich auf die einzelnen Naturräume von Rheinand-Pfalz verteilt; es bilden sich meist regionale Typische Besonderheiten und wenige Typen Kalksinterquellen treten gehäuft auf. (vgl. auch Schauseite)

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Typisch sind gelblich-weiße, fädige Überzü- ge auf Steinen und der Geruch nach faulen Eiern (Schwefelwasserstoff). Dieser Quelltyp kommt in geologisch aktiven Zonen vor, z. B. am Rand des Oberrheingrabens in der Gegend um Worms und Landau. Schwefelquellen sind praktisch im- mer gefasst und in naturnaher Ausprägung in Rheinland-Pfalz nicht mehr zu finden. Mineralquellen zeichnen sich durch hohe Mineraliengehalte aus (über 1 g/l gelöste Stoffe, z. B. Magnesium, Calcium, Kalium, Chlorid). Sie wurden teilweise schon in der Frühzeit als Heilquellen genutzt. Mineralquellen kommen z. B. in der Vulkaneifel vor. Ein Spezialfall einer Mineralquelle ist die Ockerquelle. Dort reagie- ren gelöste Metalle mit Luftsauerstoff und wer- den als Ocker ausgefällt. Dieser Vorgang wird durch verschiedene Bakterien unterstützt. Ocker tritt vor allem in

Schwefelquellen im Rheingraben

20 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

Form von Eisenocker auf, seltener sind andere Metalle wie Mangan beteiligt. Der orangefar- bene Ocker legt sich über alle Substrate und sieht flockig bzw. schleimig aus. In solchen Quellen kommen außer Bakterien nur wenige Organis- men vor. Ein weiterer Spezialfall ist die Solequelle. Sie entsteht, wenn sich Salz aus einem Salzstock löst und in Grundwasser übergeht. Der hohe Salz- gehalt wird nur durch salztolerante Organismen ertragen, die sonst im Brackwasser bzw. an Kü- sten leben. Thermalquellen sind durch ihre erhöhte Tem- peratur gekennzeichnet. Hier steigt das Grund- wasser aus größerer Tiefe aus dem Boden auf und transportiert Wärme aus dem Erdinneren nach oben. Bei Temperaturen über 20°C spricht man von Thermalquellen, bei über 50°C von heißen Quellen. Beide werden zu Heilzwecken genutzt.

Mineralquellen mit Verockerungen

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In diesen Quellen finden sich ebenfalls aus- schließlich Spezialisten, die thermischen Bedin- gungen tolerieren oder sogar zum Leben benöti- gen, meist Bakterien. Bereits die Römer wussten die Erdwärme zu nutzen, indem sie an solchen Stellen Bäder errichteten. Heute sind Sonderfor- men von Quellen fast immer durch die Nutzung stark verändert und kommen natürlich praktisch nicht mehr vor. Im Quelltypenatlas Rheinland-Pfalz sind natürliche Zustände und Strukturen der hier beschriebenen Quelltypen anhand naturna- her Referenzquellen vorgestellt. Diese sollen als Leitbilder für die Durchführung von Maßnah- men zur ökologischen Aufwertung von Quellen dienen.

Thermal- und Schwefelquellen kommen in natürlicher Ausprägung bei uns nicht mehr vor; Thermalquellen wurden meist zu Kurbädern umgestaltet.

22 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

Welche Pflanzen gibt es in und an Quellen ? – Die Quellflora

In Waldquellen findet die Photosynthese haupt- bekannter Anzeiger für hohe Stickstoffgehalte sächlich in der Baumkronenschicht statt, des- im Boden. wegen ist dort der Hauptnahrungseintrag das Typische Quellpflanzen sind dagegen meist Falllaub der Bäume. In Wiesenquellen ist die Grundwasser- oder Bodenfeuchtezeiger, im Ge- Photosynthese in die Kraut- und Staudenschicht gensatz zur Quellfauna sind sie aber meist nicht verlagert. Eine natürliche bzw. unnatürliche Be- ausschließlich auf Quellen spezialisiert. Quell- schattung bestimmt vor allem die Ausprägung pflanzen ertragen oder benötigen dauernde Bo- der Quellflora. Dem Faktor Licht folgt in der dendurchfeuchtung, wobei der fortwährende Bedeutung für die Pflanzenwelt der Kalkgehalt Wasserabfluss in der Regel eine Anreicherung des Wassers und des Bodens. von Nährstoffen verhindert. Sie kommen mit Wegen der Temperaturkonstanz blühen viele dieser Mangelsituation gut zurecht, können aber Pflanzen an Quellen früher im Jahr. Andere ver- bei starker Nährstoffzufuhr nicht mit anderen mehren sich nur vegetativ, bilden also keine Blü- Pflanzen konkurrieren. ten, wachsen dafür aber während des ganzen Beispiele für Quellpflanzen sind die Brun- Jahres. Weil viele Pflanzen wegen der konstanten nenkresse (Nasturtium officinale), das Quellkraut Quelltemperaturen den Winter über grün blei- (Montia fontana), die Quellsternmiere (Stellaria ben, wurden sie früher als wohlschmeckendes, alsine), das bittere Schaumkraut (Cardamine Vitamin C-reiches Wintergemüse sowie als Heil- amara) und bei stärkerer Beschattung das Wald- und Salatpflanze gesammelt. Schaumkraut (Cardamine flexuosa). Das Gegen- Die jeweils vorkommenden Pflanzen las- blättrige Milzkraut (Chrysosplenium oppositifo- sen oft Aussagen über die Bodeneigenschaften lium) ist charakteristisch für Quellfluren des vor Ort zu. Dazu gehören Bodenfeuchte, Kalk-, Waldes. Es kommt nur an Grundwasseraustrit- Stickstoff- oder sogar Schwermetallgehalte. Die ten vor und ist damit eine der wenigen echten Brennessel (Urtica dioica) ist beispielsweise ein quelltypischen Pflanzen.

Quellmoos

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 23 Das Gegenblättrige Milzkraut (Chrysosplenium oppositifolium) ist die Charakterart naturnaher Waldquellen. Es ist an die dort herr- schenden Lichtverhältnisse angepasst, denn es ist wintergrün und blüht bereits im März/April, wenn die Bäume noch kein Laub tra- gen. Seine unscheinbaren gelb-grünen Blüten sind von gelblichen Laubblättern umrahmt. Wegen seiner milzförmigen Blätter wurde es im Mittelalter als Heilpflanze gegen Milzleiden verwendet.

„Schattendasein mit nassen und kalten Füßen...“ Das Milzkraut

Das Milzkraut braucht ganzjährig nied- rige Wasser- und Bodentemperaturen. Im gleichmäßig temperierten Quellbereich ist es vor Sommertrockenheit und Winterfrö- sten geschützt. Es verträgt nassen Boden, mag aber keine Staunässe. Die winzigen, sprossbürtigen Wurzeln liegen dem Un- tergrund locker auf und sind unempfind- lich gegen die ständige Durchspülung des Wurzelraumes. Sie dienen weniger der Ver- ankerung im Boden, sondern vorwiegend der Stoffaufnahme aus dem Quellwasser. An unversauerten Quellen findet man auf steinigem Untergrund ausgedehnte Milz- krautfluren. Bei starker Versauerung (pH < 5,0) und Beschattung (z. B. als Folge von Fichtenpflanzungen) wird die Milzkrautflur durch Torfmoose (Sphagnum) verdrängt.

Milzkraut in Großaufnahme (oben) Milzkrautflur mit naturnaher Quelle (links) und versauerte Quelle mit Torfmoosen (rechts) Die Ökologie der Quellen

Typisch für Waldquellen sind eine Reihe von Moosen. Sie können auch bei niedrigen Temperaturen und wenig Licht Photosynthese betreiben, was ihnen an lichtarmen und kalten Quellen Standortvorteile verschafft. Auf sau- ren Böden kommen Torfmoose (Sphagnum sp.) und das Brunnenmoos (Fontinalis sp.) vor. Das Starknervmoos (Cratoneuron sp.) und das Quell- moos (Philonotis sp.) unterstützen die Kalksin- terbildung in kalkreichen Quellen. In Spritzwas- serzonen und auf überperlten Substraten bilden sich sogenannte Rieselfluren. Die verschiedenen Moose und besonders die Farne, von denen ei- nige attraktive Arten gerne an Quellen wachsen, fallen besonders ins Auge. Offenlandquellen sind durch diverse Seg- genarten (Carex sp.) gekennzeichnet. In sauren Quellen kommt etwa die Winkelsegge (C. remo- ta) vor. Die extensive Landwirtschaft trägt an diesen Standorten wesentlich zur Artenvielfalt bei. Es entstehen floristisch interessante Rück- zugsräume für seltene Pflanzengesellschaften, wie Kleinseggenriede mit seltenen Orchideen. Durch Düngung und intensive Weidewirtschaft verschiebt sich das Artenspektrum zu stick- stoffliebenden Pflanzen wie Flatterbinse oder Brennessel. Es kommen auch lichtliebende Bach- pflanzen wie die Bachbunge Veronica( beccabun- ga) oder der Wasserstern (Callitriche sp.) vor. Laubbäume bilden das natürliche Umfeld an Quellen. Neben typischen Waldbäumen fin- det man Eschen, Ulmen, Ahorn, Erlen und Wei- den. Ihr Laub bildet die Nahrungsgrundlage für die Quellorganismen. Die Beschattung sorgt da- für, dass sich eine typische Quellvegetation ein- stellen kann. In Fichtenforsten dominieren hin- gegen artenarme Torfmoosgesellschaften. Sturzquellen sind in der Regel schwächer besiedelt, weil das grobe Substrat nur Algen- aufwuchs im Wasser zulässt, während am Rand Moose und kleinere Kräuter zu finden sind. Pflanzen an Sturzquellen ähneln manchmal der Bachvegetation. Sind Quellen reich an höheren Pflanzen, so wachsen diese meist am Ufer und weniger in der Quelle selbst, so an Sickerquellen, deren krautige Pflanzen zur Sumpf- und Moorvegetation über- leiten. In Tümpelquellen ist die Wasservegeta- tion oft reichhaltiger: neben Armleuchteralgen

Torfmossquelle (oben), Brunnenlebermoos (Mitte) Rippenfarn (unten)

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(Chara sp.) oder Laichkräutern (Potamogeton sp.) findet sich etwa der aufrechte Merk Berula( erec- ta) oder Wassermoose. Bei stärkerem Lichtein- fall können Tümpelquellen stark verkrauten und sind deshalb nur schwer als Quellen erkennbar.

Hirschzunge (oben links), Moose und Farne (links unten); Fels mit Milzkraut und Brunnenlebermoos (rechts oben), blühendes Milzkraut (rechts unten)

26 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

Welche Tiere gibt es in und an Quellen ? – Die Quellfauna

Aufgrund der geringen Nährstoffmenge sind ge Agapetus fuscipes. Durch die gleichbleibende Arten- und Individuenzahlen in einer einzelnen Temperatur entwickeln sich viele Insektenlarven Quelle geringer im Vergleich zur anschließenden auch im Winter weiter – die Flugzeit der Ima- Quellbachregion und die Tiere sind durch- gines beginnt dann früher als bei anderen Ar- schnittlich etwas kleiner. Viele Bewohner leben ten oder Populationen der gleichen Art, die wei- deswegen im Verborgenen und werden oft über- ter bachabwärts im kälteren Wasser den Winter sehen, wenn man nicht speziell nach ihnen sucht. verbringen. Einige Steinfliegen und Zuckmü- Auch erstrecken sich die Lebenszyklen aufgrund cken fliegen in Quellbereichen bereits ab Fe- der Nährstoffsituation meist über mehrere Jahre. bruar, in Bächen erst ab April. Die vollständige Dies mag mit dazu beigetragen haben, dass die Entwicklungszeit ist im kühlen, nährstoffarmen Quellforschung erst in jüngster Zeit einen Auf- Wasser aber lang, so dass z. B. die Köcherflie- schwung genommen hat. ge Crunoecia irrorata zwei Jahre und die Quell- Im immer gleichtemperierten Wasser leben jungfern der Gattung Cordulegaster sogar fünf Reliktvorkommen aus der letzten Eiszeit wie die Jahre als Larve leben. Bachbewohner erreichen Quellschnecke Bythinella in Quellen zusammen meist nach einem Jahr bereits ihr flugfähiges mit wärmeliebenden Arten wie der Köcherflie- Erwachsenenstadium.

Die Tierwelt der Quellen Fließgewässer- ist besonders Lebensgemeinschaft artenreich, wobei Quellen Strudelwürmer, Bachflohkrebse, Köcherfliegen, Steinfliegen, Eintagsfliegen, Libellen auch von Tieren angrenzender sg Lebensräume ben eme e in bewohnt werden. -L s ll c e h u a f Q t Übergangs- Stillgewässer- Lebensgemeinschaft Lebensgemeinschaft

Regenwürmer, Zweiflügler, Springschwänze, Lurche, Käfer, Zweiflügler, Libellen, Weichtiere Wanzen

Köcherfliegen, Zweiflügler, Weichtiere, Krebstiere, Käfer, Wassermilben, u.a.

Grundwasser- Lebensgemeinschaft

Höhlenflohkrebs, Höhlenstrudelwürmer, Höhlenassel, Hüpferlinge, Muschelkrebse

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Wichtiger Umweltfaktor für Quellbewoh- ner ist aber auch der konstante Feuchtigkeitsgra- dient. Der Kalkgehalt des Wassers ist für viele Tiere nicht so entscheidend, einige können ihren Kalkbedarf auch durch Falllaub decken. Aller- dings sind kalkarme und saure Quellen deutlich ärmer an schalentragenden Tieren wie Muscheln, Schnecken und Muschelkrebsen. Der Abstand zur nächsten naturnahen Quelle entscheidet als Dunkelmücke Wiederbesiedlungsaspekt die Empfindlichkeit Thaumalea sp. des Quellbiotops. Dass Quellen Schnittstellen verschiedener Biotope sind, zeigt die Fauna eindrücklich. Ne- ben reinen Quelltieren findet man eine Vielzahl von Organismen angrenzender Lebensräume. Die Quellfauna setzt sich zusammen aus Grund- wassertieren, typischen Quelltieren, Bachtieren und mehr oder weniger terrestrischen Tieren, die verschiedene Feuchtegradienten zwischen Was- ser und Land besiedeln. Die Übergangsstadien sind dabei fließend und mosaikartig verzahnt. In Quellköcherfliege Tümpelquellen sind die Tiere weniger strömung- Crunoecia irrorata sangepasst. Dort leben Muscheln, Käfer und an- dere Stehwasserarten. Die Grundwasserfauna lebt unterirdisch im ewigen Dunkel und ist teilweise noch unbe- kannt. Es sind meist farblose Organismen mit reduzierten oder fehlenden Augen. Hierzu ge- hören Tiere wie die Höhlenassel (Asellus cava- ticus), der Höhlenflohkrebs (Niphargus sp.), die Höhlenschnecke (Bythiospeum sp.) und einige augenlose Strudelwürmer. Gelegentlich werden sie mit dem Grundwasser in die Quellen gespült, vor allem nach der Schneeschmelze und längeren Niederschlagsperioden. Köcherfliege Einige Arten wie der Höhlenflohkrebs wech- Beraea maura seln aktiv zwischen quellnahem Grundwasser und Quelle. In Quellen können Grundwasser- bewohner zumindest eine gewisse Zeit überle- ben, falls Rückzugsräume zur Verfügung stehen. Es handelt sich jedoch eher um wenige Arten. Ein Großteil ist mit bloßem Auge gar nicht sicht- bar, z. B. Wassermilben, Muschelkrebse und Hüpferlinge. Zur Grundwasserlebewelt kommt die ei- gentliche aquatische Quellfauna aus Quellspezi- alisten (Krenobionten) hinzu. Man kennt knapp Hakenkäfer Elmis 500 Arten, die nur in Quellen vorkommen. Sie latreillei sind an die gleichmäßig kalten Temperaturen

28 Quellen-Leitfaden Die Ökologie der Quellen

und nicht selten an die Strömung angepasst. In naturnahen Quellen ist der Krenobiontenanteil hoch, während in stark veränderten Quellbioto- pen Arten leben, die auch in anderen Lebensräu- men vorkommen. Die Gruppe der Strudelwürmer ist mit zwei typischen Vertretern in Quellen heimisch: Der Alpenstrudelwurm (Crenobia alpina) lebt eher in Quellen mit kalkhaltigem Wasser, während der Vielaugenstrudelwurm (Polycelis felina) in wei- chem Wasser zu finden ist. Die Quellschnecke (Gattung Bythinella) ist die wichtigste Leitart für naturnahe, unversauerte Quellen. Quelljungfer Andere typische Quelltiere sind Wassermil- Cordulegaster boltoni ben – 42 Arten davon sind Quellspezialisten – und einige kleine Muscheln. Die Quellerbsen- muschel (Pisidium personatum) hat sich durch ihre spezielle Fortpflanzungsweise an Quellen angepasst. Sie bringt aufgrund der Abdriftgefahr keine schwimmfähigen Larven zur Welt, son- dern bereits winzig kleine Jungmuscheln, deren Schalengewicht ein Abschwemmen verhindert. Bestimmte Köcherfliegenlarven haben sich ebenfalls an Quellen angepasst. Sie bauen Kö- Feuersalamander cher aus verschiedensten Materialien (Sand, Salamandra Steine, Pflanzenteile und Tiergehäuse) oder Kör- salamandra persekreten (Gespinste). Einige Käfer sowie zahl- reiche Fliegen- und Mückenlarven (Zweiflügler) komplettieren das Spektrum der Quelltiere. Spe- ziell die Gruppe der Zweiflügler ist in Quellen sehr breit gefächert. Die vielen Gruppen tra- gen Namen wie Waffenfliegen, Schmetterlings-, Stelz-, Zuck-, Kriebel-, Taster- und Dunkelmü- cken. Als einer der wenigen Vertreter der Wir- beltiere ist der Feuersalamander hervorzuheben, Vielaugenstrudel- dessen Larven in Quellen und Quellrinnsalen zu wurm Hause sind. Polycelis felina Die nächste Tiergruppe in Quellen ist die strömungsliebende Fauna der Quellbachregion. Viele Bachorganismen sind vor allem in Sturz- quellen zu finden, so die BachflohkrebseGam- ( marus fossarum), die Kriebelmücken und die Steinfliegen. Bachflohkrebse und Steinfliegen haben eine wichtige ökologische Funktion als Zersetzer von Falllaub, indem sie es zerkleinern und so für andere Organismen verwertbar ma- chen. Sie werden in der Quelle nicht so groß wie in den nachfolgenden Bachabschnitten. Quellerbsenmuscheln Pisidium personatum

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Auch zwei Libellenarten, die Quelljungfern der Gattung Cordulegaster, sind Quellbachbe- wohner. Ihre Larven leben als Räuber im Sedi- ment eingegraben. Die bis 5 cm langen Libel- lenlarven werden nur noch von den Larven der Riesenschnake (Tipula maxima) übertroffen, die bis zu 8 cm lang werden. Steinfliegen sind ty- pisch für kalte, sauerstoffreiche Fließgewässer. Die gegenüber Versauerung relativ unempfind- lichen Tiere sitzen an der Unterseite von Steinen und sind leicht an ihren zwei Schwanzfäden er- kennbar. Viele andere Tiere leben ebenfalls auf bzw. unter Steinen oder sind im Sediment ein- gegraben. Fehlen diese Rückzugsräume, geht die Besiedlung massiv zurück. Quellschnecke Ein weiterer interessanter Teil der Quellfau- Bythinella dunkeri na ist die sogenannte Fauna hygropetrica, was man mit „Tierwelt der feuchten Steine“ über- setzen kann. Deren Lebensraum ist der hauch- dünne Wasserfilm überrieselter Steine, Felsen oder Pflanzen. Besonders in Sickerquellen ist ihr Anteil recht groß, aber auch in der Spritz­ wasserzone an Sturzquellen kommt sie vor. Sie besteht vor allem aus Köcherfliegen- und Zwei­ flügler­larven mit speziellen Anpassungen an die Luftatmung. Zur Grenzfauna zwischen Wasser- und Land­ lebensraum (Fauna liminaria), die vor allem aus fallaubzersetzenden Zweiflüglerlarven mit ho- hen Ansprüchen an eine konstante Bodendurch- feuchtung besteht, kommt zusätzlich eine mehr oder weniger feuchteliebende Landfauna aus ver- Schmetterlingsmücke schiedenen Gruppen (Springschwänze, Milben, Tonnoiriella pulchra Spinnen, Weberknechte, Schnecken und Schna- kenlarven). Hierher gehören auch die erwachse- nen Tiere des bereits erwähnten Feuersalaman- ders, da sie im Laubwald leben und nur zum Absetzen der Larven an Quellen und Quellbä- chen auftauchen. Wenn man die Ökologie, das Vorkommen und die Habitatpräferenzen der einzelnen Tier- gruppen verstehen will, ist es sehr nützlich, sich die Ernährungsweise der Tiere und die Position im Nahrungsnetz anzuschauen. Mit einem Nah- rungsnetz werden die Beziehungen der Lebewe- sen untereinander sowie die Stoffkreisläufe und Energieflüsse innerhalb der Lebensgemeinschaft Höhlenflohkrebs dargestellt. Niphargus sp.

30 Quellen-Leitfaden Als Schnittstellenbiotope vermitteln Quellen zwischen dem Bach Grund- und dem Oberflächenwasser. Sie bilden damit eine Brücke zwischen dem Wassereinzugsgebiet und dem Bach, der aus der Quelle hervorgeht. Durch die „fließenden Übergänge“ zwischen den Extrembiotopen Grundwasser und Quelle kommt (Tümpel)-Quelle es, dass in den Quellen echte Grundwasserarten, sogenannte Stygobionten, neben ausgesprochenen Quellspezialisten, den Krenobionten, vorkommen können.

Grundwasser

„Fließende Übergänge“ Schnittstelle zwischen zwei Welten

Der Bachflohkrebs (Gammarus fossarum) Der Gemeine oder Bach-Flohkrebs braucht kühl temperiertes Wasser und lebt in sau- beren Quellbereichen. Zwischen Falllaub und Totholz versteckt er sich und nimmt seine Nahrung auf, die aus Detritus, Aas und vor allem aus den verrottenden Blät- tern von Erlen und Eschen besteht. Als Laubzerkleinerer erfüllt er eine wichtige Funktion in der Nahrungskette. Der Bach- flohkrebs reagiert sehr empfindlich auf Ge- wässerversauerung und -verschmutzung. Sein Fehlen ist ein deutlicher Hinweis auf Beeinträchtigungen eines Gewässers durch den Menschen.

Der Höhlenflohkrebs (Niphargus sp.) Der Höhlenflohkrebs ist als echter Grund- wasserbewohner (Stygobiont) farblos und fast blind. Mehrere Arten kommen in Deutschland vor. Sie sind die Nachkom- men von Meerwasserbewohnern, die über das Grundwasser in das Süßwasser ein- gewandert sind. Über ihre Lebensweise ist nocht recht wenig bekannt. Gelegent- lich werden sie in Quellen gespült, wo sie im kalten Quellwasser gut überleben kön- nen. Höhlenflohkrebse ernähren sich von organischen Stoffen, die mit dem Ober- flächenwasser versickern und sich in den Poren des Grundwasserleiters ansammeln. In Quellen konkurrieren sie mit dem Bach- flohkrebs um die Nahrungsquelle Falllaub. Der Höhlenflohkrebs verträgt Versauerung recht gut. Krenobionten sind die Charakterarten der Quellbiotope. Es sind hochspezialisierte Organismen, die schon auf geringe Verände- rungen ihres Lebensraumes empfindlich reagieren. Sie sind an ganz- jährig niedrige Temperaturen angepasst oder sogar darauf ange- wiesen (kaltstenotherm).

Strudelwurm Polycelis felina „Manche mögen‘s kalt...“ Die Quellspezialisten

Der Feuersalamander Die Quellköcherfliege Dunkers Quellschnecke (Salamandra salamandra) (Crunoecia irrorata) (Bythinella dunkeri) Der farbenprächtige Feuersalamander ist Die Larve der Quellköcherfliege lebt in Die sehr kleinen Quellschnecken sind die eines der wenigen Wirbeltiere, die direkt einem kunstvoll aus Blatt- und Holzresten „Kühe der Quellen“. Sie weiden den Algen- im Quellbereich anzutreffen sind. Die le- zusammengebauten vierkantigen Köcher. rasen vom Substrat ab. Die Wassertempe- bend gebährenden Weibchen entlassen im Sie ernährt sich von Algenaufwuchs und ratur muss für sie das ganze Jahr gleich- Frühjahr die fertig ausgebildeten Larven in Falllaub, meidet das tiefere Wasser und mäßig kühl sein, denn eine Fortpflanzung den Quellbach und ziehen sich dann in den hält sich überwiegend auf überrieselten ist nur bei 4–8 °C möglich. Als Überleben- schattigen Laubwald zurück. Felsen, Moospolstern und in Falllaubsta- de der Eiszeit besiedeln Quellschnecken in peln auf. Erst nach zweijähriger Entwick- tieferen Lagen heute ausschließlich Quell- lung schlüpft eine ausgewachsene Kö- bereiche, wo sie durch die geographische Die Quell-Schmetterlingsmücke cherfliege, die einer unscheinbaren Motte Isolation regional endemische Arten he- (Tonnoiriella pulchra) ähnelt. rausgebildet haben. Die Larven dieser Mückenart leben in dem dünnen Wasserfilm auf Steinen und Moosen, die vom Quellwasser benetzt werden. Sie ernähren sich von Pflanzen- resten und sind Luftatmer. Ihre fächerför- migen Anhängsel verhindern, dass Wasser in ihre Atemöffnungen läuft. Die Gestreifte Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) Die bis zu 5 cm lange Larve der Gestreiften Quelljungfer lauert eingegraben im Sedi- ment von Quellabflüssen, wo sie mit ihrer Fangmaske nach vorbei schwimmenden Kleininsekten schnappt. Die oft winzigen naturbelassenen Quellrinnsale sind der ei- gentliche Lebensraum dieser Libellenart, denn sie verbringt dort 3 bis 6 Jahre als Larve, während das ausgewachsene Flug- insekt nur wenige Wochen lebt, um für die Fortpflanzung zu sorgen.

