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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Natur und Land (vormals Blätter für Naturkunde und Naturschutz)

Jahr/Year: 1967

Band/Volume: 1967_2-3

Autor(en)/Author(s): diverse

Artikel/Article: Aus der Naturschutzpraxis. 65-68 ©Naturschutzbund Österreich, download unter www.biologiezentrum.at

AUS DER NATURSCHUTZPRAXIS

Das Ausseerland soll „Naturpark“ werden

Altausseer See und geben die men“ angeregt, die schon jetzt ergriffen wer­ Grundmelodie des Ausseerlandes, auf das der den sollen. Schon jetzt müssen Vorkehrungen gletschergekrönte Dachstein und die wilden getroffen werden, damit die Bezeichnung Häupter des Toten Gebirges schauen. „Die „Naturpark Ausseerland“ auch wirklich ein Berge locken, die blumigen Matten. Narzissen­ Gütezeichen, gleichsam ein „Ehrentitel“ wird. wiesen leuchten besternt im Frühjahr, Orchi­ Hausfassaden, Geschäftsportale, Einfriedun­ deen in moosigen Mulden. Der Röthelstein gen und Vorgärten sowie Friedhöfe sind an­ trägt wie ein Gipfel des Urgebirges eine im sprechend zu gestalten, öffentliche Grün­ selten gesehene Blumen- und flächen geschmackvoll herzurichten; vielfach Gräserzier. Auf der Trisselwand liegen er­ werden Häuser noch immer kitschig verputzt. ratische Geschiebe aus den Zentralen Alpen Alle „wilden“ Abfallhaufen und Abfallgruben, mit den Farben des Urgebirges. Bunt und die nicht verschlossen sind und überquellen, prangend sind die Blumen des Loser, man­ sind sofort zu beseitigen; sie bieten nicht nur cher einsame See trägt die Nixenblume, und einen sehr unerfreulichen Anblick, sie stin­ prachtvolle Bergahorne stehen am Weg zu ken auch. Die Gemeinden werden Ablage­ den Höhen“ (Hans Leifhelm). rungsplätze zur Verfügung stellen müssen. Eine schöne, das heißt „harmonische“ Land­ schaft, eine Erholungslandschaft von großer Zugkraft ist das Ausseerland seit eh und je. Aber damit will es sich nicht begnügen. Es Alljährlich prangt das Ausseerland in seinem will ein „Naturpark“ werden, mit dem Güte­ geradezu märchenhaften Narzissenflor. Man zeichen „Naturpark Ausseerland“. Um das zu meint, wenn man von weitem schaut, es sei erreichen, kam man in zu einer Neuschnee gefallen. Aber es ist nicht Schnee, Besprechung zusammen. Es wurde beschlossen, es sind Narzissen ohne Zahl und ohne Ende. vorerst einmal einen „Naturparkverein Aus­ Im Hintergrund der Sarstein. seerland“ zu gründen, dem die Gemeinden Bad Aussee, Altaussee und Grundlsee ange­ hören sollen, dann das Land Steiermark, ver­ treten durch die Landesfremdenverkehrsabtei­ lung und die Rechtsabteilung 6 des Amtes der Landesregierung als Naturschutzbehörde. Wohl gibt es im Ausseerland bereits Natur- und Landschaftsschutzgebiete sowie Bauver­ botszonen, aber die Flächenwidmungspläne (Verbauungspläne), jene ersten bindenden Festlegungen, die der räumlichen Ordnung in den Gemeindegebieten dienen, fehlen noch; sie richten sich nach den Bestimmungen des Landesplanungsgesetzes über die Flächen­ nutzungspläne und Bebauungspläne oder nach der Bauordnung. Die Gemeinden, die dafür zuständig sind, werden sich in diesen Fragen durch die Landesplanungsstelle der Landes­ regierung beraten lassen, in anderen Fragen des Bauwesens ebenfalls von den jeweils zu­ ständigen Fachbeamten der Bezirksbauämter oder der Landesbaudirektion. Das alles aber braucht seine Zeit. Darum hat die Landesbaudirektion „Sofortmaßnah­ wohin Unrat und Gerümpel©Naturschutzbund abgeführt Österreich, werden download lungslandschaft unter www.biologiezentrum.at sind und mit ihrer Umgebung können. Solche Ablagerungsplätze (Abfall­ eine Einheit bilden.