Cordulegaster sp. Die Ökologie der Quellen

Was geschieht mit unseren Quellen ? – Gefährdungsursachen

Eine landesweit repräsentative Bewertung ergab, Wie sie das bewerkstelligen, ist bislang noch dass sich nur noch ein Drittel aller untersuchten rätselhaft. Neben der Eiablage fliegender Insek- Quellen in Rheinland-Pfalz in einem naturnä- ten, der Aufwärtswanderung und der Besied- heren Zustand befinden (SCHINDLER 2005). lung aus dem Lückensystem wäre eine passive Geschädigte und gefasste Quellen häufen sich Verfrachtung denkbar. Die Organismen wür- in anthropogen überprägten Regionen wie in den dann in Form von Eiern oder Dauerstadi- Flächen mit intensiver Landwirtschaft und um en, die austrocknungsresistent sind, passiv, d. h. Siedlungsräume. Nadelholzmonokulturen bil- mit Hilfe von Tieren von einer Quelle zur näch- den eine weitere Schädigungsursache. Fassungen, sten verschleppt. Trinkende Säugetiere und Vö- Verrohrungen, Betonverbau waren ökologisch gel, die Quellen besuchen, treten ins Wasser und besonders bedeutsam, aber auch Ablagerungen, befördern zwischen ihren Zehen Schlamm und Aufstaue und starker Besucherdruck hatten Ver- mit ihm vielleicht einige blinde Passagiere. Mit schlechterungen der Struktur zur Folge. Natur- dem nächsten Durst wird so vielleicht eine ande- nahe Quellen lagen dagegen häufig in Laub- und re Quelle um ein paar Eipakete bereichert. Trotz Mischwald sowie in extensivem Grünland. erschwerter Umstände siedeln sich aber nach Die Empfindlichkeit der Quellen gegen- entsprechender Zeit wieder Quellbewohner an. über Störungen liegt in den bereits genannten Voraussetzung ist aber, dass keine neue Störung Eigenschaften begründet. Sie sind natürlicher- auftritt und in der Nähe naturnahe Quellen vor- weise nährstoffarm und damit wenig tolerant handen sind. gegenüber Stoffeinträgen, z. B. aus der Land- wirtschaft. Außerdem sind sie oft unscheinbar und gleichen isolierten Inselbiotopen, welche in geringer Dichte in der Landschaft verstreut lie- gen. Sind Quellen erst einmal zerstört, hat ihre Lebewelt es im Gegensatz zu Bächen besonders schwer, wieder Fuß zu fassen und erst nach langer Zeit finden sich wieder typische Quelltiere und -pflanzen ein. Forschungen ergaben, dass erst nach Jahren wieder quelltypische Arten einwan- dern. Dies gilt aber nur bei Quellen, deren Stö- rungsursache beseitigt wurde. Aus diesem Grund wirken sich schon kleinste Eingriffe ökologisch stark aus. Müssen doch Tiere und Pflanzen, die in einem zerstörten, kleinräumigen Habitat vor- kamen, den oft kilometerweiten Weg aus be- nachbarten Quellen mit dem gleichen Habitat in die gestörte Quelle finden. Quellen tauchen in vielen Orts- und Straßennamen auf, da hier oft Nur noch wenige Quellen in Siedlungen Rheinland-Pfalz sind naturnah. gegründet wurden. Vor allem größere Quellen sind durch Die Quelle ist heute verschiedene Ursachen geschädigt. aber meist stark verbaut.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 33 Die Ökologie der Quellen

Die Gefährdung von Quellen hat viele Ur- Beeinträchtigungen im Umfeld erfolgen sachen. Schädigungen betreffen die Menge und durch standortfremde Nadelgehölze, intensive die Beschaffenheit des Quellwassers oder die landwirtschaftliche und andere Flächennut- Struktur der Quelle selbst. Praxisbezogen ist die zungen, Wegebau und durch Ablagerung von Unterscheidung von Gefährdungskategorien im Fremdstoffen wie Haus- und Gewerbemüll, Bau- räumlichen Bezug zum Quellbiotop. schutt oder Garten- bzw. Holzabfälle. Standort- Beeinträchtigungen des Grundwassers be- fremde Monokulturen aus Fichte oder Douglasie treffen das Einzugsgebiet. Grundwasserbeein- beeinträchtigen auf vielfältige Art und Weise die trächtigungen sind z. B. Absenkungen durch Quellzönosen. So wird der Lichthaushalt durch Trinkwasserförderung oder der Eintrag von Dauerbeschattung auch im Winter und Frühjahr Stoffen wie Nitrat und Säureverbindungen durch gestört, so dass sich keine quelltypische Flora an- sauren Regen, was zu Eutrophierung bzw. Ver- siedeln kann. Außerdem führen sie zu Bodenver- sauerung führt. Durch Versauerung können Me- sauerung, da bei Zersetzung der Nadeln Säuren tallionen wie Aluminium oder Mangan aus dem frei werden und Nadelwälder einen hohen, ganz- Boden gelöst werden. Aluminium löst sich un- jährigen Auskämmeffekt für Luftschadstoffe terhalb von etwa pH 5 und lässt sich dann in besitzen. Für die Quellfauna ist die größte Be- höheren Konzentrationen nachweisen. Hohe Ge- einträchtigung jedoch der Entzug der Nahrungs- halte dieser Ionen wirken toxisch, so dass in stark grundlage, da Nadeln kaum zu verwerten sind. versauerten Quellen kaum noch Leben möglich Direkte Beeinträchtigungen sind Quellfas- ist. Das Gleiche gilt für Belastungen mit Pesti- sungen, Verlegungen, Verrohrungen, Dränagen, ziden. Giftige Stoffe können aber auch natürlich Querbauwerke und anderer Verbau, Schlagholz- vorkommen, z. B. Arsen. rücken im Forst, die Anlage von Fischteichen, Die Landnutzung im Umfeld ist ein wich- Vertritt durch Vieh, Wild und Besucher sowie tiger Faktor, der sich auf Grund- und Quell- die Einleitung verschieden belasteter Ab- und wasser sowie auf die Besiedlung auswirkt. Ver- Restwässer. Hier ist meist die Zerstörung der änderungen gehen vor allem von intensiver Kleinhabitate entscheidend. Bei Einleitungen Landwirtschaft aus, wobei vor allem fruchtbare über Rohre oder Gräben handelt es sich selten Gebiete mit starker ackerbaulicher Nutzung und um „echte“ Abwässer, häufiger um mehr oder Sonderkulturen betroffen sind. weniger verunreinigtes Oberflächenwasser wie Straßenabflüsse und Drainagen. Neben über- mäßigem Nährstoffeintrag gelangen hier Schad- stoffe wie Pestizide und Auftausalze in den Quellbereich. Bei direkten Schädigungen ist nicht immer böswilliges Verhalten zu unterstellen, oft fehlt das nötige Wissen um die empfindlichen Bioto- pe, so dass noch heute Quellen geschädigt wer- den. Da sie aufgrund der Kleinräumigkeit und ihrer verstreuten Vielzahl schwer zu überwachen sind, ist es wichtig, so viele Nutzer wie möglich Guter Leumund über die Problematik aufzuklären. – schlechter Zustand. In der Werbung werden Quellen gerne verwendet, da sie ein positives Image haben.

34 Quellen-Leitfaden Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Das Kartier- und Bewertungsverfahren für die Quellstruktur

Das Quellstrukturverfahren berücksichtigt alle Das Verfahren besteht aus einem einseitigen wichtigen Umweltparameter für den Lebens- Erhebungsbogen, auf dem bestimmte Merkmale raum Quelle. Dabei steht die Reduktion auf und Ausprägungen der zu kartierenden Quelle die wichtigsten ökologischen Faktoren bei gro- abgefragt werden. Über ein Rechenverfahren ßer Praktikabilität im Gelände im Vordergrund, kann hierüber eine Einstufung in fünf Struk- was eine schnelle Einarbeitung möglich macht. turgüteklassen – von 1 für naturnah bis 5 für Als Grundlage für eventuell zu treffende Maß- stark geschädigt – erfolgen. Dabei werden so- nahmen sollen Defizite bzw. Schädigungen er- wohl Schadstrukturen als auch Wertstrukturen kannt werden. Erhebung und Bewertung hel- erfasst. Ergänzt wird der Erhebungsbogen durch fen, Handlungsempfehlungen abzuleiten. eine Skizze und ein Foto der Quelle. Wiederholungsaufnahmen können Aufschluss Entscheidend für die Bewertung ist einer- über die Wirksamkeit von Maßnahmen geben seits die stärkste Schädigung (pessimistische Be- (Erfolgskontrolle). wertung) und bei naturnahen Quellen charak- Die Einspeisung der individuell erhobenen Da- teristische Umfeld- und Quellstrukturen. Das ten (Quelldatenbögen) in ein landesweites Quell- Strukturverfahren spiegelt die quelltypische Fau- kataster ermöglicht schließlich einen Überblick na wider. über den Zustand der rheinland-pfälzischen Der Quellerfassungsbogen ist relativ leicht Quellen (Quellen-Aufnahme und Bewertungs- zu bearbeiten. Die Untersuchung einfacher, op- Software QABS, S. 64). tisch wahrnehmbarer Kriterien war das Ziel der Konzeption. Damit ist das Verfahren auch für fachfremde Personen nach dem Studium der fol- genden Beschreibung einfach anzuwenden und führt bei unterschiedlichen Bearbeitern an der gleichen Quelle zu gleichen oder ähnlichen Er- gebnissen (Bogen auf S. 40). Weitere Faktoren, die nicht direkt erkennbar sind, können von Fachleuten zusätzlich unter- sucht werden und grenzen das Kartierergebnis genauer ein bzw. ergänzen es. Für eine genaue Analyse zu empfehlen ist zusätzlich zur Struk- turerfassung eine chemische, faunistische und eventuell eine floristische Bestandsaufnahme, so vor geplanten Maßnahmen im Quellbereich und Umfeld oder zur wissenschaftlichen Begründung von Quellschutzgebietsausweisungen. Trotzdem liefert die Strukturerfassung bei geringem Auf- wand ein recht genaues Bild von der Situation der jeweiligen Quelle. Die Bewertung erfolgt mit dem Bewer- tungsbogen bzw. mit der EDV-Auswertung, zu der jeder Interessent kostenlos Zugang über das Landesamt für Umweltschutz, Wasserwirtschaft Das Kartieren und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz in Mainz einer Quelle nimmt bekommen kann. Gleichzeitig finden die Kartie- nach etwas Übung rergebnisse dann Eingang in die Quelldatenbank nur wenig Zeit in des Landes. Anspruch.

36 Quellen-Leitfaden Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Der Kartierbogen für die Quellstruktur, Arbeitsmaterialien

Die Beschreibung der einzelnen Erhebungspa- Die grundlegende Kartierung stellt die Ausfül- rameter erfolgt der nachfolgenden detaillierten lung des Stammdatenkopfes dar, was nur we- Kartieranleitung, die zur Vermeidung von Un- nige Minuten erfordert. Bei der detaillierten klarheiten bewusst ausführlich und deshalb Strukturerfassung von Quellen wird der ganze relativ umfangreich ist. Der Bogen ist aber so Bogen ausgefüllt, während eine weitere Beurtei- kompakt gehalten, dass alle Struktur- und Um- lung die bereits genannten zusätzlichen Unter- feldabfragen sowie die Skizze auf einer einzigen suchungen erfordert (Chemie, Flora, Fauna, vgl. Seite zu finden sind. Auf der Rückseite werden Bogenrückseite). zusätzliche Daten eingetragen (Hydrochemie, Das Ausfüllen des Strukturbogens dauert Fauna, Flora). nach einer – relativ kurzen – Einarbeitungspha- Um die erhobenen Daten sowie das vor- se und bei etwas Übung ca. 15 bis 20 Minuten. geschlagene Verfahren nachvollziehbar zu ma- Eine Fotodokumentation der kartierten Quelle chen, wird nachfolgend das Verfahren und die sollte ergänzt werden. Während die Skizze den Vorgehensweise beim Kartieren beschrieben, Quellbereich und das nähere Umfeld berück- Wichtiges ist unterstrichen. Es soll noch ein- sichtigt, erleichtert ein Detailbild des Austrittes mal erwähnt werden, dass Maßnahmen oft eine die Wiedererkennung zusätzlich. detaillierte Untersuchung erfordern; neben der Struktur ist dann die Untersuchung der Biolo- Der Erfassungsbogen kann mit einfachsten Hilfs­ gie erforderlich. mitteln bearbeitet werden: - Basis: Kartierbögen, Kartieranleitung, Der Erfassungsbogen gliedert sich in sieben Klemmbrett Merkmalsgruppen - Orientierung: Karte (Maßstab 1:25 000), a) Stammdaten – nicht bewertet. Zusätzlich evtl. geologische Karte oder Karte der natur- ist anzukreuzen, ob weitere Bögen vorliegen räumlichen Gliederung Deutschlands, Kom- oder die Quelle ohne offenen Abfluss bzw. pass oder GPS-Handgerät zerstört ist. - Schüttung: Uhr mit Sekundenzeiger oder b) Morphologie – nicht bewertet Stoppuhr sowie Zollstock, wasserdichte Pla- c) Einträge/Verbau – bewertet stiktüte mit ca. 5-10 Liter Inhalt und 5l-Ei- d) Vegetation/Nutzung – bewertet mer mit Literskala e) Struktur – bewertet - evtl. weitere Utensilien zur Erfassung von f) Gesamteindruck – (evtl. Korrektur der Chemie, Fauna und Flora Bewertung) g) Skizze/Bemerkungen – nicht bewertet Neben dem Ausfüllen bzw. Anstreichen des Erfassungsbogens sind oft zusätzliche Bemer- kungen sinnvoll. In den Tabellen ist das Zu- treffende anzustreichen, wobei zum Teil auch Mehrfachnennungen möglich sind. Bei einigen Merkmalen ist zusätzlich deren Anzahl anzuge- ben (Auswertung). Mit der Quellen-Aufnahme und Bewertungs-Software (QABS) des Landes Rheinland-Pfalz Abbildungen können Quellen schnell erfasst und nächste Seite: bewertet werden. Erfassungsbogen und Rückseite des www.quelltypenatlas.rlp.de Quellstruktur- verfahrens.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 37 Quellerfassungsbogen zu Struktur und Umfeld bitte vollständig ausfüllen/ anstreichen O weiterer Bogen Stammdaten: Datum:______Bearbeiter/ Kontakt: ______Name der Quelle:______Ident.-Nummer: __ I __ I __ I __ I __ I __ I __ I ______Kreis/ Gemeinde:______/______Rechtswert:______Hochwert: ______Karte (TK25-Nr.):___I___I___I___I______Quelltypenraum:______Witterung: ______Höhe ü.NN.: ______m Geologie:______O kein offener Abfluss, zerstörte Quelle (geschl. Brunnenstube)

Morphologie: (Sturzquelle) (Sickerquelle) (Tümpelquelle) (Wanderquelle) Vegetation/Nutzung: Austrittsform: fließend-stürzend flächig-sickernd in Quelltopf linear Einzugsgebiet Umfeld Quellbereich Quellufer Quellbach Vernetzung: Einzelquelle Quellkomplex Anzahl der Austritte:______standorttyp. Vegetation - O O O O Nachbarquelle in ______m Quellbachlänge: ______m standortfr. Vegetation - O O O O Geländeneigung: schroff stark mäßig schwach Moosgesellschaften - O O O O Hanglage: Oberhang Mittelhang Hangfuß Tallage Laubwald O O O O O Abflussrichtung: N NO O SO S SW W NW Mischwald O O O O O 2 2 Größe (10m Länge) : Quelle:______m Quellbereich______m Gebüsch O O O O O Quellschüttung: ganzjährig periodisch temporär Menge:______l/s Nadelforst O O O O O mittl. Fließgeschwindigkeit: schnell mäßig langsam stehend extens. Grünland O O O O O Einträge/Verbau: intens. Grünland O O O O O Fassung: neu alt verfallen Acker/ Sonderkultur O O O O O nein Brunnenstube + Überlauf O O O unbefestigter Weg - O O O O Rohr und Becken O O O befestigter Weg/ Straße - O O O O nur Rohr/ Rinne O O O künstl. vegetat.-frei/ Siedlung O O O O O Wasserentnahme: nein > 60% 30 - 59% <30% Zweck:______Sommerbeschattung: unbeschattet schwach mittel stark Verlegung: nein alt neu Länge:______m Länge unbekannt Struktur: stark mittel gering 2 Aufstau: nein Nebenschluss Hauptschluss nach______m Größe:_____m Substrat: natürlich Fels/ Blöcke O O O künstl. Absturz: nein Gesamtabfluss Teilabfluss Höhe:______m Steine O O O Verbau: stark mittel gering Kies/ Schotter O O O nein Holz O O O Sand O O O Steinschüttung O O O Feinmaterial O O O wilder Verbau O O O Moospolster O O O Naturstein O O O Wurzeln O O O Beton O O O Totholz O O O nach____m für____m Verrohrung O O O Pflanzen O O O Trittschäden: gering mäßig stark Falllaub O O O nein O O O Detritus/ org.Schlamm O O O Verursacher (Vieh, Wild, Mensch):______Anzahl:_____ Kalksinter...* O O O Infrastruktur: Zuwegung Bänke/ Parkplatz Trittsteine Überdachung verändert künstlich/ fremd O O O nein Anzahl:____ Wassertretbecken Wildfutterstelle Fahrschaden Sonstiges* Fadenalgen O O O Ablagerung: vollständig teilweise vereinzelt Strömungsdiversität: Spritzwasser glatt fließend überfließend nein Haus-/ Gewerbemüll O O O Anzahl:_____ gerippelt plätschernd überstürzend fallend Holzabfall O O O Wasser-Land-Verzahnung: groß mittel gering Pflanzenabfall O O O Besondere Strukturen: Laufverzweigung Inselstrukturen Fließhindernisse Sandwirbel Erdaushub/ Bauschutt O O O natürliche Pools gr. Tiefenvarianz Kaskaden Wasserfall org. Reste/ Faulschlamm O O O Anzahl:_____ starke Quellflur Wassermoose gr. Lückensystem Rieselflur Einleitungen: nach______m Gesamteindruck: 1 2 3 4 5 bedingt mäßig stark ge- nein Oberfläche/ Straße Drainage/ Graben unverdünnt Rohr trocken naturnah naturnah beeinträchtigt geschädigt schädigt

Skizze:Ski Maßstab:M ß t b *Bemerkungen: N

Gefährdungen:

Maßnahmen:

Schutzstatus:

Legende: Erfassungsbogen Chemie, Fauna, Flora

Chemie Fauna Flora Parameter Wert Einheit Häufigkeit Art, Gattung, Familie oder Tiergruppe Schichten Uhrzeit: Uhr Plattwürmer / niedere Tiere Bedeckung [%] Fließstrecke: m Muscheln und Schnecken Höhe [m] Geruch/Farbe: Krebse Trübung/Bodensatz: Milben / Schlammfliegen Bedeckung Art, Gattungsname Schaumbildung: Eintagsfliegen Lufttemperatur: °C Libellen Wassertemperatur: °C Steinfliegen Leitfähigkeit: µS/cm Wanzen pH-Wert: [ ] Grenzfauna / terrestrische Fauna Sauerstoffgehalt: mg/l Käfer Sauerstoffsättigung: % Köcherfliegen Säurebindungsvermögen: mmol/l Zweiflügler Gesamthärte: °dH Wirbeltiere Nitrat: mg/l Nitrit: mg/l Ammonium: mg/l Phosphat: mg/l Sulfat: mg/l Chlorid: mg/l Eisen: mg/l Mangan: mg/l Zink: mg/l Nickel: mg/l Aluminium: mg/l Kalzium: mg/l Magnesium: mg/l Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Erläuterung zur Kartierung und Abgrenzung von Quellen

Jeder Erfassungsbogen repräsentiert eine Quel- Die Entscheidung, ob ein natürlicher Bachanfang le. Sind Quellen eindeutig zerstört, so dass kein vorliegt, ist manchmal nicht eindeutig zu treffen. Wasser mehr abfließt, ist dies im Bogen unter Es kann sein, dass der abfließende Quellbach den Stammdaten einzutragen. In einem sol- gleich wieder versiegt, was allerdings typisch für chen Fall sind nur die Stammdaten auszufüllen. Wanderquellen ist. Wenn der Austritt mit einem Die restlichen Erhebungsdaten entfallen (außer Rohr gefasst ist, ist im Gelände oft nur schwer dem Grund der Zerstörung bei Bemerkungen). zu entscheiden, ob ein ursprünglicher Quellau- Vor allem naturnahe Quellen sind im Gelände stritt, ein Überlauf einer wassertechnische An- schwer zu finden. Quellsignaturen in der Karte lage, eine Drainage, eine Verlegung oder eine sind in der Praxis oft nicht brauchbar, da sie nur Entwässerung vorliegt. Künstliche Bachanfän- sehr inkonsequent gehandhabt werden und nur ge ähneln stark gestörten Quellen und sind im wenige Quellen eingezeichnet sind. Sie geben Flachland häufig. Vermutungen sind im Bogen aber Hinweise auf Quellhorizonte und Quell- festzuhalten. Dies gilt auch für sichtbare Beein- gebiete. Das Suchen von Quellen im Gelände trächtigungen des Quellbaches, etwa die Durch- ist zeitaufwändig, wenn die Standorte nicht be- gängigkeit betreffend. kannt sind. Im Umfeld von bekannten Quellen Ist die Größe eines Quellbiotops in der Brei- sind oft weitere Quellen auffindbar. te noch relativ leicht zu beurteilen, ist die Aus- Die Grenze, bis zu der die Kartierung er- dehnung in Richtung Quellbach fließend. Hier folgt, richtet sich in erster Linie nach dem Quell- richtet man sich vor allem nach dem Quelltyp bereich. Er ist in der Regel an der im Vergleich und dem Schüttungsverhalten: je geringer die zum Quellbach veränderten Vegetation, der Mor- Schüttung und je breiter der Quellbereich ist, phologie und z. T. an der Struktur erkennbar. Es desto geringer ist die Ausdehnung der Quel- sind nur Gewässer zu kartieren, die durch den le bachabwärts. Das bedeutet umgekehrt, dass Grundwasseraustritt als Quelle ansprechbar sind. stark schüttende Sturzquellen eine große Län- ge haben können – nach KRÜGER (1996) bis 100 m. In der Regel ist jedoch von ca. 10 bis 30 Längenmeter Fließstrecke auszugehen, bis der Quellbach deutlich unterschieden werden kann. Da jede Quelle morphologisch differiert und der Wert variiert, differiert auch die Fließ- strecke, nach der die Quellbedingungen hinter die des Quellbaches zurücktreten. Zu kartieren ist also die direkte Austrittsstelle bis 10 bis ca. 30 Meter bachabwärts inklusive Quellbereich und Umfeld. Die Mindestkartiergrösse des Quellbereichs beträgt also immer 10 Meter Fliessstrecke, was oft ausreichend ist. Die horizontale Abgrenzung des Quellbe- reichs und des Umfeldes wird in den Merkmals- gruppen Morphologie (Größe) bzw. Vegetation/ Nutzung beschrieben. Die Kartierung durch den vorliegenden Bogen bezieht sich oft auch auf den Quellbach, weshalb Längenangaben nach dem Quellaustritt bis 100 m anzugeben sind.

40 Quellen-Leitfaden Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Erläuterungen zu den Merkmalsgruppen im Kartierbogen a) Stammdaten

Datum: Tag der Kartierung, dient der jahres- zeitlichen Einschätzung der Ergebnisse. Der Standort jeder Quelle muss immer genau angegeben werden Bearbeiter/Kontakt: Name des Kartierers/der (Koordinaten), da Namen nicht Kartiererin und Kontaktadresse (e-mail). eindeutig sind.

Name der Quelle: Name der Quelle, falls vor- handen. Ist er nicht festzustellen, ist ein Flurnamen einzusetzen, der hohen Wiederer- Karte (TK25-Nr.): Nummer und Name der kennungswert besitzt. Bezieht sich der Name benutzten Karte zur Identifizierung. auf den sich anschließenden Bach, ist meist zusätzliche Kennzeichnung erforderlich, da Quellraum (Naturraum): betreffender Quell- in der Regel mehrer Quellen vorhanden sind. raum (vgl. Quelltypenatlas, z. B. Hunsrück), evtl. Beschreibung Ident.-Nummer: Die kartierte Quelle erhält eine 7-stellige Identifikationsnummer, die sie Witterung: Aktuelle Wettersituation plus die eindeutig kennzeichnet und aus der TK-25- vorherrschende Situation der letzten Tage, Nr. sowie einer laufenden Nummer (3-stel- v. a. Niederschlags- oder Trockenperioden, lig) kombiniert wird. Zusätzlich kann die zur Einschätzung der Schüttungsdynamik. Nummer auch mit Buchstaben kombiniert werden, die für den Naturraum oder die Ge- Höhe ü.NN.: Höhe über Normalnull in Me- meinde stehen. tern, aus der Karte entnommen.

Kreis/Gemeinde: Kreis (Autokennzeichen) so- Geologie: Bei fehlender Kenntnis werden geo- wie die Gemeinde, auf deren Gemarkung die logische Formation und anstehendes Gestein Quelle liegt. einer geologischen Karte entnommen.

Rechtswert/Hochwert: Die jeweils 7-stelli- kein offener Abfluss, zerstörte Quelle: Wenn ge Zahl gibt die genaue Lage der Quelle in die Quelle trocken gefallen oder so stark der Karte (TK-25) an. Die Werte geben als überbaut ist, dass kein offener Abfluss mehr Gauß-Krüger-Koordinaten die Lage auf der vorhanden ist, entfällt die weitere Bearbei- Karte in Kilometern bzw. Metern an. Die tung des Bogens außer der Skizze. Allerdings Ermittlung erfolgt durch Ablesung einer ist darauf zu achten, dass der Austrittsort der vierstelligen Zahl am horizontalen oder ver- Quelle hinreichend nachgewiesen oder histo- tikalen Kartenrand und Ergänzung von drei risch belegt ist. In einem solchen Fall ist die zusätzlichen Ziffern, die mit einem (durch- Quelle als stark geschädigt einzustufen. sichtigen) Lineal gemessen werden oder al- ternativ durch ein GPS-Gerät. Eine feh- lende, genaue Lagekennzeichnung der Quelle entwertet jede Kartie- rung, da diese erst die Wiederauffindung ermöglicht. Die Mindestkartiergröße des Quellbereichs beträgt immer 10 Meter Fließstrecke

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 41 Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

b) Morphologie

Austrittsform: Hier ist eine Entscheidung für kannt, ist sie aus der Karte abzuschätzen. einen der vier Basisquelltypen zu treffen. Der Die Quellbachlänge wird gemessen vom Hauptunterschied zwischen Sturz- und Si- Ende der Quelle bis zur nächsten Ein- ckerquelle betrifft die Austrittsfläche. Sie ist mündung. Wenn der nächste Bach nicht bei der Sturzquelle punktuell, bei der Sicker- sichtbar ist, ist die Länge in der Karte abzu- quelle großflächig-diffus. Tümpelquellen schätzen. Die Anzahl der Austritte be- bilden einen Quelltopf mit Überlauf. Wan- zieht sich entweder auf die Einzelquelle oder derquellen befinden sich meist in Gelän- den Quellkomplex. Die Biotopvernetzung derinnen und können nach einigen Me- von Quellen ist wichtig für den Wiederbe- tern wieder versickern. Bei Mischtypen oder siedlungsaspekt und die Stabilität der Quell- einem Quellbereich mit mehreren Austrit- biozönosen. Nachbarquellen sind „Trittstein- ten, die verschiedenen Quelltypen entspre- biotope“ und bilden ein mehr oder weniger chen, ist der dominierende Quelltyp anzu- dichtes Netz in der Landschaft, wobei be- geben. Dieser stellt den Hauptaustritt mit sonders deren räumliche Anordnung von der größten Schüttungsmenge dar. Beson- Bedeutung ist. Ist die Nachbarquelle ver- dere Quelltypen wie Kalksinter-, Schwefel-, baut, sollte dies unter Bemerkungen erwähnt Sole-, Thermal- oder Mineralquellen sind werden. unter Bemerkungen einzutragen. Dies gilt auch für Eisenockerausfällungen (rötliche Geländeneigung: Die Geländeneigung wird Ablagerungen). Bei großflächigen Quellbe- vor Ort abgeschätzt und eine der vier Stu- reichen können Quellwälder, Niedermoore, fen zugeordnet. Näherungsweise können die Kleinseggensümpfe, feuchte Gras- und Stau- Höhenlinien der Karte herangezogen wer- denfluren, Seen und Weiher aus ökologischer den. Die Geländeneigung bezieht sich auf Sicht Quellbereiche sein, wenn aus ihnen ein die Umgebung unterhalb der Austritt- Bach abfließt (KRÜGER 1996), was jeweils stelle, d. h. auf das Umfeld im Umkreis anzugeben ist. Bei Größeren Gebieten sind von 20 m und nicht nur auf den Austritt. repräsentative Quellen für die Kartierung Eine Berechnung der Neigung ist nur mit auszuwählen. technischen Geräten oder der sog. „Nei- gungsharfe“ aus der Karte möglich (TK25, Vernetzung: Dieses Merkmal beschreibt die Gradangaben). Lage zur nächsten Quelle. Einzelquel- le ist anzugeben, wenn im weiteren Um- Für die meisten Kartierzwecke reicht aber eine feld keine Quelle zu erkennen ist. Kleinere Abschätzung folgender Klassen aus: Nebenquellen im Quellbereich der Haupt- · schroff: Neigung 90° (senkrecht) bis 30° quelle zählen nicht separat, da nur ein · stark: Neigung 30° bis 15° Quellbach abfließt. Liegen mindestens · mässig: Neigung 15° bis 5° zwei Quellen beieinander oder ist ein Ge- · schwach: Neigung 5° bis 0° (waagerecht) biet großflächig mit Quellen bedeckt, so dass mindestens zwei getrennte Quellbä- Die Geländeneigung ist von Bedeutung für die che abfließen, ist Quellgebiet anzukreuzen. Morphologie, die Fließgeschwindigkeit, die Sub- Die beiden Quellbäche müssen insgesamt stratzusammensetzung sowie die Sonnenein- mindestens für 10 m Fließstrecke getrennt strahlung und somit den Temperaturhaushalt. sein, bevor sie sich vereinigen, ansonsten ist Einzelquelle anzugeben. Die ungefähre Ent- fernung zur Nachbarquelle ist dage- gen über Luftlinie anzugeben. Ist sie unbe-

42 Quellen-Leitfaden „Quelle ist nicht gleich Quelle …“ Die vier Basisquelltypen

Quelltyp Sturzquelle (Rheokrene) Sickerquelle (Helokrene) Tümpelquelle (Limnokrene) Wanderquelle (Migrakrene) Austrittsort punktuell diffus von unten linear Austrittsform fließend-stürzend flächig-sickernd in Quelltopf zeitlich wandernd

Lage steileres Gelände geneigtes Gelände Tal(rand)lage Geländerinne Substrat grob: fein: fein-mittel: mittel-grob: Fels, Steine, Kies Ton, Sand, Feinkies Sand, Feinkies Grobkies, Schotter Substratverteilung nach Strömung sortiert, gleichmäßig, ab dem Zu- konzentrisch sehr gleichmäßig wechselnd sammenfluss etwas gröber um Austritt sortiert in Geländerinne Besondere Rieselflur, Wasserfall, oft stärkere Quellflur Sandwirbel am Grund großes Lückensystem Strukturen Kaskaden Vegetation Moose, Farne, oft wenig Kräuter, Farne, Binsen, Wassermoose, nährstoffarme fehlende Quellvegetation Vegetation Seggen Tümpelvegetation

Außer diesen vier Grundtypen existieren verschiedene geochemische Sonderformen: Kalksinterquellen entstehen nach Kalkausfällungen, bei denen oft Moose beteiligt sind Schwefelquellen riechen nach Schwefelwasserstoff (Geruch fauler Eier) und lagern Schwefel ab Mineral-, Sole- und Thermalquellen sind besonders mineralreich (Eisenockerablagerung) bzw. werden durch vulkanische Prozesse erwärmt. Ihr Wasser besitzt teilweise heilsame Wirkung.

Ablagerungen von:

Kalksinter Schwefel Eisenocker Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Hanglage: Die Hanglage wird auf die gross­ Quellschüttung: Bei einem einmaligem Besuch räumige Umgebung bezogen. Liegt z. B. ist die Schüttung nicht ohne Weiteres ein- die Quelle am Fuß einer größeren Mulde am deutig einzuordnen, da sie Schwankungen Mittelhang, so ist Mittelhang anzukreuzen. unterliegt. Deshalb ist jede Quelle am besten (Abbildung unten) Die Hanglage hat ähn- mehrmals zu besuchen, es kann auch die Er- liche Konsequenzen wie die Geländeneigung, fahrung von Anliegern genutzt werden: weist aber zusätzliche Verknüpfungen mit · ganzjährig bedeutet, dass die Quelle der Schüttung und der Gewässerchemie auf. ohne Unterbrechungen schüttet. · periodisch bedeutet, dass die Quelle re- Abflussrichtung: Die Abflussrichtung ist die gelmässig mit Unterbrechungen Himmelsrichtung, in die der Quellbach den fließt, z. B. Austrocknung im Sommer. Quellbereich verlässt. Bei gewundenem Ab- Die Schüttungszeit überwiegt die Zeit des fluss ist ein Mittelwert zu bilden. Die Anga- Trockenfallens. ben sind als Halbquadrant vorgegeben, z. B. · temporär heißt, dass die Quelle längere NW = Nordwest. Das Merkmal ist wichtig Zeit trocken fällt als sie schüttet. für die Ausbildung der Vegetation, den Tem- peraturhaushalt und das Mikroklima. Wichtig ist eine wenigstens grobe Größe: 2 Die Größe der Quelle wird in m ge- Angabe der Schüttung schätzt und entspricht der Fläche, die (Abflussmenge in Liter/Sekunde) deutlich sichtbar wasserüberstanden oder überflossen ist, also dem Gewässer im her- kömmlichen Sinn. Der Quellbereich ist im Allgemeinen größer als die Quelle selbst. Er Die Schüttungsmenge ist nur mit ge- entspricht zusätzlich dem feuchten Bo- übtem Auge abzuschätzen. Ungeübte un- denbereich im Umkreis um die Quel- terschätzen sie meist. Am leichtesten ist sie le mit nassen Hängen oder Felsen. bei gefassten Quellen zu messen, indem ein Er ist oft mit Quellpflanzen besiedelt, hebt Messeimer unter das Rohr oder den Über- sich also mit seiner Vegetation vom Um- lauf gehalten wird und die Zeit bis zur Fül- feld ab, das sich nach außen anschließt. Das lung gestoppt wird. Anschließend ist in Li- Verhältnis zwischen Quelle und Quellbe- ter pro Sekunde umzurechnen. Wichtig ist, reich erlaubt Rückschlüsse über die Bezie- darauf zu achten, dass der gesamte Abfluss hungen von Morphologie, Quelltyp und Strukturvielfalt.

Darstellung von Quellen verschiedener Hanglagen.

44 Quellen-Leitfaden Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

in den Eimer fließt. Ansonsten muss mehr- mals an verschiedenen Stellen gemessen und zusammengerechnet werden. Falls diese Me- thode bei verteiltem Abfluss oder durchsi- ckertem Substrat nicht möglich ist (natur- nahe Quelle), behilft man sich mit einem Plastiksack, der möglichst dicht am Boden liegt und das Wasser aufnimmt. Auch hier wird wieder die Zeit gestoppt. Diese Methode eignet sich v. a. bei schwach schüttenden Sickerquellen. Sind bei bachähnlichen Sturzquellen keine Abstürze vorhanden, kann eine vereinfachte Ab- flussmessung erfolgen, indem Breite, Tiefe und Fließgeschwindigkeit einer einheitlichen Stelle multipliziert werden. Eine wenigstens grobe Angabe der Quellschüttung ist hilf- reich. Die Schüttung ist eine wichtige Grö- ße, die sehr viele Faktoren beeinflusst, so die Substrat- und Vegetationsverteilung und die Zusammensetzung der Fauna. Einige che- mische Parameter wie Sauerstoffgehalt, pH- Wert und die Wassertemperatur hängen von ihr ab. mittl. Fließgeschwindigkeit: Die Fließge- schwindigkeit ist eine Größe, die je nach Ort in der Quelle variiert. Die mittlere Fließge- schwindigkeit wird gemessen, indem eine Stelle ausgesucht wird, die repräsenta- tiv für die Quelle ist. Dort wird eine Mes- sung nach der sog. Driftkörpermetho- de durchgeführt. Ein schwimmender Körper (Blatt, Holzstückchen) wird auf der Wassero- berfläche treiben gelassen und die Strecke gemessen (Zollstock) die in einer Sekunde zurücklegt wird (m/s). Anschließend wird die Fließgeschwindigkeit in eine der vier Klassen eingeteilt: · schnell: > 0,8 m/s · mässig: 0,3 bis 0,8 m/s · langsam: < 0,3 m/s · stehend: 0 m/s

Mit etwas Erfahrung können die Werte auch geschätzt werden. Die Fließgeschwindigkeit ist Typen von ähnlich wie die Schüttung ein wichtiger Fak- Quellfassungen: tor für die Besiedlung und hat ähnlich wichtige Brunnenstuben mit Bedeutung. und ohne Überlauf.

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c) Einträge/Verbau:

Fassung: Verschiedene Typen von Fassungen (s. folgende Abbildungen) stellen die gra- vierendsten Schädigungen einer Quelle dar und müssen deswegen stärker differenziert werden: · Brunnenstube mit Überlauf: Es ist (we- nigstens zeitweise) noch ein Abfluss vorhan- den, der als Überlauf einer Brunnenstube gefasst ist. Der anschließende Ablauf kann mehr oder weniger beeinträchtigt bis natur- nah sein. Bei größeren Wasserentnahmen kann der Überlauf trocken fallen (Schädi- gung beträchtlich). · Rohr und Becken: Hier ist der Austritt mehr oder weniger vollständig gefasst mit Beeinträchtigung der Lebensgemeinschaften. Bei einem Becken oder einem ähnlichen Bauwerk fehlt fast nie ein Rohr oder eine Rinne (Absturz), die das Wasser hineinleitet. Starker Verbau am unmittelbaren Quellaus- tritt ist das Hauptmerkmal dieses Fassungs- typs, er setzt sich oft noch eine weitere Stre- cke fort (Verrohrung, Rinnen) · nur Rohr/Rinne: Bei dieser Art der Fas- sung ist nur ein Rohr oder eine Rinne vorhan- den, der Rest des Abflusses ist mehr oder we- niger naturnah belassen. Die Schädigung ist zwar nicht so stark wie bei einem Becken, das Rohr mit Absturz stellt aber eine Wanderbar- riere dar, die nur einseitig passierbar ist.

Mit den folgenden Begriffen ist das Alter und der Zustand der Fassung gemeint: · neu: Die Fassung ist noch relativ jung, voll- kommen unversehrt und vegetati- onsfrei oder macht den Eindruck einer regelmäßigen und gründlichen Instand- haltung und Reinigung. Bereits kleinere Schäden an der Fassung werden in kürze- ren Abständen repariert. Die Quelle ist stark geschädigt. · alt: Die Fassung zeigt bereits Spuren des Verfalls, ist aber noch funktionstüchtig. Typen von Sie ist schon älter und teilweise überwachsen Quellfassungen: (Moospolster). Sie zeigt keine Anzeichen Quellfassungen mit laufender Instandhaltung oder häu- Rohr und Becken. figen Reinigung. Das Wasser fließt zu einem

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geringen Teil (unter 10%) durch Ritzen und Spalten der Fassung, sonst ist die Fassung in- takt. Die Quelle zeigt Ansätze faunistischer und floristischer Wiederbesiedlung. · verfallen: Die Fassung ist schon so stark verfallen, dass ein deutlicher Teil (über 10%) des Wassers nicht mehr über die Fas- sung, sondern daran vorbei oder durch Spalten und Ritzen fließt. Die Fas- sung ist im Sinne der ursprünglichen Anla- ge nicht mehr (voll) funktionstüch- tig. Das verfallene Bauwerk ist oft stark mit Pflanzen bewachsen und kann technisch nur aufrechterhalten werden, wenn die gesamte Fassung erneuert wird (ökologisch fehlange- zeigt). Die Quelle ist mit hoher Wahrschein- lichkeit wiederbesiedelt und möglicherweise als wertvoller Biotop anzusprechen (s. Abb.).

Wasserentnahme: Neben der Trinkwassernut- zung gibt es eine Reihe weiterer Wasserent- nahmen. Dazu zählt die Ableitung von Was- ser für Viehtränken, Fischteiche oder für die Bewässerung sowie Wasserentnah- men durch Besucher mittels Kanistern (Heilquellen). Die Entnahme wird in drei angegebene Klassen geschätzt und ihr Zweck angegeben. Schäden durch Entnahmen wer- den nach der Menge des entnommenen Was- sers beurteilt.

Verlegung: Eine Verlegung liegt dann vor, wenn die Quelle mittels eines Drainage- oder sonstigen Rohres über eine gewisse Distanz von ihrem ehemaligen Austrittsort weggeleitet wird. Ist die Verlegung noch relativ neu, erkennt man ihre Länge und trägt diese in den Bogen ein. Dies ist z. T. auch bei älteren Verlegungen erkennbar. Hat man keinen Anhaltspunkt, ist „Länge unbe- kannt“ einzutragen. Die Verlegung unter- scheidet sich von der Verrohrung durch den Eingriffsort: bei der Verlegung ist der Aus- tritt selbst, bei der Verrohrung der unterhalb liegende Teil der Quelle verrohrt, so dass der Austritt frei liegt. Die Auswirkung der Ver- Typen von legung variiert je nach Größe des Eingriffs, Quellfassungen: welche durch Länge und Alter gekennzeich- Quellfassung net ist. mit Rohr.

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Aufstau: Ein Aufstau hat je nach Ort und Grö- ße sehr unterschiedliche ökologische Folgen, z. B. verstopft er das Hohlraumsystem der Gewässersohle. Ein großer, nahe beim Quel- laustritt liegender Aufstau im Hauptschluss überprägt die Quelle völlig, während ein kleiner Aufstau, der sich weit von der Quelle im Nebenschluss angliedert, praktisch kei- ne Auswirkungen hat. Aufstau wird hier im Sinne von künstlichem Aufstau verstan- den, im Gegensatz zu natürlichen Tümpel- quellen. Hauptschluss bedeutet, dass das gesamte Wasser durch den Aufstau fließt, während bei einem Nebenschluss nur ein Teil des Wassers in den Aufstau geleitet wird, der andere Teil verbleibt im natürlichen Ge- wässerbett. Zusätzlich ist die Lage des Auf- staus und dessen Größe in m2 anzugeben. künstl. Absturz: Ein künstlicher Absturz ist ein künstlich geschaffener, freier Abfall des Wassers mit Abreißen des Bodenkontaktes, verbunden mit einem kleineren Bauwerk (Wehr, Rampe). Der Abfall kann den ge- samten Abfluss betreffen oder nur einen Teil davon. Die Höhe ist anzugeben. Vor allem höhere Abstürze bilden eine Wander- barriere für aquatische Tiere.

Auch Quellfassungen können naturnah besiedelt sein.

48 Quellen-Leitfaden Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Verbau: Beim Verbau kommt es neben dem Baustoff vor allem darauf an, wie groß die verbauten Bereiche sind. Deswegen werden drei Kategorien unterschieden, die sich auf die Ufer, die Gewässersohle und den näheren Quellbereich der ersten Fließmeter beziehen: · stark: etwa von 70 bis 100 % Wasserkontaktfläche. · mittel: etwa von 30 bis 70 % Wasserkontaktfläche. · gering: etwa von 0 bis 30 % Wasserkontaktfläche.

Als typische Baumaterialien für Quellfassungen werden folgende unterschieden: · Holz: Verschalung mit Brettern und Bal- ken, Holzrinnen. · Steinschüttung: lose eingeschüttete Steine, Schotter oder Kies. · wilder Verbau: meist illegal (Anlieger) aus Wellblech, Brettern, Beton, Autoreifen usw. · Naturstein: Verbau aus roh behau- enem, gebietstypischem Stein. Ge- meint ist auch eine gefugte oder ungefugte Natursteinmauer. · Beton: z. B. als Betonverschalung, Beton- mauer, Bausteinmauer in Zementbauweise. · Verrohrung: Bei einer Verrohrung wird die Quelle durch ein Rohr geführt, z. B. un- ter einem Weg. Sie verhindert als Wander- barriere die Ausbreitung von Tieren. Ab- stand und Länge sind jeweils anzugeben.

Typische Bau­ materialien für den Ausbau von Quellen: Holz, Naturstein, Beton und wilder Verbau.

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Die ökologischen Folgen von Trittschäden sind Zusätzliche Bemerkungen auf die Zerstörung der Kleinhabitate und ihrer Le- dem Kartierbogen ergänzen die bensgemeinschaften durch das „Umpflügen“ des Datenaufnahme. Bodens im Quellbereich.

Infrastruktur: Sie bezieht sich in weitem Sinn Die verschiedenen Formen von Verbau verhin- auf „touristische“ oder jagdliche Verände- dern – abhängig von Art und Intensität – eine rungen zur Freizeitnutzung im Quellbereich natürliche Substratausstattung, die Ausbildung und im Umfeld und wirkt sich indirekt ne- von Kleinhabitaten, eine natürliche Uferlinie, gativ auf die Struktur aus: verkleinern den Quellbereich und zerstören Le- · Zuwegung: schmaler Weg oder Pfad, der bensräume für Quellzönosen. an/in den Quellbereich oder ans Quellu- fer heranreicht in Kombination mit Bo- Trittschäden: Geringe Trittschäden sind ökolo- denverfestigungen oder Schädigung der gisch wenig bedeutsam, mäßige und starke Quellvegetation. Trittschäden können jedoch Quellzönosen · Bänke/Parkplatz: Dieses Merkmal fasst deutlich beeinträchtigen (siehe Abbildung touristische Einflüsse zusammen, die zwar Seite 81): nicht direkt durch Verbau im Quellbereich · gering: Trittspuren sind zwar erkennbar, gekennzeichnet sind, deren Vorhandensein die Quellvegetation ist aber kaum verändert. aber starke Besucherfrequentierung anzeigt · mässig: hier ist noch Quellvegetation sowie (Gefährdung durch Müll, Trittschäden usw.). die ursprüngliche Substratausstattung vor- · Trittsteine: Angelegte Steine, um tro- handen, aber bereits beeinträchtigt. ckenen Fußes ans Wasser treten zu können. · stark: Hier sind die Veränderungen so · Überdachung: Eine Überdachung wirkt gravierend, dass das Gewässerbett kaum sich v. a. auf den Nahrungs- und Lichthaus- noch erkennbar ist. Es bilden sich schlam- halt aus. mige Flächen oder verfestigte Bodenbereiche · Wassertretbecken: Ist solch ein Bauwerk (Pfützen, Trittspuren, Suhlen). Es ist keine direkt im Anschluss an die Quelle (Haupt- nennenswerte Quellvegetation mehr vor- schluss) vorhanden, muss dies unter Fassung handen, während einheitliches Feinsubstrat bzw. Verbau zusätzlich angegeben werden. vorherrscht. In einiger Entfernung und im Nebenschluss genügt der Eintrag an dieser Stelle. Die Frage nach den Verursachern der Trittschä- · Wildfutterstelle: Eine Wildfutterstel- den liefert wertvolle Zusatzinformationen als le wird gerne an Quellen errichtet, da auch Ansatzpunkt für Maßnahmen (Fußabdrücke). das Vorhandensein einer Wasserstelle Wild anlockt. Erkennbar ist sie an Hochsitzen, Futterresten, Futtergefäßen und Wildvertritt. Neben Trittschäden besteht die Gefahr der Eutrophierung durch Futter und Tierkot (si- ehe Abbildung Seite XX). · Fahrschaden: Befahren des weiteren Quellbereichs mit einem Fahrzeug, ist auch bei Bauarbeiten (Bagger) sowie bei Rücke- schneisen (Schlagholzrücken im Wald) an- zugeben, da hier ebenfalls Maschinen den Quellbereich schädigen. Bei starker Schädi- Auch ein Fahrschaden gung ist dies auch unter Stammdaten, Ve- beeinträchtigt eine getation/Nutzung oder Struktur anzugeben Quelle massiv. (Abb. unten).

50 Quellen-Leitfaden Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Ablagerung: Sie können eine Quelle inklusive des Quellbereichs: · vollständig (80 bis 100 %), · teilweise (20 bis 80 %) oder · vereinzelt (0 bis 20 %) bedecken (s. Abb. rechts). Zu unterscheiden sind: · Haus-/Gewerbemüll: Gewerbemüll be- steht im Vergleich zu Hausmüll häufig aus größeren Mengen. · Holzabfall: sämtlicher Holzabfall, der nach Augenschein nicht natürlich in die Quelle gelangt ist, insbesondere große Men- gen mit starker Abdeckwirkung (Stückholz, Bretter). · Pflanzenabfall: Gartenabfälle wie Gras, Laub, Heckenschnitt, Weihnachtsbäume. · Erdaushub/Bauschutt: Hauptproblem ist die Zudeckung der Quelle sowie Verände- rungen des Chemismus (Kalk, Mörtel). · org. Reste/Faulschlamm: Im Gegensatz Quellmulden zu natürlichen Quellen kann Faulschlamm werden oft als in anthropogen beeinträchtigten Quel- Müllkippe len größere Ablagerungen bilden. Er wird mißbraucht. durch starke organische Einträge verursacht (zersetzte Pflanzenreste, Abwasser). Faul- schlamm besteht aus kleinsten organischen Resten, die unter Sauerstoffabschluss und Schwefelwasserstoffbildung langsam zersetzt werden (Geruch fauler Eier)

Ablagerungen überdüngen oder verschütten den Quellbereich, verhindern den Lichteinfall oder verändern ihn mit deren Inhaltsstoffen (Öle, Säuren, Lacke, Reinigungsmittel, Kalk).

Einleitungen: Einleitungen erfolgen einerseits absichtlich, andererseits können aus offenen Flächen nach heftigen Niederschlägen Stoffe in Quellen eingeschwemmt werden. Vor allem Quellen in Hangkerben und Tallagen sind davon betroffen. Auch bei Trockenheit ist deshalb auf eine gefährdete Exposition zu achten. · Oberfläche/Strasse: Oberflächenwasser ist in der Regel gering verschmutzt, es kön- nen aber Gummiabrieb, Öle, Streusalz (Stra- Illegale Ableitung ßen) oder andere wassergefährdende Stoffe zur Garten­ beigemengt sein. Oberflächenwasser gelangt bewässerung.

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d) Vegetation/Nutzung: Im Umfeld werden Biotoptypen und Nutzungen mit ihrem Abstand Tabelle: Bei der Tabelle der Vegetation/Nut- zur Quelle erfasst, wobei Mehrfach- zung werden Biotoptyp und Abstand zur nennungen erfolgen können. Quelle kombiniert, letzter gekoppelt mit dem Grad der Auswirkung. Beim Abstand zur Quelle wird unterschieden:

· Einzugsgebiet: Das Einzugsgebiet ei- auch über Gräben in eine Quelle (Auswa- ner Quelle umfasst das Gebiet oberhalb der schung nach Regenereignissen). Quelle bis zur Wasserscheide. Zur Abschät- · Drainage/Graben: Diese Einleitungswäs- zung der Vegetation des Einzugsgebietes sind ser gelangen über Drainagerohre oder Grä- sichtbare, dominierende Vegetations- oder ben in Quellen und sind wegen ihrer Her- Nutzungsformen anzugeben. kunft aus (intensiv) landwirtschaftlichen Ein Teil des Wassers, das im Einzugsge- Flächen zum Teil mit Düngemitteln oder Pe- biet versickert, fließt unterirdisch über das stiziden belastet. Sie sind jedoch noch mehr Grundwasser der Quelle zu. Die Quelle be- oder weniger stark verdünnt. zieht ihr Wasser zwar von diesem Gebiet, das · unverdünnt: Unverdünntes Abwas- tatsächliche Einzugsgebiet kann sich aber ser stammt aus Haushalten, Industrie oder vom oberirdisch sichtbaren Einzugsgebiet Landwirtschaft (Gülle, Silosickersäfte). Es ist unterscheiden. am starken Geruch, der Trübung, der auf- Fallen Beeinträchtigungen oder abweichende, fälligen Farbe oder an Bakterien (Schleimfä- wassergefährdende Nutzungsformen im wei- den: sog. „Abwasserpilz“) zu erkennen. Die teren Umfeld oder im näheren Einzugsgebiet Veränderungen der Nährstoffsituation und auf (z. B. eine Mülldeponie), ist dies unter der Wasserchemie sind aufgrund der ho- Bemerkungen zu nennen. hen Schadstoffkonzentrationen besonders · Umfeld: Das Umfeld schließt sich außen dramatisch. länglich oval um den Quellbereich an und · Rohr trocken: auch ein zeitweise tro- reicht etwas weiter wie der Kronenradius ckenes Rohr birgt die Gefahr einer pe- eines großen Baumes, entsprechend etwa riodischen oder spontanen Einleitung, 15 Meter. z. B. durch Reinigung eines Betriebes am · Quellbereich: Der Quellbereich meint Wochenende. den direkten Umkreis als durchnässter, wassergesättigter Bodenbereich um Bei Einleitungen spielt der Abstand zum Aus- die Quellaustritte. Er hebt sich mit seiner tritt eine wichtige Rolle (Angabe auch bei tro- (Quell-)Vegetation oft vom Umfeld ab, das ckenem Rohr). sich nach außen anschließt. Hierzu gehören auch Spritzwasserzonen. · Quellufer: Das Quellufer stellt den schmalen Übergangsbereich zwischen Wasser und Land dar, Sickerflächen und durchfeuchtete Böden gehören zum Quellbereich. · Quellbach: Der Quellbach schließt sich unterhalb des Umfeldes an. Wichtig ist vor allem, auf die Durchgängigkeit (Verrohrung, Verbau, Abstürze), aber auch auf Nutzungs- formen zu achten und gravierende Verände- rungen zu notieren.

52 Quellen-Leitfaden Der Quellwald „… bietet den Quellen ein Dach über‘m Kopf“

Die Schwarzerle (Alnus glutinosa) ist ein typischer Begleiter unserer Gewäs- ser und wächst dort wo es anderen Baum­ arten zu nass ist. Sie wird 20 bis 25 m hoch und hat eine lockere Krone. Dadurch lässt sie auch im Sommer ausreichend Licht zum Boden durch und spendet trotzdem Schat- ten, der für gleichbleibende Temperaturen in Bodennähe sorgt. Das Laub der Erle verrottet sehr leicht. Es bildet im nährstoffarmen Lebensraum Skelettiertes Blatt als Nahrungsgrundlage Quelle die Grundlage für die Ernährung der Quellbewohner und bietet diesen zahl- reiche Versteckmöglichkeiten. Viele ehemals mit Erlen bestandene Quellsümpfe in Tallagen oder an Nordhän- gen wurden zum Zwecke forstlicher Nut- zung in Fichtenforste umgewandelt. Durch die extreme Beschattung verschwindet die natürliche Quellflora, die Versauerung von Boden und Quellwasser wird verstärkt und den Quellbewohnern wird die wichtigste Nahrungsgrundlage – das Falllaub – ent- zogen. Derart beeinträchtigte Quellen sind meist biologisch verarmt. Erlenbruch als Quellsumpf, naturnaher/natürlicher Zustand

Fichtenpflanzung im Quellsumpf führt zur Versauerung. Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

etwa 5 % die vorkommenden Substrate überwachsen. · Laubwald: Hiermit sind auch einzelste- hende Laubbäume gemeint, wenn sie sich in unmittelbarer Nähe der Quelle befinden (Quellufer, Quellbereich oder Umfeld mit Kronenüberdachung). Laubwald wird ab einem Laubbaumanteil von 80 % angegeben und bildet die natürliche Bestockung um Quellen. - Mischwald: Mischwald wird aus Laub- und Nadelbäumen gebildet und ab einem ausgeglicheneren Verhältnis von 20 zu 80 % (Laub-/Nadelbäume) angegeben. Im nahen Umfeld (Kronenüberdachung) genügen be- reits unterschiedliche Einzelbäume für die Nennung von Mischwald. Mischwald steht in seinen Einflüssen zwischen Nadel- und Laubwald. Detritus besteht · Gebüsch: Gebüsch hat eine Höhe von we- aus zersetzten Bei den eingeteilten Biotoptypen und Nutzungs- niger als 5 bis 6 m. Liegt die Höhe darüber, Pflanzenresten, deren flächen können Mehrfachnennungen erfolgen: wird entweder Laub-, Nadel- oder Misch- Herkunft nicht mehr wald angegeben. klar erkennbar ist · standorttypische Vegetation: stand- · Nadelforst: Nadelbäume mit einem Na- orttypische Vegetation sind Kräuter und delbaumanteil von mehr als 80 % sind im- Stauden, die charakteristische Gesellschaften mer forstwirtschaftlich bedingt und stand- für Quellen, Wald, Nasswiesen oder feuch- ortfremd, da sie natürlich in Mittelgebirgen te Hochstaudenfluren bilden (nicht verholzt). nur selten und in großen Höhen vorkom- Hierzu gehören auch Röhrichte, Seggenriede men. Es sind auch Einzelbäume zu nennen, oder Niedermoore. Typische Pflanzen finden die sich in Quellnähe befinden (nahes Um- sich in Bestimmungsbüchern der heimischen feld, Kronenüberdachung). Nadelholzmono- Flora. kulturen sind ökologisch stark schädigend. · standortfremde Vegetation: standort- · extens. Grünland: Extensives Grünland fremde Vegetation bilden meist Hochstauden wird nicht, unregelmäßig oder wenig ge- und Pflanzen wie Stickstoffzeiger in Verbin- düngt (kein Kunstdünger). Es wird gering dung mit sehr dichter Vegetation aus stark beweidet oder ein- bis höchstens zweimal wuchernden Einartbeständen sowie einge- im Jahr gemäht. Bestimmte Pflanzenarten schleppte Pflanzen (Neophyten). Zu erste- zeigen extensive Wiesen an, wobei unter Be- ren gehört die Brennnessel in großen, dich- merkungen zu notieren, ob Wiese oder Wei- ten Beständen, zu letzteren als Neophyten de vorliegt. die Topinambur, der Riesen-Bärenklau, der · intens. Grünland: Intensives Grünland Staudenknöterich, das indisches Springkraut wird regelmäßig und häufig gedüngt und ge- und die kanadische Goldrute, weiterhin mäht (3 bis 5 mal im Jahr) oder intensiv be- Pflanzen, die typisch für beeinflusste Bioto- weidet. Auch intensive Nutzungsformen wer- pe sind wie Ruderalflächen und Schuttplätze den durch typische Pflanzenarten angezeigt, sowie eine übermäßig starke Verkrautung. fast immer dominieren wenige Arten. · Moosgesellschaften: pflanzliche Le- · Acker/Sonderkultur: Neben Äckern ge- bensgemeinschaften, bestehend aus Moos- hören auch Sonderkulturen wie Wein, Hop- beständen, die ab einer Bedeckung von fen, Tabak, Gemüse oder Obstbau dazu.