“ haufen) sollen möglichst versteckt gelegen Wenn alles soweit gediehen sein wird, soll und rundum mit Sträuchern und Bäumen be­ auch eine Landkarte im Maßstab 1 : 50.000 pflanzt sein. Der Reklameunfug, der in kei­ erscheinen. Auf ihr werden die Grenzen der nem anderen Gebiet der Steiermark so um sich Natur- und Landschaftsschutzgebiete, der ge­ gegriffen hat wie im Salzkammergut, muß ver­ schützten Landschaftsteile und die Standorte schwinden. Stromleitungen im Ortsbereich aller Naturdenkmäler, aber auch die Wander­ sind so zu führen, daß sie möglichst nicht wege, Kraftfahrzeugparkplätze, Zelt- und Bade­ auffallen. Geschmacklose Ortsschilder, Weg­ plätze und schließlich auch die Kulturdenk­ weiser und Verkehrszeichen sind zu entfernen, mäler eingezeichnet sein. Für derzeit stark die Bauentwicklung in der Landschaft ist zu befahrene Wanderwege wird dort, wo der ordnen. Besonders ist der Übergang von ver­ Verkehr nicht mehr gesperrt werden kann, bauten Gebieten zur „freien Landschaft“ von ein Ersatz zu schaffen sein. h. p. Störungen freizuhalten, wie überhaupt das Landschaftsbild vor verunstaltenden Eingriffen beharrlich und grundsatztreu zu schützen ist. Der Gewässerverschmutzung ist ebenfalls ein Im Winter nach Ostafrika besonderes Augenmerk zuzuwenden. Der Be­ fund von Orts- und Landschaftsräumen ist un­ verzüglich festzustellen. Am 31. Jänner 1968 startet das Linienflug­ Unter Naturparken versteht man landschaft­ zeug in Wien. In Ostafrika (Uganda und Ke­ lich besonders schöne Gebiete, die sich von nia) stehen den (höchstens!) 27 Reiseteilneh­ den herkömmlichen Landschafts- und Natur­ mern Volkswagenbusse und geländegängige schutzgebieten dadurch unterscheiden, daß sie Landrover-Fahrzeuge zur Verfügung. Insgesamt durch Schutz, Pflege und Gestaltungsmaß­ werden rund 4000 Kilometer zurückgelegt. Be­ nahmen ein Höchstmaß an Erholung bieten. sucht werden die weltberühmten Wildgebiete Davon ausgehend, wurde in Bad Aussee aus­ der Nationalparke am Fuße des Gletscher­ drücklich erklärt, daß in den Gemeinden Bad gebirges Ruwenzori, am Viktoria-Nil und am Aussee, Altaussee und Grundlsee alle Vor­ Albert-See, ferner der noch unberührte Kipedo- aussetzungen gegeben seien, diesem Gebiet Nationalpark an der Grenze des „Wilden Ka- den Rang eines Naturparks zu verleihen. ramoja“ und das noch ebensowenig besuchte Was die rechtliche Seite dieser Frage be­ Gebiet des Elgon-Vulkans. Nicht nur die Natur trifft, sprachen wir mit ORR Dr. Curt Fossel. der Tropen, mit Elefanten, Büffeln, Nashörnern, Er sagte: „Es wird notwendig sein, den Be­ Flußpferden, Leoparden und Antilopen wird reich der Gemeinden Bad Aussee, Altaussee sich den Fahrtteilnehmern erschließen, sie wer­ und Grundlsee aus dem Landschaftsschutz­ den auch die Verhältnisse in freier Wildbahn gebiet Nr. 14 herauszunehmen, dafür aber die kennenlernen, die großen landschaftlichen Ge­ nicht geschützten Bereiche der Gemeinden gensätze in Uganda (Papyrussümpfe, Trocken­ Pichl-Kainisch und Mitterndorf in dieses ein­ savannen und Halbwüsten), sie werden die zubeziehen. Ferner wird zu verordnen sein, Hauptstadt Kampala erleben, die Industrie­ daß das Gebiet der drei erstgenannten Ge­ gebiete an den Owensfällen, viele Plantagen, meinden ein neues Landschaftsschutzgebiet aber auch die Primitivkulturen der Nomaden. mit der Bezeichnung Naturpark Ausseerland Das Klima (Höhenlage!) ist durchaus bekömm­ werde. In diesem hätten dann besondere Be­ lich. Rückkehr nach Wien am 17. Februar 1968. stimmungen im Interesse des Erholung suchen­ Veranstaltet wird die Reise vom Nieder­ den Gastes zu gelten. Über landschaftsschutz­ österreichischen Landesreisebüro im Verein mit rechtliche Bestimmungen wird fürderhin die dem erfahrenen Afrikakenner Prof. Dr. Lothar politische Expositur in Bad Aussee zu ent­ Machura. Kostenpunkt: 20.500 Schilling. Bei scheiden haben. Die Naturschutzgebiete, ge­ getrennter Rückreise, also bei Verlängerung schützten Landschaftsteile und Naturdenk­ des Aufenthaltes oder Unterbrechung der mäler bleiben unverändert bestehen. Die Ein­ Fahrt durch Zwischenlandungen, erhöht sich beziehung der bebauten Flächen in das Land­ der Preis für den betreffenden Teilnehmer um schaftsschutzgebiet ist deshalb erforderlich, 1500 Schilling. weil gerade diese Räume als Standorte aller Anfragen und Anmeldungen sind zu richten Fremdenverkehrseinrichtungen ein wesent­ an Prof. Dr. Lothar Machura, 1236 Wien- licher Bestandteil der zu schützenden Erho­ Rodaun, Pfitznergasse Nr. 1.