54 Quellen-Leitfaden Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

· unbefestigter Weg: Hier sind gering oder e) Struktur: unbefestigte Wege gemeint, die zwar durch eine Bodenverfestigung gekennzeichnet sind, Substrat: Dieser Punkt ist sehr wichtig für die aber keine starke Auflage aus gebietsfremden Lebensgemeinschaften in einer Quelle, da Materialien aufweisen. Streckenweise kön- Substrat Lebensraum und Nahrungsgrund- nen aber Befestigungsmaterialien verwendet lage zugleich darstellt. Mit Substrat ist das werden, z. B. Bauschutt. Hierzu zählen auch Material gemeint, aus dem das Gewässerbett Wanderwege oder Wege, deren Auflage ent- einschließlich der umspülten Ufer und der weder aus Naturstein besteht, überwachsen Spritzwasserzonen besteht. Das Substrat ist oder nicht mehr erkennbar ist (keine größe- also immer wasserbenetzt. Für die Klas- ren Unterhaltungsmaßnahmen). sengrenzen wurden in der Bodenkunde üb- · befestigter Weg/Strasse: Dieser Punkt liche Maße verwendet (AG BODEN 1994). umfasst breitere Wege, die in großem Um- Die Häufigkeit des Substrates wird in drei fang mit Schotter, Splitt oder ähnlichen Ma- Klassen eingeteilt: terialien (gebietsfremd) befestigt sind, außer- · stark: der wasserüberstandene Bereich ist dem alle versiegelten Straßen. zu über 50 % daraus zusammengesetzt. · künstl. vegetat.-frei/Siedlung: Die · mittel: er besteht zu 20 bis 50 % daraus. Ausbildung natürlicher Vegetation kann · gering: er besteht zu 1 bis < 20 % daraus. durch Verbau, Vertritt oder künstliches Ent- Substrate unter 1 % entfallen. fernen verhindert werden. Natürlich vege- tationsfreie Ufer (Fels, Beschattung) sind Bei den Materialen werden in der Regel Mehr- nicht gemeint. Außerdem umfasst der Punkt fachnennungen vorgenommen, wobei bei „stark“ versiegelte Flächen wie Häuser, Ortschaften nur eine Nennung möglich ist. Ist eine große und Städte, Gewerbeflächen sowie andere in- Substratvielfalt vorhanden, werden meistens die tensive Nutzungen wie Bahndämme, (Schre- Ausprägungsgrade „gering“ und „mittel“ ange- ber-) Gärten, Spielplätze, Parks, Friedhöfe geben. Manchmal kann die relative Substratar- usw. Konkrete Flächennutzungen sind unter mut einer naturnahen Quelle naturraumbedingt Bemerkungen anzugeben. sein. In einem solchem Fall werden trotz opti- maler Substratausstattung nur geringe Substrat- Sommerbeschattung: Die Sommerbeschat- zahlen erreicht. Bei naturnahen Quellen sind tung ist die Beschattung, die Gehölze in aber praktisch immer wenigstens 3 Substrate an- vollständig belaubtem Zustand erzielen. zusprechen. Eine Ausnahme können naturnahe Bei Kartierungen in Winter, Frühjahr und Buchenwaldsickerquellen im Herbst darstellen, Herbst orientiert man sich an der von Ästen wenn diese kurzzeitig völlig mit Falllaub und und Zweigen bedeckten Oberfläche. Dabei Zweigen überdeckt sind. In einem solchen Fall ist die Beschattung von oben zu schätzen: sind die bedeckten (häufig vielfältigen) Substrate · unbeschattet: 0 % Flächendeckung. mit zu berücksichtigen. Als natürliche Substrat- · schwach: 0 bis 30 % Flächendeckung. typen werden unterschieden: · mittel: 30 bis 70 % Flächendeckung. · Fels/Blöcke: Blöcke beginnen ab einem · stark: > 70 % Flächendeckung. Durchmesser von ca. 20 cm, sind aber meist deutlich größer. Fels ist im Vergleich zu Blö- cken fest im Boden verankert, hat aber ähn- liche Eigenschaften. · Steine: Korngröße von ca. 6 cm bis ca. 20 cm. Die Substratdiversität hat sich als ent- · Kies/Schotter: Korngröße von 2 mm bis scheidender Faktor für die Besiedlung 6 cm. Kies ist rund, Schotter kantig. der Quellen herausgestellt. · Sand: Korngröße 0,1 mm bis 2 mm: noch sichtbare und fühlbare Körner (Verreiben).

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 55 Die häufigsten Quelltiere sind mit ein wenig Übung leicht von ande- ren Gewässertieren zu unterscheiden. Allerdings sind sie oft klein, unscheinbar und gut zwischen Pflanzen und Fallaub getarnt. Bei der Suche können Steine und Totholz umgedreht, Fallaubstapel oder die Wasservegetation mit einem kleinen Sieb durchsucht wer- den. Hierbei bitte nur punktuell und vorsichtig vorgehen und keine Trittschäden hinterlassen! Nach dem Anschauen werden die Tiere wieder freigelassen.

Bestimmung häufiger Quelltiere „Leitarten silikatischer Quellen“

Höhlenflohkrebs Niphargus sp. Quellköcherfliege Crunoecia irrorata Quellschnecke Bythinella sp. Größe 5 bis 30 mm, weiße Farbe, augenlos, Länge der Larve 8 mm, Köcher vierkantig Größe bis 2,5 mm, Farbe grau, zuweilen Form ähnlich dem Bachflohkrebs Gamma- aus Blattstückchen überdeckt durch rostbraune Substrate, rus fossarum Form abgerundet (oval):

Quelljungfer Cordulegaster sp. (links) Sehr große Libelle, Größe knapp 100 mm, schwarzer Hinterleib mit gelben Ringen

Feuersalamander Salamandra salaman- dra (rechts) Schwarz mit gelben Flecken, unverkennbar Larven mit langem Schwanz und Kiemen- büscheln hinter dem Kopf Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

· Feinmaterial: Material mit einer Korngrö- Autoreifen, Wellpappe). Es ist auch an ge- ße unter 0,1 mm, nicht sicht- und fühlbar. bietsfremde Schüttmaterialien wie Schotter · Moospolster: Moose direkt am Ufer von Wegen zu denken. (Wasserkontakt) oder im Spritzwasserbereich. · Wurzeln: Wurzelflächen mit Wasserkontakt. Strömungsdiversität: Die Strömung ist ein · Totholz: abgestorbene Äste und Zweige, Hauptparameter für Fließwasserorganismen. die im Wasser liegen oder an Strömungshin- Je vielfältiger die Strömungszustände, desto dernissen festgespült sind bilden wichtige mehr Kleinhabitate stehen für Krenozöno- Strukturen und Nahrung für Tiere. sen zur Verfügung. Die bezeichneten Strö- · Pflanzen: lebende Pflanzen, wenigstens mungszustände sind in einer Reihe von mehr teilweise untergetaucht (submers). oder weniger stehend bis schnell fließend · Falllaub: Abgefallene Blätter bilden flä- angeordnet. Es sind alle Strömungszustände chige Bereiche oder sammeln sich an be- anzustreichen, die deutlich erkennbar und stimmten Stellen zu Falllaubstapeln. Fall- nicht nur einmal auf wenigen Quadratzenti- laub ist häufig reich besiedelt. metern Fläche vorkommen: · Detritus/organischer Schlamm: ab- · Spritzwasser: Diese Bereiche sind zwar gestorbene, kleinste Pflanzen- und Tier- ständig nass, aber nicht überflutet. Sie liegen reste, die bereits so zersetzt sind, dass deren an Felswänden oder seitlich unter Abstürzen. ursprüngliche Form und Herkunft nicht er- Das Wasser rieselt, perlt oder tropft dabei kennbar ist. Er setzt sich meist in Mulden, über das Substrat (Rieselfluren) stehendem Wasser oder zwischen Steinen · glatt: Das Wasser steht und/oder es ist kei- und Totholz ab (s. Abb. S. 55). ne Bewegung an der Oberfläche erkennbar. · Kalksinter...: Kalksinter ist ein poröses · fliessend: Das Wasser fließt ruhig und Material aus ausgefälltem Kalk, das Pflan- gleichmäßig (Blätter treiben ab), es ist ma- zen und Substrate überzieht. Es kann krü- ximal ein leichtes Kräuseln der Oberfläche melig oder terrassenartig verbacken sein und ohne Wellenbildung zu beobachten. vergrößert oft die natürliche Oberfläche der · überfliessend: Hiermit ist das Überflie- Quelle. Andere natürliche Materialien sind ßen von Substraten gemeint, wobei nur ge- etwa Schwefelablagerungen oder Eisen- bzw. ringe Wassertiefen erreicht werden (wenige Manganocker. Ocker ist ein orangerotes bis Millimeter). Die Strömung bleibt ruhig und rotbraunes, gelartiges Substrat, das am Quel- es kommt zu keiner Blasenbildung. laustritt ausflockt und vorhandene Substrate · gerippelt: Hier sind bereits Wellen erkenn- überzieht (siehe Abbildungen Schauseite). bar, die Oberfläche ist stärker gekräuselt und Veränderte Substrattypen sind: verläuft uneben, wobei noch keine deutliche · Fadenalgen: Fadenalgen bilden in über- Blasen- oder Schaumbildung zu erkennen ist. düngten (Nitrat) und sonnigen Quellen (v. · plätschernd: Die Strömung ist heftiger, so a. in Becken und Rinnen) größere Bestän- dass das Wasser an Substraten oder in klei- de, sie kommen natürlicherweise nur in nen Strudeln erstmals mit sichtbarer Blasen- kleineren Mengen vor. Im Gegensatz dazu bildung gebrochen wird. Das Wasser beginnt fallen kleinere Grün- oder Kieselalgen als dabei zu schäumen („weiße“ Farbe). Darüber Substrat nicht auf. hinaus ist ein Plätschern hörbar. · Künstlich/fremd: Mit künstlichem oder · überstürzend: Hier ist die Blasenbildung fremdem Substrat sind Substrate gemeint, stärker, so dass Blasen in einem Strudel unter die durch den Menschen eingebracht wur- Wasser gedrückt werden (weiße Unterströ- den. Dies sind verschiedene Formen von mung) und ein deutliches Sprudeln zu hö- Verbau wie Beton, Mauern, Holzverscha- ren ist. An Substratkanten stürzt das Wasser lungen, Kunststoffe und Metall. Aber auch nach unten, ohne allerdings eine eindeutige Müll kann bei starker Anschüttung Substrat Fallphase aufzuweisen. bilden (Bauschutt, Holz- und Pflanzenabfall,

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 57 „Substratvielfalt schafft Lebensraum“ Oasen für Quellspezialisten

Rieselflur, moosbewachsenes Holz/Felsen Quellspezialisten sind an die extremen Be- dingungen des Lebsraumes Quelle hervor- ragend angepasst. Die starke Anpassung bringt jedoch im Gegenzug auch eine starke Abhängigkeit mit sich. So sind viele Arten auf eine ganz bestimmte Kombinati- on von Substratstrukturen angewiesen, die innerhalb der Quellbereiche oft nur sehr kleinräumig vorzufinden sind (Mikrohabi- tate). Eine Larve der Gestreiften Quelljung- fer (Cordulegaster bidentata), einer Libel- In naturnahen Quellbereichen sind immer lenart, vergräbt sich beispielsweise bis zu mindestens drei verschiedene Substrat- sechs Jahre in einem mitunter nur teller- typen zu finden. Besondere Bedeutung ha- großen Quellabschnitt, um dort auf Beu- ben dabei die Substrate Falllaub und Tot- te zu lauern. Außerhalb dieses winzigen holz, die in den nährstoffarmen Quellen Areals sind die Bedingungen für sie nicht Nahrung aber auch Versteckmöglichkeiten zuträglich bzw. sogar lebensfeindlich oder bieten. Viele Quellbewohner bevorzugen gar absolut tödlich. Ähnlich ergeht es an- überrieselte, moosbewachsene Substrate, deren Spezialisten, die z.B. auf Falllaubsta- sogenannte Rieselfluren, wo sie in dem fei- pel, überrieselte Moospolster oder Totholz- nen Flüssigkeitsfilm leben, den das benet- geniste angewiesen sind. zende Quellwasser ausbildet.

Falllaubstapel

Totholzgenist Vertreter der Fauna hygropetrica: Dunkelmücke Thaomalea Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

· fallend: Hier ist eine deutliche Fallphase besonderem Maß im anschließenden Quell- erkennbar, während das Wasser intensiv mit bach. Die Entscheidung über die Ausprä- Luft vermischt wird. Es bildet sich eine grö- gung der Wasser-Land-Verzahnung erfolgt ßere weiße Schaumzone und ein deutliches durch „Mittelwertbildung“ der drei genann- Platschen ist zu vernehmen. Bei Substratauf- ten Einzelparameter, d. h. die häufigeren prall kommt es oft zur Spritzwasserbildung. Ausprägungen werden ausgewählt und zusammengefasst: · gross: Die Wasser-Land-Verzahnung ist groß, wenn die durchfeuchtete Fläche so In der Wasser-Land-Verzahnung groß ist, dass fast alle Bereiche um die ei- spielt die Substratbenetzung, die gentliche Quelle wassergesättigt sind. Die Uferlinie und die Ausprägung der Ufer des beginnenden Quellbaches bleiben Uferkante hinein. sehr flach. Will man sich der Quelle nähern, findet man kaum Abschnitte, in denen man nicht „nasse Füße“ bekommt oder im feuch- ten Boden einsinkt. Bevor man den genauen Austritt vor sich hat, steht man häufig bereits Wasser-Land-Verzahnung: In die Wasser-Land- im Quellbereich. An einer solchen Quel- Verzahnung spielt die Substratbenetzung, die le werden alle Möglichkeiten verwirklicht, Uferlinie sowie die Ausprägung der Uferkan- die die Standortvoraussetzungen für eine te hinein. Mit Substratbenetzung ist die großflächige Verteilung des Wassers geboten vom Austrittswasser benetzte Fläche gemeint. haben, so dass eine klare Uferlinie kaum er- Sie kann entweder groß sein (oft bei natür- kennbar ist (diffus). lichen Quellen), während bei beeinträchtig- · mittel: Die Quelle besitzt sowohl Bereiche, ten Quellen ein vorgegebener Verlauf (z. B. in denen eine starke Wasser-Land-Verzah- durch Gräben) nur eine sehr geringe Fläche nung mit großflächig nassem Boden vor- zulässt, wo ständige Nässe dominiert. handen ist, als auch Bereiche, in denen eine Bei der Abschätzung ist dem naturgegebenen scharfe Trennung von Wasser und Ufer Relief und dem Naturraum Rechnung zu sichtbar ist. Die Quellufer sind wechselnd tragen, so dass eine gewisse Erfahrung des steil und die Uferlinie ist mehr oder weniger Kartierers gefragt ist. So wird eine naturnahe buchtig. Bei Quellen mit diffuser und zu- Tümpelquelle in Sandsteingebieten einen flä- sätzlich gerader Uferlinie ist der Mittelwert chenmäßig geringeren Nassbereich aufwei- (buchtig) zu bilden. sen als eine naturnahe Sturzquelle, die einen · gering: Außer dem aquatischen Bereich Wasserfall bildet. Bei Regenwetter kann die fehlt eine durchfeuchtete Fläche praktisch feuchte Fläche kaum geschätzt werden, wenn völlig, so dass das Ufer eine starke Trennung die Quelle nicht sehr gut bekannt ist. zwischen Wasser und Land aufweist. Bereits Die Uferlinie bildet die Grenze zwischen wenige Zentimeter oberhalb der Wasserkante Wasser und Land am Rand der wasserüber- ist der Boden trocken. Hier ist die Uferkan- standenen Fläche. Sie kann gerade, buchtig te fast überall relativ steil und die Uferlinie gewunden oder diffus verteilt sein. ist relativ gerade. Solche Quellen sind oft Die Uferkante dagegen ist durch die anthropogen verändert. Manche naturna- Steilheit des Wasser-Land-Übergangs ge- he Quellen in Kerbtälern scheinen zunächst kennzeichnet. Bei naturnahen Quell- und eine geringe Wasser-Land-Verzahnung auf- Quellbachabschnitten sind die Ufer flach zuweisen. Bei genauem Hinsehen ist aller- ausgebildet, während bei Offenlandquellen dings die Uferlinie nicht gerade, da das an- und nach Eingriffen die Ufer eher steil ver- stehende Gestein buchtige Ränder ausbildet, laufen (Umleitungen, Verbau). Dies gilt in außerdem ist die Uferkante meist flach.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 59 Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Besondere Strukturen: Die besonderen Struk- turen geben typische Quellstrukturen an, die in der Regel eng mit der Naturnähe und der Besiedlung zusammenhängen. Ihre Aus- bildung ist z. T. quelltypabhängig. Besonde- re Strukturen sind oft in naturnahen Quel- len anzutreffen, während sie in veränderten oder geschädigten Quellen fehlen. Von dieser Regel sind zwar Einzelfälle, die zum Teil auch naturräumlich gehäuft auftre- ten können, ausgenommen. Trotzdem bilden besonderen Strukturen ein wichtiges Kri- terium für die ökologische Wertigkeit einer Quelle, z. B. für die Ausstattung mit Klein- lebensräumen. Das Merkmal ist offen, so dass weitere Strukturen hinzufügbar sind: · Laufverzweigung: Abschnitt in der Quel- le, wo sich der Lauf des Gewässers auf ei- ner gewissen Strecke trennt und sich danach wieder vereinigt. Hier ist auch die Laufga- belung eingeschlossen, welche sich bachauf- wärts teilt und nicht wieder vereinigt (meh- Sandwirbel sind rere Quellaustritte). ein typisches · Inselstrukturen: kleinere und oft mehr Strukturelement oder weniger rundliche Substratflächen (Ab- von Tümpelquellen. grenzung zur Laufverzweigung), die über die Wasseroberfläche erhaben und meist bewach- sen sind. · Fliesshindernisse: in naturnahen Quel- len treten fast immer natürliche Fließhin- dernisse auf. Sie werden gebildet aus Tot- holz, Wurzeln, Steinen oder Falllaubstapeln, selten werden sie von Pflanzen verursacht (stark bewachsene Sickerquellen). An einem Fließhindernis wird ein deutlich erkennbarer Prozentsatz des Quellwassers umgeleitet oder leicht natürlich angestaut. Viele Wassermoose · Sandwirbel: typische, mehr oder we- sind typisch für nig kugelförmige Struktur am Grunde von Quelltöpfe. Tümpelquellen, bei der Sand durch die Aus- trittsströmung aufgewirbelt wird und die deswegen vegetationsfrei bleibt (Abb. links). · natürliche Pools: Kleine Bereiche, in denen stehendes Wasser von der fließenden Welle und der Hauptströmung mehr oder Sind viele besondere weniger isoliert ist. Am Grund setzt sich oft Quellstrukturen vorhanden, ist oft Feinmaterial ab. auch die Besiedlung naturnah.

60 Quellen-Leitfaden Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

· gr. Tiefenvarianz: Dieses Merkmal be- schreibt viele unterschiedliche Wasser- tiefenbereiche in der Quelle. Es müssen mindestens 5 deutlich differenzierbare Tie- fenbereiche im aquatischen Raum auftreten, so dass die Wasserstände auffällig stark va- riieren. Eine große Tiefenvarianz kann mit- unter auch in gefassten Quellen vorkommen. Bei baulich künstlicher Tiefenvarianz erfolgt keine Nennung. · Kaskaden: Kaskaden sind mehrere natür- liche Gefällestufen, die von Wasser überflos- sen sind, wobei die Abstürze niedrig bleiben (Abgrenzung zum Wasserfall). Sie sind häu- fig treppenförmig ausgebildet, z. B. bei Kalk- sinterquellen (Abb. S. 20). · Wasserfall: natürliche Wasserfälle – nur diese sind gemeint – sind Bereiche, in denen das Wasser meist nicht nur an einer, sondern an vielen Stellen abstürzt. Deswegen bil- Kaskaden sind den sich am und unter dem Absturz, wo das typisch für Wasser zusätzlich vorbeifließt, Strukturen Sturzquellen und und Kleinhabitate wie Moospolster aus. Quellbäche in · starke Quellflur: Vor allem in Sicker- steilerem Gelände. quellen vorhandene Struktur aus besonders vielen und quelltypischen Kräutern, z. B. Milzkraut, dominierend im gesamten Quell- bereich (Abb. S. 16). · Wassermoose: Es sind stark ausgebildete und quelltypische, untergetaucht (submers) lebende Wasser- bzw. Quellmoose gemeint, die häufig in Tümpelquellen vorkommen. · gr. Lückensystem: Vor allem in Wander- quellen vorkommende natürliche Struktur (Hangschuttquellen), wobei das hyporhei- sche Interstitial aufgrund von relativ grobem Geschiebe (Steine, Schotter) ohne zusätz- liches Feinmaterial vergrößert ist. · Rieselflur: hiermit sind mit Moosen, Far- nen oder Quellkräutern überwachsene Spritz- und Rieselwasserbereiche gemeint, in denen Quellwasser nach unten tropft, perlt oder zu- sätzlich aus Felsen sickert. Sie befinden sich oft an stark geneigten oder senkrechten Fels- wänden oder in der Nähe eines Wasserfalls einer Sturzquelle (Abbildungen rechts). An überrieselten Felsen bilden sich oft sogenannte Rieselfluren aus.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 61 Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

f) Gesamteindruck: g) Skizze/Bemerkungen:

Ein erfahrene Kartierer hat manchmal vor Ort Skizze: Die Übersichtsskizze dient dem das Gefühl, der realen Situation einer Quelle mit Wiederauffinden eines Quellstandortes und dem ausgefüllten Bogen nicht ganz gerecht zu macht die Lagebeziehung einzelner Vegeta- werden, sei es dass die Quelle trotz Verbau ei- tionsmerkmale und Flächennutzungen un- nen naturnahen Eindruck macht, sei es dass eine tereinander auf einen Blick erkennbar. Eine nach dem Bogen relativ naturnahe Quelle tat- gute Skizze sagt mehr aus, als dies mit Wor- sächlich stärker beeinträchtigt ist (begründeter ten oder einem Foto in ähnlich kurzer Zeit Verdacht, Gefährdungen). Aus diesen Gründen, vor Ort möglich wäre. Deshalb ist eine ein- aber auch um die Erfahrung des Kartierers ein- fache Skizze unerlässlich. Zur Ausführung: fließen zu lassen (Bestätigung), kann an diesem · unbedingt Massstab angeben und auf Punkt eine subjektive oder vergleichende Himmelsrichtung achten. Ohne Maßstab Bewertung vorgenommen werden. Diese kann oder Himmelsrichtung kann eine Zeichnung in begründeten Ausnahmefällen das Kartierer- im Gelände nicht eingeordnet werden. gebnis etwas auf- bzw. abwerten. · zur Klarheit Legende oder Beschriftung Auch dem Kartieranfänger sei geraten, diesen anfügen. Punkt auszufüllen, was der eigenen Schulung · Der Quellbereich mit dem unmittel- und Erfahrungsbildung dient. Zur Durchfüh- baren Umfeld ist grob in einfacher, kla- rung wird die Quelle in die dem Kartierer am rer Linienführung in Umrissen zu skizzieren plausibelsten erscheinende Klasse aus den fünf (Quelle und Quellbach). Vor allem soll der angegebenen Klassen gestellt. Dabei vergegen- Umriss der Wasserfläche und der Quellbe- wärtigt man sich die wichtigsten Einflüsse mit reich mit grober Vegetationsanordnung dar- ihrer jeweiligen Gewichtung und fasst diese in gestellt werden. Die umliegende Nutzung einem persönlichen Urteil zusammen. Bei einer wie Wald oder Grünland (schraffiert) und Ergebniskorrektur in Verbindung mit einer Ab- Verbauorte sind anzureißen. Markante weichung vom errechneten Wert ist diese gut zu Punkte oder dominante Strukturen begründen. wie Bäume oder Felsen nahe dem Austritt sind einzufügen. Hervorgehobene Gelände- merkmale erleichtern die Wiedererkennung. Ergänzend sollte ein Detailfoto gemacht werden.

Bemerkungen: Ein formaler Bogen kann per Definition niemals allen Quellstandorten ge- recht werden. Unter Bemerkungen können und sollen alle Besonderheiten der Quelle aufgeführt werden, die nach der Meinung des Kartierers nicht vom Bogen berücksich- tigt wurden. Zudem müssen oft Angaben im Bogen ergänzt, erläutert oder begründet wer- den (Zweifelsfälle).

Eine Skizze, bzw. ein Bild erleichtert die Wiedererkennung der kartierten Quelle im Gelände.

62 Quellen-Leitfaden Quellen: Bewertungsbogen zur Naturnähe von Struktur und Umfeld bitte Erfassungsbogen übertragen und zutreffende Werte umringeln

Name der Quelle: Ident.-Nummer: _ I _ I _ I _ I _ I _ I _ I Datum: zerstörte Quelle: nicht mehr bewertbar (schlechtestes Ergebnis) A: (höchster Wert) B: (Verrechnung) Morphologie: Vegetation/Nutzung: a) b) c) d) e) nicht bewertet Einzugsgebiet Umfeld Quellbereich Quellufer Quellbach standorttyp. Vegetation - 1 1 1 1 Einträge/Verbau: standortfr. Vegetation - 2 3 3 2 Moosgesellschaften - 1 1 1 1 Fassung: neu alt verfallen Laubwald 1 1 1 1 1 Brunnenstube mit Überlauf 5 4 3 Mischwald 2 2 2 2 2 Rohr und Becken 5 4 2 Gebüsch 2 2 2 2 2 nur Rohr/Rinne 3 2 1 Nadelforst 3 4 5 5 4 nein: 1 extens. Grünland 2 3 3 4 3 Wasserentnahme: intens. Grünland 3 4 5 5 4 >60% 30 - 59% <30% nein Acker/Sonderkultur 4 4 5 5 4 4 3 2 1 unbefest. Weg - 3 4 4 3 Verlegung: nein: 1 neu: 5 alt, Länge befest. Weg/ Straße - 4 5 5 4 alt >100m alt 10-100m alt <10m unbekannt künstl. vegetationsfrei/Siedlung 4 4 5 5 4 4 3 2 3 Mittelwertberechnung: ______Aufstau: nein: 1 nach <10m nach >=10-49m nach >50m f) Sommerbeschattung: unbeschattet 4 2 Hauptschluss, 1-5m 4 3 2 schwach 3 2 Hauptschluss, >5m 5 4 3 mittel 2 Nebenschluss 3 2 2 stark 1 künstl. Absturz: nein: 1 Gesamtabfluss: 4 Teilabfluss: 3 Verbau: nein: 1 stark mittel gering bei "stark" + Überdachung oder Nadelforst im Quellbereich/Umfeld: 5 Holz 4 3 2 Struktur: natürlich gewertete Strukturmerkmale: Steinschüttung 4 3 2 g) Substrat: substratarm: 1 - 2 Substrate 5 O wilder Verbau 4 3 2 durchschnittlich: 3 - 6 Substrate - Naturstein 5 3 2 substratreich: >= 7 Substrate 1* Beton 5 4 3 verändert nur zur Kontrolle, nicht mitzählen Verrohrung 5 4 3 h) Strömungsdiversität: 1 - 2 Kreuze 5 O Trittschäden: nein: 1 gering: 2 mäßig: 3 stark: 5 3 - 5 Kreuze - Infrastruktur: nein: 1 1 Kreuz: 2, 2 Kreuze: 3, 3 Kreuze: 4, >=4 Kreuze: 5 >= 6 Kreuze 1* Ablagerung: nein: 1 vollständig teilweise vereinzelt Haus- /Gewerbemüll 5 4 3 i) Wasser-Land-Verzahnung: gering 5 O Holzabfall 5 3 2 mittel - Pflanzenabfall 5 4 3 groß 1* Erdaushub /Bauschutt 5 4 3 org. Reste /Faulschlamm 5 3 2 k) Besondere Strukturen: kein Kreuz 5 O Einleitungen: nein: 1 für Quellbach >50m gilt: jeweils 1 weniger 1 - 4 Kreuze - gewertete Strukturmerk- Oberfläche /Straße Drainage /Graben unverdünnt Rohr trocken >= 5 Kreuze 1* male X = _____ 3 3 5 4 B berechnen: [ a)+b)+c)+d)+e)+f)+g)+h)+i)+k) ] / [ 6 + X ] = ______Bewertungsklassen: Klasse Wert Farbe bei 3 oder mehr Sternen* wird der Wert der Quelle insgesamt um 0,4 aufgewertet naturnah 1 1,0 - 1,8 blau Aufwertung: ja nein bedingt naturnah 2 1,81 - 2,6 grün Gesamteindruck als Bewertungsvergleich: mäßig beeinträchtigt 3 2,61 - 3,4 gelb 1 2 3 4 5 geschädigt 4 3,41 - 4,2 orange naturnah bedingt naturnah mäßig beeinträchtigt geschädigt stark geschädigt stark geschädigt 5 4,21 - 5,0 rot

Berechnung des Gesamtwertes für Struktur und Umfeld: der Wert A für die Bereiche Einträge und Verbau und der Wert B für Vegetation/ Nutzung/ Struktur werden getrennt berechnet: Einträge/ Verbau: höchster angekreuzter Wert = A (keine Verrechnung). Der bestmögliche Wert ist immer 1, nicht 0. Vegetation/ Nutzung/ Struktur: Wert der Einzelparameter (Mittelwerte) zusammenrechnen und durch 6 + X teilen (Anzahl der Parameter) = B (X = Anzahl gewichteter Strukturmerkmale, Ungültige [-] zählen nicht). Der Gesamtwert ergibt sich aus (A + B) / 2.

Wert Einträge/Verbau (höchster erhobener Wert): A =______Wert Vegetation/Nutzung/Struktur (einzelne Mittelwerte zusammenrechnen / Anzahl erhobener Paramater ohne Ungültige): B = ______

Gesamtergebnis Struktur und Umfeld: (A + B) / 2 = ______

Aufwertung durch Struktur um den Wert 0,4? Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Je mehr Erläuterungen vorhanden sind, de- Berechnung der Bewertungsklasse sto konkreter kann man sich später die be- treffende Quelle vor Augen führen. Ge- Die Bewertungsklasse wird mit dem Bewer- sonderte Blätter sollten mit Datum und tungsbogen berechnet (Abb. S. 64). Die betref- Quellnamen versehen und an den Original- fenden Werte werden mit dem Erfassungsbogen bogen geheftet werden. Falls unter diesem übertragen und nach der Anleitung zusammen- Punkt zusätzliche Schädigungen oder po- gerechnet. Abschnitt A (linke Seite) enthält nur sitive Besonderheiten eingetragen wurden, Schadstrukturen, wobei eine pessimistische Be- kann dies am Merkmal Gesamteindruck sei- wertung durch den schlechtesten Parameter er- nen Niederschlag finden. folgt. Abschnitt B (rechte Seite) enthält Schad- und Wertstrukturen, wobei eine Berechnung Gefährdungen: Hier sollten wichtige und of- durch Mittelwertbildung erfolgt. Von der Stan- fensichtliche Gefährdungen, d. h. potentielle dardberechnung in Teil B werden zum Teil Ab- Schädigungen, notiert werden. Beispiel wäre weichungen vorgenommen bei Quellen, die eine ablagerungsgefährdete Quelle unterhalb entweder von besonderen Schadstrukturen wie von Kleingärten. Nadelforst im Umfeld oder einer Überdachung betroffen sind oder in mehr als drei Struktur- Maßnahmen: An dieser Stelle können bereits parametern besonders naturnah ausgeprägt sind. konkrete Maßnahmen genannt werden, die Die Bewertungsklasse berechnet sich aus (A + B) zu einer ökologischen Aufwertung der Quel- /2, wobei der ermittelte Wert einer der Bewer- le führen. tungsklassen zugeordnet wird:

Schutzstatus: Falls der aktuelle Schutzstatus nicht bekannt oder ausgeschildert ist (Natur- Die Berechnugn der denkmal, Naturschutzgebiet) ist er nach der Bewertungsklasse erfolgt automa- tisch im QABS (Internet). Kartierung zu ermitteln.

Bewertungs- Klasse Wert Farbe klassen naturnah 1 1,0–1,8 blau bedingt naturnah 2 1,81–2,6 grün mäßig beeinträchtigt 3 2,61–3,4 gelb geschädigt 4 3,41–4,2 orange stark geschädigt 5 4,21–5,0 rot

Im QABS erfolgt eine automatische Berech- nung (Internet; vergl. S. 64) Bei der Berechnung ist durchaus beabsich- tigt, dass der Parameter Vegetation/Umfeld in Abschnitt B bei ökologisch positiver Ausprägung den Parameter Einträge/Verbau in Abschnitt A abmildern und den Gesamtwert modifizieren kann. Dies trägt dem Tatbestand Rechnung, dass die Ausbildung eines naturnahen Umfeldes als Potential für Renaturierungen von Bedeu- tung ist.

64 Quellen-Leitfaden Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Kartierung von Gewässerchemie, Flora und Fauna

Die Gewässerchemie kann vor Ort mit recht ein- fachen Mittel, so etwa einem „Gewässeruntersu- chungskoffer“ mit Messstäbchen oder einfachen Farbumschlagmethoden oder auch mit Feld- sonden bestimmt werden. Wichtig ist vor allem der pH-Wert, der besiedlungsbeschränkend sein kann, vor allem unterhalb von pH 5. Versauerte Quellen finden sich oft in den hohen Gebirgs- lagen mit pufferarmem Gestein. Liegt der pH- Wert einer Quelle ständig unter diesem Wert (mehrmals jährlich gemessen), so ist von einer Kohlendioxid ist stark verarmten Besiedlung auszugehen. Dies ein natürlicher ist für Maßnahmen von Belang, da dann nicht Bestandteil von ganz so vorsichtig mit der Quelle umgegangen Quellwasser, werden muss. Ein wichtiger Anzeiger für Quell- vor allem bei bedingungen ist die konstant niedrige Tempera- Mineralquellen. tur im Austritt. Ein erhöhter Nitratgehalt zeigt landwirtschaftliche Belastungen im Einzugsge- biet an. Andere Parameter geben allgemeine oder auch spezielle Hinweise auf Belastungen oder ge- ogene Faktoren, welche aber nicht immer leicht zu interpretieren sind. Die Flora und Fauna einer Quelle ist natür- lich für die Ökologie das entscheidende Krite- rium, sie sind von Laien aber kaum zu erheben. Hier sind Fachleute hinzuzuziehen, die sich mit der Ökologie von Quellen auskennen (s. Lit.). Allerdings können nach einiger Übung typische Köcherfliegenlarven Quellpflanzen wie das Milzkraut schnell erkannt lieben strukturreiche werden (s. S. 25). Es zeigt naturnahe, unversau- Quellen erte Waldquellen an. Selbst bestimmte Tierarten, (Unterwasserbild). die typisch für naturnahe Quellen sind, können mit etwas Übung gefunden und erkannt werden (Schauseite S. 55). Finden sich ein oder mehre- Leitarten der Fauna stellen typische Arten re solcher quelltypischen Arten der Flora und für die Quellen in einer Region. Ist wenigstens Fauna, so ist von einem sensiblen Quellbiotop eine dieser Arten vorhanden, ist von einem na- auszugehen. Eventuelle Maßnahmen sollten nur turnahen Quellbiotop auszugehen. Sind mehre- entsprechend vorsichtig umgesetzt werden. re solcher Arten vorhanden oder kommt eine Art mit großer Häufigkeit vor, so ist die Quelle als wertvoll zu bezeichnen. Leitarten für naturnahe Quellen in Rhein- land-Pfalz sind: - die Quellköcherfliege Crunoecia irrorata Ökologisch aussagekräftige - die Quellschnecke Bythinella dunkeri Untersuchungen bleiben Fachleuten - der Höhlenflohkrebs Niphargus sp. überlassen. - der Alpenstrudelwurm Crenobia alpina (in kalkhaltigen Quellen)

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 65 Erfassung und Bewertung von Quellbiotopen

Das Programm QABS

Das Programm QABS (Quellaufnahme- und Be- aussehenden Bogen übertragen. Bei einer di- wertungssoftware) hat gleich mehrere Vorzüge: rekten Laptopeingabe mit Internetanschluss ist es berechnet automatisch die eingegebenen Da- sogar nur ein Arbeitsschritt möglich. Anschlie- ten und erfasst diese gleichzeitig in einer landes- ßend kann der ausgefüllte Bogen ausgedruckt weiten Datenbank des Landesamtes für Umwelt- werden. Mit einem Mausklick gelangt man zur schutz, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Auswertung in Form des Bewertungsbogens, wo Rheinland-Pfalz (LUWG) in Mainz. Außerdem man eventuelle Defizite der Quelle direkt able- gibt es einen Überblick über die Situation einer sen kann. Gleichzeitig wird bereits das berech- Quelle. nete Ergebnis und die Quellstrukturklasse an- gezeigt. Bisher hat sich gezeigt, dass ein Großteil der Quellen mehr oder weniger stark geschädigt Mit QABS kann der Zustand der Quel- sind (Abb. unten). len in Rheinland-Pfalz festgestellt Bei der Auswertung werden die Daten di- und überwacht werden. rekt via Internet nach Mainz übertragen und in einer zentralen Datenbank gespeichert, wo die Daten weiter auswertet werden können. Durch diverse Sicherheitsabfragen und Schutzeinrich- Hierbei wird ein ausgedruckter bzw. ko- tungen werden nur vollständige und plausible pierter Bogen im Gelände ausgefüllt und die Daten gespeichert. Den Zugang erhält man über Ergebnisse direkt im Internet in den identisch http:\\www.quelltypenatlas.rlp.de.

StrukturbewertungStrukturbewertung von Quellen vonin Rheinland-Pfalz Quellen in Rheinland-Pfalz (180 repräsentativ ausgewählte(180 repräsentative Quellen): ausgewählte Quellen)

60 SchädenSchäden meist meist durch: durch: . • Fassungen (60% der Quellen) 50 - Fassungen• weiterer (60% Verbau der (oftQuellen) Verrohrungen) - weiterer Verbau (oft Verrohrungen) 40 • Nadelholzmonokulturen - Nadelholzmonokulturen• Acker, intens. Grünland, Sied- 30 - Acker,lungen, intens. Verkehrsflächen Grünland, Siedlungen, Verkehrsflächen• starke Trittschäden 20 - starke• stärkere Trittschäden Ablagerungen Anzahl der Quellen - stärkere Ablagerungen 10 Schäden oft in: naturnah bedingt naturnah mäßig beeinträchtigt stark geschädigt geschädigt • landwirtschaftlichen Räumen

Anzahl Quellen 0 oft in(am landwirtschaftlichen häufigsten) Räumen, rot 5 • Ballungsräumen blau 1 gelb 3 grün 2 gefolgt von Ballungsräumen und

orange 4 • touristischen Regionen Bewertungsklasse touristischen Regionen Bewertungsklasse

66 Quellen-Leitfaden Praktische Maßnahmen – Schutz und Revitalisierung von Quellen Die Ökologie der Quellen Praktische Maßnahmen

Naturnahe Umfeldstrukturen im Nahbereich Oft kann mit wenig Aufwand bereits der Quelle: viel für die Verbesserung des Zu- Die Erhaltung einer ausreichenden Zahl von stands einer Quelle erreicht werden. Quellbereichen, eingebettet in ein naturna- hes Umfeld, ist wichtig, um die Biotopvielfalt und ausreichend stabile Quellökosysteme in der Die beiden vorangegangenen Kapitel haben ge- Kulturlandschaft zu gewährleisten. Naturnahe zeigt, welche ökologischen Zusammenhänge und Waldquellgebiete sind hierfür besonders geeig- Gefährdungen bei Quellen zu berücksichtigen net. Eine große Biotopvielfalt, z.B. an Offenland- sind und wie Schädigungen an Quellen beurteilt quellen, bedeutet auch eine hohe Artenvielfalt. und bewertet werden. In diesem Kapitel werden konkrete Maßnahmen genannt, die dem Schutz Die Optimierung der Wasserqualität und der von Quellen dienen. Bislang wurden nur wenige Schutz des Einzugsgebietes vor Einträgen: Erfahrungen über Revitalisierungen, Pflegemaß- Anzustreben ist die Minimierung von Stoffe- nahmen und ihre Erfolgskontrollen an Quellen inträgen auf Böden, da Quellen als sauberste gesammelt. Trotzdem ist es sehr oft möglich, mit Gewässerabschnitte eine natürliche, nährstoff- relativ wenig Aufwand viel im Quellschutz zu er- arme Basis für die angrenzenden Fließgewässer reichen. Dieses Kapitel zeigt, wie dabei effektiv bilden. und erfolgversprechend vorgegangen wird. Zu- erst sollte man sich über grundsätzliche Zielset- Die Verhinderung einer übermäßigen Grund- zungen klar sein: wasserentnahme sowie die Verbesserung der Grundwasserneubildungsrate: Ein durchgehendes Fließgewässersystem von Grundwasserabsenkungen ist Einhalt zu ge- der Quelle bis zur Mündung: bieten, damit Quellen nicht versiegen. Versie- Die Durchgängigkeit lässt Wanderungen der gen Quellen, so wird auch das Netz der kleinen Fließgewässerorganismen zu, so werden einzel- Quellbäche ausgedünnt. Diese Beeinträchti- ne Abschnitte des Fließgewässers nicht getrennt gungen erfolgen oft großflächig und sind we- und bleiben nach Störereignissen besiedelbar. sentlich unspektakulärer als der Ausbau großer Fließgewässer. Ebenso sind großflächige Boden- Natürliche Wasserabfluss- und versiegelungen zu vermeiden oder bestehende Substratverhältnisse: rückzubauen, um eine Verbesserung der Versi- Die Erhaltung der hydrologischen Funktion ist ckerung und somit der Grundwasserneubildung Voraussetzung für die ökologische Entwicklung. zu erreichen. Obwohl Quellen eine geringe Abflussdynamik Von diesen Zielen ausgehend lassen sich aufweisen, ist die Vermeidung von Abflussbe- Maßnahmen für Quellen ableiten, um eine schleunigungen auch für das folgende Fließge- größtmögliche Annäherung an den natürlichen wässersystem von Bedeutung, da sich Störungen Zustand zu erreichen. Je weiter der Zustand von oft bachabwärts fortsetzen (Eintiefung). Natür- einer naturnahen, naturraumtypischen Quelle liche Quellstrukturen tragen zudem durch ihren entfernt ist, desto umfassendere Eingriffe sind Substratreichtum zur Artenvielfalt bei. nötig, um mittelfristig eine naturnahe Situation zu erreichen. Eine quelltypische Lebensgemeinschaft von Durch eine Revitalisierung werden Struk- Pflanzen und Tieren: turen beseitigt, welche die Selbstentwicklung Die Erhaltung von typischen Quellbereichen über lange Zeit verhindern würden (Fassung, mit einer natürlichen Flora und Fauna steht im Ablagerungen, Bodenversiegelung). Die ergrif- Mittelpunkt der Maßnahmen (biologische Viel- fenen Maßnahmen fördern die Neuansiedlung falt). Der Schutz bestehender natürlicher Le- von Quellorganismen. Dies kann allerdings Jah- bensgemeinschaften ist wichtiger als die Revita- re bis Jahrzehnte dauern, je nach den jeweiligen lisierung geschädigter Quellen. Umständen und Vorbedingungen.

68 Quellen-Leitfaden Die Landnutzung im Umfeld ist ein bedeutsamer Faktor, der sich auf Grund- und Quellwasser sowie auf die Besiedlung der Quellen auswirkt. Durch die Nutzung bedingte negative Auswirkungen auf Quellen haben beispielsweise der Verbau, der Eintrag von Stoffen, die Ablagerung von Müll und Bauschutt, die Anlage von Fisch- teichen oder der Vertritt durch Vieh, Wild und Besucher.

Die Nutzung im Umfeld „Es ist entscheidend, was drumherum passiert …“

Offenland-Quellen sind meist in besonde- Auch Waldquellen sind verschiedenen Nut- rem Maße durch landwirtschaftliche Nut- zungseinflüssen unterworfen. Besonders zungen beeinträchtigt. Verbau aller Art negativ wirken sich standortfremde Mo- wie Quellfassungen, Verlegungen, Verroh- nokulturen aus Fichte oder Douglasie auf rungen und Drainagen sowie Viehtritt und die Lebensgemeinschaft der Quelle aus. Direkteinträge von Düngemitteln und Pesti- Die Dauerbeschattung auch im Winter und ziden spielen dort eine Rolle. Am stärksten Frühjahr verhindert die Ansiedlung eines beeinträchtigt sind Quellen im Siedlungs- quelltypischen Pflanzenwuchses, Versau- bereich sowie in der Nähe intensiv bewirt- erungseffekte werden verstärkt und der schafteter Grünland- und Ackerflächen. Quellfauna wird die Nahrungsgrundlage entzogen. Auch ästhetisch begründete Quellfassungen, Trittschäden durch Wan- derer, Vertritt durch Wild an Futterstellen, die gerne in Quellnähe angelegt werden, oder Bodenverdichtungen durch Schlag- holzrücken und Wegebau können Quellen gefährden.

Laubwald 5 Mischwald 5 extens. Grünla mittlere4 Artenzahl von Quellspezialisten (Naturnähe) Nadelwald 3 intens. Grünla 2 Acker 1 Das Umfeld verschiedener Siedlung 1 beeinträchtigter Quellen oben: Offenland-Quelle im Acker/Grünland links: Offenland-Quelle (Traktor beim Ausbringen von Herbiziden.) links unten: Waldquelle im Fichtenforst Mitte und rechts unten: Offenland-Quellen Laubwald extens. intens. Siedlung auf Weiden mit Viehtritt Grünland Grünland Praktische Maßnahmen

Voraussetzung für spätere Maßnahmen: die Kartierung

Nur bei einer Kartierung werden Schädigungen und Gefährdungen erkannt und es kann ent- sprechend gehandelt werden. Außerdem können die Daten zentral gesammelt werden. Lediglich auf kleinen Mosaikflächen unseres Landes sind Quellen überhaupt erfasst. Diese wenigen Ergeb- nisse legen bereits ein hohes Gefährdungspoten- tial nahe, so dass weitere Erfassungen umso dringlicher erscheinen. Über eine isolierte, punktuelle Betrachtung der kartierten Quellen hinaus geht eine differen- zierte Erfassung der Gesamtsituation eines Ge- bietes, Quell- oder Naturraums. Wenn z. B. der Schutz in einem Naturschutzgebiet bereits ge- währleistet ist, kann eine Erfassung an anderer Stelle sinnvoller sein. Manchmal reicht die Er- fassung nur der für den gesetzlichen Schutz er- Die Kartierung und forderlichen Daten aus (Biotopausstattung). In Bewertung der wertvollen Gebieten können dagegen genauere Quelle bildet die Kartierungen stattfinden. Voraussetzung für Bevor die Maßnahmen und das Ziel der Maßnahmen. Revitalisierung definiert werden kann, muss die Quelle ausreichend und genau genug kartiert und bewertet sein. Dazu reicht es oft aus, die hier beschriebene Quellkartierung und -bewer- tung durchzuführen. Wo immer möglich, sollte ergänzend die Untersuchung der Wasserchemie, der Fauna bzw. der Flora durch Fachleute erfol- gen. So erhält man ein noch differenzierteres Bild von der Quelle, was vor Maßnahmen hilfreich ist, da ein Fachmann die Besiedlung der Quel- le exakt prüfen kann (seltene Arten). Dies gilt vor allem für alte, verbaute Quellen, die oft eine respektable Quellfauna haben können. Bereits kleine Risse, Über- und Umläufe an Fassungen sowie Moospolster schaffen bereits naturnähere Strukturen, die häufig besiedelt sind. Eine grö- ßere Revitalisierungsmaßnahme mit baulichen Eingriffen kann hier negative Folgen haben. Zu empfehlen ist es, die Quelle im Jahres- verlauf zu studieren (Schüttungsperiodik) oder eine Wiederholungskartierung durchzuführen. Auch solche Das Bild der Quelle, das man zeichnen will, ist sommerlichen durchaus wörtlich zu nehmen: eine genauere Rinnsale können Skizze ist unabdingbar. Vorteilhaft ist es, Fach- im Frühjahr stark leute mit Erfahrung im Quellschutz hinzuzuzie- schütten. hen, die die Situation genau beurteilen können.

70 Quellen-Leitfaden Praktische Maßnahmen

Grundlegendes vor den eigentlichen Maßnahmen

Nach einer Bestandsaufnahme ist es von Vorteil, die Geschichte der Quelle samt den naturräum- lichen Rahmenbedingungen zu ermitteln. Hier können alte Flurkarten, die die frühere Lage bezeichnen – etwa vor einer Flurbereinigung – bei der Gemeindeverwaltung eingesehen wer- den. Die Befragung von Zeitzeugen ist ein wei- teres Mittel der Recherche. Die naturräumlichen Gegebenheiten müssen unbedingt Berücksich- tigung finden. Der Umgang mit Nachbarquel- len weist auf Quellschicksale hin, die typisch für eine Region oder eine bestimmte Nutzungsform sind. Der nächste Schritt besteht in der Formu- lierung der Ziele. Angepasst an die Situation muss die Frage geklärt werden, was mit welchen Mitteln erreicht werden soll. Durch die Viel- gestaltigkeit der verschiedenen Quellstandorte (Naturräume, Einzugsgebiete, Substrate) ist ein einfacher, für alle Quellen geltender Maßnah- menkatalog kaum erstellbar. Zudem gibt es zum Quellbiotopmanagement kaum Erfahrungs- werte, so dass Maßnahmen so differenziert wie das zu schützende Objekt selbst sind. Das potentielle Leitbild ist eingeschränkt durch äußere Einflüsse, die durch die Maß- nahmen selbst nicht behoben werden können. Aufgrund dieser Restriktionen ist deshalb kein Referenzzustand erreichbar, sondern nur ein Entwicklungsziel. Bei vielen Quellen ist das Ent- wicklungsziel mehr oder weniger weit vom Leit- bild entfernt, da einige Rahmenbedingungen nicht oder nur mit sehr großem Aufwand ver- ändert werden können. Bei einer Quelle an ei- Naturnahe ner vielbefahrenen Straße etwa muss man sich Quellen bilden mit der schlechten Lage zufriedengeben und das Leitbilder für Entwicklungsziel den Gegebenheiten anpassen Revitalisierungen. oder Maßnahmen sogar grundsätzlich in Fra- ge stellen. Ähnlich verhält es sich bei Quellen mit einem intensiv landwirtschaftlich geprägten Einzugsgebiet und einem ebensolchen Umfeld. Andere Umfeldbedingungen dagegen lassen sich Revitalisierungsmaßnahmen sind eher positiv verändern, z. B. bei standortfremden aus ökologischen und Kostengründen Pflanzen, Wanderwegen oder kleineren Verroh- nur an geschädigten und mäßig beeinträchtigten Quellen rungen. Das Entwicklungsziel wird durch das der Klassen 3 und 4 sinnvoll. Leitbild vorgegeben, welches näherungsweise im Quelltypenatlas beschrieben ist (s. Bsp. S. 68).

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 71 Praktische Maßnahmen

Grundsätzlich sind verschiedene Leitziele zu Lösung anzustreben ist, die eine funktionsfä- unterscheiden. Neben dem Leitziel Natürlich- hige Lebensgemeinschaft in der Quelle fördert keit gibt es ein Leitziel Arten- und Biotopschutz bzw. erhält. Revitalisierungen sollten so scho- und weitere Ziele wie Kulturlandschaft, Ästhetik nend wie möglich durchgeführt werden und ste- oder andere menschliche Interessen, z. B. auch hen hinter dem Erhalt intakter Quellebensräu- die Umweltbildung. Vor Ort muß dann ein an- me zurück. Trotzdem schaffen sie auf lange Sicht gepasstes Leitbild mit größtmöglicher Förderung wieder neue Lebensräume für Quellspezialisten, der wichtigsten Ziele entwickelt werden. wenn auch die Revitalisierung selbst noch kei- Quellen wurden früher für den Menschen nen unmittelbar naturnahen Zustand herstellt. nutzbar gemacht. Diese Einstellung ist noch weit Vielmehr werden Störungen beseitigt, um die verbreitet (Fassungen als „falsch verstandener Quelle dann der eigendynamischen Entwick- Quellschutz“). lung zu überlassen. Viele Nutzungsansprüche wie die Erho- Revitalisierungen sind auch Eingriffe. So lungsnutzung oder die Umweltbildung lassen kann eine Quelle, die sich im Stadium der Wie- sich aber zumindest teilweise mit den ökolo- derbesiedlung befindet, durch eine Revitalisie- gischen Zielen verbinden, auch wenn sie sich rung geschädigt werden, wenn Veränderungen nicht völlig zur Deckung bringen lassen. Kom- zu plötzlich erfolgen. Deshalb sind mehrmalige promisse können besonders bei gefassten und Veränderungen in kleineren Schritten mit län- kulturhistorisch oder touristisch bedeutsamen geren Zwischenzeiten besser als einmalige Ein- Quellen geschlossen werden, so dass kein Neu- griffe, z. B. bei der Umwandlung von Nadel- in ausbau stattfindet und Pufferzonen bzw. eine Laubwald. In der Zwischenzeit passen sich die Besucherlenkung eingerichtet werden. Quellorganismen an die veränderte Situation So ist an Quellen oft die Abwägung einzel- an. Hierzu muss natürlich etwas Geduld aufge- ner Interessen gefordert. Nutzungen sind mit bracht werden: die Revitalisierung von Quellen Naturschutzinteressen abzuwägen, wobei eine benötigt viel Zeit. Da natürliche Prozesse die Revitalisierung unterstützen, ist sie als Anstoß zur Selbstent- wicklung zu verstehen. Die Maßnahmen sind dabei als Initialmaßnahmen zu betrachten, ähn- lich wie dies an Bächen bereits geschieht. Revitalisierungsmaßnahmen sind aus öko- logischen und Kostengründen nur an geschä- digten und mäßig beeinträchtigten Quellen der Klassen 3 und 4 sinnvoll. Bei stark geschädigten (Klasse 5), oftmals gefassten Quellen, steht der Aufwand für die Revitalisierung oft in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Bedingt naturnahe Quellen (Klasse 2) werden dagegen sehr leicht durch Eingriffe geschädigt – auch hier ist eine Revitalisierung nicht angebracht. Vor allem mä- ßig beeinträchtigte Quellen sind häufig sensi- bel, da bereits eine quellbezogene Besiedlung existiert. Mögliche Ansprechpartner vor Maßnah- men sind die Landwirtschaft, der Forst, die Lo- Auch heute noch kalpolitik, die Naturschutzbehörden, die Was- werden Quell­ serwirtschaft, Waldbesitzer, Wandervereine und fassungen immer die Umweltverbände. Das Einbeziehen aller An- wieder erneuert. sprechpartner nutzt einerseits den Multiplikator-

72 Quellen-Leitfaden Praktische Maßnahmen

effekt, andererseits fühlen sich die Beteiligten nicht ausgegrenzt. Exkursionen, wo geplante Arbeiten abgeklärt werden können, dienen dem gegenseitigen Austausch vor Ort. Die Planungen sowie spätere Erfolgskontrollen sollten am be- sten dem LUWG als zentraler Sammelstelle ge- meldet werden. Im Quellschutz ist die Öffentlichkeitsar- beit ein sehr wichtiger Schritt zum Erfolg. So ist die schlechte Situation unserer Quellen und die Notwendigkeit des Handelns kaum bekannt und eine wesentliche Ursache der Schädigungen. Aufklärung tut Not. Durch Veröffentlichungen und Broschüren wird Aufmerksamkeit erregt und es wird gleichzeitig die ökologische Bedeu- tung und die Sensibilität der Quellen publik gemacht. Ist erst einmal ein Bewußtsein für die Pro- blematik geschaffen, ist es leichter, Unterstüt- zung für Maßnahmen zu finden. Wanderwege und Quelllehrpfade können auf die Ästhetik von Quellen aufmerksam machen, Informations- und Bildungsveranstaltungen erreichen besonders Politiker, Lehrer, Schüler und Heimatvereine. In Presseartikeln oder dem regionalen Rundfunk werden die Aktivitäten bekanntgemacht. Gerade die Wirkung und das positive öffentliche Image der Quellen ist nicht zu unterschätzen und bietet oft eine willkommene Abwechslung. Der folgende Maßnahmenkatalog bietet eine Handlungsanleitung. Die Überschriften dienen dabei der Orientierung und sind als Hinweise auf mögliche Hauptanwendungsorte gedacht. Dabei entscheiden die Umfeldbedin- gungen über die Maßnahmenbündel, weshalb Stark geschädigte, im Folgenden die Bereiche Wald, Feldflur, Sied- verbaute Quellen sind lungsbereich und Einzugsgebiet getrennt darge- nur mit erheblichem stellt sind. Vorab wird auf die rechtlichen Hin- Aufwand zu tergründe hingewiesen. revitalisieren. Danach soll näher auf das wichtige und häufige Problem der Quellfassung sowie ergän- zende Maßnahmen eingegangen werden. Bei je- der Maßnahme ist immer an die ökologische Zielsetzung zu denken, durch die sie begrün- det ist. Ein Zeitplan für die Umsetzung der Tä- Aufklärung aller Beteiligten tigkeiten ist sehr zu empfehlen, vor allem wenn über die Ziele ist den Maßnahmen Maßnahmen sukzessiv in bestimmten Abstän- voranzustellen. den erfolgen. Auch hier sollten Fachleute einge- bunden werden.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 73 Die meisten Quellen wurden aus ästhetischen oder aus praktischen Gründen gefasst, etwa um einen kontrollierten Abfluss des Quell- wassers zu gewährleisten. Derartige Eingriffe hatten meist fatale Folgen für die quellgebundene Tier- und Pflanzenwelt. Eine Neu- fassung von Quellen ist deshalb prinzipiell abzulehnen.