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Naturschutzfenster der Landesregierung

Worte belehren, Zahlen beweisen. Insgesamt Zur Vervollständigung des Landschaftinven­ 7080 Akten häuften sich im Vorjahr beim tars wurde die Erfassung schützenswerter Na­ Naturschutzreferat des Amtes der Steiermär­ turobjekte und Gebiete (im Verein mit den kischen Landesregierung, rund tausend mehr Bezirksnaturschutzbeauftragten, der Bergwacht als 1965. In 116 Verhandlungstagen wurden und der Universität ) fortgesetzt. 229 Naturschutzverfahren abgeschlossen. Sie Derzeit sind rund 513 Naturdenkmale (Fels­ bezogen sich zumeist auf Bauvorhaben, deren bildungen, Wasserfälle, Wasserläufe, Bäume) interessanteste Fälle hier herausgegriffen seien: und 106 geschützte Lebensräume (Biotope) von das Ennskraftwerk der STEWEAG in ; Pflanzen- und Tiergemeinschaften, aber auch das Feriendorf der Contrakta in Mitterndorf; Moore, erfaßt. Ferner wurde sowohl die Natur­ die Bundesheerkaserne in (Gesäuse­ denkmalkartei als auch die Übersicht über die eingang!); die Personen-Gondelseilbahn auf den Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete Hunerkogel im Dachsteinmassiv; die Ferien­ fortgesetzt und für einzelne Bezirke auch dorfsiedlungen in Wald am Schoberpaß, auf der schon fertiggestellt. Sie enthalten nicht nur Teich- und auf der Stubalpe; die Bungalow­ die Rechtsgrundlagen, sondern auch Karten mit siedlung am Putterersee in Aigen; das aus dem genauen Grenzverlauf sowie fotografische einer Schottergrube gewonnene See- und Bade­ Aufnahmen. An die Behörden, Bergwächter gelände in Gosdorf (14 Hektar); die Ableitung und Schulen wurde die Karte über Natur- und der Siebenquellen (Naturdenkmal!) bei Neu­ Gewässerschutz aus dem Steiermark-Atlas in berg in die Wiener Hochquellenleitung. 2500 Exemplaren verteilt.