Gefasste Quellen „Revitalisierung, Restauration oder geduldeter Verfall ?“

Einige dieser teilweise mehr als 100 Jah- re alten Fassungen sind heute dem Verfall preisgegeben und werden langsam von der Natur zurückerobert. Durch Risse und Spalten in der Fassung sucht sich das Quell- wasser neue Wege und die alten Bauwerke werden von Moosen und höheren Quell- pflanzen überwachsen. Dies verleiht ihnen mitunter ein „wildromantisches“ Ausse- hen. Schließlich finden sich dort auch viele Quelltiere wieder ein.

Ob er aus Kupfer wertvoller ist?

Alte Fassungen haben zuweilen naturnäheren Charakter und sollten so bleiben.

Bei der Restaurierung der Fassung dieser Quelle ist das Vorkommen der Rote-Liste- Köcherfliegenart Apatania muliebris erloschen.

Problematisch ist nun der Umgang mit sol- chen älteren Quellfassungen. Entfernt man die alte Fassung und ersetzt sie durch eine neue, wird der entstandene Quellbiotop mit sämtlichen Tieren und Pflanzen zer- stört. Eine solche Maßnahme kommt einer Neufassung gleich und ist deshalb abzu- Deckel über Deckel … lehnen. Bei alten Fassungen sollten, wenn überhaupt, höchstens Maßnahmen zur Un- terhaltung durchgeführt werden, die mit Fachleuten des Naturschutzes abzuspre- chen und an den jeweiligen Einzelfall an- Ist nicht nur schön – zupassen sind. im Moos ist auch was los! Praktische Maßnahmen

Rechtliche Hintergründe und Fördermöglichkeiten

Gesetzliche Regelungen bilden die Grundla- ge für alle Quellschutztätigkeiten. Auch wenn „Es ist verboten, Quellbereiche zu sie teilweise vor Ort nicht bekannt sind und beseitigen, zu zerstören, zu nicht immer einen effektiven Schutz gewährlei- beschädigen, sowie deren charakteri- sten, schaffen sie die Rahmenbedingungen zum stischen Zustand zu verändern.“ Handeln. Da viele Quellen stark verändert wur- den, genießen Quellbereiche Schutz nach § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes vor Beeinträch- tigungen. Der Schutz von Quellbiotopen wird zwar eher indirekt genannt, das Ziel der Was- in den jeweiligen Bundesländern geregelt. In serrahmenrichtlinie, das Erreichen eines „guten Rheinland-Pfalz sind Quellbereiche nach § 28 ökologischen Zustands“, bezieht sich aber auf Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) geschützt: alle Gewässer. Im Entwurf der geplanten Toch- „es ist verboten, Quellbereiche zu beseitigen, zu terrahmenrichtlinie für Grundwasser aber sind zerstören, zu beschädigen, sowie deren charakte- ausdrücklich Quellen als Untersuchungspunkte ristischen Zustand zu verändern“. Allerdings gibt für die Grundwasserüberwachung genannt, wo- es keine verbindliche Definition des Begriffes bei sie auch zu den „grundwasserabhängigen „Quellbereich“ in den landesrechtlichen Bestim- Ökosystemen“ überleiten, die Indikatoren für mungen, auch nähere Angaben zu Biotopgröße, den Zustand des Grundwassers sind. Abgrenzung und Biotopausstattung fehlen. Wasserrechtlich gesehen zählen Quellge- wässer zu den Gewässern (§ 1 Wasserhaushalts- ❐ Fachbehörden und Verwaltungen gesetz), welche gemäß § 1a WHG als Bestand- einbeziehen teil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern sind. So sollen ver- Maßnahmen an Quellen sind in der Regel was- meidbare Beeinträchtigungen der Gewässer und serrechtlich zulassungspflichtig. Zudem wird ihrer ökologischen Funktionen unterbleiben, so durch rechtzeitige Absprachen der Absichten dass insgesamt eine nachhaltige Entwicklung und Planungen Akzeptanz erreicht. Einzubin- gewährleistet ist. Auch im Rahmen des WHG, den sind am besten das zuständige Forstamt bzw. das vor allem die Wassernutzung regelt, erlassen die Kommune sowie die unteren Naturschutz- die einzelnen Länder ihre eigenen Landeswas- behörden, allerdings hängt dies von der Art der sergesetze, die sich auch auf Quellen beziehen. Maßnahme ab. Neben dem behördlichen sollte Nach dem Landeswassergesetz Rheinland-Pfalz auch der ehrenamtliche Naturschutz (Natur- (§ 2 LWG) ist hier ein „naturnaher Zustand der schutzverbände) einbezogen werden. Gewässer anzustreben“. Grundsätzlich zählt das „aus Quellen wild abfließende Wasser“ zu den oberirdischen Gewässern 3. Ordnung, womit ❐ Ausweisung eines Schutzgebietes sie dem LWG unterliegen und bezüglich Nut- zung, Ausbau und Unterhaltungspflicht kleinen Obwohl Quellen per se geschützte Biotope sind, Bächen vergleichbar sind. Gewässerbenutzungen kann trotzdem eine zusätzliche Ausweisung als bedürfen nach dem Wasserhaushaltsgesetz und Naturdenkmal (wertvolle Einzelquelle), Land- dem Landeswassergesetz Rheinland-Pfalz einer schaftsschutzgebiet oder Naturschutzgebiet Erlaubnis oder Bewilligung. sinnvoll sein, z. B. bei Quellgebieten oder Quell- Seit einigen Jahren bildet die europäische bächen. Die Erwirkung einer gesetzlichen Si- Wasserrahmenrichtlinie die Grundlage für die cherstellung von Quellen durch ein Schutzgebiet Bewirtschaftung und Entwicklung der Gewässer ist ein wichtiges Quellschutzinstrument. Was- in den Staaten der Europäischen Union, wobei serschutz- bzw. Heilquellenschutzgebiete nach alle Gewässer betroffen sind. Hier sind Quellen § 13 und 18 LWG dienen dem Schutz der Res-

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 75 Praktische Maßnahmen

source Trinkwasser, so dass darin liegende Quel- ❐ Erarbeitung von Gewässerpflegeplänen len in der Regel gefasst sind. Gerade hier sollte in auch für Quellen Zukunft auch der Schutz naturnaher und unge- nutzter Quellen berücksichtigt werden. Als Leitlinien für den Umgang mit Fließgewäs- sern werden vielerorts Gewässerpflegepläne erar- beitet. Diese waren bisher aber lediglich Empfeh- ❐ Umsetzung des § 30 BNatSchG und lungen und nicht rechtsverbindlich, gewinnen des § 28 LNatSchG in Rheinland-Pfalz aber im Zuge der Wasserrahmenrichtlinie im- mer mehr an Bedeutung. Nach § 64 Abs. 3 LWG Dass Quellbereiche ausdrücklich geschützt sind, kann die zuständige Wasserbehörde den Gewäs- ist oft vor Ort nicht bekannt. Hier kann man serunterhaltungspflichtigen, soweit es die Belan- Anwohner oder Nutzer in Gesprächen auf deren ge des Naturhaushalts erfordern, zur Aufstellung Schutzstatus aufmerksam machen, da hier noch eines Gewässerpflegeplans verpflichten und die- großer Aufklärungsbedarf besteht. sen für die Durchführung der Unterhaltung für verbindlich erklären. In Rheinland-Pfalz kann die Aufstellung eines Gewässerpflegeplans aus Mitteln der Wasserwirtschaftsverwaltung finan- ziell gefördert werden. Die Unterhaltungspflich- tigen (meist Kommunen) müssen noch einen Ei- genanteil leisten. Im Rahmen der Aktion Blau lassen sich auch Gewässerpflegepläne für Quel- len realisieren, was in wenigen Regionen von Rheinland-Pfalz bereits geschehen ist. Wegen der Vielzahl der Quellstandorte und der fort- schreitenden Bedrohung der Quellen sind solche Konzepte beispielhafte Herangehensweisen.

❐ Ankauf und Pacht

In vielen Fällen ist das Anpachten oder der An- kauf von Quellbereichen sinnvoll. Dies muss zwar finanziert werden, allerdings ist die Flä- che, um die es sich handelt und damit der Preis meist klein. Der Ankauf oder die Pacht der Flä- chen kann durch Kommunen, Privatpersonen, Vereine oder Initiativen erfolgen. In Rheinland- Pfalz gibt es etwa die Stiftung Natur und Um- welt, die den Ankauf von Flächen zu Natur- schutzzwecken finanziell unterstützt.

❐ Pflegevertrag mit dem Grundbesitzer aushandeln

Vor Ort können konkrete Pflegeverträge ge- schlossen werden, die den Umgang mit dem Quellbereich vor Ort regeln. Beispielweise kann an einer Wiesenquelle, wo keine Verbuschung

76 Quellen-Leitfaden Praktische Maßnahmen

gewünscht wird, eine Herbstmahd mit scho- nendem Maschineneinsatz (Motorsense) verein- Bei der Instandsetzung von bart werden. Gerade im Wald liegen oft durch Fassungen werden die Wasserbehör- Quellen gespeiste Fischteiche in Staatsbesitz, die den oft nicht hinzugezogen. an Privatleute verpachtet sind. Diese Pachtver- träge werden aus gewässerökologischen Grün- den oft nicht mehr verlängert, im Zweifel sollte bei den zuständigen Behörden in diesem Punkt auch Quelltiere leben in den nunmehr wieder nachgefragt werden. reicher strukturierten Kleinlebensräumen (Risse im Stein, überlaufendes Becken, seitliche Ab- läufe an der Fassung vorbei). Nun wäre die Wie- ❐ Extensivierung landwirtschaftlicher derherstellung der Fassung ein sich ökologisch Flächen im Umfeld von Quellen negativ auswirkender Eingriff. Wenn der Ver- fall weiter fortschreitet und kaum noch Wasser Von landwirtschaftlich genutzten Flächen geht durch die Fassung fließt, kommt die Instandset- oftmals eine Gefährdung von Quellen durch zung der alten Fassung einer Neufassung gleich, Dünger- und Pestizidaustrag aus. Die Extensi- da der entstandene Quellbiotop mit sämtlichen vierung solcher Flächen im näheren Umfeld der Tieren und Pflanzen mehr oder weniger zerstört Quelle kann zu einer starken Entlastung führen. wird. Die Instandsetzung einer solchen Fassung Extensivierungsmaßnahmen werden durch die ist aber stets wasserrechtlich zulassungspflichtig, EU gefördert, wobei Auskünfte von der zustän- so dass in solchen Fällen die rechtzeitige Einbe- digen Kreisverwaltung erteilt werden. Außerdem ziehung der Wasserbehörden zu erfolgen hat. muss mit den Landwirten verhandelt werden. Rechtlich gesehen sind Quellbereiche ge- schützt, dürfen also nicht verbaut oder verän- dert werden. Quellen, für die ein Wasserrecht ❐ Restauration („Instandsetzung“) von besteht z. B. für die Trinkwasserversorgung, lie- Quellfassungen: Neuausbau oder gen meist in „Wasserschutzgebieten“. Ob ein Unterhaltungsmaßnahme ? Wasserrecht besteht, ist also im Einzelfall genau zu prüfen. Ist ohne wasserrechtliche Zulassung In vergangener Zeit wurden viele Quellen gefasst, eine Quelle gefasst oder findet gar ein (Wieder-) vor allem an Wegen für die bequeme Trinkwas- Ausbau statt, kann durch die zuständige Behör- sernutzung von Wanderern oder zum Trocken- de die Wiederherstellung des alten (ungefassten) legen des Quellbereiches in Feld oder Wald. Das Zustandes gefordert werden. Bei bestehendem Bauen von Fassungen wurde bis in unsere heu- Wasserrecht kann die Instandsetzung der Fas- tige Zeit hinein vom Naturschutz oft hingenom- sung auch eine Unterhaltungsmaßnahme sein, men. Heute ist die Neufassung von Quellen die der Unterhaltungspflichtige durchzuführen ohne wasserrechtliche Zulassung auch aus Na- hat. Unterhaltungsmaßnahmen bei wasserrecht- turschutzgründen verboten. Die Erschließung lich nicht belegten Quellen sollten möglichst einer Quelle ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG nicht stattfinden. erlaubnispflichtig. Die Instandsetzung alter Fassungen ist aus Mittlerweile existieren eine Reihe alter Fas- naturschutzfachlicher Sicht nur bei kulturhisto- sungen, die teilweise von Verfall betroffen sind. rischer und denkmalpflegerischer Bedeutung Ökologisch gesehen können solche, von der Na- oder touristisch stark frequentierten Quellen zu tur zurück eroberten Fassungen wieder sekun- befürworten und erfordert eine wasserrechtliche där ökologisch wertvoll sein. Hier ist nicht selten Zulassung. Art und Umfang der Maßnahme ist wieder ein höherwertiges Quellbiotop entstanden, mit Fachleuten der Wasser- und Naturschutzbe- weswegen Maßnahmen ohne spezielle Untersu- hörde abzusprechen und dem jeweiligen Einzel- chung unterlassen werden sollten. Erkennbar fall anzupassen, wobei so schonend wie möglich ist dies an Moosen und höheren Quellpflanzen, vorzugehen ist.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 77 Praktische Maßnahmen

Der Tatbestand des Gewässerausbaues bei eine fachliche und finanzielle Unterstützung un- Umleitung des ablaufenden Wassers betrifft umgänglich. Dies gilt auch für den Einsatz von auch eine mögliche Revitalisierung der Quelle, Maschinen und Geräten oder bei Druckkosten so dass auch hier die Einbeziehung der Wasser- für eine Info-Broschüre. Hier können Instituti- behörde nötig ist. Da etwa viele alte Brunnen- onen, Behörden, Firmen oder Vereine Hilfe oder stuben nicht mehr genutzt werden und langsam Unterstützung leisten. Im Folgenden werden An- verfallen, bieten sich solche Anlagen für eine Re- laufstellen genannt, die für den Quellschutz an- vitalisierung an. gesprochen werden können. Vorteilhaft ist im- Obwohl vieles, was hier genannt wird, mit mer die Kontaktierung von Organisationen oder geringen finanziellen Mitteln durchgeführt wer- Personen, die bereits Erfahrung im Umgang mit den kann, ist doch bei größeren Maßnahmen Quellen und deren Revitalisierung haben.

Fördermöglichkeiten im Quellschutz

Ansprechpartner Beispiel Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft Material und Hilfe bei Revitalisierungen, Ma- und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, Mainz terialien zum Fließgewässerschutz, Quellka- taster (zentrale Sammelstelle), Biotopkataster, Öffentlichkeitsarbeit Bund für Umwelt und Naturschutz Deutsch- Materialien zum Quellschutz und Hilfe bei land, Landesverband Rheinland-Pfalz Revitalisierungen Umweltamt/Naturschutzbehörden Genehmigung und Hilfestellung vor Ort, Karten ProLimno GbR Schindler u. Frey: www.Pro- Untersuchung von Quellen und Hilfestellung Limno.de vor Ort Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Materialien zum Fließgewässerschutz Abwasser und Abfall (DWA) GFG – Gemeinnützige Fortbildungs- Materialien zum Fließgewässerschutz gesellschaft für Wasserwirtschaft und Landschaftsentwicklung Gesellschaft für Quellökologie und Fachliteratur Quellschutz Umweltbundesamt Informationsmaterial zum Thema Gewässer private Spenden Info-Tafeln Firmen, Sponsoren (Mineralbrunnen, Einrichtungen zur Besucherlenkung, Druck- Brauereien) kostenbeihilfe, Geräteverleih für Maßnahmen Heimat- und Wandervereine Gelder für Revitalisierungen, Schilder Stiftungen, z. B. Natur + Umwelt Flächenankauf Wasser- und Bodenverbände Infos zur Kartierung und Pflege von Quellen Arbeitsagentur Stellen für Quellschutzprojekte Bestehende Quell-Patenschaften Erfahrungsaustausch, Hilfe bei Erfolgskontrollen

78 Quellen-Leitfaden Praktische Maßnahmen

Maßnahmen im Wald

Im Wald finden sich die meisten naturnahen lung zu erreichen. Dadurch wird eine Mindest- Quellen, die es bei uns noch gibt. Aber auch im beschattung der Quellaustritte erhalten und Wald ist die Mehrzahl der Quellen durch den gleichzeitig die Naturverjüngung gefördert. Nur Menschen beeinträchtigt. Im Pfälzerwald etwa, wenn sich mittelfristig keine standortgerechten dem größten geschlossenen Waldgebiet Deutsch- Baumarten ansiedeln, können heimische Laub- lands, sind fast 60 % aller größeren Quellen ge- bäume wie z. B. Schwarzerlen gepflanzt werden. fasst. Ähnlich dürften die Verhältnisse in den Bei Durchforstungen sollte generell ein gewisser meisten anderen Waldgebieten liegen. Hinzu Kronenschirm über den Quellbereichen erhalten kommen Fichtenanpflanzungen, forstlicher We- bleiben. gebau, Grundwasserabsenkungen, Drainagen und das Rücken von Schlagholz im Quellbereich als wichtigste Beeinträchtigungen. Trittschäden ❐ Berücksichtigung der Quellen durch Wanderer und überhöhte Wildbestände bei der Forstplanung und Forstintegration stellen ebenfalls ein Problem dar. Wegen der zunehmenden Aufgeschlossenheit vieler För- Bereits bei forstlichen Standortkartierungen und ster sind die Aussichten für den Quellschutz im der Erstellung der Forsteinrichtung sollten Quel- Wald aber besonders gut. len berücksichtigt werden. Dies gilt auch für die Nutzung des Umfeldes und des Einzugsgebietes (s. „Maßnahmen im Einzugsgebiet“). Bei Fragen ❐ Information der Revierförster können Förster und Waldbesitzer beraten und aufgeklärt werden. Naturnahe Quellgebiete kön- In der Information und Ausbildung der Förster nen u. U. auch als Naturwaldzellen ausgewiesen und Waldarbeiter durch die Forstverwaltung werden. und die Naturschutzverbände nimmt die Ge- wässerökologie zwar eine immer größere Bedeu- tung ein, trotzdem sollte speziell auf bedeutende ❐ keine Räumarbeiten oder Flächen hingewiesen werden. Schlagholzrücken im Quellbereich

Mechanische Beeinträchtigungen wie das Befah- ❐ Förderung standortgerechter, ren des Quellbereichs (Forstpflege) sind enorm heimischer Baumarten im Quellbereich schädlich für die Quellebensgemeinschaften. Rückearbeiten, bei denen gefällte Bäume mit Allgemein sind in den Mittelgebirgs- und Tief- schwerem Gerät zu Wegen gezogen werden, fin- landlagen Deutschlands standortgerechte Laub- den meist in natürlichen Geländesenken und bäume zu fördern. Zusätzlich sollten nässetole- Tälern statt, Bereichen also, in denen vielfach rante, heimische Baumarten gefördert werden Quellen liegen. Hier sind Rückeschneisen so zu (Erlen, Eschen). Standortfremde Nadelholzmo- wählen, dass Quellbereiche nicht beeinträchtigt nokulturen sind an Quellen äußerst schädlich werden. Auch das Lagern von Holz sollte abseits und müssen behutsam und sukzessive ersetzt von Quellen erfolgen. werden (keine Kahlschläge). Am besten entfernt man immer den am nächsten zum Wasser stehen- den, standortfremden Baum und überlässt der ❐ Aussparung von Quellräumen Sukzession die weitere Entwicklung. Der Baum bei der Nutzung ist so schonend wie möglich aus dem Quellbe- reich zu entfernen (möglichst kein Wasserkon- Quellen sollen der freien Entwicklung unterlie- takt, wenig Bodenberührung). 3 bis 4 Eingriffe gen. Der Nutzungsverzicht fällt in den kleinen in 10 Jahren sind ideal, um eine Waldumwand- Flächen wirtschaftlich kaum ins Gewicht. Staun-

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 79 Praktische Maßnahmen

asse Flächen sind ohnehin nur bedingt für wert- Auswirkung abgemildert werden. Am Besten ist volle Baumarten geeignet. So wie die Sukzessi- immer der Rückbau des kompletten (wenig fre- on im Quellbereich zuzulassen ist, muß Totholz quentierten) Weges, so dass dies im Forst eine von Laubbäumen belassen werden, was auch vor gute Möglichkeit ist, Quellschutz zu betreiben. Vertritt schützt. Starker Fichtenabraum sollte Der Versiegelungsgrad von Wegen ist gering zu allerdings entfernt werden. Der Holzschlag im halten, da in der Nähe von Quellen oft Quellho- Quellbereich ist außer zur Verbesserung der Um- rizonte liegen. Das Anlegen von Stichwegen un- feldsituation zu unterlassen. Im weiteren Umfeld ter Aussparung von Quellen ist eine Maßnahme einer Quelle sollten großflächige Baumentnah- für großflächige Quellgebiete. Zur Besichtigung men ebenfalls unterbleiben. einer Quelle können wie in anderen trittemp- findlichen Bereichen (Moore, Dünen) Wander- wege mit Schotterauflage durch Holzstege er- ❐ Angepasster Wegebau, setzt werden, Pfade mit Geländern schützen vor Abstand zu Quellen, Anlegen von Furten, Zutritt. Rückbau von Verrohrungen

Beim Neuanlegen von Wegen ist die örtliche Ge- ❐ Besucherlenkung, Entfernen von Müll ologie zu berücksichtigen, da ansonsten Quellen und Schutt versiegen können. In der Nähe von Quellhori- zonten und direkt an Quellen sollte kein Wege- Auf das Problem des Tourismus mit seinen Folgen bau stattfinden. Bei der Neuanlegung ist mög- (Müll, Trittschäden), im Wald eine häufige Schä- lichst ein hinreichender Abstand von mindestens digungsursache an Quellen, wird im Anschluss 50 m einzuhalten. Bei Baumaßnahmen jeglicher eingegangen (s. „Zusätzliche Maßnahmen“). Art im Umfeld sollte der Quellbereich kenntlich abgegrenzt sein (Markierungsband). Es empfieh- lt sich grundsätzlich bei Verrohrungen des Quell- ❐ Allgemeine Entlastung der baches, diese zu einer Furt zurückzubauen. Quellbiozönose im Wald

Im Quellschutz ist das Umfeld besonders wich- tig. Waldkalkungen und Walddüngungen sollten nicht in der Nähe von Quellen durch- geführt werden. Grundwasserentnahmen müs- sen in Quellgebieten gering gehalten werden, Die Umwandlung um ein Versiegen zu verhindern. Die flächen- einer Verrohrung zu deckende Durchsetzung der naturgemäßen einer offenen Furt Waldwirtschaft wirkt der Versauerung entgegen ist eine zentrale und schafft natürliche Licht- und Bodenverhält- Maßnahme des nisse. Auch kleine Maßnahmen können bereits Quellschutzes. die Quellbiozönose entlasten. An stark frequen- tierten Wegen etwa halten kleine Totholzbarrie- Dies ist vor allem dort anzuraten, wo bereits ren Besucher fern. Wege in Quellnähe vorhanden sind. Dabei wer- den die Rohre entfernt (Entfesselung). Die Ver- wendung von gebietseigenem Schottermaterial beim Anlegen der Furt sollte obligatorisch sein. Ziel ist der Anschluss der Quelle an die unteren Die Verrohrung selten frequentierter Gewässerabschnitte (Durchgängigkeit, Vernet- Wege muss nicht sein; zung). Ist die komplette Entfernung nicht mög- Furten schaffen Abhilfe. lich, kann eventuell mit einer Teilöffnung die

80 Quellen-Leitfaden Praktische Maßnahmen

❐ Rückbau von Fassungen, Revitalisierung, kein Aufstau oder Umleiten von Quellen

Wegen der Bedeutung wird auf diesen Punkt im Abschnitt „Quellfassungen“ eingegangen.

❐ Entfernen von Wildfütterungen aus dem Quellbereich, Verhinderung von Trittschäden

Quellen ziehen als natürliche Wasserstellen Wild an. Jäger fördern dies zusätzlich, indem sie Wild- futterstellen an Quellen und Quellbächen anle- gen, um leichter zum Schuss zu kommen (Abb. re.). Dadurch kommt es zu erheblichen Tritt- Starke Trittschäden schäden an der Quelle. Findet man eine solche dauerhaftes Abzäunen des Quellbereichs kann erfolgen meist Futterstelle (der Ansitz liegt meist nicht weit da- im Einzelfall bei starkem Wildtritt in Erwägung durch Wild an von), sollte man den Jagdpächter oder den Re- gezogen werden, sollte aber eher vermieden wer- Wildfutterstellen. vierförster darauf hinweisen. Ein zeitweises oder den. Abschussstellen sind zu verlegen.

Maßnahmen im Offenland

Naturnahe Quellen sind heute sehr oft Wald- ❐ Aussparung des Quellbereichs quellen. Offenland ist fast immer die Folge bei der (intensiv-)landwirtschaftlichen menschlicher Tätigkeit, insbesondere der Land- Nutzung wirtschaft. Hauptschädigungsursachen an Of- fenlandquellen sind die Grundwasserbelastung Diese Maßnahme ist im Allgemeinen für den durch Überdüngung (Nitrat) und Pflanzen- direkten Quellbereich durchzusetzen. Da nasse schutzmittel, die Fassung und Drainierung so- Bereiche oft von Bauern gemieden werden, wer- wie die intensive Landnutzung mit Pestizid- und den sie bei der Nutzung ohnehin oft ausgespart, Düngereinträgen und Viehtritt. so dass sich nur geringe wirtschaftliche Nach- Offene Quellen gab es aber auch schon vor teile ergeben. Vorsicht ist geboten bei Quellen, dem Menschen, weshalb solche mit geringem die eine wertvolle Biotopausstattung mit hoher Nutzungsgrad artenreich sein können. Deswe- Artenvielfalt aufweisen, z. B. bei einem Klein- gen ist die Abwägung der Maßnahmen im Ein- seggenried mit seltenen Arten. Hier ist die bis- zelfall besonders wichtig und hängt unmittel- herige Nutzung beizubehalten. bar mit dem umliegenden Biotoptyp zusammen. Die meisten Quellen der Feldflur sind in Die betroffenen Landwirte und die Landespfle- ihrer Besiedlung jedoch oft verarmt. Durch die ge müssen miteinbezogen werden, wobei bei Of- Einstellung der Nutzung setzt die Sukzession fenlandquellen mehrere Maßnahmenbündel in ein, so dass die Quelle verbuscht und schließ- Betracht kommen. Die Vorraussetzung ist die lich ein Sumpf oder (Quell-)Wald entsteht, was Zustimmung des Besitzers, die Pacht oder der meist positiv ist. Auf Viehweiden unterbindet Ankauf der Fläche. Die Entfernung einer Fas- ein Einzäunen des Quellbereichs schnell und sung ist in der Feldflur nur sinnvoll, wenn auch günstig die Nutzung. Die einsetzende Sukzes- der direkte Quellbereich und wenigstens das sion verhindert die eher unnatürliche, vollstän- nahe Umfeld langfristig verbessert werden. dige Besonnung.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 81 Praktische Maßnahmen

❐ Erhalt landwirtschaftlich bedingter, halbnatürlicher Lebensräume

Auch halbnatürliche, also anthropogene Lebens- räume sind in der Kulturlandschaft von groß- er Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz. Artenreiche Quellen im Offenland benötigen unter Umständen Pflege- und Unterhaltungs- maßnahmen, um im Einzelfall den Status quo zu erhalten. Die biotoptypische Pflege läuft auf Die Überdüngung Beweidung oder Mahd hinaus, die im Folgenden macht auch vor näher beschrieben sind. Quellen nicht halt: viele Algen sind dafür ein Zeichen. ❐ Maßnahmen zur Wiedervernässung oder Erhalt der Vernässung

In der Vergangenheit sind Quellbereiche im Zuge von Flurbereinigungsmaßnahmen viel- fach durch Drainagen trocken gelegt worden. Quellen sind meist um eine gewisse Strecke ver- legt, wobei sich meist sich aber nur schwer fest- stellen lässt, wo eine Drainage herkommt. Als Maßnahme käme die Entfernung des Drainage- rohres in Betracht. Aber hier ist Vorsicht gebo- ten: durch das Herausreißen der Leitung erfolgt eine extreme Veränderung des Quellbereichs. Diese Maßnahme ist erst nach Prüfung der Be- siedlung und eventuell einer Rekonstruktion des alten Austrittts statthaft. Erst dann sollten Drai- nagen entfernt oder rückgebaut werden. Liegen Drainagen im Quellumfeld oder führen seitlich in die Quelle, sollten sie vorsichtig entfernt oder Offenlandquellen verstopft werden. Sie stammen meist aus benach- werden meist barten Nutzflächen und leiten Sickerwasser ein, dräniert und sind wobei sich oft ein zusätzliches Problem durch als Quelle nicht Einträge ergibt. Danach erfolgt die Wiederver- mehr erkennbar. nässung des Quellbereichs. Zu beachten ist, dass dies u. U. wegen der Auswirkung bis in Nach- barflächen hinein zu Konflikten mit Landwir- ten führen kann. Parallel sollten wiedervernässte Flächen extensiviert werden. Belastetes Drain- wasser sollte aus dem Quellbereich bachabwärts eingeleitet werden, so dass Drain- und Quell- wasser getrennt abfließen. Bei intensiv bewirt- Offenlandquellen können schafteten, kleinen Flächen (z. B. im Weinbau) Ersatzquellen für Sümpfe und Moore kann nach Wiedervernässung u. U. eine Nut- darstellen. zungsentschädigung gezahlt werden (Förderung von Flächenstillegungen).

82 Quellen-Leitfaden Praktische Maßnahmen

❐ Verringerung des Viehbestandes im Quellumfeld, Maßnahmen der Beweidung

Wiesenquellen sind z. T. erhaltenswerte Sekun- därbiotope „aus zweiter Hand“, so dass eine ex- tensive Beweidung sogar notwendiges Kriterium für den Erhalt sein kann. Die Entscheidung, ob eine Quelle beweidet werden soll oder der Suk- zession überlassen wird, ist im Einzelfall nach einer Untersuchung der Biozönosen zu treffen. Die konkreten, angepassten Viehbesatzmaß- nahmen können dann in einem Nutzungs- und Pflegevertrag geregelt werden, z. B. zwischen Naturschutzbehörde und Grundstückseigentü- mer. Sinnvoll wäre etwa eine Regelung, nach der mit Hilfe eines beweglichen Zaunes der Quell- bereich im Frühjahr abgezäunt (Blühen der Quellvegetation) und dieser ab Sommer für die extensive Beweidung geöffnet wird. Auf diese Weise bleiben auch bei nährstoffreichem Boden Weidequellen weitgehend offen ohne die stärkere Bildung von Hochstauden und starker Verkrau- tung. Diese würden ansonsten durch Beschat- tung verhindert. Der Viehbestand (Großvieh) sollte 1 Tier/ha nicht überschreiten. Der Vieh- auftrieb im Umfeld der Quelle sollte frühestens ab Mitte Juni erfolgen. Ein geringer Vertritt ist nicht schädlich, da Hochstauden zugunsten von nässeliebenden Quellpflanzen verdrängt werden. Wird die extensive Beweidung aus Artenschutz- gründen nicht befürwortet, so ist die Quelle in Viehweiden vollständig abzuzäunen. Auch die Kenntnis der Nutzungsgeschichte kann hier über Maßnahmen mitentscheiden.

❐ Pflegemaßnahmen an Offenlandquellen (Mahd) Nach der Eine standortgerechte Vegetation in Quellbe- Wiedernässung reich und Umfeld ist Vorraussetzung für natur- entstehen nahe Offenlandquellbiotope. Deswegen ist bei botanisch wertvolle intensiver Nutzung ein Wechsel zu extensiveren Offenlandquell- Bewirtschaftungsformen anzustreben. Dazu ge- bereiche. Natürliche hört die Verminderung des Düngereinsatzes auf Offenlandquellen den angrenzenden Flächen und die Einstellung sind selten und in der Düngung im Quellumfeld. Rheinland-Pfalz Auf Pflanzenschutzmittel (Pestizide) muß trotzdem oft im Umfeld und möglichst auch im (nahen) Ein- teilbeschattet

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zugsgebiet der Quelle verzichtet werden. Zeit- tung zu stellen. Bei vielen Quellen ist es sinn- punkt und Häufigkeit der Mahd ist an die voller, wenn sie der Sukzession unterliegen, z. B. jeweiligen Standortbedingungen und die Bioto- geschädigte Quellen. Erst bei Anhaltspunkten pausstattung anzupassen. Sie kann jährlich oder für einen wertvollen Quellbiotop (Artenvielfalt) nur alle paar Jahre erfolgen und sollte schonend wird die bisherige Offenhaltung favorisiert. durchgeführt werden, z. B. jährlich wechselnde Teilmahd. Die Pflegemaßnahmen orientieren sich da- ❐ Quellfassungen entfernen, bei an der umgebenden Fläche und können da- Viehtränken verlegen rin einbezogen werden (Pflege durch Nutzung). Das Mähgut sollte behutsam aus dem Quell- Wegen Tritt- und Verbauschäden sollen bereich entfernt werden (Gefahr der Überdün- Viehtränken bachabwärts verlegt werden (Abb. gung). Teilweise können sich auch bisherige, ex- unten). Ein Teil des Bachwassers kann dafür ab- tensive Maßnahmen als geeignet für die Pflege geleitet werden, dabei ist der Schutz der Quelle herausstellen, während bei anderen Quellen stär- und des Baches durch Zäune zu gewährleisten. ker extensiviert werden muss. Offenlandquellen Auf das Problem der Fassung wird unter „Quell- mit einer wertvollen Besiedlung sollten nicht fassungen“ eingegangen. einem plötzlichen Nutzungswechsel ausgesetzt werden. Bei Offenlandquellen ist grundsätzlich im- ❐ Schaffung landschaftstypischer Puffer- mer die Frage nach Gründen für die Offenhal- bereiche zwischen Nutzung und Quelle

Pufferzonen können durch unbewirtschafte- te Säume oder extensivierte Streifen aufgebaut werden. Gehölze und Hecken aus Erlen, Weiden und Holunder oder Hochstauden in Pufferzo- nen dienen auch dem Schutz vor eindringendem Vieh. Der umgebende Biotoptyp ist bei der Ent- scheidung miteinzubeziehen. Liegt z. B. eine auf Mahd angewiesene Sumpfdotterblumen- wiese neben einer Quelle, so ist der extensiven Mahd den Vorzug zu geben. Eine Bepflanzung mit Hecken oder eine natürliche Verbuschung wäre hier eher fehlangezeigt. In einer „Agrar- wüste“ mit Intensivlandwirtschaft sähe der Fall dagegen anders aus. Hier bilden Büsche einen besseren Schutz vor Einträgen, da viele Pflanzen- schutz- oder Düngemittel mit dem Wind in die Quelle gelangen können. Flächen für Pufferstreifen können gepachtet oder in Absprache gepflegt werden (Nutzungs- auflagen). Das Abstecken mit Pfählen (Abzäu- nung) des Pufferbereichs schafft eine sichtbare Viehtränken haben Begrenzung zu anderen Flächennutzungen. in Quellbereichen Wichtig ist die Breite der Pufferzone. Diese sollte nichts verloren im Radius mindestens 15 Meter betragen, wobei und sollten an den ein Mindeststreifen von etwa 30 – 50 m Länge Quellbach verlegt bachabwärts eingeräumt wird, am besten ist der werden. Quellbach komplett einzubeziehen.

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Maßnahmen im Siedlungsbereich

In Siedlungen sind praktisch alle Quellen ge- ❐ Entfesselung von Quellverbauungen, fasst, der Versiegelungsgrad liegt hier bei 60 bis Revitalisierung 70%. In den Randbereichen um Siedlungen sind Quellen oft mit Müll und Schutt verfüllt. Dazu In Siedlungen erscheint die Beseitigung von kommt evtl. das Einleiten von Abwässern sowie Verbau, Rohren und Becken besonders dring- hoher Besucherdruck (Vertritt). Insgesamt ist da- lich, ist oft aber kaum durchzusetzen. Revitali- von auszugehen, dass in Siedlungen kaum noch sierungen können dennoch bei guten Vorausset- naturnahe Lebensgemeinschaften anzutreffen zungen (unversiegeltes Umfeld) auch in der Stadt sind, vielfach wird das Quellwasser sogar direkt durchgeführt werden. Fernziel ist die Schaffung in die Kanalisation abgeleitet. In Siedlungen ist naturnaher, quelltypischer Strukturen. Dazu die Revitalisierung von Quellen deshalb beson- ist neben der Entfernung des Verbaues die Ent- ders kompliziert und aufwändig. siegelung von Flächen im Umfeld voranzu- treiben und Neuversiegelungen zu verhindern. Nicht zu umgehende Bodenbefestigungen kön- ❐ Kartierung und Aufbau eines nen mit durchlässigen Materialien wie Schot- Quellkatasters in Städten ter oder Rasen-Pflaster erfolgen. Besonders an Quellhorizonten sollten Befestigungen vorsich- Die Kartierung und Beobachtung von Quellen tig rückgebaut werden. Eine Beschattung durch ist in Städten aufgrund der räumlichen Nähe standorttypische Laubbäume schafft bessere Mi- leichter durchzuführen als in ländlichen Ge- kroklimabedingungen im warmen Siedlungskli- bieten oder im Wald. Bei Pflege- und Unter- ma. Weiteres findet sich unter „Quellfassungen“. haltungsmaßnahmen werden aber die meisten Maßnahmen an Quellen sind mit der Stadtver- Quellen in Städten „überpflegt“, das Grünflä- waltung abzustimmen. chenamt nimmt meist eine „Reinigung“ von Fal- laub, Totholz und Moospolstern vor und verhin- dert so oft die Eigenentwicklung. Informationen ❐ Schaffung eines offenen, über die richtige Pflege (so wenig wie möglich) durchgehenden Fließgewässersystems sollten an die behördlichen Stellen weitergeleitet und auf deren Umsetzung geachtet werden. Im Diese Forderung muß als Oberziel verstanden Vordergrund steht die Eigenentwicklung nach werden, da sie durch die Überbauung in Sied- entsprechenden Revitalisierungsmaßnahmen lungen meist illusorisch bleibt. Trotzdem sollten (Entfernung von Verbau, Müll) wo dies möglich erste Schritte in diese Richtung unternommen ist. Quellen bilden dann mit ihrem Umfeld at- werden. Quellen verschwinden oft direkt in der traktive Lebensräume in der Stadt. Kanalisation. Degegen bieten sich Gewässer und Viele Quellen bleiben aber als Kulturdenk- Quellen gerade in Siedlungen als Erholungsräu- mäler in Siedlungen gefasst, können aber trotz- me und Punkte der Naturbeobachtung an. Wo dem in die Umweltbildung miteinbezogen noch Gewässer vorhanden sind, können angren- werden (Info-Tafeln) und dienen als Orte der zende, verbaute und verrohrte Gewässer revita- Naherholung. An naturnäheren Quellen sollte lisiert werden. keine Pflege stattfinden, vielmehr sollte die Flä- che vor Vertritt geschützt werden. Zur Übersicht über Quellen in Siedlungen ist ein Quellkata- ❐ Entfernen von Müll und Schutt, ster zu empfehlen. Es sollte einen Überblick über richtige Pflege Standorte und Nutzungsgeschichte der Quellen, die zeitliche Entwicklung, durchgeführte Unter- Das Zuschütten der Quellen mit Müll und suchungen und Pflegemaßnahmen sowie deren Schutt aller Art ist in den Randbereichen von Entwicklungsziele geben. Siedlungen besonders häufig zu beobachten (s.

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„Zusätzliche Maßnahmen“). In der Stadt ergibt Revitalisierung der Quelle zu errichten, um die sich noch ein weiteres Problem: so positiv eine Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Müllentfernung etwa durch die Stadtreinigung ist, die Laubentfernung, der Rasen- und He- ckenschnitt sowie das Fällen von Bäumen sollte ❐ Schutz des Quellbereichs vor unterbleiben, da dies zu Substrat- und Struktur- (Bau-)Fahrzeugen und anderer Nutzung armut führt. In Städten und Gemeinden herrscht oft rege Bautätigkeit. Bei Baumaßnahmen im Umfeld muss der Quellbereich gut sichtbar abgesperrt werden, da er sonst durch Fahrzeuge geschädigt wird. Auch die Lagerung von Bau- und Werk- stoffen sowie das Parken von Fahrzeugen kön- nen Quellen schädigen.

❐ Beobachtung durch Anwohner, Vermitteln von Quellpatenschaften

Es ist hilfreich, wenn Anwohner von Zeit zu Zeit ein Auge auf die Quelle werfen und Verände- rungen dem Grünflächenamt oder dem ehren- amtlichen Naturschutz mitteilen. Gefasste Wenn noch Pflegemaßnahmen zur Beobach­ Siedlungsquelle ❐ Besucherlenkung, Information, tung hinzukommen, können Quellpatenschaften Umweltbildung entstehen. Analog zu den bewährten Bachpaten- schaften kann der Quellbereich von Müll gesäu- An den wenigen naturnahen Quellen ist der Be- bert und die Infrastruktur (Besucherlenkung, sucherdruck vor allem in dicht besiedelten Or- Info-Tafeln) instand gehalten werden. Auf- ten hoch. Der Quellbereich wird oft als Hunde- kommende, natürliche Strukturen wie Totholz, toilette und zur Abfallentsorgung missbraucht. Moospolster oder Hochstauden dürfen nicht Hier muss der empfindliche Bereich wirksam ge- entfernt werden, um die Entwicklung nicht zu gen Vertritt gesichert werden (Naturzaun, Holz- beeinträchtigen. Hiervon ausgenommen sind geländer). Es bietet sich an, an Quellen Hin- standortfremde Pflanzen (Neophyten). weisschilder zur Geschichte, Gefährdung und

❐ Wasser- und Gewässerschutz in Siedlungen, Grundwasserschutz

In Siedlungen kann vieles indirekt für den Quellschutz getan werden. Neben Wasserspar- maßnahmen (Einbau wassersparender Arma- turen) ist etwa die Brauch- und Regenwasser- nutzung zu nennen. Entsiegelungsmaßnahmen tragen zur Regenwasserversickerung bei und wirken der Senkung des Grundwasserspiegels Info-Tafeln klären unter Ortschaften entgegen. Das Grundwasser über unscheinbare kann durch rücksichtsvolllen Umgang vor Ein- Quellen auf. trägen geschützt werden (s. folgendes Kapitel).

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Maßnahmen im Einzugsgebiet und Grundwasserschutz

Quellen werden in hohem Maß durch ihr Ein- zugsgebiet beeinflusst. Eine Verbesserung seiner Die ökologische Landwirtschaft Verhältnisse ist daher anzustreben. Da geeignete ist für den Quell- und Maßnahmen „in die Flächen gehen“, werden Grundwasserschutz schnell unterschiedlichste Interessen davon be- sehr bedeutsam. rührt und das Konfliktpotential ist entsprechend hoch. Die Maßnahmen müssen daher mit der Politik, den Behörden und den Flächennutzern abgestimmt sein.

siegen von Quellen kommen kann. Zur verstärk- ❐ Reduzierung und Vermeidung von ten Grundwasserneubildung trägt der Rückbau Stoffeinträgen und die Aufhebung von Entwässerungsmaß- nahmen bei. Hierzu gehören der Gewässeraus- Durch Luftverunreinigung (saurer Regen), Aus- bau und die Flächendrainierung. Abflusshem- träge aus Landwirtschaft und Einleitungen ge- mende Maßnahmen wie die Wiedervernässung langen Nähr- und Schadstoffe in Boden und von Auebereichen sind zu fördern. Grundwasser, so dass an vielen Orten das Bei starken Oberflächenversiegelungen ha- Grundwasser bereits stark belastet ist. Deswegen ben Entsiegelungsmaßnahmen positive Folgen, müssen Einträge gestoppt oder wenigstens ver- sie verringern den Oberflächenabflusses und mindert werden. Die Minimierung des Dünger- führen zu einer größeren Versickerungsrate, was und Pflanzenschutzmitteleinsatzes ist anzustre- die Grundwasservorräte stabilisiert. ben. Vorbild ist die biologische Landwirtschaft. Auf diese Weise wird die weitere Überdüngung (Nitrat) und schädliche, intensive Wirtschafts- ❐ Verminderung der weisen vermieden. Vor allem im näheren Ein- Grundwasserentnahmen im Quellgebiet zugsgebiet von Quellen ist die Umsetzung dieser Forderungen wichtig. Besonders im Sommer trocknen Quellgebiete Quelleinzugsgebiete können zusätzlich leicht aus, wenn viel Grundwasser oberhalb des durch winterliche Streusalzeinsätze belastet wer- Quellhorizontes entnommen wird. Vor allem in den (Chloride). Hier kann die Salzung auf ge- Gebieten mit vielen Quellen (Quellhorizonte) fährliche Sraßenabschnitte beschränkt und ver- muss auf eine verminderte Grundwasserentnah- stärkt die Splitt- und Sandstreuung eingesetzt me hingewirkt werden mit dem Ziel der völligen werden. Die Luftreinhaltung läßt sich dagegen Einstellung an empfindlichen Stellen. nur politisch erreichen. Veränderungen des bis- Tiefbrunnenentnahmen sind im Wasser- herigen Zustandes dauern erfahrungsgemäß recht soweit einzuschränken, dass Quellen nicht Jahrzehnte. Oberziel dieser Maßnahmen ist die nachteilig beeinflusst werden. Insgesamt ist die Wiederherstellung natürlicher Stofffrachten im dezentrale Wassergewinnung der zentralen Ver- Grund- und damit auch im Quellwasser. sorgung vorzuziehen.

❐ Förderung der natürlichen ❐ Belastetes Oberflächenwasser Grundwasserneubildung nicht in Quellen und deren Täler einleiten

Die Neubildung von Grundwasser darf nicht Zuweilen ist zu beobachten, dass nach starken wesentlich eingeschränkt werden, da es sonst zur Regenereignissen größere Wassermengen aus Grundwasserabsenkung mit nachfolgendem Ver- landwirtschaftlich genutzten oder stark versie-

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gelten Einzugsgebieten abströmen. Es sammelt ❐ Langfristiges Zurückdrängen sich an tiefen Punkten, an denen oft auch Quel- von standortfremden Nadelgehölzen und len entspringen. Durch dieses Wasser werden naturgemäße Waldwirtschaft Quellen stark verändert. Zur Abschwemmung der Organismen Durch Zurückdrängen der Fichte und Dougla- kommt teilweise ein Nährstoffüberangebot hin- sie als standortfremde Baumarten auf großer Flä- zu. Hier können Umleitungen geschaffen wer- che (nicht nur um Quellen, s. Abb. unten) wer- den, so dass Oberflächenwasser in sicherem Ab- den wieder annähernd naturnahe Verhältnisse stand zum Quellbereich abgeführt wird. Dafür für Waldquellen geschaffen. sind bei Regenereignissen die Hauptabflusswege Durch die großflächige Umsetzung einer zu notieren. Ein Spülsaum ist auch nach dem naturnäheren Waldwirtschaft ist dieses Ziel am Regen noch an der Vegetation und an Müll- umfassendsten zu erreichen. Hierdurch wird auf resten erkennbar. großer Fläche Grundwasser- und damit Quell- schutz betrieben.

❐ Förderung einer „Ökologischen Flurbereinigung“

Durch Eine ökologische Flurbereinigung trägt dazu bei, Nadelholzmonokultur dass die ausgeräumte Agrarlandschaft wieder (Fichte) geschädigte ökologisch aufgewertet wird. Besonders bedeu- Quelle. tend für den Quellschutz ist die stärkere Wasser- rückhaltung solcher Landschaften in Verbindung mit verringerten Einträgen in Oberflächen- und Grundwasser. Ähnlich wie die naturgemäßen Waldwirtschaft wirkt diese Maßnahme auf gro- ßer Fläche und hat eine entsprechende Auswir- kung auf Quellgebiete.

❐ Förderung des behördlichen und ehrenamtlichen Gewässerschutzes

Bach- und Flussrevitalisierungen, die Reinhal- tung von Luft und Wasser sowie der Grundwas- serschutz sind wichtige Vorraussetzungen für er- folgreichen Quellschutz. Diese Aufgaben müssen unterstützt und weiter vorangetrieben werden. Außerdem ist die Aufklärung der Behörden und die Weiterbil- dung im Fließgewässer- und Quellschutz von- nöten, um Quellschutz zu thematisieren.

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Maßnahmen bei Quellfassungen

Wie bei jeder Maßnahme geht auch bei Fas- sungen die Kartierung und Untersuchung der Maßnahmen sind meist nur an Quelle voraus. Danach gibt es bei Quellfassungen mäßig beeinträchtigten und grundsätzlich drei mögliche Vorgehensweisen: geschädigten Quellen der Klasse 3 und 4 sinnvoll; • das Aussetzen/die Verhinderung von bei Klasse 3 muss sehr schonend Maßnahmen vorgegangen werden. • die Revitalisierung der Quelle laut den fol- genden Empfehlungen oder • die Restaurierung der Fassung. reichende Kartierung gegen Maßnahmen Wie die Entscheidung letztlich ausfällt, hängt sprechen. neben der Bewertung auch vom Kosten-Nutzen- - die Quelle ausgebaut und mit einem Wasser- Verhältnis ab. Hiermit ist gemeint, mit welchem recht zu Nutzung für die Wasservesorgung Aufwand eine Quelle renaturiert werden kann, belegt ist. damit das Ergebnis noch in einem vernünftigen - ökologische Gründe dagegensprechen. Dies Verhältnis zu den Aufwendungen steht. So lohnt ist der Fall, wenn eine Untersuchung erge- es sich kaum, eine Quelle in einer intensiv land- ben hat, dass die Quelle bereits so stark be- wirtschaftlich genutzten Fläche zu renaturie- siedelt ist, dass ein Eingriff schädliche Fol- ren, wenn nicht gleichzeitig eine gewisse Fläche gen hat. Dies ist bei alten, verfallenen oder im Umfeld als Pufferstreifen unbewirtschaftet überwachsenen Fassungen der Fall (ent- bleibt und das weitere Umfeld extensiviert wird. spricht nicht selten bereits Klasse 2, meist Mit Revitalisierung ist hier der Versuch gemeint, aber Klasse 3). die Quelle wieder in eine natürliche Situation zu versetzen, wobei lediglich ein Anstoß in di- ese Richtung erfolgt. Eine Restaurierung hin- ❐ Revitalisierung kann erfolgen, wenn: gegen gestaltet die Quelle nach rein bautech- nischen Gesichtspunkten, indem die Fassung - die Quelle als mäßig beeinträchtigt (Klas- technisch instand gesetzt wird und so ein na- se 3) oder geschädigt (Klasse 4) bewertet turferner Zustand der Quelle künstlich aufrecht- wurde. erhalten wird. - logistische Gründe dafür sprechen, z. B. günstige Lage, Modellprojekt, Unterstüt- zung durch Besitzer, Behörde oder Verein, ❐ Maßnahmen sind fehlangezeigt, wenn: gute Beobachtungsmöglichkeiten, geringer Arbeits- oder finanzieller Aufwand. - eine Quelle als naturnah (Klasse 1), bedingt - ökologische Gründe dafür sprechen. Dies naturnah (Klasse 2) und oft auch wenn die geht in erster Linie aus einer Untersuchung Quelle als stark geschädigt (Klasse 5) bewer- hervor, die eine quellfremde oder fehlende tet wurde Besiedlung aufzeigt. Auch kann es sein, dass - starke Restriktionen dagegensprechen. Dies ein ökologisch bedeutsames Gebiet erhalten ist der Fall, wenn starke bauliche oder Um- werden soll, in dem Quellen liegen (Auwald, feldeinflüsse nicht eingedämmt oder ver- Bruchwald) oder die Durchgängigkeit eines hindert werden können (starke touristische Fließgewässers hergestellt werden soll (Spei- Frequentierung, intensive Landwirtschaft, sung eines Folgebiotops). Gerade in Bezug Straßen, Siedlungen). Des Weiteren kann auf die Vernetzung von Quellgebieten ist be- die fehlende Kooperation des Besitzers, un- sonders auf den Kontakt der Quellen unter- zureichende Mittel oder eine bisher unzu- einander als Trittsteinbiotope zu achten.

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- ein Potential für die Zurückversetzung in ei- ❐ Restaurierung kann erfolgen, wenn: nen naturnäheren Zustand gegeben ist (mä- ßige Schäden, gutes Umfeld, Lage abseits - Gründe des Denkmalschutzes für eine Re- von Hauptwanderwegen, Straßen usw.). staurierung sprechen (Abwägung im Einzel- fall). Vor allem kulturhistorisch bedeutsame Quellen können aus verschiedenen Gründen meist nicht renaturiert werden (s. oben). - die Quelle so stark geschädigt ist, dass eine Revitalisierung einen großen Aufwand erfor- dert oder die Mittel hierzu fehlen. - eine Quelle nachgewiesenermaßen keine oder eine quellfremde Besiedlung aufweist.

Revitalisierung einer gefassten Quelle

Zuerst weist man den Flächenbesitzer auf den schlechten Zustand der Quelle, den Handlungs- bedarf sowie auf die Problematik im Quellschutz hin. Stimmt er einer Revitalisierungsmaßnahme zu, sollte die Abstimmung mit der zuständigen Behörde erfolgen (Landespflege). Ein kleiner Pflege- und Entwicklungsplan legt dabei das Leitziel fest, auf das hingearbei- tet wird. Probleme bei Maßnahmen ergeben sich durch die unterschiedlich lange, seit dem Fas- sungsdatum verstrichene Zeitspanne. Sie kann von relativ kurz bei neuen Fassungen bis zu sehr lange bei verfallenen Fassungen reichen. Beson- ders alte, bereits wiederbesiedelte Fassungen dür- fen, wie bereits erwähnt, nicht umgestaltet oder komplett entfernt werden. Der Besiedlungsgrad ist in solchen Fällen meist nur schwer erkennbar und muss deshalb in der Regel genauer untersucht werden. Eine Ein- schätzung gibt aber die Kartierung der Quell- struktur, welche naturnähere Fassungen aussor- tiert (Klasse 2). Vorsicht ist vor allem bei Quellen der Klasse 3 geboten. Nach dem Rückbau Bei gefassten Quellen sind verschiedene Fas- der Fassung sollte sungsmöglichkeiten zu unterscheiden: das Baumaterial a) Die Quelle ist mit einem Rohr gefasst zumindest grob b) Sie ist mit Rohr und Becken gefasst entfernt werden. Ein c) Die Fassung erfolgte als Brunnenstube naturnaher Ablauf (Trinkwassergewinnung), ein Überlauf kann sollte möglichst vorhanden sein unangetastet belassen bleiben.