Landschaft in den Schladminger Tauern. Die Ornamentik dahingeschwundener eiszeitlicher Ver­ gletscherung zeichnet ihre reizvollen Linien. Tief unten, klar ivie Kristall, der Giglachsee, eine Gletscherivanne der Eiszeit. Hier ist die Welt weit und geräumig, und die Wolken, die über dem Elendberg-Hochgolling-Kasereck-Kamm heraufkommen, erhöhen den Eindruck einer zeitlosen Leere. Alles verliert sich in dieser stummen Welt, das Vetternkar, die Vetternspitze, der Sauberg, der See, der Mensch. Die Arbeitsgemeinschaft©Naturschutzbund Steirische Österreich, Vogel­ downloadrische unter www.biologiezentrum.at Bergwacht 63.800 Schilling; die Stei­ schutzwarte hielt mit Vertretern der Jäger­ rische Vogelschutzwarte 55.500 Schilling; die schaft sowie der Land- und Forstwirtschaft in Landesgruppe Steiermark des ÖNB 42.000 Neumarkt eine Tagung ab, bei der eine engere Schilling; die Alpengärten in Bad Aussee und Zusammenarbeit in der biologischen Schäd­ auf der Rannach bei Graz je 22.000 Schilling; lingsbekämpfung und Sicherung des Lebens­ die steirische Naturschutzjugend und das In­ raumes gefährdeter Tier- und Vogelarten er­ stitut für Naturschutz und Landschaftspflege reicht werden konnte. des ÖNB in Wien je 12.000 Schilling. Ferner Dem Jahresbericht der Steirischen Bergwacht wurden ausgegeben: für die Herausgabe des entnehmen wir, daß sich der Stand der akti­ Steirischen Naturschutzbriefes 64.200 Schil­ ven Bergwächter von 2176 auf 2236, die Zahl ling; für das Lichtbilderarchiv 15.000 Schilling; der Einsatzstellen von 144 auf 156 und die für die Ausgestaltung der Naturschutz-Wan- Zahl der Einzeleinsätze von 22.375 auf 23.170 derausstellung 12.000 Schilling; für Natur­ erhöhten. Die Zusammenstellung der Rechts­ schutztagungen und Schulungen 11.500 Schil­ grundlagen zum Schutze der Natur wird bei ling; für Naturschutz-Fachliteratur 9500 Schil­ den zahlreichen Schulungen gut verwendet. ling; für Schutzgebiete 48.500 Schilling. Den vom Landeshauptmann gestifteten Ehren­ C. F. wimpel für die erfolgreichste Bezirksstelle der Steirischen Bergwacht errang die Stelle Graz- Stadt. Der Entwurf für ein steirisches Naturschutz­ Die Insektisierung gesetz (mit ausführlichen Erläuterungen) wurde fertiggestellt, der Entwurf eines See- und der Menschheit Uferschutzgesetzes neu gefaßt. Bei der Beratung der beamteten Natur­ Die Insekten stehen uns Menschen gar nicht schutzreferenten der Bundesländer in so fern. Ist der Mensch das Tier mit der größ­ wurden folgende Fragen behandelt: Die ein­ ten sozialen Intelligenz, so ist das Insekt jenes heitliche Definition von Naturschutzbegriffen; mit dem größten sozialen Instinkt. Wir wis­ die Schaffung von Naturparken in Österreich; sen, daß 2X 2 vier ist (wiewohl wir nicht im­ die Herausgabe eines österreichischen Bilder­ mer danach handeln) — eine Ameise weiß es atlasses für geschützte Pflanzen, Tiere und nicht, handelt jedoch unfehlbar danach. Wir Naturdenkmale; die Mitarbeit Österreichs im schufen als soziales Hilfsmittel das W erkzeug, Komitee für Naturschutz beim Europarat in zuletzt die M aschine; der Instinkt der Insek­ Straßburg und die sich daraus ergebenden ten transformierte sich als soziales Hilfsmit­ Aufgaben; die Verhinderung von Schäden tel den eigenen Körper, die Organe. Darum durch unsachgemäße Müllablagerungen; der sehen Insekten so technisch, so maschinenhaft autonome Wirkungsbereich der Gemeinden auf aus. Unheimlich aber ist, daß unsere Maschi­ dem Gebiet des örtlichen Natur- und Land­ nen heute mit rückwirkender Kraft unser so­ schaftsschutzes; die Schaffung von Lehrstühlen ziales Gefüge umbilden; denn läßt es sich für Naturschutz und Ökologie an den hohen leugnen, daß wir gegenwärtig eine Insektisie­ Schulen sowie die verfassungsrechtliche Ver­ rung der Menschheit miterleben? Bildet sich pflichtung des Bundes zur Achtung und För­ nicht ein Menschentyp heraus, den man kaum derung des Naturschutzes im autonomen Wir­ anders als „Arbeitsbiene“ bezeichnen kann? kungsbereich der Länder nach Schweizer Vor­ Haben die großen Städte mit ihrer Arbeits­ bild. monotonie und Arbeitsteilung nicht Ähnlich­ Von vielversprechender Bedeutung war die keit mit Ameisenhaufen? Einzeln sind wir hu­ vom österreichischen Naturschutzbund gemein­ maner als alle Vorzeiten — aber sind unsere sam mit der österreichischen Fremdenver­ Kriegs- und anderen Maschinen nicht von kehrswerbung durchgeführte Tagung über einer geradezu insektenhaften Grausamkeit? „Naturparke — Quellen der Gesundheit“. Ganz So ist unser Schauder vor dem Insekt ein Österreich soll ein „Garten Europas“ werden zwiefacher: ein überzeitlicher und ein moder­ (siehe „Natur und Land“, Heft 1/1967). ner. Der überzeitliche bestellt Mephistopheles Natürlich wurde auch Geld ausgegeben, ins­ zum Herrn „ . . . der Fliegen, Wanzen, Flöhe, gesamt 450.000 Schilling. Davon erhielten: die Läuse . . .“. Der moderne aber sieht in dem Marktgemeinde Bad Aussee für den Kauf des Insekt mit heißem Grauen ein Wunsch- und Alpengärtnerhauses 60.000 Schilling; die Stei­ Schreckbild seiner selbst.

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