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Zusätzlich zur Fassung kann die Quelle mehr Sind Reste einer alten Quellfassung bereits oder weniger verbaut sein. Es sind Betonierungen, von der Natur zurückerobert (Moospolster) Vermauerungen, Pflasterungen, Steinschüt- und undicht oder dauernass, sollten sie in tungen und naturnähere Verbaumaßnahmen der Quelle verbleiben, und zwar unabhängig wie Holzverschalungen und Weidenfaschinen vom Material. Weiterer Verbau wie Verroh- zu unterscheiden. Bauwerke wie Durchlässe, rungen sind zu entfernen. Der Quellbach Verrohrungen, Drainagen, künstliche Abstürze ist etwas weniger empfindlich gegen Ein- (Wehre, Rampen) und Aufstaue treten zuweilen griffe, da dynamische Vorgänge bachtypisch hinzu. sind, während Quellen eher von konstanten Lebensbedingungen geprägt sind. Deswe- a) Die Fassung mit Rohr hat von den drei gen ist beim Entfernen des Verbaus darauf aufgelisteten Typen ökologisch die gering- zu achten, dass der Lauf und der Austritt der sten Folgen. Wenn die Fassung bereits vor Quelle nicht erheblich verändert oder verlegt langer Zeit erfolgt ist und die Quelle ei- wird. Sind größere Arbeiten mit einer Verla- nen naturnahen Ablauf ohne Verbau be- gerung des Austrittes nötig, kann gestaffelt sitzt, ist oft eine artenreiche Lebensgemein- vorgegangen werden, indem z. B. ein Jahr schaft anzutreffen. Das Rohr (oder eine später die Arbeiten fortsetzt werden. Dieses Steinrinne) bildet aber eine Wanderbarriere, Vorgehen ist auch bei Umfeldveränderungen die den Faunenaustausch zwischen Grund- größeren Ausmaßes geboten (sukzessive und Oberflächenwasser beeinträchtigt oder Waldumwandlungen) und entfällt bei nach- verhindert. gewiesenermaßen fehlender oder quellunty- Maßnahmen: pischer Besiedlung. Ziel der Maßnahmen ist die Wiederherstel- lung der Durchgängigkeit für die Quellfau- b) Eine Fassung mit Rohr und Becken bedeu- Das Entfernen na. Dies gilt für alle Quellen gleichermaßen. tet eine massive Beeinträchtigung der Quel- einer großen Die Umsetzung kann im Einzelfall aber et- le. Durch den Eingriff wird der Lebensraum Betonfassung oder was verschieden aussehen. Am Besten ist die sehr vieler Quellorganismen zerstört, die sich einer Betonröhre ist Entfernung des Rohres. Da das Rohr meist nicht mehr oder erst nach langer Zeit wieder oft nur mit nicht einfach im Erdreich steckt, sondern in ansiedeln können. Zur Rohrfassung kommt Maschinen möglich einer Mauer, in Fels oder Beton verankert ist, das mehr oder weniger große Becken mit und entsprechend ist die vollständige Entfernung nicht ganz aufwändig. einfach. Unter der Prämisse, so wenig plötzliche Ver- änderungen wie möglich mit leichtem Gerät durchzuführen (von den Kosten ganz abge- sehen), kann ein eingemauertes oder einbe- toniertes Rohr auch abgesägt werden, so dass das Wasser direkt aus der Mauer oder dem Fels ohne freien Absturz austritt. Mit dieser einfachen Maßnahme ist bereits ein Teil der Durchgängigkeit wiederhergestellt. Nach ei- niger Zeit bilden sich oft zusätzlich Risse in der Natursteinmauer, bei sehr harten oder standortuntypischen Materialien wie Beton sollte nachgeholfen werden. Beton kann vor- sichtig an- oder aufgebohrt bzw. zerklopft werden, wobei der frische Schutt zu entfer- nen ist. Gebietstypische Natursteintrümmer können in der Quelle verbleiben.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 91 Praktische Maßnahmen

entsprechenden Auswirkungen wie Aufstau maßen nicht oder quelluntypisch besiedelt, und Abstürzen. Oft verschwindet das Quell- kann die gesamte Fassung entfernt werden. wasser unmittelbar nach dem Becken in Ver- Dies ist in der Regel kostenintensiv und rohrungen oder sogar der Kanalisation. aufwändig. Die Durchgängigkeit wird neben dem Rohr Beim Einsatz von Fahrzeugen oder Maschi- zusätzlich durch das Becken eingeschränkt, nen ist auf eine schonende Vorgehensweise der Aufstau verändert je nach Größe den zu achten (Überwachung, Absperrung). Der Fließgewässercharakter hin zum Stillgewäs- Quellbereich darf nur so wenig wie mög- ser. lich befahren werden. Werden Drainagen Grundlegendes Merkmal dieser gefassten gefunden, sind diese ebenfalls zu entfernen. Quellen ist ihre relative Struktur- und Sub- Es sollten keine gestalterischen Maßnahmen stratarmut. Man hüte sich aber vor einer durchgeführt werden (Wasserlauf, Anpflan- vorschnellen Beurteilung: wenn die Fassung zungen). Steine und andere Substrate sollen langsam zerfällt, kommen wieder Substrate nicht eingebracht werden. Man kann die vor und Strukturen auf, die Lebensräume für Ort vorhandenen Substrate höchstens grob Tiere und Pflanzen bieten. verteilen. Ansonsten wird die Quelle der na- Erst die Quellstrukturbewertung bzw. eine türlichen Sukzession überlassen. Bei Natur- Untersuchung klärt über die reale Situation steinfassungen kann die Fassung bzw. das auf, während der erste Eindruck nur Vermu- Becken auch zertrümmert und vor Ort be- tungen gestattet. Die Vegetation gibt aller- lassen werden. dings wertvolle Hinweise auf eine mögliche Ähnliches gilt auch bei geringen finanzi- Besiedlung. ellen Mitteln, wobei standortfremde Ma- Maßnahmen: terialien entfernt werden sollten. Auf diese Ist das Entfernen des Rohres noch ver- Weise beschleunigt die vergrößerte Oberflä- gleichsweise einfach und fast immer zu be- che die Wiederbesiedlung. Bei bereits besie- fürworten, ist beim Rückbau eines Beckens delten Quellen können auch einige Lücken differenzierter vorzugehen. und Risse in den Stein geschlagen (oder ge- Die Grundlage hierfür bildet wieder die bohrt) werden, um den Verfall zu beschleu- Kartierung bzw. eine biologische Untersu- nigen. Dabei werden bereits überwachsene chung der Quelle. Ökologisch hochwertige Abschnitte der Fassung oder des Beckens Quellen (verfallene Fassungen) sind vor Ver- ausgespart. änderungen zu schützen. Als Maßnahmen Bei solchen Maßnahmen ist besonders auf wären höchstens eine Rohrkürzung und die die Schonung des abfließenden Quellbaches vorsichtige Entfernung von Verrohrungen, und umliegender Kleinwasseraustritte zu hohen Abstürzen sowie Umfeldverbesse- achten. rungen zu vertreten. Die gleichen Maßnahmen bieten sich auch c) Die Fassung als Brunnenstube zur Trink- bei wenig Geld oder bei Natursteinfas- wassergewinnung ist aus ökologischer Sicht sungen mit geringer quelltypischer Besie- der extremste Typ einer Fassung, da die ehe- delung an. Ist die Quelle nachgewiesener- malige Quelle völlig überbaut und verän- dert ist. Bei einigen Brunnenstuben existiert nicht einmal ein Überlauf. Wo er vorhanden ist, liegt eine zusätzliche Rohrfassung vor. Das Problem des Überlaufs liegt darin, dass Bei der Revitalisierung von er zwar im Winter und nach Regenperioden Quellfassungen gibt es noch fließt, im Sommer aber trockenfallen kann, wenig Erfahrung und noch weniger da dann die Wasserentnahme stärker ins Ge- Erfolgskontrollen. wicht fällt. Die Austrocknungsphasen verän- dern die Biozönose drastisch.

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Wo Brunnenstuben zu finden sind, waren Weitere Maßnahmen früher mit hoher Wahrscheinlichkeit Quel- len anzutreffen, allerdings können ähnlich ❐ bei Müll, Schutt, Pflanzenabfällen aussehende Wasserbehälter im Gelände nicht eindeutig von gefassten Quellen unterschie- Vor allem um Siedlungsbereiche, aber auch in den werden. Sie sammeln das Wasser aus Wald und Feldflur werden Quellen zuweilen Brunnenstuben und sind wie diese meist als Müllkippe missbraucht. Zum Teil wird so- auch in Karten eingezeichnet. gar versucht, den Quellbereich durch Verfüllung Viele Brunnenstuben werden heute nicht trockenzulegen. Hier sind die Kommune und mehr genutzt und können rückgebaut bzw. die Landespflege zu informieren. Eingetragene revitalisiert werden. In Waldregionen sind Fremdmaterialien jeder Art sowie Ablagerungen aber noch viele Brunnenstuben in Betrieb sollten schonend aus dem Quellbereich entfernt und stellen die Wasserversorgung der Bevöl- werden. Dazu können Jugendgruppen, Vereine, kerung sicher. Ähnliches gilt auch für Mes- Initiativen oder der ehrenamtliche Naturschutz sorte im hydrologischen Messnetz, welche gewonnen werden. Neben der Verschüttungs- natürlich nicht verändert werden dürfen. gefahr (Drainagewirkung von Bauschutt) wer- Maßnahmen: den schädliche Stoffe in die Quelle eingebracht Brunnenstuben sind meist im Besitz von (Kalk, Öle usw.), die mitentfernt werden müssen. Kommunen und Wasserwerken. Entnah- Falls Faulschlamm als Rest organischer Verun- mestellen zur Trinkwasserversorgung sind reinigungen (Gartenabfälle) vorhanden ist, kann eingezäunt und werden gewartet, sind also er grob entfernt werden. Entrümpelungsmaß- leicht von nicht mehr genutzten Brunnen- nahmen müssen evtl. wiederholt werden. Wich- stuben zu unterscheiden. Da mittlerweile die tig ist die regelmäßige Beobachtung. Der Vertritt meisten Trinkwasserentnahmen mit Hil- sollte bei den genannten Tätigkeiten so klein wie fe von Tiefbrunnen erfolgen und die alten möglich gehalten werden. Quellfassungen nicht mehr benötigt werden, eignen sich solche Brunnestuben für Revi- talisierungen, allerdings ist der Aufwand oft hoch und oft nur mit behördlicher bzw. finanzieller Unterstützung zu leisten. Ein Nachforschen beim Wasserwerk verschafft Klarheit über die Nutzungsverhältnisse und klärt über den aktuellen Verwendungszweck auf. Falls eine kompletter Rückbau nicht in Be- tracht kommt, kann der Überlauf entspre- chend den obigen Hinweisen mit deutlich geringerem Aufwand naturnäher gestaltet werden. Generell sind diesselben Maßnah- men wie bei mit Rohr und Becken gefassten Quellen zu ergreifen. Das alte Kiesbett der Brunnenstube oberhalb des Quellaustrittes (im Boden) sollte möglichst belassen werden.

Solche alten Brunnenstuben können u. U. wieder geöffnet und revitalisiert werden.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 93 Praktische Maßnahmen

❐ bei Teichen und Fischteichen Liegt ein künstlicher Aufstau vor, so sollte auf ein (langsames) Ablassen hingewirkt werden, Die Wirkung eines Aufstaus hängt erstens vom damit die Durchgängigkeit wiederhergestellt Abstand zur Quelle und zweitens vom An- wird. Wurde ein Teich lange nicht mehr bewirt- schlusstyp ab. Der Anschlusstyp besagt, ob der schaftet, so ist abzuklären, ob sich mittlerweile Teich im Hauptschluss (das gesamte Fließgewäs- sekundär ein wertvolles Biotop z. B. für Libellen ser fließt durch) oder im Nebenschluss (nur ein gebildet hat, das nicht zerstört werden sollte. Teil des Wassers fließt durch) liegt. Am schlimm- Kann ein Teich abgelassen werden, ist nach sten ist die Schädigung bei einem Hauptschluss Verhandlungen und dem Einverständnis des Be- in sehr kurzer Entfernung zur Quelle. sitzers das Wehr zu entfernen oder zu öffnen, so dass der Teich stufenweise über längere Zeit sein Wasser verliert. Die natürlich verbliebene, mit Restwasser gefüllte Mulde sollte belassen wer- den. Für solche Maßnahmen ist vielfach die Vo- raussetzung, dass die Pacht nicht verlängert wird (Behörden). Können bei mehreren Fischteichen nicht alle Teiche abgelassen werden, sollte we- Oft werden Quellen nigstens auf quellnahe Teiche verzichtet werden. direkt in Fischteiche Aufstaue im Nebenschluss und weiter bachab- eingeleitet, wärts sind weniger schädlich. Dabei muss mög- was die Ausbildung lichst viel Wasser dem Bachlauf erhalten bleiben, eines Quellbiotops so dass nur ein kleinerer Teil des Bachwassers verhindert . dem Teich zufließt, was meist zur Erhaltung des Wasserstandes im Stillgewässer ausreicht. Fischbesatz sollte in quellnahen Teichen Liegt der Teich direkt an einer Quelle, kann nicht erfolgen. Eine weitere Maßnahme ist das entweder der Austritt überstaut sein oder er liegt Verlegen von Teichen in den Nebenschluss, wo- oberhalb und das Quellwasser wird über ein bei auch hier nur wenig Wasser aus dem Fließ- Rohr in den Teich eingeleitet (Abb. oben). Beide gewässer entnommen werden sollte. Schädigungen haben den gleichen Effekt: sie ver- hindern eine Quelllebensgemeinschaft, schaffen künstliche Stillgewässerbedingungen und ver- ❐ bei starkem touristischem Druck: hindern die Durchgängigkeit des Fließgewässers. Besucherlenkung Fischteiche sind außerdem oft nährstoffreicher, vor allem bei geringem Durchfluss. Der Tourismus mit seinen Folgen wie Müll und Trittschäden ist besonders im Wald eine Haupt- schädigungsursache für Quellen. Vielbesuchte Wanderwege sollten um naturnahe, empfind- liche Quellen herumführen. Bei bereits gefassten Quellen ist Besucher- druck nicht ganz so dramatisch, während bei ökologisch wertvollen Quellen ein größerer Ab- stand zu den Besuchern einzuhalten ist. Solche Maßnahmen stehen aber nicht im Widerspruch zur Erlebbarkeit der Quellen, denn das Erle- ben der Natur ist gerade für die Akzeptanz im Quellschutz wichtig. So bietet sich an Hauptw- Typische anderrouten eine Besucherlenkung an, die etwa „Quellmöblierung“ mittels Stegen und Geländern ein Erleben von

94 Quellen-Leitfaden Praktische Maßnahmen

Quellen gestattet, während der empfindliche Be- und Verrohrungen können umgangen werden, reich wirksam gegen Vertritt gesichert ist. aber auch an Fassungen können sie in kleinem Bei Abgrenzungen sollten landschaftsan- Maßstab angewendet werden. Hier überschnei- gepasste, naturnahe Baumaterialien Verwen- den sie sich mit anderen, obengenannten Maß- dung finden (Holzgeländer). Hinweisschilder nahmen. Am besten wird (zunächst) nur ein Teil haben Aufklärungs- und Bildungsfunktion, lo- des Wassers umgeleitet, damit die Änderungen cken aber gleichzeitig Besucher an die Quelle he- nicht zu plötzlich erfolgen. ran. Deswegen sind sie eher für gefasste Quellen Mit diesen Maßnahmen werden natürliche geeignet. Prozesse unterstützt und beschleunigt, welche Quellen, die abseits liegen, sollten unbe- sonst erst nach Jahren oder Jahrzehnten statt- rührt bleiben. Um die Erlebbarkeit von Wasser finden würden. zu sichern (Kinder), kann unterhalb ein Zugang zum Quellbach geschaffen werden. Dies beugt gleichzeitig der zu starken „Invasion“ in den sen- siblen Quellbereich vor. Der Schutz intakter Quellen ist wichtiger als die Revitalisierung ❐ Schutz vor Oberflächen- und bereits geschädigter Quellen. Abwassereinleitungen in Quellbereiche

Es ist darauf zu achten, dass keine Einleitungen in die Quelle gelangen. Abwässer aller Art gehö- ren nicht in den Quellbach und erst recht nicht in die Quelle selbst. Bei Straßenentwässerungen darf die Einleitung erst weiter bachabwärts erfolgen, nachdem der Bachabfluss so groß geworden ist, dass der Ab- wasseranteil den Bach nicht schädigt.

❐ Umgehungsfließgerinne für Fischteiche, Abstürze, Verrohrungen, Fassungen

Es gibt viele Situationen, in denen man auf- grund von zu großen Restriktionen von einer Risse und Spalten kompletten Revitalisierung absehen muss. Die in Fassungen Ursachen sind vielfältig: es kann zu wenig Geld ermöglichen es für eine Revitalisierung vorhanden sein, ein Bau- dem Quellwasser, werk kann nicht gänzlich entfernt werden (Brü- seinen eigenen cke), oder ein größerer Eingriff ist ökologisch Weg zu finden, so nicht zu rechtfertigen. In diesen Fällen hat es dass ein kleines sich als nützlich erwiesen, wenn man ein zusätz- Umgehungsfliess- liches Gewässerbett schafft, das ein Wanderhin- gerinne die dernis umgeht und die Durchgängigkeit wenig- Auswirkung stens teilweise wiederherstellt. der Fassung Diese Lösung ist zwar nicht ideal, aber abmildern und die trotzdem oft relativ einfach und kostengünstig. Durchgängigkeit Außerdem ist ein Umgehungsgerinne fast über- teilweise all realisierbar. Besonders Fischteiche, Abstürze wiederherstellt wird

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 95 Praktische Maßnahmen

❐ Vernetzungen mit anderen Quell(gebiet)en erhalten und fördern

Für die Wiederbesiedlung einer Quelle sind die im Umfeld und in der Region liegenden Nach- barquellen entscheidend. Sind auch sie verbaut, dauert die Wiederbesiedlung erheblich länger als wenn naturnahe Quellen direkt neben einer frisch renaturierten Quelle liegen. Deswegen ist es sinnvoll, in einem größeren Gebiet aktiv zu werden und lieber an mehreren Quellen gleich- zeitig Initialmaßnahmen durchzuführen, als eine Quelle komplett und bis ins Letzte zu re- naturieren, was sowieso kaum gelingt bzw. sehr lange dauert. Da die Ausbreitungswege vieler Quellorga- nismen noch weitgehend unbekannt sind, weiß man noch nicht, welche genauen Maßnahmen in Quellgebieten zur Vernetzung besonders ge- eignet sind. Es ist aber davon auszugehen, dass die Vorschläge zum Grundwasserschutz oder zur Durchgängigkeit der Fließgewässer die Vernet- zung fördern. Naturnahe Quellen bilden dann sogenannte Trittsteinbiotope, über die Wieder- besiedlungen ihren Ausgang nehmen.

Nach einigen Jahren sind die Spuren des Eingriffs durch die Revitalisierung kaum noch sichtbar.

96 Quellen-Leitfaden Praktische Maßnahmen

Wie geht es nach den Maßnahmen weiter ?

❐ Dokumentation der Quellschutz- maßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit wirkt, kann sie in ihrer Bedeutung richtig beur- teilt werden. Die Dokumentation erfolgt durch Über die eigene Arbeit, die geleistet wurde, sollte Kartierungen in zeitlichen Abständen, z. B. nach natürlich entsprechend informiert werden. Im 1, 2 und 5 Jahren. Die Ergebnisse sollten an das Vordergrund steht die Presseinformation. Er- Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und gänzend kann die Herausgabe eines Faltblattes Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz in Mainz wei- oder gar einer kleinen Broschüre geplant wer- tergegeben werden und an Stellen, welche sich den. Eine Ausstellung oder ein Vortrag über die mit Quellschutz befassen. erreichten Ergebnisse verdeutlicht die Situation der Quellen im Naturschutz. Die Anschauung vor Ort wird am besten durch Exkursionen er- ❐ Vernetzung mit anderen Quellen wei- reicht. Sie können bei entsprechender Nachfrage terverfolgen in regelmäßigem Turnus wiederholt werden (Er- wachsenenbildung, Schulklassen). Vor Ort bie- Die Bearbeitung weiterer Quellen fördert poten- tet sich an Parkplätzen oder an häufig frequen- tielle Wiederbesiedlungsmöglichkeiten und hilft tierten, revitalisierten oder gefassten Quellen die mit, die Isolation einzelner Quellen etwas zu ver- Aufstellung von Info-Tafeln zur gezielten Auf- ringern (Trittsteinbiotope). klärung von Besuchern an. Eine gute Informa- tionstafel enthält Hinweise auf die hohe ökolo- gische Bedeutung der Quellräume und ist mit Schaubildern und Zeichnungen illustriert. Mög- liche Themen einer Info-Tafel sind: - Lebensraum Quelle: Tiere und Pflanzen, Wassereigenschaften, Grundlagen - Bedrohung: Grundwasserentnahme, Ablage- rungen, Trittschäden, Fassungen usw. - Verhaltensregeln: Ansehen, nicht betreten, nichts entnehmen/hineinwerfen usw.

❐ Beobachtung der Veränderungen und Nachkartierung in zeitlichen Abständen

Bei Quellschutzaktivitäten ist es wichtig, die Quelle nach den Freilandmaßnahmen nicht aus den Augen zu verlieren. Neben dynamischen Veränderungen, die natürlicherweise stattfinden, werden meist nicht sämtliche Gefährdungsur- Die Aufklärung soll sachen beseitigt, z. B. bei Grundwasserabsen- auch Wanderer kungen. Vor allem muss die Entwicklung des erreichen, die die Quellbiotops dokumentiert werden, um eine Er- Fassung von Quellen folgskontrolle für weitere Revitalisierungen zu er- bisher als Ziel halten. Das größte Manko des Quellschutzes ist angesehen haben das Fehlen solcher Erfolgskontrollen und Doku- und die negativen mentationen der erreichten Ergebnisse. Aber erst Folgen noch nicht wenn bekannt ist, wie sich eine Maßnahme aus- kennen.

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 97 Praktische Maßnahmen

❐ Bildung von Quellpatenschaften

Eine besondere Form der Bindung von Personen Nach wie vor ist noch einiges an Öffent- an Quellen sind Quellpatenschaften, welche im lichkeitsarbeit nötig, um einen sinnvollen, kon- Südwesten des Landes bereits existieren. Hier sequenten und erfolgreichen Quellschutz in liegen bereits regionale Pflege- und Entwick- Forst- und Landwirtschaft, Landespflege und lungsvorschläge für über 100 Quellen vor, die Wasserwirtschaft sowie in der Bevölkerung zu Zug um Zug umgesetzt werden (VG Dahner etablieren. Gerade der Umgang mit der Quel- Felsenland). Zur Verfolgung von Quellschutz- le als Schnittstelle verschiedener Bereiche bietet zwecken ist die Bildung von Quellpatenschaften die Möglichkeit, bisherige Wirtschaftsweisen in empfehlenswert, die sich um bestimmte Quellen Bezug zur heute geforderten Nachhaltigkeit zu oder Quellgebiete kümmern. Analog zu Bach- überdenken. patenschaften können sie ähnliche Ziele im Be- reich des Quellschutzes verfolgen. Bisher gibt es allerdings erst wenig Erfahrungen in diesem Bereich. Neben der Revitalisierung geschädigter Quellpatenschaften sind ein ideales Quellen ist insbesondere der Schutz noch intak- Instrument, um Quellschutz und Öf- ter Quellbiotope anzustreben, welche meist in fentlichkeitsarbeit zu betreiben. waldreichen Gebieten liegen. Das Naturschutz- management an Quellen muss die Vielzahl ver- Ansprechpartner hierzu finden Sie schiedener Interessen von Ökologie, Wirtschaft, auf Seite 101. Erholung und Kultur berücksichtigen, da sonst Konflikte vorprogrammiert sind.

Ein Bild der renaturierten Quelle von Seite 90.

98 Quellen-Leitfaden Literatur und Ansprechpartner zu

uellen Literatur

BISS, R. (1999): Quellen und Quelbereiche. 1. Aufl. Biotope in Baden-Württemberg 12, Landesamt für Umweltschutz Baden-Württemberg, Karlsruhe

BOSCHI et al. (2003): Die kleinen Fließgewässer: Bedeutung – Gefährdung – Aufwertung. Hoch- schulverlag ETH Zürich

BOTOSANEANU, L. (Hrsg.,1998): Studies in Crenobiology. The biology of springs and spring brooks, Brill, Backhuys, Leiden

BUND FÜR UMWELT- UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND e. V. (BUND), Landesver- band Rheinland-Pfalz in Mainz: Quellschutzkampagne, z.B. Quellbiotopkartierung Rheinland- Pfalz im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, Austellung Rettet die Quellen u.a. Infomaterial, z.B.:

BUND-LANDESVERBAND RHEINL.-PFALZ (1999): Quellen im Biosphärenreservat Pfälzer- wald. Broschüre, Mainz

GERECKE, STOCH, MEICH, SCHRANKEL (2005): Die Fauna der Quellen und des hyporhei- schen Interstitials in Luxemburg. Travaux scientifiques du Musée national d´histoire naturelle Luxembourg, Luxemburg

GERECKE, R. et al. (2006): Quellen im Nationalperk Berchtesgaden – Lebensgemeinschaften als Indikatoren des Klimawandels. Forschungsbericht 51 der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden, Berchtesgaden

GFQ, GESELLSCHAFT FÜR QUELLÖKOLOGIE UND QUELLSCHUTZ (HRSG.) (1992- 1999): Crunoecia, Zeitschrift der Gesellschaft für Quellökologie und Quellschutz NRW. Verlag Natur und Wissenschaft, Solingen

GÖBEL, LAUKÖTTER, KNEPPE & TENBERGEN (2007): Quellen – Ursprung des Lebens. Broschüre der LWL-Archäologie für Westfalen, Museum für Naturkunde, Münster

HAHN, H. J. & SCHINDLER, H. (2001): Wasser im Pfälzerwald als Lebensraum, Wirtschafts- und Kulturgut. Annales scientifiques de la Réserve de Bioshére transfrontaliére do Nord – Pfälzerwald – 9, 39-61

HÄUSLER (2003): Lebendige Gewässer im Wald, BUND-Werkzeug (Broschüre) des BUND-Lan- desverbandes Baden-Württemberg, Radolfzell

HUTTER, C.-P., KONOLD, W. & SCHREINER, J. (1996): Quellen, Bäche, Flüsse und andere Fließgewässer. Weitbrecht in Thienemann, Stuttgart

KRÜGER, K. (1996): Quellbereiche in Brandenburg. Verein für Natur und Umwelt „Adonishänge“ e.V., Lebus

LFW, LANDESAMT FÜR WASSERWIRTSCHAFT RHEINLAND-PFALZ (2002): Quelltype- natlas Rheinland-Pfalz. Grundlagen der Gewässerentwicklung in Rheinland-Pfalz, Heft 2, Lan- desamt für Wasserwirtschaft, Mainz

LUDWIG, H. (1993): Tiere in Bach, Fluß, Tümpel, See. BLV Verlagsgesellschaft, München

100 Quellen-Leitfaden Literatur

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rhein- land-Pfalz (2007): Handbuch für Bachpaten. Mainz.

PAULUS, T (1995): Rettet die Quellen. BUND Landesverband Rheinland-Pfalz e.V. Mainz

SCHINDLER, H. (2000): Die Quellen im Pfälzerwald und ihre tierische Besiedlung – eine Über- sicht. In: Hahn et al.: Wasser im Biosphärenreservat Naturpark Pfälzerwald, Ergebnisse der inter- disziplinären Fachtagung vom 10.-12. Juni an der Universität Landau, Landau

SCHINDLER, H. & HAHN, H. J. (2002): Ansatz einer faunistisch begründeten Leitbildentwick- lung für Quellen in Rheinland-Pfalz. In: Deutsche Gesellschaft für Limnologie (DGL) – Ta- gungsbericht 2001 (Kiel), Tutzing

SCHINDLER, H., GUTENSOHN, T. & HAHN, H. J. (2004): Pilotprojekt zur umweltgerechten Entwicklung von Quellen auf dem Gebiet der Verbandsgemeinde . Annales scientifiques de la Réserve de Bioshére transfrontaliére Vosges du Nord – Pfälzerwald – 11

SCHINDLER, H.(2005): Bewertung der Auswirkungen von Umweltfaktoren auf Struktur und Ma- krozoobenthos von Quellen in Rheinland-Pfalz. In: Deutsche Gesellschaft für Limnologie (DGL- Hrsg.) – Tagungsbericht 2004 (Potsdam), Hamburg

SCHINDLER, H.(2005): Bewertung der Auswirkungen von Umweltfaktoren auf die Struktur und Lebensgemeinschaften von Quellen in Rheinland-Pfalz. Dissertation an der Universität Koblenz- Landau, Landau

ZOLLHÖFER, J. (1997): Quellen, die unbekannten Biotope. Bristol-Stiftung, Bristol-Schriftenreihe Band 6, Zürich

Ansprechpartner:

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (MUFV), Mainz

Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz (LUWG), Mainz

ProLimno, Dr. rer. nat. Holger Schindler, Elmstein: http://www.prolimno.de

Bund für Umwelt u. Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverb. Rheinland-Pfalz, Mainz

Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD), Neustadt/WStr.

Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD), Koblenz/Rh.

Obere (SGDen) und Untere Naturschutzbehörde (Kreisverwaltungen)

Obere (SGDen) und Untere Wasserbehörde (Regionalstellen der SGD Nord und Süd)

Gemeinnützige Fortbildungsgesellschaft für Wasserwirtschaft u. Landschaftsentwicklung (GFG), Mainz

Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz 101 Literatur

Internet:

http://www.quelltypenatlas.rlp.de oder www.quellenatlas.rlp.de

http://www.lfu.bayern.de/natur/fachinformationen/aktionsprogramm_quellen/index.htm bzw. http://www.wasser.lfu.bayern.de/lfw/projekte/qp/welcome.htm

http://www.alpenquellen.com

http://www.hydrogeographie.de/lebensraum_quelle.htm

http://www.biologie.uni-erlangen.de/geobot/forschung/quellen1.html

http://www.eawag.ch/publications/eawagnews/www_en49/en49d_pdf/en49d_zol.pdf

http://www.uni-saarland.de/fak5/physgeo/Quellen.html

http://www.lbv.de/biotopschutz/quellschutz/life-projekt.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Quelle

http://www.oekosystem-grundwasser.de

102 Quellen-Leitfaden Abbildungsverzeichnis alle Fotos: Dr. Holger Schindler; ProLimno außer

S. 3 unten, S. 18 oben: W. Frey S. 4 oben links: Roger Lang; Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz S. 4 rechts unten: Verbandsgemeinde Dahn S. 22 oben, S. 31 links Mitte: LUWG S. 31 rechts unten: Andreas Fuchs S. 49 links Mitte: H. J. Hahn S. 53 oben, S. 76, S. 86 oben: Tatjana Schollmayer S. 56 rechts unten: Dr. Jürgen Frechen S. 80: Sigfried Kappler

Zeichnungen S. 56 von Gerhardt Laukötter

Karte S. 13 aus: „Hydrolgischer Atlas Rheinland-Pfalz“, Hrsg: Landesamt für Umwelt, Wasserwirt- schaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz (LUWG). 2004

Alle Rechte an den Bildern und Grafiken liegen bei den jeweils genannten Autoren/Eigentümern.

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